Die Cytoarchitektonik der Hirnrinde des erwachsenen Menschen

von

Prof. Constantin Freiherr von Economo
in Wien und
Dr. Georg N. Koskinas
-- em. Assistent der Psychiatrischen und Neurologischen Universitätsklinik in Athen

Bearbeitet an der Psychiatrischen Klinik

Hofrat J. Wagner v. Jauregg - Wien

Mit 162 zum Teil farbigen Textabbildungen

und einem Atlas

mit 112 mikrophotographischen Tafeln in besonderer Mappe

Textband

Wien und Berlin

Verlag von Julius Springer

1925

Widmung und Vorwort.

Wenn wir nach einer mühevollen, langen Arbeit von einem Dutzend Jahren dieses Buch nunmehr der Öffentlichkeit übergeben (die Arbeit wurde von Professor V. ECONOMO im Jahre 1912 begonnen; 1919 ist Dr. KOSKINAS in die Mitarbeit eingetreten) so geschieht dies nicht mit der freudigen Befriedigung, etwas durchweg Vollendetes geschaffen zu haben. Nur der Künstler kann dieses Gefühl des rein Persönlichen und vollkommen Abgeschlossenen seiner Schöpfung gegenüber besitzen. Jedes wissenschaftliche Werk jedoch - bringt es auch noch so viel Neues - fusst auf den Vorarbeiten ganzer Generationen und kann nur durch die Arbeit späterer Generationen geprüft und in seinen Auswirkungen zu Ende geführt werden. In gewissem Sinne sind jene wenigen Forscher beneidenswert, welche in einem etwas gesteigerten Selbstgefühl diese Tatsache übersehen und Anfang und Ende all ihrer Kenntnisse als Produkt ihrer eigenen Untersuchungen empfinden. Jede wissenschaftliche Arbeit ist aber immer nur ein Teil eines Ganzen, nur ein Stein, allerdings manchmal ein Grundstein jener Mauer, welche die Geisteskultur im Laufe der Geschlechter ständig aufbaut, um sich vor der Feindschaft des Aberglaubens, der Unwissenheit und der primitiven Instinkte zu schützen, die periodisch alle paar Jahrhunderte wieder in neuer Form - heutzutage in jener der extrem radikalen politischen Richtung - gegen sie Sturm laufen, bis einst die Zeit kommt, da die ganze Menschheit von dieser Kultur hinlänglich durchtränkt es vorziehen wird, innerhalb dieser Mauer zu leben, als außerhalb von ihr.

So trägt wie jede wissenschaftliche Leistung auch die unsere, als bloßer Teil eines Ganzen, stets den Stempel des Genius loci an sich; und so war auch die Wiener Psychiatrische Klinik der Ort, an dem meynert den ersten Spatenstich in den Boden des von uns ebenfalls an derselben Klinik untersuchten Gebietes vor mehr als einem halben Jahrhundert gemacht hat. Was die Wiener Universität, was Wien und ganz Deutschösterreich als Kulturstätte in Europa bedeutet, ist nie voll eingeschätzt und nie genügend gewürdigt worden, am wenigsten natürlich von den unmittelbaren Nutznießern und widerspenstigen Schülern dieser Kultur am Rande seiner heutigen engeren Grenzen, wenig vom westlichen Europa, dessen Interesse und Kenntnis der kulturellen Lage der Entfernung proportional ist, und merkwürdigerweise auch viel zuwenig vom Deutschtum überhaupt. Es ist im deutschen Kulturkreis nicht nur nie ganz begriffen worden, daß Österreich als äußerstem Grenzposten der deutschen Zivilisation, der die Pflanzstätten seines Wesens weit nach Osten (z. B. als deutsche Universität in die Bukowina) vorgeschoben hatte, ein ganz besonderer Ehrenplatz gebührt hätte, sondern es ist von ihm auch nie erkannt worden, daß Wien vielleicht gerade infolge seiner exponierten Stellung schließlich unter allen deutschen Städten wirklich den ersten Rang in Geisteskultur und Höhe der Zivilisation eingenommen hat. Mag in gewissen Einzelheiten Wien von dem einen .oder anderen deutschen Orte übertroffen werden, so fallen doch gerade in Wien die Durchdringung der Kultur in alle Schichten der Bevölkerung und ihre Vielseitigkeit, welche schließlich die Höhe einer Zivilisationsstufe ausmacht, besonders jenem auf, der bar jeder beengenden lokalen Voreingenommenheit auch alle ändern deutschen Gaue und ihre vielen herrlichen Kulturstätten besucht. Ganz mächtig überkommt einen die Erkenntnis dieses Primats, wenn man einmal im hohen, einzigartigen Saale der Wiener Kaiserlichen Hofbibliothek den ganzen hier durch die Hand begabter Herrscher gesammelten Adel der menschlichen Kunst und Weisheit ruhig und verständnisvoll auf sich wirken läßt.

Und so wollen wir, von dieser Empfindung durchdrungen, dieses unser Werk der Alma mater Viennensis widmen, in deren Lichtkreis es uns vergönnt war, unsere wissenschaftliche Schulung durchzumachen!

Unsern herzlichsten Dank sprechen wir hier an erster Stelle Herrn Hofrat Professor JULIUS WAGNER VON JAUREGG aus, in dessen Laboratorium seiner Psychiatrischen Klinik wir diese Arbeit durchgeführt haben und der uns nicht nur die technischen Behelfe dazu zur Verfügung gestellt hat, sondern uns auch mit Bat und Tat in Einzelfragen immer wieder durch die ganze Reihe von Jahren, welche die Arbeit in Anspruch nahm, hilfreich zur Seite gestanden ist,

Bei der Laboratoriumsarbeit hat uns Frl. STRASKY als Laborantin in dankenswerter Weise geholfen.

Vielen Dank schulden wir auch dem Vorstand des Pathologisch-anatomischen Instituts, Professor MARESCH, sowie dessen früherem interimistischen Leiter, Professor erdheim, für das uns stets bereitwilligst zur Verfügung gestellte Material.

Es ist uns auch eine Freude, Herrn Professor MARBURG zu danken für seine Erlaubnis, in der reichhaltigen Obersteinerischen Bibliothek seines Neurologischen Instituts nach allen für uns wertvollen Quellen zu suchen, ein mühevolles Unternehmen, bei dem uns die Dozenten SPITZER, POLLAK und SPIEGEL vielfach behilflich gewesen sind.

Eine ganz besonders hohe Anerkennung zollen wir der Verlagsbuchhandlung JULIUS SPRINGER, die in geradezu mäzenatenhafter Weise die Herausgabe dieses Buches und Atlas mit 112 fotografischen Tafelreproduktionen in einem so großen, übersichtlichen Format (40 x 40 cm) übernommen hat. Besonders Herrn Dr. FERDINAND SPRINGER sind wir dafür sowie für seine wertvollen, vielfachen technischen Ratschläge äußerst verbunden.

Die Herstellung des mikroskopischen Tafelwerkes, die ein äußerst schwieriges Problem darstellte, wurde unter tatkräftiger und stets bereitwilliger Mithilfe des Herrn Direktor E. BRINKMANN -charlottenburg, in, wie es scheinen will, unübertroffener Weise durchgeführt.

Einige Textabbildungen sind fremden Werken entnommen, dies ist bei denselben regelmäßig vermerkt; wir danken hier insbesondere wärmstens Herrn Professor Dr. O. und Frau Dr. C. VOGT wegen der Überlassung zahlreicher Abbildungen von Markfaserbildern.

Die übrigen zahlreichen Textabbildungen sind sämtlich vom akademischen Maler Herrn BRUNO KEILITZ mit größter Exaktheit und Schönheit durchgeführt, was wir hier dankbar anerkennen.

Wien, im September 1924.

VII Inhaltsverzeichnis.

Inhaltsverzeichnis

Die Cytoarchitektonik der Hirnrinde des erwachsenen Menschen