von
Bearbeitet an der Psychiatrischen Klinik
Hofrat J. Wagner v. Jauregg - Wien
Mit 162 zum Teil farbigen Textabbildungen
und einem Atlas
mit 112 mikrophotographischen Tafeln in besonderer Mappe
Wien und Berlin
Verlag von Julius Springer
1925
Wenn wir nach einer mühevollen, langen Arbeit von einem Dutzend Jahren dieses Buch nunmehr der Öffentlichkeit übergeben (die Arbeit wurde von Professor V. ECONOMO im Jahre 1912 begonnen; 1919 ist Dr. KOSKINAS in die Mitarbeit eingetreten) so geschieht dies nicht mit der freudigen Befriedigung, etwas durchweg Vollendetes geschaffen zu haben. Nur der Künstler kann dieses Gefühl des rein Persönlichen und vollkommen Abgeschlossenen seiner Schöpfung gegenüber besitzen. Jedes wissenschaftliche Werk jedoch - bringt es auch noch so viel Neues - fusst auf den Vorarbeiten ganzer Generationen und kann nur durch die Arbeit späterer Generationen geprüft und in seinen Auswirkungen zu Ende geführt werden. In gewissem Sinne sind jene wenigen Forscher beneidenswert, welche in einem etwas gesteigerten Selbstgefühl diese Tatsache übersehen und Anfang und Ende all ihrer Kenntnisse als Produkt ihrer eigenen Untersuchungen empfinden. Jede wissenschaftliche Arbeit ist aber immer nur ein Teil eines Ganzen, nur ein Stein, allerdings manchmal ein Grundstein jener Mauer, welche die Geisteskultur im Laufe der Geschlechter ständig aufbaut, um sich vor der Feindschaft des Aberglaubens, der Unwissenheit und der primitiven Instinkte zu schützen, die periodisch alle paar Jahrhunderte wieder in neuer Form - heutzutage in jener der extrem radikalen politischen Richtung - gegen sie Sturm laufen, bis einst die Zeit kommt, da die ganze Menschheit von dieser Kultur hinlänglich durchtränkt es vorziehen wird, innerhalb dieser Mauer zu leben, als außerhalb von ihr.
So trägt wie jede wissenschaftliche Leistung auch die unsere, als bloßer Teil eines Ganzen, stets den Stempel des Genius loci an sich; und so war auch die Wiener Psychiatrische Klinik der Ort, an dem meynert den ersten Spatenstich in den Boden des von uns ebenfalls an derselben Klinik untersuchten Gebietes vor mehr als einem halben Jahrhundert gemacht hat. Was die Wiener Universität, was Wien und ganz Deutschösterreich als Kulturstätte in Europa bedeutet, ist nie voll eingeschätzt und nie genügend gewürdigt worden, am wenigsten natürlich von den unmittelbaren Nutznießern und widerspenstigen Schülern dieser Kultur am Rande seiner heutigen engeren Grenzen, wenig vom westlichen Europa, dessen Interesse und Kenntnis der kulturellen Lage der Entfernung proportional ist, und merkwürdigerweise auch viel zuwenig vom Deutschtum überhaupt. Es ist im deutschen Kulturkreis nicht nur nie ganz begriffen worden, daß Österreich als äußerstem Grenzposten der deutschen Zivilisation, der die Pflanzstätten seines Wesens weit nach Osten (z. B. als deutsche Universität in die Bukowina) vorgeschoben hatte, ein ganz besonderer Ehrenplatz gebührt hätte, sondern es ist von ihm auch nie erkannt worden, daß Wien vielleicht gerade infolge seiner exponierten Stellung schließlich unter allen deutschen Städten wirklich den ersten Rang in Geisteskultur und Höhe der Zivilisation eingenommen hat. Mag in gewissen Einzelheiten Wien von dem einen .oder anderen deutschen Orte übertroffen werden, so fallen doch gerade in Wien die Durchdringung der Kultur in alle Schichten der Bevölkerung und ihre Vielseitigkeit, welche schließlich die Höhe einer Zivilisationsstufe ausmacht, besonders jenem auf, der bar jeder beengenden lokalen Voreingenommenheit auch alle ändern deutschen Gaue und ihre vielen herrlichen Kulturstätten besucht. Ganz mächtig überkommt einen die Erkenntnis dieses Primats, wenn man einmal im hohen, einzigartigen Saale der Wiener Kaiserlichen Hofbibliothek den ganzen hier durch die Hand begabter Herrscher gesammelten Adel der menschlichen Kunst und Weisheit ruhig und verständnisvoll auf sich wirken läßt.
Und so wollen wir, von dieser Empfindung durchdrungen, dieses unser Werk der Alma mater Viennensis widmen, in deren Lichtkreis es uns vergönnt war, unsere wissenschaftliche Schulung durchzumachen!
Unsern herzlichsten Dank sprechen wir hier an erster Stelle Herrn Hofrat Professor JULIUS WAGNER VON JAUREGG aus, in dessen Laboratorium seiner Psychiatrischen Klinik wir diese Arbeit durchgeführt haben und der uns nicht nur die technischen Behelfe dazu zur Verfügung gestellt hat, sondern uns auch mit Bat und Tat in Einzelfragen immer wieder durch die ganze Reihe von Jahren, welche die Arbeit in Anspruch nahm, hilfreich zur Seite gestanden ist,
Bei der Laboratoriumsarbeit hat uns Frl. STRASKY als Laborantin in dankenswerter Weise geholfen.
Vielen Dank schulden wir auch dem Vorstand des Pathologisch-anatomischen Instituts, Professor MARESCH, sowie dessen früherem interimistischen Leiter, Professor erdheim, für das uns stets bereitwilligst zur Verfügung gestellte Material.
Es ist uns auch eine Freude, Herrn Professor MARBURG zu danken für seine Erlaubnis, in der reichhaltigen Obersteinerischen Bibliothek seines Neurologischen Instituts nach allen für uns wertvollen Quellen zu suchen, ein mühevolles Unternehmen, bei dem uns die Dozenten SPITZER, POLLAK und SPIEGEL vielfach behilflich gewesen sind.
Eine ganz besonders hohe Anerkennung zollen wir der Verlagsbuchhandlung JULIUS SPRINGER, die in geradezu mäzenatenhafter Weise die Herausgabe dieses Buches und Atlas mit 112 fotografischen Tafelreproduktionen in einem so großen, übersichtlichen Format (40 x 40 cm) übernommen hat. Besonders Herrn Dr. FERDINAND SPRINGER sind wir dafür sowie für seine wertvollen, vielfachen technischen Ratschläge äußerst verbunden.
Die Herstellung des mikroskopischen Tafelwerkes, die ein äußerst schwieriges Problem darstellte, wurde unter tatkräftiger und stets bereitwilliger Mithilfe des Herrn Direktor E. BRINKMANN -charlottenburg, in, wie es scheinen will, unübertroffener Weise durchgeführt.
Einige Textabbildungen sind fremden Werken entnommen, dies ist bei denselben regelmäßig vermerkt; wir danken hier insbesondere wärmstens Herrn Professor Dr. O. und Frau Dr. C. VOGT wegen der Überlassung zahlreicher Abbildungen von Markfaserbildern.
Die übrigen zahlreichen Textabbildungen sind sämtlich vom akademischen Maler Herrn BRUNO KEILITZ mit größter Exaktheit und Schönheit durchgeführt, was wir hier dankbar anerkennen.
Wien, im September 1924.
VII Inhaltsverzeichnis.
Allgemeiner Teil. | Seite |
Allgemeine Grundlagen der Cytoarchitektonik der Großhirnrinde. l. Kapitel. | |
Vorbemerkungen. | |
A. Einleitung | l |
Alter der Hirnforschung überhaupt l. - Kann uns die Hirnrindenforschung dem Seelenproblem näher bringen? 2, - Einzelne Elemente der psychischen Vorgänge sind extracortical zu lokalisieren 4. - Die Cytoarchitektonik ist nur ein Teil der Rindenarchitektonik 4. - Alter der rindenarchitektonischen Studien 5. - Bisheriger Mangel konstanter Richtlinien bei architektonischen Studien 5. - Allgemeine anatomische und pathologisch-anatomische Ziele dieser Studien 6. - Notwendigkeit der Feststellung einheitlicher Normen für alle mikroanatomischen Rindenstudien 6. - Die von uns befolgten Grundsätze bei der Zusammenstellung des Atlas der Rinde 7. - Seltenheit eines normalen Gehirnes 8. | |
B. Historisches | 8 |
Die Forscher auf diesem Gebiete bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts 8. - MEYNERT Begründer der anatomischen Organologie der Hirnrinde 9. - MEYNERTs verschiedene Rindentypen und fünf Schichten 9. - BETZ' Rindenfelder und Riesenzellen 9, - BEVAN LEWIS Sechsschichtung 10. - HAMMARBERGS Rindenbilder 10. - SCHAEFERS Hirnschema II. - FLECHSIGS myelogenetische Hirnkarte und seine Sinnesfelder II. - BOLTONS Umgrenzung der Calcarinarinde 12. - CAMPBELLS Hirnkarte 12. - ELLIOT SMITHS Hirnkarte 13. - BRODMANNS Hirnkarte 14. - Sechsschichtung, Homogenie, Heterogenie, Homotypie, Heterotypie BRODMANNS 15. - Unsere cytoarchitektonische Hirnkarte 16. - VOGTS myeloarchitektonische Hirnkarte 16. - CAJALS Arbeiten 17. - KAES' Studien der Markscheidenentwicklung 17. - Seine Hauptschichten 18. - CHRISTFRIED JACOBS Fundamentalschichten 20. - Seine Urwindungen und Sektorentheorie 23. - Neuere architektonisch-pathologische Untersuchungen 24. | |
C. Arbeitsplan | 26 |
Grundlegende Arbeiten früherer Autoren zur Rindenarchitektonik 20. - Anlageplan unseres Buches und unseres Atlas 27. - Kapitelübersicht des allgemeinen Teiles 27. - Übersicht des Speziellen Teiles 27. - Teile der Hirnoberfläche. die eigentlich nicht zur Rinde gehören 29. - Grundschema der Hirnfurchen und Windungen 28. | |
2. Kapitel. Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen. | |
A. Rindenmasse | 33 |
l. Rindendicke | 33 |
Übersicht über die Änderung der Rindendicke an einem Horizontalschnitt 33. - Richtige Art der Messung der Rindendicke 33. - Regionäre Änderung der Rindendicke 33. - Änderung der Rindendicke in den verschiedenen Windungsabschnitten 36. - Änderung derselben bei verschiedener Form der Windung 37. - Markauflösungstypen 38. - Bestimmung der Rindenmarkgrenze zur Rindenmessung 39. - Unterschiede der Rindendicke bei verschiedener Konservierung 40. - Individuelle Dickenunterschiede 40. - Altersunterschiede 41. - Seitenunterschiede 41. | |
2. Rindenvolumen | 41 |
Verschmälerung und Abnahme des relativen Rindenvolumens in der Tierreihe aufwärts 41. - Volumen der Hirnrinde des Menschen 42. | |
3. Oberflächenausdehnung der Rinde | 42 |
Messung der Oberflächenausdehnung der menschlichen Hirnrinde 42. - Verhältnis der Furchenoberfläche zur freien Oberfläche 43. - Oberflächenverhältnis der einzelnen Hirnlappen 43. - Individuelle und rassenmäßige Unterschiede 43. - Oberflächenverhältnis zwischen Menschen und Affen 44. | |
B. Zellarten | 44 |
Verschiedenheit der Zellformen in den einzelnen Schichten der Hirnrinde 44. | |
1. Pyramidenzellen | 44 |
Allgemeines über ihre Form bei Färbung und Imprägnation 45. - Größenunterschiede derselben von den Zwergpyramiden bis zu den Betzschen Zellen 47. - Trabantzellen 48. - Schlankheitsgrade der Pyramidenzellen 48. - Regionäre Formänderung der Pyramidenzellen 49. - Die zwei Pyramidenzellschichten 50. - Pyramidisierung von Rindenstellen 50. - Individuelle Formunterschiede 51. - Mutmaßliche Bedeutung der Py-Zellen 51. | |
2. Spindelzellen | 51 |
Allgemeines über ihre Form, Größe und ihre Begleitzellen 51. - Regionäre Formunterschiede der Spindelzellen 52. - Lagerungsunterschiede in den einzelnen Windungsabschnitten 52. - CAJALS Bilder 53. - Verspindelung bestimmter Rindenstellen 54. - Mutmaßliche Bedeutung der Spindelzellen 54. | |
3. Körnerzellen | 54 |
- Allgemeines über Form und Lagerungsart der Körnerzellen zu Haufen und Zügen usw. 54. - Die beiden Körnerschichten II und IV 54. - Regionäre Größen- und Formunterschiede 55. - Trabantzellen 56. - Dichtigkeit und Vorkommen der Körnerschichten 56. - Granuläre und agranuläre Rinde 56, - Antagonismus zwischen der Entwicklung der Pyramidenzellen und der Körnerzellen 56. - Verkörnelung bestimmter Rindenstellen, sog. granulöse Rinde oder Koniocortex 57. - Änderung der Körner in den einzelnen Windungsabschnitten 57. - Änderung der Körnerformen in einzelnen Rindenabschnitten 57. - Cajals Bilder von Körnerzellen 58. - Mutmaßliche Bedeutung der Körnerzellen 59. | |
4. Cajalsche Zellen der Molekularschicht | 59 |
Verschiedene Arten der Cajalschen Zellen bei Protoplasmafärbung 59. - Verhalten derselben bei Silberimprägnation 60. | |
5. Spezialzellen | 61 |
Betzsche Kolossalzellen 61. - Größe derselben bei einigen Tierarten 63. - Sonstige Riesenpyramiden (Solitärzellen usw.) 63. - MEYNERTs Riesensternzellen (Sehzellen) 64. - CAJALS temporale Hörzellen 65. - CAJALS sphenoidale Quastenzellen 66. - Sonstige Spezialzellen des Riechhirns 66. - Unsere Stäbchen und Korkzieherzellen 67. - Regionäre Eigentümlichkeiten aller Zellen 68. - Mutmaßliche Bedeutung der Spezialzellen 68. | |
C. Zellgröße | 68 |
Größenmaß als Verhältnis der Höhe zur Breite 69. - Regionäre und lobäre Unterschiede der Größe 69. |
|
D. Zellreichtum 70 | |
Zellzahl und makroskopisches Aussehen 70. - Regionäre und lobäre Verschiedenheit des Zellreichtums 70. - Berechnung der Zellzahl in 0.1 mm3 71. - Korrektur dieser Zellzählung 72. - Durchschnittszellzahl der einzelnen Schichten 72. - Zellzahl und Pathologie 73. - Zellzahl und Organisationshöhe in der Tierreihe 73. - Unterschiede der beiden Hemisphären 7.3. - Gesamtzellzahl der Rinde 7.1. - Gesamtzellvolumen der Rinde und Gesamtzellgewicht 74. - Approximatives Gewicht einer einzelnen Zelle 74. | |
E. Zelldichtigkeit 74 | |
Die Zelldichtigkeit ist das einzige stabile Vergleichsmaß 75. - Methode zur Zelldichtigkeitsbestimmung 75. - Dichtigkeitskoeffizient 76. | |
F. Zellagerung 77 | |
l. Orientierung der Zellachse zur Windungsoberfläche | 77 |
2. Laminäre Schichtung der Zellen | 77 |
3. Radiäre Gliederung der Zellen und Rindenstreifung | 77 |
Lobäre und regionäre Änderung der Streifung 78. - Das Zellbild ist nicht immer das Negativ des Markbildes 80. | |
4. Gruppenbildungen der Zellen | 80 |
Zellschwärme, Häufchen, Glomeruli 80. - Häufchenbildung in der Riechrinde 81. - Nichtpathologische Lückenbildungen in den Zellschichten 81. | |
3. Kapitel. | |
Aufbau und Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung. | |
A. Allgemein-Anatomischles über die Schichtung der Rinde | 82 |
Grundlegende Einteilung der Rinde in sechs Schichten I-VI nach der Zellform 82. - BEVAN LEWIS Sechsschichtung 83, - Teilweise Durchbrechung des Prinzips der Gleichartigkeit der Zellen jeder einzelnen Schicht 8. - Möglichkeit auch zehn Schichten, u. m, zu unterscheiden 84. - Subjektivität jeder Einteilung 84. - BRODMANNS tektogenetischer sechsschichtiger Grundtypus 85. - Äussere und innere Hauptschicht 85. - Sechsschichtiger Rindentypus heißt Isocortex, anders gebaute Rinde heißt Allocortex 85. - Vergleichstabelle der Schichtung verschiedener Autoren 86. - Homotypie und Heterotypie als zwei Arten des Isocortex 87. | |
B. Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten | 87 |
l. Entwicklung der sechsschichtigen Rinde (Isocortex) | 87 |
Entwicklung vorn ependymären Hemisphärenbläschen bis zur Bildung der embryonalen Pyramidenschicht 87. - Rindenmarkgrenze entsteht vielleicht noch aus der Zwischenschicht 89. - Spaltung der Pyramidenschicht zum tektogenetischen Grundtypus 89. - Der homotypische und der heterotypische Isocortex entwickeln sich aus dem tektogenetischen Grundtypus 90. | |
2. Entwicklung des Allocortex | 93 |
Topographische Umgrenzung des Allocortex 93. - Diesbezüglicher Unterschied zwischen Mensch und makrosmatischen Tieren 94. - Riechhirn und Allocortex 95. - Anlage des banalen Riechhirns 96. - Frühzeitige embryonale Differenzierung des Allocortex vor der Anlage zum tektogenetischen Grundtypus 96. - Allocortexentwicklung an einer embryonalen Schnittserie 97-103. - Inselanlage 103. - KAPPERS Palaeocortex und Neocortex 104. - Der Allocortex ist schon in seiner Anlage nicht so einheitlich wie der Isocortex, sondern man kann drei bis vier verschiedene Arten Allocortex unterscheiden 104. - Fächerförmige Wachstumsentfaltung der Hemisphären in sagittaler Richtung 105. - Homologisierung der Teile des Reichhirns des entwickelten Gehirnes mit den embryonalen Anlagen des Allocortex 106. - CHRISTFRIED JACOBS ansichten 106. - Das Grundprinzip der Zweiteilung der Rinde in Iso- und Allocortex ist durch verschiedene Methoden erwiesen 107. | |
4. Kapitel. | |
- Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues. | |
A. Bau des Isocortex | 109 |
1. Homotypie und Heterotypie | 109 |
2. Dickenverhältnis der einzelnen Schichten | 110 |
Dickenänderung der Schichten in den einzelnen Windungsabschnitten 110. - Verhältnis der absoluten Zahlen der Schichtendicken zueinander 112.- Äussere und innere Hauptschicht 112.- Relative Schichtendicke 113. - Proportionalgleichung der Schichten an der Windungskuppe 114. - Regionäre Abweichungen von dieser Proportionalgleichung 114. - Proportionalgleichung für die Windungswand 114. - Windung als ein Organ aufgefasst 115. - Wandgepräge sekundärer Nebenwindung 116. | |
8. Bau der einzelnen Schichten | 116 |
§1. I. Molekularschicht, ihre Zellen, ihre Dicke und ihr Bau | 116 |
§2. II. Äussere Körnerschicht. | 119 |
Dichtigkeit 119.- Zellformen und Größen 120. - Regionäre Verschiedenheit der Zellzusammensetzung 121.-Regionäre Schwankungen ihrer Ausprägung 121.- Verhalten im Riechhirn 122. - Verhalten in der granulösen Rinde (Koniocortex) 123 - Radiäre Streifung 124. - Verpyramidisierung ihrer Zellen in den agranulären Zonen 125. - Unterschiede zwischen Kuppe und Wand 125. - Zellzahl 126. - Relative Dicke 126. - Die äußere Körnerschicht im Allocortex 126. - "Unbeständigkeit, individuelle Änderungen und Altersänderungen der II. Schicht 126. - Verhalten bei Tieren 127. | |
§3. III. Pyramidenzellschicht | 127 |
Allgemeines Verhalten 127. - Zerfall in drei Unterschichten 127. - Regionäre Gleichförmigkeit in der Nachbarschaf t des Riechhirnes 128. - Zellzahl der III. 128. - Dicke der Schicht 128. - Zellgröße und regionäre Differenzen derselben 129. - Allmähliche Änderung in frontocaudaler Richtung 130. - Riesenzellen 133. - Regionäre Formänderung der Zellen 133. - unterschiede zwischen Kuppe und Wand 134. - Körnerzellen in der III. Schicht 135. - Verkörnelung der III. im Koniocortex 136. - Zellformen der III. des Koniocortex im Silberbild 137. - Regionäre Zellarmut; glomerulöse Bildungen der III. in der Nachbarschaft des Riechhirns 138. - Verhalten der III. im Allocortex 139. - Radiäre Streifung 140. - Schrittweise, sprungweise und sakkadierte Änderung der III. an den Grenzen der Areae 141. - Konstanz der III. 142. - Physiologische Dignität derselben und individuelle unterschiede 142. - Verhalten im Tierhirn 142. | |
§4. IV. Innere Körnerschicht | 142 |
Vorkommen und Fehlen derselben 143. - Ausbreitung des agranulären Gebietes 144. - Verhalten der IV. im Koniocortex 146. - Dicke der Schicht 147. - Zellzahl 148. - Spaltung in Unterschichten (Calcarina) 149. - Regionäre Unterschiede der Körnergröße 150. - Formdifferenzen 150. - Formunterschiede und Zerfall in Unterschichten im Scheitellappen 151. - Cajalsche Körnerzellbilder 152. - Radiäre Streifung 152. - Die IV. im Allocortex 153. - Entwicklung und Bedeutung der IV. 153. - Altersänderung 153. - Verhalten im Tierhirn 153. | |
§5. V. Ganglionäre Schicht | 154 |
Konstanz und Variabilität 154. - Dicke 155. - Starker regionärer Wechsel des allgemeinen Bildes bis zur Gürtelbildung 156. - Zellzusammensetzung 158. - Zellgrößenverhältnis der V. zur VI. 158. - Relative Dickenschwankung 158. - Zellgrößen und Dichtigkeitsverhältnis der V. zur III. 159. - Mittelstellung der Zellgröße der V. zwischen III. und VI. 159. - Regionäre Zellgrößenänderung (Korkzieherzellen, Betzsche Zellen) 160-162. - Abnahme der V. in den Hirnlobi hinter der Zentralfurche 162. - Verhalten gegen den Occipitallappen 163. - Verhalten im Koniocortex (Riesenzellen) 164. - Verhalten im Temporallappen 164. - Verhalten im sog. Riechhirn 165. - Spaltung in Unterschichten 166. - Gürtelbildung in der Insel und im Riechhirn 167. - Übergreifen der Gürtelbildung auf den Allocortex 168. - Radiäre Streifung 169. - Unwahrscheinlichkeit der Gleichheit der physiologischen Dignität dieser Schicht in den verschiedenen Hirnlobi 169. - Verhalten im Tierhirn 169. | |
§6. VI. Spindelzellenschicht | 169 |
Spaltung in zwei Unterschichten VIa und VI b. Zellgröße und Zellzahl 170. - Markgrenze der VI b 170.-Mögliche Entwicklung der VI b aus der embryonalen Zwischenschicht 171. - Verhalten zum Claustrum in der Inselgegend 171. - Verhalten der VI. in den einzelnen Windungsabschnitten 171. - Windung als Organ 172. - Dicke der VI. 172. - Messungsunterschiede je nach der Bestimmung der Markgrenze 173. - Legionäre Formänderung der Spindelzellen 174. - Allgemeines Verhalten der VI. caudal von der Zentralfurche und im Schläfelappen 175. - Trianguläre Zellen in der VI. (besonders im Koniocortex) 176. - Verkörnelung im Koniocortex 177. - Verhalten im Allocortex 177. - Verhalten im Tierhirn 178. - Altersunterschiede 178. | |
§7. Überblick über Konstanz und Variabilität der Schichten | 178 |
4. Verhältnis der Myeloarchitektonik zur Cytoarchitektonik | 178 |
Verhältnis der Zoll- und Markschichten 179. - Myeloarchitektonische Typen 180. - Nichtübereinstimmung der myeloarchitektonischen und cytoarchitektonischen Areae 181. | |
5. Physiologische Bedeutung der Schichten | 181 |
Auffassung der Schichten als schalenartige Organe 182. - Regionäre Änderung der Schichten 182. - CAJALS ansicht 182. - KAPPERS ansicht 183. - NISSL 183. - SPIELMEYER und BIELSCHOWSKYS Erkrankung der III. Schicht 184. - Wahrscheinliche physiologische Bedeutung der Schichten 184 und 185. - Ursprung der Bahnen 185. | |
6. Die ideale Hirnkarte und unsere fünf Rindentypen | 186 |
§l. Die ideale Hirnkarte 180 Wegen der fließenden Übergänge ist jede Einteilung der Hirnrinde in Felder (Areae) größtenteils etwas Willkürliches 186. - Die Berücksichtigung der isolierten regionären divergenten Änderung des Schichtenbaues führt zur "idealen Hirnkarte" 187. | |
§2. Die fünf Rindentypen 188 Ähnlichkeit des Baues von nicht zusammenhängenden Rindenteilen 188. - Die fünf verschiedenen Rindentypen 188. - Der agranuläre Pyramidentypus(1) 188. - Der granuläre Pyramidentypus (2) 188. - Der Pyramiden-Mitteltypus (1[2]) 188. - Der Parietaltypus(3) 188. - Der Polartypus (4) 190. - Der granulöse Typus [Koniocortex] (5)190. - Verschiedene Baueigentümlichkeiten des Koniocortex 191. - Koniocortex ist meist eine Wandbildung 191. - Nervenendgeflecht darin 191. - Typus l und 5 bilden den gesamten heterotypischen Isocortex 192. - Beispiele der einzelnen Typen 192. - Mutmaßliche Bedeutung derselben 192. - Motorischer und sensibler Typus als Extreme divergenter Entwicklung des tektogenetischen Grundtypus 193. - Eigentümlichkeiten der Umgebung des Koniocortex 194. - Vergleich unserer Areae mit flechsigs myelogenetischen Feldern 194. - FLECHSIGS Primordialfelder sind heterotypisch gebaut oder Allocortex 194. - Differenz zwischen flechsigs sinnessphären und unserer sensorischen Rinde (Koniocortex) 196. - FLECHSIGS neue Hirnkarte 197. | |
7. Heterotypien des Isocortex | 198 |
Die beiden Arten von Heterotypie: der Zellform und der Schichtung 198. - Verpyramidisierung 199. - Verspindelung 199. - Verkörnelung 199. - Trianguläre Zelländerung der VI. 201. - Heterotypie durch Schichtenverminderung oder Vermehrung 201. - Insel sollte zum Allocortex gerechnet werden 202. - Praktisch genommen gibt es bloß zwei Heterotypien des Isocortex, die agranuläre und die granulöse 202. | |
8. Bau des Allocortex | 202 |
Drei Arten des Allocortex: striatus, rudimentarius, primitivus 202. - Zellveränderung (Verpyramidisierung und Verkörnelung) im Allocortex 204. - Allocortex ist meist von heterotypischem Isocortex umgeben 204. - Schwierigkeit genauer gegenseitiger Abgrenzung 205. | |
5. Kapitel. | |
Areale Einteilung des Cortex. | |
A. Allgemein-Anatomisches über die Areae | 206 |
l. Berechtigung des Einteilungsprinzips in Areae 206 | |
Unsere cytoarchitektonische areale Hirnkarte 206. - Vergleich mit den Hirnkarten früherer Autoren 207. - Willkürlichkeit bei Abgrenzung der Areae 207. - Fortschreitende Vervollkommnung der Hirnkarte 208. - Definition der Areae 209. - Unsere Bezeichnung der Areae durch Buchstabensymbole 212. | |
2. Hirnlobi. Regionen und areale Einteilung | 213 |
Unsere 7 Hirnlobi und ihre Ausdehnung 213.-Die cytoarchitektonischen Grenzen der Lobi decken sich nicht vollkommen mit den grobanatomischen Grenzen 213. - Diesbezügliches Verhalten des Lobus parietalis 215.-Lobus occipitalis 216. | |
3. Bezeichnung und Anzahl unserer Areae | 217 |
Einteilungsprinzip der Areae, ihrer Varianten und Modifikationen 217. - Namentliche Anführung der Areae und Tabelle derselben 218. - Anzahl der Areae 220. - Bezeichnung ihrer Überlange und Änderungen 221. | |
4. Verhältnis der Areae zu den verschiedenen Rindensorten | 222 |
Homotypische und heterotypische Areae 222. - Areae des Allocortex 222. | |
5. Grenzen der Areae und ihre Beziehungen zu den Furchen und Windungen | 223 |
§l. Grenzen der Areae zueinander | 223 |
fließende Übergänge zwischen den einzelnen Areae des Isocortex, scharfe Grenzen gegen den Allocortex 223. - Grenzen zwischen homotypischen und heterotypischen Areae mittelscharf 223. - Ausnahmen dieser Regel 224. - Die arealen Grenzen sind keine geraden Linien 224. - Enklave oder inselförmige Areae 225. | |
§2. Beziehung der arealen Grenzen zu den Furchen | 225 |
Areale Grenzen kreuzen vielfach die Furchen 225. - Konstanz bestimmter Areae an bestimmten Stellen 225. - Beispiel des Riechhirns 226. - Beispiel des Koniocortex in gewissen Windungswänden 226. - Areae der dritten Stirnwindung 226. - Primäre Fissuren und konstante Areae 226. - Einfluß der Windungsform auf Ausdehnung der Areae 227. - Faltungstheorie 227. - Windung als Organ aufgefasst 227. - Mutmaßliche Funktionsdifferenz zwischen Kuppe und Wand 22S. - Windungsmäßiger Ablauf des Epilepsieanfalls 228. - Die Cytoarchitektonik im Dienste der vergleichenden Windungsanatomie 228. | |
B. Individuelle und physiologische Bedeutung der Areae | 228 |
1. Individuelle Unterschiede des arealen Baues | 229 |
Unterschiede zwischen rechter und linker Hemisphäre 229. - Geschlechtsunterschiede 230. - Altersunterschiede 230. - Rassenunterschiede 231. - Individuell-persönliche Unterschiede im Schichtenbau und ihre evtl. physiologische Bedeutung 232. - Auffallende Labilität des Baues bestimmter Rindenstellen (Operculargegend usw.) 233. | |
2. Physiologische Bedeutung der Areae | 233 |
Vergleich der arealen Hirnkarte mit physiologischer Hirnkarte 234. - Die fünf granulösen Areae (Koniocortex) entsprechen der corticalen primären Lokalisation der fünf Sinne 236. - Eventualität einer größeren Anzahl von Sinnesrepräsentationen im Cortex 236. - Koniocortex stellt die höchste Differenzierung der receptorischen Rinde dar 237. - Berechtigung der Flechsigschen Einteilung 237. - Verhältnis des Koniocortex zur unmittelbaren Umgebung und Möglichkeit rezeptiver Funktionen auch anderer Rindenareale 238. - Motorische und agranuläre Areae 240. - Betzsche Zweiteilung des Großhirns 241. - Mehrheit der Funktionen einer Area 243. - Wert einer vergleichenden Anatomie der Areae 244. - Bedeutung der spezifischen Differenzierung der Areae und ihrer Ausdehnung bei verschiedenen Tierklassen 245. - Überwiegen des Isocortex homotypicus beim Menschen, besonders im Stirnhirn 245. - Neuerwerbungen des Menschenhirns 246. - FLECHSIGS Assoziationsfelder 246. - Arealer Hirnbau und Intelligenz 247. | |
6. Kapitel. | |
Methodik | 249 |
Die drei Kardinalpunkte unserer Methodik 249. - Lückenlose Hirnserien sind ungeeignet zum Studium der Cytoarchitektonik 249. - Nur die Scheibenschnittmethode verwendbar 250. - Härtung und Einbettung 202.-Schneiden und Färbung 254. - Übersichtsscheiben durchs ganze Hirn für pathologische Untersuchungszwecke 256. - Photographie 258. - Lage der auf unseren Tafeln photographierten Schnitte 258. | |
Inhaltsverzeichnis. XIII | |
Spezieller Teil. | |
Beschreibung der einzelnen Area der Großhirnrinde. | |
7. Kapitel. | Seite |
Lobus frontalis | 259 |
A. Regio praerolandica | 260 |
1. Area praecentralis FA | 260 |
§l. Makroskopisches Aussehen. | 260 |
§2. Mikroskopisches Aussehen | 261 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 262 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 264 |
I. Molekularschicht 264. - II. Äussere Körnerschicht 264. - III. Pyramidenschicht 265. - IV. Innere Körnerschicht 269. - V. Ganglionäre Schicht 270. - Betzsche Riesenzellen 271. - VI. Spindelzellenschicht 273. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Grenzen und Varianten der Formation FA. | 275 |
Area praecentralis gigantopyramidalis FA? 275. - Parazentralläppchen 281. - Operculum und Area praecentralis opercularis FAop 281. | |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 283 |
Markbild 286. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 288 |
Bedeutung der Riesenzellen 288. - Bedeutung u. Pathologie der großen Pyramidenzellen 290. - Ursprung der Projektionsfaserung 291. - Motorische Rinde 292. - Elektromotorische Rinde 293. | |
2. Area frontalis agranularis FB | 294 |
Allgemein -Anatomisches. | 294 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 294 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 295 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 297 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 298 |
I. Molekularschicht 298. - II. Äussere Körnerschicht 298. - III. Pyramidenschicht 299. - Riesenzellen darin 301. - IV. Innere Körnerschicht 303. - V. Ganglionäre Schicht 303.-VI. Spindelzellenschicht 304. | |
§5. Gesamtübersicht, Ausdehnung und Varianten der Formation FB | 305 |
Zusammenfassung 305. - Grenzbildungen (FBC) -Area frontalis agranularis opercularis FBop. 308. - Vorkommen von Körnerschichten in der Operculargegend FBCop. 308. - Übergangsbildung FBC und FBCm 308, 309. | |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 309 |
Markbild | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 312 |
Elektrischer Reizeffekt 313. - Motorische Zentren 313.- Kau und Schluckzentrum 314. -Apraktische Störungen 314.- Elektrischer Reizeffekt 315. - Projektionsfaserung 315. | |
3. Area frontalis intermedia FC | 315 |
Allgemein-Anatomisches. | 315 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 316 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 317 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 318 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 319 |
I. Molekularschicht 319. - II. Äussere Körnerschicht 319. - III. Pyramidenschicht 320. - IV. Innere Körnerschicht 321. -V. Ganglionäre Schicht 322. - VI. Spindelzellenschicht 323. | |
§5. Gesamtüberblick. Ausdehnung, Grenzen und Varianten der Formation FC | 323 |
Zusammenfassung 324. - Area FCL 325. - Area des Fußes der dritten Stirnwindung FCBm 326. - Area FCop in der Operculargegend 329. | |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 330 |
Markbild 331. | |
XIV Inhaltsverzeichnis. | Seite |
§7. Physiologische Betrachtungen | 332 |
Motorische Funktion 332. - VOGTs Versuche am Frontalhirn überhaupt 333. - FÖRSTERs Reizversuche 334. - Das primäre frontale Augenfeld 335. - Aufmerksamkeitsanspannung 335. | |
B. Regio frontalis | 336 |
Allgemein-Anatomisches. | 336 |
1. Area frontalis granularis FD. | 336 |
Allgemein Anatomisches. | 336 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 337 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 338 |
§3. Zahlenverhältnis der einzelnen Schichten zueinander | 340 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 341 |
I. Molekularschicht 341. - II. Äussere Körnerschicht 341. - III. Pyramidenschicht 342. - IV. Innere Körnerschicht 344. - V. Ganglionäre Schicht 345. - VI. Spindelzellenschicht 347. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation FD | 348 |
Zusammenfassung 348. - Großzelliger Teil FDm 350. - Kleinzelliger Teil FDp 351. - Area frontalis granularis limbica FDL 351. - Area frontalis granularis media FD? 352. - Area (frontalis granularis) triangularis auf dem Cap. FDG 353. - Ähnlichkeit dieser Bildung mit dem oberen Parietalläppchen 355. - Ausdehnung der Area triangularis 355. - Operculare Bildung FDop. 356. - Übergangsbildungen 357. | |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 357 |
Markbild 359. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 360 |
HENSCHENS Gesangzentrum, FD? 361. - Stirnhirn und Intellekt 361. - Stirnhirnverletzte 361. - Stirnhirn und Affektstörungen 363. -Prosexiezentrum 363. - Befunde bei Psychosen 364. - Projektionsbahnen 364. | |
2. Area frontopolaris FE. | 364 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 365 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 365 |
§3. Zahlenverhältnis der einzelnen Schichten zueinander. | 365 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 366 |
I. Molekularschicht 366. - II. Äussere Körnerschicht 366. - III. Pyramidenschicht 367. - IV. Innere Körnerschicht 368. - V. Ganglionäre Schicht 368. - VI. Spindelzellenschicht 369. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation FE | 369 |
Zusammenfassung 370. - Verhältnis zwischen der Ausdehnung dieser Formation und der individuellen Windungsgröße des Stirnhirns 371. - Großzelliger Teil FEm 371. - Area frontopolaris limbica FEL 371. | |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 372 |
Markbild 372. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 372 |
C. Regio orbitalis | 373 |
Allgemein-Anatomisches. | 373 |
1. Area orbitalis FF | 373 |
Allgemein-Anatomisches. | 373 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 374 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 374 |
§3. Zahlenverhältnis der einzelnen Schichten zueinander | 375 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 375 |
I. Molekularschicht 375. - II. Äussere Körnerschicht 376. - III. Pyramidenschicht 376. IV. Innere Körnerschicht 377. - V. Ganglionäre Schicht 377. - VI. Spindelzellenschicht 378. | |
§5. Gesamtüberblick. Ausdehnung, Grenzen und Varianten der Formation FF | 379 |
Zusammenfassung 379. - Grenzbildung FFE 379. - Granulärer und agranulärer Teil FFg und FFa 380. - Area orbitalis praetriangularis FFF 380. | |
Inhaltsverzeichnis. XV | Seite |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 382 |
Markbild 383. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 383 |
2. Area Gyri recti oder Area recta FG | 384 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 384 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 384 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 385 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 386 |
I. Molekularschicht 386. - II. Äussere Körnerschicht 386. - III. Pyramidenschicht 386. - IV. Innere Körnerschicht 387. - V. Ganglionäre Schicht 387. - VI. Spindelzellenschicht 388. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation FG | 388 |
Zusammenfassung 388. - Schmalheit der Rinde erinnert an Occipitalformationen 389. - Änderung an der Medianfläche FGi 389. | |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 390 |
Markbild 390. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 391 |
3. Area praefrontalis FH | 391 |
Allgemein Anatomisches. | 391 |
§l. Makroskopisches Aussehen. | 391 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 391 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 392 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 393 |
I. Molekularschicht 393. - II. Äussere Körnerschicht 393. - III. Pyramidenschicht 393. - IV. Innere Körnerschicht 394. - V. Ganglionäre Schicht 394. - VI. Spindelzellenschicht 395. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Grenzen und Variation der Formation FH | 395 |
Zusammenfassung 395. - Area praefrontalis limbica FHL 396. - Unterschied zur Area praefrontalis parolfactoria FHL 396. | |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 396 |
Markbild 397. | |
§7. Physiologische Betrachtung. | 397 |
4. Das Brocasche parolfactorische Feld, Area praefrontalis parolfactoria FHL Area parolfactoria FL, Area geniculata FM, Area praecommisuralis FN 397 | |
Allgemein-Anatomisches über die subrostrale Gegend und ihren Übergang an die Hirnbasis (basales Riechhirn). | 397 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 401 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 401 |
Allmähliche Änderung der Schichten in frontocaudaler Richtung 401. - Zusammenhang mit den Areae des Gyrus limbicus 402. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander | 403 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten im Brocaschen parolfactorischen Feld | 404 |
Area praefrontalis parolfactoria FHL. I. Molekularschicht 404. - II. Äussere Körnerschicht 404. - III. Pyramidenschicht 404. - IV. Innere Körnerschicht 405. - V. Ganglionäre Schicht 405. - VI. Spindelzellenschicht 405. - Area parolfactoria FL 406.-Teilung in FL1, FL2, FL3 406.- I. Molekularschicht 406. - II. Äussere Körnerschicht 406. - III. Pyramidenzellschicht 406. - IV. Innere Körnerschicht 407. - V. Ganglionäre Schicht 407. - VI. Spindelzellenschicht 407. - Caudales Ende des Brocaschen Feldes: Area parolfactoria tertia FL3 und ihre Schichten 408. - Verhalten der Schichten am Rindensaum gegen den Allocortex 409. -Allocortex: Area geniculata FM 410. - Bau des Gyrus olfactorius medialis und sein Zusammenhang mit dem Trigonum olfactorium (FMf) 411. - Beziehung zur Substantia perforata 412. -- Area praecommisuralis FN 412.-Übergang derselben auf die Substantia perforata 413. - Bau der Substantia perforata 413. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung und Begrenzung der Formationen des Brocaschen Feldes | 414 |
Unterschied gegenüber den limbischen Areae 414. - Übergang auf die Orbitalfläche 415. | |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 415 |
Markbild 415. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 417 |
5. Area frontoinsularis FI | 417 |
Allgemein-Anatomisches über den Gyrus transversus insulae. | 417 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 418 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 418 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 419 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 420 |
I. Molekularschicht 420. - II. Äusseres Körnerschicht 420. - III. Pyramidenschicht 420. - IV. Innere Körnerschicht 421. - V. Ganglionäre Schicht 422. - Unsere Stäbchen- und Korkzieherzellen als Spezialzellen von FI 422. - VI. Spindelzellschicht 423. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation FI. | 424 |
Zusammenfassung 424. - Die agranuläre Formation FI hängt nicht mit den präzentralen agranulären Formationen FA3 und FB zusammen 425. | |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 425 |
Markbild 425. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 425 |
G. Area piriformis frontalis FH | 426 |
Allgemein. Anatomische über den Gyrus olfactorius lateralis. | 426 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 426 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 426 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 427 |
§4. Beschreibung der einzelnen Zellschichten | 428 |
I. Molekularschicht 428. - II. Äussere Körnerschicht 428. - III. Pyramidenzellschicht 429. - IV. Fehlt 429. - V. Ganglionäre Zellschicht 429. - VI. Spindelzellschicht 429. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation FK | 430 |
Übergang in die Substantia perforata 430. | |
§6. Historische Betrachtung und Markbild | 431 |
§7. Physiologische Betrachtungen | 431 |
8. Kapitel. | |
Lobus limbicus superior. | 432 |
Allgemein-Anatomisches über den Gyrus cinguli und seine Einteilung | 432 |
A. Regio limbica anterior agranularis | 434 |
Allgemein-Anatomisches. | 434 |
l. Formationen des vorderen Gyrus cinguli, Area praecingularis LA1, Area cingularis anterior agranularis LA2, Area cingularis limitans anterior LA3 434 | |
Allgemein-Anatomisches Verhalten gegeneinander 435. | |
§1. Makroskopisches Aussehen | 435 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 435 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 436 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten jeder Area | 437 |
Area LA1. I. Molekularschicht 437. - II. Äussere Körnerschicht 437. - III. Pyramidenschicht 437. - IV. Innere Körnerschicht 438. - V. Ganglionäre Schicht 438. - Stäbchenförmig ausgezogene Zellen 438. - VI. Spindelzellenschicht 439. - Area cingularis anterior agranularis LA2 439. - I. Molekularschicht 439. - II. Äussere Körnerschicht 439. - III. Pyramidenzellschicht 439. - IV. Innere Körnerschicht fehlt 440. - V. Ganglionäre Schicht 440. - Unsere Stäbchen- und Korkzieherzellen als Spezialzellen des Gyrus limbicus 440. - VI. Spindelzellenschicht 441. - Area cinguli limitans LA3 442. - Zapfenbildung der ersten Schicht am Rindensaum 442. | |
Inhaltsverzeichnis. XVII | Seite |
§5 §6 §7 werden gemeinsam für die ganze Regio limbica anterior auf Seite 443, 446 und 450 besprochen. | |
2. Formationen des vorderen Teiles des Gyrus intralimbicus, d. h. des Rindensaumes auf dem Balkenrücken, Area ultracingularis anterior LB1, Area Indusei LB2. | 442 |
§1 bis §4. Aussehen und Schichtung dieses Gebietes | 442 |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten aller Formationen der Regio limbico anterior | 443 |
Konzentrische schalenförmige Gliederung dieser Areae um den Balken 443. - Zusammenhang dieser Formationen mit jenen des Brocaschen parolfactorischen Feldes 443. - Übergangsbildungen zu den Areae des Frontalhirns FCL- FHL 444-445. | |
§6. Historisches und Markbild. | 446 |
Markbild 447. - Myelogenese (FLECHSIG) 447. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 450 |
Fragliche corticale Repräsentanz des Sympathicus 450. | |
B. Regio limbica superior posterior (granularis). | 450 |
Allgemein-Anatomisches. | 450 |
1. Formationen der Regio limbica posterior, und zwar Area cingularis posterior dorsalis LC1, Area cingularis posterior ventralis LC2, Area cinguli limitans posterior LC3 | 451 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 451 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 452 |
Übergang dieser drei Felder und ihrer Schichten ineinander 452. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 453 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 454 |
Area cingularis posterior dorsalis LC1. I. Molekularschicht 454. - II. Äussere Körnerschicht 454. - III. Pyramidenschicht 455. - IV. Innere Körnerschicht 455. - Zerfall der inneren Körnerschicht in zwei Unterschichten 456. - V. Ganglionäre Schicht 456. - VI. Spindelzellenschicht 457. - Area cingularis posterior ventralis LC2 - Allgemein-Anatomisches 457.- I. Molekularschicht 458. - II. Äussere Körnerschicht 458. - III. Pyramidenzellschicht 458. - IV. Innere Körnerschicht 459. - V. Ganglionäre Schicht 459. - VI. Spindelzellenschicht 460. - Area cinguli limitans posterior LC3 460. - Beschreibung der Schichten von LC3 460. - Frontaler und caudaler Übergang dieser Area 461. - Übergang dieser Area auf die Formationen LC am Balkenrücken 461. | |
§5. §6 §7 werden gemeinsam für die ganzen hinteren limbischen und retrosplenialen Formationen Seite 473, 475, 478 besprochen. | |
C. Regio retrosplenialis (subregio). | 461 |
Allgemein-Anatomisches. | 461 |
l. Formationen des Retrospleniums: Area retrosplenialis agranularis LD, Area retrosplenialis granulosa LE | 461 |
Anatomische Vorbemerkung. | 461 |
- LE zerfällt in zwei Unterareae: Area retrospl. gr. superior et inferior LE1 und LE2 462. | |
§1. Makroskopisches Aussehen | 462 |
§2. Mikroskopisches Aussehen | 463 |
§3. Zahlenverhältnis der einzelnen Schichten zueinander | 464 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 464 |
Area retrosplenialis agranularis LD. I. Molekularschicht 465. - II. Äussere Körnerschicht 465. - III. Pyramidenzellschicht 465. - IV. Innere Körnerschicht 465. - V. Ganglionäre Schicht 465. - VI. Spindelzellenschicht 465. - Area retrosplenii granulosa superior LE1, I. Molekularschicht 466. - II. Äussere Körnerschicht 466. - III. Pyramidenzellschicht 466. - IV. Innere Körnerschicht 466. - Die innere Körnerschicht entspricht nicht der IV. Schicht der übrigen Rinde 466. - V. Ganglionäre Schicht 467. - VI. Spindelzellenschicht 467. -Area retrosplenii granulosa inferior LE2 und ihre Schichten 468. - Zusammenhang der retrosplenialen heterotypischen Formationen mit dem Allocortex auf dem Balkenrücken 469. | |
§5, §6, §7 werden für die ganzen limbischen hinteren und retrosplenialen Formationen auf Seite 473, 475, 478 besprochen. | |
XVIII Inhaltsverzeichnis. | Seite |
2. Allocortische Formationen des caudalen Gyrus intralimbicus, d. h. des Rindensaumes auf dem Balkenrücken: Area ultracingularis posterior LF1, Area obtecta LF2 (Area Indusei LB2) | 469 |
§1, §2, §3 und §4 dieser Formationen werden hier gemeinsam besprochen. Allgemein-Anatomisches 479. - Area ultracingularis posterior LF1 und ihre Schichten 470. - Area obtecta LF2 und ihre Schichten 471. - Area indusei LB2 472. | |
§5. Gesamtübersicht, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten aller hinteren limbischen Formationen | 473 |
Homotypische, heterotypische und allogenetische Teile 473. - Der retrospleniale Koniocortex 474. - Zusammenhänge mit den Formationen des (Gyrus hippocampi und auch des vorderen Teiles des Gyrus limbicus 474. - Individuelle Unterschiede der Ausdehnung der Areae 474. - Zusammenhang des ganzen Gyrus intralimbicus 474. | |
§6. Historisches und Markbild. | 475 |
CAJALS Untersuchungen 475. - Markbild 477. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 478 |
Die granulöse Rinde (Koniocortex) ist eine primär sensorische Rinde 478. - Wahrscheinliche Lokalisation des Geruchzentrums 479. - Verhältnis zum Hippocampus und zum Geschmackzentrum 479. - Projektionsfasern 480. | |
9. Kapitel. | |
Lobus insulae | 481 |
Allgemein-anatomische Vorbemerkung 481. - Bau des Claustrums 483. | |
A. Regio insularis | 485 |
Verteilung der Areae dieser Region 485-486. | |
1. Area praecentralis insulae IA | 486 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 486 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 486 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 487 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 487 |
I. Molekularschicht 487. - II. Äussere Körnerschicht 488. - III. Pyramidenschicht 488. - IV. Innere Körnerschicht 489. - V. Ganglionäre Schicht 489. - Inselgürtel der V. Schicht 489. - VI. Spindelzellenschicht 490. - Verhältnis der VI zum Claustrum 490. | |
§5. Gesamtübersicht, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation LA | 491 |
Zusammenfassung 491. - Übergang zu den opercularen Bildungen 491. - Area praecentralis insulae dorsalis und ventralis IA1 und IA2 492. - Übergang zur hinteren Insel IAB 492. | |
§6, §7 werden gemeinsam für die ganze Insel auf Seite 499 und 501 besprochen. | |
2. Area postcentralis insulae IB | 492 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 492 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 492 |
§3. Zahlenverhältnis der einzelnen Schichten zueinander | 493 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 493 |
I. Molekularschicht 493. - II. Äussere Körnerschicht 493. - III. Pyramidenzellschicht 494. - IV. Innere Körnerschicht 494. - V. Ganglionäre Schicht 494. - VI. Spindelzellenschicht 495. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation IB | 495 |
Zusammenfassung 495. - Übergang zu den Temporalformationen IBT 495. | |
§6 und §7 werden für die ganzen Inselformationen gemeinsam Seite 499 und 501 besprochen. | |
3. Area orbitoinsularis IC und Area piriformis insulae ID | 496 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 496 |
§2. Mikroskopisches Aussehen | 496 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 497 |
Inhaltsverzeichnis. XIX | Seite |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten beider Areae | 497 |
I. Molekularschicht 497. - II. Äussere Körnerschicht 497. - III. Pyramidenschicht 497. - IV. Innere Körnerschicht fehlt 498. - V. Ganglionäre Schicht 498. - VI. Spindelzellenschicht 498. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formationen IC und ID | 498 |
Übergang zu den Temporalbildungen 499. - Angulus gyri olfactorii lateralis 499. - Zusammenhang mit der Substantia perforata 499. | |
§6. Historisches und Markbild aller Inselareae | 499 |
CAJALS akustische Zellen in der Insel 500. - Markbild 500. | |
§7. Physiologische Betrachtungen über die Gesamtheit der Inselareae | 501 |
Inselaphasie 501. - CAMPBELLS Geschmackszentrum 501. - Ähnlichkeit des Zellbaues der Insel und des Gyrus limbicus superior (spezifische Korkzieherzellen) 501. - Möglichkeit des Zusammenhanges mit der Geruchsfunktion 502. | |
10. Kapitel. | |
Lobus parietalis | 503 |
Allgemein-anatomische Vorbemerkungen 503. - Parietaler Rindengrundtypus 504. | |
A. Regio postcentralis | 505 |
Anatomischer Überblick 505. - Bandförmige Aneinanderreihung der Areae auf dem Gyrus centralis posterior 505. | |
1. Area postcentralis gigantopyramidalis PA | 506 |
§1. Makroskopisches Aussehen. | 506 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 506 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 507 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 507 |
I. Molekularschicht 507. - II. Äussere Körnerschicht 508. - III. Pyramidenzellschicht 508. - IV. Innere Körnerschicht 509. - V. Ganglionäre Schicht 509. - Betzsche Zellen in derselben 509. - VI. Spindelzellenschicht 510. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Area PA | 510 |
Area PA1 im Tal des Sulcus Rolando 511. - Area postparacentralis gigantopyramidalis PA2 auf dem Parazentralläppchen 511. - Verhalten ihrer einzelnen Schichten 512.- Übergang zu den Parietal- und Frontalformationen 512. | |
§6 und §7 werden gemeinsam für die ganze hintere Zentralwindung (Seite 532 und 538) besprochen. | |
2. Area postcentralis oralis PB. | 513 |
Allgemein-anatomische Vorbemerkung 513. - Differenzierung in zwei Areae, Area simplex PB2 und Area granulosa PB1 514. - Area postcentralis oralis granulosa PB1 514. | |
§l. Makroskopisches Aussehen | 514 |
§2. Mikroskopisches Aussehen | 514 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 515 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 515 |
I. Molekularschicht 515. - II. Äussere Körnerschicht 516. - III. Pyramidenschicht 516. - Verkörnelung der Zellen der III. Schicht 516. - Gradunterschiede der Verkörnelung 517. - IV. Innere Körnerschicht 517. - V. Ganglionäre Schicht 517. - VI. Spindelzellschicht 518. | |
§5 wird gemeinsam mit §5 der folgenden Area (Seite 521) besprochen. | |
§6 und §7 werden gemeinsam für die ganze hintere Zentralwindung (Seite 532 und 538) besprochen. | |
3. Area postcentralis oralis simplex PB2 | 519 |
§l. MakroskopischesAussehen | 510 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 519 |
§3. Zahlenverhältnis der einzelnen Schichten zueinander | 519 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 520 |
I. Molekularschicht 520. - II. Äussere Körnerschicht 520. - III. Pyramidenschicht 520. - IV. Innere Körnerschicht 520. - V. Ganglionäre Schicht 521. - Betzsche Riesenzellen 521. - VI. Spindelzellenschicht 521. | |
XX Inhaltsverzeichnis. | Seite |
§5. Gesamtübersicht, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der PB1, und PB2 | 521 |
Ausdehnung des Koniocortex in der Vorderwand der hinteren Zentralwindung 521. - Differenzierung, inselförmige Flecken desselben 622. | |
§6 und §7 werden gemeinsam für die ganze hintere Zentralwindung (Seite 532 und 538) besprochen. | |
4. Area postcentralis intermedia PC. | 524 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 524 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 524 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 524 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 525 |
I. Molekularschicht 525. - II. Äussere Körnerschicht 525. - III. Pyramidenzellschicht 525. - Riesenpyramidenzellen der III. Schicht 525. - IV. Innere Körnerschicht 526. - V. Ganglionäre Schicht 526. - Betzsche Riesenzellen 526. - VI. Spindelzellenschicht 527. | |
§5. Gesamtübersicht, Ausdehnung, Grenzen und Varianten der Formation PC | 527 |
Übergangsbildung derselben am Operculum 528. - Riesenzellen führender Teil der PC Area postcentralis intermedia gigantopyramidalis PC? an der Mantelkante 528. | |
§6 und §7 werden gemeinsam für die hintere Zentralwindung (Seite 532 und 538) besprochen. | |
5. Area postcentralis caudalis PD. | 529 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 529 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 529 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 529 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 529 |
I. Molekularschicht 529. - II. Äussere Körnerschicht 530. - III. Pyramidenzellschicht 530. - IV. Innere Körnerschicht 530. - V. Ganglionäre Schicht 531. - VI. Spindelzellenschicht 531. | |
§5. Gesamtübersicht, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation PD | 531 |
Übergangsbildung zum oberen Parietallappen PCE 532. - visuosensory band ELLIOT SMITHS 532. | |
§6. Historisches und Markbild aller Formationen der hinteren Zentralwindung | 532 |
Welche früheren Autoren haben den Koniocortex der hinteren Zentralwindung gesehen ? 533-535. - Entwicklung des Koniocortex bei den Tieren 535. - cajals Beschreibung 535. - Markbild 536. | |
§7. Physiologische Betrachtungen über die Felder der ganzen hinteren Zentralwindung | 538 |
Sensomotorium EXNERS und Körperfühlsphäre MUNKS 538. - Elektrische Reizversuche vogts 538. - Verhalten bei amyotrophischer Lateralsklerose 540. - Entwicklung des Koniocortex 540. - Koniocortex stellt die sensible Tastsphäre dar 541. - Ist die sensible Sphäre größer als der Koniocortex? 541. - Individuelle Gradunterschiede in der Differenzierung des Koniocortex 542. - Verschiedene Lokalisation der einzelnen Gefühlsqualitäten 542. - Taststrahlung zur hinteren Zentralwindung 543. - Entwicklung der Tastsphäre FLECHSIGS 543. | |
B. Regio parietalis superior | 544 |
Allgemein Anatomisches. | 544 |
l. Area parietalis superior PE | 544 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 544 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 545 |
Unterschied gegenüber anderen Rindenformationen 546. - Ähnlichkeit mit den frontalen granulösen Formationen 547. | |
§3. Zahlenverhältnis der einzelnen Schichten zueinander | 548 |
§4. Besprechung der einzelnen Schichten | 548 |
I. Molekularschicht 548. - II. Äussere Körnerschicht 548. - III. Pyramidenzellschicht 549. - IV. innere Körnerschicht 550. - Zweiteilung der inneren Körnerschicht 550. -V. Ganglionäre Schicht 551. -VI. Spindelzellenschicht 552. | |
Inhaltsverzeichnis. XXI | Seite |
§5. Überblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation PE | 553 |
Kleinzellige und großzellige Bildung von PE 554. - Grenze gegen Gyrus limbicus 554. - Übergangsbildung PED gegen die hintere Zentralwindung 555. - E. smiths visuosensory band 555. - Area parietalis superior posterior gigantopyramidalis PE? 556. | |
§6. Historisches und Markbild. | 557 |
Markbild 558. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 559 |
C. Regio parietalis inferior et basalis | 559 |
Allgemein-anatomische Betrachtungen 559. - Ausbreitung des Parietaltypus caudal und basal über die grobanatomischen Grenzen des Parietallappens 560. - Ausbreitung des Parietaltypus auf den Temporallappen 561. | |
1. Area supramarginalis PF | 562 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 562 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 563 |
Unterschied gegenüber anderen Rindenbildungen 564. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 564 |
§4. Besprechung der einzelnen Schichten. | 565 |
I. Molekularschicht 565. - II. Äussere Körnerschicht 565. - III. Pyramidenzellschicht 566. - IV. Innere Körnerschicht 567. - Zweiteilung der inneren Körnerschicht 568. - V. Ganglionäre Schicht 568. - VI. Spindelzellenschichten 569. | |
§5. Überblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation PF. | 570 |
PF kommt dem parietalen Rindengrundtypus am nächsten 570. - Dünnrindige Variante PFt 571. - Operculare Variante PFop 573. - Großzellige Variante PFm 573. - Area supramarginalis columnata PFcm 573. - Übergangsbildung PFD 575. - Individuelle Unterschiede der arealen Ausbreitung am Operculum 576. | |
§6 und §7 werden gemeinsam mit jenen der Area angularis PG (auf Seite 581 und 583) besprochen. | |
2. Area angularis PG | 576 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 577 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 577 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 577 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 578 |
I. Molekularschicht 578. - II. Äussere Körnerschicht 578. - III. Pyramidenschicht 578. - IV. Innere Körnerschicht 579. - Dreiteilung der Körnerschicht 579. - V. Ganglionäre Schicht 579. - VI. Spindelzellenschicht 580. | |
§5. Überblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation PG | 580 |
Übergang zu der occipitalen Formation 580. - Einstrahlung der Formationen der mittleren Temporalwindungen in das Gebiet der PG 581. | |
§6. Historisches und Markbild der Areae PF und PG. | 581 |
Fehlen dieser Areae im Tierreich 582. - Markbild 582. - Vergleich mit FLECHSIGS Feldern 583. | |
§7. Physiologische Betrachtungen zu den Areae PF und PG | 583 |
Über die Hirnlokalisation überhaupt 583. - Lokalisation pathologischer Symptome (Agnosien) in das untere Scheitelläppchen 584. - Fehlen des unteren Scheitelläppchens bei Tieren 584. - Individuelle Unterschiede der Entwicklung beim Menschen 585. - Lokalisation eines Teiles der Intelligenz in den unteren Parietallappen 585. - FLECHSIGS assoziationszentrum 586. - Projektionsbahnen des unteren Scheitelläppchens 586. | |
3. Area parietalis basalis sive temporooccipitalis PH | 587 |
Allgemein-Anatomisches 587. - Ausbreitung der parietalen Formation auf die Hirnbasis 587. | |
§1. Makroskopisches Aussehen | 587 |
XXII Inhaltsverzeichnis. | Seite |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 587 |
Ausbreitung des Parietaltypus über die temporooccipitale Zwischengegend der Konvexität und der Hirnbasis 588. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 588 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 589 |
I. Molekularschicht 589. - II. Äussere Körnerschicht 589. - III. Pyramidenschicht 590. - Verhalten der III. Schicht gegen das untere Scheitelläppchen (PHP) 590. -- Verhalten der III. Schicht in der Nähe des Occipitallappens (PHO) 591. - Verhalten der III. Schicht an der Grenze der Temporalformationen (PHT) 591. - IV. Innere Körnerschicht 591. - V. Ganglionäre Schicht 592. - Größengleichheit der Zellen der V. und VI. in PH 592. - VI. Spindelzellenschicht 593. | |
§5. Überblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation PH | 593 |
§6. Historisches und Markbild. | 594 |
§7. Physiologische Betrachtungen | 595 |
11. Kapitel. | |
Lobus occipitalis | 596 |
Allgemein-Anatomisches zum Lobus occipitalis. | 596 |
A. Regio occipitalis | 597 |
Allgemein-Anatomisches über den Unterschied der cytoarchitektonischen und der grobanatomischen Ausdehnung derselben 597. - Einteilungsmöglichkeit in zwei oder besser in drei Areale 598. | |
1. Area peristriata OA | 598 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 599 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 600 |
Grundtypus OA 600. - Regionäre Abweichungen 601. - Übergang zum Parietaltypus 602. | |
§3. Zahlen Verhältnis der Schichten zueinander. | 602 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 603 |
I. Molekularschicht 603. - II. Äussere Körnerschicht 603. - III. Pyramidenschicht 604. - IV. Innere Körnerschicht 604, - V. Ganglionäre Schicht 605. - VI. Spindelzellenschicht 605. - Sockelbildung in V. und VI. 606. | |
§5. Überblick. Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation OA . | 606 |
Area peristriata posterior OA1 606. - Area peristriata anterior OA2 607. - Großzellige Variante OAm 607. - Grenzübergang zur Area parastriata OB 608. - Unterschied der Occipitalrinde gegenüber der Rinde des Frontalpols 609. | |
§6 und §7 werden gemeinsam mit diesen Paragraphen der nächsten Area OB (Seite 619 und 653) besprochen. | |
2. Area parastriata OB. | 609 |
Allgemein-Anatomisches. | 609 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 610 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 610 |
Grenzübergang gegen die Calcarinarinde 611. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 612 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 612 |
I. Molekularschicht 612. - II. Äussere Körnerschicht 612. - III. Pyramidenschicht 613.-IV. Innere Körnerschicht 614. - Auffallende Zelldichtigkeit derselben 614. -V. Ganglionäre Schicht 615. -.Zellkleinheit derselben 615. - VI. Spindelzellenschicht 615. - Zellsockelbildung der V. und VI. Schicht 616. | |
§5. Überblick. Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation OB | 616 |
Plötzlicher Übergang zur Calcarinarinde 617. - Randformation dieser Übergangsstelle, sog. Limes parastriatus OB? 617. - Granulöse Variante, sog. Maculae granulosae OBO 618. | |
§6. Historisches und Markbild der Areae OA und OB | 619 |
Möglichkeit, diese beiden Gebiete als eines aufzufassen 619. - Markbild 621. | |
Inhaltsverzeichnis. XXIII | Seite |
§7 wird für die Areae OA und OB gemeinsam mit dem §7 der Calcarinarinde OC (Seite 653) besprochen. | |
8. Area striata OC (Calcarinarinde) | 624 |
Allgemein-Anatomisches. | 624 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 625 |
Aussehen des nativen und des gefärbten Präparates 625. - Gennarischer Streifen im ungefärbten Präparat deutlich sichtbar entspricht nicht dem weißen Streifen im Zellpräparat 625. | |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 626 |
MEYNERTs Erklärung der Achtschichtung 626. - BRODMANNS Erklärung der Spaltung der inneren Körnerschicht 627. - Zusammenhang mit den Schichten der Nachbarfelder 627. - Verkörnelung mehrerer Schichten im Koniocortex, z. B. der IIIc, zur obersten Lage (IV a) der inneren Körnerschicht 627.- Unsere Erklärung und Einteilung 628. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 629 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 630 |
I. Molekularschicht 630. - II. Äussere Körnerschicht 630. - III. Pyramidenschicht 631. - Vorkommen von Körnerzellen in der III. Schicht 631. - IV. Innere Körnerschicht 631. - Zerfall derselben in drei Unterschichten und Verhältnis derselben zueinander 631. - IVa. Lamina granularis interna superficialis 631. - IVb. Lamina intermedia oder Sternzellenschicht oder Schicht des Gennarischen Streifens 632. - Zerfall derselben in weitere drei Unterschichten a, , ? 632. - Riesensternzellen in IVb 632. - IVc. Lamina granularis interna profunda 633. - Zerfall derselben in zwei Unterschichten IVca, IVc (und IVc?) 633. - V. Ganglionäre Schicht 634. - MEYNERTs Riesenzellen 634. - VI. Spindelzellenschicht 635. - Spaltung in VIa und VI b 635. - Zerfall in VIa a, , ? 635. - Dreieckige Zellen in VIaa und ? 635. - Verkörnelung der VIa-Schicht 635. - Spindelzellen in VIb 635. |
|
§5. Überblick, Ausdehnung und Begrenzung der Area striata OC | 636 |
Area striata ist das Prototyp des Koniocortex, d. h. der sensorischen Rinde 636. - Tendenz zur Spaltung in 16 Unterschichten 636. - Bestimmung der Ausbreitung und Grenzen nach dem Gennarischen Streifen 637. - Ausbreitung auf der cunealen, lingualen Lippe und am Occipitalpol 638. - Ausdehnung frontalwärts im Truncus parietooccipitalis 640. - Verhalten am Pol, Calcarina, Retrocalcarina, Sulcus triradiatus, Sulc. lunatus und die Frage des Operculum occipitale und der Affenspalte 640. - antonis studien 642. - Rassenverschiedenheit der Calcarinarindengrenzen 643. - Oberflächenausdehnung der Area striata und Verhältnis zur Gesamtrindenoberfläche 644. | |
§6. Historisches und Markbild zur Area striata | 645 |
Vergleichstabelle der Unterschichten der verschiedenen Autoren 647. - BOLTONS grundlegende Studien 648. - CAJALS Zellstudien 649. - Markbild 651. - FLECHSIGS Sehsphäre ist größer als die Area striata 653. | |
§7. Physiologische Betrachtungen über die ganze Regio occipitalis OA, OB, OC | 653 |
Sehsphäre in physiologischen und pathophysiologischen Studien MUNKS, MONAKOWS, HENSCHENS 654. - Visuopsychic area englischer Autoren 654. - Rindenblindheit, Seelenblindheit und optische Orientierung 654. - Koniocortex bedeutet primäre sensorische Rinde 654. - Möglichkeit weiterer sensorischer Rindenbildungen in der Regio occipitalis (OBO) auch noch außerhalb der Area striata 655. - Optisch-motorische Funktionen 655. - Schichtenlokalisation einzelner Teile der Sehfunktion, z. B. des Farbensinnes 656. - Regio occipitalis bei Erblindeten 657. | |
12. Kapitel. | |
Lobus temporalis | 658 |
Allgemein-Anatomisches 658. - Die vier Regionen des Lobus temporalis 659. - Temporaler cytoarchitektonischer Grundtypus und regionäre Änderungen seiner Charakteristica 659. | |
Regio supratemporalis | 661-710 |
Allgemein-Anatomisches über die erste Temporalwindung und die Heschlschen Windungen 661. - Areale Einteilung der Region 661. | |
1. Area temporalis superior TA | 662 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 662 |
§2. Mikroskopisches Aussehen | 662 |
Orgelpfeifentypus der radiären Streifung 662. - Übergang in die Parietal- und Occipitalgegend 662. - Unterschied zwischen vorderem und hinterem Teil der ersten Temporalwindung (TA2 und TA1) 663. - Erste Temporalwindung hat parietalen Rindentypus (3) 663. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander | 663 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 664 |
I. Molekularschicht 664. - II. Äussere Körnerschicht 664. - III. Pyramidenschicht 665. - IV. Innere Körnerschicht 665. - Zerfall derselben in radiäre Zellsäulen 667. - V. Ganglionäre Schicht 667. - VI. Spindelzellenschicht 667. - Trianguläre Zellen in VIa 668. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation TA | 668 |
Übergang in die Nebenareae 669. - Area temporalis superior posterior TA1 und anterior TA2 669. | |
§6 und §7 werden gemeinsam für die ganze Regio supratemporalis (Seite 691 und 701) besprochen. | |
2. Area supratemporalis simplex magnocellularis TB (und Area supratemporalis granulosa TC | 669 |
Allgemein-Anatomisches über die dorsale (sylvische) Fläche der ersten Temporalwindung und der Heschlschen Windungen 670. - Verteilung der Areae auf denselben 671. | |
Area supratemporalis simplex TB | 671 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 671 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 671 |
Ausgeprägter Orgelpfeifentypus 672. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander | 672 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 672 |
I. Molekularschicht 672. - II. Äussere Körnerschicht 672. - III. Pyramidenschicht 673. - Riesenzellen in der III. Schicht 673. - IV. Innere Körnerschicht 674. - V. Ganglionäre Schicht 674. - Riesenzellen in der V. Schicht 675. - VI. Spindelzellenschicht 675. | |
§5 wird gemeinsam mit denselben Paragraphen der nächstfolgenden Area TC Seite 683 besprochen. | |
§6 und §7 werden gemeinsam für die ganze Regio supratemporalis (Seite 691 und 701) besprochen. | |
3. Area supratemporalis granulosa TC | 675 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 676 |
§2. Mikroskopisches Aussehen | 676 |
Feinstreifiges Aussehen der sog. Regenschauerformation 676. - Granulöse Heterotypie 676. - Individuelle Unterschiede der Differenzierung dieses Koniocortex 677. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 677 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 678 |
I. Molekularschicht 678. - II. Äussere Körnerschicht 678. - III. Pyramidenschicht 679. - Teilweise Verkörnelung derselben 680. - IV. Innere Körnerschicht 681. - Zugehörigkeit der oberen Lagen der Körnerschicht zur III. Schicht 681. - V. Ganglionäre Schicht 682. - VI. Spindelzellenschicht 682. | |
§5. Gesamtüberblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formationen TB und TC der Heschlschen Windungen. | 683 |
Wandcharakter dieser Formationen 683. - Differenzierung zum Koniocortex, d. h. zur sensorischen Hörrinde und auffallende Kleinheit dieses sensorischen Feldes 684. - Individuelle Gradunterschiede dieser Differenzierung 685. - Lage auf den Heschlschen Windungen 685. - Übergänge zwischen TB und TC 685. -- Streifen und inselförmige Differenzierung zum Koniocortex 685. - Übergänge zur Area TD 685. - Ähnlichkeit mit anderen Koniocortex 686. - Individuelle Ausbreitungsunterschiede dieser Area bis zur Wernickeschen Stelle 686. - Ähnlichkeit der Rindenformation TAm der Unterfläche der ersten Temporalwindung mit der Area TB 686. | |
§6 und §7 werden gemeinsam für die ganze Regio supratemporalis Seite 691 und 701 besprochen. | |
4. Area supratemporalis intercalata TD | 687 |
Lage derselben und Zweifel an ihrer Konstanz 687. | |
§l. Makroskopisches Aussehen | 687 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 687 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 687 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 688 |
I. Molekularschicht 688. - II. Äussere Körnerschicht 688. - III. Pyramidenschicht 688. - Mangel einer radiären Zellanordnung 688. - IV. Innere Körnerschicht 689.-V. Ganglionäre Schicht 689. - VI. Spindelzellenschicht 689. | |
§5. Zusammenfassung, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation TD | 689 |
Ähnlichkeit mit opercularen Bildungen 690. - Ähnlichkeit mit granulöser Rinde 690 - Möglichkeit einer abortiven Rindenbildung 690. | |
§6. Historisches und Markbild der ganzen Regio supratemporalis TA, TB, TC, TD | 691 |
Granulöse Koniocortex-Entwicklung auf Heschlscher Windung von wenigen Autoren bisher bemerkt 691. - Beschreibung der verschiedenen Autoren 692. - CAJALS Untersuchungen und seine spezifischen Hörzellen 693. - Markbild 695. - VOGTS myeloarchitektonische Untersuchungen 696. - FLECHSIGS Hörsphäre und deren auffallend geringe Ausbreitung 697. - FLECHSIGS und PFEIFERS Untersuchungen über die Hörstrahlung 697. - Beziehung der Hörsphäre FLECHSIGS zu unserer sensorischen Rinde (Koniocortex) der Heschlschen Windung 700. |
|
§7. Physiologische Betrachtungen über die ganze Regio supratemporalis TA, TB, TC, TD | 701 |
Experimentelle Untersuchungen über das Hörzentrum 701. - Pathophysiologische Anschauungen 701. - Rindentaubheit, Sprachtaubheit, WERNICKES sensorische Aphasie 702. - HENSCHENS Theorie, Wortklang- und Wortsinn-Zentrum, Musikklang- und Musiksinnzentrum 702. - Ansichten anderer Forscher, subcorticale sensorische Aphasie, reine Worttaubheit 703. - Verlauf der sog. Hörstrahlung 703. - Musiksinn 704. - Frage der physiologischen Bedeutung der einzelnen Areae beim Hören (CAMPBELLS auditosensory und auditopsychic area) 704. - Bedeutung unseres Koniocortex TC für die primäre Hörfunktion 705. - Relative Kleinheit des Koniocortex der Hörrinde 705. -Möglichkeit der Ausbreitung der sensorischen Rinde über die Grenzen des Koniocortex TC auf TD und TB 706. - Beziehung einzelner Teile der Hörfunktion zu einzelnen Areae 707 -Unsere Ansicht über die Lokalisation in der Regio supratemporalis 707. - Anscheinendes Fehlen der primären Hörsphäre bei Tieren 707. - Heschlsche Windung bei Musikbegabten 709. - Befunde bei Taubstummheit 709. - Gibt es funktionslose Reserveteile der Rinde und wäre evtl. TD ein solches ? 709. | |
B. Regio temporalis propria | 710 |
Allgemein-Anatomisches 710. - Area TE1 und TE2 710. | |
l. Area temporalis media et inferior TE (TE1 und TE2). | 710 |
§l. Makroskopisches Aussehen | 710 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 711 |
§3. Zahlenverhältnis der einzelnen Schichten | 711 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 712 |
I. Molekularschicht 712. - II. Äussere Körnerschicht 712. - III. Pyramidenschicht 712. - Die III ist in der Wand breiter als an der Kuppe 713. - IV. Innere Körnerschicht 714. - V. Ganglionäre Schicht 714.- VI. Spindelzellenschicht 715. | |
§5. Überblick, Ausdehnung. Begrenzung und Varianten der Formationen der Regio temporalis propria | 716 |
Übergreifen der Charakteristica dieser Bildungen caudalwärts auf den Gyrus angularis 717. | |
XXVI Inhaltsverzeichnis. | Seite |
§6. Historisches und Markbild. | 717 |
Markbild 718. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 719 |
FLECHSIGS Assoziationsfeld 710. - Corticopontine Projektionsbahnen 719.- Namensgedächtnis 719. - Affektivität, manisch-depressives Irresein 719. | |
C. Regio fusiformis | 720 |
Allgemein-Anatomisches 720. - Übergang zu den hippocampischen Bildungen 720. | |
1. Area fusiformis TF. 720 | |
§1. Makroskopisches Aussehen | 720 |
§2. Mikroskopisches Aussehen | 721 |
Parietaler Rindentypus (3) dieser Gegend 721. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 721 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 722 |
I. Molekularschicht 722. - II. Äussere Körnerschicht 722. - III. Pyramidenschicht 722. - IV. Innere Körnerschicht 722. -V. Ganglionäre Schicht 723. - VI. Spindelzellschicht 723. | |
§5. Zusammenfassung, Ausdehnung, Grenzen und Varianten der Formation TF. | 724 |
Regionare Unterschiede. | 725 |
§6. Historisches und Markbild. | 725 |
Bisher scheint TF übersehen worden zu sein 725. - Markbild daher unbekannt 726. | |
§7. Physiologische Bedeutung | 726 |
Beziehung zum Orientierungsvermögen. | 726 |
2. Area temporo-hippocampica TH | 726 |
Anatomisches Verhalten zur Fissura collateralis. | 726 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 727 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 727 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander | 727 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 727 |
I. bis IV. 728. - Zellband in V. 728. - VI. Spindelzellenschicht 728. §5. Ausdehnung, Grenzen und Varianten der Formation TH 728 Agranuläre Bildung derselben THa 728. -Übergang zu den hippocampischen Bildungen 720. - Zusammenhang mit den temporopolaren Formationen 729. §6. Historisches und Markbild. 729 | |
§7. Physiologische Betrachtung | 729 |
Agranuläre Randbildungen einzelner Koniocortex. | 729 |
D. Regio polaris | 730 |
Allgemein-Anatomisches. | 730 |
1. Area temporopolaris TG | 730 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 730 |
§2. Mikroskopisches Aussehen (beinah heterotypisch) | 731 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 731 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 732 |
I. Molekularschicht 732. - II. Äussere Körnerschicht 732. - Glomerulöse Häufchen größerer dreieckiger und sternförmiger Zellen 732. -III. Pyramidenschicht 733. - Tränenform der Pyramidenzellen 733 - IV. Innere Körnerschicht 733. - Pyramidenform der Körnerzellen 734. -V. Ganglionäre Schicht 734. - VI. Spindelzellschicht 734. | |
§5. Überblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation TG und die beiden Grenzareae TI und TK der Regio polaris | 735 |
Verhalten der TG zu den caudal von ihr gelegenen .Areae 736. - Verhalten zu der sylvischen Oberfläche des Temporalpols 736. - Übergang zum Inselpol 736. - Berührung mit dem Uncus und dem gyr. olf. lat. 737. - Agranuläre Variante TGa 737. - Übergang zum Gyrus olfactorius lateralis 738. | |
§6 und §7 werden S. 740 u. 741 besprochen. | |
2. Area piriformis temporalis TI und Area substantiae perforatae lateralis TK | 738 |
§§l-5. Bildung der Area piriformis temporalis TI 738. - Zusammenhang mit der Substantia perforata und dem Claustrum 730. - Area substantiae perforatae - lateralis TK und ihre Zellzusammensetzung 739. - Zusammenhang mit der Area praecommisuralis FN 740. | |
§6. Historisches und Markbild der Regio polaris TG, TI, TK. | 740 |
Markbild 740. - Gyrus semilunaris und Gyrus ambiens 741. | |
§7. Physiologische Betrachtungen | 741 |
Musiksinnverständnis von HENSCHEN in TG ? 741. - Fragliche Zugehörigkeit zum Riechhirn 741. - Primordialfeld FLECHSIGS und Balkenfaserursprung 741. - Efferenter Rindentypus 741. | |
13. Kapitel. | |
Lobus limbicus inferior oder Lobus hippocampi | 742 |
Allgemein-anatomische Vorbemerkung über den Bau des Gyrus hippocampi, des Uncus, Gyrus dentatus, Fimbria und Ammonshorn 742. | |
A. Regio hippocampi | 743 |
Streifenförmige Verteilung der Areae und ihre Lage zueinander 744. - Orientierung über unsere Schnittführungen und die Lage unserer Bilder 745. | |
1. Area uncinata HA | 747 |
§1. Makroskopisches Aussehen (Subst. reticular. alba Arnoldi) | 747 |
§2. Mikroskopisches Aussehen | 747 |
Zugehörigkeit zum Allocortex 747. - Glomeruli 748. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 748 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 748 |
I. Molekularschicht 748. - Substantia reticularis Arnoldi 748. - II. Äussere Körnerschicht 748. - Großzellige Glomeruli 749. - III. Pyramidenschicht 749. - Kleinzellige Glomeruli der oberen Lage 749. - IV. Innere Körnerschicht ersetzt durch eine zellose Lage 750. - V. Ganglionäre Schicht 750. - VI. Spindelzellschicht 750. | |
§5. Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation HA | 751 |
Die Bezirke HA1, HA2, HA3. | 751 |
§6 und §7 werden für die ganze Regio hippocampica gemeinsam (Seite 778 und 788) besprochen. | |
2. Area parauncinata HB | 751 |
§1. Makroskopisches Aussehen | 752 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 752 |
Zugehörigkeit zum Allocortex. | 752 |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 752 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 752 |
I. Molekularschicht 752. - II. Äussere Körnerschicht 752. - III. Pyramidenschicht 753. - IV. Innere Körnerschicht fehlt 753. -V. Ganglionäre Schicht 753. - Gürtelförmiges Zellband 753. - VI. Spindelzellenschicht 753. | |
§5. Übersicht, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation HB | 753 |
Die Varianten HB1 und HB2. | 754 |
§6 und §7 werden für die ganze Regio hippocampica gemeinsam (Seite 778 und 788) besprochen. | |
3. Area rhinalis limitans HC | 754 |
Starke Variabilität derselben regional sowohl als individuell 754. - Die zwei Typen unserer Darstellung 755. | |
§l. Makroskopisches Aussehen | 755 |
§2. Mikroskopisches Aussehen. | 755 |
Unsere zwei Typen 755. - Fragliche Zugehörigkeit zum Allocortex 756. - Granulärer Rand dieser Area 756. - Übergangsbildung HDC 756. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander. | 756 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 756 |
I. Molekularschicht 756. - II. Äussere Körnerschicht 757. - Individuelle Unterschiede derselben 757. - III. Pyramidenschicht 757. - Individuelle und regionale Unterschiede derselben 758. - IV. Innere Körnerschicht am äußeren Rande HCg 758. - V. Ganglionäre Schicht 758. - Individuelle Unterschiede 758. - VI. Spindelzellenschicht 759. | |
XXVIII Inhaltsverzeichnis. | |
§5. Übersicht, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation HC | 759 |
Ihr Übergang zu der temporopolaren Formation T 5 und zur temporohippocampischen TH 759. - Der granuläre Teil HCg 759. | |
§6 und §7 werden gemeinsam für die ganze Regio hippocampi (Seite 778 und 788) besprochen. | |
4. Area praesubicularis granulosa HD | 760 |
Allgemein-anatomische Bemerkung zur Ausdehnung dieser Area an der dorsalen Lippe des Gyrus hippocampi 760. | |
§l. Makroskopisches Aussehen | 760 |
§2. Mikroskopisches Aussehen | 761 |
Dreiteilung der Area praesubicularis granulosa in eine Pars limitans HD1, Pars media HD2 und Pars glomerulosa HD3 761. - Lokale regionale Änderung des Gesamtaspekts 762. - Individuelle Änderungen desselben 763. - Zugehörigkeit zum Allocortex 764. | |
§3. Zahlenverhältnis der Schichten zueinander | 764 |
§4. Beschreibung der einzelnen Schichten | 764 |
I. Molekularschichten in allen drei Teilen von HD 764. - II. + III. Vereinigung der äußeren Körner- und der Pyramidenschicht zu einer gemeinsamen Schicht in HD1 und HD2 764. - (Glomerulöse Bildungen dieser Schicht in HD3 764. - Aufhören von II. + III. gegen das Subiculum 765. - IV. Körnerschicht fehlt 765. - V. - VI. Verschmelzung der V. und VI. Schicht zu einer einzigen in HD1 und HD2 765. - Lanzettförmige Umwandlung der Pyramidenzellen dieser Schicht in HD3 765. - Übergang in die subiculäre Formation 765. | |
§5. Überblick, Ausdehnung, Begrenzung und Varianten der Formation HD | 766 |
HD stellt eine sensorische Area, einen Koniocortex dar 766. - Begrenzungsart gegen die Uncusformationen 766. - Übergang caudalwärts in die retrosplenialen Bildungen und den Koniocortex LG des Gyrus limbicus superior 767. | |
§6 und §7 werden gemeinsam für die ganze Regio hippocampi (Seite 778 und 788) besprochen. | |
5. Area pyramidalis HE | 767 |
§1-4. HE ist eine rudimentäre allogenetische Rinde 767. - Allgemeines über ihre anatomische Ausbreitung, über das Subiculum, das Ammonshorn und das fimbriäre Ende des Uncus HE1, HE2 und HE3 767. - Makroskopisches Aussehen 768. - Mikroskopisches Aussehen 768. - Einzige Zellschicht die Pyramidenschicht 768. - Area pyramidalis subiculi glomerulosa HE1a 769. - Area pyramidalis subiculi simplex HE1 769. - Area pyramidalis Ammonica HE2 769. - Area pyramidalis unci HE3 770. - Welchen Schichten der isogenetischen Rinde entsprechen die Zellen dieses allogenetischen Cortex? 770. - Zusammenhang mit dem Nucleus amygdalae 770. | |
§5, §6, §7 werden für die gesamte Regio hippocampi (Seite 771, 778, 788) besprochen. | |
6. Area fasciae dentatae oder Area dentata HF. | 771 |
§1-4. Allgemeines Aussehen, anatomisch regionales Verhalten (BANDELETTE DE GIACOMINI) | 771 |
§5. Lagebeziehung der verschiedenen Areae der Regio hippocampi zueinander. | 771 |
Allgemeine Lageverhaltnisse zu den temporalen, occipitalen und parietalen Bildungen 772.- Lage der Uncusformationen 772.-Lage der präsubiculären Formationen (Koniocortex) 772. - Lage der Formationen, des Subiculums, Ammonshornes und Fascia dentata (Velum Aeby) 773. - Grob anatomische Übergangsverhältnisse am Isthmus in die retrospleniale Gegend 774. - Anschluß der Areae des Hippocampus an die Areae des Lobus limbicus superior 775. - Beschreibung der Tafelserie CV-CXII 775-778. | |
§6. Historisches und Markbild der ganzen Regio hippocampi HA, HB, HC, HD, HE, HF | 778 |
CAJALS Bilder des Uncus 779. - CAJALS Bilder des Praesubiculums 780. - CAJALS Bilder des Subiculums 781. - Subiculum und Praesubiculum gehören nach CAJAL nicht zur Riechrinde 782. - Bau des Ammonshornes 782-786. - BRODMANNS Einteilung der hippocampischen Region 786. - FLECHSIGS Primordialfeld 4 787.- ARIENS KAPPERS Palaeocortex und Neocortex 787. - Ammonshorn ist Archipallium 787. | |
§7. Physiologische Betrachtungen über die ganze Regio hippocampi | 788 |
Koniocortex dieser Region 788. - Frage der Zugehörigkeit des Koniocortex hippocampi HD und des Koniocortex retrosphenialis LE zur primären sensorischen Geschmacks- oder Geruchsrinde 788. - Geruchssinn wahrscheinlich in LE, Geschmackssinn vielleicht in HD zu lokalisieren 789. - Zugehörigkeit der Uncusrinde zur Riechrinde 790. - Ammonsrinde wahrscheinlich efferente Funktionen 790. | |
14. Kapitel. | |
Schlußbemerkungen und Übersichtstabellen der wichtigsten Areae | 794 |
Ausblicke auf die nächstwichtigsten Aufgaben des cytoarchitektonischen Studiums 791. - Übersichtstabellen der wichtigsten 52 Areae: | |
Tabelle I. Absolute Rinden- und Schichtenbreite an den Windungskuppen | 794 |
Tabelle II. Relative Schichtenbreitenzahlen an den Kuppen | 795 |
Tabelle III. Absolute Rinden- und Schichtenbreite an den Windungswänden | 796 |
Tabelle IV. Relative Schichtenbreitenzahlen an den Wänden | 797 |
Tabelle V. Zellanzahl in den einzelnen Schichten pro 0.1 mm3 | 798-799 |
Tabelle VI. Zellgröße der Zellen in den einzelnen Schichten | 800-801 |
Literatur | 802 |
Sachverzeichnis | 805 |
Verzeichnis der Abbildungen. XXX
Seite
Abb. 1 und 2. CAMPBELLS Hirnkarte | 11 |
Abb. 3 und 4. ELLIOT SMITHS Hirnkarte | 13 |
Abb. 5. ELLIOT SMITHS Rindenquerschnitte | 14 |
Abb. 6, 7, 8. BRODMANNS Hirnkarte | 15-16 |
Abb. 9 a und b und 10 a-c. O. VOGTS Hirnkarte des Frontal- und Parietallappens | 18-19 |
Abb. 11. Grenzen des Allocortex an der Medianfläche (nach VOGT) | 20 |
Abb. 12. Grenzen des Allocortex an der Hirnbasis (nach VOGT) | 20 |
Abb. 13. KAES' Kurven der lebensphasischen Dickenentwicklung der Rinde und ihrer Hauptschichten | 21 |
Abb. 14. KAES' Kurve der lebensphasischen Entwicklung der radiären Markbündel | 22 |
Abb. 15. Querschnitt des Amphibiengroßhirns (CHR. JAKOB) | 22 |
Abb. 16 a und b. Querschnitt des Großhirns der Gymnophionen (Coecilis) und des Beutelrattenembryos (CHR. JAKOB) | 23 |
Abb. 17 a, b. Sektorenbildung der Großhirnoberfläche der Lissencephalen (CHR. JAKOB) | 23 |
Abb. 18 a, b. Sektorenbildung der Großhirnoberfläche der Primaten (Chr. JAKOB) | 24 |
Abb. 19, 20. Unsere cytoarchitektonische areale Hirnkarte (verkleinert) | 25 |
Abb. 21-24. Furchen- und Windungsschema der vier Hirnflächen | 28-31 |
Abb. 25. Horizontalschnitt der linken Hemisphäre. Markfärbung | 34 |
Abb. 26, 27. Schema der Gesamtrindendicke | 35 |
Abb. 28, 29. Schematische zahlenmäßige Angabe der Gesamtrindendicke | 36 |
Abb. 30. Schema des Verhaltens der Rinde an Windungsquerschnitten von verschiedener Form | 38 |
Abb. 31. Querschnitt des Kaninchenhirns (Markfärbung) | 42 |
Abb. 32. Rindenquerschnitt und die sechs Rindenschichten. Zellbild | 45 |
Abb. 33. Pyramidenzellen nach GOLGIS Methode (KÖLLIKER) | 46 |
Abb. 34. Verschiedene Pyramidenzellarten . | 47 |
Abb. 35. Schema der Pyramidenzellformen und Schlankheit | 49 |
Abb. 36. Spindelzellformen | 51 |
Abb. 37. Spindelzellen nach CAJAL | 53 |
Abb. 38. Körnerzellformen | 55 |
Abb. 39. Körnerzellen nach CAJAL | 58 |
Abb. 40. Cajalsche und Retziussche Zellen der Molekularschicht | 60 |
Abb. 41. MEYNERTs Riesensternzellen der Sehrinde (cajal) | 64 |
Abb. 42. CAJALsche Hörzellen der Temporalrinde | 65 |
Abb. 43. CAJALs Quastenzellen der Sphenoidalrinde | 66 |
Abb. 44. Unsere Stäbchen- und Korkzieherzellen | 67 |
Abb. 45, 46. Schema der Oberflächenausbreitung der radiären Streifung des Rindenquerschnittes | 79 |
Abb. 47-52. Halbschematische Darstellung der embryonalen Zellentwicklung (Serie) der Rinde bis zum 5. Monat | 88-89 |
Abb. 53. Tektogenetische Grundschichtung im 8. Fötalmonat. Parietalrinde. (BRODMANN) | 90 |
Abb. 54. Tektogenetische Grundschichtung im 8. Fötalmonat in der vorderen Zentralwindung (BRODMANN) | 91 |
Abb. 55. Tektogenetische Grundschichtung im 6. Fötalmonat in der Calcarinarinde (BRODMANN) | 91 |
Abb. 56, 57, 58. Verteilung des Isocortex homotypicus. heterotypicus und des Allocortex an der Konvexität, Median- und Basalfläche des Großhirns des Menschen | 92.93 |
Abb. 59, 60. Verteilung des Isocortex und Allocortex an der Konvexität und Medianfläche des Großhirns des Igels | 94 |
Abb. 61. Schema des Riechhirns (z. T. nach VILLIGER) | 95 |
Abb. 62. Schema der Basalfläche des Gehirns beim Embryo (z. T. nach VILLIGER) | 96 |
Abb. 63. Medianfläche des embryonalen Gehirns des 6. Monats (RETZIUS) | 97 |
Abb. 64. Laterobasale Fläche des embryonalen Gehirns des 6. Monate (RETZIUS) | 97 |
Abb. 65. Medianfläche der Hemisphäre eines Embryos im 3. Monat, halbschematisch | 98 |
Abb. 66. Serie von zehn Frontalschnitten durch das Großhirn eines Embryos im 3. Monat, halbschematisch | 100 |
Abb. 67. Schema der Rindenschichten im Windungsquerschnitt | 110 |
Abb. 68, 69. Schema der Dicke der Molekularschicht (I) an der Gesamt-Großhirnoberfläche | 117 |
Abb. 70, 71. Schema der Dichtigkeit beider Körnerschichten (II und IV) an der Gesamt-Großhirnoberfläche | 120 |
Abb. 72, 73. Schema der Dicke der Pyramidenschicht (III) an der Gesamt-Großhirnoberfläche | 130 |
Abb. 74, 75. Schema der Zellgröße der Pyramidenschicht (III) an der Gesamt-Großhirnoberfläche | 131 |
Abb. 76. Schema der Ausbreitung der agranulären Rinde an der Gesamt-Großhirnoberfläche | 145 |
Abb. 77, 78. Schema der Dicke der ganglionären Schicht (V) an der Gesamt-Großhirnoberfläche | 155 |
Abb. 79, 80. Schema der Zellgröße der ganglionären Schicht (V) und der Bildung eines Zellbandes in ihr an der Gesamt-Großhirnoberfläche | 157 |
Abb. 81, 82. Schema des Zerfalles der ganglionären Schicht (V) in Unterschichten und ihrer relativen Zellgröße an der Gesamt- Großhirnoberfläche | 161 |
Abb. 83, 84. Schema der Dicke der Spindelzellschicht VI an der Gesamt-Großhirnoberfläche | 173 |
Abb. 85. Verhältnis der cytoarchitektonischen zur myeloarchitektonischen Rindenschichtung (nach BRODMANN und VOGT) | 179 |
Abb. 86. Myeloarchitektonische Rindentypen (nach BRODMANN und VOGT) | 180 |
Abb. 87. Ursprungsregionen der corticalen Projektionsbahnen (z. T. nach MONAKOW) | 185 |
Abb. 88 a, b. Unsere fünf cytoarchitektonischen Rindentypen | 189 |
Abb. 89. Sensible Nervenendgeflechte im Cortex nach CAJAL | 191 |
Abb. 90 a, b. FLECHSIGS myelogenetische Rindenfelderung | 195 |
Abb. 91 a, b. FLECHSIGS neueste myelogenetische Rindenfelderung | 197 |
Abb. 92, 93, 94, 95. Unsere areale Hirnkarte der Konvexität, der Medianfläche, der Dorsalfläche und der Basalfläche des menschlichen Großhirns | 208-211 |
Abb. 96, 97. Die sieben Hirnlobi und ihre Regionen | 214 |
Abb. 98, 99. Lokalisationsschema des Großhirns | 234-235 |
Abb. 100, 101. BRODMANNS cytoarchitektonische Hirnkarte des Kaninchens | 241 |
Abb. 102, 103. BRODMANNS cytoarchitektonische Hirnkarte des Bären | 242 |
Abb. 104, 105. BRODMANNS cytoarchitektonische Hirnkarte der lissencephalen Krallenaffen (Hapale) | 243 |
Abb. 106, 107. BRODMANNS cytoarchitektonische Hirnkarte des Affen (Cercopithecus) | 244 |
Abb. 108, 109. Isocortex homotypicus und heterotypicus, sowie Allocortex beim Kaninchenhirn | 245 |
Abb. 110, 111, 112. Unsere Methodik der Zerlegung eines Gehirnes in Scheiben nach dem Windungsverlauf an der Konvexität, der Medianfläche und in der Sylvischen Grube | 250.251 |
Abb. 113. Unsere Schnittführung für Übersichtsscheiben des Gehirns zum pathologischen cytoarchitektonischen Studium | 254 |
Abb. 114. Eine solche Übersichtsscheibe in Aufsicht | 255 |
Abb. 115a, 115b. Hirnschema mit Einzeichnung des Ortes der Entnahme unserer Tafelbilder | 256-257 |
Abb. 116. Makroskopisches Aussehen einzelner typischer Rindenquerschnitte | 261 |
Abb. 117 a, b. CAMPBELLS Schema der Verteilung der Betzschen Riesenzellen an der Hirnoberfläche | 277 |
Abb. 118. Sechs Abgrenzungsarten der Area praecentralis gigantopyramidalis am Parazentralläppchen nach CAMPBELL | 278 |
Abb. 119. Ausbreitung der Area praecentralis gigantopyramidalis und der Area postcentralis oralis an der Hirnoberfläche und in der Rolandoschen Furche nach CAMPBELL | 279 |
Abb. 120 a, b. Schematische Sagittalschnitte durchs Operculum | 282 |
Abb. 121. Markbild der Rinde der vorderen Zentralwindung unserer Area FAγ (nach VOGT) | 287 |
Abb. 122. Markbild des Überganges der Formation der vorderen in die Formation der hinteren Zentralwindung (BRODMANN) | 288 |
Abb. 123. Markbild des Überganges des bistriären in den unitostriären Frontaltypus (BRODMANN) | 360 |
Abb. 124. Markbild des Brocaschen parolfactorischen Feldes (VOGT) | 416 |
Abb. 125. Schematischer Frontalschnitt des Gyrus limbicus zur Orientierung der Tafeln XLIV bis XLVII | 435 |
Abb. 126. VOGTS Markbild seines Feldes 12 (unser FL1) | 448 |
Abb. 127. VOGTS Markbild seines Feldes 17 (unser LA2) | 449 |
Abb. 128. VOGTS Markbild seines Feldes 19) (unser LA3) | 449 |
Abb. 129 a, b. Schema der anatomischen Gebilde um das Balkensplenium und des Überganges der retrosplenialen in die hippocampischen Areae | 471 |
Abb. 130. CAJALS Bild des Brodmannschen Feldes 29, unsere Area LE1, beim Kaninchen (obere Schichten) | 476 |
Abb. 131. CAJALS Bild des Brodmannschen Feldes 29, unsere Area LE2 beim Kaninchen (obere und mittlere Schichten) | 477 |
Abb. 132. BRODMANNS Markfaserbild seines Feldes 29 unserer Area LE | 478 |
Abb. 133a, 133b. Schema der vorderen und hinteren Zentralwindung und -furche und der Verteilung der Areae dieses Gebietes | 522, 523 |
Abb. 134. VOGTS Markbild seines Feldes 69 unserer Area PB | 537 |
Abb. 135 a, b, c. Drei verschiedene Arten der Verteilung der Areae auf dem Operculum Rolando | 576 |
Abb. 136. Zellbild des Überganges der Occipitalformation in die Calcarinaformation an der Konvexität | 599 |
Abb. 137. VOGTS Markbild von BRODMANNS Feld 19, unsere Area OA | 623 |
Abb. 138. VOGTS Markbild von BRODMANNS Feld 18, unsere Area OB | 623 |
Abb. 139. VOGTS Markbild von BRODMANNS Feld 17, Calcarinarinde, unsere Area OC | 623 |
Abb. 140. BRODMANNS Markbild des Überganges der Occipitalformation (unsere Area OB) in die Calcarinaformation (unsere Area OC), Area striata | 624 |
Abb. 141 a, b. Grenzen der Area striata an der Hirnoberfläche der rechten Hemisphäre, Medianfläche und Occipitalpol | 638 |
Abb. 142 a, b. Grenzen der Area striata an der Hirnoberfläche der linken Hemisphäre, Medianfläche und Occipitalpol | 638 |
Abb. 143. Ausdehnung der Area striata an einer frontalen Schnittserie (II Schnitte) durch den Occipitallappen | 639 |
Abb. 144, 145. Area striata des Semnopithecus an der Hirnkonvexität und Medianfläche (nach BRODMANN) | 642 |
Abb. 146. Verschiedene (7) Ausbreitungsarten der Area striata an dem polaren Endstücke der Calcarina (nach ANTONI) | 643 |
Abb. 147. Planimetrische Wiedergabe der Ausbreitung der Area striata | 644 |
Abb. 148. Schema der Schichten der Area striata und Vergleichstabelle der Einteilung verschiedener Autoren | 647 |
Abb. 149. CAJALs Bild der mittleren Schichten der Area striata | 651 |
Abb. 150. Verteilung des Koniocortex TC („Hörrinde") auf einem schematischen Sagittalschnitt durch die Heschlschen Windungen | 685 |
Abb. 151. VOGTS Markbild der 2. Temporalwindung (unsere Area TE) | 698 |
Abb. 152. VOGTS Markbild der l. Temporalwindung, Brodmanns Feld 22, unsere Area TA | 698 |
Abb. 153. VOGTS Markbild des Brodmannschen Feldes 42 (unsere Area TB) | 698 |
Abb. 154. VOGTS Markbild des Brodmannschen Feldes 41 (unsere Area TC) | 699 |
Abb. 155. VOGTS Markbild des Brodmannschen Feldes 38 (unsere Area temporopolaris TG) | 699 |
Abb. 156 a, b, c. Verteilungsschema unserer Tafelfiguren CII-CIV auf dem Uncus, dem Gyrus hippocampi und dem Isthmus | 746 |
Abb. 157. Zellen der Glomeruli des Uncus nach CAJAL | 779 |
Abb. 158. Rinde der Präsubiculargegend nach CAJAL | 781 |
Abb. 159. Rinde des Subiculums nach CAJAL. | 782 |
Abb. 160. Nervenfasergeflechte des Präsubiculums und Subiculums nach CAJAL | 784 |
Abb. 161. Schema des Faserverlaufs im Hippocampus und Ammonshorn | 785 |
Abb. 162. Markfaserbild des Gyrus hippocampi und Ammonshorn | 784 |
Von der Reihe untersuchter Gehirne haben wir es der Einheitlichkeit halber vorgezogen, die meisten Tafeln bloß von den Bildern zweier Gehirne zu entnehmen (Gehirn Nr. 2 und 3) und nur ausnahmsweise von den anderen Gehirnen ein Bild zu reproduzieren. Die Seitenzahlen verweisen auf die Tafelbesprechungen im Text.
Tafel
Tafel I. Vordere Zentralwindung, Kuppe. Höhe erste Frontalwindung. FAγ Area praecentralis gigantopyramidalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 260 |
Tafel II. Vordere Zentralwindung, Wand im Sulcus Rolando. Höhe erste Frontalwindung. FAγ Area praecentralis gigantopyramidalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 275 |
Tafel III. Lobulus paracentralis, Kuppe vor dem Sulcus Rolando. FAγ Area praecentralis gigantopyramidalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 281 |
Tafel IV. Lobulus paracentralis, vordere Wand des Sulcus Rolando. FAγ Area praecentralis gigantopyramidalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 281 |
Tafel V. Vordere Zentralwindung, Kuppe. Ansatz der zweiten Frontalwindung. FA(B) Area praecentralis in limine areae frontalis agranularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 264 |
Tafel VI. Fuß der ersten Frontalwindung, Kuppe. FB Area frontalis agranularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 294 |
Tafel VII. Windungswand in der Längsfurche der ersten Frontalwindung, hinteres Drittel. FB Area frontalis agranularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 294 |
Tafel VIII. Windungswand der ersten Frontalwindung im obersten Teil des Sulcus praecentralis. FB Area frontalis agranularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 306 |
Tafel IX. Vordere Zentralwindung, Kuppe. Höhe: Obere Partie der dritten Frontalwindung. FB(C) Area frontalis agranularis in limine areae frontalis intermediae. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 308 |
Tafel X. Operculum Rolando, unterster Teil der vorderen Zentralwindung, Kuppe. FB(C)op. Area frontalis (intermedio-) agranularis in operculo. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | |
Tafel XI. Opercularteil der vorderen Zentralwindung (Gyrus antipraecentralis), Wand. FDCop. Area frontalis intermedio agranularis opercularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 308, 329 |
Tafel XII. Erste Frontalwindung, an der Grenze zwischen hinterem und mittlerem Drittel derselben, Windungskuppe. FC Area frontalis intermedia. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 315 |
Tafel XIII. Erste Frontalwindung, an der Grenze zwischen mittlerem und hinterem Drittel derselben. Windungswand. FC Area frontalis intermedia. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 315 |
Tafel XIV. Fuß der dritten Frontalwindung links (BROCA), Kuppe und Windungskante. FCBm Area frontalis intermedio -agranularis magnocellularis in Campo BROCA. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 326 |
Tafel XV. Fuß der dritten Frontalwindung links (broca), Vorderwand des Sulcus praerolandicus inferior. FCBm Area frontalis intermedio-agranularis magnocellularis in Campo BROCA. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 326 |
Tafel XVI. Operculum des Fußes der linken dritten Frontalwindung (Gyrus antidiagonalis posterior), Kuppe. FC(D)op. Area frontalis intermedia (granularis) opercularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 329, 356 |
Tafel XVII. Dorsale frontolimbische Brückenwindung, Kuppe der hinteren Partie. FCL Area frontalis intermedio-limbica. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 325 |
Tafel XVIII. Erste Frontalwindung, mittleres Drittel (rückwärts), Kuppe. FC(D) Area frontalis intermedia in limine areae frontalis granularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 324 |
Tafel XIX. Erste Frontalwindung, mittleres Drittel, Vorderwand einer kleinen Querfläche. FDm(C) Area frontalis granularis magnocellularis in limine areae frontalis intermediae. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 336, 350 |
Tafel XX. Erste Frontalwindung, vorderer Teil des mittleren Drittels, breite Kuppe. FDm und FDC Area frontalis granularis rnagnocellularis et in limine areae frontalis intermediae. Vergr. lin. X 100. Gehirn2 | S. 324, 336. 350 |
Tafel XXI. Erste Frontalwindung, vorderster Teil des mittleren Drittels, schmale Kuppe. FDm(E) Area frontalis granularis magnocellularis (in limine areae frontopolaris). Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 336, 350, 357 |
Tafel XXII. Zweite Frontalwindung, vorderster Teil des mittleren Drittels, schmale Kuppe. FDp Area frontalis granularis parvocellularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 336, 351 |
Tafel XXIII. Übergangswindung zwischen erster und zweiter Frontalwindung, 5 cm hinter dem Stirnpol, Kuppe. FDm Area frontalis granularis magnocellularis. FDp Area frontalis granularis parvocellularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2 | S. 350 |
Tafel XXIV. Zweite Frontalwindung, hinteres Drittel, Windungswand einer schmalen Windung. FD Area frontalis granularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S. 336 |
Tafel XXV. Windungstal im vordersten Teil des mittleren Drittels der ersten Frontalwindung. FD Area frontalis granularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S. 336 |
Tafel XXVI. Dorsale frontolimbische Brückenwindung, mittlere Partie, Kuppe. FDL Area frontalis granularis limbica. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S. 351 |
Tafel XXVII. Zweite Frontalwindung, mittleres Drittel, Kuppe. FDJ Area frontalis granularis media. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 352 |
Tafel XXVIII. Pars triangularis (Cap) der dritten Stirnwindung, Kuppe caudal von der Incisura capi. FDΓ Area frontalis granularis triangularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 353 |
Tafel XXIX. Pars triangularis (Cap) der dritten Stirnwindung, Kuppe frontal von der Incisura capi. FDΓ Area frontalis granularis triangularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 353 |
Tafel XXX. Pars triangularis (Cap) der dritten Stirnwindung, Wand in der Incisura capi. FDΓ Area frontalis granularis triangularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 354 |
Tafel XXXI. Erste Frontalwindung, vorderes Drittel, Kuppe vor dem Sulcus frontomarginalis. FE Area frontopolaris. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 364 |
Tafel XXXII. Pars orbitalis der dritten Frontalwindung in der Mitte der Basalfläche des Stirnhirns, Kuppenwinkel am Sulcus orbitalis. FFg Area orbitalis (anterior) granularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 373, 380 |
Tafel XXXIII. Pars orbitalis der dritten Frontalwindung, caudal-mediale Partie der Basalfläche des Stirnhirns, breite Kuppe. FFa Area orbitalis (posterior prope-) agranularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 373. 380 |
Tafel XXXIV. Pars opercularis intermedia der dritten Frontalwindung, kleine Kuppe. FFΦ Area praetriangularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 380 |
Tafel XXXV. Gyrus rectus, Kuppe; links Medianfläche, oben Orbitalfläche des Stirnhirns. FG Area recta. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 383 |
Tafel XXXVI. Wände des Sulcus olfactorius; rechts Gyrus rectus. FG Area recta. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 383, 389 |
Tafel XXXVII. Erste Frontalwindung, mediane Hirnfläche, ventral vom Balkenknie; Kuppe nahe der orbitalen Mantelkante. FH Area praefrontalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 391 |
Tafel XXXVIII. Erste Frontalwindung, mediane Hirnfläche, ventral vom Balkenknie; Kuppe nahe am Gyrus limbicus. FHL Area praefrontalis limbica. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 396 |
Tafel XXXIX. Mediane subrostrale Hirnfläche; frontaler Teil des Carrefour olfactif von BROCA. FH Area praefrontalis. FHL Area praefrontalis parolfactoria. FL1 Area parolfactoria (prima). Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 397, 404, 406 |
Tafel XL. Mediane subrostrale Hirnfläche; caudalster Teil des Carrefour olfactif von BROCA. FL1, L2, L3 Area parolfactoria prima, secunda, tertia. FM Area geniculata. FN Area praecommissuralis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 397, 406, 408, 409, 410, 412 |
Tafel XLI. Bild l. Mediale Orbitalkante, caudaler Rindensaum des Stirnhirns. Gyrus olfacrornis rnedialis (links) und Gyrus subcallosus (rechts). FL3 Area parolfactoria tertia. FM Area geniculata. FN Area praecommissuralis. Vergr. lin. X 50. Gehirn 6. | S. 408, 409, 410. 412 |
Tafel XLI. Bild 2. Orbitalfläche, Sagittalschnitt. Trigonum olfactorium. FG Area recta. FMt Area geniculata trigoni. Vergr. lin. X 50. Gehirn 5 | S. 383, 411 |
Tafel XLI. Bild 3 und 4 anschließend. Sagittalschnitt, Orbitalfläche durch den ganzen Gyrus olfactorius lateralis (FK) vom Gyrus transversus insulae (FI) bis zur Substantia perforata (S. p.). FI Area frontoinsularis. FK Area piriformis frontalis. Vergr. lin. X 50. Gehirn 3 | S. 417, 425, 426. 430 |
Tafel XLII. Gyrus transversus insulae, Kuppe. FI Area frontoinsularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 417, 421 |
Tafel XLIII. Gyrus transversus insulae, frontale Wand. FI Area frontoinsularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 417, 421 |
Tafel XLIV. Tal des Sulcus intralimbicus (callosomarginalis) frontal vom Genu corporis callosi; rechts vordere frontolimbische Übergangswindung; links Gyrus cinguli. FEL Area frontopolaris limbica. LA1 Area praecingularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 371, 435 |
Tafel XLV. Äussere (obere) Wand des Gyrus limbicus, Regio anterior frontal und dorsal vom Genu corporis callosi. LA1 Area praecingularis. LA2 Area cingularis anterior Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 437, 439. |
Tafel XLVI. Kuppe des Gyrus limbicus. Regio anterior frontal und dorsal vom Genu corporis callosi. LA2 Area cingularis anterior. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 439 |
Tafel XLVII. Innere (untere) Wand des Gyrus limbicus im Sulcus callosus, Regio anterior frontal und dorsal vom Genu corporis callosi. LA2 area cingularis anterior. LA3 Area cingularis limitans anterior. LB1 Area ultracingularis anterior. LB2 Area indusei (anterior). Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 439, 442, 443 |
Tafel XLVIII. Kleine dorsale Nebenkuppe des Gyrus limbicus, Regio posterior etwas ventral und caudal vom hinteren aufsteigenden Aste des Sulcus callosomarginalis. LC1 Area cingularis posterior dorsalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 451, 454 |
Tafel XLIX. Hauptkuppe des Gyrus limbicus nahe dem Balken, Regio posterior ventral vom Parazentralläppchen. LC2 Area cingularis posterior ventralis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 451, 457 |
Tafel L. Innere (untere) Wand des Gyrus limbicus im Sulcus callosus, Regio posterior ventral vom Parazentralläppchen. LC3 Area cinguli limitans posterior. LB1 Area ultracingularis anterior. LB2 Area indusei. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 442, 443, 460 |
Tafel LI. Innere Wand des Gyrus limbicus am Beginn der Subregio retrosplenialis im Sulcus callosus und Gyrus intralimbicus auf dem Dorsum splenii corporis callosi. LD Area retrosplenialis agranularis. LE1 Area granulosa retrosplenii superior. LB1 Area ultracingularis anterior. LF1 Area ultracingularis posterior. LF2 Area obtecta. LB2 Area indusei (posterior). Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 442, 443. 461. 464. 466. 468. 469. 471 |
Tafel LII. Bild l und 2. Innere Wand des Gyrus limbicus, Subregio retrosplenialis am unteren Ende des Spleniun corporis callosi und Beginn der Fasciola cinerea. LC2 Area cingularis posterior ventralis. LD Area retrosplenialis agranularis. LE1, LE2 Area granulosa retrosplenii superior et inferior. LF1 Area ultracingularis posterior. LF2 Area obtecta. Vergr. lin. X 50. Gehirn 3. | S. 457. 465, 466. 468, 469, 471 |
Tafel LII. Bild 3. Innere (untere) Wand des Gyrus limbicus, Regio anterior dorsal vom Balken. LA2 Area cingularis anterior. LA3 Area cinguli limitans anterior. LB1 Area ultracingularis anterior. LB2 Area indusei (anterior). Vergr. lin. X 50. Gehirn 3. | S. 439, 442. 443 |
Tafel LII. Bild 4. Vorderes subgenuales Endstück des Gyrus limbicus, Regio anterior. FHL Area praefrontalis limbica. LA Formatio cingularis anterior agranularis. LB1 Area ultracingularis anterior. LB2 Area indusei (anterior). Vergr. lin. X 50. Gehirn 3. | S. 396, 435. 439, 442 |
Tafel LIII. Insula anterior, dorsale Partie; Kuppe des Gyrus brevis intermedius (Retzii). IA(1) Area praecentralis (dorsalis) insulae. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 486 |
Tafel LIV. Insula anterior. Mitte. Seichter Furchenboden zwischen Gyrus brevis intermedius und Gyrus brevis secundus (Retzii). IA(2) Area praecentralis (ventralis) insulae. Cl. Claustrum. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S. 486 492 |
Tafel LV. Insula anterior, ventrale Hälfte. Kuppe des Gyrus centralis anterior insulae. IA2(B) Area praecentralis ventralis insulae (in limine insulae posterior). Vergr. lin. X l00. Gehirn 3. | S. 492 |
Tafel LVI. Insula posterior. Gyrus centralis posterior primus et secundus insulae. Kuppe und Tal. IB Area postcentralis insulae. Vergr. lin. X 100. Gehirn 2. | S. 492 |
Tafel LVII. Insula posterior. Caudalster Teil des Gyrus centralis posterior secundus insulae. IBT Area postcentralis insulae in limine temporali. Cl. Claustrum. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 495 |
Tafel LVIII. Bild l und 2 (anschließend). Rechts Gyrus polaris (falciformis) insulae (posterior) und Angulus gyri olfactorii lateralis und Substantia perforata anterior links. IC Area orbitoinsularis. ID Area piriformis insulae. Vergr. lin. X 50. Gehirn 3. | S. 496 |
Tafel LVIII. Bild 3 und 4 (anschließend). Links Übergang des Gyrus temporalis polaris in den Ramus posterior des Gyrus olfactorius lateralis und rechts Übergang des Gyrus olfactorius lateralis in die Substantia perforata anterior. TGa Area temporopolaris agranularis. TI Area piriformis temporalis. TK Area substantiae perforatae. Vergr. lin. X 50. Gehirn 6. | S. 738 |
Tafel LIX. Bild 1 (links). Tiefster Teil der Vorderwand des Gyrus centralis posterior im S. Rolando. Höhe des Ansatzes der zweiten Frontalwindung. PA(1) Area postcentralis gigantopyramidalis (oralis). Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 506, 511 |
Tafel LIX. Bild 2 (rechts). Mittlerer Teil der Vorderwand des Gyrus centralis posterior im Sulcus Rolando. Höhe unterhalb des Ansatzes der zweiten Frontalwindung. PB1 Area postcentralis oralis granulosa. Vergr. lin. X 100. Gehirn 4 | S. 514 |
Tafel LX. Bild 1 (links). Mittlerer Teil der Vorderwand des Gyrus centralis posterior im Sulcus Rolando. Höhe dorsal über dem Ansatz der zweiten Frontalwindung. PB1 Area postcentralis oralis granulosa. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 514 |
Tafel LX. Bild 2 (rechts). Vorderwand unmittelbar unter dem Kuppenwinkel des Gyrus centralis posterior. Höhe oberhalb des Ansatzes der zweiten Frontalwindung. PB2 Area postcentralis oralis simplex. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 519 |
Tafel LXI. Mitte der Vorderwand des Gyrus centralis posterior. Höhe Mitte der zweiten Frontalwindung. PB2 Area postcentralis oralis simplex. PB1 Area postcentralis oralis granulosus. PC Area postcentralis intermedia. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 522, 524 |
Tafel LXII. Lobulus paracentralis; hintere Lippe des dorsalen Endes des Sulcus Rolando. PB1 Area postcentralis oralis granulosa. PC Area postcentralis intermedia. PA(2) Area post-(para-)centralis gigantopyramidalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 511, 514. 524 |
Tafel LXIII. Vorderer Lippenrand der Kuppe des Gyrus centralis posterior. Höhe des Sulcus frontalis superior. PC Area postcentralis intermedia. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 524 |
Tafel LXIV. Kuppenmitte des Gyrus centralis posterior. Höhe des Sulcus frontalis superior. PC(gamma) Area postcentralis intermedia (gigantopyramidalis). Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 528 |
Tafel LXV. Bild 1 (links). Caudale Wand des Gyrus centralis posterior. Höhe dorsal über dem Ansatz der zweiten Frontalwindung. PD Area postcentralis caudalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 4. | S. 529 |
Tafel LXV. Bild 2 (rechts). Gyrus arcuatus anterior des Lobulus parietalis superior. Schmale Wand einer schmalen Windung. PE(D) Area parietalis superior (postcentralis). Vergr. lin. X 100. Gehirn 4. | S. 532 |
Tafel LXVI. Pars media inferior lobuli paracentralis senkrecht unter dem Ende des Sulcus Rolando, Kuppe. PA(2) Area post-(para-)centralis gigantopyramidalis. FAγ Area praecentralis gigantopyramidalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S. 281, 511 |
Tafel LXVII. Pars posterior lobuli paracentralis nächst dem aufsteigenden Ast des Sulcus callosomarginalis. Kuppe. PA(2) Area post-(para-)centralis gigantopyramidalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 511 |
Tafel LXVIII Gyrus arcuatus medius des Lobulus parietalis superior, Wand einer breiten Windung. PE(m) Area parietalis superior (magnocellularis). Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 545, 554 |
Tafel LXIX. Gyrus arcuatus medius des Lobulus parietalis superior, Kuppe einer breiten Windung. PE(m) Area parietalis superior (magnocellularis). Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 545, 554 |
Tafel LXX. Gyrus arcuatus posterior des Lobulus parietalis superior, schmale Kuppe. PE(p) Area parietalis superior (parvocellularis). Vergr. lin. X 100. Gehirn 4. | S. 554 |
Tafel LXXI. Caudalster Teil des Gyrus arcuatus posterior des Lobulus parietalis superior, Kuppe. PE(gamma) Area parietalis superior gigantopyramidalis Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S 556 |
Tafel LXXII. Pars anterior des Gyrus supramarginalis, breite Kuppe. PF Area supramarginalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S 562 |
Tafel LXXIII. Pars anterior des Gyrus supramarginalis, Wand einer breiten Windung. PF Area supramarginalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S 562 |
Tafel LXXIV. Pars anterior des Gyrus supramarginalis, Kuppe. PF Area supramarginalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 4. | S 562 |
Tafel LXXV. Pars posterior des Gyrus supramarginalis, Kuppe. PFcm Area supramarginalis posterior. PFt Area supramarginalis tenuicorticalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S 571 573 |
Tafel LXXVI. Gyrus angularis Kuppe. PG Area angularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S 577 |
Tafel LXXVII. Gyrus supramarginalis, Kuppe einer kleinen Windung der dorsalen Lippe des Ramus posteriori der Fissura Sylvii. PFt(op) Area supramarginalis tenuicorticalis (in operculo). Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S 573 |
Tafel LXXVIII. Gyrus temporalis primus caudalste Partie, Übergangskuppe zum Gyrus temporalis secundus. PHP Area parietalis basalis im limine parietali Vergr. lin. X 100 Gehirn 3 | S 587 590 |
Tafel LXXIX. Caudalste Partie des Gyrus temporalis secundus hinter der Incisura praeoccipitalis, Kuppe PHO Area parietalis basalis in limine occipitali. Vergr. lin. X 100 Gehirn 3 | S 587 ö91 |
Tafel LXXX. Caudale Partie des Gyrus temporalis secundus vor der Incisura praeoccipitalis; Kuppe und Wand PHT Area parietalis basalis in limine temporali. Vergr. lin. X 100 Gehirn 3 | S 587, 591 |
Tafel LXXXI. Cunei gyrus sagittalis superior Kuppe am Sulcus parietooccipitalis. OA2(m) Area peristriata anterior magnocellularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S 600 607 |
Tafel LXXXII. Mitte des Cunei gyrus sagittalis superior, Kuppe, Wand. OA1 Area peristriata. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S. 600 |
Tafel LXXXIII. Cunei gyrus sagittalis medius, Kuppe. OA1 Area peristriata, Übergang zum OB Area parastriata. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S 600, 608 610 |
Tafel LXXXIV. Tal des Sulcus cunei interior. OB Area parastriata. OBΩ Macula granulosa areae parastriatae. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S 610 618 |
Tafel LXXXV. Cuneale Lippe der Calcarina. OB Area parastriata. OBγ Limes parastriatus gigantopyramidalis. OC Area striata Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S 610 617 626 |
Tafel LXXXVI. Linguale Lippe der Calcarina kleine Kuppe, frontal. OBγ Limes parastriatus gigantopyramidalis. OC Area striata. Vergr. lin. X 100. Gehirn 4 | S 617 626 |
Tafel LXXXVII. Gyrus descendens Ecker. OB Area parastriata. OC Area striata. OBγ Limes parastriatus gigantopyramidalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3 | S 617 626, 640 |
Tafel LXXXVIII. Bild l Fundus fissurae calcarinae OC Area striata Vergr. lin. X 100. Gehirn 4 | S 626 |
Tafel LXXXVIII. Bild 2. Gyrus temporalis primus caudale Partie, Unterwand im Sulcus temporalis primus. TA1 Area temporalis superior (posterior) Vergr. lin. X 100 | S 662 |
Tafel LXXXIX. Gyrus temporalis primus, Mitte, ventrale Nebenkuppe. Übergang von TA1 zu TE1. TA(1) Area temporalis superior (posterior). TE1 Area temporalis (propria) media. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 663, 711 |
Tafel XC. Gyrus temporalis secundus, Mitte, Kuppe. TE1 Area temporalis (propria) media. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 711 |
Tafel XCI. Gyrus temporalis tertius, Mitte, Kuppenwinkel. TE2 Area temporalis (propria) inferior. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 711, 717 |
Tafel XCII. Gyrus temporalis primus, Kuppe am caudalen Ende der Sylvischen Furche. TA(1). Area temporalis superior (posterior). Vergr. lin. X 100. Gehirn 4. | S. 664 |
Tafel XCIII. Zweite Heschlsche Windung. Kuppe, caudal. Orgelpfeifenformation. TB Area supratemporalis simplex. Vergr. lin. x 100. Gehirn 3. | S. 671 |
Tafel XCIV. Erste Heschlwindung, Mitte. Kuppe. Regenschauerformation. TC Area supratemporalis granulosa. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 676 |
Tafel XCV. Erste Heschlwindung, parietaler Ansatz, Kuppe. TD Area supratemporalis intercalata. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 687 |
Tafel XCVI. Gyrus fusiformis. Mitte. Kuppe. TF Area fusiformis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 720 |
Tafel XCVII. Gyrus polaris temporalis, frontale Kuppe. TG Area temporopolaris. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 731 |
Tafel XCVIII. Gyrus temporalis polaris, dorsale Wand seiner frontalen Endlippe. Übergang zum Gyrus olfactorius lateralis. TGa Area temporopolaris agranularis. TI Area piriformis temporalis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 6. | S. 737, 738 |
Tafel XCIX. Gyrus temporalis polaris. Wand in der Fissura rhinalis, Übergang zum Uncus. TGa Area temporopolaris agranularis. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 737 |
Tafel C. Uncus, vorderer Pol. HA(1) Area uncinata. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 747 |
Tafel CI. Caudale mediale Uncuspartie. HB(1) Area parauncinata. Vergr. lin. X 100. Gehirn 3. | S. 752 |
Tafel CII. Bild l, 2, 3, 4, Bilderfolge an einem Sagittalschnitt durch den Mittelteil des Uncus und die Uncuskniekehle, s. Abb. 115b. Vergr. lin. X 50. Gehirn 3. Bild l. Caudale mediale Uncuspartie (Tf. CI). HB1 Area parauncinata. | S. 752 |
Tafel CII. Bild 2. Dorsale Uncuskante, rechts Praesubiculum. HB3 Area parauncinata tertia; HC Area rhinalis limitans. | S. 754, 755 |
Tafel CII. Bild 3. Fortsetzung nach abwärts des Praesubiculums des Bildes 2; HD Area praesubicularis; HE Area pyramidalis subiculi. | S. 761, 767 |
Tafel CII. Bild 4. Fortsetzung nach abwärts des Bildes 3, Subiculum HE. | S. 767, 769 |
Tafel CIII. Bild l und 2. Frontalschnitt durch den vorderen, Bild 3 und 4 durch den mittleren Teil des Hippocampus, s. Abb. 115b. Vergr. lin. X 50. Gehirn 3. | |
Tafel CIII. Bild l. Ammonshorn. Bild 2. Gyrus digitatus unci. HE2 Area pyramidalis ammonica. HE3 Area pyramidalis uncinata. HF Area dentata. | S. 769, 770, 771 |
Tafel CIII. Bild 3. Ventrale Lippe und Bild 4. Kuppe des Gyrus hippocampi. TG(a) Area temporopolaris (agranularis). HC Area rhinalis limitans. HD Area praesubicularis granulosa. | S. 737, 755, 761 |
Tafel CIV. Bild 1. Fortsetzung der Bilder 3 und 4 von Tafel CIII, und zwar dorsale Lippe der Mitte des Gyrus hippocampi, das Praesubiculum und den Beginn des Subiculums zeigend. HC Area rhinalis limitans. HD(1,2,3) Area praesubicularis granulosa (limitans, media, glomerulosa). | S. 755, 761, 764, 765 |
Tafel CIV. Bild 2. Frontalschnitt durch den Gyrus dentatus und das Ammonshorn. HE2 Area pyramidalis ammonica. HF Area dentata. | S. 769, 771 |
Tafel CIV. Bild 3 und 4. Frontalschnitt unmittelbar vor der Gegend des Isthmus, den Übergang der hippocampischen Bildungen zu den retrosplenialen zeigend. HD Areae praesubiculares glomerulosae. HC Area rhinalis limitans. LE Area retrosplenialis granulosa. Sämtl. Vergr. lin. X 50. | S. 775 |
Tafel CV. Sagittalschnitt durch den Uncus und Nucleus amygdalae. HA(1,2) Area uncinata (prima, secunda). HB Area parauncinata. HD Area praesubicularis granulosa. HE3 Area pyramidalis unci. Vergr. lin. X 25. Gehirn 4. | S. 775 |
Tafel CVI. Diagonaler Schnitt durch den vordersten, noch zum Uncus gehörigen Teil des Gyrus hippocampi und die Gyri digitati unci. TGa Area frontopolaris agranularis. HA(2,3) Area uncinata (secunda, tertia). HB2 Area parauncinata secunda. HD Area praesubicularis granulosa. HE(1α,1β,2,3) Area pyramidalis (subiculi glomerulosa, subiculi simplex, ammonica, unci). HF Area dentata. Vergr. lin. X 25. Gehirn 4. | S. 776 |
Tafel CVII. Frontalschnitt durch die Mitte des Gyrus hippocampi und Gyrus dentatus. TG Area temporopolaris. HC Area rhinalis limitans. HD(1,2,3) Area praesubicularis granulosa (limitans. media, glomerulosa). HE(1α,1β,2) Area pyramidalis (subiculi glomerulosa. subiculi simplex, ammonica). HF Area dentata. Vergr. lin. X 25. Gehirn 4. | S. 776 |
Tafel CVIII. Frontalschnitt durch das hintere Drittel des Gyrus hippocampi und Gyrus dentatus sowie Gyrus fusiformis. TF Area fusiformis. TH(a) Area temporohippocampica (agranularis). HD(1,2,3) Area praesubicularis granulosa (limitans, media, glomerulosa). HE(1α,1β,2) Area pyramidalis subiculi (glomerulosa, simplex, ammonica). HF Area dentata. Vergr. lin. X 25. Gehirn4. | S. 777 |
Tafel CIX. Frontalschnitt durch den Isthmus gyri limbici und den Gyrus lingualis (retrolimbicus). OA Area peristriata. LC Area cingularis posterior. LD Area retrosplenii agranularis. LE(1,2) Area retrosplenii granulosa (superior, inferior). HD Area praesubiculi granulosa. HE(1,2) Area pyramidalis subiculi (glomerulosa, simplex). HF Area dentata. Vergr. lin. X 25. Gehirn 4. | S. 777 |
Tafel CX. Dorsale Kuppenfläche der Mitte des Gyrus hippocampi (entspricht der oberen Partie der Tafel CVII bei doppelter Vergrößerung). TG Area temporopolaris. HC Area rhinalis limitans. HD(1,2,3) Area praesubicularis granulosa (limitans, media, glomerulosa). HE1(α,β) Area pyramidalis subiculi (glomerulosa, simplex). Vergr. lin. X 50. Gehirn 4. | S. 778 |
Tafel CXI. Dorsale Kuppenkante des hinteren Drittels des Gyrus hippocampi (entspricht der oberen Partie von Tafel CXII bei doppelter Vergrößerung). TH(a) Area temporohippocampica (agranularis). HD(1,2,3) Area praesubicularis granulosa (limitans, media, glomerulosa). HE1α Area pyramidalis subiculi glomerulosa. Vergr. lin. X 50. Gehirn 3. | S. 778 |
Tafel CXII. Frontalschnitt durch das hintere Drittel des Gyrus hippocampi und Gyrus dentatus, gleiche Stelle, jedoch anderes Gehirn als der Schnitt aus Tafel CVIII. TF Area fusiformis. TH(a) Area temporohippocampica (agranularis). HD(1,2,3) Area praesubicularis granulosa (limitans, media, glomerulosa). HE(1α,1β,2) Area pyramidalis (subiculi glomerulosa, subiculi simplex, ammonica). HF Area dentata. Vergr. lin. X 25. Gehirn 3. | S. 777 |
Der Bau des Gehirns hat schon seit Jahrtausenden im europäischen Kulturkreis das größte Interesse erregt, verlegte doch schon die Wissenschaft unseres hellenistischen Altertums in diese Hirnsubstanz den Aufnahmsort der Sinnesempfindungen, den Ausgangspunkt der Körperbewegungen, den Sitz der Intelligenz, des Bewußtseins, ja den Sitz der Seele (GALEN 130-201 n.Chr.), und ganz modern mutet es uns an, wenn wir hören, daß schon um 300 v. Chr. ERASISTRATOS VON JULIS sagt, der Mensch sei deshalb das intelligenteste Wesen, weil sein Gehirn das windungsreichste sei (DOELLKEN). Diese Erkenntnisse sind wie alle einmal ausgesprochenen großen Wahrheiten für die Menschheit niemals wieder ganz verloren gegangen. Allerdings gerieten sie in Westeuropa unter den Trümmern der Kultur und unter dem Einfluß des Aberglaubens lange in Vergessenheit; im oströmischen Reiche jedoch hat eine bis auf ihren letzten berühmten Vertreter (JOHANNES AKTUARIOS ca. 1350 n. Chr.) ununterbrochene Reihe pietätvoller Schüler und Erben jener großen Meister des Altertums dank der konservierenden Kraft der hohen griechisch-byzantinischen Zivilisation des Mittelalters und ihrer Zähigkeit mitten durch den Orkan des allgemeinen geistigen Verfalls und der Verrohung aller Nachbarländer diesen Schatz an Kulturgütern und Erkenntnissen herübergerettet und gleichsam noch lebenswarm ihren Nachfolgern übergeben 1). Und unmittelbar an diese Lehren anknüpfend, hat nach nunmehriger Überwindung der Barbarei die jugendliche Frische der westeuropäischen Völker seit der Renaissance sich erneut an die Lösung dieser Probleme gestellt. Nur mehr selten hat dann der frühere mittelalterliche Geist und die falsche Auslegung religiöser Dogmen die weitere Entwicklung dieser Erkenntnisse gehemmt - als Kuriosum dieser Art kann z. B. angeführt werden, daß noch 1805 GALL die Stadt Wien verlassen musste, weil er den Sitz seelischer Eigenschaften in die Hirnmasse verlegte.
[footnote p 1 1) Die Rolle, die bei dieser Übermittlung der klassischen Kultur die Araber gespielt haben sollen, wird irrtümlich übertrieben. Dieser Irrtum ist zum Teil ein gewellter und durch die Rivalität der beiden christlichen Kirchen bedingt. Die Heerzüge der Ottonen in Süditalien und später die Kreuzzüge haben die neuerliche innige Berührung des Westens mit der klassischen Kultur in dem unversehrt gebliebenen Teil ihrer Heimat und die unmittelbare Übertragung derselben ohne „Vermittler" zur notwendigen Folge gehabt. ]
Vorbemerkungen.
Die Ansicht, das Gehirn sei der Sitz unserer höheren psychischen Funktionen, wurde seither immer allgemeiner als richtig anerkannt. Das Studium seines Baues hat auch infolgedessen ein immer höheres Interesse beansprucht. Seine Funktion blieb noch einige Zeit rätselhaft; die Kenntnis der Elektrizität jedoch (Strömung, Leitung, Induktion, Akkumulation usw.) und einer gewissen Analogie dieser physikalischen Vorgänge mit den Lebensvorgängen im Nervensystem hat letztere dann bald dem Verständnisse nähergebracht. Und so haben wir, gefördert durch alle Wege der Naturwissenschaft, speziell auch durch die vergleichende Hirnanatomie und Physiologie besonders im Laufe der letzten Jahrzehnte mehr und mehr begreifen lernt, daß der Entwicklung der nervösen Vorgänge von der einfachen Reflexbewegung bis zu den komplizierten Zweckhandlungen als materielles Substrat eine höhere spezifische Entwicklung des Zentralnervensystems entspricht, und daß ihre höchste Entfaltung bis zu den genialen schöpferischen Leistungen des menschlichen Geistes ihre organische Bedingung und ihren materiellen Ausdruck in der höchsten Entwicklung und im feinsten Aufbau speziell des Großhirns findet. Diese schöpferische Fähigkeit des einzelnen, nicht bloß durch die allgemeine vegetative Fortpflanzung, sondern aus seiner persönlichen Erkenntnis heraus Neues zu schaffen, wenn auch bei den höher organisierten Tieren schon andeutungsweise vorhanden, ich (auf unserer Erde wenigstens) nur dem Menschen in so ganz hervorragendem Mäße zu eigen. In der phylogenetischen Reihe des Lebendigen ist die Natur bald stetig langsam und bald sprunghaft, aber immer kontinuierlich an der Bildung neuer, komplizierterer Lebensformen und -möglichkeiten schaffend tätig. Und es ist wohl dieselbe schöpferische Kraft der Natur, welche im Laufe der Äonen dem Adler zum Flüge seine Schwingen formte und die auch den Menschen auf dem Umweg über seine Erkenntnis befähigte, sich selber Flügel zu bauen, um die Erdenschwere zu überwinden. Dieser Teil des allgemeinen schöpferischen, man könnte sagen göttlichen Prinzips, der auf die höchstorganisierten Lebewesen selbst übergegangen ist, hat seinen organischen Ausdruck, seinen Sitz und seinen Tempel im Großhirn, und mit Recht kann man sagen, daß die Aufdeckung des Baues und Wesens unseres „edelsten Organes" - der Wissenschaft bestes Streben verdient.
Paarig, wie die Sinnesorgane, z. B. die Augenblasen aus dem Zwischenhirn, so entwickeln sich auch die Hemisphärenbläschen des Großhirns aus dem unpaarigen Endhirn, und man könnte die daraus sich bildende Großhirnrinde als ein Sinnesorgan auffassen, dessen Blickfeld aber nicht auf die Aussenwelt, sondern auf das innere Geschehen im Zentralnervensystem selbst gerichtet ist. Die Reize, welche dieses Organ treffen, kommen nicht unmittelbar aus der Peripherie, sondern es sind bloß Innenreize, die aus dem gesamten übrigen nervösen Organismus hierher gelangen, er gemeinsam aufgefangen und zu einem Ganzen verarbeitet werden. Die Großhirnrinde ist auch imstande, diese Reizeindrücke anzusammeln, so daß jener überschüssige Teil der Reizenergie, der nicht im einfachen Reflexbogen als direkter Effekt ich außen wieder abgeleitet wird, sich in ihr staut. Dadurch befähigt, vergangene in gegenwärtige Energie in zukünftige umzuwandeln, befreit sie den Organismus von dem brutalen primitiven Gesetz des Reflexaktes und gibt ihm die individuelle Freiheit und die Persönlichkeit (CHR. JAKOB).
Man wird also von der genauen Kenntnis der Struktur der Großhirnrinde eine Reihe von Aufklärungen über Fragen von allergrößter Wichtigkeit erwarten dürfen; Fragen über die anatomischen Grundlagen zum physiologischen Ablauf des psychischen Geschehens und die Korrelation bestimmter psychischer Eigenschaften mit dem Bau des Gehirns - in diesen Fragen schon liegt der Wunsch einer Annäherung an das Problem der Probleme, das Seelenproblem; ferner allgemein anatomische, vergleichend-anatomische und physiologisch-lokalisatorische Fragen; dann besonders Fragen der Psychopathologie und ihrer pathologischen Anatomie. Im großen ganzen sind dies dieselben Fragen, deren Lösung man ganz oder partiell schon von der groben Hirnanatomie erwartet hat. Die makroskopische Anatomie, Pathologie und experimentelle Physiologie haben uns auch schon sehr tiefe, zum Teil erschöpfende Einblicke in einzelne dieser Probleme gewahrt, und es besteht nun die Hoffnung, daß die Kenntnis der feineren Struktur der Hirnrinde uns neue und wesentlichere Offenbarungen auf diesem Gebiete noch bringen wird. Wieweit ist aber überhaupt zu erhoffen, auf Grund anatomischer Kenntnisse auf diesem Gebiete weiterzukommen? Wenn wir als Anatomen von einem Seelenproblem sprechen, so ist unter Seele nicht ein metaphysisches Wesen verstanden, das ja von vornherein ganz außerhalb jeder anatomischen und wohl auch physiologischen Erwägung liegt, sondern die Seele, wie sie uns als ethische, intellektuelle, handelnde und historische Persönlichkeit in unserem Nebenmenschen entgegentritt und auf uns wirkt. Auch so eng gefasst, ist der Begriff der Seele nur zum Teil ein Ausdruck des Hirnbaues, d. h. nur zum Teil anatomisch faßbar; er steht zur Hirnstruktur in ungefähr dem gleichen Verhältnis wie die Melodie zur Struktur des Klaviers, auf dem sie ertönt. Allerdings ist das Verhältnis zum Hirn noch ein engeres insofern, als der historische Teil der Persönlichkeit, wenn auch vielleicht feinanatomisch nicht faßbar, doch wenigstens sicher darin auch irgendwie materiell gebunden, als Engramm (SEMON) vorhanden ist. Wenn aber auch das Problem vielleicht nicht restlos aus der Struktur erklärbar ist, wichtige Aufschlüsse lassen sich aus derselben doch ziehen, wie man eben, um bei dem obigen Beispiel zu bleiben, aus dem Defekt von Saiten und Tasten des Klaviers zum mindesten auf einige Eigenschaften und Ausfälle auch in der Melodie schließen könnte. Schwere geistige Ausfälle im Sinne einer ausgeprägten Idiotie sind wohl immer an Bauanomalien des ganzen Hirns und speziell der Hirnrinde erkennbar, an einem Ausfall, einer irregulären Lagerung und Formung ihrer Zellen; ist es da nicht naheliegend zu erwarten, daß geringere Grade von Oligophrenien, sogar solche, die evtl. noch vollkommen sozial sind, solche Anomalien der Struktur, wenn auch entsprechend schwächere, aufweisen, und ist es da nicht bloß eine Frage der Feinheit unserer Methoden und der Schärfung unseres Blickes, bis zu welchem Grade wir den Ausfall an Intelligenz anatomisch verfolgen können? Und umgekehrt auch! Wenn wir ferner den vollständigen angeborenen Mangel einiger Leute an jedem musikalischen Verständnis, sogar an der Fähigkeit, Tonhöhe und Rhythmus zu fassen, wieder vergleichen mit der hohen und meist angeborenen Entwicklung des musikalischen Sinnes anderer Leute, ist es da nicht wahrscheinlich, daß, sobald wir einmal die Sinnesfelder der Hirnrinde genügend genau kennen, wir auch vermögen werden, die solchen Extremen entsprechenden Differenzerierung ihrer Struktur oder ihrer Ausdehnung zu entdecken und somit in weiterem Sinne einige der Grundlagen für gewisse Fähigkeiten und Talente rein anatomisch zu erfassen. Hier wird uns also das Studium des Rindenbaues hart heranführen an das Problem der individuellen psychischen Eigenschaften und ihres anatomischen Korrelates. Auch für diese Erkenntnisse hat die grobe Anatomie und Pathologie durch die Lehre der Agnosien sehr gründlich und glücklich vorgearbeitet.
Für die Psychosen speziell erwartet man vielfach von der feineren Anatomie und pathologischen Anatomie der Hirnrinde die Lösung mancher Frage, und zwar zum Teil mit großem Recht, aber nicht ausschließlich. Jenem, für den die ganzen Vorgänge des Gehirns sich schließlich und endlich immer wieder in eine große Reihe einzelner Reflexe auflösen lassen, bedeutet die Anatomie, d. i. die Kenntnis dieser Reflexbögen, alles. Daß eine solche Überschätzung der Anatomie unrichtig ist, wird oft zu wenig beachtet, obwohl es recht allgemein bekannt ist, welch wichtige Rolle gerade im psychischen Geschehen z. B. exogene sowohl als endogene chemische Einflüsse spielen (Rausch!), speziell auch bei der Bahnung oder Blockierung von Reflexbögen. Das bekannteste Beispiel einer solchen chemischen z. B. hormonalen Bahnung ist der in den oberen Brustsegmenten lokalisierte Umklammerungsreflex des Frosches, der bloß zur Brunstzeit auslösbar ist. Nun verdankt eine ganze Reihe von affektiven, also seelischen Vorgängen ihr Dasein solchen hormonalen Quellen, so gerade die Brunst und ihr ethisch höheres Äquivalent, die Liebe, vielleicht auch die Angst (adrenalinfreie Tiere sollen keinen Angstreflex mehr aufweisen), die Affektlabilitat (Morbus Basedowi) usw. Bei solchen Vorgängen und deren pathologischer Steigerung dürfte die Hirnrinde wohl nur eine sekundäre Rolle spielen. Außerdem hat uns aber auch die Kenntnis der Encephalitis lethargica und ihrer Nachkrankheiten gelehrt, daß eine ganze Reihe von normal physiologischen und pathologischen, psychischen Vorgängen, die wir uns bisher als. gerade zur Tätigkeit der Großhirnrinde gehörig vorgestellt hatten (der Willensimpuls, die Initiative, das Psychomotorium, die Affekterregbarkeit, auch die Regsamkeit der Gedanken usw.) eigentlich ihren primären Sitz extracortical, meist in den grauen Massen der Stammganglien hat. So löst sich noch eine ganze Gruppe sog. seelischer Funktionen ab, die ihre primäre Lokalisation gar nicht oder wenigstens bloß teilweise im Cortex hat. Und wenn wir heute in der Großhirnrinde und in ihrem komplizierten Bau noch das materielle Substrat für alles das sehen, was wir höhere Intelligenz, Gedächtnis, Denktätigkeit, Bewußtsein und Apperzeption nennen, so werden wir vielleicht mit dem Fortschritt unserer Wissenschaft auch von dieser Reihe noch die eine oder andere Substraktion vornehmen müssen. Bedenken wir, wie jede dieser Eigenschaften (z. B. die Intelligenz) nicht etwa eine Elementareigenschaft ist, sondern einen ganzen Komplex solcher darstellt, so ist es recht gut möglich, daß ein Teil dieser Komplexe ebenfalls extracortical liegt, wie wir es oben für das Psychomotorium u. a. m. gesehen haben. Unsere letzten Sätze scheinen vielleicht unsere einleitende Betonung der Wichtigkeit des Großhirnstudiums einzuschränken; aber man wird wohl von uns, die wir uns eben anschicken, den feineren Bau der Hirnrinde zu beschreiben, kaum ernstlich annehmen, daß wir die Bedeutung der Anatomie derselben unterschätzen; wir wollen bloß betonen, daß von ihr allein nicht alles zu erwarten ist und speziell daß, wenn auch der Cortex das wichtigste Organ für unsere psychischen Funktionen darstellt, doch das Gesamthirn an ihnen beteiligt ist und wichtige Elemente des psychischen Geschehens zum Teil extracortical lokalisiert, zum Teil vielleicht im Nervensystem überhaupt nicht im gewöhnlichen Sinne lokalisierbar sind.
Nach einer solchen prinzipiellen Einschränkung können wir, ohne den Vorwurf der Einseitigkeit auf uns zu laden, zu unserer rein anatomischen Aufgabe übergehen und in die Einzelheiten des Aufbaues des Cortex eingehen.
Die ersten Versuche, den feineren Bau der Rinde zu erkennen, datieren ungefähr um 150 Jahre zurück (vgl. nächsten Absatz: Historisches), und beinahe ebenso alt ist die Erkenntnis lokaler Verschiedenheiten in ihrem Bau. Sie konnten auch kaum dem aufmerksamen Beobachter entgehen, denn ein frischer Schnitt durch die Hemisphären zeigt die Verschiedenheit der Dicke der Rinde der einzelnen Windungen und das lokal verschiedene Verhalten der Marklamellen in ihr. Diese lokalen Unterschiede zeigen sich aber in desto mannigfaltigerer Art und desto zahlreicher, je mehr man sich mit den Einzelheiten des Rindenbaues beschäftigt. Die Rinde besteht aus Nervenzellen, Nervenfasern, dem sog. nervösen Grau, der Glis und den Blutgefäßen samt den begleitenden Hüllen. Zur Kenntnis der Rinde wäre also die genaue Kenntnis des Zellaufbaues (Cytoarchitektonik), des Markfaseraufbaues (Myeloarchitektonik), ferner der Fibrilloarchitektonik, Glioarchitektonik usw. notwendig; von allererster Bedeutung sind davon die ersten drei, welche die Architektonik der ganzen nervösen Substanz des Cortex ausmachen und welche wohl daher ein unteilbares Ganzes bilden. Aber auch von diesen haben bloß die Cytoarchitektonik und die Myeloarchitektonik, und die dritte bloß bruchstückweise, bisher das Thema einiger breit angelegter Vorarbeiten gebildet (seit kurzem hat ACHUCARO in Madrid mit glioarchitektonischen Studien begonnen); die Begründung liegt in dem ungeheuren Umfang, den jedes dieser Themen hat, und von denen schon ein einziges eine nach Dezennien zählende Arbeit für sich in Anspruch nimmt. So haben auch wir uns bloß mit der Cytoarchitektonik befassen können und haben die Myeloarchitektonik, soweit es notwendig war, bloß aus den Arbeiten fremder Autoren heraus in Berücksichtigung gezogen.
Das Studium der Cytoarchitektonik, obschon jüngeren Datums als das der Myeloarchitektonik, hat bisher eine umfassendere Bearbeitung im Laufe der letzten 70 Jahre gefunden. Sie hat zu den jetzt allgemein als richtig anerkannten Resultaten geführt, daß die drei Zellarten der Rinde, Pyramidenzellen, Spindelzellen und Körnerzellen, in horizontalen, zur Oberfläche parallelen Schichten übereinandergelagert sind (BERLIN 1858, MEYNERT); daß die Breite und die Zahl dieser Schichten und die Form und die Größe der Zellen recht auffallende regionäre Änderungen aufweisen (MEYNERT 1867), welche derart voneinander abgrenzbar sind, daß sie eine Felderung der Rindenoberfläche bedingen, deren Abgrenzungslinien nur zum Teil mit den Furchen und Windungen zusammenfallen, zum Teil dieselben auch kreuzen (BETZ 1881); diese Areae, auf die Oberfläche aufgetragen, erlauben es direkt, eine areale Rindenkarte des Gehirns zu geben und aus dem Vergleich solcher Rindenkarten von Mensch und Tier (CAMPBELL 1905) wichtige Schlüsse zu ziehen. Auch die Berücksichtigung der Markfaserung in der Rinde ergibt eine ähnliche Teilung derselben in Schichten (GENNARI 1790, BAILLARGER) und der Hirnoberfläche in Felder (E. SMITH 1907). So sind im Laufe der Jahrzehnte, wie wir noch im nächsten Abschnitt (Historisches) näher ausführen wollen, die Grundlagen für eine ersprießliche Durchforschung der Architektonik des Cortex gelegt worden, Grundlagen, auf denen dann spätere Forscher ihre Untersuchungsergebnisse aufgebaut haben. Wiederholt ist es nun, besonders in der letzten Zeit auch bei sehr wertvollen Arbeiten, vorgekommen, daß diese alten Grundlagen oder auch sonst schon längst Bekanntes unter fremdartiger neuer Bezeichnung oder gar von einer Fülle von Neologismen bedeckt, nun als neue Errungenschaft geboten wurden. Soweit solche „Umformungen" des schon Bekannten durch den Fortschritt in unseren Kenntnissen sich als notwendig ergeben, müssen sie wohl vorgenommen werden (und zwar am besten unter Wahrung der Priorität der früheren Untersucher bezüglich des Wesentlichen), soweit sie jedoch nicht notwendig sind, und dies ist häufig genug der Fall, bilden sie nur ein großes Hindernis für das richtige Verständnis, weil sie vom Leser immer eine rückläufige Gedankenarbeit und erst eine Homologisierung mit dem schon längst Bekannten erfordern, die man ihm ersparen könnte. Wir wollen daher später bei unseren Auseinandersetzungen, soweit als möglich, die von früheren Autoren vorgenommenen Einteilungen und Benennungen beibehalten und womöglich keine neue Bezeichnung einführen, der nicht auch eine neue Tatsache zugrunde liegt und wollen im nächsten Abschnitt in historischer Aufeinanderfolge die wichtigsten grundlegenden Arbeiten anführen, auf welchen unsere Kenntnisse des Rindenbaues, speziell der Cytoarchitektonik, bisher beruhten.
Es liegt auf der Hand, daß schon die ersten Forscher, welche diese Grundlagen zur Cortexarchitektonik gelegt haben, die wichtigen Fragen erwogen haben, wie weit die „histologisch" ermittelten Areae mit den in die einzelnen Lobi und Windungen lokalisierten Funktions- und Reizzentren zusammenfallen und wie weit man aus dem Bau der Rinde auf ihre Funktion schließen kann. Wir werden später sehen, daß die motorische Rinde ihren eigenen Bau hat und daß aus diesen Ausführungen hervorgehen wird, daß auch die sensorische Rinde ohne weiteres als solche erkennbar ist. Auch alle übrigen Fragen bezüglich unserer psychischen Funktionen und unserer Anlagen, die vorher kurz gestreift wurden, finden im Lichte dieser arealen Einteilung der Rinde eine neue Beleuchtung. Natürlich wird man bei solchen Erwägungen sich stets vor Augen halten müssen, daß unsere Fälligkeiten meist Komplexe sind, deren psychologisch erschlossene Elementarteile sich nicht mit ihren anatomisch-physiologischen Komponenten notwendig decken; so würde ja auch z. B. eine psychologische Analyse unserer Sprachfähigkeit wohl kaum zu der Einteilung in die motorische und sensorische Sprachkomponente und die übrigen Teile derselben geführt haben, die uns die Pathologie und ihre Anatomie kennen gelehrt hat.
Auch für das anatomische Verständnis der Psychosen eröffnet die Kenntnis des Schichtenbaues und der arealen Einteilung der Rinde neue Perspektiven. Die Frage, ob nicht eine Systemerkrankung einzelner Schichten besonders bei hereditären Erkrankungen möglich wäre, ist recht naheliegend. Auch hier hat in letzter Zeit die pathologische Forschung in ungeduldiger Erwartung, auf dem Gebiete der Architektonik ein neues Arbeitsfeld zu finden, verfrüht viele Untersuchungen hervorgebracht, deren vielleicht richtige und vielleicht falsche Resultate erst später einmal an der Hand der normalen Befunde werden gesichtet werden müssen 1). [footnote p 6 1) Wir könnten hier aus solchen Arbeiten mehrere normale Befunde anführen, die von den Autoren in Unkenntnis der tatsächlichen normalen Verhältnisse für pathologisch gehalten worden sind.]
Alle die eben erwähnten Fragen und Probleme sind nur dann einer gedeihlichen Forscherarbeit zuzuführen, wenn die genaue Vorkenntnis der normalen feinsten Anatomie der Hirnrinde einmal errungen sein wird, sowie die der noch innerhalb der Grenzen des Normalen vorkommenden Abweichungen vom Typus. Daß es dazu absolut und vor allem notwendig ist, endlich einmal eine genaue Beschreibung und eine genaue bildliche Darstellung des gesamten Rindenbaues zu besitzen, hat jeder, der sich mit hirnphysiologischen und psychopathologischen Fragen beschäftigt, empfunden und eine solche zusammenfassende Darstellung immer wieder arg vermißt. Wenn wir nun im folgenden die Beschreibung der normalen Cytoarchitektonik der Großhirnrinde, und zwar vorläufig bloß des erwachsenen Menschen (des vierten Lebensdezenniums) geben wollen, so geschieht es in der Absicht, diesem von uns selbst so oft empfundenen Mangel abzuhelfen. Wir sind uns dabei vollkommen bewusst, daß außer der Unvollkommenheit, die unserem Werk durch das Fehlen der Myeloarchitektonik und Fibrilloarchitektonik der Rinde anhaftet, auch noch eine Berücksichtigung der verschiedenen anderen Lebensphasen außer der des erwachsenen Menschen, sowie eine umfangreichere Ermittlung der individuellen, noch innerhalb der Grenzen des Normalen fallenden Abweichungen erwünscht gewesen wäre. Jedoch übersteigt das alles vielleicht die Leistungsmöglichkeit eines Menschenalters, denn auch in dieser Form stellt dieses Werk die Arbeit von mehreren, allerdings durch den Kriegsdienst unterbrochenen Dezennien dar. Wir hoffen, daß es als praktische Grundlage für die künftige Forschung verwendbar sein wird, und haben aus diesem Grunde ein Hauptgewicht auf die bildliche Darstellung, d.h. auf den Atlas gelegt. Hier sind auf 112 Tafeln die verschiedensten Stellen der Hirnrinde auf 134 Photographien wiedergegeben. 102 dieser Bilder, welche die wichtigsten Teile der gewöhnlichen Großhirnrinde darstellen, sind bei 100facher Vergrößerung dargestellt, so daß 1 mm der auf jedem Bilde angebrachten Skala 10 µ entspricht, so daß man durch unmittelbare Messung sich sofort über die Größenverhältnisse orientieren kann 1). [footnote p 7 1) Durch die Satinierung der Photographien ist es auf manchen Bildern geschehen, daß sie um einen geringen Betrag in die Lange oder Breite gezogen wurden; doch beträgt dieser Fehler nie mehr als 0.5%; da auch die beigegebene Zentimeterskala dann in gleichem Maße und in gleicher Richtung verzerrt ist, gleicht sich dieser minimale Fehler bei den Messungen Weder aus.] Der Maßstab erlaubt, da er an drei Seiten der Bilder angebracht ist, nicht nur die Messung der Größenwerte, sondern auch die unmittelbar verständliche Orientierung und die Definierung eines bestimmten Punktes auf der Tafel, z. B. ein Punkt im Bilde in der Skalahöhe 20 cm und in der Skalabreite 15 cm ist durch diese Ordinaten vollkommen fixiert. Nur 32 Bilder, welche dem sog. Riechhirn entsprechen, bei welchem es mehr auf die allgemeine topographische Orientierung als auf die histologischen Details ankam, sind bei bloß 50facher, einzelne davon bei 25facher Vergrößerung dargestellt, was bei jedem Bilde extra vermerkt ist; hier entspräche also 1 mm = 20 µ resp. = 40 µ. Sämtliche Bilder sind unretuschierte, direkte photographische Kopien (nicht Phototypien oder Drucke!) von mikrophotographischen Aufnahmen und somit jedes Detail echt und ohne jede Zutat. Die aufgenommenen Schnittpräparate der Rinde waren sämtlich 25 µ dick, so daß der Zellgehalt, Zellgröße usw. der Tafeln untereinander verglichen und auch sonstiges unmittelbar richtig aus den Tafeln berechnet werden kann. Sie sind alle mit Zeiß, Planar, 2 mm. Brennweite, aufgenommen, so daß die ganze Tiefe des Schnittes mit gleicher Schärfe und in allen ihren Elementen auf der Bildfläche zur Anschauung kommt. Abb. 115a 115b auf Seite 256 gibt genau an, von welcher Hirnstelle jede Photographie herstammt.
Wir glauben, daß die 100fache Vergrößerung, die wir nach vielen Versuchen gewählt haben, bei weitem die beste ist, weil sie ohne weitere Lupenanwendung jedes vom Planar aufgenommene Detail unmittelbar erkennen läßt und jede Messung bei dieser Vergrößerung sehr einfach ist. Für die Schnittdicke von 25 µ haben wir uns nach langen Versuchen entschieden, weil es die Schnittdicke ist, bei der einerseits noch die Zelldetails gut auftreten, andererseits die Schichtenbildung gerade schon gut hervortritt. Auf dünneren Schnitten gehen Änderungen in der Dichtigkeit und sonst im Bau der Schicht verloren. Es wäre wünschenswert, daß diese Schnittdicke und diese Vergrößerung von nun an allgemeine Anwendung zu cytoarchitektonischen Studien fände, um den unmittelbaren Vergleich mit diesen Originalphotographien der normalen Rinde und der daraus zu errechnenden Zellzahl usw. zu ermöglichen. Wir haben die photographische Reproduktion auch bei den Tafeln selbst gewählt, um jedes subjektive Moment ganz auszuschließen und den Wert des Atlas unabhängig von der persönlichen Ansicht des Untersuchers zu gestalten. Auf diese Art hoffen wir jeden in den Stand zu setzen, an der Hand dieser Originalphotographien, die er nun von so vielen (134) Stellen der normalen Großhirnrinde besitzt, sich ein richtiges Bild von ihrem Zellaufbau zu machen, und es kann jeder danach unsere von der Hirnrinde und ihren Areae gegebene Beschreibung unmittelbar kontrollieren und auf gleiche Art hergestellte pathologische Präparate unmittelbar damit vergleichen. Natürlich ist es dabei von höchster Wichtigkeit zu wissen, wie weit die von uns untersuchte Reihe von Gehirnen als normal bezeichnet werden kann.
Wir haben natürlich von vornherein immer bloß Gehirne von Personen in den Kreis unserer Untersuchungen gezogen, welche von jeder geistigen Abnormität frei waren und überhaupt keine Symptome von selten des Nervensystems geboten hatten, auch nicht agonal. Wir haben meist Gehirne von Personen untersucht, welche rasch oder plötzlich verstorben waren (Hämoptoe bei Tuberkulose, rascher Tod nach einer Operation usw.). Wir können nun aus unserer recht reichen Erfahrung sagen, daß wir kaum je ein sog. „normales" Gehirn gefunden haben, an dem nicht bei gründlicher Durchsuchung an irgendeiner Stelle des Cortex irgendeine mit der Todesursache in keinem Zusammenhang stellende pathologische Veränderung gefunden worden wäre, die wir als zufälligen Nebenbefund notieren müssen, da sie im Leben symptomlos geblieben war. Dieser Umstand erschwert natürlich die Bewertung pathologischer Veränderungen bei kranken Gehirnen sehr, sobald solche nicht einen regelmäßig sich wiederholenden Befund einer bestimmten Krankheit darstellen. So haben wir z. B. ein Gehirn eines von seiner Umgebung bis zu seinem Ende als über das Mittelmaß intelligenten Mannes untersucht, der an einem Blutsturz infolge Tuberculosis pulmonum verstorben war, der im ganzen Cortex eine sehr ausgeprägte perivasculäre Verödung des Rindengewebes aufwies (Tafel XXVII stammt von diesem Gehirn), ohne daß anamnestisch aus seiner Kindheit oder seinem späteren Leben irgendeine Erkrankung festgestellt werden konnte, die mit nervösen Symptomen einhergegangen wäre. Vielleicht sind solche Herde eine Folge von den so gewöhnlichen, in den Kinderjahren durchgemachten Infektionskrankheiten (Masern, Scharlach usw.), deren leichte cerebrale Symptome vielleicht übersehen wurden. Auch prämortale (agonale) Veränderungen, wie sie in einer geringen Vermehrung der Gliakerne evtl. einer leichten Quellung der Zellen beobachtet werden, und kadaveröse Änderungen muß man sich hüten, als pathologische, morbide Symptome aufzufassen.
Der Plan, nach welchem wir nun bei der Erläuterung der Cytoarchitektonik der Rinde verfahren wollen, ist in Absatz C dieses Kapitels zur Orientierung entworfen. Die Methodik der stets senkrechten Schnittführung und die Methodik, nach der es möglich war, die Präparate der ganzen Rinde in allen ihren Teilen so gleichmäßig zu färben, zu photographieren und zu vergrößern, ist in Kapitel VI genau beschrieben. Vorher wollen wir jedoch nochmals auf die wichtigsten Arbeiten zurückkommen, deren wenigstens auszugsweise Kenntnis uns das Verständnis der Cytoarchitektonik erleichtern wird.
Der Beginn einer Strukturlehre der Großhirnrinde datiert von GENNARI (1782). Er unterschied zunächst zwei Lagen grauer, von einem horizontalen weißen Markstreifen getrennter Substanz, eine Unterteilung, die durch VICQ D'AZYR und PARCHAPE bestätigt, von KÖLLIKER und REMAK auf die Anzahl von 3-4 Lagen und von BAILLARGER um die Mitte des vorigen Jahrhunderts auf 6 Lagen vermehrt wurde, die heute auch wieder anerkannt wird. Schon VICQ D'AZYR war das regional verschiedene Aussehen der Rinde, besonders die Doppelstreifung der Rinde im Occipitallappen aufgefallen. KÖLLIKER unterschied 1. eine oberflächliche weiße Lage, 2. eine graue Lage, 3. eine innere weiße Lage und 4. eine graurötliche Lage. Aber alle diese Beschreibungen beruhten auf dem eigentlich auch schon makroskopisch am frischen Hirnschnitt am besten sichtbaren Wechsel von weißen und grauen Lagen in der Gehirnrinde.
BERLIN hat 1858 auf Veranlassung GERLACHs an karmingefärbten, dünnen Schnitten durch die Rinde auch für das Zellbild den sechsschichtigen Typus BAILLARGERs feststellen können und seine sechs Schichten von innen nach außen fortlaufend numeriert, also umgekehrt als wir es heute tun (s. S. 82). ARNDTs Einwände (1867) gegen BERLINs Befunde sind gegenstandslos, da er selbst bloß die äußere Hälfte der Rinde gesehen zu haben scheint. BERLIN war es auch, der die drei Zelltypen der Hirnrinde aufstellte: Pyramidenzellen, Spindelzellen und Körnerzellen, obwohl er sich über die nervöse Natur der letzteren nicht ganz im klaren war.
Historisches. 9
MEYNERT hat dann in Wien 1867 die Erforschung des Zellaufbaues der Hirnrinde in die Hand genommen; er erkannte gleich den verschiedenen Zellaufbau einzelner Rindenregionen. Die Unähnlichkeit des Baues, sagte er, sei an einzelnen Stellen so stark, daß die Übereinstimmung mit dem Typus der Rindenorganisation erst durch feinere Untersuchungen zu erkennen sei; er schloß daraus, "daß der verschiedenartige Bau einzelner Gebiete einer im ganzen genommenen morphologischen Einheit - wie etwa die Großgehirnlappen - eine Verschiedenheit der Leistungen dieser Gebiete bedingt, so daß diese scheinbare Einheit als ein Organkomplex aufzufassen sein wird". Er spricht auch schon von anatomisch verschieden gebauten „Rindenfeldern" in bezug auf deren prinzipiellen Funktionsunterschied und sagt, man müsse mit der Zeit auf diese Art zu einer anatomisch begründeten „Organologie" der Rindenoberfläche kommen; dabei wehrt sich MEYNERT, daß eine solche Organologie mit der, wie er sich ausdrückt, „schwindelhaften" Organologie GALLs zusammengeworfen werden könnte. Wir wissen aber heute recht wohl, daß GALL ebenfalls ein ausgezeichneter Anatom gewesen ist, und daß seine Lehre von den Partialeigenschaften der Seele und ihrer groben Lokalisation in einzelne Hirnpartien, wenn sie auch phantastisch und zum größten Teil falsch war, doch eben gerade die Idee einer „Organologie" des Gehirns überhaupt so sehr in alle Köpfe jener Zeit getragen hat, daß nicht ihr zuletzt die späteren richtigen Auffassungen und Entdeckungen, vielleicht auch gerade die eben besprochene MEYNERTs und jedenfalls aber die BROCAs, wenn auch indirekt, zu verdanken sind. MEYNERT unterschied an dem Großhirn zwei Rindentypen: Rinde mit grauer und Rinde mit weißer Oberfläche. Zur weißen Rinde zählt er auch seine Defektrinde; es gehört dazu die Rinde des Ammonshorns, des Uncus, des Septum pellucidum und die Körnerformation des Riechlappens. Der größte Teil des Großhirns ist jedoch beim Menschen von grauer Rinde überzogen. An dieser erkennt MEYNERT bloß fünf Schichten, die von den drei Zellarten Pyramidenzellen, Körnerzellen und Spindelzellen gebildet werden. Von außen nach innen aufgezählt sind es: 1. Molekularschicht, 2. äußere Körnerschicht, 3. Pyramidenschicht, 4. innere Körnerschicht, 5. Spindelzellenschicht. Der größte Teil der grauen Rinde ist fünfschichtig, diesen nennt er gewöhnliche Rinde; er kennt aber auch Abweichungen davon, so ist die Rinde von der Hinterhauptspitze bis in den Sulcus hippocampi (Calcarina) achtschichtig, und die Rinde der Insel ist durch eine tiefere Lage noch - das Claustrum - ausgezeichnet. Die Pyramidenzellen hält MEYNERT für motorische Zellen, die Spindelzellen für assoziative Elemente, die Körnerzellen in Analogie der Körnerzellen der Retina für sensible Elemente. Jene Rindenteile, in denen die Körnerzellen wie in der Calcarina in außerordentlich großer Menge in mehreren Schichten vorkommen, hält er für eine Rinde mit sensorischer Leistung! Im Laufe unserer weiteren Auseinandersetzungen werden wir sehen, daß diese Erkenntnisse MEYNERTs das Fundament für alle späteren Studien über Cytoarchitektonik gebildet haben.
In unmittelbarem Anschluß an diese Gedanken MEYNERTs und, wie er selbst sagt, angeregt durch die im Juni 1873 darüber in Wien stattgehabte Debatte der Psychiater hat sich der Kiewer Gelehrte BETZ dann zur Aufgabe gemacht, Kriterien ausfindig zu machen, nach welchen man die An- oder Abwesenheit gewisser Hirnrindenteile bei Mensch und Tier nachweisen könnte. Er hat 1874 die nach ihm benannten Betzschen Riesenpyramidenzellen in der vorderen Zentralwindung und dem Parazentralläppchen des Menschen entdeckt, hat sie als motorische Ursprungszellen angesehen und ihr Vorkommen (um den Sulcus cruciatus) auch bei Tieren nachgewiesen und die Identität dieses Rindenbezirkes mit der elektrisch reizbaren Zone von FRITSCH und HITZIG und FERRIER ausgesprochen. 1881 hat dann BETZ eine mustergültige und sehr ausführliche Beschreibung des Zellbaues beinahe aller Hirnwindungen gegeben, die größtenteils auch heute noch ihre Gültigkeit hat und die wir bei Beschreibung jeder einzelnen Area noch ausführlich in Betracht ziehen werden; er hat dabei viele richtige Beobachtungen gemacht, die nachher von späteren Forschern übersehen worden sind. Seitenunterschiede im Bau der Hemisphärenrinde, Geschlechts- und Altersunterschiede hat der Kiewer Gelehrte beobachtet. Er hat auch schon mit der Untersuchung pathologischer Gehirne begonnen und hatte „einen Atlas der menschlichen Gehirnoberfläche" in Vorbereitung, zu dessen Beendigung es leider nicht mehr gekommen ist. Er schließt seine wertvolle Abhandlung mit der Bemerkung: „Die Abgrenzung verschieden gebauter Rindenbezirke geht manchmal ganz unbemerkt ineinander über, manchmal bildet eine Furche die Grenze. Die bisherige Topographie des menschlichen Gehirns, die sich auf Furchen gründete, ist für das erwachsene Gehirn unverwertbar. Die Einteilung des Gehirns in Bezirke kann richtig nur auf Grund seines anatomischen Rindenbaues vorgenommen werden." Ich führe diesen Schlußpassus wörtlich an, weil der Gedanke, der darin steckt, irrtümlich in der Literatur gewöhnlich erst viel späteren Autoren zugeschrieben wird!
BEVAN LEWIS hat (1878) die großen Pyramidenzellen, die unter MEYNERTs vierter Schicht vorkommen, als eigene Schicht ganglionärer Zellen beschrieben, die er von der Spindelzellenschicht (5.) MEYNERTs trennte, und er ist hiermit zur ursprünglichen Sechsschichtung von BAILLARGER und BERLIN zurückgekehrt, eine Auffassung, die heute allgemeine Gültigkeit gewonnen hat. Er erwähnt ganz richtig, daß der größere Teil der Rinde sechsschichtig gebaut sei und numerierte die Schichten von außen nach innen 1-6; nur die unmittelbar vor dem Sulcus Rolando (oder beim Tier Sulcus cruciatus) gelegene, Betzsche Riesenzellen führende Hirnpartie sei fünfschichtig, und die Fünfschichtung reiche hier auch auf die mediane Hirnfläche und auf den Gyrus limbicus über. Zu diesen sehr richtigen Beobachtungen fügt er auch noch vergleichend-anatomische Bilder von Gehirnen verschiedener Tiere, in welche er die fünfschichtige „Area" einzeichnet. Auch genaue Messungen der Zellgröße hat B. LEWIS schon vorgenommen und gute Abbildungen einiger Rindenstellen gegeben.
Die späteren Forscher MAJOR, MIERZCJEWSKI, SCHWALBE, OBERSTEINER, TESTUT haben sich nur soweit, als die Hirnrinde in den allgemeinen Rahmen der Hirnanatomie hineingehört, mit der feineren Anatomie derselben beschäftigt, ohne etwas wesentlich Neues zu ihrer eingehenden Kenntnis beizutragen.
Erst 1893 hat der junge Schwede HAMMARBERG neue Untersuchungen über die Hirnrinde angestellt, um sich die notwendigen normalen Grundlagen zur Beurteilung pathologischer Hirne (Idiotie) zu verschaffen. Er hat neuerlich eine sehr eingehende Beschreibung des Rindenbaues der verschiedensten Hirngegenden gegeben, und zwar geht er dabei, wie einst BETZ, windungsweise vor, statt die von BETZ selbst am Schlüsse seiner Arbeit gegebene Anregung zu befolgen, die Einteilung des Gehirns nach architektonischen Rindenbezirken vorzunehmen. Das große Verdienst HAMMARBERGs, der übrigens entsprechend BEVAN LEWIS sechs Rindenschichten anerkennt und sie ebenfalls 1-6 von außen nach innen numeriert, ist ein doppeltes: er hat von jeder Rindenstelle genaue Messungen der Rindendicke, der Dicke der einzelnen Schichten, der Zellgrößen und Zellzahl vorgenommen und so einerseits einen verläßlichen Weg zum Vergleiche individueller und pathologischer Änderungen mit normalen Verhältnissen gewiesen; andererseits hat er zum ersten Male von sehr zahlreichen Rindenstellen, die er nach NISSLs Methode behandelt hat, so ausgezeichnete und wahrheitsgetreue Übersichtsabbildungen gegeben, daß alle darauf sichtbaren Details auch unseren heutigen Kenntnissen vollkommen entsprechen.
Historisches. 11
SCHLAPP hat 1898 allerdings bloß am Affenhirn den Versuch gemacht, die gesamten lokalen Verschiedenheiten des Rindenbaues der grauen Rinde auf ein Schema der Rindenoberfläche einzutragen, und hat somit eigentlich das Verdienst, zuerst eine architektonische Hirnkarte - wenn auch eine sehr unvollkommene - gegeben zu haben.
Abb. 1 und 2. CAMPBELLs cytoarchitektonische areale Hirnkarte.
Abb. 1. Konvexität; Abb. 2. Medianfläche des Gehirns.
Mittlerweile hatten die Errungenschaften der drei letzten Dezennien des 19. Jahrhunderts auf dem Gebiete der experimentellen Physiologie und der Pathologie unsere Kenntnisse über die Lokalisation im Großhirn ganz bedeutend erweitert und die Rindenoberfläche mit einer großen Anzahl von „Zentren" bedeckt, und FLECHSIG hatte die Hirnrinde auf Grund seiner myelogenetischen Untersuchungen in eine Menge Einzelfelder mit bestimmter Funktion geteilt (vgl. Abb. 90 und 91). Es waren dies zwar keine architektonischen Felder, aber für einige seiner „Sinnesfelder" kannte man schon einen ganz spezifischen architektonischen Bau, so z. B. für das Gebiet der Calcarina, das sog. Sehfeld, den achtschichtigen Rindentypus von MEYNERT mit dem Gennarischen Streifen und für die motorische vordere Zentralwindung den großzelligen fünfschichtigen (B. LEWIS) Pyramidentypus mit den Riesenzellen von BETZ und den sechsschichtigen Typus für die übrige Hirnrinde mit den vielen lokalen Differenzen.
In der Calcarinarinde hatte sogar schon LEONOWA mit Erfolg versucht, bei Blindgeborenen Veränderungen zu finden. BOLTON hat dann 1900 zum ersten Male ganz genau die Grenzen dieses achtschichtigen Rindenareals der Calcarina gegenüber der Nachbarrinde ermittelt - ähnlich wie schon 1880 B. LEWIS für die motorische fünfschichtige Rinde - und hat gezeigt, daß die Rinde des Occipitalhirns in zwei architektonisch verschieden gebaute „Areae" zerfällt, die sich mit linear scharfer Grenze voneinander scheiden, von denen er die eine, die Calcarinaformation, visuosensory Area, die periphere visuopsychic Area nannte; ersterer schrieb er die Funktion der reinen Apperzeption, letzterer die der psychischen Verwertung der Gesichtseindrücke zu. Obschon BOLTONs Arbeit sich nur mit einem engen Gebiete der Rinde befasst, ist sie doch von großer allgemeiner Wichtigkeit, weil in ihr zum ersten Male und mit Erfolg eine architektonische Felderung mit genauer Umgrenzung der Areae gegeneinander durchgeführt wurde und ferner, weil diese Befunde durch gute mikrophotographische Aufnahmen von Hirnschnitten belegt sind, an denen die Cytoarchitektonik und der scharfe Übergang von einer Area in die andere zu sehen sind.
CAMPBELL hat dann 1905 zum ersten Male wieder seit HAMMARBERG die ganze Hirnrinde einem gründlichen cyto- und auch myeloarchitektonischen Studium erworfen. Auf Grund desselben hat er die ganze Hirnrinde in eine große Anzahl Areae eingeteilt und namentlich bezeichnet, welche von Furchen und Windungen zum Teil unabhängig ein landkartenähnliches Bild der Hirnoberfläche bedingen. Er hat also das Postulat, das MEYNERT und BETZ schon gestellt hatten, erfüllt. Er hat die erste ausgezeichnete Hirnrindenkarte des Menschen angefertigt (Abb. 1 und 2) und auch ebenso Hirnkarten von Menschenaffen und vom Hund. Außerdem hat er in reichlicherem Maße noch als HAMMARBERG für eine große Anzahl dieser Areae sehr gute zeichnerische Reproduktionen und somit den ersten systematischen cytoarchitektonischen und myeloarchitektonischen Atlas gegeben. Der größte Teil von dem, was CAMPBELL gesagt hat, hat heute noch seine volle Geltung, ebenso seine ca. 20 Areae; nur lassen sich dieselben noch weiter anatomisch unterteilen. Auf die Details seiner Ausführungen gehen wir hier nicht weiter ein, weil wir später bei Besprechung der einzelnen Areae immer wieder auf CAMPBELLs grundlegende Ergebnisse zu sprechen kommen werden.
Noch ein Engländer hat sich große Verdienste um die Erforschung des Rindenbaues erworben und das ist ELLIOT SMITH (Anatom in Cairo), der zum Teil gleichzeitig mit BOLTON und CAMPBELL sich an das Studium des Rindenbaues herangemacht hatte und zeigen konnte, daß schon bei makroskopischer Betrachtung des frischen Rindenquerschnittes man derartige Strukturunterschiede beobachten könne, daß man schon allein danach die Hirnoberfläche in viele (ca. 50) Areae einzuteilen vermag. 1907 hat er eine solche Hirnkarte gegeben und Abb. 3 und 4 zeigen dieselbe, sowie Abb. 5 die Abbildung der frischen Rindenquerschnitte der einzelnen Areae. Nach der Lage der beiden queren Baillargerschen Markstreifen an letzteren, Abb. 5, je nach ihrer Deutlichkeit, ihrem Verschwinden, je nach der Rindendicke und der Tiefe, bis zu welcher die radiären Markbündel in die graue Masse der Rinde reichen, kann man die Areae genau voneinander unterscheiden und abgrenzen. E. SMITH arbeitete an frischen oder bloß leicht vorgehärteten Gehirnen, mit Vorliebe an solchen von Negern, deren etwas dunklere Färbung der grauen Substanz die weißen Markfasern besser hervortreten läßt. E. SMITH hat auch zuerst auf Rassenunterschiede in der Ausdehnung der Areae hingewiesen. Auch E. SMITHs Resultate besprechen wir noch einzeln eingehend bei der Erklärung des Baues unserer einzelnen Areae im speziellen Teil.
Abb. 3 und 4. ELLIOT SMITHs areale Hirnkarte, auf Grund des frischen Rindenquerschnittbildes hergestellt. Abb. 3. Konvexität; Abb. 4. Medianfläche.
14 Historisches
MOTT und seine Mitarbeiter haben gleichzeitig besonders vergleichend-anatomische rindenarchitektonische Studien durchgeführt.
Fast in die gleiche Zeit (1903) wie die Forschung CAMPBELLs und ELLIOT SMITHs fallen die ersten Arbeiten BRODMANNs und VOGTs über dieses Themen. Nachdem BRODMANN sich ebenfalls vorerst mit der Architektonik der beiden schon best-bekannten Areae, der vorderen Zentralwindung und der Calcarina befasst hatte, wandte er sich speziell vergleichend-anatomischen Cortexstudien zu und gab detaillierte Hirnkarten und ausgezeichnete, mikrophotographische, cytoarchitektonische Bilder der meisten Areae von Affen und Halbaffen; er unterschied viel mehr Felder als seine Vorgänger. 1907 veröffentlichte er eine Hirnkarte vom Menschenhirn (Abb. 6, 7, 8), an dem er mehr als 52 Felder abgrenzen konnte, und 1909 veröffentlichte er seine
Abb. 5. E. SMITHs Bilder von 28 Areae am frischen Rindenquerschnitt. Das Mark schimmert weiß gegen die graue Rinde.
vergleichende Lokalisationslehre der Großhirnrinde, in der er ausführliche Hirnkarten beinahe aller Gattungen von Säugetieren nebeneinander stellte und viele Bilder über die Architektur der einzelnen Areae gab. Die Absicht, die er offenbar hatte, eine genaue Beschreibung des Baues der Areae zu geben, gleichzeitig mit einem Atlas, konnte er nicht mehr vollenden. Der große Wert der Arbeit BRODMANNs liegt in der umfassenden vergleichend-anatomisch und embryologisch gefestigten Grundlage, die er durch seine Studien der Rindenarchitektonik gegeben hat. Seine Hirnkarte des Menschen (Abb. 6 und 7) ist viel detaillierter als die seines Vorgängers CAMPBELL (Abb. 1 und 2). Auch er nahm den sechsschichtigen Typus von BAILLARGER, BERLIN, BEVAN LEWIS und HAMMARBERG an. In Anlehnung an MEYNERT teilte er, entsprechend der grauen und weißen Rinde dieses Autors, den Cortex ein in die homogenetische Rinde, die einen sechsschichtigen Bau aufweist oder deren Anlage wenigstens sechsschichtig ist. und eine heterogenetische Rinde, die diese Anlage nicht aufweist (VOGT hat dann die Ausdrücke isogenetisch für homogenetisch oder kurz Isocortex. und allogenetisch für heterogenetisch oder kurz Allocortex eingeführt - Ausdrücke, die auch wir angenommen haben). Die heterogenetische Rinde (oder Allocortex) entspricht größtenteils MEYNERTs weißer Rinde (dem sog. Riechhirn). De homogenetische Rinde (oder Isocortex) entspricht der grauen Rinde und ist meist sechsschichtig. Soweit als der Isocortex (homogenetische Rinde) die gewöhnliche Sechsschichtung gut sichtbar aufweist, nennt ihn BRODMANN homotypischer Cortex (MEYNERTs gewöhnliche graue Rinde), soweit er jedoch entweder durch Schichtenverminderung (BEVAN LEWIS' fünfschichtige motorische präzentrale Area) oder Schichtenvermehrung (MEYNERTs achtschichtiger Calcarinatypus) oder sonstwie (Insel-Claustrum usw.) stark vom gewöhnlichen Typus abweicht, nennt er ihn heterotypisch. Auch diese Ausdrücke haben wir, wie wir später sehen werden, übernommen. Auf die feineren Einzelheiten der BRODMANNschen Darstellungen gehen wir später noch wiederholt ein, speziell bei Besprechung des Baues der einzelnen Areae.
Abb. 6 und 7. BRODMANNs cytoarchitektonische areale Hirnkarte
Abb. 6. Konvexität. Abb. 7. Medianfläche.
16 Vorbemerkungen.
Zum Vergleiche verweisen wir schon hier auf unsere areale Hirnkarte Abb. 19 und Abb. 20 (S. 25), welche in ungefähr dem gleichen verkleinerten Maßstabe wiedergegeben ist.
Aus BRODMANNs und VOGTs Laboratorien sind dann eine ganze Reihe wertvollster Einzelarbeiten über die Cortexarchitektonik einzelner Tiergattungen hervorgegangen (MAUSS, PREDA, FLORES, ZUNINO, ROSE, MAYER u. a.), welche indirekt auch für das Verständnis des Menschenhirns von größter Bedeutung sind.
Abb. 8. BRODMANNs cytoarchitektonische areale Hirnkarte: Insel und obere (Sylvische) Temporalfläche. - s h, s v vorderer Ramus horizontalis und verticalis der Fissura Sylvii, sp. hinterer vertikaler Ast derselben, t1 Sulc. temporalis superior, I. ant. und I. post. Insula anterior und posterior. Die Ziffern bedeuten die Erkennungszahlen der BRODMANNschen Felder.
Die Myeloarchitektonik des Menschenhirns hatte bisher, obschon sie eigentlich den Anstoß zu den architektonischen Studien überhaupt gegeben hatte, nur in der oben erwähnten Arbeit CAMPBELLs eine eingehende Würdigung erfahren, wofern man nicht E. SMITHs makroskopische Betrachtungen zur eigentlichen Myeloarchitektonik zählen will. O. VOGT war der erste, der sich seit CAMPBELL wieder damit befasst hat und einige vorzügliche Studien darüber bisher veröffentlicht hat. Nach seinen Angaben gelingt es mit der myeloarchitektonischen Methode an 200 Areae des Hirnmantels zu unterscheiden, denen auch cytoarchitektonische Merkmale entsprechen sollen. Leider ist bloß das Stirnhirn und Parietalhirn derart von VOGT durchstudiert und Abb. 9 a und b und Abb. 10 a, b und c geben seine Felder wieder, soweit als er sie bis heute veröffentlicht hat; Abb. 11 und 12 geben die Grenzen des Riechhirns des sog. Allocortex an der Medianfläche und Basis. Auch mit der Markfaserfärbung ist eine sechsfache Schichtung der Rinde zu erkennen. Wie weit die Myeloarchitektonik gestattet, bestimmte Rindentypen zu unterscheiden, wollen wir später (s. 4. Kapitel S. 188) ausführen; ebenso werden wir bei Besprechung der einzelnen Areae immer bei der Erwähnung ihres Markfaserbaues speziell auch auf VOGTs Studien noch zurückkommen und immer nachsehen, wie weit seine Areae mit den unsrigen homologisiert werden können. Es ist zu hoffen, daß dieser so verdiente Forscher bald zusammenhängend die Myeloarchitektonik der gesamten Rinde vorlegen wird. Ganz. neue Ausblicke eröffnen VOGTs neue Versuche, die Effekte der elektrischen Rindenreizung im Lichte der architektonischen Differenzen des Cortex zu kontrollieren und zu differenzieren (C. und O. VOGT, VOGT und BARANY).
Historisches. 17
Drei Namen müssen noch erwähnt werden, die, wenn sie auch nicht direkt mit der Cytoarchitektonik in Zusammenhang stehen, doch auf ihr weiteres Studium stets von Einfluß bleiben werden, nämlich CAJAL, KAES und CHRISTFRIED JAKOB.
GOLGI hat uns mittels seiner Silberimprägnationsmethode der Nervenzellen seit 1880 ein einzigartiges Mittel in die Hand gegeben, die Form der Nervenzelle samt ihren Dendriten und ihrem Achsenzylinder zu erkennen, und selbst zuerst damit uns grundlegende Kenntnisse über die verschiedenen im Nervensystem vorkommenden Zellarten verschafft. Schon bald darauf hat nun CAJAL sich systematisch an die Erforschung der menschlichen und tierischen Großhirnrinde mittels der verschiedenen, auch von ihm selbst wundervoll weiterentwickelten Silbermethoden gemacht, und unsere Kenntnisse, die wir heute darüber besitzen, verdanken wir größtenteils diesem hochverdienten spanischen Gelehrten. Im Laufe der Besprechung der einzelnen Zellformen im 2. Kapitel (s. S. 44-68), ferner bei der Besprechung der einzelnen Areae und auch sonst vielerorts kommen wir noch auf die einzelnen Befunde seiner ausgedehnten Untersuchungen zurück. Die Kenntnis der gesamten Rindenarchitektonik kann uns nur gemeinsam mit der Kenntnis des eben von CAJAL erforschten Baues der einzelnen Zellelemente und der feineren Verbindungen derselben und des Verlaufes der von ihnen abgehenden Bahnen zum richtigen Verständnis der im Cortex ablaufenden Vorgänge bringen. Mit Bedauern müssen wir dabei die Erfahrung registrieren, daß CAJALs verdienstvolle Arbeiten zum Teil ihrer Zeit vorausgeeilt waren, da er dieselben anstellte, bevor die von MEYNERT und BETZ postulierte areale Einteilung der Hirnrinde noch die nötigen gröberen Grundlagen für die feineren Untersuchungen CAJALs geschaffen hatte. So ist es heute oft schwer, die wichtigen Befunde, die in früherer Zeit mit der Silbermethode gemacht wurden, genügend zu verwerten, weil die diesen feinen Befunden entsprechen sollenden Stellen der Rinde nicht mehr ganz genau mit den „Areae" homologisiert werden können. Daher hat sich CAJAL in unermüdlicher Schaffenskraft neuerlich an die Silberimprägnation der einzelnen „Areae" der Rinde herangemacht, und wir erwarten von diesen Studien die wichtigsten Aufklärungen speziell auch für eine künftige Fibrilloarchitektonik.
KAES hat 1907 Studien über die normale (und pathologische) Hirnrinde mittels der Markscheidenmethode mit einem beigegebenen Atlas veröffentlicht, deren wichtigste Ergebnisse wir hier kurz zusammenfassen wollen: Die Rindendicke ist beim Neugeborenen in den ersten Lebensmonaten bedeutender als später bei. Erwachsenen; vom dritten Lebensmonate nimmt sie bis zum vollendeten ersten Lebensjahre progredient rapid ab, und von hier geht die Abnahme langsam und progredient weiter bis zum Ende des 20. Lebensjahres; um das 20. Jahr beginnt sie wieder zu steigen und erreicht im 5. Lebensdezennium ihr Maximum, um dann wieder abzunehmen. Abb. 13, Kurve I, S. 21 gibt dieses Verhalten auszugsweise aus KAES' Originalbildern wieder. Die Windungskuppe, die Windungswand und das Windungstal verhalten sich hierin ziemlich gleichartig. Aber nicht alle Teile der Rinde machen diese Änderungen ganz gleichmäßig mit. KAES teilt die Hirnrinde in eine äußere Lage, die bis zum äußeren Baillargerschen Streifen reicht, also die äußeren drei Meynertschen Schichten umfasst, die sog. äußere Hauptschicht und die darunterliegende innere Hauptschicht. Nun zeigt KAES' Kurve II, Abb. 13, daß dieses wechselnde Verhalten der Gesamtrindendicke speziell auf einer Dickenschwankung der äußeren Hauptschicht beruht, die vorerst bis zum 20. Jahre abnimmt und dann bis zum 45. bedeutend wieder wächst, während die innere Hauptschicht (Kurve III, Abb. 13) eigentlich seit der Geburt progredient bis zum fünften Lebensdezennium sehr langsam zunimmt. Sollte diese Feststellung sich als Regel bewahrheiten, so kommt darin eine fundamentale Tatsache in der lebensphasisschen Entwicklung des Gehirns zum Ausdruck, deren große Bedeutung sofort jedem einleuchtet. Für die einzelnen Hirnteile behält nach KAES diese Kurve ihre Geltung in recht verschiedenem Maße. Für das Stirnhirn B. gilt sie zur Ganze; für die Sehrinde dagegen z.B. gilt sie nicht; die Entwicklungskurve zeigt hier keine großen Schwankungen, sondern eine mehr kontinuierliche Entwicklung überhaupt. In gewissen Hirnteilen verschiebt sich der Gipfel der Entwicklungskurve nach anderen Lebensaltern; und so hat scheinbar jede Hirngegend ihre eigene Kurve, betreffs welcher wir wohl auf die Originalarbeit KAES' verweisen müssen; auch hier sind die regionalen Änderungen mehr durch das Verhalten der äußeren Hauptschicht als der inneren Hauptschicht bedingt. KAES hat auch die Anzahl der in der Hirnrinde in Millimeterbreite einstrahlenden Projektionsbündel in den verschiedenen Lebensaltern bestimmt und eine Kurve dafür gegeben, die wir in Abb. 14 auszugsweise wiedergeben und an der wir sehen, daß das Maximum um das 20. Lebensjahr erreicht wird; nun verschiebt sich sowohl die Anzahl der Projektionsbündel als auch die Jahreszahl des Maximums regional auch wieder in den einzelnen Teilen der Hirnrinde verschieden; am meisten weichen von dieser Durchschnittskurve die Rinde der vorderen Zentralwindung und die Sehrinde ab. KAES meint außerdem, die entwickeltere und faserreichere Rinde sei die schmälere; beim Erwachsenen sei meist die Rinde der linken Seite die schmälere. Wegen der besonderen Entwicklungsart und der verspäteten höchsten Entwicklung der äußeren Hauptschicht (5. Dezennium!) glaubt KAES, daß dieselbe eine besondere Rolle in der Entwicklung des individuellen und des höheren Geisteslebens spiele. Gegen die Messungen KAES' hat man mit Recht eingewendet, daß seine Zahlen - er gibt z. B. als Durchschnittsbreite der Rinde an den Windungskuppen der Konvexität 4.9 mm anstatt recte höchstens 3.5 mm! - viel zu hoch, also zum mindesten recht ungenau seien; und sicher wäre es sehr wünschenswert, nachzukontrollieren, ob bei einer Richtigstellung derselben die von KAES aufgestellten Regeln auch noch ihre Geltung behalten; denn es ist zweifellos, daß wir für diesen Fall in diesen Regeln, besonders z. B. bezüglich des Verhaltens der äußeren und inneren Hauptschicht, Sätze von fundamentaler Wichtigkeit zu erblicken hätten. NISSL hat experimentell durch die Guddensche Methode festgestellt, daß bloß die Zellen der inneren Hauptschicht in Beziehung zu den tiefen Ganglien und Projektionsbahnen stehen; und auch diese Entdeckung weist auf einen fundamentalen Unterschied zwischen äußerer und innerer Hauptschicht hin. Wie sehr diese Schichten jede für sich dann regional ein verschiedenes Verhalten aufweisen, werden wir im 4. Kapitel (s. S. 116-178) sehen.
Abb. 9 a. Abb. 9 b.
Abb. 9 und 10. O. VOGTs myeloarchitektonische areale Hirnkarte (von uns aus Teilbildern nebeneinandergesetzt). Abb. 9 a und b. Konvexität des Frontal- und Parietallappens; Abb. 10a und b. Medianfläche des Frontal- und Parietallappens; Abb. 10 c. Basalfläche des Frontallappens. - Ca vordere, Cp hintere Zentralwindung. I Regio unistriata euradiata. II Regio unistriata infraradiata. III Regio unistriata euradiata grossofibrosa. IV Regio propeunistriata. V Regio bistriata. VI Regio unitostriata. VII Regio supraradiata. VIII α Regio euradiata eucingulata. VIII β Regio euradiata dyscingulata.
Die arabischen Ziffern in den Abbildungen bezeichnen die VOGTschen myeloarchitektonischen Felder. Dazu sei erwähnt, daß in der soiiafc unistriären Region III die Felder 42 und 43 astriär sind, die Felder 38 und 39 propeastriär und die Felder 40 und 41 unistriat. degrediens. Ferner sind in der euradiären Region VIII β die Felder 76-78 unistriär oder propeunistriär, 79-85 bistriär, 86 und 87 unitostriär und 88-90 propeastriär. - Die nähere Erklärung zu diesen Bezeichnungen findet sich auf Seite 180 und ferner bei unserer Besprechung der einzelnen Areae.
20 Vorbemerkungen.
Abb. 11 - 12. Abb. 11. Grenzen des Isocortex und Allocortex an der Medianfläche nach O. VOGT. Der Allocortex befindet sich innerhalb der + markierten Grenze. - Amb Gyrus ambiens, Cc Balken, FD Fascia dentata, Fo Fornix, H Gyrus hippocampi, L Gyrus limbicus, LJ Isthmus, Sbc Gvr. subcallosus, Seml Gyr. semilunaris.
Abb. 12. Grenzen des Isocortex und Allocortex an der Orbitalfläche des rechten Stirnhirns nach O. VOGT. Der Allocortex befindet sich innerhalb der durch + markierten Grenze. - Re, OF1, OF3 entsprechen von innen nach außen Teilen der Orbitalfläche des Stirnhirns. Von links her drängt sich der Inselpol vor. Tu o Tuber (Trigonum) olf.; Tb 1 u. 2 Tuberculum olf.; S. perf. a. Substantia perforata anterior. - Die sonstigen Ziffern und Buchstaben bedeuten myeloarchitektonische Felder VOGTs.
Historisches. 21
Abb. 13. Entwicklung der durchschnittlichen Dicke der Rinde und ihrer zwei Hauptschichten in den verschiedenen Altersstufen nach KAES. (Die einzelnen Kurven sind verschiedenen Kaesschen Abbildungen entnommen.) - Kurve I. Verhalten des Gesamtdickendurchmessers der Rinde in den verschiedenen Lebensaltern. Kurve II. Verhalten des Dickendurchmessers der äußeren Hauptschicht der Rinde in den verschiedenen Lebensaltern. Kurve III. Verhalten des Dickendurchmessers der inneren Hauptschicht der Rinde in den verschiedenen Lebensaltern. Die vertikale Ordinate gibt die Maße der Dicke in Millimetern an. Die horizontale Ordinate zeigt die verschiedenen Altersstufen an.
22 Vorbemerkungen.
CHRISTFRIED JAKOB hat nun in seinen beiden noch unvollendeten Werken „Vom Tierhirn zum Menschenhirn" und „Das Menschenhirn" ganz neue Forschungen veröffentlicht, die, obschon eben falls wie die vorgenannten nicht unmittelbar mit der Cytoarchitektonik in Zusammenhang, doch nicht ohne Einfluß auf den weiteren Ausbau derselben bleiben können. Für die beiden Schichten der äußeren und der inneren Hauptschicht, die er die beiden Fundamentalschichten der voll entwickelten Rinde nennt, konnte er durch phylogenetische Studien und durch seine Untersuchungen an Gymnophionen (Coecilis lumbricoides) - ein hierzu besonders geeignetes Objekt, das betreffs seines Hirnbaues zwischen Amphibien und Reptilien zu stehen scheint - einen verschiedenen Ursprung für jede derselben nachweisen. Wir entnehmen seinem Buche die folgenden Erklärungen und Abbildungen. Während das Großhirn bei Amphibien bloß aus dem Riechhirn und dem Striatum besteht und die Decke des Hemisphärenbläschens, die sich darüber spannt, noch rein ependymär ist (Abb. 15), zeigt sich bei der Coecilia, wo diese Decke schon zu einem breiteren, Nervenzellen führenden Gewebe entwickelt ist, daß die Nervenzellen dieser Formation (Archipallium), die in der höheren Stufenleiter des Tierreiches dann zur Ammonsformation wird, bloß der inneren Fundamentalschicht entsprechen und daß diese am seitlichen Ansatz des Archipallium noch mit den Zellen des Striatum c. st. in kontinuierlichem Zusammenhang bleiben (Abb. 16a, si). Von lateral her jedoch an der Stelle (f.m.), wo sich in der Fissura marginalis das eigentliche Riechhirn (Rh) absetzt, schiebt sich eine aus den Zellen dieses Riechhirns entspringende Zellreihe (se) über die Zellen des Striatum und der inneren Fundamentalschicht (si) nach außen darüber hinweg und bildet so den Ansatz zur äußeren Fundamentalschicht (se), welche dann beide zusammen die gewöhnliche Rinde, das Neopallium bilden. Bei embryologischen Studien über das Zentralnervensystem der Beutelratten fand CHR. JAKOB Bilder, welche dafür zu sprechen scheinen, daß es sich hier um ein allgemeingültiges Anlageprinzip handelt (Abb. 16b) (man vergleiche hierzu die Abb. 66 Bild VI vom dreimonatigen menschlichen Foetus). Er schließt daraus, daß die äußere (Hauptschicht) Fundamentalschicht (II. + III. Schicht MEYNERTs) ihrem Ursprung aus dem Riechhirn nach prinzipiell sensorischer, d. h. receptorischer Natur sei, während die innere Fundamentalschicht (V. + VI.), die aus dem Striatum entsteht, motorischer, effektorischer Natur sei; im späteren Leben vereinigen sich die beiden durch die IV. Schicht, deren Körnerzellen ein System von kurzen Assoziationselementen zwischen den beiden Fundamentalschichten bildet. Der Cortex der Urrinde, das Archipallium, bleibt sich in seiner Entwicklung durch die ganze Tierreihe stets ziemlich ähnlich und bildet die Ammonsformation; aus der lateralen Anlage mit den beiden Fundamentalschichten dagegen wird das Neopallium (die eigentliche graue Rinde) durch starkes Wachstum dorsal- und medialwärts und in die Breite; aus dem Gebiete der Marginalfurche selbst wird die stets eigenartig gebaute Inselrinde (mit dem Claustrum); außerdem nimmt das „Riechhirn" an der Basis seine eigene weitere Entwicklung. Durch das starke Wachstum des Neopallium nun von außen nach innen entwickelt sich die Rinde kolossal und legt sich in Längsfalten, die Urwindungen, deren Innerste natürlich die Ammonsrinde ist, dann der Gyrus limbicus und nach außen folgen, wie noch beim Hundehirn als Urwindungen erkennbar, der Gyrus ectomarginalis, suprasylvicus, ectosylvicus und der Gyrus insulae. Durch Überquellung des Rindenrandes an der Fissura marginalis entsteht das Operculum. Neben dieser ventro-dorsalen Entwicklung findet in frontocaudaler Richtung eine fächerförmig rotierende Rindenentfaltung statt, deren Rotationspunkt im Inselgebiet liegt. Diese Entwicklung bedingt (neben der obenerwähnten Segmentierung in Urgyri) einen sektorenförmigen Bauplan in der Längsachse, der bei dem Cortexbau der Lissencephalen noch deutlich zutage tritt. Abb. 17 zeigt dies deutlich (sie ist CHR. JAKOB entnommen). Durch die Fortentwicklung und fächerförmige Entfaltung in diesem rotierenden Sinne nach hinten entsteht dann der Occipitallappen und durch Rückdrehung dieses hinteren Endes nach unten und wieder nach vorn der Temporallappen, und so kommt das Sektorenbild der Primaten, das Abb. 18 nach JAKOB wiedergibt, zustande. Jeder dieser Sektoren hat seine physiologische Eigenart und eigene anatomische Verbindungen. Ein Blick auf die Abb. 18 und auf unsere areale Hirnkarte (Abb. 19 und 20, die wir hier zum Vergleiche in verkleinertem Maßstab wiedergeben) zeigt eine gewisse frappierende Ähnlichkeit beider. Ebenso ein Vergleich der Abb. 17 mit der arealen Hirnkarte der Lissencephalen Abb. 104 (S. 243). Ob nun diese betreffs der Fundamentalschichten sowohl als auch der Sektorenentwicklung neuartigen und grundlegenden Gedanken CHR. JAKOBs sich weiterhin als richtig erweisen werden, wird die Zukunft zeigen; wir haben sie hier ausführlich erwähnt, weil diese Auffassung der Hauptschichten zu unseren architektonischen Studien jedenfalls in enger Beziehung steht und weil es ferner möglich ist, daß die Ähnlichkeit der sektorenförmigen Entwicklung und der Grenzlinien der Areae, die auf diesen Abbildungen sich zeigen, auf mehr als einer bloßen Äusserlichkeit beruht.
Abb. 14. Kurve der durchschnittlichen Bündelzahl der in die unteren Rindenschichten einstrahlenden radiären Markbündel pro 1 mm Breite, bei 15 µ Schnittdicke, in den verschiedenen Altersstufen des Menschen; einer Abbildung von KAES entnommen.
Abb. 15. Querschnitt durch das Amphibiengroßhirn (nach CHR. JAKOB). Es zeigt sich bloß das Corpus striatum C.str. gut entwickelt, während die Hemisphärendecke (Pallium) nur als dünnes ependymäres Häutchen den Ventrikel vl dorsal abschließt mep.
Historisches. 23
Abb. 16 a. Großhirnquerschnitt bei Coecilis lumbricoides (Gymnophione) nach CHR. JAKOB. Das Corpus striatum c. st gut entwickelt. Der Ventrikel vl durch das Pallium dorsal abgeschlossen. welches eine zwar dünne, aber doch schon Nervenzellen führende Decke g (Archipallium) bildet. Diese Zellen entspringen aus den lateralen Bandzellen des Corpus striatum und bilden das Stratum internum si, die spätere innere Fundamentalschicht; Rh Riechhirn; fm Fissura marginalis ist die Ansatzstelle des Riechhirns. Von hier aus zieht eine Zellreihe se, die spätere äußere Fundamentalschicht von lateral und basal her, dorsal über die si hinüber; die se stammt also ursprünglich aus dem Riechhirn und verschmilzt später mit der si, die aus dem Striatum stammt, zum Cortex; sz Stratum zonale, sim Stratum intermedium, fh Fissura hippocampi. - Abb. 16b zeigt ähnliche Verhältnisse bei einem Großhirnquerschnitt eines Embryos der Beutelratte. (CHR. JAKOB.)
Abb. 17. Lissencephales (windungsloses) Gehirn, an dem nach CHR. JAKOB die fächerförmige Entwicklung der Sektoren in frontocaudaler Entfaltung eingezeichnet ist. Die Insel bildet gleichsam den Rotationspunkt dieser Entfaltung. Auch die segmentale Gliederung ist eingezeichnet.
24 Vorbemerkungen.
Abb. 18 a und b. Primatengehirn (unten) nach CHR. JAKOB, ebenfalls die Art der Sektorenentwicklung bei einem hochentwickelten gyrencephalen Gehirn darstellend. Durch die fächerförmige Drehung ist hier der Temporallappen schließlich nach unten und vorn, und der Occipitallappen ganz nach hinten gerückt. - Zum Vergleich ist darüber auch ein windungsloses Gehirn gezeichnet, um die „Verschiebung" der Sektoren zur Anschauung zu bringen.
Während alle diese Studien, denen sich noch die unserigen anschlössen, sich bemühten, die normale Architektonik der Rinde aufzudecken, mit den verschiedenen hier aufgezählten Zwecken und Aussichten, nicht zum wenigsten dem, die normale Grundlage zu schaffen, die zur einwandfreien Erkennung pathologischer Veränderungen nötig ist, hat die Untersuchung letzterer, ohne diese Resultate abzuwarten, man kann sagen, so gut wie gleichzeitig ihren Gang genommen. Schon BETZ und HAMMARBERG haben, wie gezeigt, Gehirne von. Idioten und KAES daneben auch solche von Verbrechern untersucht. CAMPBELL und später SCHRÖDER haben bei Pyramidenbahnläsionen und bei amyotrophischer Lateralsklerose cytoarchitektonische Untersuchungen angestellt und KÖLPIN und LEWY haben bei Huntingtonscher Chorea, SPIELMEYER und BIELSCHOWSKY bei Lähmungen ohne Läsion der Pyramidenbahn, JOSEPH, A. JAKOB, BUSCAINO und KLARFELD, DOUTREBENTE und MARCHAND bei Dementia praecox (Katatonie), ALZHEIMER, BRATZ, POLLACK, KOGERER bei Epilepsie Veränderungen an Zellen und Schichten nachweisen können. C. und O. VOGT haben in einer ausführlichen Abhandlung (Erkrankungen der Großhirnrinde) die Grundlagen für eine künftige Pathoarchitektonik zu legen versucht, bei der sie auch zahlreiche gute Bilder von normalen Rindenquerschnitten geben. Aus dem Wiener neurologischen Institut von Prof. MARBURG sind mehrere ausführliche Publikationen unter dessen Leitung und unter Mithilfe Dr. POLLAKs ausgeführt worden, welche systematisch und eingehend die Pathoarchitektonik der Psychosen behandeln, und zwar SAITO die progressive Paralyse, TAKASE das manisch-depressive Irresein, NAITO die Schizophrenie und OSAKI die senilen Psychosen. Schon früher hatte WADA in diesem Institut dieses Problem zum Objekt seiner Studien gemacht. Der ersteren dieser Arbeiten ist als Grundlage zur Beurteilung der pathologischen Veränderungen eine reiche Auswahl sehr guter photographischer Bilder beinahe aller BRODMANNschen Felder mit einer bündigen und treffenden Beschreibung derselben beigegeben. So sehen wir, mit welcher berechtigten und gesunden Ungeduld schon allerorts die Pathologie eine erschöpfende Aufklärung der normalen Verhältnisse der Hirnrinde erwartet.
Historisches. 25
Abb. 19 und 20. Unsere cytoarchitektonische areale Hirnkarte, Abb. 19 der Konvexität, Abb. 20 der Medianfläche des menschlichen Großhirns (s. S. 206 und Abb. 92-95).
26 Vorbemerkungen.
Wir sehen aus dem Gesagten, daß zuerst MEYNERT in Wien auf Grund seiner hirnarchitektonischen Untersuchungen noch vor den Reizversuchen von FRITSCH und HITZIG den Gedanken einer Rindenorganologie gefasst und einzelne Grundzüge derselben, die heute noch ihre Geltung behalten, durchgeführt hat, so daß wohl ihm unstreitig das Verdienst gebührt, diesen Wissenszweig nicht nur begründet, sondern demselben auch die zum Erfolge führenden Richtlinien ein für allemal gewiesen zu haben. BETZ hat dann diese Gedanken weiter entwickelt und die von den Windungszügen zum Teil unabhängige architektonische Felderung der Hirnrinde beschrieben; CAJAL hat eingehend die Zellformen geschildert; HAMMARBERG hat zuerst vorzügliche Normalbilder der verschiedensten Stellen der sechsschichtigen und auch der übrigen Rinde veröffentlicht und an ihnen pathologische Bilder verglichen; CAMPBELL und ELLIOT SMITH haben als erste ausführliche und gute Hirnkarten über die areale Einteilung der Rindenoberfläche gegeben und ersterer auch einen wertvollen Atlas mit Zeichnungen des Baues der wichtigsten dieser Areae bei Mensch und Tier mit gleichzeitiger Berücksichtigung der Myeloarchitektonik; BRODMANN hat durch umfassende vergleichend-anatomische Studien des Cortex eine breite wissenschaftliche Basis für eine künftige systematische Forschung vorbereitet und schließlich VOGT besonders für die Erkenntnis der Myeloarchitektonik bisher die wertvollsten Vorarbeiten geliefert. Dies sind die wichtigsten Etappen auf dem Wege zur architektonischen Rindenerforschung und wir wollen später bei der Besprechung der Areae der Rinde immer wieder auf die Arbeiten dieser Autoren speziell zurückkommen und, darauf weiter bauend, unsere neuen Beobachtungen geben und unsere Ansichten entwickeln an der Hand unseres photographischen Atlas, der ein Beleg für diesen jungen Wissenszweig sein soll und jeden unabhängig machen soll von unseren heutigen Ansichten und Traditionen, also in weitem Umfange wenigstens sogar unabhängig auch von unserer Rindeneinteilung und unserem Text. Denn jede Systemisierung in der Wissenschaft darf nicht anders bewertet werden, als ein bloßer technischer Behelf zum besseren Begreifen der Natur und zur gegenseitigen Verständigung; als solcher hat sie stets notwendig etwas Persönliches; es sind die Koordinaten, die wir selbst ziehen, die aber dem Wesen der Erscheinung eigentlich fremd sind; die photographischen Bilder aber sind unpersönlich und sprechen für sich.
Um also dieses ganze umfangreiche Gebiet der Cytoarchitektonik in unseren Erläuterungen bewältigen zu können, haben wir dieses Buch in einen allgemeinen und einen speziellen Teil eingeteilt, welche zusammen vierzehn Kapitel umfassen.
Im allgemeinen Teil besprechen wir nach dieser Vorbemerkung des ersten Kapitels im zweiten Kapitel zuerst die allgemeinen Aufbauprinzipien des Cortex. Um uns zunächst über die allgemeine Topographie ins Einvernehmen zu setzen, geben wir in Abb. 21-24 vier Hirnschemata von der Konvexität, medialen, dorsalen und basalen Fläche des Gehirns wieder mit den von uns verwendeten Bezeichnungen der Gyri und Sulci. Alle unsere künftigen topographischen Orientierungsbilder über Rindenverhältnisse der Areae sind immer wieder in dieses Grundschema eingetragen worden, so daß ohne weitere Erklärung die Lageverhältnisse durch Vergleich mit diesem Grundschema sich von selbst ergeben werden. Von den Aufbauprinzipien des Cortex (2. Kapitel) besprechen wir zunächst die Ausdehnung des Cortex, seine Dicke, sein Volumen, dann seine Zellen bezüglich ihrer Form als Einzelindividuen, ihre Größe und Zahl, die Zelldichtigkeit der verschiedenen Hirngegenden und die Gruppierungsart der Zellen zu Haufen, Streifen und Schichten. Im dritten Kapitel geben wir eine Übersicht der embryonalen Entwicklung des Cortex zu seinen zwei verschiedenen Haupttypen, dem gewöhnlichen Isocortex und dem Allocortex. Im vierten Kapitel kommen wir zunächst auf die allgemeinen Eigenschaften dieses Isocortex, der den größten Teil der Rinde ausmacht, zu sprechen, auf seine sechs Zellschichten, ihre Beziehungen zueinander, ihren allgemeinen Bau, ihre regionären Verschiedenheiten, ihre physiologische Bedeutung, ihr Verhalten im sog. homotypischen und heterotypischen Isocortex, schließlich ihre Beziehungen zu den Markschichten, auf die fünf Rindentypen, die man im Isocortex antrifft usw. und schließlich auch auf den allgemeinen Bau des Allocortex. Im fünften Kapitel endlich besprechen wir im allgemeinen die areale Feldereinteilung der Hirnrinde und geben unsere areale Hirnkarte für alle Hirnflächen; wir besprechen hier ferner die Ausdehnung der Areae, die Grenzen derselben, ihre Differenzierung, ihre mutmaßliche physiologische Bedeutung. Das sechste Kapitel zeigt schließlich eingehend die Methodik, nach der wir gearbeitet haben.
Der spezielle Teil ist ausschließlich der Beschreibung der einzelnen Areae, und zwar in der Reihe ihrer Aufeinanderfolge in den einzelnen Hirnlobi gewidmet, ohne Rücksicht auf ihre evtl. „innere" Zusammengehörigkeit, z. B. beschreiben wir die einzelnen Teile des Riechhirns im jeweiligen Zusammenhang mit jenem Hirnlobus, mit welchem sie grobanatomisch zusammenhängen.
Wir haben aus praktischen Rücksichten sieben Lobi unterschieden, und zwar Lobus frontalis, Lobus limbicus superior, Lobus insulae, Lobus parietalis, Lobus occipitalis, Lobus temporalis und Lobus limbicus inferior (hippocampus) (vgl. Abb. 96, 97). Jeder dieser Lobi entspricht einem Kapitel, in welchem die einzelnen Areae der Reihe nach durchbesprochen werden, und jedem Kapitel schicken wir eine kurze grobanatomische Besprechung desselben voraus, um uns vorher über die allgemeinen topographischen Verhältnisse zu verständigen. Bei Besprechung jeder Area, die sich immer auch auf die Tafeln des Atlas beziehen, haben wir in immer gleicher Art die Beschreibung in je sieben Paragraphen eingeteilt - des leichteren Überblicks halber auch dort, wo dies z. B. der geringen Entwicklung wegen gar nicht nötig gewesen wäre -, und zwar §1 das makroskopische Aussehen jeder Area, wie es sich am gefärbten Schnitte ohne jede Vergrößerung präsentiert, §2 das mikroskopische Übersichtsbild bei schwacher Vergrößerung, §3 das Verhältnis und die Verhältniszahlen der Schichten zueinander, §4 die genaue Beschreibung jeder der sechs Schichten nach Zellbau, Zellzahl usw., §5 gibt den Gesamtüberblick über den Bau der Area zusammenfassend wieder, ferner die Ausdehnung, die Grenzen der Area und die regionalen evtl. individuellen Verschiedenheiten, die wir finden, §6 gibt für jede Area einen historischen Überblick ihrer Durchforschung wieder, wieweit dieselbe bisher bekannt war, und enthält gleichzeitig die Homologisierung derselben mit der entsprechenden Area anderer Autoren. Außerdem enthält er auch die aus der Literatur gesammelten Angaben über die Myeloarchitektur dieser Area und die Zellformen. §7 schließlich bespricht die evtl. physiologische Bedeutung jeder Area und ihre evtl. Homologisierung mit den von der Physiologie und Pathologie her bekannten Zentren oder von der Anatomie erschlossenen Ursprungsstätten bestimmter Bahnen. Im 14. Kapitel geben wir schließlich in sechs großen Übersichtstabellen die wichtigsten in Zahlen ausdrückbaren Daten jeder Hauptarea der Hirnrinde, wodurch die Orientierung über die charakteristischen Eigenschaften aller bedeutenden Rindenstellen äußerst erleichtert wird. Außerdem besprechen wir die Aussichten, die uns die nunmehrige praktische Kenntnis der Cytoarchitektonik eröffnen.
28 Vorbemerkungen.
Abb. 21 1). Unser Grundschema der Furchen und Windungen der Konvexität des Großhirns des Menschen.
[footnote p 28 1) Alle in den folgenden Abbildungen dargestellten Einzelheiten des Rindenbaues sind immer in dieses Grundschema eingetragen und somit leicht lokalisierbar und vergleichbar.]
Arbeitsplan. 29
Durch die systematische Einteilung und die Besprechung unserer 107 Felder hoffen wir an Hand der 112 photographischen Tafeln ein ziemlich erschöpfendes Bild der Cytoarchitektonik gegeben zu haben.
Die nähere Aufklärung des Baues des Bulbus und Tractus olfactorius, der Substantia perforata, der Lamina terminalis, des Septum lucidum und der Innenganglien haben wir als nicht eigentlich zur Rinde gehörig nicht in den Bereich unserer Untersuchungen gezogen.
Abb. 22. Unser Grundschema der Furchen und Windungen der Medianfläche des Großhirns des Menschen.
30 Vorbemerkungen.
Erklärung der Beschriftung zu Abb. 21-24 (Windungsschema).
AB. Area parolfactoria Broca (Carrefour olfactif). - Ang. Lobulus angularis. - Aq. Aquaeduct. - AR. Gyri Andreae Retzii. - BB. Brocasches Band. - BG. Bandelette de Giacomini. - B. olj. Bulbus olfactorius. - C. Fissura Calcarina. - Ca. Gyrus centralis anterior. - Cc. Corpus callosum. - Ch. Chiasma nervi optici. - Coa. Commissura anterior. - Cp. Gyrus centralis posterior. - Cu. Cuneus. - c. Cap. - cmg. Sulcus callosomarginalis. - d. Sulcus diagonalis (operculi). - E Gyrus (occipitalis) descendens (perpendicularis) Ecker. - F1, F2, F3 Gyrus frontalis primus, secundus, tertius. - F1m Pars mediana von F1.- F1o, F2o, F3o Pars orbitalis gyri F1 usw. - F3op Pars opercularis von F3 = Brocasche Stelle (pF3). - F3pt Pars praetriangularis von F3 - F3t Pars triangularis von F3 (Cap). - Fi. Fimbria. - Fo. Fornix. - Fus. Gyrus fusiformis. - f1, f2 Sulcus frontalis superior, ... inferior. - f.dt. Fascia dentata. - f. m. Sulcus frontalis medius. - f. pa. Fossa paracentralis. - fs. c. Fasciola cinerea. - f. Sy. Fissura Sylvii. - Gsm Lobulus supramarginalis. - g. a. a., g. a. m., g. a. p. Gyrus arcuatus anterior, medius, posterior lobuli parietalis superioris. - g. amb. Gyrus ambiens. - g. ant. o. Gyrus anticentralis operculi. - g. ant. d. Gyrus antidiagonalis operculi. - g. ant. pr. c. Gyrus antipraecentralis operculi. - g. br. ac. (a.) Gyrus brevis accessorius (anterior) insulae. - g. br. I, II, III Gyrus brevis primus, secundus, tertius insulae. - g. br. imd. Gyrus brevis intermedius insulae. - g. cl. p. Gyrus cuneolingualis posterior. - g. dt. Gyrus dentatus. - g. d.u. Gyri digitati unci. - g. F1F3 orbitale Übergangswindung. - g. fl. a. (p.) Gyrus frontolimbicus anterior (posterior). - g. fs. Gyrus fasciolaris. - g. g. Gyrus geniculatus. - g. il. Gyrus intralimbicus. - g. imd. Gyrus brevis intermedius (insulae). - g. lg. s. (i.) Gyrus lingualis superior (inferior). - g. ol. lt. Gyrus olfactorius lateralis. - g. ol. ml. Gyrus olfactorius medialis. -g. pip. Gyrus parietalis inferior posterior. - g. pl. a. (p.) Gyrus parietolimbicus anterior (posterior). - g. po. i. (s.) Gyrus parietooccipitalis inferior (superior). - g. po. is. I, II Gyrus postcentralis insulae primus et secundus. - g. pr. is. Gyrus praecentralis insulae. - g. r. Gyrus rectus. - g. rl. Gyrus retrolimbicus (rhinencephalolingualis). - g. sc. Gyrus subcallosus. - g. sg. i, (m), (s) Gyrus sagittalis cunei inferior, (medius), (superior). - g. sml. Gyrus semilunaris. - g. str. Gyrus subtriangularis operculi. - g. tl. a. (p) Gyrus temporolimbicus anterior, (posterior). - g. tr. a. S. Gyri temporales transversi anteriores Schwalbe. -g. tr. is. Gyrus transversus insulae. - g. tr. op. I, II, III Gyrus transversus operculi parietalis primus, secundus, tertius. - HI,II Gyrus Heschl primus, secundus (Gyri temporales profundi, Gyri temporales transversi posteriores). - Hi. Gyrus hippocampi. - h. Ramus horizontalis fissurae Sylvii. - hi. Fissura hippocampi. - IP. Inselpol. - Is. Isthmus. - ic. incisura capi. - ig. Induseum griseum. - ip. Sulcus interparietalis. - ipo. Incisura praeoccipitalis. - it. Incisura temporalis. - J. Incisura Jensen (Sulcus intermedius primus). - Lg. Lingula. - L. s. a. (p) Gyrus limbicus superior pars anterior, (pars posterior). -Lr. Gyri limbici pars retrosplenialis. - l. Sulcus intralimbicus, - l. a. Lamina affixa. - lg. Sulcus lingualis. - lt. Lamina terminalis.
- m. Corpus mamillare. - mg. a., (s.), (p.) Margo anterior, (superior), (posterior) sulci circularis insulae. - O1 O2 O3 Gyrus occipitalis primus, secundus, tertius. - Op. P. Operculum parietale. - Op. R. Operculum Rolando. - Opt. Nervus opticus. - ot. Fissura occipitotemporalis (F. collateralis). - Pa. Lobulus paracentralis. - Pb. Regio parietalis basalis. - Pi. Lobus parietalis inferior. - Pr. Praecuneus. - Ps. Lobus parietalis superior. - PT. Gyrus (temporo-) polaris. - pF3 Fuß der dritten Stirnwindung. - p. f. Pli falciforme. - po. Fissura parietooccipitalis. - p. Sy. Ramus posterior fissurae Sylvii. - R. Sulcus Rolando. - Rst. Rostrum corporis callosi. - rC. Fissura retrocalcarina. - rh. Fissura rhinalis. - ri. Sulcus rostralis inferior. - rl. Sulcus retrolingualis. - rs. Sulcus rostralis superior. - S. p. a. Substantia perforata anterior. - Spl. Splenium corporis callosi. - s. a. Sulcus acusticus. - s. a. rh. Sulcus arcuatus rhinencephali (Fissura rhinica). - s. B. Sulcus Brissaud. - s. br. I, II Sulcus brevis primus, secundus insulae. - s. cc. Sulcus corporis callosi. - s. c. is. Sulcus centralis insulae. - s. d. Sulcus (parolfactorius) diagonalis. - s. fd. Sulcus fimbriodentatus. - s. frmg. ml., (md.), (lt.) Sulcus frontomarginalis medialis, (medius), (lateralis). - s. g. F1 Sulcus gyri frontalis primi. - s. imd. I, II Sulcus intermedius primus (Jensen), secundus. - s. l. Sulcus lunatus. - so1 Sulcus occipitalis primus (praeoccipitalis, interoccipitalis). - so2 Sulcus occipitalis (secundus) lateralis. - s. oa. Sulcus occipitalis anterior. - s. ol. Sulcus olfactorius. - s. or. lt., (ml.), (imd.), (tr) Sulcus orbitalis lateralis, (medialis), (intermedius), (transversus). - s. pa. Sulcus paracentralis. - s. po. i, (s) Sulcus postcentralis inferior (superior). - s. po. is Sulcus postcentralis insulae. - s. pol. a. (m-), (p.), (ps.) Sulcus parolfactorius anterior, (medius), (posterior), (postremus). - s. prc. Sulcus praecunei. - s. prd. Sulcus praediagonalis. - s. pr. i, (s) Sulcus praecentralis inferior, (superior). - s. pr. is. Sulcus praecentralis insulae. - s. p. s. Sulcus parietalis superior. - s. p. tr. Sulcus parietalis transversus. - s. rh. i Sulcus rhinencephali internus. - s. san Sulcus semiannularis. - s. sc. a, (p.) Sulcus subcentralis anterior, (posterior). -s. sg. s, (i) Sulcus sagittalis cunei superior, (inferior).- s. so Sulcus suboccipitalis. - s. sor Sulcus supraorbitalis. - s. sp. Sulcus subparietalis. - s. tp. I, II Sulcus temporalis profundus primus, secundus. - s. tr. A. S Sulci temporales transversi anteriores Schwalbe. - s. tr. op. I, II Sulcus transversus operculi parietalis primus, secundus. - T1 T2 T3 Gyrus temporalis primus, secundus, tertius. - Th Thalamus. - Tr Truncus fissurae parietooccipitalis et Calcarinae. - Tr. o. Trigonum (oder Tuber) olfactorium. - Tu. o. Tuberculum olfactorium oder colliculus Nuclei caudati. - t1 t2 t3 Sulcus temporalis superior, medius, internus. - t1', t1", t2', t2" caudale Endgabelungen der Temporalfurchen. - U. Uncus. - v. Ramus verticalis fissurae Sylvii. - v. cmg. Ramus verticalis sulci callosomarginalis.
Abb. 23. Unser Grundschema der Furchen und Windungen der Dorsalfläche des Großhirns des Menschen.
Arbeitsplan. 31
Abb. 24. Unser Grundschema der Furchen und Windungen der Basalfläche des Großhirns des Menschen.
32
Die Dicke der Rinde an senkrechten Durchschnitten ist in den verschiedenen Hirnregionen eine recht verschiedene. Sie schwankt zwischen 4.5 mm und 1.5 mm an den in Formol und Alkohol gehärteten und in Paraffin eingebetteten Präparaten und den gefärbten Schnitten. Ihre schmälsten Stellen in der Wand können sogar bis unter 1.2 mm herabgehen, so daß die breitesten Stellen ungefähr das Vierfache der schmälsten ausmachen. Abb. 25 gibt einen auf Markfasern gefärbten Hirnschnitt durch eine ganze Hemisphäre wieder, an dem man diese Dickenunterschiede ohne weiteres sieht. Obschon die richtigen Proportionen der Rindendicke der verschiedenen Gegenden an einem solchen Horizontalschnitte nicht genau zutage treten, da hier die Schnittführung notgedrungen nicht zu jeder Windung gleichgerichtet und absolut senkrecht sein kann, so kann man doch schon bei diesem einfachen Überblick den Unterschied in der Breite z. B. der beiden Hirnpole F und O zu der Gegend der vorderen Zentralwindung Ca ganz genau erkennen. Macht man die Rindendicke zum Gegenstande eines speziellen Studiums, so kann man natürlich, da sich dieselbe auch an ein und derselben Windung stets von der Kuppe zum Tale ändert, immer nur Windungskuppe mit Windungskuppe, und Windungswand mit Windungswand vergleichen. Ebenso darf man nur solche Schnitte zu diesen Untersuchungen verwenden, welche genau senkrecht zu dem Windungsverlaufe geführt sind, da jede noch so geringe Abweichung von der Vertikalen bei der Schnittführung eine ganz bedeutende scheinbare Verbreiterung der Rinde zur Folge hat, die bei der Messung der Dicke leicht zu falschen Resultaten führt. Mißt man nun nur an solchen genau senkrecht geführten Schnitten die Breite der Rinde, so merkt man vor allem schon bezüglich der drei großen Hirnflächen, daß im allgemeinen die Rinde an den Windungskuppen der Hirnkonvexität am breitesten ist (und zwar durchschnittlich 3.5 mm), an der Basalfläche schon etwas schmaler (durchschnittlich 3.2 mm) und an der medialen Hirnfläche am schmälsten (durchschnittlich 2.8 mm). Ferner kann man im allgemeinen sagen, daß die Rinde dem vorderen sowohl als dem hinteren Pole zu eine stetige Verschmälerung erfährt, und zwar beträgt die Rindenbreite der Kuppen am Frontalpol ca. 2.5 mm als Durchschnittszahl und am Occipitalpol ungefähr 2.3 mm. Diese Verschmälerung ist keine Eigenschaft des Poles als solchen, denn der Temporalpol z. B. gehört mit seiner Rindenbreite von 3.7 mm zu den ganz breiten Rindenarealen. Die auffallendste Schmalheit jedoch erreicht die Rinde natürlich am sog. Rindensaum, wo sie sich nicht nur bedeutend verschmälert, sondern schließlich auch allmählich aufhört, das ist also im Bereiche des Sulcus corporis callosi am Übergange in das Induseum, dann im Bereiche des Sulcus parolfactorius posterior gegen die sog. Lamina terminalis, ferner im Bereiche des Sulcus arcuatus rhinencephali gegen die Substantia perforata und schließlich im Bereiche des Sulcus hippocampi oder besser gesagt des Sulcus fimbriodentatus gegen Fascia dentata und den Ventrikelunterhornsbschluß die Lamina affixa, als überall dort, wo der Rindensaum in jene Teile der Hemisphärenwand übergeht, welche in ihrer Entwicklung membranös oder gar epithelial geblieben sind. Um sich einen anschaulichen Überblick der Rindendicke an der ganzen Hirnoberfläche verschaffen zu können, geben wir die Abb. 26 und 27; auf diesem Bilde ist selbstverständlich bloß die Rindendicke der Kuppen, und zwar durch eine verschieden dunkle Tönung wiedergegeben, derart, daß wir bis zu einer Rindendicke von 2.0 mm den Grund weiß gelassen haben und jedes weitere Viertelmillimeter Dickendurchmesser durch eine Lage Tusche markiert haben. Abb. 28 und 29 gibt die zahlenmäßige Dicke der entsprechenden Stellen dazu. Das Bild stellt ein Durchschnittsresultat vieler Rindenmessungen an zahlreichen Gehirnen schematisch dar, welche wir immer an homologen Stellen der Hemisphären vorgenommen haben. Man sieht an dieser Abbildung recht deutlich, wie die dickste Rindenstelle des ganzen Großhirns sich am Bild als dunkelste in den caudalen Partien des Frontallappens, und zwar speziell im dorsalen Teil der vorderen Zentralwindung befindet, und wie sich von hier aus die Rinde im übrigen Frontallappen polarwärts allmählich und stetig verschmälert. Auch ventralwärts wird die Rinde im Frontallappen etwas schmäler, aber nicht in so bedeutendem Maße als gegen den vorderen Pol. Eine Unterbrechung in dieser stetigen Verschmälerung gegen vorn bildet eine Stelle am Treffpunkte der beiden Pfeile a an der Abb. 26 etwas vor der Mitte der zweiten Frontalwindung, an der die Rinde eigentlich unvermittelt im Bereiche meist zweier mittelbreiter Querwindungen im Vergleiche zur Umgebung sich gleichsam inselartig verdickt, was an Abb. 26 ganz gut hervortritt. Erwähnenswert ist es ferner, daß auch im hinteren Drittel der ersten Frontalwindung die polarwärts stetig fortschreitende Abnahme des Dickendurchmessers durch eine lokale, jedoch in diesem Falle nicht scharf abgrenzbare Verdickung eine kleine Unterbrechung erfährt (vgl. Abb. 26, Stelle b). Die allerbreiteste Stelle der Rinde befindet sich aber, wie gesagt, im dorsalen Teile der vorderen Zentralwindung, wo sie 4.5 mm, manchmal bis zu 5.0 mm mißt; am vordersten Pol beträgt die Dicke bloß noch ungefähr 2.3 mm, so daß auf diesem Wege ungefähr 2-2.5 mm an Dicke verlorengehen. Die nächstdickste Stelle am ganzen Großhirn überhaupt findet sich am Temporalpol und weiter an den mittleren Partien des Temporallappens auf der zweiten und dritten Temporalwindung. Hier erreicht die Dicke Werte bis zu 3.8 mm. Am Parietallappen und sonst an mittleren Partien der Hirnkonvexität ist die Rinde recht breit und es schwanken ihre Werte meistens zwischen 3.0 und 3.5 mm. Der obere Parietallappen zeigt eine nur um weniges schmälere Rinde von ungefähr 2.8 mm. Gegen den Occipitalpol jedoch nimmt die Dicke im Occipitallappen wieder rapid und ganz bedeutend ab. Hier sinkt die Breite der Rinde besonders an kleinen Windungen sogar an der Kuppe, besonders im Gebiete der Calcarina und ihrer nächsten Umgebung, unter 2.0 mm herab und in der Wand sogar bis zu 1.2 mm. Die Rinde des Occipitalhirns ist also, wie man schon an Abb. 26 und 27 sieht, die schmalste von allen, abgesehen vom sog. Rindensaum, der übrigens überhaupt architektonisch anders zusammengesetzt ist, wie wir noch später erklären werden. Auch die Rinde der hinteren Zentralwindung, besonders die ihrer Vorderwand, ist ganz auffallend schmal und stellt diesbezüglich der Calcarinarinde kaum nach.
Abb. 25. Nach WEIGERTs Markscheidenfärbung gefärbter Horizontalschnitt durch die linke Hemisphäre zeigt die regional sehr verschiedene Rindendicke. - F1, F2 erste und zweite Frontalwindung, Ca vordere Zentralwindung, R Rolandosche Furche, Cp hintere Zentralwindung, P Lobus parietalis, O Lobus occipitalis, L Gyrus limbicus.
Rindenmaße. 35
Abb. 26 und 27. Schema der Gesamtdicke (Breite) der Rinde an der Konvexität und Medianfläche. Die regionär sehr verschiedene Dicke des Cortex ist hier durch die Intensität der Tönung veranschaulicht. Die schmalsten Cortexstellen von 0 bis 2.0 mm sind weiß gelassen; jedes weitere Viertelmillimeter durch Auftragung je einer Lage Tusche kenntlich gemacht derart, daß die dickste Rindenstelle von 4.5 mm (an der Mantelkante der vorderen Zentralwindung) schwarz erscheint.
36 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Abb. 28 und 29. Gesamtrindendicke durch Eintragung der entsprechenden Dickendurchmesser jeder Stelle in Millimetern gekennzeichnet, und zwar für die Windungskuppen der Konvexität und der Medianfläche.
Rindenmaße. 37
Dem Dickendurchmesser entsprechend wollen wir die Rinde zur rascheren Verständigung bei der späteren Beschreibung der einzelnen Rindenareale folgendermaßen bezeichnen: als sehr breit bei einer Dickenschwankung von 4.5 mm bis 3.5 mm, als breit zwischen 3.6 mm und 3.0 mm, als mittelbreit zwischen 3.1 mm und 2.5 mm, als schmal zwischen 2.6 mm und 2.2 mm und als sehr schmal, wenn die Schwankungen sich zwischen 2.3 mm und 1.6 mm bewegen.
Die Übergänge von den dicken zu den dünnen Stellen erfolgen im allgemeinen recht allmählich, an einzelnen Stellen aber auch rascher. So nimmt z. B. die Dicke vom Temporalpol zu der übrigen relativ schmalrindigen ersten Temporalwindung nach rückwärts recht rasch ab, auf der zweiten und dritten Temporalwindung jedoch nur ganz allmählich. Im allgemeinen sind die Stellen, wo eine plötzliche Änderung der Rindendicke erfolgt, nicht sehr häufig; so finden wir auf der dritten Frontalwindung am Übergange von der Brocaschen Stelle auf dem Fuße der dritten Frontalwindung zu der Pars triangularis (Cap) eine recht plötzliche Dickenabnahme um etwa 0.4-0.6 mm; recht plötzlich ist ferner auch noch die Abnahme der Rindendicke im Sulcus Rolando von der Wand der vorderen Zentralwindung auf die der hinteren Zentralwindung, wo dieselbe recht rapid sogar um 1.5 mm an Dicke abnimmt.
Wir haben schon erwähnt, daß Abb. 26 nur ein Schema ist, auf welchem bloß die Dicke der Rinde an den Kuppen der Windungen veranschaulicht ist, wobei die unterschiede zwischen der Kuppe und den Wänden der einzelnen Windungen gar nicht in Betracht gezogen sind. Es ist also hier gleichsam eine Dickenkarte gegeben, wie sie eigentlich bloß bei windungslosen Gehirnen den tatsächlichen Verhältnissen ungefähr entsprechen würde. Die Unterschiede der Rindendicke zwischen der Windungskuppe, der Wand und dem Windungstal sind nämlich schon an und für sich ganz bedeutende. Von der Kuppe zum Tal nimmt die graue Rinde progredient in ihrer Breite rasch ab (Abb. 30 A), so daß sie im Tal meist nur etwa die Hälfte der Dicke des Culmens beträgt; sie nimmt um 40-50% ab. Diese Abnahme ist nicht eine ganz gleichmäßige, so daß in der Mitte der Wandhöhe die Rinde bloß um 15 bis 20% schmäler ist als an der Kuppe; bei einer Rindendicke am Culmen von z.B. 4.0 mm (Abb. 30A, bei a) haben wir in der Mitte der Wand eine Breite von etwa 3.2 mm (Abb. 30A, bei b), im Tal dagegen nur mehr eine Breite von 2.0 mm (Abb. 30A, bei c) zu erwarten. Dies sind natürlich nur durchschnittliche Verhältnisse, bei denen es uns ausschließlich darauf ankommt, ein ungefähres Mittelmaß zu geben; von Ort zu Ort können diese Zahlen ganz bedeutende relative Änderungen erfahren. Sie gelten hauptsächlich für die breiten und mittelbreiten Windungen, z. B. am mittleren Frontallappen mit schön abgerundeten Kuppen (Abb. 30A). Ist eine Windung aber recht schmal, so ändert sich dieses Verhältnis ganz bedeutend zu Gunsten der Breite des Culmen, welches dann relativ viel höhere Dickenzahlen aufweist (Abb. 30B). Ist die Kuppe dagegen, statt gewölbt zu sein, sehr breit und flach (Abb. 30 C), oder sinkt sie sogar in ihrer Mitte, wie dies z. B. im unteren Parietallappen besonders häufig geschieht (Abb. 30D, bei a), etwas ein, dann ist oft die Mitte der Kuppe gar nicht die dickste Stelle, sondern die Kante oder Lippe der Kuppe, d. h. die Umbiegungsstelle (Abb. 30C, d) von der Kuppe zur Wand weist dann die größte Windungsbreite auf, und die Mitte der Kuppe kann sogar etwas den Wandcharakter annehmen. Ferner kann man als Regel aufstellen, daß bei sehr tiefen Furchen der Unterschied in der Dicke von der Kuppe zum Tal ein eher sehr großer ist, während er bei ganz seichten Furchen, wie wir sie z. B. an der Orbitalfläche des Stirnhirns haben (Abb. 30E), zwischen Kuppe und Tal nur ein ganz geringer ist und bei weitem nicht 40 oder 50% beträgt, sondern höchstens 20-30%. Es ließen sich ja noch viele ähnliche Einzelheiten über die Windungsform und den Rindenquerschnitt anfuhren, kann doch ein Kenner der Hirnrinde vielfach schon aus dem bloßen Querschnittsbild der Windungen gerade auch an diesen Dickenverhältnissen der Rinde erkennen, aus welcher Hirngegend ein Schnitt stammt; diese Hinweise gehören aber eigentlich mehr zur Furchenlehre als zur Rindenarchitektonik. Dieses Verhalten spielt auch für den Rindenbau, wie wir später noch sehen werden, eine große Rolle. So ist z. B. in der sog. Area striata, welche die Wände und die Lippen der äußerst tiefen Fissura calcarina auskleidet, der Unterschied zwischen der Rindendicke an diesen Lippen und an den Wänden ein viel kleinerer als gewöhnlich, so daß die hier überall sehr schmale Rinde beinahe in gleichmäßiger Dicke, Oberfläche, Wand und Tiefe auskleidet (Abb. 30F), mit der Schmalheit der Rinde der Calcarina als solcher hängt dies nicht weiter zusammen, denn auch schmale Rinden weisen oft im Windungstal bedeutende relative Verschmälerungen auf; sondern dieses Verhalten ist gerade als ein lokal typisches Charakteristicum zu bewerten. Auch an dicken Rinden kann umgekehrt die Verschmälerung in der Wand oft weniger gut als sonst ausgeprägt sein; so findet im Gebiete der Rolandoschen Furche, und zwar ihrer vorderen, zum Gyrus centralis anterior gehörenden Wand, die Rinde, welche hier an der Kuppe der C. a. wie gesagt die ganz kolossale Breite von 4.5 mm erreichen kann, in der Wand nicht die entsprechende Abnahme, wie sie sonst an anderen Windungen zwischen Kuppe und Wand zu erwarten ist, sondern nur eine viel geringere, während z. B. schon in der vorderen Wand der vorderen Zentralwindung die Abnahme der Rindendicke wieder dem Durchschnittsverhältnis entspricht; also ist auch der Mangel dieser Verschmälerung für bestimmte Stellen wieder typisch.
Die Art und Weise, wie die Markfasern sich innerhalb der Windungskuppe ausbreiten und auflösen, ist in den verschiedenen Rindengebieten ebenfalls eine jeweilig eigenartige und lokal verschiedene. In einigen meist schmalen Windungen erfolgt dieselbe pinselförmig; in anderen in weiten, lateral ausladenden Bögen; in noch anderen direkt radiär. Doch wollen wir uns bei dieser Differenz, welche speziell bei den myeloarchitektonischen Untersuchungen besser zum Ausdruck kommt als im Zellbilde, jetzt nicht weiter aufhalten.
Abb. 30. Schematische Darstellung der Veränderung des Rindendurchmessers an der Kuppe, dem Kuppenwinkel, der Windungswand und im Windungstal an Windungsquerschnitten verschieden geformter Windungen. A, B, C frontale, zentrale und obere parietale Windungstypen; D unterer parietaler Windungstypus; E orbitaler und basaler Windungstypus, F Calcarinatypus. Die einzelnen Typen trifft man jedoch jeweils auch in anderen als den angeführten Gegenden ihres häufigsten Vorkommens an.
Rindenmaße. 39
Die Messungen der Hirnrindendicke (wir bezeichnen sie auch als Rindenbreite) ergehen niemals absolut einwandfreie Zahlen, da die Rinde nur an wenigen Stellen gegen das Windungsmark wirklich scharf abgegrenzt ist. Sie geht meist bloß recht allmählich in dasselbe über, und da ist es zum großen Teile dem Geschmacke jedes Untersuchers anheimgestellt, bis zu welcher Tiefe er die Rindenmarkgrenze verlegt. Unterschiede in den Messungen der verschiedenen Untersucher bis zum Ausmaße von 0.5 mm und mehr in der Beurteilung der Tiefenlage dieser Grenze sind ohne weiteres leicht möglich. Die Zellen der tiefsten Rindenschicht reichen nämlich äußerst weit zwischen die Markfaserbündel in die Tiefe, und vereinzelte Zellen finden sich auch weit drin im Windungsmarke, wo langst nicht mehr von grauer Rinde dir Rede sein kann. Bei diesen Breitezahlen sind also immer nur die Resultate ein und desselben Forschers miteinander vergleichbar. Auf unserer Tabelle I (14. Kapitel) findet man in der letzten Rubrik die Dicke der verschiedenen Rindenstellen, und zwar nach den von uns aufgestellten Rindenareae geordnet. Auf der Tabelle, die BRODMANN im Neurol. Zentralbl. 1908 gegeben hat, sind durchweg höhere Ziffern als in der unsrigen. Und KAES hat noch viel höhere Ziffern angegeben. So gibt letzterer z. B. die Dicke der Rinde an der Konvexität des Hirns im Durchschnitt(!) mit 4.93 mm an, während wir für die Konvexität eine Durchschnittsziffer von bloß 3.5 mm eruiert haben; es ergeben also seine Messungen Zahlen für die Rindendicke, die uns durchweg viel zu hoch scheinen. ELLIOT SMITH hat seine Rindenuntersuchungen und Messungen am frischen oder nur leicht angehärteten Gehirn vorgenommen und gibt ungefähr die gleichen Zahlen wie wir für die Rindendicke der verschiedenen Hirngegenden an. Es ist eben notwendig, daß sich jeder Untersucher seine eigene Regel schafft, nach welcher er die Rindenmarkgrenze bestimmt und diese Regel dann durchweg bei allen seinen Messungen auch befolgt. Wir haben unsere Messungen an unseren Paraffinschnitten nach Färbung mit Toluidinblau vorgenommen. Man sieht an solchen Präparaten ganz gut den Unterschied zwischen Mark und Rinde, da im ersteren die massenhaften, kleinen, in parallelen Reihen verlaufenden Kernzüge der Gliazellen den Markbündeln entlang ein sicheres Anzeichen für die Markmasse bilden. Von der gliakernarmen, großzelligen eigentlichen Rinde ist diese Markmasse meistens nicht schwer zu unterscheiden. Besonders an etwas überfärbten Thioninpräparaten sieht man auch das Grundgewebe der Rinde, das eigentliche Rindengrau, als netzförmige, engmaschige, bläulich mitgefärbte Grundmasse, während das eigentliche Mark dieser Grundmasse entbehrt. An diesen beiden Kriterien, d. h. dem Rindengrau des Cortex und dem Gliakernreichtum des Markes, kann man die Grenze unserer Ansicht nach ziemlich einheitlich für den größten Teil des Hemisphärencortex bestimmen, und die Unterschiede, welche sich bei der Messung durch verschiedene Autoren ergeben könnten, wenn man sich an diese beiden Argumente hält, könnten nur unbedeutende sein. Diese beiden Kriterien erscheinen uns viel brauchbarer für die Bestimmung der Rindendicke als etwa das Vorkommen von Ganglienzellen; denn die Nervenzellen treten an den verschiedenen Stellen des Großhirns in den einzelnen Windungen in sehr verschiedener Tiefe des Windungsmarkes noch auf. Zwar nimmt ihre Zahl in der Tiefe immer progressiv ab, sie durchsetzen/ jedoch manchmal trotzdem sogar das ganze Windungsmark und hören darin oft erst unterhalb des tiefsten Punktes der Windungsfurche auf, also erst in der Nähe des Hemisphärenmarkes; besonders gilt das Gesagte für die vordere Zentralwindung, aber auch für den ganzen hinteren Frontallappen und für den mittleren Temporallappen. In solchen Fällen wüsste man wirklich nicht, sobald man das Vorkommen von Nervenzellen als Anzeichen für das Vorhandensein von Rindensubstanz ansähe, ob man nicht die Rindendicke vom Culmen bis an den Windungsgrund zu messen hätte. Unsere beiden oben angeführten Kriterien sind also eindeutiger und praktisch leichter verwertbar, obschon auch nie natürlich manchmal bei ihrer Anwendung noch immer Zweifel an der Richtigkeit der Messung aufkommen lassen. So ist es z. B. gerade auch wieder in der vorderen Zentralwindung, wenn wir im Atlas Tafel I und II betrachten, recht schwer, die Rindenmarkgrenze scharf und genau zu bestimmen trotz unserer Kriterien, da hier die Gliazellzüge der Markbündel einerseits selbst am unteren Bildrande vielfach weit hinein in die zweifellos schon graue Grundmasse der Rinde reichen und andererseits wieder die Zellen der tiefsten Rindenlagen sogar vom Rindengrau begleitet selbst ziemlich tief zwischen die Markbündel nach abwärts ziehen. In solchen Fällen bleibt wohl nichts anderes übrig, als sich mit einem ungefähren Mittel der Maximum- und Miminummessung zu begnügen.
40 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Unterschiede in den Messungen der Rindendicke müssen sich natürlich auch bei verschiedener Vorbehandlung der Gehirne ergeben. Daher muß dieselbe wenigstens für ein und dasselbe Gehirn für alle Teile desselben ein und dieselbe sein und auch womöglich für alle Gehirne bei deren Bearbeitung immer genau derselbe Modus der Behandlung eingehalten werden. Im 6. Kapitel wollen wir daher später unsere Arbeitsmethode ganz genau angeben. Daß hier trotz größter Vorsicht gewisse Störungen nicht zu vermeiden sind, ist jedem bekannt. Bei der Beurteilung der Resultate muß dies jeder Untersucher auch genügend berücksichtigen. Aber schon HAMMARBERG hat gezeigt, daß die Größenveränderungen, welche die Präparation nach sich zieht, speziell soweit die Hirnrinde in Betracht kommt, unerwarteterweise gar nicht so groß sind, als man im allgemeinen anzunehmen geneigt wäre. Schon meine frühere Angabe, daß unsere durch Messungen an Paraffinschnitten gewonnenen Maße mit jenen von ELLIOT SMITH so ziemlich übereinstimmen, obwohl dieser seine Messungen womöglich an ganz frischen Gehirnen vorgenommen hat, zeigt, wie relativ gering der schrumpfende Effekt ist, welchen die Vorbehandlung für die Rindendicke ausmacht, und HAMMARBERG hat zeigen können, daß zwischen uneingebetteten Gefrierschnitten und Alkohol-Paraffinschnitten der Unterschied der Rindendickenmessungen nicht viel mehr als 0.2 mm beträgt. Am meisten schrumpfen die Gehirnstücke bei zu langem Verweilen im 95%-Alkohol; ferner schrumpfen sie stark, wenn man bei der Einbettung in Paraffin zu hohe Wärmegrade verwendet. Da nun die Rinde bei Vermeidung dieser Umstände relativ so wenig schrumpft, die Gehirnstücke aber im allgemeinen bei der Präparierung doch sichtlich kleiner werden, müssen wir annehmen, daß es vor allem die Marksubstanz ist, welche von diesem Schrumpfungsvorgang betroffen wird und daß bei der Ausbreitung der Rindenschnitte auf Wasser und bei der Entfernung des Paraffins aus dem noch unaufgeklebten Schnitte, wie wir es praktizieren, die Rinde ihre ursprüngliche Breite größtenteils wieder annimmt. Wir verweisen hier auf Abb. 5, die aus ELLIOT SMITHs arbeit stammt, an welcher man sich direkt die Dicke der abgebildeten Rindenquerschnitte nach dem beigegebenen Maßstabe messen kann.
Außer den genannten Unterschieden bei Rindenmessungen kommen auch noch individuelle Unterschiede der einzelnen Gehirne in Betracht, welche gar nicht unbedeutende Differenzen ausmachen können. Auch bei Gehirnen Erwachsener der gleichen Altersstufe, bei gleicher Vorbehandlung, bei Messung ganz homologer Stellen haben wir oft auffallende individuelle Differenzen gefunden. So haben wir bei einem dieser Hirne an der dicksten Rindenstelle der vorderen Zentralwindung 4.5 mm Durchmesser gemessen, bei einem anderen Gehirne an genau derselben, ebenfalls breitesten Stelle 3.6 mm und wieder im Gebiete des Gyrus supramarginalis bei dem einen Gehirn 3.7 mm, bei dem zweiten Gehirn an der homologen Stelle bloß 2.9 mm.
Rindenmaße. 41
Solche Differenzen darf man nicht vernachlässigen; es ist kaum möglich, sie einfach auf unbeachtet geblichene kleine Unterschiede der Vorbehandlungsmethode zurückzuführen, sondern man wird wohl annehmen müssen, daß einige Gehirne von vornherein breitrindig, andere schmalrindig sind. Leider können wir bis jetzt keine Auskunft darüber geben, ob nicht auch gewisse Gehirne solche Differenzen nicht durchweg gleichmäßig aufweisen, sondern ob sich die einzelnen Lobi des Gehirns diesbezüglich individuell wieder verschieden verhalten können, was natürlich letzten Endes diese ganze Frage der individuellen Unterschiede der Rindendicke in einem anderen Lichte erscheinen lassen und ihr eine spezielle lokalisatorische und funktionelle Bedeutung geben würde. Hier müssen nun künftige Untersuchungen einsetzen, am besten wohl Messungen an frischen Gehirnen, wie es ELLIOT SMITH getan hat, was auch ermöglichen würde, uns sofort an einer großen Anzahl von Gehirnen rasch darüber zu orientieren (Abb. 5).
Nochmals möchten wir hier erwähnen, daß sich alle unsere Befunde auf Gehirne Erwachsener, im 4. Lebensdezennium stehender Personen beziehen. KAES hat die Änderung der Rindenbreite vom 3. Lebensmonate an bis zum 80. Lebensjahre verfolgt. In den ersten Lebensmonaten weist die Rinde die größten Breitenmaße auf, nimmt dann rapid bis zum ersten Lebensjahresende ab, und von hierausnimmt die Rinde bis zum 23. Lebensjahre sehr langsam und allmählich und in sehr geringem Ausmaße weiter an Dicke ab, um vom 23. Lebensjahre an bis zum 45. wieder zuzunehmen. Von da an bis ins Greisenalter nimmt sie wieder ab. Diese Änderungen geschehen, wie wir an seinen Kurven Abb. 13 sehen, hauptsächlich auf Kosten der äußeren drei Rindenlagen, welche die sog. äußere Hauptschicht bilden. Denn die tiefen Rindenlagen, die sog. innere Hauptschicht, nimmt schon von dem 1. Lebensjahresende sehr allmählich und ohne jeden Sprung progredient bis zum 45. Lebensjahre zu. Nach KAES soll die linke Hemisphäre eines Erwachsenen im allgemeinen eine schmälere Rinde aufweisen, und zwar soll speziell die äußere Hauptschicht schmäler sein als die der rechten Hemisphäre. Nach demselben Autor soll die schmälere Rinde die faserreichere und höher entwickelte Rinde angeblich darstellen. Daher soll die Rinde bei Kindern und bei Gehirnen tieferstehender Menschen (besonders in seiner äußeren Hauptschicht) nach diesem Autor breiter sein als die Erwachsener und hochstehender Menschen. Wir verweisen hier bloß auf diese interessanten Angaben KAES', ohne auf eine Kritik derselben näher einzugehen. Von höchstem Werte wäre es natürlich nunmehr im neuen Lichte der Architektonik und der neuen Hirnkarten durch neue ausgedehnte Untersuchungen mit einheitlicher Methodik eine Bestätigung oder evtl. Widerlegung dieser Befunde zu erbringen. Allerdings kann man beim Aufstellen solcher Regeln nicht vorsichtig genug sein, wenn man die sonstigen kolossalen Schwankungen im Verhalten der Gehirne sich vergegenwärtigt, z. B. die Unterschiede gerade der Hirngewichte bedeutender Männer; so wog das Gehirn des Dichters Byron 2.25 kg, das des Volkstribunen Gambetta l.25 kg, ohne daß ihre Körpergröße sonderlich verschieden gewesen wäre! Solche Differenzen mahnen eben zur größten Vorsicht.
Wir verweisen hier schließlich nochmals auf die letzte, siebente Rubrik unserer Tabellen I und III (14. Kapitel), welche - allerdings nach Areae geordnet - die Rindendicke aller Hirnbezirke für die Windungskuppen und die Windungswände gibt, und auf unsere schematischen Abb. 26 und 27 sowie 28 und 29.
Daß die graue Rinde in der Tierreihe aufwärts im Verhältnis zu der Markmasse abnimmt, ist eine Tatsache, von der wir uns durch einen Blick z. B. auf einen Hirnschnitt des Kaninchens überzeugen können (Abb. 31), bei dem die graue Rinde kolossal breit ist und die Markmasse im Verhältnis zur zellführenden Rinde nur einen ganz kleinen inneren Abschnitt bildet (vgl. hierzu Abb. 25 der menschlichen Verhältnisse). Aber auch sogar beim Vergleich vom Hirnquerschnitt eines niederen Affen, dann eines Orang-Utan und eines Menschen sieht man diese progressive Zunahme an Markmasse und relative Abnahme und Verdünnung der Rinde bis zum Menschen. Bei niederen Affen überwiegt nach CHR. JAKOB die graue Substanz über die weiße am Querschnitt noch im Verhältnis von 5:1; beim Orang nur mehr im Verhältnis 3:1, beim Menschen ca. 2:1.
42 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Abb. 3l. Nach WEIGERTS Markscheidenfärbung gefärbter Frontalschnitt durch das Gehirn des Kaninchens, der die relativ kolossale Breite der grauen Rinde und im Vergleich zum Marke b veranschaulichen soll gegenüber der menschlichen Rinde Abb. 25.
JAEGER hat (das Volumen der grauen Rinde der Hemisphären bestimmt und zum Volumen des Markes in Proportion gebracht. Er bestimmte das Volumen an Hirnscheiben bestimmter Dicke mittels der von autos angegebenen planimetrischen Messungsart und errechnete das Volumen der grauen Rindenmasse beider Hemisphären zusammen auf 540-580 cm3, das der weißen Masse auf 400-490 cm3 (ohne Stamm); im Durchschnitt wäre also das Volumverhältnis von Rindengrau zu Markweiß 560:445 oder ca. 1.2: 1. Die Dichte der grauen Substanz ist nach DANILEWSKI 1038, die der weißen 1043. Also ist daraus zu errechnen das Gesamtgewicht der grauen Rindensubstanz beider Hemisphären mit 581 g, das der weißen Markmasse mit ca. 464 g, das Totalgewicht beider Hemisphären mit 1045 g (MEYNERT gibt 1032 g an), was bei einem mittleren Gesamthirngewicht von 1330 g dem richtigen Verhältnis ziemlich genau entspricht, da doch ca. 145 g davon aufs Kleinhirn, ca. 140 g auf den Hirnstamm entfallen. Natürlich ist das absolute Rindengrauvolumen, trotz der Abnahme in der Proportion zum Markweiß, in der Tierreihe aufwärts ein immer größeres; so verhält sich nach CHR. JAKOB das Rindengrauvolumen des niederen Äffen zum Orang und zum Menschen wie 1: 5: 24, da die Zunahme des ganzen Großhirns eine so bedeutende ist. (Das Gehirn des ausgewachsenen Orangs wiegt ca. 500 g, mit Hirnstamm und Kleinhirn.) Einen auffallenden regelmäßigen Unterschied zwischen rechter und linker Hemisphäre konnte JAKOB betreffs des Rindenvolumens anscheinend nicht finden; zwar verhielt sich die linke zur rechten einmal wie 290:250 cm3, aber wiederholt war das Rindengrauvolumen der rechten Hemisphäre auch wieder größer als das der linken.
Die Messungen zur Bestimmung der Rindenoberfläche haben schon vor langer Zeit großes Interesse erregt mit Rücksicht auf die besonders starke Entfaltung, welche die Großhirnoberfläche beim Menschen durch die ausgiebige Furchung erfährt. Die Messungen, die schon vor 60 Jahren WAGNER in Göttingen vorgenommen hat, haben sich durch die Nachuntersuchungen, welche in den letzten Jahren HENNEBERG gemacht hat, im großen ganzen als vollkommen richtig erwiesen. WAGNER nahm die Messungen mittels Blattgold, HENNEBERG mit Millimeterpapier vor. Danach beträgt die Gesamtrindenoberfläche (HENNEBERG) des Erwachsenen 222.600 mm2, wovon nur ungefähr ein Drittel, ca. 77.000 mm2 auf die freie Oberfläche, der Rest von 145.600 mm2 auf die in den Furchen verborgene Oberfläche fällt. Doch ist die individuelle Schwankung leicht unbedeutend und wurden bisher beim erwachsenen männlichen Europäer als Extreme ungefähr 200.000 mm2 und 248.000 mm2 gefunden. In diese Zahl teilen sich beide Hemisphären zur Hälfte; eine konstante Abweichung von dem Mittel zugunsten der rechten oder linken Seite gibt es nicht; die linke ist vielleicht etwas häufiger die größere, doch ist die rechte ebenfalls recht oft die größere. WAGNER berechnete, daß von dieser Oberflächenausdehnung 41% auf den Stirnlappen (d. h. vor die Rolandosche Furche) entfalle, 21% auf den Scheitellappen und ebensoviel auf den Schläfelappen, 17% auf den Occipitallappen. Genauere diesbezügliche Zahlen hat HENNEBERG in seinen Tabellen angegeben, in welcher er auch das Gehirn sog. niederer Rassen berücksichtigt, und zwar Herero-, Hottentott- und Javaner-Gehirn; es sind in der Tabelle die Maße immer für eine Hemisphäre angeführt und das Gehirn folgendermaßen eingeteilt: vom Frontalhirn sind die erste, zweite und dritte Frontalwindung und das orbitale Frontalhirn separat berücksichtigt; letzteres hat seine obere Begrenzung an der Konvexität im Ramus horizontalis anterior fissurae Sylvii und an der Medianfläche im unteren Ende des Sulcus callosomarginalis; Insel, vordere, hintere Zentralwindung sind separat jede für sich gemessen; ebenso die obere Temporalwindung und der Gyrus hippocampi mit Uncus; die zweite, dritte und vierte (fusiforme) Temporalwindung zusammen; der ganze Parietallappen an der Konvexität (der obere und untere) und an der Medianfläche zusammen; der ganze Occipitallappen, dann der Gyrus cinguli (vordere und hintere Hälfte), jeder für sich gemessen.
Rindenmaße. 43
Europäer | Herero | Hottentotte | Javaner | |||||
Eine Hemisphäre mm2 | Schwankungsbreite | Eine Hemisphäre mm2 | Eine Hemisphäre mm2 | Eine Hemisphäre mm2 | ||||
F1 | 9.973 | 8.6-13.000 | 8.040 | 10.767 | 11.836 | |||
F2 | 8.678 | 7.3-8.8 | 7.960 | 9.780 | 7.985 | |||
F3 | 5.203 | 4.4-5.2 | 5.029 | 6.850 | 4.858 | |||
Summe F | 23.854 | 20.3-26.5 | 21.029 | 27.397 | 24.679 | |||
F orbit. | 6.400 | 6.4-8.8 | 5.033 | 7.256 | 6.427 | |||
J | 2.563 | 2.1-2.5 | 1.970 | 2.480 | 2.048 | |||
Ca | 6.117 | 6.1-7.2 | 7.089 | 7.177 | 6.579 | |||
Cp | 5.379 | 4.9-5.9 | 3.106 | 5.319 | 5.041 | |||
T1 | 6.492 | 5.8-6.5 | 6.009 | 7.302 | 5.574 | |||
Gesamttemporalfläche | 19.793 | 21.659 | 22.227 | |||||
T2+3+4 | 13.385 | 22.387 | 11.572 | 11.545 | 13.516 | |||
Hippoc.+Unc. | 2.510 | 19.0-26.0 | 2.212 | 2.812 | 3.137 | |||
P | 16.286 | 15.0-20.0 | 15.420 | 18.149 | 16.900 | |||
O | 18.194 | 15.3-20.8 | 17.385 | 15.609 | 15.389 | |||
Limb. ant.+post. | 7.041 | 5.0-8.0 | 8.260 | 6.863 | 5.725 | |||
Gesamtoberfläche einer Hemisphäre | 108.221 | 101.0-124.0 | 99.685 | 111.909 | 105.015 | |||
Davon freie Oberfläche | 38.188 | 40.794 | 43.325 | 37.591 |
Diese Zusammenstellung ist sehr wertvoll, und eine Stichprobe zeigt uns, wie weit schon die Messungen WAGNERs und HENNEBERGs übereinstimmen. Ersterer errechnete, daß das Frontalhirn 41% der Gesamtoberfläche ausmacht, und zählte die vordere Zentralwindung, die drei Stirnwindungen samt der Orbitalfläche, der Insel und dem vorderen Teil des Gyrus limbicus, kurz alles vor der Rolandoschen Furche gelegene Gehirn dazu. Addieren wir diese Teile aus der HENNEBERGschen Tabelle zusammen, so erhalten wir (für den Europäer) 43329 mm2, was also bei einem Gesamtareal von 108221 mm2 über 40% ausmacht! Also stimmen diese Messungen recht gut miteinander. Ebenso können wir hier die Berechnungen jägers für das Volumen der grauen Rinde rein rechnerisch nachprüfen; da die Rindendicke an den Kuppen zwischen 3.5 mm an der Konvexität, 3.2 mm an der Basalfläche und 2.8 mm an der Medianfläche des Gehirns schwankt und da diese Maße bloß an einem Drittel der Gesamtrindenoberfläche gelten, d. h. bloß an der freien Oberfläche, während die Rinde der übrigen zwei Drittel, d. h. der Rinde in den Furchenwänden und Tälern zwischen diesen Werten und einer 50 prozentigen Verschmälerung derselben im Windungstal schwanken, ist der Betrag 2.5 mm ungefähr das Mittelmaß der Dicke der ganzen Gesamthemisphärenrinde - eine Zahl, die übrigens auf andere Art auch von anderen Forschern ermittelt worden ist. Das Gesamtvolumen der grauen Masse müsste also 222000 mm2 x 2.5 mm betragen = 555000 mm3 = 555 cm3. Nun hat tatsächlich JAEGER nach ganz anderer Methodik (planimetrisch) 560 cm3 als Mittelwert ermittelt, wie wir schon Seite 42 erwähnt haben. Man sieht, wie diese Beträge obschon mit ganz verschiedenen Methoden ermittelt, stimmen, so daß deren Richtigkeit gewährleistet erscheint.
44 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Sehr auffallend nun in der HENNEBERGschen Tabelle ist die schöne Oberflächenentfaltung der Hottentotten- und Javanergehirne, welche vielfach das Europäerhirn übertreffen - eine Warnung, aus solchen Befunden übereilte Schlüsse zu ziehen.
WAGNER fand für die Oberfläche des ausgewachsenen Orang-Utan-Gehirns nur die Zahl 54000 mm2, davon 21000 mm2 freie Oberfläche und 33000 mm2 verborgene; und CHR. JAKOB gibt als Verhältnis der Gesamtoberfläche des niederen Affen zum Orang, zum Menschen die Gleichung an 1:5:17.
Die Zellen der Großhirnrinde sind recht verschieden in ihrem äußeren sowie inneren Bau, also bezüglich ihrer Form und Größe, bezüglich ihres Kernes, ihres Kernkörperchens, ihrer Nissl-Schollen und Fibrillen und ihrer Zelleinschlüsse. Doch besteht der alte MEYNERTsche Satz zu Recht, daß es ihrer hauptsächlich 3 Formen gibt, und zwar Pyramidenzellen, Körnerzellen und Spindelzellen. An Abb. 32, die einen Rindenquerschnitt bei 50facher Vergrößerung darstellt, kann man deutlich auch diese 3 Zellformen ohne weiteres unterscheiden. Eigentlich hat, wie mir aus der Literatur hervorzugehen scheint, berlin zuerst diese Dreiteilung vorgenommen und diese Namen gegeben; jedoch war er sich noch nicht im klaren, ob die Körner auch als Nervenelemente aufzufassen seien. Die nähere Kenntnis der Zellen verdanken wir besonders GOLGI und seiner Silberimprägnationsmethode. Die ausgebreiteste Form ist, wie schon ein Blick auf Abb. 32 lehrt, die Pyramidenform, dann die eben genannten. Körner- und Spindelzellen; daneben findet man auch noch vielfach sternförmige, spinnenförmige, kahnförmige und noch recht verschiedene andere Zellarten. Aber aus den eben genannten 3 Formelementen, welche mittels der Zellplasmafärbemethoden am besten zur Anschauung kommen, besteht der allergrößte Teil der Hirnrindenzellen. Pyramidenzellen und Spindelzellen gehören zum Golgi-Typus 1, da sie lange selbständig bleibende Axone meist bis ins Windungsmark entsenden; die Körnerzellen und wohl auch die Mehrzahl der sonst noch vorkommenden selteneren Zellarten gehören zum Golgi-Typus II, da sie meist kürzere und sich rasch und vielfach verzweigende Axone entsenden, die in der Rinde selbst ihr Ende finden.
Zellarten. 45
Die Pyramidenzellen kommen beinahe in allen Rindengegenden und beinahe allen Rindenlagen vor. Es sind konische, mehr oder weniger hochgestreckte Zellen, deren Spitzen stets gegen die Rindenoberfläche gerichtet ist. In ihrer schönsten Ausbildung sind es sogar äußerst schlanke, den Dächern gotischer Kirchtürme ähnliche, hohe, spitz auslaufende Gebilde. Der Spitzenfortsatz, der sog. cephale Fortsatz oder Schaft, zieht direkt gegen die Oberfläche; er ist an Nisslpräparaten weit ins Gewebe hinein verfolgbar, oft sogar auf weitere Strecken, als die ganze Höhe des Zelleibes betragt. Mittels der Silberimpragnationsmethode allein (Abb. 33) sieht man die äußere Form der ganzen Zellfortsätze. Der Schaft zieht ausnahmslos bis in die oberflächlichste, zonale Rindenschicht (Molekularschicht) hinein, um sich hier pinselförmig aufzusplittern und weiter zu horizontalen Asten sich zu entwickeln, welche in innige Beziehung treten zu den gleichen Endigungen der anderen Pyramidenzellen. Nach CAJAL sollen alle Pyramidenzellen aller Größen und aller Schichten ihren Schaft bis hinauf in die Molekularschicht entsenden, auch wenn der Zelleib derselben sich in den tiefsten Rindenlagen befindet. Auf seinem Wege zur Molekularschicht kann sich der Schaft in zwei oder mehrere ebenfalls bis in die Molekularschicht reichende Teiläste spalten, ferner gibt er auch zahlreiche horizontale oder schief nach oben ziehende Seitenäste ab die in diesen Schichten sich aufsplittern. Von der Basis der Pyramidenzelle gehen ferner verschieden dicke Dendriten schief in die Tiefe nach abwärts, einzelne von ihnen auch nach aufwärts. Man kann meist 4-8 solcher sich reichverzweigender Basaldendriten sehen. Auch vom Zellkörper selbst gehen, jedoch meist nur wenige Dendriten ab. Von der (Mitte der) Basis der Pyramidenzelle zieht außerdem der Achsenzylinder in die Tiefe, der sehr bald eine Markhülle erhält und nach CAJAL immer bis ins Windungsmark führt. Auf dem Wege durch die ganze graue Rinde gehen von ihm horizontale, einzeln verlaufende, feine Kollateralen ab, welche selbst auch von Mark überkleidet sind. An den mit Protoplasmafarbstoffen gefärbten Schnitten ist dagegen der Achsenzylinder meist nicht oder bloß in seinem ersten Ansatze an der Zelle erkennbar als heller, glatter, schmaler, basaler Fortsatz, in den sich die sonst die Zelle und die Ansätze der Dendriten füllenden blauen Nissl-Schollen nicht fortsetzen. Die Pyramidenzellen besitzen alle (Abb. 34) einen relativ großen eiförmigen oder runden, immer recht auffallend sichtbaren, lichten Kern, welcher meistens der Basis etwas nähergerückt ist und keine Farbe annimmt, bis auf sein deutliches, rundes, dunkelgefärbtes, großes Kernkörperchen. Die Pyramidenzellen kommen in der ganzen Rindenbreite vor, jedoch am zahlreichsten und schönsten entwickelt in zwei Lagen, in der sog. dritten (III.) Schicht und in der fünften (V.) Schicht, die man daher auch (äußere) Pyramidenschicht und innere Pyramidenschicht (ganglionäre Schicht) nennt (Abb. 32).
Abb. 32. Photographie eines Rindenquerschnittes des Menschen aus dem oberen Parietalläppchen bei 50facher Vergrößerung. Das Bild zeigt deutlich die sechs Rindenschichten I-VI und den Charakter ihrer Zellelemente, in den Schichten III und V Pyramidenzellen, in den Schichten II und IV Körnerzellen, in der Schicht VI spindelförmige Zellen.
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Abb. 33. Pyramidenzellen der III. Schicht nach KÖLLIKER (Silberimprägnation). a Achsenzylinder, der ins Windungsmark herabsteigt; b Zelleib; c Schaft oder cephaler Zellfortsatz, der bis in die I. Schicht reicht; d andere Dendriten von den oberen Partien der Zelle, dem Zelleib oder der Zellbasis ausgehend; e pinselförmige Aufsplitterung des cephalen Schaftes in der I. Schicht (Molekularschicht).
Der Größe nach sind die Pyramidenzellen äußerst verschieden. Die Größe der Zellen drücken wir als ein Verhältnis der Höhe zur Breite aus. Als Höhe der Zellen nehmen wir den Abstand der Basis von der Stelle, an welcher der schlanke Spitzenfortsatz (Schaft) von dem massiveren Zellkörper sich deutlich absetzt (Abb. 35). In manchen Fallen ist es vielleicht schwer, diese Stelle genau zu bestimmen, da wie im Zelleib auch im Anfangsstück dieses Schaftes wie in den übrigen Dendriten ebenfalls Nissl-Schollen zu sehen sind und die Grenze sich nicht gut abhebt; im allgemeinen ist es aber doch nicht schwer, den Schaft von dem breiteren, wenn auch zugespitzten Ende des Zellkörpers zu trennen. Als Breite der Zelle nehmen wir den stärksten Breitendurchmesser an, welcher sich mit wenigen Ausnahmen an der Basis der Zelle befindet. Wir drücken das Verhältnis der Höhe zur Breite in einem Bruche aus, in dessen Zähler die Höhe, in dessen Nenner die Breite angeführt ist, doch ist damit natürlich kein mathematischer Bruch gemeint, sondern bloß der leichteren Übersicht halber das Verhältnis H/B angeführt. Schwankt die Höhe z. B. zwischen 0.007 und 0.008 mm = 7 µ und 8 µ und die Breite zwischen 3 und 5 µ, so drücken wir das so aus: 7-8 / 3-5 µ.
Zellarten. 47
Wir unterscheiden also der Größe nach folgende sechs Kategorien von Pyramidenzellen (Abb. 34) - eine Einteilung, die natürlich willkürlich ist, jedoch zur allgemeinen Verständigung notwendig ist: a) Pyramidenförmige Körnchenzellen (Abb. 34, 1) von 6-7 / 5 µ Größe; der Spitzenfortsatz ist meist noch 2-3 mal so weit, als die Höhe der Zelle beträgt, im Gewebe gegen die Oberfläche verfolgbar; der Kern nimmt beinahe den ganzen Zellkörper ein; ein Kernkörperchen ist meist nicht zu erkennen; nur ganz selten sind diese Zellen von einer Trabantzelle begleitet; wir nennen diese Pyramidenzellen zum Unterschiede der übrigen: Zwergpyramiden. b) Sog. kleine Pyramidenzellen (Abb. 34, 2) von 10-15 / 7-10 µ Größe, also ungefähr 12/10 µ Durchschnittsgröße; der Kern ist meist nicht rund, sondern oval oder etwas gekrümmt, von 7-8,u Durchmesser, meist licht, und er enthält ein dunkles Kernkörperchen von 1 µ Größe; auch hier ist der Schaft weit ins Gewebe verfolgbar; Trabantzellen kommen nur selten vor, unter vielen Zellen findet sich hier und da eine mit einem einzigen Trabantzellkern, c) Mittlere Pyramidenzellen (Abb. 34, 3) von 20-30 / 10-20 µ Größe, im Durchschnitt also 25/15 µ, der Kern ist deutlich rund, der Basis näher gerückt, 8-10 µ groß und enthält ein deutliches Kernkörperchen von 1.5 µ Größe; gewöhnlich sind diese Zellen von einem Trabantzellkern begleitet, hier und da finden sich auch zwei Trabantzellkerne, d) Große Pyramidenzellen (Abb. 34, 4) von 30-50 / 15-20 µ, im Durchschnitt also 40/18 µ Größe; der Kern ist blasig, 12 µ groß, mit deutlichen Kernkörperchen von 2 µ Durchmesser; regelmäßig finden sich bei jeder Zelle ein bis drei Trabantzellkerne; der Spitzenfortsatz ist oft über 50-80 µ weit ins Gewebe verfolgbar, so daß man, falls man ihn bei der Höhenbestimmung der Zelle mitrechnen würde, auch eine Höhe von 130 µ notieren könnte. An den genannten drei Gattungen von Pyramidenzellen sind bei dem gewöhnlich doch nicht ganz frischen Hirnmaterial des Menschen, welches man zur Untersuchung bekommt, meist keine Nisslschollen, sondern bloß einzelne krümelige Massen zu sehen, auch bei normalen Gehirnen, e) Riesenpyramiden (Abb. 34, 5), ähnlich den vorigen, kaum höher als die größten derselben, jedoch ausgezeichnet durch ein massiveres, protoplasmareiches Aussehen, zahlreichere massivere Fortsätze an der Basis und am Zelleib, zahlreiche auffallend gut tingierte Nissl-Schollen im Zelleib und an den Ansätzen der Dendriten; der Schaft der Zelle setzt sich ganz breit an das obere Ende des Zelleibes an, so daß man eigentlich hier noch schwerer als sonst das obere Ende des Zellkörpers bestimmen kann. f) Betzsche Riesenpyramiden oder Kolossalzellen von 60-120 / 30-60 µ Größe, im Durchschnitt also von 80/50 µ; im großen, protoplasmareichen plumpen Zelleib sind zahlreiche, 4-5 µ große Nissl-Schollen (Tigroide); außerdem sind die Zellen versehen mit einem Kerne von 25 µ Größe, einem Kernkörperchen von 4-6 µ Durchmesser, sie sind gewöhnlich von fünf bis zehn Trabantzellen begleitet. Diese Betzschen Riesenpyramiden kommen nur an bestimmten Stellen des Gehirnes, und zwar in der vorderen Zentralwindung und im Parazentralläppchen vor; wir werden sie noch auf S. 61 gleich näher beschreiben. An der III. Schicht läßt sich nun beobachten, daß die oberflächlichen Pyramidenzellen kleiner sind und der Tiefe zu an Größe im allgemeinen zunehmen (s. Abb. 32). Doch kommen neben großen Pyramidenzellen auch in den tiefsten Lagen der III. Schicht immer noch mittlere und kleine Pyramidenzellen vor. - In der V. Schicht findet eine solche Größenzuahme gegen die Tiefe nicht statt.
Abb. 34. Halbschematische Darstellung verschiedener Formen und Größen der Pyramidenzellen bei ungefähr 200facher Vergrößerung. - 1 Zwergpyramidenzelle, 2 kleine Pyramidenzellen, 3 mittlere Pyramidenzellen, 4 große Pyramidenzellen, 5 Riesenpyramidenzellen, 6 BETZSche sog. Riesenpyramiden oder Kolossalzellen.
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Die Trabantzellen aller dieser Pyramidenzellen weisen bloß einen 3-6 µ großen, runden Kern und eigentlich kein sichtbares Protoplasma auf; nur ganz selten ist ein dünner Saum um diese Kerne zu sehen; die Kerne sind meist rund, homogen dunkel gefärbt oder zeigen ein krümeliges, den ganzen Kern ausfüllendes Chromatin zum Unterschiede von den später zu erwähnenden Körnerzellen, welche zwar oft beinahe die gleiche minimale Größe haben, aber sich vor allem durch den helleren, eine netzförmige Chromatinzeichnung aufweisenden Kern und einen bei den Körnerzellen immer sichtbar vorhandenen, wenn auch kleinen Protoplasmaleib unterscheiden.
Eigentlich ist mit den Maßen der Höhe und Breite die Größe der Zelle als solche nicht vollkommen gegeben. Denn trotz der gleichen Maße an Breite und Höhe kann eine protoplasmareiche, bauchige Zelle ein viel größeres Volumen einnehmen als eine, welche von dem breitesten Durchmesser der Basis gegen die Spitze sich rasch und konstant verschmälert. Doch läßt sich nicht leicht ein anderes Maß für die Zellgröße ohne komplizierte Methodik und Berechnungen einführen. Außer durch die Größe unterscheiden sich untereinander die Pyramidenzellen auch durch die Form, besonders in den verschiedenen Hirnregionen. Wir können schon nach dem bloßen Verhältnis der Höhe zur Breite betreffs der Schlankheit der Pyramidenzellen folgende Arten anführen, wenn wir die Pyramidenzellen in ihrer Projektion im Bilde als gleichschenklige Dreiecke ansehen: a) als überschlanke Pyramidenzellen bezeichnen wir jene (8. Abb. 35, a), bei welchen das Verhältnis der Höhe 1) zur halben Breite H:B/2 = 5:1 ist, also H:B = 5:2; b) als schlanke Pyramidenzellen (Abb. 35, b), bei der die Höhe viermal die halbe Breite ausmacht, also H:B = 4:2; c) mittelschlanke (Abb. 35, c), bei welchen die Höhe dreimal die halbe Basis ausmacht, also H:B = 3:2; dann d) als flach-dreieckige Pyramidenzellen jene, bei welchen die Höhe das Doppelte der halben Basis, also H:B = 2:2 beträgt (Abb. 35, d), und e) plattgedrückte Pyramidenzellen (Abb. 35, e), wo die Höhe gleich der halben Breite ist oder darunter, also H:B = 1:2.
Zellarten. 49
Abb. 35. Schematische Darstellung verschieden schlanker Formen von Pyramidenzellen nach dem Verhältnis der Zellhöhe H zur Zellbreite B. - a überschlanke Py.-Zelle H:B/2 = 5:1; b schlanke Py.-Zelle H:B/2 = 4:1; c mittelschlanke Py.-Zelle H :B/2 = 3:1; d flach-dreieckige Py-Zelle H:B/2 = 2:1; e plattgedrückte Py.-Zelle H:B/2 = 1: 1.
Außer diesen Verschiedenheiten der Größe und der Schlankheit zeigen die Pyramidenzellen auch andere Formänderungen. Im Frontalhirn sind die Pyramidenzellen im allgemeinen am größten, am schönsten und symmetrischsten gebaut, besonders in der vorderen Zentralwindung und den an sie unmittelbar anstoßenden caudalen Partien der drei Frontalwindungen. Hier an den hintersten Abschnitten der Frontalwindungen nehmen sie an Größe sogar im Verhältnis zu denen, welche die Rinde der vorderen Zentralwindung bevölkern, etwas zu; hier sieht man in großer Anzahl die schönsten, schlanken und überschlanken Zellen von beinahe Riesengröße; von hier aus jedoch gegen vorne nimmt sowohl die Größe als auch die Schlankheit der Zellen, d. i. das Verhältnis der Höhe zur Breite stetig ab; mit anderen Worten werden die Zellen frontalwärts schon wieder kleiner und neigen nach und nach mehr der dreieckigen flachen Form zu; schon im mittleren Frontalhirn sind die Zellen sichtlich kleiner, aber noch immer groß und noch immer größer als im übrigen Gehirn, wenigstens was die Hauptmenge der Zellen anbelangt; gegen den Frontalpol jedoch werden die Zellen noch bedeutend kleiner und sogar zum Teil flach-dreieckig, trotz des lang ausgezogenen Spitzenfortsatzes. Hinter der Rolandoschen Furche dagegen sind die Pyramidenzellen im allgemeinen schon viel weniger schön geformt und im Durchschnitt viel kleiner als vor derselben; nur an ganz bestimmten Stellen und vereinzelt kommen noch hier und da große, schlanke, schöngeformte Pyramidenzellen auch im retrozentralen Hirn vor, welche denen des Frontalhirns ähnlich sehen. Schon an der Größe und Form und an der Stellung der Pyramidenzellen allein könnte man also an einem Hirnschnitte ungefähr bestimmen, aus welcher Hirngegend derselbe stammen mag. So große Pyramidenzellen wie im hinteren Frontalhirn findet man im ganzen Gehirn in größerer Menge überhaupt nur noch an der Kuppe der hinteren Zentralwindung. Von hier nimmt die Zellgröße caudalwärts wieder ab. Im oberen Parietallappen sind zwar die Pyramidenzellen noch von guter mittlerer Größe, in Maßen und Form ungefähr wie die im mittleren Frontallappen; im unteren Parietallappen jedoch finden sich überhaupt keine großen Zellen mehr vor, sondern bloß Pyramidenzellen kleinen und mittelgroßen, eher schlanken, schmalen Formats, welche dem Hinterhauptspole zu fortschreitend kleiner und in der Mehrzahl plumper dreieckig werden. Nur noch ganz sporadisch kommen auch in diesen Gebieten große und hier und da sehr große Pyramidenzellen vor; die Hauptanzahl der Pyramidenzellen aber übersteigt kaum mittlere Größen. Eine Ausnahme bilden wieder die zweite und dritte Temporalwindung, in welchen die Pyramidenzellen dieselbe Größe wie im mittleren Frontallappen erreichen können; dem Temporalpol zu nehmen die Pyramidenzellen mehr und mehr eine etwas rundliche Form an, so daß man sie tropfenförmig nennen könnte. Ganz eigenartig in ihrem Aussehen sind die Pyramidenzellen, welche sich in der Gegend des Ammonshorns befinden; diese sind durchweg sehr große, untereinander meist gleichgroße Pyramidenzellen mit äußerst wenig Fortsätzen, glattem, überschlankem, spitzkonischem Zelleib und weithin sichtbarem cephalen Fortsatz. Diese eigenartigen und überschlanken, lanzettförmigen Pyramidenzellen finden wir außer im Ammonshorn auch sonst vielfach in ähnlicher Ausprägung in der unmittelbaren Nachbarschaft des sog. „Riechhirns" vor, so daß man sie als Spezialzellen dieser Gegend betrachten könnte.
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Außer diesen regionalen unterschieden in der Form der Pyramidenzellen läßt sich eine gewisse geringe Änderung der Form auch in jeder Windung für sich beobachten; so sind die Pyramidenzellen meist an der Windungskuppe, und zwar ganz besonders an der Windungskante viel schlanker als in den Wänden und im Windungstal wieder sind die Pyramidenzellen meist viel weniger schlank, oft direkt plattgedrückt. Sehr deutlich läßt sich dieses Verhältnis z. B. besonders an den Betzschen Riesenpyramiden in der Tiefe der Rolandoschen Furche erkennen, wo bei diesen Zellen im Windungstale die Breite der Zelle sogar um ein Bedeutendes deren Höhe übertrifft. Wir haben schon erwähnt, daß die Pyramidenzellen das häufigste Element der Hirnrinde sind; wie wir später noch sehen werden, bilden sie zwei eigene Schichten im ganzen Cortex, nämlich die III. und die V. Schicht. Es gibt jedoch einzelne Hirngegenden, wo auch die Zellen der übrigen Schichten zum großen Teil Pyramidenform annehmen können. Wir haben schon eingangs das Vorkommen von Zwergpyramidenzellen erwähnt; es sind dies eigentlich Körnerzellen, welche die Pyramidenform angenommen haben. Vielfach können auch die Spindelzellen dreieckige oder Pyramidenform in ganz bestimmten Hirngegenden annehmen. Wir sprechen an solchen Stellen von einer Pyramidisierung der ganzen Rinde. Speziell an der vorderen Zentralwindung und den caudalen Partien der Frontalwindungen ist diese Verwandlung der meisten Zellen des Rindenquerschnitts zu Pyramidenzellen zu beobachten; man betrachte sich hierzu im Atlas Tafel I, II und V; aber auch am Temporalpol nehmen die meisten Zellen des ganzen Rindenquerschnitts die für diese Gegend typische tropfenähnliche Pyramidenform an (s. Tafel XCVII).
CAJAL nimmt an, daß alle Pyramidenzellen mit ihrem Schaft bis in die oberflächlichste Rindenschicht reichen (vgl. Abb. 33) und ihren Achsenzylinder in das Windungsmark senden. Auch die kleinsten unter ihnen zeigen dieses Verhältnis deutlich mittels der Silberimprägnationsmethode und für alle Schichten des Rindenquerschnitts.
Zellarten. 51
Wenn man eine große Reihe von Menschenhirnen kennt, gewinnt man den Eindruck, daß die Pyramidenzellen, obschon sie in jedem Gehirn regional die der jeweilig zu betrachtenden Gegend entsprechende Formen haben, doch untereinander von Gehirn zu Gehirn auch differieren, daß also hier nicht unbedeutende individuelle Unterschiede vorkommen. Es gibt Gehirne mit ganz besonders schön geformten großen und schlanken Pyramidenzellen und andere Gehirne wieder, bei welchen die Pyramidenzellen in allen Hirngegenden durchwegs weniger schlanke oder auch weniger große Formen aufweisen.
MEYNERT sieht die Pyramidenzellen als Ursprungszellen der motorischen Bahnen, also als motorische Zellen an. Zum Teil hat er sicher wohl recht, doch führen neuere Erfahrungen dazu, ihnen vielfach auch eine andere Bedeutung zuzuschreiben; wir kommen auf diese Frage im 4. Kapitel (s. S. 184) bei Besprechung der physiologischen Bedeutung der einzelnen Schichten noch zurück. Interessant ist die Begründung, die MEYNERT für ihre motorische Funktion gibt: bei Epileptikern, deren Erkrankung ja in heftigen motorischen Entladungen zum Ausdruck kommt, ist häufig das Ammonshorn erkrankt; dieses besteht aber beinahe ausschließlich aus schönen großen Pyramidenzellen; dies veranlasste MEYNERT, die motorische Natur dieser Zellen in Erwägung zu ziehen.
Die zweite Art der im Großhirn beinahe überall vorkommenden Zellen sind die Spindelzellen. Auch sie spielen eine große Rolle, obschon sie bloß in einer Schicht, der VI. vorkommen (Abb. 32). Sie zeigen auch gewisse regionäre Schwankungen ihrer Form und Größe, doch in unvergleichlich geringerem Ausmaße als die Pyramidenzellen. Es sind, wie der Name schon sagt, spindelförmige Zellen mit längsovalem Zelleib (Abb. 36), dessen Längsachse senkrecht zur Rindenoberfläche gestellt ist und von deren oberen und unteren Spindelende je ein langer Fortsatz ausgeht, der schon mit den Proto-plasmafärbungen viel weiter ins Gewebe verfolgbar ist, als dies im allgemeinen bei den Fortsätzen der Pyramidenzellen der Fall ist. Der zur Oberfläche gerichtete Fortsatz ist der cephale Dendrit, vom unteren entspringt meist noch der Achsenzylinder, falls er nicht aus der Seitenwand der Zelle hervorgeht; außer diesen beiden großengellen vom Zelleib, besonders dem unteren Ende desselben, nur noch wenige (3-6) kleinere Fortsätze ab (Abb. 37). Der Kern liegt ziemlich in der glitte des Körpers, meist etwas gegen die eine Wand verschoben; er ist hell, groß, blasig, längsoval und enthält in seiner Mitte ein meist recht großes Kernkörperchen. Die Spindelzellen unterscheiden sich voneinander meist bloß durch ihre Größe, viel weniger durch ihre Form. Das Verhältnis H/B ist meist bloß 17-25 / 13 µ.
Unter Höhe der Zelle verstehen wir hier den Abstand der beiden Ursprungsstellen des cephalen und des unteren Fortsatzes. Der Kern hat eine Größe von 12/6 µ, ist also selbst oval; das runde Kernkörperchen hat einen Durchmesser von 1.5 µ. Die Zellen sind gewöhnlich von je ein bis zwei Trabantzellkernen begleitet, nur selten sind ihrer drei. Die Spindelzellen sind im großen ganzen im Zellbild lichter gefärbt als die Pyramidenzellen: sie sind also weniger chromatinreich und enthalten im Zelleib weniger gefärbte krümelige Massen; dieselben sind auch nicht zu eigentlichen Nissl-Schollen zusammengeballt, sondern man sieht beim oberen und untereif Abgange des Fortsatzes eine Ansammlung von dunkelgefärbten krümeligen Brocken. Von diesem Aussehen und von der angegebenen Durchschnittsgröße, welche für einen großen Teil der Hirnrinde annähernd die gleiche bleibt, gibt es allerdings einige nicht unansehnliche Abweichungen: so kann ihre Größe auch 30-40 / 15-20 µ betragen oder bis zu 10/7 µ herabsinken. Die Spindelzellen kommen, wie schon gesagt, nicht im ganzen Rindenquerschnitt vor, sondern nur in den tiefsten Rindenlagen nahe der Markgrenze (VI. Schicht), und es kann hier die Regel aufgestellt werden, daß die oberflächlicher gelegenen Zellen im allgemeinen größer sind und daß sie der Tiefe zu ziemlich rasch an Größe abnehmen (s. Abb. 32). Aber auch von dieser Regel gibt es natürlich lokale Abweichungen, so sind in der VI. Schicht der Calcarina-gegend die oberflächlichen Lagen der Spindelzellen kleinzelliger als die tiefsten. Auch sonst zeigen die Spindelzellen ebenso wie die Pyramidenzellen gewisse regionale Änderungen, wenn auch dieselben im allgemeinen bei weitem nicht so auffallend sind wie jene der vorgenannten Zellen. In den Hirnteilen vor der Zentralfurche haben die Spindelzellen meist eine bedeutendere Durchschnittsgröße, von ungefähr 20-30 / 15 µ, als in den hinter der Zentralfurche gelegenen Hirnpartien, in welchen die durchschnittliche Größe bloß 15-20 / 10 µ beträgt. Die größten Spindelzellen, welche Maße von 40/20 µ aufweisen, finden sich am mittleren Temporallappen, im Bereiche der zweiten und dritten Temporalwindung, für welche sie beinahe ebenso charakteristisch sind wie die schönen Pyramidenzellen für den Frontallappen. Am wenigsten schön ausgeprägt sind die Spindelzellen in den caudalen Hirnpartien und man kann sagen, daß sie von der Rolandoschen Furche gegen den Hinterhauptspol zu progredient an Größe sowie auch an Deutlichkeit ihrer Spindelform abnehmen. Außerdem zeigen sie auch einige Verschiedenheit in jeder einzelnen Windung an und für sich, indem sie in der Windungskante (wie auch die Pyramidenzellen) etwas schlanker sind; in der Windungskuppe sind sie meist genau senkrecht zur Oberfläche orientiert und daher parallel zu den in die Rinde einstrahlenden Markbündeln; ebenso sind sie auch in der Windungskante senkrecht zur Oberfläche, d. h. also radiär gestellt; in den Windungswänden dagegen stellen sie sich entsprechend der Biegung der in die Rinde einstrahlenden Markbündel in bogenförmigen Zügen der Tiefe zu progressiv gegen die Oberfläche mehr und mehr geneigt, um im Windungstale selbst zum Teil schließlich ganz horizontal zu liegen. An der Kuppe haben die Zellen meistens die schönste Spindelform, in der Windungskante sind sie meist noch mehr in die Länge gezogen; in den Wänden sind sie zwar noch spindelförmig, vielfach jedoch nicht mehr schlank. Auch der Protoplasmareichtum der Zellen zeigt je nach den Hirnregionen geringe Verschiedenheit; in den mittleren Stirnhirnpartien z. B. erscheinen die Zellen besonders protoplasmareich und der Breitendurchmesser ihres ovalen Zelleibes nimmt im Verhältnis bedeutend zu, so daß die Zellen von der Spindelform, welche sie im hinteren Frontalhirn aufweisen, hier etwas mehr eiförmig im Aussehen sind; im Orbitalteile des Stirnhirns jedoch werden sie wieder im Gegenteil äußerst protoplasmaarm, auffallend schmal und spindelförmig in die Länge gezogen. Von der einfachen bipolaren Form, welche das charakteristische Aussehen dieser Zellen ausmacht, gibt es in allen Rindenregionen vielfache Abweichungen (Abb. 30), so besonders im halbmondförmigen Krümmung oder zur Bildung sog, Doppelspindeln; nicht selten, besonders in den oberen Lagen der Spindel-zellenschicht (die sog. VIa-Schicht), sind die Übergänge zu dreieckigen Formen, welche entweder mit ihrer Basis in der Richtung der Markbündel, also mit ihrer Spitze, in horizontale Richtung weisen oder auch senkrecht zur Oberfläche, so daß sie oft kaum von dreieckigen Pyramidenzellen unterschieden werden können. Für einige Hirnregionen können solche Dreiecks-formen ganz typisch werden, so finden wir sie besonders häufig in den oberen Lagen der VI. Schicht des oberen Parietallappens; in der hinterenZentralwindung ebenso, und zwar sowohl in der vorderen als in der hinteren Wand derselben, nicht aber an ihrer Kuppe, nimmt der größte Teil der Spindelzellen kleine Dreiecksform an. Dasselbe gilt auch zum Teil für den Occipitallappen. In der Rinde, welche die Wände der Calcarina auskleidet, werden die Spindelzellen so klein, daß man auch hier von einer Änderung derselben in Körnerzellen, also auch von einer Verkörnelung sprechen kann. Sie haben hier meist eine Größe von nur 6-10 / 7-10 µ, und MEYNERT hat die Schicht der Spindelzellen in dieser Gegend direkt als dritte Körnerschicht bezeichnet.
Abb. 36. Sechs gewöhnliche Spindelzellenformen, halbschematisch dargestellt. Von links nach rechts zeigt die erste noch Dreiecksform, die zweite und dritte reine Spindelform, die vierte eine dreieckige Spindelform, die fünfte eine Doppelspindelform, die sechste Halbmondform.
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CAJAL hat mit der Silbermethode die Spindelzellen studiert und Abb. 37 gibt diese Bilder derselben wieder. Nach ihm haben die Spindelzellen A ebenfalls zwei lange, radiäre Dendriten, den aufsteigenden, der bis in die oberflächlichste Rindenschicht, d. i. die Molekularschicht, aufsteigt, und den absteigenden Dendriten, der nicht so lang ist, sondern bald als Dendritenbüschel sich im umgebenden Gewebe aufsplittert. Der Achsenzylinder a entspringt nach CAJAL meist aus der Seite der Zelle, oft auch aus dem unteren Dendriten und zieht direkt nach abwärts in die Markmasse der weißen Substanz, Auf seinem Wege dahin gibt er zwei bis drei Kollateralen ab. Die dreieckigen Spindelzellen (Abb. 37, B) haben auch einen bis in die oberste Schicht reichenden radiären oberen Schaft und einen langen absteigenden Schaft, der sich sehr weit in den tiefsten Rindenlagen verzweigt. Auch hier zieht der Achsenzylinder direkt nach abwärts in das Mark. Außer diesen Zellen mit langem Achsenzylinder gehören nach CAJAL zu den von uns als Spindelzellen bezeichneten Elementen der VI. Schicht auch Zellen mit kurzem Achsenzylinder von Stern-, Spindel- oder Dreiecksform auf Abb. 37 als C D E bezeichnet. Dieser Achsenzylinder verzweigt sich in unmittelbarer Nähe der Ursprungszellen E oder in den unmittelbar darüberliegenden Rindenebenen C und D. Wie die Spindelzellen und die Pyramidenzellen den Rindenquerschnitt bevölkern und durch ihre Zelleiber, ihre zahlreichen Dendriten und ihre Achsenzylinder am Aufbaue der Rinde teilnehmen, zeigt am besten die vorerwähnte Abb. 37, die aus CAJALS Werk zusammengestellt ist.
Abb. 37. Spindelzellen der VI. Schicht der Großhirnrinde von CAJAL mittels der Silberimprägnation dargestellt. - A rein spindelförmige Zellen und B dreieckige Spindelzellen, deren Achsenzylinder a ins Windungsmark nach abwärts geht und deren cephaler Schaft bis in die I. Schicht reicht, während der basale Schaft in die Tiefe der VI. Schicht reicht. C, D und E spindel- und sternförmige Zellen der VI. Schicht, deren Achsenzylinder entweder in unmittelbarer Nähe der Zelle oder in der nächst oberen Schicht sich aufsplittern.
54 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Die Spindelzellen kommen hauptsächlich, wie schon gesagt, in der tiefsten Lage der Rinde, in der sog. VI. Schicht, vor (Abb. 32). Doch gibt es einzelne Hirngegenden, in welchen auch viele andere Zellen lang ausgezogene Spindelform annehmen können, so besonders die Zellen der V. Schicht und auch einzelne Pyramidenzellen der III. Schicht, so daß wir in diesem Falle von einer Verspindelung der Zellen sprechen könnten. Besonders ist dies der Fall an der Orbitalfläche des Stirnhirns, an dem sog. Gyrus transversus insulae (in der Area F 3), ferner auf den dem Balken nahegerückten Teilen des vorderen Gyrus limbicus (in der Area LA2 und LA3), worauf wir noch später näher eingehen wollen.
MEYNERT sah die Spindelzellen als Ursprungszellen der Assoziationsbahnen an; auf diese Frage werden wir im 4. Kapitel (s. S. 184) bei Besprechung der physiologischen Bedeutung der Schichten noch zurückkommen. In neuerer Zeit neigt man vielmehr dazu anzunehmen, daß die Zellen der V. und VI. Schicht, also auch die Spindelzellen mit langem Achsenzylinder, Ursprungszellen der Projektionsbahnen sind.
Die dritte Art der mit den Protoplasmafärbungen gut sichtbaren Zellen, welche ebenfalls einen Hauptbestandteil der Zellmasse der Großhirnrinde bildet, sind die Körnerzellen. Es sind dies äußerst kleine Zellen, welche nur selten vereinzelt, meist jedoch zu ziemlich dichten Gruppen, Serien, Zügen, Paketen, Inseln oder Häufchen vereint vorkommen und infolge ihrer großen Zahl und der Dichtigkeit ihrer Gruppierung eine ganz auffallende Art von Hirnelementen bilden. Die einzelnen Zellen können verschiedener Form und in beschränkten Grenzen auch verschiedener Größe sein. Man sieht kugelige, ovale, eiförmige, spindelförmige, auch pyramidenförmige, dreieckige, rhombische, auch polygonale, sternförmige, dann halbmondförmige und kahnförmige Zellen unter ihnen. Sie kommen spärlich verstreut zwar auch über den größten Teil des Rindenquerschnittes verbreitet vor, hauptsächlich jedoch zu zwei deutlichen Schichten geordnet, und zwar zu der zellreichen II. Schicht, welche sich unmittelbar unter der oberflächlichen zellarmen Molekularschicht (I.) als im Querschnitt schmaler dunkler Streifen ausbreitet, und in der IV. Schicht, die sog. Körnerschicht, die unterhalb der Pyramidenschicht (III.) gelegen ist (s. Abb. 32). In der äußeren Körnerschicht, nämlich der II. Schicht, stehen die Körnerzellen großenteils einzeln, nicht gar zu dicht zueinander gedrängt, wohl aber zu kleinen lockeren Gruppen vereint (Abb. 38, A). Hier haben sie auch meist ovale, spindelige oder dreieckige Form, auch Zwergpyramidenform. In der IV. Schicht, der sog. inneren Körnerschicht, kommen diese und alle übrigen vorgenannten Formen vor; hier sind sie auch sogar meist äußerst dicht aneinander gelagert, in den meisten Hirngegenden sogar dicht genug, daß die einzelnen Zellen gegeneinander mit schrägen Flächen abgekantet grenzen (Abb. 38, B). In jenen Teilen des Hirns, wo sie am dichtesten stehen, z. B. gegen den Occipitalpol zu, ist zwischen ihnen oft kaum ein Zwischenraum erkennbar. Die nebenstehende Abb. 38 zeigt die Art und Weise, wie sich diese Zellen zueinander ordnen. Hier sieht man noch zwischen den einzelnen Zellen ganz deutlich einen Zwischenraum. Gemeinsam ist diesen in ihrer äußeren Form recht verschiedenen Körnerelementen ihre Ordnung zu Gruppen von vier bis zwölf Stück, in welchen meist recht verschiedene Zellgrößen und Zellformen miteinander vermengt, gleichsam zu einer Einheit verbunden erscheinen.
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Abb. 38. Körnerzellen sehr verschiedener Form, halb-schematisch dargestellt. - A Gruppe aus der II. Schicht (meist Dreiecks- und Spindelformen, mehr isoliert stehend). B Gruppe aus der IV. Schicht (verschiedene Formen, Zellen gegeneinander meist abgekantet). B' Säulenförmige Gruppe aus der IV. Schicht derTemporalrinde, t Trabantzellen.
Bei den recht verschiedenen Formen und Maßen der Zellen ist ihr Haupterkennungszeichen doch ihre Kleinheit im Verhältnis zu allen übrigen Rindenelementen. Dabei haben sie einen relativ großen Kern, so daß ein zwar deutlicher, aber eher geringer Protoplasmateil, der jedoch irgendeine vom Kern meist verschiedene Form hat, den Best der Zelle ausmacht. Die Größe des Kernes beträgt 3-5 µ im Durchmesser, er ist immer rund oder oval, hat ein netzartiges Chromatingerüst und kein Kern-körperchen. Gerade dadurch unterscheidet er sich von dem Kerne evtl. ähnlicher kleiner Pyramiden- und Spindelzellen. Die Größe des ganzen Zelleibes (s. Abb. 32) schwankt zwischen 4/4, 5/5 µ oder 6/6 µ bei den rundlichen Formen; bei den länglichen zwischen 4/6, 5/8, 7/5 µ, auch sogar 8/11 µ und man findet auch Übergänge bis zur Größe von 15/10 µ, eine Größe, welche schon den Maßen der kleinen Pyramidenzellen entsprechen kann. Man findet nämlich besonders in der äußeren Körnerschicht alle Übergänge zwischen den allerkleinsten kegel- oder pyramidenförmigen Körnerzellen von 5/3 und 7/4 µ, die wir Zwergpyramidenzellen nennen, bis zu den eigentlichen kleinen Pyramidenzellen mit ihrer Durchschnittsgröße von 15/10 µ. Oft läßt bei der Erkennung dieser Zellen das Kriterium des Kernkörperchens als Unterscheidungsmerkmal dieser kleinsten Zellformen bei nicht speziell darauf abgesehener Färbungsmethodik im Stiche; ebenso finden wir alle Übergänge von den kleinen polygonalen und sternförmigen Körnerzellen zu den größeren mit Kernkörperchen versehenen selteneren Zellen dieser Sorten. Die kleinsten Kaliber von 4/5 und 6/6 µ usw. findet man im allgemeinen eher bei den ovalen, runden, eiförmigen und spindelförmigen Zellen, die wir wegen ihres Aussehens und ihrer Kleinheit als eigentliche Körner bezeichnen wollen und die wir häufiger in der II. Schicht finden, die aber auch je nach der Hirngegend in ihrer Anzahl sehr variieren und so z. B. in der oberen Hälfte der inneren Körnerschicht (IV.) des ganzen Parietallappens besonders zahlreich vorkommen. Doch können auch echte Körner größere Maße erreichen, so von 8/8 µ; besonders häufig sind diese größeren Körner in der inneren Körnerschicht des Occipitallappens (Area OB und OC). Die mittleren Kaliber dagegen, von 6-7 / 6-7 µ, haben meist polygonale Sternformen. Dreiecksformen oder rhombische Formen, die größten Kaliber von 8-10-15 / 8-10 µ haben meist Pyramidenform und sind auch, wie oben gesagt, von den eigentlichen Pyramidenzellen manchmal recht schwer zu unterscheiden.
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Nur selten hat eine Körnchenzelle eine Trabantzelle neben sich, gewöhnlich kommen sie ohne begleitende Trabantzellen vor, jedoch finden sich mit ziemlich großer Regelmäßigkeit innerhalb eines größeren Haufens von eicht bis zwölf Körnchenzellen auch zwei bis drei Trabantzellkerne darunter, die sich durch die Kleinheit der Kerne und den vollkommenen Mangel an Protoplasma sowie auch durch die Färbung etwas unterscheiden. Bei Thioninfärbung nehmen die Trabantkerne meist eine etwas grünliche Färbung an.
Die Körnerzellen kommen im größten Teile der Hirnrinde, vor allem in den obengenannten zwei Zellschichten vor. Obwohl die Körnerzellen wegen ihrer Kleinheit und dichter Anordnung numerisch vielleicht absolut genommen zahlreicher als die Pyramidenzellen und besonders als die Spindelzellen sein könnten, so nehmen sie doch gerade infolge ihrer Kleinheit weniger Raum im Rindenquerschnitt in Anspruch. Ihre Verteilung über die Hirnrinde ist auch keine so allgemeine wie die der beiden vorgenannten Zellarten. Während sie in manchen Hirnpartien, besonders in denen um den Occipitalpol herum, in ganz besonders großen Massen zu sehen sind, kommen sie in anderen Hirnteilen, z. B. gegen den Temporalpol oder im mittleren Frontalhirn, in recht schütterer Anordnung vor und können in einzelnen ausgedehnten Rindenteilen, z. B. im hinteren Frontalhirn, sogar ganz fehlen. Abb. 70 und 71, S. 120, geben ein anschauliches Bild über die Dichtigkeit der Verteilung dieser Granula über den ganzen Cortex. Es fällt hier sofort auf, daß die ganzen hinter der Rolandoschen Furche gelegenen Partien des Großhirns die an Körnerzellen reicheren sind. Das Stirnhirn dagegen ist im allgemeinen ärmer an Körnerzellen; seine hinteren Partien unmittelbar vor der Rolandoschen Furche sind so gut wie frei von Körnerzellen und man nennt daher solche Rindenteile agranulären Cortex. Erst gegen den Stirnpol zu werden die Körnerzellen, wie man am Bilde sieht, wieder zahlreicher. Auch der vordere Temporalpol stellt eine besonders körnerarme Rindengegend vor. Man sieht aber schon an diesem Bilde, daß die granuläre, d. h. Körnerzellen führende Rinde bei weitem die agranuläre Rinde übertrifft. Wie wir später noch sehen werden, nennt man die gewöhnliche sechsschichtige Rinde, in welchen auch die beiden Körnerschichten II und IV gut entwickelt zu sehen sind, wie z. B. Abb. 32, welche also granulär ist, da sie den gewöhnlich verbreiteten, gleichartigen Rindenbau darstellt: homotypische Rinde; während die agranuläre Rinde, da in ihr die Körnerschichten fehlen, sie also anders als gewöhnlich gebaut ist, als heterotypische Rinde bezeichnet wird. An dem Bilde sehen wir, daß die agranuläre Rinde den hinteren Teil des Stirnhirns unmittelbar vor der Rolandoschen Furche einnimmt, dann die vordere frontoorbitale und orbitobasale Fläche der Insel (Gyrus transversus insulae). An der medialen Hirnfläche ist auch die hintere Partie des Stirnhirns, und zwar seines subrostralen Abschnittes agranulär, ferner der ganze vordere Teil des Gyrus limbicus. Wenn wir uns erinnern, was wir über die Pyramidenzellen und ihre Entwicklung gesagt haben, sowie über die Rindenstellen, an welchen eine Pyramidisierung und eine Verspindelung der Zellelemente des Cortex zu sehen ist, so fällt es auf, daß gerade die genannten agranulären Stellen zum großen Teile jenen Gebieten entsprechen, in denen die Pyramidenzellen (oder auch zum Teil die Spindelzellen) entweder in ihrer Größe besonders gut entwickelt sind oder das hauptsächlichste Zellelement des Rindenquerschnittes bilden. Es macht den Eindruck, als ob ein gewisser Antagonismus zwischen der guten Entwicklung der Körnerzellen und einer guten Entwicklung der Pyramidenzellen bestände. Allerdings hat auch diese Regel ihre Ausnahme, so z. B. besonders an der Kuppe der hinteren Zentralwindung, wo sowohl die Körnerschichten als auch die Pyramidenzellen ganz besonders gut entwickelt sind, wie man auf Tafel LXIII ohne weiteres sehen kann.
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Eine ganz auffallend gute Entwicklung nehmen die Körnerzellen, wie Abb. 70 und 71 durch die Dichte ihrer Punktierung zeigt, vor allem in der Gegend der Fissura calcarina, ferner in der vorderen Wand der hinteren Zentralwindung und auf den tiefen Querwindungen der ersten Temporalwindung in der Sylvischen Grube (sog. Heschlsche Windungen), dann im retrosplenialen Abschnitte des Lobus limbicus au dessen innerer Wand und außerdem noch im Gyrus hippocampi ebenfalls an dessen innerer, oberer Wand, in der sog. Präsubiculargegend. Das sind Teile der granulären Rinde, wo die Körnerzellen ganz enorm zahlreich sind und in ihren Schichten nicht wie gewöhnlich in einer Anzahl von 80 Zellen per 0.1 mm3, sondern von nahezu 200 und mehr vorkommen. Hier an diesen Stellen büßen auch vielfach die Pyramidenzellen, in einzelnen Teilen sogar auch die Spindelzellen, des Rindenquerschnittes, so sehr an Größe ein, daß man sie infolge ihrer Kleinheit für Körnerzellen halten könnte. Wir sprechen in solchen Fällen von einer Verkörnelung aller zelligen Rindenelemente und nennen diese Hirnstellen, an welchen die Hauptmenge der die Rinde bevölkernden Zellen Körnerzellen sind oder die Größe von Körnerzellen nicht weit übertreffen, zum Unterschiede der übrigen granulären Rinde eine granulose Rinde oder Koniocortex 1), [footnote p 57 1) Als Abkürzung von koniortoden Cortex = Staubrinde.] d. h. Staubrinde, weil die Rinde dieser Stellen bei Betrachtung mit schwachen Vergrößerungen am Zellpräparat ein bestäubtes Aussehen hat infolge der zahllosen allerkleinsten Zellelemente, welche ziemlich gleichmäßig den Rindenquerschnitt bedecken. Auch diese Änderung im Zellaufbau gibt der Rinde an diesen Stellen ein von dem gewöhnlichen homotypischen sechsschichtigen recht verschiedenes Aussehen; auch sie bedingt also eine Heterotypie der Rinde.
Dort, wo die Rinde einfach granulär ist (nicht granulös!), ändert sich das Verhalten der Körnerzellen am Querschnitte einer Windung an Kuppe, Wand und Tal ebenfalls nicht unbedeutend. In den tiefsten Abschnitten der Wände und im Windungstal sind die Körnerzellen immer zahlreicher vorhanden und dichter gelagert, auch wenn ihre Schichten schmäler werden als an der Kuppe der betreffenden Windung. Und sogar in den agranulären Hirnpartien, die wir vorher genannt haben, sind eigentlich bloß die Kuppen und die oberen Teile der Windungswände wirklich ganz oder beinahe körnerlos, während die tieferen Teile der Wände und die Windungstäler meist doch auch ziemlich zahlreich Körnerzellen noch aufweisen!
Daß die verschiedenen Körnchenzellformen meist an allen Stellen der Hirnrinde miteinander vermengt vorzufinden sind, daß aber doch zwischen der äußeren und inneren Körnerlage eine gewisse Sichtung der Formelemente derart erkennbar ist, daß die ovalen Körnerelemente und die pyramidenförmigen und spindelförmigen eher in der äußeren (II.) Körnerschicht, die triangulären, rhomboidalen und polygonalen Formen häufiger in der inneren (IV.) Körnerschicht zu finden sind, haben wir schon vorher erwähnt. Aber auch auf gewisse regionäre Unterschiede der Verteilung der einzelnen Körnerzellformen im Großhirn haben wir aufmerksam gemacht und möchten zu dieser Bemerkung noch hinzufügen, daß die meisten Körnchenzellen des Frontalhirns relativ recht groß sind, eine wenig dichte Anordnung zeigen und meist nur schmale Schichten bilden; ferner haben beinahe alle Körnerzellen des Frontalhirns kleine Pyramiden- oder Dreiecksform; ganz besonders ist dies in den granulären mittleren Partien des Frontalhirns der Fall. Es sind dies Partien des Frontalhirns, welche eigentlich schon den für die caudalen Teile desselben charakteristischen Vorgang der Umformung der meisten Zellen in Pyramidenzellen aufweisen, ein Vorgang, der sich andeutungsweise eben auch schon im mittleren und sogar im vorderen Frontalhirn in dieser Weise anzeigt, daß hier die Körnerzellen wenigstens die Pyramidenform haben, wenn auch ihr Format noch ein recht kleines ist. Erst in der Gegend näher dem Frontalpole kommen dann auch nicht-trianguläre und nichtpyramidenförmige Körnerzellen auch im Frontalhirn häufiger vor. Für den Temporalpol ist es ebenfalls charakteristisch, daß die Körnerzellen dieser Gegend meist kleine Pyramidenform haben und diese Eigenschaft zieht sich auf der zweiten und dritten Temporalwindung ziemlich weit nach rückwärts fort. Im Parietallappen dagegen ist die obere Lage der IV. Schicht und die II. Schicht durch typische runde, kleine Körnerzellen dargestellt, während die tiefe Lage der IV. meist nur aus dreieckigen Zellen besteht. Im Occipitallappen schließlich haben die Körnchenzellen tatsächlich runde und meistens auch relativ große Körnerformen. Auch in den vorgenannten fünf granulösen Hirnrindenpartien, im sog. Koniocortex, herrscht unter den Körnerzellen die richtige runde oder ovale Körnerform bei weitem vor, so daß man also an einem Hirnschnitte auch aus der Form der Körnerzellen einen Schluß auf die Hirngegend, der dieser Schnitt entstammt, ziehen kann.
58 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Abb. 39. Die verschiedenen Arten von Körnerzellen nach CAJAL (Silberimprägnation). - A, B, C, D stern- oder spindelförmige Körner mit aufsteigendem Achsenzylinder. E, F, G kleine spindelförmige Zellen, deren Achsenzylinder sich unmittelbar in einen dünnen, engmaschigen Nervenplexus auflösen. H, J sog. doppelt gebüschelte Zellen.
Aus alledem ersehen wir aber, daß wir unter dem Namen der Körnchenzellen sehr verschieden geformte Elemente vereinen, noch weit mehr, als unter dem Sammelnamen der Pyramidenzellen oder der Spindelzellen dies der Fall war. Die Plasmafärbemethoden, wie z. B. auf Abb. 32, sind natürlich nicht imstande, über die grobe Form des Zelleibes hinaus feinere Aufklärungen über das Verhalten dieser Zellen zu geben. Hier haben die Untersuchungen CAJALs mit GOLGIs Silberimprägnationsmethode Licht gebracht. Betreffs der kleinen und kleinsten pyramidenförmigen Körnerzellen (Zwergpyramiden) meint CAJAL, daß sie sämtlich sowie alle anderen Pyramidenzellen ihren Schaft bis zur oberflächlichen Molekularschicht entsenden und daß von ihrer Basis außer den horizontal ziehenden Basaldendriten auch noch ihr Achsenzylinder entspringt, der stets bis in die weiße Marksubstanz dringt. Auch die sporadisch unter den Körnerzellen vorkommenden größeren, sternförmigen Zellen können nach CAJAL ihren Achsenzylinder ins Mark entsenden. Wir kommen auf dieselben noch auf S. 64 bei Besprechung der Spezialzellen zurück. Die übrigen Körnchenzellen sind nach CAJAL: 1. stern- oder spindelförmige kleine Zellen mit aufsteigendem Achsenzylinder, der gewöhnlich in der gleichen Rindenhöhe in horizontale Kollateralen sich aufsplittert oder evtl. auch in höhere Rindenschichten, auch bis in die erste oberflächliche Molekularschicht gelangt. Auf Abb. 39, welche aus dem Werke CAJALs zusammengestellt ist, sind diese Zellformen mit A B C D bezeichnet. 2. Kleine spinnenförmige Zellen, deren Achsenzylinder sich sofort in einen sehr dünnen und engmaschigen Nervenplexus auflösen (Abb. 39 E F G). 3. Doppelt gebüschelte Zellen (Abb. 39, H J), besonders in der II. Schicht vorkommend; diese haben meist einen elliptischen Zellkörper, der ein aufsteigendes und ein absteigendes Bündel von Dendriten entsendet, welche pinselförmig nach aufwärts und nach abwärts steigen; der Achsenzylinder dieser Zellen entspringt bald oben und bald unten aus dem Zellkörper und spaltet sich nach kurzem Verlauf oder bildet nesterartige Nervengeflechte um die kleinen Pyramidenzellen. Nach diesen Beschreibungen CAJALs sind die von uns als wirkliche Körnerzellen bezeichneten Elemente also größtenteils Zellen mit kurzem Achsenzylinder, und CAJAL betrachtet dieselben auch bloß als intracorticale Assoziationszellen, deren Verzweigungen in ihrer unmittelbaren Umgebung dichte Nervenfasergeflechte bilden.
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Nähere Bemerkungen über das lokal recht verschiedene Verhalten der Körnerschichten werden wir bei Besprechung der inneren und äußeren Körnerschicht auf S. 119 und 142 erwähnen.
MEYNERT sah die Körnerzellen als sensible Zellen an; CAJAL neigt mehr zur Ansicht, daß sie intracorticale Assoziationen besorgen. Andere Autoren halten sie, zum Teil wenigstens für Neuroblasten, die als Reserve für neue Zellbildungen zeitlebens fungieren (vgl. 4. Kapitel, s. S. 184).
Außer diesen drei Hauptformen von Zellen, die beinahe in jeder Rindengegend in großer Menge anzutreffen sind und die den Hauptteil der Zellelemente der Rinde überhaupt ausmachen, müssen wir hier noch eine Art von Zellen erwähnen, welche zwar nirgends in derartiger Menge vorkommen, daß sie bei dem Aufbau der Rinde als Masse eine große Rolle spielen würden, die jedoch regelmäßig, und zwar in der Molekularschicht, vorkommen und das einzige Nervenzellelement dieser zellarmen Schicht sind; sie sind jedoch so klein, daß man sie auf Abb. 32 kaum von den Gliakernen recht unterscheiden kann, als an ihrer dunkleren Tinktion. Wir erwähnen sie hier trotzdem speziell deswegen, weil sie, da die erste Schicht an der ganzen Großhirnrinde überall vorkommt, ebenfalls an jedem Hirnschnitte immer wieder regelmäßig, wenn auch bloß in geringer Zahl, anzutreffen sind; sie bilden also ein nicht numerisch wichtiges, aber trotzdem konstantes Element der Rinde. Bei Färbung mit den Protoplasmafarbstoffen (Methylenblau, Thionin, Toluidinblau usw.) präsentieren sich diese Zellen der Molekularschicht bei sehr starker Vergrößerung: a) als birnförmige oder flach dreieckige Zellen mit ziemlich reichlichem Protoplasma und einem davon deutlich zu unterscheidenden Kern - diese Zellen kommen in der allerobersten Lage der Molekularschicht vor und werden als Retziussche Zellen bezeichnet; sie haben eine Größe von 10/6 µ, ihr Kern einen Durchmesser von 4 µ; b) als sternförmige, spindelförmige, mit ihrer Längsachse meist zur Oberfläche parallel gestellte Zellen, also horizontal gelagerte Zellen, die hauptsächlich in den tieferen Lagen der Molekularschicht vorkommen, von 6-10 / 4-6 µ Größe, einem ovalen Kern von 3-4 µ - es sind dies die sog. Cajalschen Zellen; und c) als kleinere polygonale Zellen von 4-6 / 3-6 µ Größe, recht protoplasmaarm, so daß der Kern von 3-5 µ beinahe den ganzen Zellkörper ausfüllt. Nur wenige Zellelemente der drei genannten Zellarten haben hier und da eine Trabantzelle. Die Ausbreitung der Dendriten und Achsenzylinder dieser Zellen ist nur mittels der Silberimprägnationsmethode (und Ehrlichschen Methylenblaufärbung) zu studieren; doch ist es schwer, die durch diese Inkrustationsmethoden gefundenen Zellbilder mit den genannten drei Zellarten, die wir bei der gewöhnlichen Protoplasmafärbung erhalten und bei der wir keine weiten Fortsätze seilen, genau zu identifizieren. Auf unseren bei 100facher Vergrößerung aufgenommenen photographischen Tafeln sieht man von diesen Zellen nur hier und da einen kleinen dreieckigen, höchstens 0.5 - 1 mm großen Fleck, da die Vergrößerung noch zu schwach ist, um ihre Formen zur Anschauung zu bringen. Immerhin scheint aber so viel mit Sicherheit gesagt werden zu können, daß die Achsenzylinder und zum größten Teile auch die Dendriten aller dieser Zellen in der Molekularschicht sich ausbreiten und enden, ohne aus der ersten Schicht (Molekularschicht) herauszutreten. Nach den folgenden Befunden der Imprägnationsmethode lassen sich nun in der ersten Schicht (I.) Zellen unterscheiden (Abb. 40): α) Zellen mit kurzem Achsenzylinder, der sich in nicht zu großer Entfernung der Zelle horizontal oder senkrecht ziehend in Kollateralen auflöst. Die Dendriten dieser Zellen verteilen sich ebenfalls astförmig in der Nähe des Zelleibes. Diese Zellen, die wir auf der dem Cajalschen Buche entnommenen Abb. 40 mit den Buchstaben A, B, C bezeichnet sehen, sind meist klein oder mittelgroß und entsprechen größtenteils den von uns bei der Einteilung am gewöhnlichen Nissl-Präparat unter c) angeführten Polygonalzellen. ß) Typischer als diese sind die Zellen mit langem Achsenzylinder; sie bilden die sog. Spezialzellen der Molekularschicht; ihr Achsenzylinder besteht aus einer starken Faser, die bei den spindelförmigen oder dreieckigen Zellen dieser Art aus einem der Pole der Zellen entspringt, bei den birnförmigen, meist randständigen Zellen (Abb. 40, D, E) dieser Gruppe den absteigenden Schaft derselben bildet, der zuerst auf kurze Strecke nach abwärts zieht, dann rechtwinklig umbiegt, innerhalb der I. Schicht auf weite Strecken horizontal verläuft und über ganz bedeutende Langen von mehr als 4 mm in der I. Schicht weit verfolgbar bleibt. Auf diesem langen Wege entsendet der Achsenzylinder zahlreiche Kollateralen, behält dabei jedoch immer eine ansehnliche Dicke. Diese Achsenzylinder sind von Mark umhüllt und bilden die bei Markscheidenfärbung so auffallende Lage der Tangentialfasern. γ) Auch aus den in der Tiefe der I. Schicht liegenden Horizontalzellen (Abb. 40, F) entspringen nach CAJAL ähnliche dicke, horizontal ziehende, markhaltige Tangentialfasern, welche die mittlere Lage der Tangentialfasern der I. Schicht bilden oder aber als dicke Fasern des Bechterewschen Streifens unter die II. Schicht gelangen. Außer diesen weit hinziehenden Achsenzylindern senden diese beiden Formen von Spezialzellen der I. Schicht, welche CAJAL auch Horizontalzellen genannt hat, auch noch Dendriten in die Molekularschicht aus, und zwar entweder kurze, welche unmittelbar aus dem Zellkörper entspringen oder lange, ebenfalls tangential in der I. Schicht verlaufende, die bei bipolaren Zellen aus der einen Spitze des Körpers entspringen und nach weitläufigen Verzweigungen in den verschiedenen Ebenen der Molekularschicht vorzugsweise in den oberflächlichsten Lagen derselben frei endigen. Diese langen dendritischen nackten Fasern sowohl als auch die horizontal ziehenden markhaltigen Achsenzylinder verlaufen zwar waagerecht in verschiedenen Direktionen, bleiben jedoch, wie gesagt, immer innerhalb der I. Schicht. Im allgemeinen bevorzugen sie einen der Richtung der Windung senkrechten Verlauf, so ziehen z. B. in der vorderen Zentralwindung die meisten derselben quer von vorn nach hinten. Diese horizontalen Spezialzellen bilden ein System äußerer Assoziationselemente, nicht nur zwischen den verschiedenen Zonen ein und derselben Windung, sondern auch zwischen benachbarten Windungen. Auch CAJAL unterscheidet bei diesen Spezialzellen einen monopolaren oder Randtypus, der unseren obengenannten birnförmigen randständigen Zellen D, E und auch den birnförmigen Zellen a des Nissl-Bildes entspricht, ferner einem bipolaren, stern- oder spindelförmigen Typus, der unserem Typus b des Nissl-Bildes entsprechen dürfte. Die ersteren hat, wie gesagt, zuerst RETZIUS dargestellt, die letzteren CAJAL, und nach diesen Autoren führen diese beiden Zellarten der I. Schicht ihre Namen. Diese verschiedenen Zellsorten sind in verschiedenen Teilen des Gehirns verschieden häufig. In einzelnen Hirnregionen sieht man Horizontalzellen im Gehirn des Erwachsenen mittels der Nissl-Methode wenigstens nur ganz selten, während birnförmige und dreieckige häufiger sind; an anderen Stellen sind die Verhältnisse wieder umgekehrt: hier wären wohl Spezialstudien zur näheren Klärung nötig.
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Abb. 40. Cajalsche Zellen der Molekularschicht nach CAJAL (Silberimprägnation), - A, B, C Zellen mit kurzem Achsenzylinder (im Nissl-Bilde als polygonale Zellen erscheinend). D, E monopolarer Randtypus (Retziussche Zellen) mit vorerst senkrecht absteigendem Schaft und davon horizontal abgehendem markhaltigen Achsenzylinder, der zur Tangentialfaser wird (im Nissl-Bilde als randstandige birnförmige Zelle erscheinend). F sog. Horizontalzellen (eigentliche Cajalsche Zellen) mit bipolarem spindelförmigen Zelleib und horizontal verlaufendem, sehr langem markhaltigen Achsenzylinder, der zur Tangentialfaser wird, und ebenfalls sehr langem, horizontal verlaufendem Dendriten (im Nissl-Bilde als spindelförmige Horizontalzelle erscheinend).
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Die eben besprochenen Zellen der I. Schicht sind zwar von großem Interesse, besonders für das Verständnis des Ursprungs der Tangentialfasern; sie kommen aber, wie gesagt, nur in der I. Schicht vor, sind also gewissermaßen, wie CAJAL sich selbst ausgedrückt hat, Spezialzellen, und zwar einer besonderen Schicht. Dies führt uns zur Besprechung jener Spezialzellen, welche im übrigen Cortex nicht allgemein vorhanden sind, sondern immer bloß für eine ganz spezielle Hirngegend typisch sind.
Als Spezialzellen bezeichnen wir jene Zellformen, welche für ganz bestimmte Hirngegenden typisch sind und eine für diese bestimmten Hirnregionen spezifische Form haben. Es gibt ihrer recht viele, die wir später im Laufe der Beschreibung der einzelnen Zellarten noch anführen werden; wir wollen hier bloß einzelne auffallendere Formen anführen, welche größtenteils schon allgemein bekannt sind; hierzu gehören die Betzschen Riesenzellen der vorderen Zentralwindung und des Parazentralläppchens, dann die Meynertschen Riesensternzellen der Calcarinarinde, sowie seine Riesenpyramidenzellen der V. Schicht der Calcarinarinde (Solitärzellen), dann CAJALs spezifische Zellen der Hörrinde, ferner die Quastenzellen der Riechrinde und schließlich noch unsere Stab- und Korkzieherzellen, die wir im Gyrus limbicus anterior und Gyrus transversus insulae regelmäßig gefunden haben.
1. Die Betzschen Riesenpyramiden, sog. Kolossalzellen (Abb. 34) sind die voluminösesten Zellen der ganzen Hirnrinde. An Tafel I-IV sind sie ohne weiteres in der V. Schicht an ihrer Größe und dunklen Färbung zu erkennen. Nach BETZ' Angabe erreichen sie eine Höhe von 0.12 mm bei einer Breite von 0.06 mm, d. h. 120/60 µ.
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Sie haben also ungefähr dieselben Maße wie die großen Vorderhornzellen des Lumbalmarkes; sie gehören also jedenfalls zu den allergrößten Zellen des ganzen menschlichen Zentralnervensystems und fallen in der Hirnrinde um so mehr auf, als die meisten übrigen Zellen desselben, sogar die großen Pyramidenzellen, im Verhältnis zu den Zellen des übrigen Zentralnervensystems, z. B. den motorischen Zellen im Rückenmark und in der Oblongata relativ klein sind. Die Betzschen Riesenzellen sind in ihren Dimensionen kolossal vergrößerte Pyramidenzellen von 60-120 / 40-80 µ Größe, die bei dieser Hypertrophie zum Teil wenigstens ihre typische schlanke Gestalt eingebüsst haben; man findet unter ihnen häufig auffallend plumpe und breite Zellformen, die mit ihren vielen wurzelförmigen und knorrigen Dendriten im Vergleich zu den schlanken Zellen der Nachbarschaft ein direkt monströses Aussehen haben. Ihr oberer Schaft entwickelt sich nicht als feine, allmähliche Verschmälerung der Zelle nach oben wie bei den übrigen Pyramidenzellen, sondern er zeigt meist einen weithalsigen Ansatz an das obere Ende der Zelle, von dem gewöhnlich auch noch der eine oder andere seitliche Dendrit schief nach oben abgeht, so daß das Bild etwas baumartig Knorriges an sich hat. Wegen dieses breiten, protoplasmareichen Ansatzes, in welchem sich zahlreiche Nissl-Schollen finden, welche den Schaft auch weiter oben noch ausfüllen, ist es recht schwer anzugeben, bis zu welcher Höhe der eigentliche Zelleib reicht; und man kann je nach der Art der Messung leicht auch eine Zellhöhe von 160 µ messen. Auch die übrigen Zelldendriten, sowohl die recht zahlreich von der Basis ausgehenden, sowie auch die wenigen, welche direkt vom Zelleib aus sich verzweigen, besitzen einen ganz plumpen Ansatz, der manchmal sogar einen nicht geringen Teil des ganzen Zelleibes selbst ausmacht (Abb. 34, Zelle 6). Der obere Schaft ist von seinem Ansatze aus noch auf sehr weite Strecken gegen die Oberfläche hin gut gefärbt und manchmal bis zu 100 µ weit verfolgbar. Nach CAJALs angabe zieht er aus der V. Schicht, in welcher die Betzschen Riesenzellen meist liegen, bis an die Rindenoberfläche, d. h. bis in die Molekularschicht, in der er sich büschelförmig aufsplittert und seine Endäste in horizontaler Linie weiter ziehen. Auf seinem Wege zur Oberfläche gibt der Schaft viele horizontal verlaufende Seitenäste ab. Ebenso verlaufen die Dendriten aus dem Zelleibe meist horizontal und splittern sich in der gleichen Rindenhöhe, in welcher die Riesenzellen vorkommen, auf, während die Basaldendriten meist schief nach abwärts ziehen. Der Achsenzylinder entspringt von der Basis der Zelle und verläuft unter Abgabe einzelner horizontaler Kollateralen ins Windungsmark nach abwärts. Der große protoplasmareiche voluminöse Zelleib enthält einen großen kugelförmigen oder ovalen blasigen ungefärbten Kern, von ungefähr 25 µ Durchmesser mit einer deutlich gefärbten Kernmembran und einem leuchtend dunkel gefärbten runden Kernkörperchen mitten im Kern von 4- 7 µ Durchmesser. Der Kern ist nicht gegen die Basis gerückt, wie sonst meistens bei den Pyramidenzellen, sondern gewöhnlich etwas mehr gegen die Mitte. Der Zelleib färbt sich äußerst dunkel, wodurch die Zellen in ihrer Umgebung speziell bei ihren großen Dimensionen ganz besonders auffallen und sogar schon mit freiem Auge am gefärbten Präparat als blaue Punkte sichtbar sind. Mit der NISSLschen Färbung sind im Zelleib stets 4-6 µ große Tigroidschollen zu sehen, die sich aber auch sonst mit allen Protoplasmafarbstoffen und auch mit anderen Farbstoffen leicht gut färben, und zwar auch an solchen Präparaten, wo in den übrigen Zellen aus Gründen der Tinktion oder der Vorbehandlung keine Nissl-Schollen sich differenzieren lassen; man kann auch jene kleinsten Riesenzellen unter ihnen, welche evtl. nicht viel größer sind als die übrigen großen Pyramidenzellen oder auch nur Anschnitte von Riesenzellen, leicht gerade an diesen schönen Nissl-Schollen erkennen.
Zellarten. 63
Bei Erwachsenen enthält der Zelleib auch eine große, blasenförmige Ansammlung von Lipoidschollen meist nahe der Basis der Zelle etwas seitlich unterhalb des Kernes. Die Anzahl der starken Dendriten einer Betzschen Riesenzelle dürfte ca. 20 betragen. Zwischen den Dendritenursprüngen sowohl an der Basis der Zelle als sonst auch sitzen gewöhnlich 1-2 Trabantzellen. Jede Betzsche Riesenzelle weist auf einem Hirnschnitte, der ja meist nur einen Teil der Zelle trifft, ungefähr ein halbes Dutzend solcher Trabantzellen auf, während die ganze Zelle wohl mindestens von der doppelten Anzahl von Trabantzellen im normalen Hirn begleitet sein dürfte; auch längs der großen Dendriten, besonders an den Abgangsstellen kleinerer Zweige derselben, sind dieselben sogar noch weit im Gewebe zu finden. Nähere Details über die Verteilung der Betzschen Riesenpyramiden, über die Art ihres Vorkommens in kleineren Gruppen von 3-5 oder in Zeilen von 5-8 Stück und über ihre Häufigkeit und Bedeutung wollen wir im speziellen Teil bei der Besprechung der motorischen Area (FAγ) auf S. 275 geben. Hier sei nur noch so viel gesagt, daß sie besonders auf der vorderen Zentralwindung in deren hinterem und oberem Teil, und am zahlreichsten sogar im Parazentralläppchen vorkommen, aber auch in den oberen Partien der hinteren Zentralwindung, wenn auch hier in etwas kleinerem Formate, zu finden sind. Sie werden für das spezifische Element der motorischen Rinde angesehen und kommen an den entsprechenden Stellen auch bei den Tieren (z. B. um den Sulcus cruciatus) vor. Im allgemeinen läßt sich zwischen ihrer Größe und der Körpergröße des Tieres keine direkte Beziehung finden, wie aus folgender Tabelle ihrer Größenmaße hervorgeht, welche BRODMANN aufgestellt hat.
Mensch ..... | 106:53 µ |
Bär ...... | 100:53 µ |
Affe ...... | 72:40 µ |
Wickelbär ... | 110:50 µ |
Halbaffe .... | 80:44 µ |
Löwe ..... | 133:60 µ |
Lemur ..... | 70:30 µ |
Tiger...... | 100:60 µ |
Kaninchen ... | 40:18 µ |
Fliegender Hund | 36:16 µ |
Elefant..... | 60:35 µ |
Diese Zahlen entsprechen annähernd schon maximalen Größen; denn wir finden beim Menschen zahlreiche Riesenpyramiden, welche bloß 60/40 µ aufweisen oder auch 55/30 µ und darunter, die sich also kaum mehr durch ihre Maße, sondern bloß durch ihre plumpe Form und ihre sonstigen Attribute von den großen Pyramidenzellen gewöhnlicher Art unterscheiden. Wir sprechen aber solche Zellen trotzdem als Riesenzellen an, wenn sie durch ihre unmittelbare Lage zu den anderen kolossalen Betzschen Zellen und durch ihre übrigen Merkmale sich als zu ihnen gehörig erweisen, d. h. wenn sie ein plumpes, protoplasmareiches, knorriges Aussehen haben, ihre Tigroidschollen auffallend gut gefärbt sind und ihr blasiger großer Kern und sein helleuchtendes Kernkörperchen sie charakterisiert.
Ähnliche Zellen kleineren Kalibers von 30-50 / 20-30 µ Größe mit den eben genannten charakteristischen Zeichen der Riesenzellen kommen aber auch außerhalb der Zentralwindung, und der motorischen Zone überhaupt, an einzelnen Stellen des Gehirns vor; so z.B. die eingangs erwähnten Meynertschen Solitärzellen in der V. Schicht der Calcarinarinde, wie man auf Tafel LXXXVI (auf der Höhe der Kuppe) sieht; ferner auch in der V. Schicht der Übergangswindung, die vom oberen Parietalläppchen um die Encoche der Parietooccipitalfurche an der Mantelkante zum Occipitallappen herüberführt (Tafel LXXI und 10. Kapitel B, I, §5, PEγ). Aber vereinzelt kommen auch Riesenzellen mit schönen Nissl-Schollen auch in III. Schicht gewisser Gegenden vor, so z.B., wenn auch nicht regelmäßig, in der unteren Lage der III. Schicht der Pars triangularis der 3. Frontalwindung (Tafel XIV, Höhe 23 cm, Breite 16 cm), ferner am Rande vor der Calcarinaformation in der III. Schicht (Tafel LXXXV, Höhe 30 cm, Breite 13 cm) und auf den Heschlschen Windungen. Diese Zellen alle sind zwar keine Betzschen Riesenzellen, d. h. keine Kolossalzellen, man bezeichnet sie jedoch fälschlich meist auch als Riesenzellen, obwohl sie sogar manchmal kleiner sind als die bloß als ganz große Pyramidenzellen genannten Zollen, welche in anderen Gegenden regelmäßig (z. B. auf dem Fuße aller drei Frontalwindungen, besonders auf dem der 3. Frontalwindung) vorkommen, weil sie, wie gesagt, einzelne der vorher genannten sonstigen Hauptcharakteristika der Riesenzellen, z. B. deren relativ starke Färbbarkeit ihrer Tigroide, deren Kernform und deren plumpes Aussehen haben, oder auch bloß weil sie in der Umgebung der meist viel kleineren übrigen Zellen jener Gegenden, in welchen sie vorkommen, als besonders groß ausfallen.
64 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Abb. 41. MEYNERTs Riesensternzellen der Sehrinde (Area striata der Calcarina OC) in der Schicht IVb, d. h. in der Höhe des Gennarischen Streifens; nach CAJAL. (Silberimprägnation). - a Achsenzylinder der Riesensternzellen geht senkrecht ins Windungsmark; b kleine Sternzelle, deren Achsenzylinder sich in der unmittelbaren Umgebung auflöst.
2. Die zweite Art spezifischer Zellen, die wir besprechen wollen, gehört ebenfalls ihrer Größe nach zu den Riesenzellen, es sind die Meynertschen Riesensternzellen der Calcarinarinde (11. Kapitel; 3, §4, IVb). Während die eben vorher sub 1 genannten Meynertschen Solitärzellen der V. Schicht der Calcarina Riesenpyramidenzellen vorstellen, kommen die Riesensternzellen MEYNERTs oberhalb davon in den mittleren Partien der IV. Schicht dieser Gegend vor; es sind protoplasmareiche, große, halbmondförmige, dreieckige oder sternförmige Gebilde, wie man auf den Tafeln LXXXV bis LXXXVII in der Schicht IVb sieht. Sternförmig erscheinen sie eigentlich erst an Schnitten, welche horizontal, d. h. parallel zur Oberfläche durch die Rinde geführt werden, weil sie sich in diesen horizontalen Ebenen mit ihren breiten Dendriten sternförmig verzweigen. An senkrechten Schnitten erscheinen sie in ihrem vertikalen Durchmesser meist sogar recht schmal und abgeplattet, während ihre Längsachse horizontal gestellt ist. Ihre Höhe beträgt hier selten mehr als 18- 25 µ, ihre Breite dagegen 26- 40 µ und auch 50 µ, sie enthalten große Tigroide, einen deutlichen blasigen, länglichovalen, etwas platten Kern und ein Kernkörperchen und geben stärkere, stets horizontal gerichtete Dendriten ab. Im Silberpräparat (s. Abb. 41) sieht man aus der flachen sternförmigen Zelle die kräftigsten Dendriten horizontal verlaufen und weit im Gewebe der gleichen Höhe sich verzweigen. Auch wenn ein Dendrit zufällig aufsteigt, gelangt er doch nie wie jene der Pyramidenzellen bis zur Oberfläche, sondern steigt nicht über die unteren Schichten hinaus. Aus der unteren Seite des Zellkörpers entspringt der dicke Achsenzylinder a, oft jedoch entspringt er auch aus dem Anfangsteile eines dicken Dendriten und zieht in gerader Linie nach abwärts ins Windungsmark. Diese Riesensternzellen sind ganz spezifisch für die Calcarinarinde und wurden von CAJAL sogar als für den Sehakt (!) spezifische Elemente bezeichnet, worüber wir Näheres bei der Besprechung der Areae des Occipitallappens (11. Kapitel, 3, §7) berichten wollen.
Zellarten. 65
3. CAJAL hat mit der Silberimprägnationsmethode auch für die Rinde des Temporallappens spezifische sog. akustische Zellen beschrieben, welche jedoch mit den bloßen Protoplasmafärbemethoden von den Pyramidenzellen dieser Gegend nicht kenntlich sind, da ihr Aussehen, wenigstens was den Zelleib anbelangt, nicht genügend von den übrigen Zellen sich unterscheidet. Wir wollen jedoch trotzdem der Vollständigkeit halber hier auch diese Zellen anführen. Abb. 42 gibt ihr Aussehen nach CAJALs Untersuchungen wieder. Nach diesem Autor sollen außer den gewöhnlichen Pyramidenzellen, Spindelzellen und Körnchenzellen in der ersten und zweiten Temporalwindung in allen Schichten, mit Ausnahme der Molekularschicht, besonders aber in den tiefsten Hirnschichten spindelförmige oder dreieckige Zellen vorkommen, von 60-40 / 30 µ Größe, deren Zelleib ziemlich zart ist, nur wenig Chromatin enthält und deren sehr zahlreiche feinste, baumartig verzweigte, weithin ausladende Fortsätze in auf-und absteigender und horizontaler Richtung das ganze Gewebe mit einem dünnen Faserfilz durchsetzen; das Gebiet einer solchen Zelle mit ihren Verzweigungen soll mehr als 1 mm3 einnehmen; der Achsenzylinder ist auffallend stark, geht aus der tiefen Kante des Körpers hervor und zieht über weite Strecken schräg, beinahe horizontal nach abwärts, jedoch ohne sichtbare Tendenz, in die Marksubstanz zu geraten; er ist über mehrere Millimeter innerhalb der grauen Rinde zu verfolgen, gibt vielfach Kollateralen auf diesem Wege ab; CAJAL ist nicht imstande gewesen, das Ende dieses Achsenzylinders zu finden, er glaubt aber, daß derselbe schließlich doch ins weiße Mark gelangt. Er hält diese Zellen für ebenso spezifisch für die Hörrinde wie die Riesensternzellen für die Sehrinde und bezeichnet sie infolgedessen direkt als akustische Zellen. Im Nissl-Bilde fallen sie, wie gesagt, nicht weiter auf, nur beim Kinde behauptet CAJAL sie auch im Nissl-Bilde erkennen zu können.
4. Sowenig als diese eben genannten Zellen in ihren spezifischen Besonderheiten mit der Nissl-Methode erkennbar sind, ebensowenig gelingt dies auch mit jener von KÖLLIKER und von CALALLEJA entdeckten recht typischen Abart von Pyramidenzellen, die in der Sphenoidalrinde, d. h, in den vorderen, ventralen Rindenpartien des Hippocampus und des Uncus sowie im Gyrus olfactorius anterior vorkommen.
Abb. 42. Zwei sog. Cajalsche Hörzellen aus den tiefen Rindenschichten des Temporalhirns, a horizontal verlaufende Achsenzylinder derselben (nach CAJAL; Silberimprägnation).
66 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Diese spezifischen Zellen nennen ihre Entdecker Quastenzellen, weil ihre Basaldendriten, wie an der aus CAJALs Buch stammenden Abb. 43 zu sehen ist, zu einem absteigenden Pinsel vereinigt sind, der der Zelle ein ganz eigentümliches, eben quastenartiges Aussehen verleiht; die Basalquaste b bestellt aus einer Unzahl von varikösen, gekräuselten, stacheligen, aufs feinste miteinander verwickelten Fäden; diese Zellen sind für die Sphenoidalrinde derart charakteristisch, daß man an ihnen allein schon am Silberbild diese Hirngegend erkennen kann. Der Zelleib selbst kann dabei dreieckig (Abb. 43, A B) oder spindelförmig sein (Abb. 43, C D). Die Zellen sind groß und mittelgroß. Der Achsenzylinder a entspringt bei den pyramidenförmigen Quastenzellen aus dem Basalteil des Zellkörpers, bei den selteneren spindelförmigen aus der Seite derselben; er zieht nach abwärts und spaltet sich in zwei Aste, deren einer in die weiße Substanz, und zwar in die subventrikuläre Schicht derselben zieht, während der andere im Cortex horizontal verlaufend in der grauen Substanz desselben verbleibt und entweder eine intracorticale Assoziationsbahn darstellt oder vielleicht an der Bildung der vorderen Commissur teilnimmt.
Außer diesen spezifischen Zellen dieser Riechhirngegend enthält aber das Riechhirn an anderen Stellen auch noch andere Zellen, die wir in den übrigen Hirngegenden ebenfalls nicht wiederfinden, die also auch für das Riechhirn spezifisch sind; da dieselben jedoch weniger auffallend sind, wollen wir sie bei der Besprechung der Areae später im speziellen Teile jeweilig anführen; zu denselben gehören u. a. auch jene überschlanken, spitzkonischen Pyramidenzellen mit glattem Zelleib der Ammonsrinde und sonst auch des Rindensaumes am Gyrus intralimbicus, deren wir bei Besprechung der Pyramidenzellen kurz schon Erwähnung getan haben (S. 50).
Abb. 43. Quastenzellen der Sphenoidalrinde (Uncus) nach CAJAL (Silberimprägnation). - A große und B mittelgroße pyramidenförmige Quastenzellen; C große und D mittelgroße spindelförmige Quastenzellen; a Achsenzylinder, meist von der Zellbasis entspringend, selten, wie bei D, von der Seite der Zelle; b Basalquaste von Dendriten; c Schaft oder cephaler Dendrit: d basaler Schaft der Spindelzellen.
Abb. 44. Unsere Stäbchen- und Korkzieherzellen des vorderen Gyrus limbicus und Gyrus transversus insulae.
Zellarten. 67
5. Wir wollen nur noch eine spezifische Zellart hier besonders hervorheben, das sind die von uns als Stäbchen- und Korkzieherzellen genannten Gebilde, welche, soweit wir die Literatur übersehen, bisher noch nicht beschrieben worden sind (Abb. 44). Dieselben kommen nur an der Kuppe und den Windungskanten sowie an der Innenwand des frontalen Teiles des Gyrus limbicus vor, ferner in jener hinteren Übergangswindung des Orbitalteiles des Frontalhirns, welche zur vorderen frontoorbitalen Insel zieht, im sog. Gyrus transversus insulae, und den in diesen sich auflösenden Gyri breves accessorii (anteriores) insulae. Es handelt sich dabei um auffallend lang ausgezogene, ganz schmale spindelförmige, nur selten dreieckige Zellen mit eigentümlich langem, dünnem, stabförmigem Zelleib von oft ungleichmäßiger Breite, so daß er vielfach anscheinend kleine, perlförmige Auftreibungen aufweist; dabei bleibt er entweder gerade gestreckt und schlank, oder er ist andere Male etwas gekrümmt, evtl. auch gewunden, wieder in anderen Fällen sogar schraubenartig oder korkzieherförmig gedreht. Von dem Zelleib gehen seitlich keine Fortsätze ab, außer an dem oberen und unteren spitzen Ende der Zelle. Diese stachelartig aussehenden Endfortsätze sind manchmal auch gespalten; sie lassen sich stets ziemlich weit in das Gewebe nach auf- und abwärts verfolgen. Der Zelleib ist immer auffallend dunkel tingiert und zeigt weder eine Körnelung noch eine andere Protoplasmastruktur; die Höhe beträgt 60-80 µ, auch bis zu 100 µ, die Breite bloß meist 7-10 µ, also derart schmal, daß viele dieser Zellen direkt strichförmig aussehen. Die Fortsätze sind selbst über 30 und 60 µ und weiter noch verfolgbar, so daß die ganze sichtbare Länge bis über 160 µ betragen kann. Dabei ist nur selten ein Kern zu sehen, wo derselbe als lichter Fleck im dunkel tingierten Zellkörper auftritt, scheint er klein und rund zu sein. Die Längsachse dieser oft schraubenförmig gewundenen, oft strichartigen Zellen ist stets radiär, d. h. senkrecht zur Oberfläche gestellt (vgl. Tafel XLII, H 30.5 cm / B 16.5 cm und XLVI, H 11.5 cm / B 8 cm) Wir haben diese Gebilde bloß in. den genannten beiden Hirnwindungen und hier hauptsächlich in der V. Schicht, nur vereinzelt auch in der III. und der VI. Schicht gefunden und neigten ursprünglich dazu, diese Zellen, welche gewissen bekannten pathologischen Formen ähneln, wie wir sie besonders im senilen Gehirn, aber auch bei progressiver Paralyse manchmal finden, für pathologische Gebilde zu halten. Die Regelmäßigkeit ihres Vorkommens jedoch an allen ganz gesunden Gehirnen und speziell immer bloß an den genannten Stellen zeigt, daß es sich dabei nicht um direkt pathologische Gebilde handeln kann, sondern um spezifische abnorme Zellformen dieser Hirngegend. Die Überlegung, daß es sich aber bei eben diesen Hirngegenden um Hirnpartien handelt, welche MEYNERT zum Teil mit einer gewissen Berechtigung als Defektrinde bezeichnet, oder die an diese „Defektrinde" grenzen, und daß es sich auch speziell um Hirnteile handelt, welche im Tierreich gewöhnlich eine bessere Ausbildung, im Menschenhirn jedoch gewissermaßen eine Rückbildung erfahren haben, legt den Gedanken nahe, es könnten dies vielleicht Verkümmerungsbildungen von Pyramidenzellen der V. Schicht sein. Diese Vermutung wird gestützt durch die mangelhafte Entwicklung des Kernes dieser Zellen. Doch vermögen wir sie weiter weder zu beweisen noch zu widerlegen. Näheres über die Art des Vorkommens dieser Stab- und Korkzieherzellen findet sich bei der Besprechung der Areae dieser Gegend im 8. Kapitel A, 1, §4, V. Auf den Tafeln XLII, XLVI und XLVII sind sie bei 100facher Vergrößerung schon ohne weiteres zu erkennen 1).
[footnote p 68 1) Vielfach wird den Zellen im allgemeinen, und gerade den Spezialzeilen, eine spezifische, psychische Funktion zugeschrieben, und man spricht, wie wir gesehen haben, z. B. von spezifischen Sehzellen, Hörzellen usw. Eine solche Benennung erscheint uns natürlich nur im übertragenen Sinne statthaft, d. h. nur insofern, als damit gesagt sein soll, daß man diese Zellen im Sehzentrum, Hörzentrum usw. findet, aber nicht in dem Sinne, als ob die spezifische, psychische Qualität des betreffenden Sinnes in dieser Zelle ihren Sitz hätte! Diese Qualität ist wohl zu kompliziert, als daß sich ihr materielles Substrat an eine einzige Zelle oder Zellart gebunden vorstellen ließe. Wir dürfen ferner bis jetzt, wenn wir im Rahmen unserer positiven Kenntnisse bleiben wollen, bloß eine physiologische Funktion den Zellen zuschreiben, z. B. Leitung, Bahnung, Hemmung, evtl. Aufspeicherung von Erregungen oder Sensibilisierung usw. Wenn wir insofern, als diese Zellen mit rezeptiven oder mit efferenten Organen direkt in Verbindung stellen, evtl. von motorischen Zellen oder sensiblen Zellen sprechen, so müssen wir uns gegenwärtig halten, daß wir auch dies bloß in einem „übertragenen" Sinne und gleichsam bloß als sprachliche Abkürzung tun. Am besten wäre es natürlich, sich dieser Bezeichnungen überhaupt zu enthalten. Bei der Besprechung der physiologischen Dignität der einzelnen Rindenschichten kommen wir noch einmal auf dieses Thema zurück. Aber wenn wir uns auch aus Gründen der Präzision auf diesen rein anatomischen Standpunkt stellen und bloß Unterschiede der Quantität des Reizes oder Lokalisation und Verbindung seiner Leitung anerkennen, so geben wir trotzdem ohne weiteres gerne zu, daß die Qualitätsverschiedenheit zwischen Gehörs- und Gesichtseindrücken, zwischen einem Ton und einer Farbe schließlich doch etwas im Wesen an und für sich ganz Verschiedenes ist, dessen eigenartiges Wesen nicht bloß durch Quantitätsunterschiede und assoziative Verbindungen, welche die entsprechenden Nervenreize eingehen sollen, wirklich befriedigend erklärt wird. Und die Neigung, doch immer wieder diese Wesensverschiedenheit in einen materiellen Teil des Bewußtseinsorgans selbst verlegen zu wollen, ist äußerst naheliegend und wird wohl immer wieder von einem unbefriedigten Kausalitätsbedürfnis aus vorgebracht werden, solange eben nicht die richtige Erklärung hierfür gefunden sein wird.]
68 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Außer diesen fünf Arten von Spezialzellen ganz bestimmter Hirnstellen könnte man wohl die eben aufgezählte Reihe derselben bedeutend noch vermehren, zumal gerade in jenen Teilen des Großhirns, die man gewöhnlich als „Riechhirn" bezeichnet, Zelltypen, welche von den gewöhnlichen Zellformen abweichen, keine Seltenheit sind. Doch wollen wir, wie früher erwähnt, erst bei der Besprechung der Areae auf dieselben speziell noch näher eingehen, denn eigentlich könnte man, wie schon aus den vorhergehenden Ausführungen hervorgeht, die Zahl solcher Spezialzellen ganz beliebig erweitern, sobald man unter diesem Ausdruck nicht bloß ganz aussergewöhnliche Formen verstellt. Wir haben ja schon darauf aufmerksam gemacht, daß z. B. die gewöhnlichen Pyramidenzellen, je nach der Hirnregion, in der sie vorkommen, an und für sich schon gewöhnlich in ihrer Form etwas voneinander differieren; so haben wir z. B. für den Temporallappen die Tropfenform der Pyramidenzellen hervorgehoben, für den vorderen Teil des mittleren Drittels der zwei oberen Frontalwindungen die auffallend flach dreieckige Form der Pyramidenzellen, für die Umgebung des „Riechhirns" in der V. Schicht die Lanzettform; ebenso haben wir bei den Körnerzellen verschiedene regionale Unterschiede hervorgekehrt. Wir wollen aber eben auf alle diese geringeren Variationen erst später im Laufe der Beschreibung des Baues der einzelnen Hirnfelder noch zurückkommen. Trotz dieses Reichtums an Zellarten bleibt es als Norm für die Hirnrinde bestehen, daß die drei zuerst erwähnten Zellarten, nämlich die Pyramidenzellen, die Körnerzellen und die Spindelzellen, bei weitem die Hauptmasse aller zelligen Elemente derselben ausmachen und die anderen Zellformen eigentlich bloß lokale Abweichungen darstellen.
Zellgröße. 69
Wir haben schon bei Besprechung der Pyramidenzellen gesagt, daß wir die Größenmaße der Zellen in tausendstel Millimeter ausdrücken (= 1 µ), und zwar in einem Bruche, dessen Zähler die Höhe, dessen Nenner die Breite der Zelle darstellt; z. B. 25/12 µ bedeutet, daß die Höhe der Zelle 25 µ, die Breite 12 µ beträgt. Schwankt die Größe der Zelle zwischen verschiedenen Werten, so drücken wir das so aus: 25-30-50 / 12-18-20 µ. Diese vereinfachte Schreibweise erspart viel Zeit und Erklärungen, und da schließlich doch die Hauptmasse der Zellen der Hirnrinde Dreiecksform hat, so genügt sie auch für das allgemeine Verständnis vollkommen. Nun ist schon aus dem bisher Besprochenen zu entnehmen, und auch ein kurzer Blick auf irgendeine unserer Tafeln zeigt es deutlich, daß in jedem noch so kleinen Rindenteilchen meist Zellen recht verschiedener Größe vorhanden sind, auch wenn das Rindenstückchen aus einer einzigen Schicht herausgenommen ist und auch nur eine Gattung Zellen enthält. So schwanken ja die Pyramidenzellen selbst zwischen 5/7 µ und 120/50 µ Größe, und auch die Spindelzellen und Körnerzellen weisen bedeutende Größenunterschiede auf, wenn auch nicht so kolossale wie die Pyramidenzellen. Trotzdem gibt es aber Hirngegenden, in welchen entweder einzelne Schichten oder der ganze Rindenquerschnitt einen größeren Reichtum an größeren Zellkalibern oder umgekehrt an kleineren aufweist. Dann nennt man diese Gegend zellgroß oder im entgegengesetzten Falle zellklein. So zeigt uns schon ein einziger Blick auf die beiden Bilder Tafel I und Tafel LXXXVI, daß ersteres auffallend zellgroß ist, letzteres wieder auffallend zellklein. Man kann diesbezüglich sogar recht prägnante Verschiedenheiten von ganzen großen Hirngegenden untereinander feststellen; so ist z. B. das ganze vor der Rolandoschen Furche gelegene Großhirn zellgroß im Vergleich zu dem hinter derselben gelegenen Scheitelhirn; ganz besonders zellklein ist z. B. das Occipitalhirn. Natürlich sind aber dabei auch unter den Zellen des Frontalhirns kleine Zellen vorhanden und auch im sonst kleinzelligen Occipitalhirn sieht man einzelne sogar sehr große Zellen. Es handelt sich eben bei dieser Bezeichnung um die Hauptmasse der den Rindenquerschnitt bevölkernden Zellelemente. Zur Kennzeichnung des Verhaltens der Rinde bezüglich ihrer Zellgröße wollen wir später bei der Besprechung der einzelnen Areae die Ausdrücke verwenden: sehr zellgroß, zellgroß, mittelzellgroß, ferner zellklein und sehr zellklein. In dieser Nomenklatur kann man dann willkürlich Zwischenstufen einschalten, wie z. B. untermittelzellgroß usw. Das hintere Stirnhirn z. B. ist sehr zellgroß, das mittlere zellgroß, das vordere mittelzellgroß, der Stirnpol eigentlich schon untermittelzellgroß; das obere Parietalhirn ist mittelzellgroß bis zellgroß; das untere Parietalhirn eigentlich schon untermittelzellgroß; das Occipitalhirn wird gegen den Pol zu immer zellkleiner, im Gebiete der Calcarina besonders ist es als sehr zellklein zu bezeichnen; der Temporallappen ist an seinem Pole übermittelzellgroß, caudalwärts mittelzellgroß. Auf diese Art läßt sich aber natürlich bloß mit annähernder Genauigkeit eine gewisse allgemeine Charakterisierung der einzelnen Hirnteile durchführen, die natürlich stellenweise in bestimmten Areae spezieller Korrekturen bedarf, zumal sie ja doch bloß einen Überblick zum allgemeinen Verständnis geben soll; es kann ja außerdem in einem Hirnteil eine Schicht zellgroß und eine darunterliegende zellklein sein, so daß eine richtige Bezeichnung für die Zellgröße des ganzen Querschnittes in so einem Falle nicht zu geben ist.
Auf unseren Tabellen am Schlüsse dieses Werkes, 14. Kapitel, wo wir die wichtigsten zahlenmäßig ausdrückbaren Eigenschaften der ganzen Rinde finden, haben wir auf Tabelle V die Zellgrößen für die einzelnen Lagen jeder Schicht aller wichtigen Areae der ganzen Hirnrinde zusammengestellt, was ohne weiteres einen diesbezüglichen Vergleich mühelos ermöglicht.
70 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Neben der Zellgröße ist auch die Zellzahl sehr charakteristisch für die einzelnen Rindenpartien. Wir verstellen unter Zellzahl immer nur die Zahl der Nervenzellen und nehmen dabei keine weitere Rücksicht auf die Gliazellen, Trabantzellen, Gefäßzellen usw., nur bei der Besprechung der Molekularschicht werden wir immer auch diese kurz berücksichtigen, sonst aber nicht. Je nach der Zellzahl des Rindenquerschnittes wollen wir folgende Stufen des Zellreichtums unterscheiden: sehr zellreiche, zellreiche, mittelzellreiche, zellarme und sehr zellarme Rinde. Durch diese Fünfteilung kann man sich schon ziemlich genau über das allgemeine Verhalten gegenseitig verständigen. Die Zellzahl ist nicht nur in verschiedenen Hirnregionen recht. verschieden, sondern immer auch in den einzelnen Hirnschichten, d. h. in den verschiedenen Höhenlagen ein und desselben Rindenquerschnittes verschieden (siehe Abb. 32). So ist z.B. die äußerste Rindenlage, die sog. erste Schicht. Schicht I oder Molekularschicht, auch plexiforme Schicht genannt, immer und überall sehr zellarm. Die unterste Zellage der Rinde, die VI. Schicht, ist in ihrem untersten Abschnitt die nächst zellärmere. Auch die untere Hälfte der V. Schicht ist in vielen Hirnpartien zellarm zu nennen. Die mittlere Partie der III. Schicht ist gewöhnlich höchstens mittelzellreich. Die zellreicheren Schichten sind die übrigen Teile der III. Schicht. ferner besonders die IV. Schicht und die II. Schicht, und wohl auch die obere Hälfte der V. Schicht. Besonders die beiden sog. Körnerschichten, die IV. und die II., sind meistens sogar sehr zellreich. Durch diesen verschiedenen Zellgehalt ist es bedingt, daß bei Protoplasmafärbungen die Rinde meist in ihrer Mitte einen dunkleren horizontalen, d. h. zur Oberfläche parallelen Streifen aufweist, den man auch schon bei Betrachtung mit freiem Auge ohne weiteres bemerken kann (s. Abb. 115a, S. 256). Dieser dunkle Mittelstreifen entspricht meistens der IV. Schicht und den unmittelbar daran grenzenden etwas zellreicheren Teilen der III. und der V. Schicht. Außerdem ist die I. Schicht, die Molekularschicht, als schmaler, blasser, homogener Streifen meist mit freiem Auge schon zu sehen, unter dem ein leicht gefärbter blauer Streifen, die äußere Körnerschicht II samt der angrenzenden oberen Partie der III. Schicht, sichtbar wird. Dadurch erhält der Querschnitt der Rinde durch diesen Wechsel von zellreichen und zellärmeren Schichten ein horizontal gestreiftes Aussehen, welches durch den verschiedenen Zellreichtum der einzelnen Rindenschichten, wie wir später noch besprechen werden, bedingt ist.
Aber auch in den verschiedenen Hirnregionen ist der Zellreichtum, des Rindenquerschnittes ganz abgesehen von den einzelnen Schichten ein recht verschiedener. Es läßt sich im allgemeinen sagen, daß der Zellreichtum der hinteren Hirnpartien ein viel größerer ist als der vorderen und daß vom Occipitalpol, welcher wohl die zellreichste Gegend des ganzen Cortex darstellt, zum Frontalpol und zum Temporalpol zu eine allgemeine progressive stetige Abnahme in der Zellzahl erfolgt. Vergleichen wir, was wir im letzten Abschnitt C über die Zellgröße im allgemeinen gesagt haben mit unseren jetzigen Ausführungen über die Zellzahl, so erhellt daraus, daß die frontalen Hirnpartien zwar zellgrößer, aber weniger zellreich, die caudalen Hirnpartien zellkleiner, aber dafür zellreicher sind. Halten wir uns hier aber auch noch gegenwärtig, was wir auf S. 33 über die regionalen Verschiedenheiten der Rindendicke gesagt und auf Abb. 26 und 27 bildlich wiedergegeben haben, ferner was wir über die Verbreitung der Pyramidenzellen nach ihrer Größe und Form auf S. 50 gesagt haben, und auf S. 57 und 119 über die Verbreitung der Körnerzellen, ein Verhalten, welches auf Abb. 70 und 71 ebenfalls seine schematische Darstellung findet, so sieht man schon eine Menge Eigenschaften sich allmählich herauskristallisieren. welche zu einer recht verschiedenen Charakterisierung der einzelnen Rindenpartien führen muß und welche uns eine genaue Unterscheidung der einzelnen Rindenregionen nach ihrer Zellzusammensetzung, wie wir noch später seilen werden, erlauben wird.
Zellreichtum. 71
Die Zellzahl bestimmen wir durch Auszählen der einzelnen Zellen an unseren Hirnschnitten auf folgende Art. Unsere Schnitte sind sämtlich 0.025 mm = 25 µ dick. Wenn wir also wissen wollen, wieviel Zellen in einem Kubus von 0.1 mm Seitenlänge vorhanden sind, so brauchen wir bloß ein Gesichtsfeld, welches ein Quadrat von 0.1 mm Seitenlänge darstellt, an einem unserer Schnitte bezüglich seines Zellgehaltes auszuzählen, und da unsere Schnitte 0.025 mm Dicke oder Tiefe haben, also ein Viertel von 0.1 mm, die gefundene Zellzahl mit 4 zu multiplizieren, um den Inhalt an Zellen von 0.1 mm3 zu haben. An unseren Tafeln, welche infolge ihrer photographischen Aufnahme mit dem Planar die ganze Schnittdicke, d. h. Schnittiefe mit allen ihren Zellen darstellen, brauchen wir also bloß 1 cm2 auszuzählen und mit 4 zu multiplizieren, um die Zellzahl pro 0.1 mm3 zu kennen. Die Tafelvergrößerung ist nämlich eine hundertfache; also 1 mm auf unseren Tafeln entspricht 10/1000 mm (= 10 µ) des Präparates; 1 cm also gleich 0.1 mm (= 100 µ) des Präparates. Zur praktischen Vereinfachung der Zahlung schneiden wir uns aus einem Kartenblatt ein Quadrat von 1 cm Seitenlänge = 1 cm2 aus und multiplizieren den. darin ausgezählten Zellinhalt mit 4, oder noch besser ein Quadrat von 2 cm Seitenlänge = 4 cm2, legen dann dieses Kartenblatt direkt auf die Tafel und zählen alle innerhalb seiner Grenzen befindlichen Zellen und ermitteln so unmittelbar die Zellzahl in 0.1 mm3 der Rinde. Diese Methode ist äußerst einfach und wenig zeitraubend. Wir haben diese Art der Zahlung durchwegs zu unseren Zellzahlangaben verwendet. Auf diese Art findet man z. B. in der III. Schicht eine Zellzahl von durchschnittlich 20-30 Pyramidenzellen pro 0.1 mm3; in der IV. Schicht von 60-100 Körnerzellen pro 0.1 mm3. Jedoch ändern sich natürlich diese Zahlen in den verschiedenen Hirnregionen in typischer Art und in sehr bedeutendem Maße. Es ist notwendig, wie wir es getan haben, irgendein Baumvolumen als Grundlage für die Bestimmung der Zellzahl zu wählen, um vergleichbare Zahlen zu bekommen. Der äußerst leichten und bequemen Handhabung wegen haben wir mit Rücksicht auf die hundertfache Vergrößerung unserer Tafeln und auf unsere Schnittdicke dieses Maß von 0.1 mm gewählt; auf diese Art, wie wir es angegeben haben, kann dann jedermann unsere Befunde an unseren eigenen Tafeln ohne weiteres nachkontrollieren. Will man möglichst korrekt zählen, so genügt es natürlich nicht, eine einzige Zahlung vorzunehmen, sondern man muß an verschiedenen Stellen wiederholt Zählungen vornehmen und daraus dann ein Mittel ziehen, wobei man die bei der Blutkörperchenzählung verwendeten Vorsichtsmaßregeln bestens ebenfalls in Anwendung bringen kann, um nicht am Rande der ausgezählten Quadrate Doppelzählungen vorzunehmen. Da außerdem die Zellen nur äußerst selten gleichmäßig über größere Teile des Querschnittes verteilt sind, sondern meist zellreichere Flecken mit zellärmeren abwechseln, wird man die Vorsicht üben müssen, auch solche maximale Differenzen mit zu berücksichtigen. Ich habe außerdem nicht nur die auf unseren Tafeln dargestellten Präparate bezüglich ihrer Zellzahl durchgezählt, sondern auch sonst viele Präparate verschiedener Hirne durchgesehen und aus diesen das Mittel gezogen zur Errechnung der auf unseren vorgenannten Tabellen auf Tabelle VI, 14. Kapitel, für jede Schicht aller Gebiete der ganzen Hirnrinde angeführten Mittelzahlen. HAMMARBERG hat bei seinen Zählungen ebenfalls als Grundlage einen Würfel von 0.1 mm Seitenlänge verwendet, hat aber nur jene Zellen mitgerechnet, deren Kern ebenfalls im Schnitte lag. Wir haben dagegen alle Nervenzellen, die innerhalb eines Quadrates von 0.1 mm Seitenlänge (= 1 cm unserer Tafeln) fallen, immer mitgezählt; dadurch sind unsere Zahlen absolut genommen etwas zu hoch, da auch die in die beiden Schnittflächen, in die vordere sowohl als in die hintere fallenden Zellen und Zellstücke mitgezählt sind. Der Fehler, der hierbei begangen wird, beträgt bei 25 µ Schnittdicke für die Zellgrößen bis herab zu 12 µ Zellbreite ein Plus von ungefähr 33%, für mittlere und kleine Größen bis zu 6 µ Breitendurchmesser ein Plus von 25% und für Zellen unter 6 µ ein Plus von ungefähr 20-15%; dieses Plus müsste also von den in unseren Tabellen im 14. Kapitel angegebenen Zellzahlen abgezogen werden, wenn man absolut richtige Zahlen des Zellreichtums vor sich haben will, eine Berechnung, die ja, da Tabelle 5 die Zellgrößen und Tabelle 6 die Zellzahl jeder einzelnen Gegend gibt, sehr leicht durchzuführen ist. Uns kommt es jedoch, außer bei dem späteren Versuch die absolute Zellanzahl der Totalität des Großhirns annähernd zu bestimmen, im allgemeinen bloß darauf an, relativ vergleichbare Zahlenwerte zu haben, um den Zellreichtum der einzelnen Gegenden miteinander vergleichen zu können und andererseits, um bei einem pathologischen Zellausfall ein gewisses objektives Maß und eine objektive Ausdrucksform für denselben zu besitzen; und da handelt es sich uns eben hauptsächlich darum, daß immer auf gleiche Art gezählt werde und an Bildern derselben Gegend, die in gleicher Art wie unsere normalen Atlastafeln dargestellt sind; dies ist nun nach der angegebenen Methode eben an Hand unserer Normaltafeln und Tabellen äußerst leicht und ohne umständliche Zählungen bloß mit dem ausgeschnittenen Kartenblatt ohne weiteres ein für allemal möglich; der dabei begangene Fehler, der Zahlung auch der in die Schnittflächen fallenden Zellen, bleibt jedesmal der gleiche, so daß wir uns um die absolut richtige Zellzahl nicht weiter zu kümmern brauchen und dieselbe übrigens nach den oben angeführten, in Perzenten durchzuführenden Abzugskorrekturen ebenfalls leicht bestimmbar ist.
72 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Danach ist bei Durchführung dieser Korrektur der tatsächliche durchschnittliche Zellgehalt der I. Schicht 5 Nervenzellen pro 0.1 mm3, der II. 65 Zellen, der III. 20 Zellen, der IV. 80 Zellen, der V. 17 Zellen, der VI. in ihrer oberen Partie 20, in ihrer unteren Partie 10 Zellen pro 0.1 mm3.
Derjenige, dem diese Art der Zellzählung zur Auffindung absoluter Zahlen nicht genügt, könnte nach der von HAMMARBERG verwendeten komplizierteren Methode eine Serie von vier aufeinanderfolgenden Schnitten von 25 µ, welche also 0.1 mm zusammen an Dicke ausmachen, an genau der entsprechenden Stelle im Ausmaß von einem Quadrate von 0.1 mm Seitenlänge auszählen und zur Vermeidung von Doppelzählungen nur jene Zellen oder Zellteile dabei in seine Rechnung mitnehmen, welche in jedem Schnitte mit ihrem Kerne erscheinen. HAMMARBERG hat auf diese Art Zahlen gefunden, welche unseren Zahlen nach dem notwendigen perzentuellen Abzuge ungefähr entsprechen. Im allgemeinen sind jedoch auch dann noch die Zahlen, die HAMMARBERG angibt, kleiner als die unsrigen, und zwar deswegen, weil HAMMARBERG, soweit als ich dies aus seinen Angaben und aus seinen eigenen Bildern ermitteln konnte, bei Auszählung des Zellreichtums der einzelnen Schichten hauptsächlich bloß die für die entsprechende Schicht charakteristischen und die typische Größe aufweisenden Zellen mitgezählt hat, die kleineren, atypischen und inkonstanten Zellen dagegen, obschon sie doch auch immer eine wichtige Rolle im Zellbilde ausmachen, offenbar nicht mitgezählt hat.
Wir wissen, daß bei vielen pathologischen Prozessen es durch Zellerkrankungen zu einem Verlust an Nervenzellen kommt, zu einer Herabminderung der Zahl der Zellen in 0.1 cm2, welche einen schon leicht sichtbaren stellenweisen Ausfall von Nervenzellen bedingen kann, also eine Lückenbildung oder evtl. auch einen schichtweisen Verlust an Zellen. Wir haben schon im I. Kapitel am Ende des 2. Abschnittes
Zellreichtum. 73
erwähnt, daß für die amyotrophische Lateralsklerose und andere Erkrankungen, sogar für essentielle Psychosen solche Befunde vorliegen. Es liegt auf der Hand, wie wichtig es ist. an den Berechnungen, wie wir sie auf Tabelle VI (14. Kapitel) für jede Schicht durchgeführt haben, ein ungefähres Normalmaß für solche Befunde zu besitzen und sich an den Tafeln darüber orientieren zu können, ob die entsprechenden Schichten gewisser Gegenden nicht von vornherein normaliter schon eine gewisse Zellarmut oder sogar Zellücken aufweisen 1). [footnote p 73 1) Darauf, daß solche Irrtümer in der Literatur tatsächlich schon vorgekommen sind, haben wir schon hingewiesen.] Daß in den Gehirnen von Oligophrenien meist ein recht starker Zellausfall zu verzeichnen ist, ist von BETZ schon konstatiert und von HAMMARBERG schon zahlenmäßig festgestellt worden. Die Frage ist also naheliegend, ob der Zellreichtum der Großhirnrinde ein Maß für die Organisationshöhe eines Gehirns abgeben kann. Heute können wir nur sagen, daß uns bloß ein extremer Zellausfall einen Ausfall auch in den Funktionen des Gehirns erwarten laut, daß wir aber diesen Satz nicht ohne weiteres umkehren können. KAES nimmt sogar an, daß die faserreichere Rinde die höher organisierte sei, und NISSLs ansicht geht dahin, daß die höhere Differenzierung eher in direktem Verhältnis zu der Masse seines nervösen Grau steht, d. h. zum Faserfilz zwischen den Nervenzellen, als zu den Nervenzellen als solchen. Diese Annahme stützt sich speziell darauf, daß in der Tierreihe tieferstehende Säugetiere einen größeren relativen Zellreichtum aufweisen und die Substanz zwischen den Zellen weniger Raum einnimmt als bei höheren Tierklassen. Das richtige Maß für diese Verhältnisse kann eigentlich nicht die Zeitzahl, sondern die im Abschnitt E dieses Kapitels gleich zu erwähnende Zelldichtigkeit geben. So plausibel auch NISSLs Annahme erscheint, darf man doch dieselbe nicht generalisieren; sie gilt jedenfalls nicht für alle Hirngegenden in gleichem Maße; wir werden später z. B. sehen, daß die höhere Differenzierung der sensorischen Rinde gerade in einer ganz kolossalen Zellvermehrung zum Ausdruck kommt. Es werden also künftig solche Untersuchungen wohl nicht mehr generell über die ganze Rinde vorgenommen werden dürfen, sondern immer nur mit Berücksichtigung einzelner homologer Stellen.
O. MAYER, der verschiedene Affenarten bezüglich des Zellreichtums ihres Cortex untersuchte, kam zu dem Schlüsse, daß der Zellreichtum der Großhirnrinde weder als Ausdruck für die Organisationshöhe eines Gehirns oder die Stellung des betreffenden Tieres im System, noch auch als Maßstab für die Intelligenz eines Tieres gelten könne.
Die Frage nach Unterschieden im Zellreichtum zwischen beiden Hemisphären muß nach H. BERGERs diesbezüglichen Untersuchungen dahin beantwortet werden, daß bald die rechte und bald die linke Hemisphäre zellreicher gefunden wird (Zellauszählung nach HAMMARBERG, vgl. S. 71, 72), ohne daß dieses Verhalten mit etwaiger Linkshändigkeit zusammenhinge. Die Unterschiede schwanken zwischen 5% und 10%.
Wiederholt ist auch die Frage nach der Anzahl der Nervenzellen aufgeworfen worden, die es in der Großhirnrinde des Menschen überhaupt gibt. MEYNERT hat die Zahl auf 612000000 anscheinend pro Hemisphäre 2), also 1224000000 im ganzen berechnet; BERGER berechnet sie auf 5512000000 und kommt damit sicher der Wahrheit bedeutend näher; THOMPSON und DONALDSON geben schon 9200000000 an. Diese großen Unterschiede in der Berechnung ergeben sich wohl daraus, daß die Autoren meist nur Zellen bis zu einer bestimmten Größe berücksichtigt haben und jeder bei der Berechnung seine eigene Grenze der mitzurechnenden Zellgröße angenommen hat. Unter Zugrundelegung, daß bei einer durchschnittlichen Rindendicke von 2.5 mm, wie wir sie S. 44 bei Berechnung des Rindenvolumens und -gewichtes angenommen haben, und bei Berücksichtigung, daß hierbei auf die einzelnen Rindenschichten. wie noch in späteren Kapiteln gezeigt werden wird, folgende Dickenmaße entfallen: I. 0.20 mm, II. 0.15 mm, III. 0.75 mm, IV. 0.20 mm, V. 0.40 mm, VIa. 0.50 mm, VIb. 0.30 mm, daß ferner der durchschnittliche Zellreichtum pro 0.1 mm3 in jeder dieser Schichten der auf S. 72 angeführte wäre, läßt sich für eine Säule vom Querschnitt von 0.1 mm2 dieser Rinde und von 2.5 mm Höhe eine Zellzahl von 615 Zellen berechnen, somit für eine Säule von 1.0 mm2 Querschnitt 61500 Zellen und somit für die ganze Rinde, wenn wir ein Flächenausmaß von rund 220000 mm2 mit WAGNER und HENNEBERG. (S. 43) annehmen, eine Gesamtzellzahl von rund 13530000000 ermitteln. Die früheren Autoren haben wohl die Körnerzellen gar nicht bei ihrer Rechnung berücksichtigt, die doch in den Hirnteilen hinter der Rolandoschen Furche so überaus zahlreich sind! Läßt man nämlich von unserer Berechnung die Körnerzellen (II. und IV. Schicht) weg, so erhält man tatsächlich eine Gesamtzellzahl von bloß 7870000000, also ungefähr das Mittel der von den früheren Autoren ermittelten Zahlen. Wir werden also, da es sich ja hier nur um approximative Zahlen handelt, zusammenfassend sagen: Die menschliche Großhirnrinde beider Hemisphären enthält in toto an Nervenzellen ca. 14 Milliarden, von denen ungefähr 6 Milliarden auf kleinste Körnerzellen und annähernd 8 Milliarden auf die übrigen größeren Zellen entfallen.
[footnote p 73 2) Diese Zahl ist sicher zu gering, denn eine nicht besonders zellreiche Hirngegend, wie z. B. die motorische, weist auf einer unserer Tafeln, welche ja bloß einen quadratischen Ausschnitt von 4 mm Seitenlange und 25 µ Dicke wiedergibt, allein schon über 5000 Zellen und ein Bild aus der zellreichen Calcarinagegend gegen 18000 Zellen auf!]
74 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Für denjenigen, dem diese Zahlen zu hoch scheinen, wollen wir folgende Berechnung ausführen; bei Zugrundelegung für die größeren Zellen einer Kegelform (Pyramidenform) von 20 µ Breite zu 25 µ Höhe, was wohl dem Durchschnitt entsprechen dürfte und eher zu hoch ist, um das Volumen der Zellen zu berechnen, beträgt das Volumen aller größeren Zellen der ganzen Rinde zusammen
r2 pi h/3 * 8000000000 = ((20/2 µ)2 * pi * 25 µ / 3 ) * 8000000000 = 20000 mm3
die Körnerzellen als Kugeln mit einem Durchschnittsdurchmesser von 6 µ gedacht, mal 6 Milliarden, ergeben bloß ca. 370 mm3! Wir haben also 20370 mm3 = 20.4 cm3 als Gesamtvolumen der Nervenzellen der ganzen Hirnrinde. Das Gesamtrindenvolumen beträgt aber (vgl. S. 42) 550000 mm3 = 550 cm3; also kaum 1/25 (kaum 4%) des Gesamtrindenvolumens ist von den zellgeformten Elementen trotz ihrer scheinbar großen Anzahl eingenommen, und das Gesamtgewicht aller 14 Milliarden Großhirnzellen dürfte ca. 21.5 g ausmachen, im Verhältnis zu 580 g Gewicht der gesamten grauen Rinde. Wir glauben, daß auch diese Zahlen dafür sprechen, daß die Milliardenziffer an Zellen kaum zu hoch sind! Daraus läßt sich ohne weiteres auch annähernd berechnen, daß eine mittelgroße Pyramidenzelle ca. 25 millionstel Milligramm und eine Körnerzelle 7zehnmillionstel Milligramm wiegen dürfte.
Zelldichtigkeit. 75
Je größer die Zellzahl, desto dunkler erwarten wir die betreffende Stelle an einem mit Protoplasmafärbung behandelten Präparate zu finden, da doch die Nervenzellen die Hauptmasse der färbbaren Substanz ausmachen und die Zwischensubstanz bis auf ihre Kerne eigentlich ungefärbt bleibt. Je kleiner die Zellzahl, desto mehr freie ungefärbte Zwischensubstanz bleibt übrig und desto lichter wird dann diese Stelle sein. Diese Überlegung ist aber nur insoweit richtig, als es sich um Gebiete von gleicher Zellgröße handelt: in solchen Fällen ist wohl die Intensität der Färbung ungefähr proportional der Zellzahl, und die ungefärbte Grundsubstanz stellt in umgekehrtem Verhältnisse dazu. Für gewöhnlich jedoch muß man berücksichtigen, daß eine kleine Anzahl großer Zellen kaum weniger ungefärbten freien Raum für die Grundsubstanz übrig lassen als eine größere Anzahl kleinerer Zellen und daß es dabei auf die Masse der färbbaren Zellsubstanz, d. h. auf die Menge des Zellplasmas ankommt. Diese Masse an färbbarer Zellsubstanz ist aber nicht bloß von der Zellzahl abhängig, sondern auch von der Zellgröße, d. h. vom Volumen der Zelle. Auf dieses Verhältnis also der ganzen gefärbten Zellmasse zur ungefärbten Grundsubstanz, welches wir mit dem Ausdrucke der Zelldichtigkeit bezeichnen wollen, sollte es eigentlich bei diesen Bestimmungen der Zellquantität vor allem ankommen; nur so ließen sich wirklich absolut richtige und genaue Vergleiche zwischen einer Hirngegend und der anderen führen. Denn die Zellzahl einer zellgroßen Rindenstelle mit jener einer auch nur etwas zellkleineren Rindenstelle zu vergleichen, ist eigentlich nicht von großem Werte. Eine gefühlsmäßig annähernd richtige Anschauung über die Zelldichtigkeit einer Stelle bekommt man am besten noch, wenn man dieselbe mit dem Stereoskop-Okular (z. B. von REICHERT) betrachtet und man dann körperlich den Wald von Zellen mit allen seinen Fortsätzen zu sich emporragen sieht. Aber gerade so schwer wie es eben bei einem Wald wäre, den Bestand an Holz durch den bloßen Anblick zu ermessen, ebenso schwer ist es, die Zelldichtigkeit unserer Zellschichten zu bestimmen. Man muß eben so mühsame Methoden anwenden wie der Forstmeister, der sich annähernd genau um den Festmetergehalt an Holz in seinem Walde orientieren will. Man könnte auf diese Art ziemlich brauchbare Dichtigkeitskoeffizienten für die Zellmasse errechnen. Man wird in Zukunft solche Methoden vielleicht ausarbeiten müssen. Man könnte z. B. an gefärbten Präparaten photometrisch die Lichtmenge bestimmen, die durch eine bestimmte Schnittdicke durchgelassen wird, und in dieser Lichtmenge eben einen Dichtigkeitskoeffizienten haben. Natürlich setzt dies vorerst eine immer gleichmäßige Färbung der Präparate voraus. Diese idealen Forderungen sind derzeit für diesen Zweck noch zu schwer zu erfüllen. Wir könnten einen annähernd richtigen und brauchbaren Dichtigkeitskoeffizienten aus der Zellzahl und Zellgröße uns auch folgendermaßen bestimmen: Wir gehen wieder von unserer Volumseinheit zur Zellzählung, von einem Kubus von 0.1 mm = 100 µ Seitenlänge aus. Betrachten wir einen solchen Kubus senkrecht durchs Mikroskop, so projiziert sich der ganze Inhalt desselben auf die betrachtete Fläche von 0.1 mm2 = 10 000 µ2. Wenn nun in diesem Kubus viele tiefblau gefärbte Zellen enthalten sind, und zwar in horizontaler Lagerung im Schnitt - wir nehmen sie der Einfachheit halber alle als in ihrer Aufsicht rein dreieckig an -, so projizieren sie sich sämtlich auf diese eine Fläche; falls wir sie derart ideal im Kubus verteilt annehmen, daß keine die andere irgendwie verdeckt, so wird ein bestimmter Teil des sonst durchsichtigen Kubus, d. h. ein Teil der betrachteten Oberfläche desselben, die 0.1 qmm= 10000 µ2 ausmacht, von den projizierten, undurchsichtigen, blauen, dreieckigen Zellen eingenommen sein und das Verhältnis der von diesen blauen Zellen eingenommenen Fläche zu der ungefärbt erscheinenden oder zu der ganzen Fläche wird ein ungefähres Maß für die Dichtigkeit abgeben können. Wir stellen also den Dichtigkeitskoeffizienten dieser Art fest; um nun ein Grundmaß zu haben, nach dem wir uns ausdrücken können, sagen wir, daß, wenn die dunklen Zellsilhouetten auf die betrachtete Oberfläche des Kubus sämtlich projiziert ebenfalls 10000 µ2 ausmachen würden und also 10000 µ2 gefärbte Fläche die 10000 µ2 Gesamtoberfläche total einnehmen, der Dichtigkeitskoeffizient = 1 ist. In Worten ausgedrückt, bedeutet dies nichts anderes, als: der Dichtigkeitskoeffizient 1 ist dann erreicht, wenn die Zellen so dicht stehen, daß sie bei einer Schnittdicke von 0.1 mm = 100 µ nebeneinandergestellt keinen freien ungefärbten Zwischenraum mehr zwischen sich erblicken lassen würden, sondern ihre Gesamtheit würde als ein dichter blauer Streifen ohne lichten Zwischenraum imponieren. Sind z. B. in einem Kubus von 0.1 mm Seitenlange 10 Zellen von 34/25 µ Größe und 20 Zellen von 17/8 µ Größe, so wird der Dichtigkeitskoeffizient wie folgt berechnet: wie gesagt nehmen wir dabei der Einfachheit halber an, daß die Zellen dreieckig wären, also ist der Flächenraum jeder Zelle Basis * Höhe / 2, also für die größeren Zellen 34 * 25 / 2 = 425 µ2. Dies multipliziert mit der Anzahl der Zellen 10, also 4250 µ2; ferner die kleinen Zellen 17 * 8 / 2 = 68 µ2 der Zellzahl 20, also 1360 µ2; zusammen also beträgt die gefärbte Oberfläche, die sich auf das Gesichtsfeld von 0.1 mm zum Quadrat projizieren würde, 5610 µ2, und der Dichtigkeitskoeffizient wäre somit 5610 µ2 / 10000 µ2 = 0.56. Auf diese Art berechnet ist der Dichtigkeitskoeffizient gewöhnlich ein Dezimalbruch und nur selten höher als 1.0. Letzteres ist z. B. der Fall in der V. Schicht der vorderen Inselrinde, wo er 1.2 beträgt. Es ist also
76 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
D = (H * B / 2) * Zellzahl / 10000
Auf diese Art könnte man, wie gesagt, eine recht brauchbare Vergleichszahl für die Dichtigkeit gewinnen, welche allerdings den Fehler an sich trägt, nicht das Zellvolumen, sondern bloß gleichsam den Zellschatten oder die Projektion zu berücksichtigen, also nicht die eigentliche Zelldichtigkeit, sondern bloß einen Vergleichskoeffizienten der Dichtigkeit darstellt, jedoch den Vorteil einer sehr einfachen und raschen Berechnung für sich hat; denn es kann an der Hand unserer Tafeln, welche beinahe alle eine hundertfache Vergrößerung von 25 µ dicken Schnitten aufweisen, jeder sich diesen Dichtigkeitskoeffizienten sofort selbst errechnen; evtl. kann er sich das sogar ohne Tafeln direkt aus unseren Tabellen V und VI im Schlußkapitel 14, auf welchen wir die Zellgrößen und die Zellzahl für jede Hirnschicht und jede Hirnstelle anführen, unmittelbar zusammenstellen. Wir haben diese Berechnung nicht selbst noch durchgeführt, weil wir vorderhand mit der Angabe der Zellgröße und Zellzahl, wie wir sie eben auf unseren Tabellen anführen, unser Auskommen gefunden haben. Es könnte sich aber mit der Zeit die Notwendigkeit ergeben die Zelldichtigkeit zu bestimmen, dann kann man dies ohne Anfertigung neuer Präparate nach den oben angeführten Prinzipien unmittelbar an unseren Tafeln und auf unseren Tabellen sich errechnen: allerdings würden wir für diesen Fall raten, sich die Zellen der bestimmten Gegend, deren Dichtigkeitskoeffizienten man errechnen will, nicht nur, wie wir es an unseren Tabellen getan haben, in 2 oder 3 Größenkategorien, sondern in viel zahlreichere Größenkategorien einzuteilen, um die Errechnung des Koeffizienten möglichst genau zu gestalten. Besonders wichtig scheint mir die Bestimmung eines Zelldichtigkeitskoeffizienten als Vergleichswert bei vergleichend-anatomischen Studien über Hirne verschiedener Tiergattungen zu sein. Denn Zellzahl und Zellgröße besagen uns in diesem Falle nicht viel. Jedenfalls dürfte man aber bloß homologe Stellen miteinander vergleichen.
Zellagerung. 77
Auch die Art der Stellung der Zellen ist je nach der Rindenregion eine recht verschiedene. Längliche Zellen (Pyramiden und Spindeln) sind mit ihrer Längsachse zum überwiegend großen Teil senkrecht zur Rindenoberfläche orientiert, so daß sie bei der Krümmung der Windungsoberfläche radiär zu stehen kommen. Für die Pyramidenzellen gilt dies so ziemlich durchwegs, außer an den Opercularteilen, wo sie verschiedene Richtungen einnehmen können. Für die Spindelzellen jedoch gilt diese Einstellung ihrer Längsachse senkrecht zur Oberfläche nur von der Kuppe aus bis gegen die Mitte der Wand; von hier nach der Tiefe der Furche zu stellen sich die Spindelzellen in der VI. Schicht, entsprechend dem schiefen Eindringen der Markstrahlen in die Rinde, diesen parallel, und zwar der Tiefe zu zunehmend schief zur Oberfläche, in den tiefsten Lagen der Rinde, speziell gegen das Windungstal zu, kommen sie schließlich ganz horizontal zu liegen. An schmalen Windungen findet diese horizontale Lagerung der Spindelzellen sogar schon näher der Kuppe statt als an breiten Windungen; an jenen Stellen, wo die Windungen sehr klein sind, wie z. B. im Hinterhauptshirn, tritt diese horizontale Lagerung der Zellen der tiefsten Rindenschichten schon unmittelbar unter der Windungskante auf.
Außerdem sind die Zellen der Rinde nicht in regelloser Art über die ganze Breite des Rindenquerschnittes verstreut, sondern es herrscht in der Rinde, wie schon wiederholt angedeutet, das Prinzip vor, daß innerhalb der Rindendicke gleichartige Zellen sich zueinander zu horizontalen Schichten einordnen, welche parallel zur Hirnoberfläche laufen, so daß die Rinde aus mehreren schalenartig ineinander liegenden, durch ihre Zellform voneinander unterschiedenen Schichten besteht (Abb. 32). Wenn aber dann die Elemente der verschiedenen Schichten untereinander große Ähnlichkeiten in ihrem Zellbau und ihrer Zelldichtigkeit aufweisen, wird natürlich die Schichtung im allgemeinen und die Abgrenzung der einzelnen Schichten gegeneinander undeutlicher; je größer dagegen der unterschied in der Zellform, besonders aber der Unterschied in der Zelldichtigkeit der einzelnen Schichten ist, desto deutlicher fällt die horizontale Schichtung der Rinde auf. Für den Augenblick wollen wir auf diese Gruppierung in horizontale Schichten, auf die laminäre Einteilung, wie man sie nennt, noch nicht näher eingehen, da wir uns in den nächstfolgenden Kapiteln 3 und 4 (S. 82 und 110) sehr eingehend damit noch befassen werden.
78 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Außer in horizontaler findet man auch nicht selten eine Ordnung der Zellen in senkrechter Richtung, die wir, da sie die Richtung der Markstrahlen der sog. Radii darstellt, auch die radiäre Richtung nennen. Wir meinen damit nicht die vorhin erwähnte Orientierung des größten Teiles der Zellen mit ihrer Längsachse gegen die Hirnoberfläche, sondern eine strahlenförmige Einordnung der Zellen zu senkrechten Zügen, die auf den Effekt der einstrahlenden Markfasern zurückzuführen ist, da dieselben in schmäleren oder dickeren Bündeln in die Rinde einziehen und dabei die Zellen zwischen sich zu Streifen zusammenfassen. In diesen senkrechten Streifen ist infolgedessen natürlich keine Ordnung nach Zellkategorien zu erwarten, sondern in den Streifen finden wir die der entsprechenden Höhenlage und Schicht in jeder Rindentiefe zukommenden Zellqualitäten übereinander zu einem Streifen geordnet. An vielen Stellen der Hirnrinde ist der kontinuierliche Wechsel zwischen zellreichen und zellarmen senkrechten Zügen recht auffallend, z. B. Tafel XCIII, und bedingen im Zellbild eine radiäre Streifung des Rindenquerschnittes. Je nachdem nun diese Radii nur ein bis zwei ganz schmale Zellreihen nebeneinander zu einem Strahle ordnen oder auch viel breitere Zellzüge zwischen sich fassen, spricht man von senkrechten Zellstrahlen, Zellzügen, Zellsäulen und Zellpalisaden; letzteres wenn recht breite Zellkomplexe senkrecht nebeneinander stehen. Solche strahlige Anordnungen müssen auch nicht immer durch alle Schichten der Rinde durchgehen, sondern können oft bloß in einzelnen Schichten sichtbar sein. Eine Andeutung einer solchen radiären Streifung findet sich meist schon in der Windungskante einer jeden Windung in allen Rindenregionen; ebenso kann man sagen, daß die VI. Schicht meistens und die V. Schicht häufig eine gewisse Andeutung derselben erkennen läßt (Abb. 32). Die IV. Schicht dagegen ist gewöhnlich nicht gestreift, auch nicht in jenen Fällen, wo die III., V. und VI. senkrecht gestreift erscheint, sondern es erfährt gewöhnlich hier die senkrechte Streifung in der IV. Schicht eine Unterbrechung. Im Temporallappen dagegen ist auch die IV. Schicht von radiären Markstreifen durchzogen, so daß ihre Körnerzellen zu senkrechten Säulchen geordnet sind, ein Charakteristikum, an welchem man speziell die Rinde des Temporallappens meist leicht erkennen kann (Tafel XCIII). Überhaupt ist an den verschiedenen Hirnregionen, wie gesagt, die Art und der Grad der senkrechten Streifung der Rinde ein recht verschiedener. Auf Abb. 45 und 46 haben wir die Ausdehnung einer deutlichen senkrechten Streifung in der Rinde schematisch durch die verschiedene Dichte der Schraffierung wiederzugeben versucht. Ein Vergleich dieser Abb. 45 und 46 mit dem Grundschema Abb. 22 und 23 ergibt sofort die Lage des gestreiften Cortex im Verhältnis zu den Gyri und Sulci. So ist im größten Teile des Frontalhirns eine Streifung überhaupt nicht erkennbar, am besten noch in der Pars triangularis der dritten Frontalwindung, weniger schon auf deren Fuß. Eine Andeutung zeigt auch die Rinde des Sulcus olfactorius und der Stirnpol. Der Fuß der beiden oberen Frontalwindungen zeigt eine so regelmäßige Ordnung ihrer schönen schlanken Zellen, daß ein leichter Anflug von Streifung entsteht, während auf der vorderen Zentralwindung wieder nichts davon zu sehen ist. In der Tiefe des Tales der Rolandoschen Furche merkt man jedoch schon den Beginn einer nicht sehr deutlichen Streifung, welche die hintere Zentralwindung und das obere Parietalläppchen schwach überzieht. Dagegen ist das ganze untere Parietalläppchen in seiner Rinde sehr deutlich schmalstreifig durch die ganze Rindenhöhe durch; ebenso die erste Temporalwindung, auch an ihrer Sylvischen Oberfläche; in der T1 jedoch ist neben der schmalen Streifung auch eine Einordnung zu breiteren senkrechten breiten Säulen bemerkbar; auf Abb. 45 und 46 haben wir dieses Verhalten derart auszudrücken versucht, daß wir zwischen die feinen Streifen dickere Streifen eingefügt haben. Die Heschlsche Windung ist ebenfalls derart deutlich gestreift bis gegen den Grund der Sylvischen Grube, der ungestreift ist, und bis auf einen im Bilde punktierten Bezirk, wo alle ihre Zellen äußerst klein werden und zu schmälsten, senkrecht laufenden Perlschnüren ähnlichen Zügen geordnet sind (Regenschauerformation). Die zweite und dritte Temporalwindung ist viel breiter gestreift als die erste. Die vierte Temporalwindung (Lobus fusiformis) zeigt wieder die schmale Streifung wie das untere Parietalläppchen und ebenso die parieto-temporo-occipitale übergangsgegend (die sog. Pars parietalis basalis), welche gleichsam eine Brücke von schmalstreifiger Rinde vom Lobus parietalis zum Lobus fusiformis an der Basis bildet. Merkwürdig ist, wie die Breitstreifigkeit der T2 und T3 sich zum Teil dorsalwärts auf den Gyrus angularis etwas vorschiebt. Der Temporalpol zeigt gar keine senkrechte Streifung. An der Medianfläche zeigt die Rinde außer im schon erwähnten Ausmaße eine breite Streifung nur angedeutet im Gyrus limbicus anterior, die allmählich in die feine Streifung der Pars subrostralis übergeht. Im Occipitallappen ist eine breite Palisadenstellung der Zellen, jedoch nur von geringer Höhe der Palisaden, zu erkennen, welche aber die Calcarinarinde nicht einnimmt, aber sich an der Konvexität und Medianfläche in gleicher Weise zeigt. Die hintere Insel ist feinstreifig wie das untere Parietalläppchen, an das sie grenzt; die vordere ist nicht gestreift bis auf die orbitofrontale vordere Fläche derselben und den sog. Gyrus transversus insulae, auf den wir noch gleich zu sprechen kommen. Im übrigen geben die Abb. 45 und 46 so ziemlich einen Überblick über alle diesbezüglichen Details welche wir auch später noch bei Besprechung der einzelnen Areae genauer anführen werden.
Zellagerung. 79
Abb. 45 und 46. Schematische Darstellung der Art und der Ausbreitung der radiären Streifung über die Hirnrinde im Zellbild. Die Dichte der Schraffierung soll ein ungefähres Maß für die Deutlichkeit und Dichte der radiären Streifung in den einzelnen Regionen geben.
80 Allgemeines über den Cortex und seine Nervenzellen.
Vergleicht man unser Bild mit VOGTs Hirnkarte des Frontal- und Parietalhirns auf dem Bilde (Abb. 9, 10, 11), auf welchem die myeloarchitektonisch ermittelten Gebiete eingetragen sind, bei welchen die Markstrahlen weit in die Rinde bis in die obere Hälfte der III. Schicht hineinreichen und welche VOGT als euradiär bezeichnet, so bemerkt man schon an dem Vergleiche der beiden Abbildungen, daß der cytoarchitektonische Begriff unserer senkrecht gestreiften Rinde und der myeloarchitektonische seiner euradiären Rinde sich nicht vollkommen decken und daß die Grenzen auf beiden Bildern stellenweise recht verschiedene sein können. Auch aus diesem Umstand schon kann man schließen, daß die radiäre Streifung des reinen Zellbildes nicht bloß von dem Verhalten der Markstrahlen abhängt und nicht bloß durch das Auseinanderdrängen der Zellverbände in der Vertikalen durch die Markradii bedingt ist; denn es entsprechen nicht immer alle zellarmen Zwischenstreifen wirklichen Markstreifen, weder in horizontaler, noch in vertikaler Richtung! Es ist z.B. auch nicht immer notwendig, daß eine horizontale Zellschicht, welche infolge ihrer Zellarmut besonders licht im Zellbilde erscheint, tatsächlich reich an Markfasern wäre, und man darf nicht glauben, das Zellbild wäre einfach das Negativ des Markfaserbildes. Es kann sogar innerhalb einer sehr dichten Marklage sich auch eine sehr dichte Ansammlung von Zellen finden; so ist z. B. innerhalb der unteren Hälfte der IV. Schicht, welche meist sehr zelldicht ist, auch der dichte horizontale Markstreifen, von BAILLARGER lokalisiert! So können auch wieder in nicht euradiären Rindenabschnitten die Zellen doch trotzdem zu senkrechten langen Zellzügen übereinander radiär geordnet sein. In auffallender Weise ist dies z. B. an den vorgenannten orbitofrontalen Partien der vorderen Insel, am sog. Gyrus transversus insulae der Fall (Abb. 45), wo die Zellen des ganzen Rindenquerschnittes lang ausgezogene Formen. aufweisen, welche zu Zellzügen übereinander geordnet sind (Tafel XLII), die von der VI. Schicht bis unter die Molekularschicht reichen, ohne daß nach VOGT an dieser Stelle im Markbilde selbst eine besonders weithin aufreichende Markstreifung zu bemerken wäre. Hier verdankt also die Rinde ihre senkrechte Streifung im Zellbilde allein der Form und der Ordnung ihrer Zellen selbst zu senkrechten Zügen.
Außer der Einordnung zu horizontalen Schichten und zu senkrechten Zügen können sich die Zellen der Rinde auch sonst noch zu verschiedenartigen Gruppen ordnen. So sieht man z. B. gewöhnlich in der Umgebung von sehr großen Pyramidenzellen oder gar von Riesenzellen immer mehrere kleine Pyramidenzellen und daneben auch Körnerzellen in ihrer unmittelbaren Nähe sich um sie stellen, wie ein Schwarm.
Außerdem sind, wie schon früher gesagt, die Körnerzellen der IV. Schicht selten bloß in gleichmäßigen Abständen voneinander über die Oberfläche zerstreut, sondern meist zu kleineren oder größeren Häufchen zusammengeballt (S. 54, 123). In der II. Schicht, der sog. äußeren Körnerschicht, findet eine solche Zusammenballung regelmäßig in der Rinde dort statt, wo man sich dem Riechhirn nähert, und im Riechhirn selbst sind die Zellen der II. Schicht häufig zu ganz großen kugel- oder eiförmigen Gruppen und dichten Zellkomplexen, welche man Glomeruli nennt, zusammengeballt. In diesen Glomeruli behalten die Zellen der II. Schicht nicht immer die typische kleine Körnerform, sondern viele derselben wachsen zu äußerst großen sternförmigen Zellen aus, die in der entsprechenden Rindengegend sogar die größten Zellen des betreffenden Rindenquerschnittes übertreffen können (s. Tafel CI). Ausgesprochene Glomeruli oder auch nur die Andeutung zur Bildung von Glomeruli und Häufchen in der II. Schicht sind ein typisches Erkennungszeichen für das sog. Riechhirn oder dessen unmittelbare Nähe!
Zellagerung. 81
Lücken. Neben diesen Gruppenformen scheint es mir wichtig zu erwähnen, daß einige Rindengegenden schon normaliter eine etwas unregelmäßige Ordnung ihrer Zellen aufweisen, so besonders z. B. die III. Schicht im mittleren, oberen Frontalhirn und an der zweiten und dritten Temporalwindung sowie der ganze Rindenquerschnitt am Temporalpol, ferner überall dort, wo man sich dem „Riechhirn" unmittelbar nähert, und man sich hüten muß, in diesen Gebieten geringe Zellausfälle und sogar Lücken schon für pathologisch zu halten.
Das im Zentralnervensystem allgemein gültige Prinzip, daß gleichartige Zellen sich miteinander bei ihrer Differenzierung zu Verbänden gruppieren, erfährt auch in der Hirnrinde seine Bestätigung, indem hier, wie schon im vorhergehenden wiederholt angedeutet wurde, bestimmte Zellformen sich in der Rindenbreite zu bestimmten horizontalen, d. h. zur Rindenoberfläche parallel verlaufenden Zellagen vereinigen, zu den sog. Rindenschichten. Es spielen dabei die Hauptrolle die von MEYNERT hervorgehobenen drei Zellarten, der Pyramiden-, der Körner- und der Spindelzellen, die sich beinahe ausschließlich am Aufbau dieser Schichten beteiligen Am weitaus größten Teile der menschlichen Hirnrinde können wir im Zellpräparat sechs solcher Rindenschichten zählen (Abb. 32), die wir gewohnheitsmäßig mit römischen Ziffern nummerieren und von der Oberfläche gegen die Tiefe folgendermaßen bezeichnen:
I. Die molekulare oder plexiforme Schicht, welche äußerst zellarm ist.
II. Die äußere Körnerschicht oder Körperchenschicht, die aus dichtstehenden kleinen Zellen besteht.
III. Die Pyramidenschicht, die weniger dicht als die vorige, wie der Name schon besagen soll, aus Pyramidenzellen besteht; diese werden von der Oberfläche gegen die Tiefe der Rinde zu größer
IV. Die innere Körnerschicht, die aus dichtstehenden kleinen Zellen besteht.
V. Die ganglionäre Schicht oder tiefe Pyramidenschicht, die ebenfalls großenteils aus Pyramidenzellen besteht und schließlich
VI. Die Spindelzellenschicht, fusiforme Schicht, deren spindelförmige Zellen allmählich in der Tiefe schütterer werden und so den Übergang in die Marksubstanz vorbereiten.
Die Unterscheidung dieser sechs Zellschichten, welche von BEVAN LEWIS aus dem Jahre 1878 stammt 1), [footnote p 82 1) Daß die Sechsteilung der Rinde ursprünglich von BAILLARGER stammt, dann von BERLIN (1858) zuerst für das Zellbild übernommen wurde, haben wir im 1. Kapitel S. 8 schon gebührend hervorgehoben. ] erfolgt, wie ja doch schon ihre Nomenklatur zeigt, nach den Zellformen, welche die einzelnen Zellschichten hauptsächlich zusammensetzen, sie ergibt sich also unmittelbar aus dem Anblick der Zellschichten durchs Mikroskop (Abb. 32). MEYNERT hatte ursprünglich an dem Zellbilde der Rinde bloß fünf Schichten unterschieden, da er die V. und VI. Schicht zu einer einzigen zusammenfasste, seiner fünften Schicht, die er ebenfalls Spindelzellenschicht nannte. Doch hat BEVAN LEWIS ein für allemal gezeigt, daß die obere Partie dieser Meynertschen fünften Schicht von der übrigen als eigene Lage abzutrennen sei, da sie in dem größten Teile der Hirnrinde aus Pyramidenzellen besteht, oft sogar aus sehr großen Pyramidenelementen, welche wie Ganglienzellen der Medulla imponieren, derentwegen BEVAN LEWIS sie ganglionäre Schicht nannte und sie als V. Schicht bezeichnete, während die untere Hälfte der Meynertschen Spindelzellenschicht tatsächlich zum größten Teil und in beinahe allen Regionen der Hirnrinde aus Spindelzellen besteht und jetzt als VI. oder Spindelzellenschicht bezeichnet wird. Es ist also das Verdienst BEVAN LEWIS diese Einteilung in sechs Schichten ein für allemal eingeführt zu haben, eine Einteilung, die sich seither sehr bewährt hat und die wir auch beibehalten wollen als Grundlage unserer Ausführungen.
Allgemein-Anatomisches über die Schichtung der Rinde. 83
Das Prinzip der Gleichartigkeit der einzelnen Zellelemente in jeder einzelnen dieser Schichten ist natürlich bloß in großen Zügen aufzufassen. Denn im einzelnen finden sich natürlich viele Ausnahmen und Abweichungen davon. In der II. Schicht finden sich z. B. neben Körnern auch zahlreiche kleinste pyramidenförmige Zellen, die je nach der Hirnregion oft nicht nur an Größe, sondern auch an Zahl die Körner übertreffen können, und die sich mit den kleinen Pyramidenzellen der obersten Lagen der III. Schicht vielfach vermengen. In den tieferen Partien der III. Schicht sind neben den Pyramidenzellen meist auch schon sehr zahlreiche Körnerzellen eingestreut, ebenso auch in den oberen Partien der V. Schicht. Die IV. Schicht hinwiederum beherbergt regelmäßig neben den Körnern auch zahlreiche Pyramidenzellen, sogar solche recht großen Kalibers; und die Grenze zwischen der V. und der VI. Schicht ist oft sogar deswegen schwer anzugeben, weil die Zellen der einen oder der anderen dieser beiden Schichten häufig noch recht weit im Gebiete der anderen anzutreffen sind. Am leichtesten erklärt sich dieser Umstand der Zellvermengung an den Grenzen der Schichten aus der Entwicklung, indem die Zellen bei ihrer Differenzierung, Umlagerung und Wanderung durch Unvollkommenheiten der Wachstumsverschiebungen nicht bis in die richtige Schicht gelangen. Dieser Umstand der Zellvermengung, welcher ebenfalls in den verschiedenen Hirnregionen in seiner Intensität recht verschieden sein kann, hat sicher jeweilig auch irgendeine ihm spezifisch zukommende physiologische Auswirkung, mit anderen Worten, auch seine physiologische Bedeutung, und zwar wohl auch noch dort, wo eine solche Heterotopie eine bloß individuelle und persönliche Variante bedeutet. Diese Varianten gehen dann allmählich in pathologische Heterotopien über, wie wir sie ja vielfach für die Rinde kennen.
Aus dieser bei näherer Betrachtung also nicht absolut scharfen Abgrenzung der Schichten gegeneinander ist es ohne weiteres ersichtlich, daß bei dieser laminären Teilung gerade in sechs Schichten doch auch natürlich immer ein gewisses subjektives und konventionelles Moment mit im Spiele ist, wie bei jeder Einteilung, die wir in der Natur treffen, die aber zu jeder Verständigung immer wieder notwendig ist. Betrachtet man die einzelnen Schichten der sechsschichtigen Rinde näher (Abb. 32), so sieht man bald, daß in dem größten Teile derselben die III. Schicht sich nach dem Kaliber ihrer Zellen und auch nach der Dichtigkeit in eine oberflächlichere, aus kleinen Pyramidenzellen bestehende IIIa, eine mittlere Schicht IIIb, welche aus mittelgroßen, etwas weniger dicht stehenden Pyramidenzellen besteht, und eine tiefe Unterschicht IIIc, welche die größten Pyramidenzellen enthält, ohne weiteres unterteilen läßt. Ferner zerfällt die V. Schicht meist in eine zellkleinere, zellreichere und zelldichtere Oberschicht Va und eine zellgrößere, zellärmere und zellockere Unterschicht Vb. Die VI. Schicht wieder zerfällt ebenfalls in eine zellgrößere, zellreichere und zelldichtere obere Schicht VIa und eine zellkleinere, zellärmere und zellockere untere Schicht VIb, welch letztere sich sehr allmählich in das Windungsmark auflöst und tief zwischen die in die Rinde einspringenden Bündel des Windungsmarkes vordringt, um zuletzt ohne jede scharfe Grenze allmählich durch Zellverlust aufzuhören. Diese Unterteilung der Pyramidenschicht in drei Unterschichten, der ganglionären und der Spindelzellenschicht in je zwei Unterschichten vermehrt also die Anzahl der Schichten eigentlich schon auf zehn. Aber wir sind weit davon entfernt, etwa eine Einteilung in zehn Schichten zur allgemeinen Annahme vorzuschlagen, denn da müsste man, obschon dieselbe im größten Teile der Großhirnrinde ohne weiteres durchführbar wäre, doch wieder regional immer wieder die Schichtenzahl ändern, denn in der Calcarinarinde z. B. kann man nach diesem Prinzip ohne weiteres 14 - 16 Schichten beim Menschen unterscheiden. Es ist daher viel besser, die Sechsschichtung von BEVAN LEWIS, die in der Zellform der einzelnen Schichten ihre gute Begründung hat, beizubehalten und über lokale Änderungen der Schichtenzahl sich durch eine Unterteilung dieser sechs Schichten zu verständigen, wie wir es z. B. betreffs der Unterteilung der III. Schicht in IIIa, IIIb, IIIc getan haben, so daß man dann auch immer gleich weiß, in welcher Höhe der Rinde eine Schichtungsänderung zu lokalisieren ist. Andernfalls käme man dazu, in den verschiedenen Hirnteilen bald sieben, bald acht, bald neun Schichten und mehr zu unterscheiden, wie es CAJAL getan hat, so daß einerseits die Homologisierung der Schichten der verschiedenen Hirnregionen, andererseits aber auch, was viel unangenehmer ist, die allgemeine Verständigung über Rindenverhältnisse überhaupt schwer darunter leidet. Außerdem hat ja auch schon HAMMARBERG, welcher doch eigentlich als erster ein grundlegendes Werk über die Cytoarchitektonik der Hirnrinde geliefert hat, darin ebenfalls die sechs Schichten von BEVAN LEWIS als Grundlage zu seinen Studien genommen, von der Erkenntnis ausgehend, daß dieselbe, da sie sich auf die äußere Form der Zellen stützt, also für jedermann sichtbar ist, sich auch ohne jeden Zwang für diese Studien am besten eignet. Es ist also gar kein Grund vorhanden, von dieser alten, äußerst praktischen und auf unmittelbarer, unbefangener Anschauung beruhenden Einteilung aus irgendwelchen künstlichen Überlegungen abzugehen; denn wenn man der Einteilung von BEVAN LEWIS vorwirft, daß sie ein persönlich willkürliches Moment der Schichteneinteilung der Hirnrinde in sich schließt, so ist dies ein Vorwurf, den man jeder weiteren derartigen Einteilung der Rinde, ja jedem wissenschaftlichen Einteilungsprinzip überhaupt, ohne weiteres in noch erhöhtem Maße machen kann. Es wirkt in CAJALs so lehrreichen und prächtigen Werken und in CAMPBELLs sonst so vorzüglichem Buche über die Cytoarchitektonik der Hirnrinde, welches nach dem Buche HAMMARBERGs das einzige bisher geblieben ist, welches gute Bilder von der menschlichen Hirnrinde bringt, äußerst störend und verwirrend, daß diese Autoren LEWIS' und HAMMARBERGs Einteilung ohne genügenden Grund einfach beiseite schoben, letzterer durch Verschmelzung der II. und IIIa. Schicht zu einer neuen Schicht und durch Teilung der restlichen III. Schicht in zwei eigene Schichten usw. Durch diese Umnumerierung der schon von MEYNERT und BETZ begründeten Einteilung, welche von BEVAN LEWIS und HAMMARBERG vervollständigt und konventionell festgelegt wurden, haben sie das Verständnis für ihre eigenen Arbeiten bedeutend erschwert und sie hätten schon aus praktischen Gründen die einmal festgelegte Einteilung in sechs Schichten, welche für das unbefangene Auge an der Zellform unmittelbar erkennbar bleibt, nicht ändern sollen. Ebenso bedauern wir es, wenn in neuerer Zeit VOGT den unteren Teil der VI. Schicht, der sich ins Mark allmählich auflöst und den man als Schicht VIb bezeichnet, als eigene VII. Schicht darstellen möchte, oder gar wenn MOTT die Schichtenanzahl auf vier oder fünf wieder beschränken will. Es erschwert nämlich unnötigerweise jede Verständigung, wenn wegen unbedeutender persönlicher Bedenken jeder Forscher, der sich erneut an dieses Thema heranmacht, sich auch gleich für verpflichtet hält, die praktisch bewährte und auch sachlich genügend begründete Einteilung in sechs Schichten durch eine neue, individuelle von Grund auf zu ersetzen. Es gibt bisher keine derartige Bedenken gegen die Sechsschichtung, die nicht ihren tatsächlichen rein wissenschaftlichen Ausdruck in vollständig genügend verständlicher Form fänden, wenn man sie durch eine Unterteilung innerhalb des sechsschichtigen Schemas von BEVAN LEWIS einfügt. BRODMANN, der sich, wie wir im historischen Teile schon erwähnten, sehr gründlich und erfolgreich mit der Cytoarchitektonik befasst hat, hat, auf HAMMARBERG fußend, die BEVAN LEWISsche Sechsschichtung für die der Wahrheit am nächsten kommende und für die einzig praktische gehalten und, wohl vom Wunsche getrieben, die vielfachen, fortwährend sehr störenden individuellen Änderungsversuche daran endgültig aufzustellen den recht gelungenen Versuch unternommen, diesen sechsschichtigen Rindenbau schon in der embryonalen Entwicklung als Grundlage jeder Kortexschichtung (mit Ausnahme des Allocortex) zu erweisen sog. tektogenetischer Grundtypus. Dieser Beweis ist ihm, wie wir gleich später auseinandersetzen werden, zum Teil recht gut gelungen, aber natürlich ist auch bei der embryonalen Rinde die Einteilung in sechs Schichten ebenso wieder von der subjektiven Anschauung des Untersuchers abhängig wie beim Erwachsenen, und so hat z. B. VOGT, gerade auf denselben embryonalen Studien fußend, es für gut befunden, wieder sieben Schichten aufzustellen. Aber immerhin hat BRODMANN für die allgemeine Anerkennung des sechsschichtigen Baues der Rinde das Nötige geleistet und wenigstens so viel erreicht, daß doch endlich jetzt alle stillschweigend übereingekommen sind, die Sechsschichtung als solche anzuerkennen, und die deutsche Wissenschaft hat diesen Erfolg BRODMANNs damit quittiert, daß diese sechsschichtige Rindeneinteilung aus Dankbarkeit für seine Bemühungen zum Andenken an BRODMANN mit dessen Namen belegt wurde, ein Unternehmen, das ebenso lobenswert als unberechtigt ist, da dieselbe doch schon 50 oder 25 Jahre vorher von BAILLARGER und BERLIN dann von BEVAN LEWIS und HAMMARBERG begründet wurde.
84 Aufbau und Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Allgemein-Anatomisches über die Schichtung der Rinde. 85
Wir bleiben also aus allen diesen Erwägungen heraus ebenfalls bei der von BEVAN LEWIS, HAMMARBERG und nun auch von BRODMANN fixierten Einteilung der Rinde in die bekannten sechs Schichten und geben in nachstehender Tabelle das Verhältnis der Schichteneinteilung der einzelnen Autoren zueinander, um die Befunde auch jener Autoren verwerten und vergleichen zu können, welche es bisher für gut befunden haben, sich dieser Sechsschichtung nicht anzuschließen
Die oberen drei Schichten zusammen I + II + III nennt man nach KAES die äußere Hauptschicht, die unteren drei Schichten IV + V + VI die innere Hauptschicht.
Der größte Teil der Hirnrinde des Menschen weist diese Sechsschichtung mehr oder weniger deutlich auf, und wir nennen sie in Anlehnung an BRODMANN und VOGT isogenetischer Cortex (kurz Isocortex), zum Unterschiede eines kleinen Cortexabschnittes, der nach ganz anderen Prinzipien gebaut ist (Riechhirn) und den man allogenetischen Cortex (kurz Allocortex) nennt. Aber auch innerhalb des rein isogenetischen Cortex erfahren diese sechs Schichten sehr mannigfache Alterationen, einerseits schon in jeder Windung an und für sich betreffs ihrer Breite sowohl als ihrer Zellentwicklung, andererseits aber auch regionale Änderungen in den verschiedenen Hirnteilen, wie wir schon wiederholt bei Besprechung der allgemeinen Rindendicke der Zellform, -zahl, -dichtigkeit und der radiären Streifung der Rinde immer wieder erwähnt haben. Auch andere Modifikationen können die Schichten als Ganzes erfahren; sie können sich z. B. spalten, in Unterschichten zerfallen oder umgekehrt miteinander verschmelzen oder auch ganz verschwinden, wie wir dies für die Körnerschichten auf S. 56 schon angedeutet haben. Trotz all dieser Änderungen, durch welche eben die Verschiedenheit der einzelnen Rindenareale bedingt wird und die wir im speziellen Teile dieses Buches bei Besprechung der Areae noch sehr genau durchgehen werden, kann man beinahe im ganzen Ausmaße der menschlichen Hirnrinde die Grundlage des sechsschichtigen Baues doch immer wieder auch in diesen Änderungen wiederfinden und bezeichnet so geänderte Teile des isogenetischen Cortex als heterotypisch zum Unterschied des gewöhnlichen ungeänderten, homotypischen isogenetischen Cortex. Aber, wie gesagt, auch im heterotypischen isogenetischen Cortex erkennt man die Anlage der sechs Schichten doch immer, sei es, daß beim eben besprochenen Verschwinden einzelner Schichten dieselben doch nicht ganz unsichtbar werden, sondern noch leicht angedeutet bleiben, sei es, daß man bei ihrer Spaltung oder ihrem Zerfall doch an den Unterschieden ihrer Zellform noch auch weiter ihre Zugehörigkeit zu der entsprechenden Schicht erkennt, oder sei es endlich, daß man bei Verfolgung ihrer Entwicklung bis ins Embryonalleben, wie es BRODMANN speziell getan hat, doch wenigstens in diesem fötalen Stadium den sechsschichtigen sog. tektogenetischen Grundtypus (wie sich BRODMANN ausdrückt) der Rindenstelle wiederfinden kann. Dieser sechsschichtige Grundtypus ist nach BRODMANN im 6. bis 8. Fötalmonate beinahe für jede Rindenstelle, wenn auch zu etwas verschiedenen Zeiten, immer wieder nachweisbar. Wir wollen daher hier nur ganz kurz und nur in schematischem Überblicke zu diesem Zwecke die Rindenentwicklung durchgehen.
86 Tabelle zur Schichteneinteilung der verschiedenen Autoren.
Unsere Einteilung | KöLLIKER 1855 | BERLIN 1858 | MEYNERT 1868 (BETZ 1881) | BEVAN LEWIS 1878 (HAMMARBERG 1895) (BRODMANN 1902) | CAMPBELL 1905 | MOTT 1907 | CHR. JAKOB | ||
äußere Hauptschicht | I. Molekularschicht
Lamina zonalis |
1. oberflächliche weiße Lage | 6. zellose Lage | 1. Molekularschicht | 1. zellarme Schicht | 1. plexiforme Schicht | 1. Zonalschicht | 1. Stratum suprapyramidale | Strat. Suprapyramidale |
äußere Hauptschicht | II. äußere Körnerschicht
Lamina granularis externa |
2. graue Lage | 5. äußere dichte Lage kleiner pyramidenförmiger Zellen | 2. äußere Körnerschicht | 2. kleine Pyramidenzellen | 2. kleine Pyramidenzellen | 2. kleine, mittlere u. groß Pyramidenzellen | 2. äußere Fundamentalschicht | Stratum pyramidale |
äußere Hauptschicht | III. äußere Pyramidenschicht
Lamina pyramidalis a) der kleinen |
2. graue Lage | 5. äußere dichte Lage kleiner pyramidenförmiger Zellen | 3. Pyramidenschicht | 3. große Pyramidenzellen | 2. kleine Pyramidenzellen | 2. kleine, mittlere u. groß Pyramidenzellen | 2. äußere Fundamentalschicht | Stratum pyramidale |
b) der mittelgroßen | 2. graue Lage | 4. licthtere Lage größerer pyr. Zellen | 3. Pyramidenschicht | 3. große Pyramidenzellen | 3. mittlere Pyramidenzellen | 2. kleine, mittlere u. groß Pyramidenzellen | 2. äußere Fundamentalschicht | Stratum pyramidale | |
c) der großen Pyramiden | 2. graue Lage | 3. innere dichtere Lage kleiner Zellen | 3. Pyramidenschicht | 3. große Pyramidenzellen | 4. große Pyramidenzellen | 2. kleine, mittlere u. groß Pyramidenzellen | 2. äußere Fundamentalschicht | Stratum pyramidale | |
Innere Hauptschicht | IV. Innere Körnerschicht
Lamina granularis interna. |
3. innere weiße Lage | 3. innere dichtere Lage kleiner Zellen | 4. innere Körnerschicht | 4. innere kleine Pyramiden | 5. Sternzellen | 3. Körnerschicht | 3. Stratum intermedium | Stratum pyramidale |
Innere Hauptschicht | V. Ganglienzellschicht
tiefe Pyramidenschicht a) obere Lage |
4. graurötliche Lage | 3. innere dichtere Lage kleiner Zellen | 5. Spindelzellenschicht | 5. Ganglienzellschicht | 6. innere große Pyramidenzellen | 4. innere Schicht polymorpher Zellen | 4. innere Fundamentalschicht | Stratum pyramidale |
b) tiefe Lage | 2. lichtere Lage großer Zellen | 5. Spindelzellenschicht | 5. Ganglienzellschicht | 6. innere große Pyramidenzellen | 4. innere Schicht polymorpher Zellen | 4. innere Fundamentalschicht | Stratum pyramidale | ||
Innere Hauptschicht | VI. Spindelzellschicht
a) obere Lage |
4. graurötliche Lage | 2. lichtere Lage großer Zellen | 5. Spindelzellenschicht | 6. Spindelschicht | 7. Spindelzellen | 4. innere Schicht polymorpher Zellen | 4. innere Fundamentalschicht | Stratum subpyramidale |
b) tiefe Lage | 1. Lage großer spindel. Zellen | 5. Spindelzellenschicht | 6. Spindelschicht | 7. Spindelzellen | 4. innere Schicht polymorpher Zellen | 4. innere Fundamentalschicht | Stratum subpyramidale |
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten. 87
Wir geben hier eine Reihe von sechs halbschematischen Bildern, an denen die Ontogenese der Rinde leicht verständlich veranschaulicht werden soll.
Die Bildung des Cortex erfolgt durch Umwandlung der ursprünglich epithelialen, ependymären Wand des Hemisphärenbläschens in der 5. Woche zu einer breiteren Lamelle (Abb. 47), die nach außen von der Membrana limitans externa (le) und nach innen von der Membrana limitans interna (li) begrenzt wird, in deren Gerüstmaschen zahlreiche Zellkerne zu sehen sind, dunklere Spongioblasten für das künftige Gliagerüst und hellere Mutterzellen der Neuroblasten. Bald kann man an dieser lamellären Hemisphärenwand (Abb. 48) einen äußeren Abschnitt unterscheiden, in welchem die Kerne weniger dicht stehen und später überhaupt kaum mehr vorhanden sind, den sog. Randschleier (RS) unmittelbar unter der Pia (P), und einen inneren Teil, der sehr kernreich ist, die sog. Matrix (M), welcher in der an die Membrana limitans interna (li) angrenzenden Partie säulenförmige Streifen zeigt, in deren Gerüstmaschen zahlreiche Zellkerne vorhanden sind, welche mitotische Teilungsfiguren aufweisen (letzteres in Abb. 48 nicht gezeichnet). Später sammelt sich eine Lage von Kernen x im obersten Teile des Randschleiers RS unmittelbar unter der Membrana limitans externa (le); der Rest des Randschleiers wird beinahe kernlos (Abb. 49). In der nächsten Entwicklungsstufe sieht man zwischen dem Randschleier AS und dem dichten Teile der Matrix, der sog. Keimschicht M', eine zellärmere Übergangszone, die sog. Zwischenschicht (Z) erscheinen (Abb. 49). Die aus der Keimschicht der Matrix entstehenden Neuroblasten (n) beginnen nun in der 6. Woche nach außen zu wandern, und zwar bis an die Grenzen dieser Zwischenschicht Z und des Randschleiers, wo sie sich allmählich von der 8. Woche an zu einer sog. Nervenzellenschicht, auch Pyramidenschicht oder Rindenschicht genannt (Py), ansammeln (Abb. 50). Die Anlage zu dieser Bildung beginnt im Hemisphärenbläschen schon in der 8. Woche, und zwar zuerst an der lateralen Seite des Hemisphärenbläschens, an der Aussenseite des Streifenhügels und breitet sich von hier aus dorsalwärts allmählich über die Hemisphärenwand medialwärts vorschreiten immer mehr aus. Schon im 3. Monat ist diese Rindenschicht gut erkennbar (Abb. 51); diese Abbildung ist schon bei viel schwächerer Vergrößerung gezeichnet. In der Zwischenschicht, deren aüßerster Teil den Übergang zur Rindenschicht (Py) bildet und die einerseits an der Bildung dieser Rindenschicht selbst teilnimmt (Z') und deren innerster Teil (Z) andererseits noch zur Matrix gehört, entwickelt sich später die Anlage zur Marksubstanz, wie auf Abb. 51, an der die Zwischenschicht (Z) schon recht licht- und zellarm scheint, zu sehen ist. So kann man schon in der Mitte des 3. Lebensmonats an der Zirkumferenz der Decke des ganzen Hemisphärenbläschens, also in der ganzen Hemisphärenwand, die Matrix, die Zwischenschicht, die Rindenschicht und die Randschicht unterscheiden. Vom 3. bis 5. Monat wächst die Rindenschicht infolge zunehmender Einwanderung von Neuroblasten ganz bedeutend, wie dies an der Abb. 52 zu sehen ist und wie man es in dem Bild I und Bild X der Abb. 66 (S. 100) (an diesen zwei Schnitten, die durch den Frontal- resp. Occipitalpol des Gehirns eines Foetus gehen) ohne weiteres für die ganze Zirkumferenz der Hemisphärenblase erkennt. Bei der Weiterentwicklung verdickt sich nun die ganze Hemisphärenwand, und zwar ganz speziell die Zwischenschicht derselben und zum Teil, wie oben erwähnt, auch die Rindenschicht (oder Nervenzellschicht) bedeutend Es entsteht nun aus der Randschicht die später als I. Schicht bezeichnete Molekularschicht, aus der Rindenschicht die eigentliche zellführende graue Rinde, aus der obersten Lage der Zwischenschicht Z' das Windungsmark und die tiefste Rindenlage (VIb), und aus der übrigen Zwischenschicht Z" und Z die tiefe Markmasse, was man schon aus der Abb. 52 ohne weiteres erkennt, während aus der Keimschicht der Matrix das Höhlengrau wird. In der Weiterentwicklung wollen wir nun nur mehr den Randschleier (Molekularschicht) und die Pyramidenschicht (Rindenschicht) betrachten, aus denen sich die eigentliche graue Rinde weiterentwickelt. Die Rindenschicht wird allmählich ganz bedeutend breiter und übertrifft im vieles nun Breite die Molekularschicht, die dann relativ recht schmal erscheint. Sie besteht aus einer ungeheuren Menge dicht gedrängter rundlicher Zellen. Indem nun unmittelbar über und unter der etwas dichteren Mitte der breiten Rindenschicht (Py) die Zellgruppierung sich etwas auflockert, wird der dichtere Mittelstreifen nach oben und nach unten von zwei lichteren breiten Streifen begrenzt, auf welche wieder oberflächenwärts sowohl als in die Tiefe zu die Nervenzellschicht ihre gewöhnliche etwas stärkere Zelldichte behält; so kann man an der Nervenzellschicht allein dadurch schon fünf in der Dichte verschiedene aufeinanderfolgende lichte und dunkle Streifen erkennen so daß wir bei Hinzuzählung des zellarmen Randschleiers jetzt schon die sechs Rindenschichten angelegt finden, wie Abb. 53 zeigt, die von BRODMANNs Buch (Die Lokalisationslehre) entnommen ist; und zwar zu äußerst den lichten Randschleier als I. Schicht, dann die dichte II Schicht, dann die helle III Schicht, dann die dunkle IV Schicht, dann die dunkle V. «und die dichte VI Schicht. Diese Sechsschichtung der embryonalen Rindenschicht ist an dem ganzen dorsalen Hirnmantel ziemlich allgemein zu sehen, auch an jenen Stellen, wo sie in der späteren Weiterentwicklung nicht mehr anzutreffen ist. Auf Grund dieser Befunde aber hat BRODMANN den Satz aufgestellt, daß zwischen dem 6. und 8. Fötalmonat alle Teile des Cortex (mit Ausnahme des nicht sehr ausgedehnten, später zu erwähnenden, überhaupt anders angelegten Allocortex) den sechsschichtigen „tektogenetischen Grundtypus" aufweisen. Natürlich zeigen nicht alle Rindenteile gleichzeitig diesen Grundtypus, sondern es kann an einer Rindenstelle derselbe noch nicht entwickelt sein, während er an einer anderen Stelle eben sichtbar ist und an einer dritten Stelle vielleicht schon von einer weiteren spezifischen Entwicklung überholt ist. Hier sei jedoch gleich erwähnt, daß aus dem mittleren dunklen Streifen der ursprünglichen Rindenschicht, welcher am dichtesten die Neuroblasten enthielt, nicht allein die IV. Schicht hervorgeht, sondern mindestens such die unteren Teile der III. und die oberen Teile der V. Schicht.
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Abb. 47 - 52. Halbschematische Darstellung der embryonalen Entwicklungsphasen der Großhirnrinde von der ependymären Anlage bis zur vollen Entwicklung der sog. Pyramidenschicht im 5. Embryonalmonst. - le, li Membrana limitans externa, interna; M Keimschicht; M' aus derselben entstandene Matrix; n Neuroblasten; P Pia mater; Py Pyramiden- oder Rindenschicht, aus der sich die eigentliche zellführende Rinde entwickelt; RS Randschleier (spätere Molekularschicht); x Keimschicht im Randschleier, aus der sich später Glia- und Cajalsche Zellen der Molekularschicht entwickeln; Z Zwischenschicht, aus der sich das Mark entwickelt; Z' an die zellführende Rinde angrenzender Teil der Zwischenschicht (später VIb).
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten. 89
90 Aufbau und Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Abb. 53. Tektogenetische sechsfache Grundschichtung der Rinde im 8. Fötalmonat (Lobus parietalis) nach BRODMANN. Die Aufhellung oberhalb und unterhalb der die Rindenmitte einnehmenden dichten (IV.) Schicht entspricht der III resp. V Schicht; nach außen resp. nach innen davon die wieder dichtere II und VI Schicht zu sehen; an der Oberfläche die aus dem Randschleier hervorgegangene I (Molekular-) Schicht. Die Rinde des Lobus parietalis bleibt zeitlebens sechsschichtig (homotypischer Isocortex).
Die eben angeführte Abb. 53 zeigt, wie gesagt, ein Stück der Parietalrinde im 8. Fötalmonat; dieselbe bleibt auch weiterhin zeitlebens sechsschichtig und zeigt also such schon in diesem Alter die Sechsschichtung ganz deutlich. Aber auch jene Teile des Isocortex, welche später weniger oder mehr als sechs Schichten aufweisen werden (Heterotypien!), durchlaufen im Fötalleben einmal die Phase der Sechsschichtung. Abb. 54 z. B. zeigt (ebenfalls nach BRODMANN) ein Stück Rinde der vorderen Zentralwindung des 8. Fötalmonats, die hier ebenfalls noch sechsschichtig ist, obschon sie bald später ihre innere Körnerschicht (IV) und zum Teil such die obere Körnerschicht (II) einbüßen wird und so gleichsam vierschichtig werden wird, wie man es an unseren photographischen Tafeln I und II sieht; im 8. Fötalmonat jedoch zeigt sie wie gesagt noch deutlich den sechsschichtigen Typus. Abb. 55 zeigt wieder (ebenfalls nach BRODMANN) ein Stück der Calcarinarinde aus dem 6. Fötalmonat, welche auch noch ganz deutlich bloß sechs Schichten aufweist, während wir wissen, daß dieselbe später durch Spaltung der IV. Schicht einen mindestens achtschichtigen Typus aufweisen wird (vgl. unsere photographische Tafel LXXXVI). Wir sehen also, wie sowohl jene Rindenteile, welche in der späteren Entwicklung einen mehr als sechsschichtigen Typus aufweisen, als auch jene Rindenteile, welche in der Weiterentwicklung einen Schichtenverlust erleiden, im zweiten Drittel der Fötalentwicklung scheinbar immer durch das sechsschichtige Stadium hindurchgehen. Es läßt sich also der überwiegend große Teil des Großhirnmantels, wie es BRODMANN richtig gezeigt hat, auf den sechsschichtigen Grundtypus zurückführen, und wir nennen in Anlehnung an diesen Autor diese Rindenanlage den tektogenetischen Grundtypus und den aus demselben entstehenden Cortex, welcher den überwiegend größten Teil der Hemisphärenrinde später bildet, gleichgültig, ob derselbe nachträglich eine Reduktion oder eine Vermehrung der Schichten erleiden wird, weil er diesem einen und selben Grundtypus seine Entstehung verdankt (nach BRODMANN und VOGT), den isogenetischen Cortex oder kurz Isocortex. Er bildet, wie gesagt, in der Hauptsache das ganze Neopallium und beim Menschen den weitaus überwiegenden Teil der gesamten Großhirnrinde. Er entspricht so ziemlich dem, was MEYNERT die graue Rinde nannte und was auch VOGT auf Grund seiner myeloarchitektonischen Studien mit dem Namen Isocortex schon bezeichnet hat. BRODMANN bezeichnete ihn eigentlich vgl. 1. Kapitel (s. S. 14) als homogenetische Rinde, da jedoch dieser Ausdruck wegen der Einteilung derselben, und zwar in eine unveränderte sechsschichtige Unterabteilung und eine in der Schichtenzahl veränderte Unterabteilung, die sog. homotypischen und heterotypischen Cortexpartien wegen der Ähnlichkeit des Namens zu Verwechslungen Anlaß gibt, haben wir den Namen isogenetischen Cortex in Anlehnung an VOGT angenommen, für den wir such kurz VOGTs Ausdruck Isocortex verwenden wollen, auch wenn die Deckung der beiden Begriffe sich als keine absolut vollständige erweisen sollte. Die einzelnen Teile des später vollentwickelten Hirnmantels, welche zum isogenetischen Cortex gehören, hier jetzt aufzuzählen erübrigt sich, da er besser dadurch definiert wird daß man die wenigen nicht zum Isocortex gehörenden Teile verzeichnet. Es sind dies beim Menschen, wie gesagt, nur geringe Teile des Gehirns, und zwar hauptsächlich jene Teile, die man sonst in der Anatomie zum sog. „Riechhirn" oder „Rhinencephalon" zählt, mit Ausschluß alle allerdings des Gyrus cinguli superior, der ja in der groben Anatomie meist auch zum Riechhirn gezählt wird, der aber für uns, cytoarchitektonisch, ebenfalls zum isogenetischen Cortex, d. h. größtenteils zur grauen Rinde gehört (vgl. Abb. 11 nach VOGT).
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten 91
Abb. 54. Tektogenetische sechsfache Grundschichtung im 8. Fötalmonat als Durchgangsstadium der später fünf- oder vierschichtigen Rinde der Kuppe der vorderen Zentralwindung (nach BRODMANN). I - VI Rindenschichten; in Vg sind schon BETZsche Riesenzellen in der Anlage zu erkennen; die IV. Schicht geht im Laufe der Entwicklung wieder verloren und diese Rindenstelle stellt später einen agranulären heterotypischen Isocortex dar.
Abb. 55. Tektogenetische sechsfache Grundschichtung im 6. Fötalmonat als Durchgangsstadium der später achtschichtigen Calcarinarinde nach BRODMANN. II bis VI Rindenschichten; die IV. Schicht, welche später durch einen in ihrer Mitte sich entwickelnden lichten Streifen (Gennarischer Streifen) in drei Unterschichten zerfällt, ist hier im 6. Fötalmonat noch einfach, obschon breiter und zellreicher als in der Nachbarrinde.
92 Aufbau und Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Abb. 56
Abb. 57
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten. 93
Abb. 56 - 58. Konvexität, Medianfläche und Basalfläche des Gehirns, auf welchen die allogenetischen Rindenpartien (Allocortex) rot eingezeichnet sind. Alles übrige ist isogenetische Rinde (Isocortex), und zwar stellen die weiß gelassenen Teile die gewöhnliche granuläre sechsschichtige Rinde dar, den sog. homotypischen Isocortex, die blau gefärbten den anders gebauten nicht sechsschichtigen sog. heterotypischen Isocortex dar. Von letzterem weisen die dunkelblauen Teile eine durch eine allgemeine Verkörnelung der Zellen entstandene granulöse Heterotypie auf, den sog. Koniocortex; die lichtblau gefärbten Teile weisen dagegen eine durch einen Verlust der Körnerschichten entstandene agranuläre Heterotypie des Isocortex auf. Das starke Überwiegen des Isocortex über den beim Menschen relativ unansehnlichen Allocortex ist hier sehr auffallend; der Allocortex nimmt kaum 1/11 der Rindenoberfläche ein.
94 Aufbau und Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Abb. 59 und 60. Konvexität und Medianfläche des Großhirns des Igels (nach BRODMANN), Der Isocortex ist weiß gelassen; der Allocortex ist horizontal schraffiert. Hier ist also, zum Unterschiede vom Menschen, der größere Teil des Gehirns, und zwar ca. 3/4, vom Allocortex eingenommen. B. o. Bulbus olfactorius; T. o. Tuberculum olfactorium; L. p. Lobus piriformis.
Das eigentliche Riechhirn dagegen weist einen ganz anderen Bautypus auf, der sich such embryologisch nicht auf den tektogenetischen sechsschichtigen Grundtypus zurückführen läßt, weswegen wir ihn allogenetischen Cortex nennen wollen, nach dem Beispiele BRODMANNs und VOGTs, welch letzterer ihn als Allocortex bezeichnet. VOGTs Umgrenzung des Allocortex (Abb. 11 und 12) stützt sich allerdings auf seine myeloarchitektonischen Studien, und wieweit sich diese Grenzen mit den cytoarchitektonisch ermittelten decken, wird sich in der Zukunft zeigen; bedeutend dürfte der Unterschied wohl nicht sein, daher haben wir es vorgezogen, die gleiche Bezeichnung für den Cortex zu übernehmen und BRODMANNs Ausdruck „heterogenetisch" aus den oben angeführten Gründen zu vermeiden. Dieser allogenetische Cortex also, oder kurz Allocortex, entspricht so ziemlich dem Archipallium KAPPERS d. h. der weißen und der defekten Rinde MEYNERTs zusammen; beim Menschen macht derselbe nur einen unbedeutenden Teil des Großhirns aus, bei makrosmakischen Tieren jedoch ist derselbe oft ungewöhnlich stark entwickelt. Auf Abb. 56, 57, 58 ist der allogenetische Cortex rot gemalt. Wir sehen, daß er einen ganz unbedeutenden Teil der Rinde einnimmt, während Abb. 59 und 60 denselben beim Igel wiedergibt, wo er den überwiegend größten Teil der Großhirnoberfläche ausmacht. Beim Menschen beschränkt sich der Allocortex, wie man sieht, auf folgende Teile (vgl. hierzu Abb. 21 - 24): den Bulbus und Tractus olfactorius, das Trig. und Tuber. olfactor., die laterale Olfactoriuswurzel mit dem Gyrus olfactorius lateralis in allen seinen drei Abschnitten (am caudalsten Randteile des orbitalen Frontalhirns, am Pli falciforme der Insel und seinem hinteren Teil am vorderen Rande des Temporalhirns); ferner gehört dazu das Ende des Gyrus olfactorius lateralis, nämlich der Gyrus semilunaris auf dem Uncus; dann der Gyrus ambiens, der Uncus selbst und der größte Teil des Gyrus hippocampi bis zum Isthmus, ferner die Substantia perforata anterior und die mediale Olfactoriuswurzel mit dem Gyrus olfactorius medialis, der an die mediale Hirnfläche zieht, ferner die unmittelbar mit diesen zwei Gebilden in Verbindung stehenden und angrenzenden caudalen Randteile des medianen subrostralen Frontalhirns; also der Gyrus subcallosus oder geniculatus und anschließend daran der unmittelbar an den Balken angrenzende schmalste Rindenabschnitt des Gyrus cinguli samt dem mit ihm zusammenhängenden Induseum griseum, also der sog. Gyrus intralimbicus oder Gyrus dentatus superior in seiner ganzen zwingenartigen bogenförmigen Ausdehnung um den Balken herum, nach rückwärts bis zum Splenium, wo derselbe in die ebenfalls zum Allocortex gehörende Fasciola cinerea, den Gyrus fasciolaris und die Gyri Andreae Retzii übergeht, mit ihrer Fortsetzung in die Fascia dentata, den Gyrus dentatus inferior, dann die Rinde des Ammonshorns, welche dann wieder vom Isthmus aus der ganzen Länge nach innig mit dem allogenetischen Teile des Gyrus hippocampi zusammenhängen, d. h. also mit dem Subiculum und der Präsubiculargegend, und welche weiter frontal in das fimbriäre Ende des Uncus, d. h. in die Gyri digitati desselben, ins Giacominische Band und das Velum terminale übergehen. Schließlich gehört auch die Lamina terminalis und das Septum lucidum eigentlich zum allogenetischen Cortex. In der Tiefe steht derselbe durch die Substantia perforata mit dem Corpus striatum und mit dem Claustrum und am Uncusende mit dem Nucleus amygdalae in kontinuierlicher Zellverbindung. Er bildet also ein geschlossenes Gebilde um den Balken. Wir sehen, daß der Allocortex beim Menschen an der medialen Hirnfläche einen geschlossenen Kreis und an der basalen Hirnfläche eine damit zusammenhängend kleine Fläche bildet (siehe hierzu auch [VOGTs] Abb. 11 und 12, welche myeloarchitektonisch den Allocortex ziemlich genau so bestimmt wie wir). Vergleichen wir dies mit (VILLIGERs) Abb. 61 des „Riechhirns", so sehen wir, daß diese beiden Begriffe, Allocortex und Riechhirn, wie schon früher gesagt, sich ziemlich decken, jedoch nicht ganz, da, der ganze obere Gyrus cinguli (fornicatus) des Riechhirns vom Rostrum bis zum Isthmus nicht vom Allocortex bedeckt ist, sondern bloß dessen innerster Teil (s. Abb. 56, 57 und 58). Die Zusammengehörigkeit aller dieser Teile leuchtet nm besten ein, wenn man ihre Anlage beim Embryo betrachtet, wo diese Teile, noch nicht von anderen Hirnmassen überlagert, frei zu Gesicht treten. Abb. 62 nach dem Buche VILLIGERs, jedoch etwas modifiziert, zeigt die basale Fläche des Gehirns eines Embryos halb schematisch, an diesem sieht man, wie vom Bulbus olfactorius der Traktus nach rückwärts zieht und sich vor der Substantia perforata am Trigonum olfactorium in zwei Teile teilt: den Gyrus olfactorius lateralis und medialis. Der laterale, nach außen ziehende, bildet gleichsam die frontale Begrenzung der Substantia perforata und ist von ihr durch den Sulcus arcuatus rhinencephali getrennt; auf seinem Wege nach außen stößt er an den Inselpol, biegt hier in ziemlich scharfem Winkel nach hinten um und bildet so die mediale basale Begrenzung der Insel gegen die Substantia perforata, läuft dann weiter spitzwinklig nach innen und medialwärts und gelangt so an den vorderen medialen und dorsalen Rand des Temporalpols, d. h. also des Uncus, um in dessen medialer Fläche aufzugehen, und zwar in den Gyrus semilunaris, der vom Gyrus ambiens umgeben ist. Den Winkel, der nach innen medialwärts offen ist, nennt man den Angulus gyri olfactorii lateralis, seine Spitze liegt dem Inselpol und dem Gyrus falciformis der Insel an. Sehr gut sieht man diese Verhältnisse auch an Abb. 63 und 64, die ein Embryonalgehirn aus RETZIUS' „Das Menschenhirn" darstellen. Nach dem vorbeschriebenen Schema erübrigt sich eine weitere Erklärung. Der mediale Gyrus olfactorius Om zieht an die mediane Hirnfläche (vgl. Abb. 63), wo man ihn als Grenze zwischen dem subrostralen Ende des Frontalhirns Fm und den sog. Gyri subcallosi sc verfolgen kann, welch letztere die Fortsetzung der Substantia perforata anterior auf die mediane Hirnwand bilden. Dorsal setzt sich aber der Gyrus subcallosus sc in den Gyrus intralimbicus (i) (das Induseum) um den Balken (Cc) fort. Hinter dem Balkensplenium geht dieses dann, wie schon gesagt, in den Gyrus fasciolaris und Gyrus dentatus (dt) über, welche wieder nach vorn gegen den Uncus ziehen; auf diesem Wege nehmen sie an ihrer Dorsalseite die Fimbria (fi) auf. Ventral ist dieser Gyrus dentatus von dem Gyrus hippocampi (Hi) durch die Fissura hippocampi (hi) getrennt. Wenn wir am erwachsenen Gehirn die Grenzen des Allocortex uns anschauen (auf Abb. 58 unseres Schemas und an Abb. 24 der Hirnbasis), so sehen wir, daß alle diese Gebilde ebenfalls noch auffindbar sind, jedoch von den übrigen Hirnteilen überwachsen und überdeckt. Beim Tier jedoch, bei welchem das Riechhirn stark entwickelt ist, bildet der Gyrus olfactorius lateralis einen breiten, dicken, gerade gestreckten eigenen Gyrus an der Basis, den Lobus piriformis, an dem von der Knickung nach außen, dem sog. Angulus gyri olfactori, der den Inselpol begrenzt, noch nichts zu sehen ist, da bei den Tieren die Insel noch nicht opercularisiert ist und der Temporalpol noch nicht im Bogen nach unten und vorn gewachsen ist. Wir sehen also aus alledem, daß der Allocortex beim Menschen einen in sich geschlossenen Hirnteil bildet, der aus zwei Ringen besteht, einem großen an der Medianfläche und einem kleinen an der Basalfläche, welche an der medianen unteren Mantelkante offen sind und an dieser Öffnung miteinander zusammenhängen. Die Enden dieser beiden Ringe treffen einerseits vorn am Trigonum olfactorium, andererseits rückwärts an der Uncusspitze zusammen, und es schließt der kleine Ring an der Basalfläche die ganze Substantia perforata anterior in sich ein, der große Ring an der Medianfläche umzieht die ganzen Balkengebilde und den Ansatz des Zwischenhirns an das Großhirn. Trotz dieser weiten Ausdehnung nimmt aber der Allocortex, wie schon wiederholt erwähnt, nur eine relativ ganz geringe Hirnmasse beim Menschen ein.
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten. 95
Abb. 61. Schematische Darstellung des sog. „Riechhirns" (in Anlehnung an eine Abbildung VILLIGERs). Dunkel schraffiert Gyrus intralimbicus, bestehend ans Gyrus subcallosus, Induseum, Fascia cinerea, Gyrus fasciolaris, Gyrus dentatus und Giacominisches Band; gekreuzt schraffiert Substantia perforata ant.; licht schraffiert das übrige sog. Riechhirn. Dieses Bild zeigt beim Vergleich mit den auf Abb. 56-58 rot gefärbten Teilen, daß die Begriffe „Riechhirn" und „Allocortex" sich bloß partiell decken. R Sulcus Rolando; cm Sulcus callosomarginalis; po Sulcus parietooccipitalis; C Calcarina; Cc Balken; fo Fornix.
96 Aufbau und Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Abb. 62. Schema der Basalfläche des embryonalen Hirns zur Darstellung des anatomischen Zusammenhanges der allogenetischen Rindenteile an der Basis (in Anlehnung an eine Abbildung VILLIGERs).
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten. 97
Wir haben schon gesagt, daß der allogenetische Cortex seinen Ursprung anders als die isogenetische Hirnrinde nicht dem sechsschichtigen tektogenetischen Grundtypus verdankt. Die Eigentümlichkeit seiner Anlage ist sogar weit früher erkennbar, bevor sich noch die sog. Rindenschicht (Nervenzellschicht oder Pyramidenschicht) in Unterschichten spaltet; und zwar ist diese Anlage, wie wir gleich sehen werden, nicht für den ganzen Allocortex eine einheitliche, wie beim Isocortex. Eigentümlich ist sie vor allem aber dadurch, daß in ihr die Bildung einer einfachen richtigen „Rindenschicht" von allem Anfang an gar nicht oder nur unvollkommen vor sich geht. An jenen medianen und basal gelegenen Hirnteilen der Großhirnanlage und des Großhirnbläschens, aus welchen sich der Allocortex später entwickelt, ist die Anlage für eine Rindenbildung von vornherein eine verschiedene. Wir müssen hier natürlich in der Entwicklung schon weiter zurückgreifen als auf den 6. Fötalmonat, in welchem die sechsschichtige Isocortexanlage sich vorbereitet. Schon in der ersten Hälfte des 3. Monats schreitet die Formung der Rindenschicht, wie vorher gesagt (S. 23 und 89), in der Wand des Hemisphärenbläschens von der äußeren lateralen Fläche, wo sie zuerst beginnt, über die Hirnmantelkante auf die innere Fläche der Hemisphäre gegen den Grund der Sichelfurche vor, ohne aber denselben je ganz zu erreichen, und zwar kommt es hier zu keiner vollen Formung einer Rindenschicht (Pyramidenschicht) in einem weiten Gebiete der Medianfläche des Hemisphärenbläschens, welches auf Abb. 65 nach außen durch die einfach gestrichelte Linie abgegrenzt ist. Nach innen von dieser Linie zeigt die Hemisphärenwand entweder nur eine rudimentär entwickelte Rindenschicht oder nur eine ependymäre Bildung, oder schließlich eine unmittelbare Verwachsung mit der Anlage des Corpus striatum. Diese Abb. 65 stellt die Medianfläche einer rechten Hemisphäre eines Foetus der Mitte des 3. Monats dar nach Ablösung und Entfernung des Zwischenhirns, so daß die ganze medial-basale Fläche sichtbar ist. Die äußere Begrenzungslinie dieses Teiles der Hemisphärenblase, in der es nicht zur klaren Entwicklung und Trennung einer Rindenschicht von den übrigen Zellen der Hemisphärenwand und Matrix kommt, wird von einer Linie gebildet, welche vorn vom Bulbus olfactorius (B. o.) angefangen in weitem Bogen die Verwachsungsstelle beider Hemisphären miteinander, die sog. Commissurenplatte (K.), die Anwachsungsstelle der Hemisphären an das Zwischenhirn und die Fissura chorioidea vorne, dann dorsal und schließlich caudal und ventral umzieht, um hinter derselben wieder nach abwärts den temporalen Abschluss der Medianfläche der Hemisphäre zu bilden. Von hier zieht diese Grenzlinie dann noch an die Basis und findet an der lateralen Hirnfläche unmittelbar nach außen von der Stria olfactoris lateralis und dem Schläfepol ihre äußere Umrandung, wie schon im entwickelteren Gehirn Abb. 56 an dem lateralen Rande zu sehen ist. Dieser ganze hier beschriebene Teil der inneren und basalen Hemisphärenwand wird später zum Allocortex und ist schon in diesem Stadium in seiner Anlage verschieden. Das Foetushirn auf Abb. 65 ist ungefähr 5 mal lin. vergrößert; in der Commissurenplatte (K.) ist schon die Anlage des Balkens (C. c.) im Querschnitt zu sehen. Das Zwischenhirn, Mittelhirn und Hinterhirn sind hier entfernt, so weit sie in der medianen Konvexität der Hemisphäre liegen, um die ganze mediane und untere Hemisphärenfläche gut sichtbar zu machen. Man sieht an der Basis den Bulbus olfactorius (B. o.), den Opticus (Opt.), den Schläfepol (S.), den 3. Ventrikel (V3). Letzterer ist hier begrenzt von der Verwachsungsfläche der beiden Hemisphären, der sog. Commissurenplatte HOCHSTETTERs (K.); sie wird so bezeichnet, weil in ihr die Anlage des Balkens (C. c.), die Anlage der Commissura anterior (Co. a.) und des Fornix (F.) zu sehen sind; die Platte, die ursprünglich die dünne Verbindungswand zwischen beiden Hemisphären darstellt, heißt, solange sie noch epithelial ist, Margo reuniens (m. r.). Unmittelbar frontal von der immerhin breiten Verwachsung, welche die Commissurenplatte schon im 3. Monat darstellt, ist die basale Partie der medianen Wand des Hemisphärenbläschens besonders verdickt und wir nennen dieses Gebiet das Trapezfeld (Tr). Basal geht die Commissurenplatte über in die Lamina terminalis (Lt) und nach hinten unten setzt sich diese in den Margo hypothalamicus fort, der den Ventrikelboden bildet und der in die hintere Ventrikelwand übergeht (m. hy. th.). Die hintere Begrenzung des Ventrikels bei einem reinen Medianschnitte würde also natürlich durch die hintere Wand desselben, d. h. durch die vordere Begrenzung des Mittelhirns gebildet werden; da jedoch bei unserem Präparate das Mittelhirn entfernt ist, um bloß die Hemisphärenrinde zu sehen, ist hier die hintere Begrenzung des 3. Ventrikels weiter lateral getroffen und wird hier gebildet durch den Anschnitt der Einstrahlung der Capsula interna (Margo peduncularis m. p.) in das Corpus striatum und den Anschnitt der lateralsten Thalamuspartien als Hemisphärengrenze. Darüber ist dann der Margo thalamicus (m. th.) als Grenzmembran, d. h. der Anschnitt des hier noch ependymären Hemisphärenbläschens an seiner Anwachsungsstelle an den hier entfernten Thalamus. Dieser Margo thalamicus setzt sich vorn im Angulus (a) an den Margo reuniens (der Commissurenplatte). Von diesen vier Rändern ist der in dorsoventraler Richtung gestreckte Ventrikeleingang begrenzt; in der Tiefe desselben bildet seine laterale Wand der vordere untere Teil des Zwischenhirns (Z.). Dorsal von demselben, durch den Sulcus Monroi (S. M.) von ihm getrennt, ist das Corpus striatum (Str.) in der vorderen oberen Ecke zu sehen und hier ist auch der Eingang in die Höhle der Hemisphäre, aus dem sich das Foramen Monroi entwickelt (F. M.). Oberhalb des Margo thalamicus (m. th.) ist ein Spalt in der Hemisphärenwand, der der Einbuchtung entspricht, welche durch die sich einstülpende Tela chorioidea gebildet wird; sie heißt Fissura chorioidea (F. ch.). Den Teil der Hemisphärenwand zwischen ihr und dem Margo thalamicus nennt HIS Lamina infrachorioidea (L. i.), den Teil darüber Limbus suprachorioideus (L. s.).
Abb. 63. Medianfläche eines embryonalen Gehirns (etwa 6. Monat) aus RETZIUS' „Das Menschenhirn". - Bo Bulbus olfactorius; Cc Balken; dt Gyrus dentatus; fi Fimbria; Fm subrostrales Frontalhirn; hi Sulcus hippocampi; Hi Gyrus hippocampi; i Gyrus intralimbicus; Om Gyrus olf. medialis; sc Gyrus subcallosus.
Abb. 64. Laterobasale Fläche eines embryonalen Gehirns (etwa 6. Monat) aus RETZIUS' „Das Menschenhirn". Das Bild zeigt die Beziehung des Gyrus olfactorius lateralis zur Sylvischen Grube, zum Inselpol und Temporalpol. - a Angulus gyri olf. lat. am Inselpol; Bo Bulbus olf.; O. l. Gyr. olf. lat.; Opt. Opticus; S. p. Substantia perforata ant.; S' Sylvische Grube.
98 Aufbau und Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Abb. 65. Medianfläche einer vom Zwischen- und Mittelhirn abgelösten rechten Hemisphäre eines Foetus des 3. Monats von etwas 6 cm Scheitelsteißlänge, halbschematisch aus einer Schnittserie rekonstruiert bei ungefähr 5 facher linearer Vergrößerung. Die römischen Ziffern I - X und die dazugehörigen Linien geben die Lage der auf Abb. 66 reproduzierten Schnitte wieder. Die gestrichelte Linie an der Medianfläche umsäumt nach außen jenen Teil der Hemisphärenwand, der zum Allocortex sich entwickelt. Die strichpunktierte Linie umsäumt jenen Teil der medianen Hemisphärenwand mit welchem die beiden Hemisphären im Gebiete des Trapezfeldes Tr, ohne miteinander verwachsen zu sein, doch dicht aneinander stoßen. - a Angulus (Winkel), in welchem die dorsale (m. th.) und frontale (m. r.) innere Verwachsungsgrenze der beiden Hemisphären zusammentreffen; B.o. Bulbus olfactorius; C.c. Balkenanlage in der Commissurenplatte K; C.i. Anschnitt der Capsula interna und des an das Großhirn angewachsenen Zwischenhirns; Co.a. Commissura anterior in der Commissurenplatte K; F Fornixschenkel in der Commissurenplatte K; F. ch. Fissura chorioidea als Einstülpung der medialen Hemisphärenwand in frontocaudaler Richtung; F.M. Foramen Monroe; K Commissurenplatte, breiter frontal gestellter medianer Zusammenhang der beiden Hemisphären; L. i. Lamina infrachorioidea; L. s. Limbus suprachorioideus; L.t. Lamina terminalis; m. hy th. Margo hypothalamicus; m. p. Margo posterior; m. r. Margo reuniens; m. th. Margo thalamicus (margines = Anwachsungsgrenzen der Hemisphären aneinander oder an das Zwischenhirn); opt. Chiasma nervi optici; S primärer Schläfepol; S. M. Sulcus Monroe; Str. Corpus striatum; Tr. Trapezfeld, in dessen Ausdehnung die mediale Hemisphärenwand verdickt ist; V3 dritter Ventrikel; Z. Zwischenhirn.
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten. 99
Zur Orientierung nun, wie die Formung des Allocortex im Verhältnis zu der Rindenschicht des Isocortex sich in diesem ganzen Gebiete verhält, wollen wir durch die hier gegebene Hemisphäre eines Foetus im 3. Lebensmonat zehn Frontalschnitte in den in Abb. 65 durch die Striche I - X angegebenen Ebenen legen und besprechen. Auf der Abb. 66 sind diese zehn Schnitte halbschematisch wiedergegeben und sie haben bloß den Zweck einer allgemeinen Orientierung über die Verhältnisse beim Embryo, soweit als wir sie zum Verständnis unseres Hauptthemas brauchen.
Schnitt I. Dieser Schnitt geht durch den hinteren Pol des Hemisphärenbläschens und zeigt, wie die Wand desselben, welche den Ventrikel (V1) allseits umgibt, entsprechend dem 3. Monat überall schon eine deutlich entwickelte Rindenschicht (Pyramidenschicht) zeigt und somit aus vier Lagen besteht; zu innerst die dunkel gefärbte Matrix M, darauf folgt nach außen die Zwischenschicht Z, darauf die Rindenschicht Py und dann der Randschleier RS. Auch die mediane Wand dieses caudalen Teiles des Hemisphärenbläschens zeigt hier deutlich alle diese vier Lagen. Die laterale Wand ist stets breiter als die mediale. (Zwischen den Hemisphären in schematischen Umrissen ist das Mittelhirn eingezeichnet.)
Schnitt II. Dieses Bild zeigt einen Schnitt weiter frontal, und zwar unmittelbar noch hinter dem caudalen Ende der Fissura chorioidea; diese selbst ist noch nicht getroffen, doch sieht man im Seitenventrikel schon den Plexus chorioideus (Pl. ch.) (vgl. Abb. 65, II). Man sieht hier, wie an der medialen Hemisphärenwand in der Mitte derselben zwischen a und b nicht mehr eine deutliche, von der übrigen Struktur des Hemisphärenbläschens scharf abgehobene Rindenschicht zu trennen ist, sondern die Zellkerne der Neuroblasten nehmen hier eigentlich an der Medianwand mehr weniger die ganze Wanddicke ein, so daß keine eigentliche Rindenschicht besteht, sondern, wenn man so sagen darf, eine zellreiche Zwischenschicht von der Matrix bis an den Rundschleier heranreicht. Es ist dieses Gebiet a - b eigentlich der Anschnitt des sog. Limbus suprachorioideus (L. s.) (Abb. 65). Stellenweise oder, besser gesagt, bruchstückweise bildet sich wieder hier und da ein kurzer Streifen deutlicher Pyramidenschicht, der jedoch stets wieder bald aufhört und nicht mehr so dicht wie in der übrigen Rinde gefügt ist, sondern auch nur lockere Kernverbände enthält. (Diese Details sind auf der Abb. 66, II wegen zu schwacher Vergrößerung nicht deutlich zu sehen.)
100 Aufbau und Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Abb. 66. Halbschematische Serie von zehn Frontalschnitten I - X durch das in Abb. 65 abgebildete embryonale Großhirn des 3. Monats. Schnitt I geht durch die Occipitalgegend, Schnitt X durch die Frontalgegend. Zwischen- und Mittelhirn nur angedeutet. - a, b dorsale und ventrale Grenzpunkte der Anlage des Allocortex (entsprechend der gestrichelten Linie auf Abb. 65); B. olf. Bulbus olfactorius; Cc. Balkenanlage; Ci. Capsula interna; Coa. Commissura anterior; C. str. Corpus striatum; F. aufsteigender Fornixschenkel; F. ch. Fissura chorioidea,; K. Commissurenplatte; L.s Limbus suprachorioideus; L.i. Lamina infrachorioideus; L.m. Limbus medullaris; L.c. Limbus corticalis; L.t. Lamina terminalis; M. Matrix; N. c. Nucleus caudatus; N. l. Nucleus lenticularis; Olf. Gyrus olfactorius lateralis; Opt. Chiasma nervi optici; Pl. ch. Plexus chorioideus; Py. Pyramiden- oder Rindenschicht; R. Recessus opticus des 3. Ventrikels; RS. Randschleier; S primärer Schläfepol (Uncus); T Taenia; Tr. Trapezfeld; U Unterhorn des Seitenventrikels; V1 Seitenventrikel; V3 dritter Ventrikel; Z. Zwischenschicht.
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten. 101
Schnitt III. Auf diesem Schnitte sieht man die Fissura chorioidea (F. ch.), durch welche sich der Plexus chorioideus, die Lamina chorioidea als dünne Epithellage vor sich hertreibend, in den Ventrikel vorschiebt. Über und unter dieser Einstülpungsstelle ist die Hemisphärenwand ependymal verdünnt und diese beiden dünnen Stellen entsprechen der Lamina infrachorioidea (L. i.) und dem Limbus suprachorioideus (L. s.) von HIS. Darüber und darunter sieht man, wie die Wand des Hirnbläschens von der gewöhnlichen Breite sich zu dieser dünnen oberen und unteren Lamelle allmählich zuspitzt. Von der lateralen Mantelfläche nun reicht an diesem Bilde die Pyramidenschicht sowohl von dorsal als von ventral her in die mediane Hirnwand nur ein Stück weit herein, und zwar von oben etwas tiefer als von unten. Aber bald löst sich auch oben die schön abgegrenzte Pyramidenschicht auf und macht erst einem lockereren Zellstreifen Platz, dessen Kerne mehr oder weniger unregelmäßig den ganzen schmalen Wandquerschnitt ausfüllen. Der obere Limbus suprachorioideus zeigt zunächst der Fissura chorioidea eine sehr dünne Partie, die sog. Taenia (T.), dann einen kernarmen breiteren Teil, den sog. Limbus medullaris (L. m.) und dorsal davon einen kernreichen, in welchem aber noch keine deutliche Pyramidenschicht sich entwickelt, sondern die Kerne lose liegen, den sog. Limbus corticalis (L. c.). Aus diesen zellockeren Teilen der medianen Wand bildet sich später beim Erwachsenen ein Teil des Allocortex (Hippocampus), und es zeigt sich hier, daß seine Anlage schon zur Zeit der Anlage der Pyramidenschicht im restlichen Hirnmantel schon eine andere ist und daß nicht erst eine Differenzierung zwischen Isocortex und Allocortex zur Zeit der Bildung des sechsschichtigen tektogenetischen Grundtypus um den 6. Lebensmonat erfolgt, sondern, wie wir sehen, schon 2 oder 3 Monate vorher. In der Tiefe des Ventrikels des Hirnbläschens sieht man an diesem Bilde schon angeschnitten sich von der lateralen Wand her das Corpus striatum (C. str.) vorwölben, dessen innigen genetischen Zusammenhang mit der Matrix man hier ohne weiteres gut sieht. Zwischen demselben und der unteren medianen Hemisphärenwand verschmälert sich der Ventrikel zum Unterhorn (U.). Zwischen den beiden Hemisphären, deren linke an unserem Bilde immer bloß angedeutet ist, sieht man mit dünnen Strichen die Aussenkonturen des Thalamus markiert, an dessen lateralem Rand schon die Pedunculusfasern sich zur Capsula interna sammeln.
102 Aufbau und Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Schnitt IV. Der nächste Schnitt geht eben durch den Einstrahlungsbeginn der inneren Kapsel. Man sieht gleichsam unter dem Thalamus hervor die Pedunculusfasern lateral ausstrahlen und das Corpus striatum in einen dorsalen dichteren halbkugelförmigen Teil trennen, den Nucleus caudatus (N. c.), der mit der Matrix weiter in Zusammenhang bleibt, und einen ventraleren, lockerer gefügten Teil, der von den Markstrahlen durchzogen wird, das spätere Putamen des Nucleus lenticularis (N. l.). In die seichte Furche, welche das Corpus striatum vom Thalamus absetzt, heftet sich, wie vorher, die Lamina infrachorioidea, darüber sieht man die Fissura chorioidea, welche den Plexus chorioideus in den Ventrikel einläßt. Oberhalb der Fissur sieht man den Limbus suprachorioideus mit Taenia, Limbus medullaris und Limbus corticalis. Auch hier wieder sieht man also deutlich, wie die Nervenzellschicht nicht etwa bis zu dem ependymären Teile herabreicht, sondern schon viel weiter dorsal aufhört und einer eigenartigen Bildung Platz macht, in welcher die Kerne zu Schnüren und Flecken vereinigt über den ganzen Querschnitt locker verteilt sind. Am ventralen Teile der Hemisphäre dagegen, unter der Capsula interna, wo wir noch den vorderen Teil des Unterhorns des Ventrikels als ein Lumen bei U sehen, bemerken wir, daß dieses Ende aufgetrieben ist zum medialen Schläfepol (S). Hier reicht die sog. Rindenschicht von lateral her nur wenig über den Scheitel der basalen Krümmung dieses Poles hinaus. In den medialsten Teil reicht diese Rinden- oder Pyramidenschicht gar nicht herein, sondern die Neuroblasten sind hier regellos durch das ganze breite Gewebsgebiet locker verteilt; und auch in jenem lateraleren Teile dieses basalen Gebietes, wo eine Pyramidenzellschicht (an der Basis) noch zu bemerken ist (bei b), ist dieselbe von diesem lockeren zellführenden Gewebe gar nicht deutlich getrennt, welches ja eigentlich nichts anderes als die hier besonders breite sog. zellreiche Zwischenschicht ist. Aus diesem Teile entwickelt sich später der Uncus mit dem Nucleus amygdalae, also Teile, welche ebenfalls zum Allocortex gehören und welche, wie wir sehen, ebenfalls schon in ihrer ursprünglichen Anlage von der Anlage des Isocortex, welche ja durch die einfache, scharf abgegrenzte Pyramidenschicht (Py) ausgezeichnet ist, schon in diesem Stadium sich deutlich dadurch unterscheiden, daß diese Pyramidenschicht entweder ganz fehlt oder dort, wo sie wie im Übergangsgebiet hier an der Basis angedeutet ist, doch nicht so präzise entwickelt und von der Zwischenschicht abgetrennt ist, sondern in lockerem Zusammenhang mit den tiefen Zellverbänden, welche bis zur Matrix reichen, bleibt. Auch die Gegend ventrolateral vom Corpus striatum, speziell ventrolateral von seinem abgesprengten Teil (N. l.), zeigt zwar eine deutliche Rindenschichtbildung, doch ist dieselbe auch schon nicht durch eine ganz zellarme Markmasse der Zwischenschicht von ihm absolut scharf getrennt, sondern auch hier ist diese Zwischenschicht recht zellreich, so daß von der Matrix und dem Corpus striatum angefangen bis an diesen Rindenteil eigentlich diese zellreiche Zwischenschicht sich ausbreitet. Wir haben also in diesem ventrolateralen Abschnitte der Hemisphäre trotz einer typischen Pyramidenschichtbildung doch keine so reine Trennung ihrer Anlage von der Matrix und ihren übrigen Abkömmlingen wie im sonstigen Hemisphärenbläschen, aus dem der Isocortex entsteht. Aus dieser lateroventralen Gegend entwickelt sich später die Insel.
Schnitt V. Das nächste Bild zeigt einen weiter frontal fallenden Schnitt, der direkt durch das Foramen Monroi (F. M.) geht; der Schnitt fällt schon vor den Temporalpol, daher die starke Verkürzung der dorsoventralen Achse des Hirns. Infolge des Aufhörens des Zwischenhirns dagegen nähert sich die mediale Hemisphärenwand der Mittellinie mehr als auf den vorhergehenden Schnitten und berührt beinahe die gegenseitige Hemisphäre. Man sieht in der Mitte ventral noch das vorderste Ende des Zwischenhirns und dazwischen die spaltförmige Figur des zipfelförmigen vorderen Endes des 3. Ventrikels, der durch das Foramen Monroi unterhalb der Fissura chorioidea mit dem Hemisphärenventrikel (V1) kommuniziert. Darüber beginnt die mediale Hemisphärenbläschenwand, die in ihrer unteren Hälfte such hier noch keine Rindenschicht aufweist; diese beginnt auch hier erst weiter dorsal und umzieht dann wie gewöhnlich die Mantelkante und die ganze laterale Hirnfläche und ist in diesem ganzen Bogen überall von der zellosen Zwischenschicht gegen die Matrix abgetrennt. In dem ventralsten Drittel der lateralen Hirnfläche reicht jedoch, wie auch schon am früheren Schnitte IV, die zellreiche Zwischenschicht wieder vom Putamen bis an die Pyramidenschicht heran. Wir heben dies hier nochmals besonders hervor, weil wir in dieser Gegend uns an jener Stelle befinden, wo sich die Fossa Sylvii entwickelt und sich aus diesem Teile später die Inselrinde bildet und in der zellreichen Zwischenschicht später das Claustrum entsteht, das ja auch später zeitlebens einerseits mit der Inselrinde durch lockere Zellzüge in Zusammenhang bleibt, andererseits auch zeitlebens mit der Substantia perforata anterior in Verbindung steht; letztere hat ihre Anlage wieder in den medial- ventralen Basisteilen der Hemisphäre, welche an diesem Bilde den medial vom Olfactorius (Olf) befindlichen Abschnitten des Vorderhirns entspricht; aus diesen entsteht nämlich der Gyrus olfactorius lateralis, dessen graue Substanz ebenfalls mit der zellreichen Zwischenschicht in Verbindung bleibt. - Das Zwischenhirn hört vorne basal auf, und der Ventrikelboden ist hier noch abgeschlossen durch den Margo hypothalamicus (m. hy. th.), der dann weiter frontal in die Lamina terminalis und dann in die sog. Schlußplatte, welche man auch Commissurenplatte nennt, übergeht. An den Boden des 3. Ventrikels legt sich das Chiasma nervi optici (Opt.) an.
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten. 103
Schnitt VI und VII. Dieses Bild (VI) zeigt letztere Verhältnisse ganz deutlich. Der Schnitt geht hier durch den vorderen Abschluss des Ventrikels selbst, durch die sog. Commissurenplatte, in der wir dorsal die Balkenanlage (C. c.), darunter die Anlage des Fornix (F) und dann die vordere Commissur (Co. a.) sehen. Unterhalb derselben ist noch der letzte Rest des 3. Ventrikels (Recessus opticus, R.) mit der Lamina terminalis cinerea (L. t. c.) zu sehen. Ähnliches zeigt das Bild VII, wo der Schnitt schon viel weiter vorn fällt und an der Basis durch den Bulbus olfactorius (B. olf.) geht. Von der Commissurenplatte K ist hier bloß der dorsalste Teil mit der Balkenanlage (C. c.) getroffen. Eine nähere Erklärung zu diesen Bildern erübrigt sich, wir sehen auch an ihnen, wie die Rindenschicht sich über die ganze Konvexität und die dorsale Kante des Hemisphärenbläschens erstreckt, während an der medialen, basalen und lateroventralen Fläche die schon bei den anderen Bildern beschriebenen Änderungen und Auflockerungen der Zellverbände der Rinde auftreten. Die Schlußplatte selbst enthält wenig Zellen und hauptsächlich Fasern der Commissuren. Sie ist ungefähr 50 - 150 µ breit, frontal endet sie dann plötzlich, was an de n frontalen Querschnitten natürlich nicht unmittelbar zu sehen ist, jedoch daran zu merken ist, daß am nächsten Schnitte die beiden Wandteile der medialen Hemisphärenwände, welche dieselbe gebildet haben, eine Strecke weit besonders verdickt sind, wo sie sich schon voneinander getrennt haben. Diese verdickte Fläche, welche sich etwas frontalwärts erstreckt, nennt man das Trapezfeld (Tr). Auch dieses Trapezfeld hat, wie wir auf Bild VIII und IX sehen, ebenfalls eine lockere Zellstruktur (a bis b), in der keine scharf differenzierte Pyramidenschicht zu sehen ist. Erst am Schnitt X, der durch den Frontalpol geht, zeigt auch die mediane Hemisphärenwand wieder die gleichmäßige Entwicklung der Pyramidenschicht und also die vier bekannten Lagen (RS, Py, Z, M) in der Zirkumferenz des ganzen Hemisphärenbläschens. Aus diesem Trapezfeld und der pyramidenschichtlosen zellockeren Rinde dorsal der Balkenanlage bis über das Foramen Monroi hinaus entwickelt sich später die sog. Area parolfactoria und der Gyrus subcallosus und geniculatus und der Gyrus intralimbicus (das Induseum) und der innere Teil des Gyrus limbicus superior. Aus den von hier caudalwärts befindlichen Teilen der zellockeren Rinde entsteht der Gyrus dentatus und Gyrus hippocampi, und aus dem primitiven Schläfepol S der Uncus und seine Gebilde.
Aus dem Überblicke, den uns also diese Schnittserie gibt, entnehmen wir ohne weiteres, daß die sog. allogenetische Rinde schon sehr frühzeitig. und zwar schon im 3. Fötalmonat, ihre ihr eigentümliche Anlage sehr sichtbar aufweist und nicht etwa erst zur Zeit der Sechsschichtung des übrigen (sog. isogenetischen) Cortex, der erst im 6. bis 8. Embryonalmonat eine Sechsschichtung aufweist, der aber, wie man sieht, ebenfalls (an der Pyramidenschicht) im 3. Monat schon erkennbar ist. Es findet also die Trennung von Isocortex und Allocortex viel früher statt, als man bisher dachte, und man braucht nicht den Isocortex erst auf die spätere Bildung der sechs Schichten zurückzuführen. Die allogenetische Anlage kann man aber so, wie sie sich uns auf unserer Schnittserie im 3. Lebensmonat darstellt, schon in mehrere Untergruppen einteilen, da, wie wir sehen, ihre Anlage zum Unterschiede vom Isocortex eine nicht einheitliche ist, sondern eine örtlich recht verschiedene sein kann. Denn einesteils bildet sie sich aus einem Teile der Hemisphärendecke, und zwar der medialen Hemisphärenwand, andernteils jedoch aus jenem zellreichen breiten basalen Teile des Vorderhirns, welches der ursprünglichen Ansatzleiste des Vorderhirns an das Zwischenhirn entspricht. Der erstere Teil entspricht jenem Teil des Neocortex, den KAPPERS Archipallium nennt 1) [footnote p 104 1) Das Neopallium wird zum Isocortex. ], der übrige aber gehört eigentlich dem Paläocortex an. Doch ist auch letzterer nicht einheitlich in seinem Bau, wenigstens nicht so weit, als er später zur Großhirnoberfläche wird, sondern er zerfällt selbst wieder in eine hauptsächlich basale Partie, die zum Teil doch eine Rindenschicht in ihrer Entwicklung zum mindesten angedeutet aufweist, wenn dieselbe auch nicht vollständig von den lockeren Zellverbänden, der Matrix und Zwischenschicht, sich freimacht, und in eine zweite Partie, zu der u. a. der dorsale Teil des Schläfepols gehört, bei welcher es überhaupt auch zu keiner Andeutung der Anlage einer Pyramidenschicht kommt, sondern bloß lockere Zellverbände die ganze Breite dieser Vorderhirnmassen ausfüllen.
104 Aufbau und Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Die allogenetische Anlage ist also eigentlich danach schon eine drei- oder gar vierfache, und zwar
a) dort, wo die mediale Vorderhirnwand bloß eine schmale Decke bildet, in deren Teilen sich keine deutliche Rindenschicht entwickelt, sondern die Wand, wenn wir so sagen dürfen, auf einer tieferen Stufe der Differenzierung stehenbleibt, wie sie ungefähr der Abb. 66 II a - b und Abb. 66 IIIa - b, besonders im Abschnitt L. c. entspricht, die wir von der Entwicklung des Cortex gegeben haben, d. h. daß zwischen Matrix und Randschleier eine bald mehr, bald weniger dichte, aber eher schmale Ansammlung locker verteilter Zellen sich bildet, welche zu vielfach unterbrochenen kleinen Streifen sich vereinigen. Der ganze obere und zum Teil auch der untere Saum der Fissura chorioidea zeigen eine solche Anlage. Der Gyrus dentatus, das Induseum, Gyrus fasciolaris und Fascia cinerea und die Ammonsformation entwickeln sich daraus u. s. m., das beim Erwachsenen größtenteils zum rudimentären und zum Teil such zum primitiven Allocortex gezählt wird (s. S. 203).
b) Dort, wo die Vorderhirndecke massiger ist, also gegen die Basis des Hirns zu, medial von der Stria olfactoris lateralis (Abb. 66 V und VI olf.) und ventral vom Corpus striatum, kommt es ebenfalls nicht zur Bildung einer Pyramidenschicht, sondern das ganze breite Gewebe ist mehr oder weniger von Zellen durchsetzt und hängt mit dem gleicherart gebauten Bulbus olfactorius (Abb. 66 IV B. olf.) und dieser wieder mit dem ähnlich gebauten Trapezfeld (Abb. 66 VIII Tr) zusammen. Diese Gegend entspricht dem Rhinencephalon im engeren Sinne und caudal davon jenen Partien der Basis, aus welchen sich später die Substantia perforata entwickelt (Abb. 66 V zwischen Opticus chiasma und Olf.). Beim Erwachsenen weisen später alle diese Gebiete außer der Molekularschicht, welche aus dem zellosen Randschleier entsteht, unter derselben sehr verschieden geordnete Zellverbände meist multipolarer Zellen auf, so daß man mehr den Eindruck einer ganglionären Masse als einer eigentlichen Rinde vor sich hat. Aus diesen Partien entwickelt sich größtenteils jener Teil des Allocortex, den wir später als primitive Rinde nach BRODMANN bezeichnen wollen. Es entwickelt sich wahrscheinlich daraus die Subst. perforata ant., unser Gyrus subcallosus, der Bulbus olf. und das Tubercul. olf.
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten. 105
c) Ein anderer Teil des Allocortex weist in seiner Anlage in gewissem Sinne doch mindestens die Anlage einer Rindenschicht auf, bei der es aber nicht zu einer absoluten Trennung derselben von der Matrix durch eine lückenlose Markplatte in der Zwischenschicht kommt, sondern wo die Zwischenschicht wenigstens in diesen frühen Stadien durchweg zellreich bleibt und den Zusammenhang mit dem Höhlengrau und mit den aus diesen entstandenen Kernen lange Zeit behält. Diese Bildung sehen wir an jener Stelle S auf Abb. 66, Bild IV, aus der sich später der Uncus entwickelt. Wir müssen aber zu ihr auch jene Stelle auf Bild V noch hinzurechnen, lateral von der Stria olfactoris lateralis, aus der sich später wahrscheinlich die Inselrinde entwickelt. Bei dem weiteren Wachstum weisen diese Gegenden dann tatsächlich den gewöhnlichen laminären Aufbau aus sechs Schichten, wie der isogenetische Cortex, auf, mit dem sie ja auch, wie man sieht, tatsächlich die Anlage der Pyramidenschicht gemein haben; doch haben beide daneben sehr auffällige Besonderheiten, die sie wieder vom Isocortex unterscheiden, und zwar die Inselrinde durch ihre zeitlebens weiterbestehende Verbindung durch lockere Zellverbände mit dem Claustrum, der Uncus wieder durch die Eigentümlichkeit seiner Zellformen und der in ihm vorhandenen zellosen Lamelle und den Nucl. amygdalae. Es ist dies also eigentlich eine Übergangsbildung zwischen pyramidenschichtführendem Cortex und dem Cortex, welcher einer solchen Bildung entbehrt. Es scheint sich daraus jener Teil des Allocortex zu entwickeln, den wir nach BRODMANN als Allocortex striatus bezeichnen und der tatsächlich eine mehrfache laminäre Zellanordnung aufweist. Dazu gehört die Rinde des Uncus und zum Teil des Gyrus hippocampi u. s. m. Wie wir aus dieser Darstellung sehen, sollte eigentlich auch die Inselrinde zum allogenetischen Cortex (wie der Uncus) gezählt werden. Wenn dies für gewöhnlich nicht geschieht, so ist es, weil ihre Sechsschichtung trotzdem ebenso typisch ausgeprägt ist wie die des isogenetischen Cortex.
d) Jene Gebilde, welche sich direkt aus der Matrix entwickeln und mit ihr zeitlebens in unmittelbarer Verbindung bleiben, ohne daß eine Wanderung ihrer Zellen bis an die äußere Oberfläche stattfände, bilden später den Nucleus caudatus und das Putamen nuclei lenticularis, dann den Nucleus amygdalae und das Claustrum. Sie sind ebenfalls Abkömmlinge des Epithels des ursprünglichen Hemisphärenbläschens, können aber nicht als Rinde angesprochen werden, da sie nicht ein oberflächliches Gebilde sind, und scheiden somit aus dem Rahmen unserer Untersuchungen hier aus, weswegen wir auch nicht auf die Unterteilung des Striatum näher eingehen wollen.
Zum Verständnis des Wachstums und der Entwicklung dieser Teile zu den uns vom erwachsenen Gehirn her bekannten Partien muß man sich vorstellen, daß jene Hirnteile, welche an der medianen Hemisphärenwand des embryonalen Gehirns der Abb. 65 frontal und dorsal von der Anlage des Corpus callosum liegen, daß also die Hirnteile dieses Sektors bei ihrem Wachstum eine ganz kolossale nach hinten gerichtete fächerförmige Entfaltung gleichzeitig mit dem Balken durchmachen und dadurch schließlich das ganze dorsale Gebiet der Hemisphäre ausmachen; dabei schieben sie die übrigen caudalen Teile der Hemisphäre vor sich her nach rückwärts, dann nach unten, und schließlich drängen sie die temporalen Partien bei der fortschreitenden fächerförmigen totalen Rotation auch noch nach unten und vorne, so daß der Temporalpol zuletzt unter den Stirnpol zu liegen kommt und somit den ursprünglichen (uncialen) Schläfepol S überragt und zum Teil verdeckt, Es handelt sich also hier um eine Entfaltung des Balkens und der ihm korrespondierenden und durch ihn miteinander verbundenen Hirnanteile und nicht etwa um eine nach hinten fortschreitende Verwachsung beider Hemisphären, die den Balken gleichsam sekundär erzeugt.
106 Aufbau von Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Man sieht ferner aus den Bildern der Abb. 66, daß schon recht früh auch der embryonale Übergang vom Neocortex mit seiner deutlich gebildeten Pyramidenschicht zum Allocortex mit seinen Anlagen aus lockeren Zellverbänden zwar ein ziemlich rascher ist, daß aber die Grenze (a und b) keine absolut fixe ist und daß es auch Übergangsbildungen an diesen Grenzen gibt. So ist es auch beim Erwachsenen zwar möglich, zwischen dem Bau des Isocortex und dem des Allocortex genau zu unterscheiden, jedoch sind auch hier die Grenzgebiete zwischen beiden einerseits vom isogenetischen Cortex recht verschieden, andererseits wieder weisen sie vielfach deutlich genug noch immer die sechs Schichten auf, um ihre Einteilung kurzweg zum Allocortex etwas zu erschweren, so daß man oft im Zweifel ist, zu welcher Bildung man so eine Grenzformation zählen soll. Der Allocortex striatus, den wir eben früher erwähnten, bildet gewöhnlich eine solche Grenzformation und in der embryonalen Entwicklungsart desselben finden wir auch die Begründung für diese Zwitterstellung. Wir werden bei der späteren Besprechung der Areae sehen, daß diese Abgrenzung im Gebiete des Uncus, des übrigen Hippocampus, der retrosplenialen Teile des Gyrus cinguli und im Gebiete der Area parolfactoria und auch an anderen Stellen oft Schwierigkeiten bietet. Mit Rücksicht auf das eben Gesagte ist es wohl auch ein undankbares Unternehmen, wenn man versucht, die Zellagen, welche später einmal den vollentwickelten Allocortex bilden, mit den gewöhnlichen sechs Schichten des Isocortex oder einem Teile derselben zu identifizieren, da doch die Anlage schon eine recht verschiedene ist und der spätere scheinbare Zusammenhang vielleicht doch nur ein rein äußerlicher ist. Allerdings haben hier in letzter Zeit bedeutungsvolle Untersuchungen von CHR. JAKOB ganz neue Gesichtspunkte eröffnet, auf die wir schon im letzten Absatz des 1. Kapitels (s. S. 22) flüchtig eingegangen sind. JAKOB hat seine Untersuchungen an Gymnophionen gemacht, einer Gattung, welche zwischen Reptilien und Amphibien eine Art Mittelstellung einnehmen. Hier konnte er nun nachweisen, daß die in der dorsalen Wand des Hemispharenbläschens der Gymnophionen zuerst auftretenden Zellverbände, welche die Rinde bevölkern, noch in kontinuierlichem Zusammenhang mit den Zellverbänden des Corpus striatum sind. Die Decke des Hemisphärenbläschens der Gymnophionen entspricht aber bloß der Ammonsformation der übrigen Tierreihe; außerdem entspricht diese Zellage aber bloß der sog. inneren Hauptschicht der Rindenschichten des Isocortex, d.h. bloß der V. + VI. Schicht; denn man sieht eben bei diesen Gymnophionen an der lateralen Seite der Hemisphäre aus dem Riechhirn heraus eine neue Zellage sich entwickeln und sich über die eben erwähnte Zellage der Hemisphärendecke, welche aus dem Corpus striatum stammt, dorsalwärts und medialwärts hinüberschieben (Abb. 16 a und b). Diese sich phylogenetisch später entwickelnde, aus dem Riechhirn stammende äußere Zellage homologisiert JAKOB mit der äußeren Hauptschicht des entwickelten Gehirns, während die untere Lage der inneren Hauptschicht entspricht. Die äußere „Fundamentalschicht", wie er sie nennt, findet also ihren phylogenetischen Ursprung im Riechapparat, in dessen äußere Zellschicht sie sich auch fortsetzt, die innere „Fundamentalschicht" ist phylogenetisch aus dem Corpus striatum hervorgegangen, mit dessen lateraler Kernschicht sie streckenweise noch zusammenhängt. Die Ammonsformation ist aber die direkte Fortsetzung bloß dieser inneren Fundamentalschicht, Sie entbehrt nach JAKOB vollständig des äußeren Zellstratums, ein Verhalten, das sie in der ganzen Säugetierreihe auch weiterhin bis zum Menschen charakterisiert. Abb. 16a gibt dieses Verhältnis bei Gymnophionen wieder. In der embryonalen Entwicklung des Gehirns der Beutelratte hat JAKOB, wie Abb. 16b zeigt, diesen Zusammenhang der beiden Fundamentalschichten mit ihren Ursprungsstellen scheinbar auch noch nachweisen können. Die beiden Fundamentalschichten verbinden sich miteinander und ihre Verbindungsstelle entspricht der Zwischenkörnerschicht (unserer IV Schicht), Diese Auffassung hat etwas sehr Bestechendes für sich. Die embryonale Entwicklung, die Ontogenese am Menschenhirn zeigt nun allerdings nicht mehr eine solche prinzipielle Verschiedenheit der Entstehung der unteren Schichten von den oberen, da die Anlage der ganzen Rindenschicht durch eine Auswanderung aller Neuroblasten aus der darunterliegenden Matrix entsteht. Jedoch wäre es sehr möglich, daß die ontogenetische Entwicklung hier die phylogenetischen Stadien nur unvollkommen wiedergibt und daß schon in der Keimanlage die für die spätere Entwicklung nötigen Verschiebungen mit Überspringung von Zwischenstadien stattfinden. Trifft diese geniale Ansicht JAKOBs wirklich zu, dann ist es allerdings richtig, daß wir wenigstens für einen Teil des Allocortex, und zwar für die Ammonsformation die Zellen derselben bloß mit den Zellen der Innersten zwei Zellagen des Isocortex identifizieren können.
Entwicklung der Rinde und ihrer Schichten. 107
Was wir somit phylogenetisch als Paläocortex und Archipallium vom übrigen Hirn trennen, entspricht ungefähr dem, was wir cytoarchitektonisch (und auch ontogenetisch) als Allocortex bezeichnen. VOGT hat nun mittels der myeloarchitektonischen Methode ebenfalls den Allocortex genau vom Neocortex abtrennen können; stammen doch diese beiden Ausdrücke von ihm! Im Allocortex ziehen nämlich die radiären Markbündel bis in die oberflächliche Molekularschicht; der Allocortex ist, wie VOGT sich ausdrückt, supraradiär, während im Isocortex die radiären Markbündel bloß bis zur Mitte der III. Schicht reichen (euradiär) oder sogar unterhalb davon in der V. Schicht aufhören (infraradiär). Betrachtet man VOGTs Abb. 11 und 12, wo der Allocortex durch dunkle schwärze Kreise (phi) von der übrigen Rinde abgetrennt ist, so sieht man, daß er ziemlich genau unserem allogenetischen auf Abb. 56-58 rot gefärbten Hirnteile entspricht. Alle diese Teile hat MEYNERT schon als Rinde mit weißer Oberfläche von der übrigen Rinde unterschieden und rechnete zu ihr die Körnerbildungen seines Riechlappens, ferner seine sog. defekte Rinde, dann den Uncus, das Septum pellucidum und das Ammonshorn. Wir sehen daraus, daß sowohl die Betrachtung rein äußerer Momente der Rinde wie ihre Farbe durch MEYNERT in großen Zügen dasselbe Resultat zur Einteilung der Rinde in die zwei großen Unterarten (von Isocortex und Allocortex) liefert wie die anderen Methoden, wenn sich auch natürlich hier die Begriffe nicht vollkommen miteinander decken. Dieser Umstand sowohl, als daß die Cytoarchitektonik und die Myeloarchitektonik, die ontogenetische und die phylogenetische Forschung zu der annähernd gleichen Einteilung der Rinde in diese zwei großen Gruppen führt, zeigt deutlich, daß hier eine prinzipielle wichtige Scheidung zweier im Grunde verschiedener Rindenarten vorliegt, wenn auch die Grenzen, die mittels dieser verschiedenen Methoden ermittelt werden, sich vielleicht nicht vollständig decken können, wie das bei Anwendung verschiedener Methoden ja immer der Fall ist. Dagegen sind das Neopallium, die graue Rinde und der isogenetische Cortex Begriffe, die beinahe miteinander identisch sind. Mit diesem Worte bezeichnet man die Rinde, welche beim Menschen bei weitem den Hauptteil des ganzen Großhirns bedeckt (nach BRODMANN 0.98). Mit Rücksicht auf die Dignität dieser Formation für die menschliche Physiologie und Pathologie haben wir in den unserer Arbeit beigegebenen Tafeln hauptsächlich dieses Gebiet abgebildet und dabei das Prinzip verfolgt, die Abbildungen dieses Cortex stets bei hundertfacher Vergrößerung wiederzugeben, während wir die Bilder des allogenetischen Cortex meist nur bei fünfzigfacher und, wo es sich bloß um Übersichtsbilder handelt, sogar bloß bei fünfundzwanzigfacher Vergrößerung wiedergeben, da der allogenetische Cortex im Hirngeschehen des Menschen wohl eine eher untergeordnete Rolle spielt und seine Wiedergabe unsererseits hauptsächlich zu allgemeinen Orientierungszwecken über seine Lage und Ausbreitung erfolgte. Während bei Reptilien der Isocortex überhaupt noch nicht angelegt ist und der ganze Cortex bei Reptilien und Vögeln überhaupt nur Allocortex darstellt, nimmt in der Säugetierreihe aufwärts der Allocortex rasch an Bedeutung ab und hat bloß bei tiefstehenden Makrosmatikern noch größere Teile der Hirnoberfläche inne (Abb. 59 und 60).
108 Aufbau von Entwicklungsgrundlagen der lamellären Cortexgliederung.
Der isogenetische Cortex (Isocortex) ist jener Teil der Hirnrinde, welcher, wie gesagt, den tektogenetischen Grundtypus der Sechsschichtung aufweist oder der durch Modifikation einzelner Schichten dieses Grundtypus sich aus ihm entwickelt hat. Daß die sog. graue Hemisphärenrinde, welche ja unserem Isocortex entspricht, nicht überall ihr gewöhnliches Aussehen hat, wusste auch schon MEYNERT, und er unterschied von ihr z. B. die achtschichtig Rinde in der Fissura calcarina, die wir auch heute als Typus der Schichtenvermehrung ansehen können. Aber nicht die Schichtenvermehrung allein stellt die einzige Änderung dar, welche die isogenetische Rinde erfahren kann. Auch ein Schichtenverlust kann oft das Bild der Schichtung bedeutend ändern. Wir wollen in Anlehnung an BRODMANNs jene Partie des Isocortex, welche ohne auffallende Zelländerung und Schichtänderung ihres Baues den sechsschichtigen tektogenetischen Grundtypus deutlich erkennen läßt, als homotypischen Isocortex bezeichnen; und jene Rindenpartien des Isocortex, welche den Grundtypus nicht mehr deutlich aufweisen oder evtl. auch gar nicht mehr erkennen lassen, jedoch entweder durch unmittelbare Verfolgung der Schichten bis in die homotypisch gebaute Nachbarschaft oder durch Verfolgung in frühere Entwicklungsstadien auf denselben zurückgeführt werden können, wollen wir als heterotypischen Isocortex bezeichnen. Es liegt auf der Hand, daß es in manchen Fällen ziemlich schwer sein wird, einen heterotypisch stark veränderten Isocortex, welcher sich in der Nähe des Allocortex befindet, von diesem Allocortex mit Sicherheit abzugrenzen. Schon bei Besprechung der Anlage der Rindenschicht und der Anlage des Allocortex haben wir auf diese Schwierigkeit besonders bei Übergangsbildungen aufmerksam gemacht. Wo aber eine solche Abgrenzung zwischen Allocortex und Isocortex nicht in Frage kommt, wird die Unterscheidung zwischen homotypischem Isocortex und heterotypischem Isocortex ohne weiteres möglich sein. Abb. 56, 57, 58 geben schematisch das Ausbreitungsgebiet der einzelnen Rindenarten wieder für die laterale, die mediale und die basale Hirnfläche. Der Allocortex ist, wie schon erwähnt, hier rot eingetragen; der ganze übrige Cortex ist Isocortex; der homotypische gewöhnlich sechsschichtige Isocortex ist hier weiß gelassen - man sieht, er nimmt den größten Teil der Rindenoberfläche ein; der heterotypische Neocortex dagegen ist blau gefärbt, und zwar, worauf wir später noch zurückkommen, der sog. agranuläre lichtblau, der granulöse dunkelblau. Man sieht an diesem Bilde, daß der Allocortex eigentlich überall von heterotypischem Isocortex umschlossen ist (s. dieses Kapitel Absatz B, S. 204).
110 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Abb. 67. Schema über das verschiedene Verhalten der einzelnen Schichten in der Kuppe, der Wand und dem Tal der Windungen.
Die homotypische Rinde läßt, wie gesagt, die schon S. 82 angeführten sechs bekannten Grundschichten überall erkennen: die Molekularschicht, äußere Körnerschicht, Pyramidenschicht, innere Körnerschicht, ganglionäre Schicht und Spindelzellenschicht. Nun sind diese Schichten, wie das Schema Abb. 67 zeigt, von verschiedener Breite, und zwar ist die VI. Schicht gewöhnlich die breiteste, nach ihr die III. Schicht, dann die V. Schicht; während die IV., I. und II. in dieser Reihenfolge der Dicke nachfolgen und meist ziemlich niedere Werte im Verhältnis zu den übrigen drei Schichten haben. Alle diese Schichten ziehen nicht gleichmäßig übereinandergelagert dahin. Wir haben ja gesehen, daß die Gesamtrindendicke je nach der Region des Gehirns eine sehr verschiedene sein kann (Abb. 26-29), und mit ihr wechselt natürlich auch die Dicke der einzelnen Schichten. Im menschlichen Gehirn, bei welchem durch die zahlreichen Windungen und Furchen die Gleichmäßigkeit des Rindenbaues fortwährende Störungen erfährt, ändert die Rinde außerdem in jedem Windungsquerschnitt ihre Dicke, indem sie an der Kuppe am dicksten, im Tal am dünnsten ist (Abb. 30). Aber nicht nur die ganze Rinde ändert ihre Dicke in jeder Windung, sondern auch die einzelnen Schichten. Diese wechseln also mit der Bildung der Windungen fortwährend ihren Dickendurchmesser und, wie wir später sehen werden, teilweise sogar ihren Zellaufbau. Und zwar ändert sich der Dickendurchmesser der einzelnen Schichten nicht im einfachen proportionalen Verhältnis zur ganzen Rindendicke nach der eben oben angeführten Reihenfolge, sondern jede Schicht ändert ihren Durchmesser in einem speziellen, für sie geltenden Modus. Wir haben gesehen, daß die Rinde an der Windungskuppe ihre größte Dicke hat, evtl. auch an der Windungskante, im Windungstal jedoch ihren geringsten Dickendurchmesser, in der Wand dagegen mittlere Werte aufweist. Nun nehmen nicht alle Schichten in gleichem Maße an dieser Dickenabnahme teil. Abb. 67 zeigt vielmehr das verschiedene Verhalten der einzelnen Schichten. Die I. Schicht nimmt von der Kuppe gegen das Tal an Breite sogar allmählich zu, obschon nicht sehr bedeutend, nur im Tale selbst ist die Zunahme eine recht auffallende und ziemlich plötzliche, manchmal sogar eine ungewöhnliche, da sie zum Teil durch eine Verklebung der obersten Teile der I. Schicht der gegenüberliegenden Wände zweier Windungen einen auffallend großen Durchmesser gewinnen kann. Die II. Schicht nimmt ebenfalls von der Kuppe gegen das Tal allmählich zu, wenn auch etwas weniger als die Molekularschicht; besonders im Tale selbst ist diese Zunahme recht bedeutend; außerdem nimmt aber auch die Zelldichtigkeit der II. Schicht im Tale immer sichtlich zu. Die III. Schicht nimmt dagegen von der Kuppe gegen das Tal an Breite sehr allmählich etwas ab, jedoch ist diese Abnahme eine relativ geringe im Verhältnis zur bedeutenden Abnahme, welche die V. und VI. Schicht zu verzeichnen haben und die wir später gleich besprechen wollen; und zwar ist diese Dickenabnahme der III. Schicht eine so allmähliche und geringe, daß sie bei der rapiden Abnahme des Dickendurchmessers der ganzen Rinde (um ca. 50%!) dazu führt, daß in der Wand und im Tal die III. Schicht ganz besonders über die anderen Schichten relativ sogar überwiegt, also scheinbar sogar zunimmt. Die Pyramidenzellen der III. Schicht stehen an der Kuppe im allgemeinen etwas weniger dicht als in der Windungswand; am schönsten entwickelt sind sie gewöhnlich in der Windungskante; am nächstbesten an der Kuppe selbst; auch in der Wand behalten sie noch ihre schlanke Form; erst in den tiefsten Wandabschnitten werden sie etwas niedriger und flacher und erscheinen im Windungstale selbst flach dreieckig, so daß ihre Basis größer sein kann als ihre Höhe. Die IV. Schicht bleibt durchschnittlich im ganzen Windungsquerschnitte gleich breit, man kann vielleicht sagen, daß sie am Culmen etwas breiter ist, weil dort ihre Körnerzellen in die nächste Umgebung, d. h. in die untersten Lagen der III. Schicht und die obersten der V. Schicht, hineinreichen, während sie an der Wand und im Tal kompakter zusammen liegen und sich mehr auf das engere Gebiet der IV. Schicht beschränken, wodurch dieselbe etwas dichter und etwas schmäler aussieht. Die V. Schicht ist an der Kuppe am breitesten; knapp unter der Windungskante nimmt sie bis zum Tal progressiv rasch ab und ist im Windungstale selbst sehr schmal; auch in ihr werden die Pyramidenzellen nach abwärts zu deutlich kleiner und flacher, doch bleiben ihre Spitzen der Oberfläche zugekehrt. Noch rascher jedoch als die V. Schicht nimmt die VI. Schicht an Breite von der Kuppe gegen das Windungstal ab. War dieselbe mit ihrer breiten VIa- und ihrer noch breiteren VIb-Unterschicht, wie die Abb. 67 zeigt, am Culmen die breiteste aller Schichten, so nimmt sie von der Windungskante nach abwarte in der Windungswand so rasch an Breite ab wie keine andere der Rindenschichten. Die VIb wird ganz besonders schmal und schon in der Wand nur mehr saumförmig; auch die VIa selbst wird noch viel schmäler als etwa die V. Schicht; im Tal macht die ganze VI Schicht überhaupt bloß einen schmalen saumförmigen Zellzug aus, an welchem die VIb-Lage überhaupt kaum noch zu sehen ist. Die am Culmen senkrecht zur Oberfläche, d. h. radiär gestellten Spindelzellen der VI. Schicht, legen sich, je weiter man nach abwärts geht, da sie parallel zur Einstrahlungsrichtung der Markbündel bleiben, immer mehr und mehr schief zur Oberfläche der Windungswand, so daß sie im Tal schließlich ganz horizontal, d. h. mit ihrer Längsachse parallel zur Oberfläche zu liegen kommen. Kurz zusammenfassend läßt sich also sagen, daß die I. und II. Schicht an der Kuppe eher schmäler sind und im Tale am breitesten; die V. und VI. Schicht sind an der Kuppe aussergewöhnlich breit und im Tale aussergewöhnlich schmal; die Breitenabnahme der ganzen Rinde auf ihrem Wege von der Kuppe zum Tal geht hauptsächlich auf Kosten dieser zwei Schichten, besondere auch der Unterschicht VIb; während die III. Schicht auf ihrem Wege von der Kuppe gegen das Tal nur so wenig abnimmt, daß sie in demselben sogar relativ die breiteste Schicht ist; die IV. Schicht bleibt dagegen im großen ganzen am ganzen Windungsquerschnitte gleich breit. Wir geben hier die z. B. im mittleren Stirnhirn für eine Windung an ihrem Querschnitt gefundenen Zahlen für jede Schicht in Millimetern wieder:
Bau des Isocortex. 111
112 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
2.75 mm Gesamtdicke an der Kuppe | 0.21 | 0.18 | 0.78 | 0.20 | 0.45 | 0.52 | 0.35mm |
2.21 mm Gesamtdicke an der Wand | 0.23 | 0.20 | 0.80 | 0.24 | 0.35 | 0.30 | 0.20 mm |
1.80 mm Gesamtdicke im Tal | 0.40 | 0.24 | 0.45 | 0.18 | 0.15 | 0.12 | 0.06 mm |
Bezeichnet man die oberen drei Schichten I + II + III nach dem Beispiele KAES' als äußere Hauptschicht und die IV + V+ VI als innere Hauptschicht, so läßt sich sagen, daß an der Klippe die innere Hauptschicht im allgemeinen die äußere bedeutend an Breite übertrifft (äH:iH= 1.17:1.58 mm), während in der unteren Wand (äH:iH = 1.12:1.09 mm) und im Tal (äH:iH = 1.09:0.51 mm) die äußere Hauptschicht überwiegt.
Aber nicht nur zwischen Kuppe, Tal und Wand ist eine Änderung der Schichtendickenverhältnisse zueinander immer wieder zu sehen, sondern es ändert sich auch die Schichtendicke für sich in den verschiedenen Hirnregionen. Wir haben am Schema Abb. 26 und 27 gesehen, wie der ganze Dickendurchmesser der Rinde in den verschiedenen Hirnregionen sich ändert. Nun nehmen die Zellschichten nicht überall in der gleichen Proportion an dieser regionären Änderung der Rindendicke teil, sondern es kann bei einer Verschmälerung der Gesamtdicke der Rinde eine bestimmte Schicht eine besondere Einbusse ihrer Breite erfahren, während in einer anderen Hirnregion mit der gleichen Gesamtrindenverschmälerung wieder eine andere Schicht an diesem Dickenverlust besonders beteiligt ist. Wir haben daher für jedes Hirngebiet nicht nur die ganze Rindenbreite stets an Kuppe und Wand gemessen und tabellarisch auf der Tabelle I (14. Kap.) in Millimetern eingetragen, sondern wir haben jedesmal auch für jede dieser Rindenstellen die Dicke jeder einzelnen Schicht an der Kuppe sowohl als an der Windungswand bestimmt und in der Tabelle I und III verzeichnet. Für die Kuppe ist die Messung absolut genommen ziemlich richtig; bezüglich der Fehlerquellen, die aus der Schrumpfung des Materials, der individuellen Eigenheit jedes Gehirns, aber auch der individuellen Messungsart jedes Untersuchers hervorgehen können, haben wir schon S. 40 alles Nötige gesagt. Für die Wand jedoch haben die Messungen, da es nicht möglich ist, die Stelle der Wahl, an der man messen soll, für jede Windung absolut gleich zu nehmen (obwohl wir uns bemüht haben, unsere Messung stets ungefähr in der Mitte der Wandhöhe zu machen) nur einen relativen Orientierungs- und allgemeinen Vergleichswert. Auf diese Art hat jeder an der Hand unserer Tabellen im Schlußkapitel 14 einen ziemlich genauen Überblick sowohl über das Verhalten der Rinde als Ganzes als auch jeder einzelnen ihrer Schichten in so ziemlich jeder Hirnregion und er kann sich sogar an Hand der Tabellen über das Verhalten jeder einzelnen Schicht im Verlaufe derselben vom Frontalpol bis zum Occipitalpol orientieren. Wir haben die Messungen areal eingetragen, d. h. für jede einzelne Area und an der Hirnkarte der Areae der Hirnoberfläche Abb. 19 und 20 und auf Abb. 28 und 29 kann man die Stellen so ziemlich eruieren, an welchen die Messungen vorgenommen wurden. Nun wechselt im Maße als die einzelne Schicht nicht proportional mit der Änderung der Gesamtdicke in den verschiedenen Regionen ihren Durchmesser ändert, auch das Verhältnis der Werte der einzelnen Schichten zueinander. Um diese Änderung nun richtig zu ermessen, ist es notwendig, vorerst überhaupt einen Mittelwert für das Verhältnis der Dicken der einzelnen Schichten zueinander aufzustellen. Um jedoch zu einem einheitlichen brauchbaren Resultate zu kommen, war vorerst folgende Überlegung nötig. Der äußerst hohe Wert für die Breite der VI. Schicht an der Kuppe der Windung rührt daher, daß die untere Grenze derselben weit in die Rindenmarksubstanz herabreicht. Diese tiefere Lage der VI. Schicht, welche ihren Zellgehalt der Tiefe zu allmählich mehr und mehr verliert und welche von den dicken radiären Markbündeln aufgelockert wird und die wir als VIb-Schicht zum Unterschiede der oberen dichteren VIa-Lage benennen, kann in ihrer unteren Grenze, wie schon bei den Messungen der ganzen Rindendicke eingehend erläutert wurde (S. 39), nur ungenau bestimmt werden. Wir haben schon erwähnt, daß die starken individuellen Unterschiede in den Angaben der Rindendicke der verschiedenen Autoren wohl hauptsächlich durch die Schwierigkeit dieser Grenzbestimmung bedingt sind. Unterschiede in der Angabe der VI. Schicht können wegen dieser VIb-Schicht leicht auch das Doppelte (!) anderer Angaben betragen. Daraus ersieht man schon, daß jede Berechnung von relativen Verhältniszahlen der Dickendurchmesser der einzelnen Schichten zueinander gar keinen Wert hätten, wenn gleich so hohe Differenzen jedesmal das Bild trüben könnten. Wir haben daher bei Berechnung des Verhältnisses der Dicke von I:II:III:IV:V:VI die VIb-Unterschicht ganz weggelassen und somit eigentlich das Verhältnis I:II:III:IV:V:VIa für jede Hirnstelle errechnet, und zwar um dieses Verhältnis der einzelnen Schichten an den verschiedenen, untereinander verschieden dicken Hirnstellen immer miteinander vergleichen zu können, sie in Prozentzahlen der Gesamtrindendicke dieser Stelle ebenfalls ausgedruckt, also z. B. für die Kuppen der Gesamtrindendicke der untersuchten Stelle, oder wir können der einfacheren Schreibweise halber die Relation der Schichten zueinander derart ausdrücken, daß wir die relativen Zahlenwerte der einzelnen Schicht auf die ideale Gesamtdicke von 1.00 zurückführen und obiges Verhältnis auch folgendermaßen schreiben:
Bau des Isocortex. 113
I = 9%
II = 7%
III = 33%
IV = 9%
V = 20%
VIa = 22%
Summe = 100%
I | II | III | IV | V | VIa |
0.09 | 0.07 | 0.33 | 0.09 | 0.20 | 0.22 |
welche Zahlen die Gesamtsumme 1.00 ergeben. An diesen Zahlen ergibt sich auch am besten das Verhältnis der äußeren Hauptschicht (I + II + III) zur inneren Hauptschicht (IV + V + VI), also in diesem Falle äH:iH = 49:51.
Wir haben nun von allen Werten, die wir für die verschiedensten Stellen der homotypischen isogenetischen Hirnrinde gemessen und errechnet haben, den mittleren Durchschnitt genommen und die von uns oben beispielsweise angeführte Proportion stellt auch den von uns gefundenen Durchschnittswert für die Verhältniszahlen der Dicken der Schichten zueinander dar. Und das Verhältnis äH:iH = 49:51 stellt somit auch das Durchschnittsverhältnis der äußeren zur inneren Hauptschicht an der Kuppe dar. Jetzt haben wir also dadurch ein Grundmaß gewonnen, nach dem wir Abweichungen im Dickenverhältnis der Schichten zueinander beurteilen und festlegen können. Die wichtigsten Zahlen dieser Reihe sind folgendermaßen leicht mnemotechnisch zu merken, wenn man bedenkt, daß von den mit ungeraden Zahlen numerierten Schichten I, III und V die III. Schicht 33%, also 0.33 der Gesamtrindendicke als Durchschnittsbreite aufweist, die V. Schicht 0.2 (= 20%), die I. Schicht ungefähr 0.1, während die IV. und ebenso die II. Schicht etwas weniger als die I. ausmachen und die VI. den Rest an Prozenten. Diese Proportion ist sicherlich nicht etwas absolut Bestehendes, sondern darf bloß als eine Art konventionelles Mittelmaß angesehen werden, welches sehr wahrscheinlich von anderen Untersuchern etwas anders errechnet worden wäre, wie ja dies bei solchen Berechnungen immer der Fall ist. Dem von uns aufgestellten idealen Verhältnisse am nächsten kommt das mittlere Stirnhirn, in welchem wir für die Region Area FD für die Kuppe folgende Verhältnisse gefunden haben:
114 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
I | II | III | IV | V | VI | |
0.09 | 0.08 | 0.33 | 0.09 | 0.19 | 0.22 | äH:iH = 50:50 |
Wir sehen also, daß die relativen Zahlen der Schichten an dieser Stelle ungefähr unserem idealen Normaldurchschnittsverhältnis entspricht. Sehr interessant ist es nun wieder für gewisse Rindenpartien, die Stärke der Ausschläge nach der einen oder nach der anderen Seite zu betrachten. Wir wollen hier untereinander schreiben den obengenannten relativen Mittelwert und darunter die relativen Werte für die Rinde an der Kuppe der vorderen Zentralwindung und darunter die für die Rinde an der Kuppe der Calcarinalippe:
I | II | III | IV | V | VI(a) | ||
Mittelwert | 0.09 | 0.07 | 0.33 | 0.09 | 0.20 | 0.22 | äH:iH = 49:51 |
C.a. | 0.06 | 00.0 | 0.43 | 0.00 | 0.23 | 0.29 | äH:iH = 48:52 |
Calc. | 0.10 | 0.07 | 0.14 | 0.42 | 0.14 | 0.13 | äH:iH = 31:69 |
Dieser Vergleich der relativen Zahlen spricht eine viel deutlichere Sprache, als wenn man bloß die absoluten Werte, die man bei der Rindenmessung findet, nebeneinander stellt, da letztere betreffs der Dignität der einzelnen Schichten nur wenig besagt. Wir haben in Tabelle II (14. Kapitel) diese Verhältniszahlen der Schichten für jedes Hirnareal extra auch angeführt und auch hier kann man ohne weiteres an der Tabelle das Verhalten jeder Schicht nicht nur an jeder Hirnstelle ermitteln, sondern auch die Änderung dieser speziellen Schicht an der ganzen Hirnoberfläche an und für sich verfolgen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß auch für das Studium der pathologischen Änderungen, besonders aber für vergleichend-anatomische und phylogenetische Studien diese Proportionalgleichung der einzelnen Rindenareale einen gewissen Wert späterhin haben könnte. Die Einteilung in innere und äußere Hauptschicht z. B. stammt, wie gesagt, von KAES, und wir verweisen hier auf das, was wir S. 17 darüber im historischen Teile über die Ansicht dieses Autors bezüglich der Relation zwischen äußerer Hauptschicht und Entwicklungshöhe des Gehirns im I. Kapitel gesagt haben; bei niederen Tieren hat auch nach BRODMANN die innere Hauptschicht eine relativ größere durchschnittliche Breite als bei höheren Tieren und man kann nach BRODMANN auch feststellen, daß auch bei niederen Sippen einer Tiergattung die innere Hauptschicht im Verhältnis zu der der anderen Sippen an Bedeutung gewinnt.
Nicht nur für die Kuppe haben wir nun dieses mittlere Verhältnis ermittelt, sondern auch für die Windungswände, und zwar für die mittlere Wandhöhe derselben zwischen Windungskante und Tal, und folgendes als Durchschnittsgleichung gefunden:
I | II | III | IV | V | VI | |
0.12 | 0.07 | 0.37 | 0.08 | 0.18 | 0.18 | äH:iH = 56:44 |
Wir sehen daraus die größere Bedeutung, welche die III. Schicht in der Windungswand gewinnt, da sie, trotzdem die Zahl für ihre absolute Breite, wie wir vorher sahen, eigentlich abnimmt, die relative Zahl von 33% auf 37% infolge der stärkeren Abnahme der übrigen Schichten steigt. Ebenso ist die Zunahme der äußeren Hauptschicht über die innere Hauptschicht hier zahlenmäßig sehr sinnfällig. Die starke Reduktion der V. und der VI. Schicht tritt auch in diesen Zahlen sichtbar zutage.
Bau des Isocortex. 115
Was wir nun schon früher bezüglich der absoluten Werte für die Windungswand gesagt haben, daß ihnen nämlich die Fehlermöglichkeit anhaftet, daß nicht immer ganz gleichwertige Stellen gemessen wurden, da es recht schwer ist, gerade die Mitte der Windungswand anzugeben, gilt in noch erhöhtem Maße vielleicht für diese relativen Zahlen. Wir werden also diesen Verhältniszahlen für die Wanddicken weniger Bedeutung beimessen und werden dieselben bloß als Vergleichswerte benutzen, aus denen man fallweise einiges Beachtenswerte manchmal doch ermitteln kann. Als Beispiel hierfür möge folgendes angeführt sein: es nimmt die III. Schicht in der Wand, wie gesagt, an Dicke immer sichtlich ab; ihr relativer Wert jedoch nimmt, wie aus obigen Verhältniszahlen hervorgeht, da die übrigen Rindenschichten sich viel rascher und in viel bedeutenderem Maße in der Wand verschmälern, von 33% an der Kuppe bis auf 37%, also um volle 4% zu. In gewissen Teilen des Großhirns jedoch ist diese Differenz eine viel bedeutendere und nimmt die III. Schicht z. B. im Gyrus rectus sogar um 10% zu, d. h. daß sie sich an der Kuppe sogar scheinbar verschmälert, statt wie gewöhnlich im Verhältnis zur Wand sich zu verbreitern.
Diese Änderungen der Schichtendicke, die gewöhnlich an jeder Windung in ihren Wänden wiederkehren, sind nicht etwa mechanisch durch die Krümmung der Windungsoberfläche bedingt, sondern sie haben ihre ganz besondere, dem Wesen jeder Schicht anhaftende Bedeutung. Die ganz kolossale Zunahme der VI. Schicht am Culmen, die einen ganz besonderen Reichtum der Windungskuppe an Spindelzellen bedingt, und das beinahe vollkommene Fehlen der VI. Schicht, also der Spindelzellen im Tal, sowie die bedeutende Abnahme der V. Schicht im Verhältnis vom Culmen zum Tal, womit also auch die ganze innere Hauptschicht in den tiefen Windungspartien bedeutend reduziert wird, hat sicher ihr Korrelat in einer Differenz der physiologischen Funktion zwischen Kuppe, Wand und Tal (vgl. dieses Kapitel, Abs. 5, S. 184). Dadurch wird jede einzelne Windung eigentlich zu einem eigenen Organ, das aus verschiedenen und verschieden gebauten Teilen besteht, da doch jede anatomische Verschiedenheit notwendig auch gewisse physiologische Folgen haben muß. Betrachtet man aber in diesem Sinne jede Windung als ein Organ, dann gewinnt die jeweilige individuelle Größe derselben, ihr Verlauf, ihre Zusammenhänge mit anderen Windungen durch sog. Brückenwindungen, kurz die ganze Windungsarchitektonik eine ganz andere Bedeutung, als man ihr bis jetzt zugeschrieben hat. Man kann diese nicht mehr als eine Zufälligkeit ansehen, wie es in einer Überschätzung der Mikroarchitektonik der Hirnrinde in den letzten Jahren wiederholt geschehen ist, obschon allerdings bisher das Studium der Windungsarchitektonik leider nur wenig positive Erfolge aufzuweisen hatte. Der Aufbau der Windung jedoch läßt uns vermuten, daß derselbe eine ganz besondere Bedeutung haben muß, die wir heute allerdings noch nicht genau kennen. Fasst man die innere Hauptschicht im Sinne CHR. JAKOBs (2. Kap., s. S. 22) als hauptsächlich effektorische Schicht auf, die äußere als receptorisch oder assoziativ, so würde schon diese Auffassung einiges Licht auf die Bedeutung dieser Bauunterschiede zwischen Wand und Kuppe werfen, und man wird wohl auch in Hinkunft bei den Diskussionen über die Entstehung der Windungen dieses Moment nicht mehr unberücksichtigt lassen dürfen, da es entschieden hierbei eine ausschlaggebende Rolle spielen muß. Man sieht die Eigentümlichkeit dieses Bauunterschiedes der einzelnen Teile des Windungsquerschnittes auch dort, wo man wegen einer weiteren Entwicklung der Wand und eventueller sekundärer Windungsbildungen auf ihr gar nicht mehr denkt, daß es sich wirklich um eine Wandbildung handeln könnte. So sind z. B. die Heschlschen Windungen nichts anderes als sekundäre Übergangswindungen vom Parietallappen zum Temporallappen, welche sich auf die dorsale Wandfläche, die sog. Sylvische Fläche, der ersten Temporalwindung erstrecken, und sie tragen in ihrem allgemeinen Zellbau und in der Schmalheit ihrer V. und VI. Schicht, welch letztere gar bloß ein schmales Band bildet, zeitlebens das Wandgepräge, sogar auch an der Windungskuppe der Heschlschen Windungen. Ähnliche Verhältnisse findet man auch an den cuneo-parietalen Übergangswindungen an der hinteren Wand des oberen Parietallappens im Sulcus parietooccipitalis und auch anderwärts. Ferner ist es dementsprechend wohl auch kein Zufall, daß bei Gyrencephalen der sog. sensorische Cortex hauptsächlich und beinahe immer in Windungswänden sich entwickelt, so in der Hinterwand der Rolandoschen Furche, in der Dorsalwand der ersten Temporalwindung, in der Wand der Calcarina, in der Innenwand der Gyr. cinguli; und wir wissen aus dem oben Gesagten, daß die äußere receptorische Hauptschicht in der Wand überwiegt über die effektorische, welche hier stark abnimmt (s. auch S. 228, Fußnote).
116 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Wir kommen nun zur Beschreibung des Zellaufbaues der einzelnen Schichten des isogenetischen homotypischen Cortex (Abb. 32), für den ja die Sechsschichtung charakteristisch ist, sowie zur Beschreibung der lobären Änderungen derselben. Die Dickenverhältnisse der ganzen Rinde in den verschiedenen Hirnlobi haben wir ja schon auf S. 35 besprochen. Die regionären und lobären Änderungen der Schichten sind ebenfalls oft sehr auffällig. Wenn wir der Variabilität nach die Schichten einteilen wollten, so würden wir als variabelste Schicht an allererster Stelle die IV. Schicht bezeichnen, nach ihr würden betreffs der Variabilität die II., V., III., VI. und I. sich der Reihe nach einfügen. Die letzte ist also die wenigst veränderliche.
Bau des Isocortex. 117
Abb. 68 und 69. Dickenänderung der I. Schicht (Molekularschicht) in den verschiedenen Regionen der ganzen Hirnoberfläche, schematisch durch die Tiefe der Tönung dargestellt.
118 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Die I. Schicht, Molekularschicht, plexiforme Schicht oder auch Lamina zonalis genannt, ist somit die konstanteste Schicht des ganzen Großhirns, da sie überall wiederzufinden ist, sogar an jenen Rindenteilen, welche keine eigentliche Rinde darstellen, so z. B. an der Substantia perforata anterior und am Induseum. Ihr Bau ist im Zellbilde äußerst einfach, da sie unmittelbar unter der Pia eine schmälste membranöse dünne Lage, die Membrana limitans, welche gliöser Natur ist, besitzt, und unterhalb derselben im Zellpräparate bloß ein ziemlich gleichmäßig aussehendes netzförmiges Grundgewebe aufweist, in welchem einzelne Gliakerne und Gefäße und daneben nur sehr wenige kleine Nervenzellen von 6/7 µ Größe vorkommen, und zwar durchschnittlich ungefähr 5 Nervenzellen pro 0.1 mm3. Die Form dieser Zellen haben wir größtenteils auf S. 60 schon genau beschrieben und auf Abb. 40 nach CAJAL abgebildet. Die geringen Differenzen der verschiedenen Rindenbezirke in der Zahl und Form dieser Elemente brauchen wir hier kaum näher zu erwähnen, da sie im Isocortex, wie gesagt, äußerst gering sind und keine große allgemeine lokalisatorische Bedeutung haben, und da wir ferner im Laufe der Untersuchungen über die einzelnen Hirnareale im speziellen Teile dieses Buches immer wieder auch besonders die I. Schicht genau besprechen werden. Meist sind in den oberflächlichen Lagen derselben etwas mehr Kerne zu sehen, als in der Tiefe. Ist dieses Verhalten sehr ausgesprochen, dann kann man die I. Schicht in eine Ia- und eine zellärmere Ib-Schicht unterteilen. Doch ist eine solche Unterteilung im Zellbilde nicht überall möglich, während im Markbilde die I. Schicht, wie wir dies auf S. 178 näher ausführen werden, deutlich in Unterschichten zerfällt. Regionär zeigt die Dicke der I. Schicht sehr auffallende Änderungen, welche wir schematisch durch Tönung an der Abb. 68 und 69 dargestellt haben (ähnlich wie an Abb. 26 und 27 für die Gesamtrindendicke). An der homotypischen isogenetischen Rinde, von der wir ja hier hauptsächlich sprechen, wenn wir nicht speziell ausdrücklich das Gegenteil erwähnen, macht die Molekularschicht beim Menschen ungefähr 9-10% der Rindenbreite durchschnittlich aus. Schon MEYNERT hat dies hervorgehoben. Bei Tieren ist sie im allgemeinen relativ breiter. Für den Einzelfall, d. h. für die einzelnen Rindenareale, ändert sich natürlich diese Verhältniszahl und man kommt der Wahrheit nahe, wenn man sagt, daß die I. Schicht im großen ganzen an der Kuppe der Windungen zwischen 0.20 mm und 0.25 mm Dicke schwankt; in den Wänden und in den Tälern wird sie auch bedeutend dicker. In dieser Dicke überzieht sie beinahe die ganze isogenetische Rinde, ohne dabei die starken Dickenschwankungen der Gesamtrinde, welche ja zwischen 1.5 mm und 4.5 mm schwankt, proportional mitzumachen; zum Unterschiede der meisten anderen Schichten dagegen wird sie im Allocortex äußerst dick. Von diesem angegebenen Mittelwerte ihrer absoluten Dicke weicht sie im Isocortex am meisten nach unten im Occipitalhirn ab, wo sie bis zu 0.19- 0.16 mm Dicke herabsinkt (in der Area OA 0.20 mm, OC 0.19 mm, OB 0.16 mm) und ebenso auch in einzelnen Teilen des Frontallappens, wo sie z. B. sogar auf der vorderen Zentralwindung bloß 0.18 mm (in der Area FAγ) beträgt 1), obschon die Gesamtrindendicke doch hier 4.5 mm zählt und man also eigentlich bei einer 9 prozentigen Dicke ungefähr 0.4 mm Dicke erwarten sollte! [footnote p 118 1) Zur raschen Lageorientierung betreffs der hier angeführten Areae betrachte man Abb. 19 und 20, betreffs der angeführten Gyri und Sulci Abb. 21-24.] Es ist also die I. Schicht an der vorderen Zentralwindung eigentlich relativ sehr schmal. Außerdem ist sie ebenfalls sehr schmal am Gyrus rectus mit 0.19 mm, wo aber auch sonst die Rinde im allgemeinen recht schmal ist (Area FG), und ebenso an der Pars triangularis operculi, dem sog. Cap, mit 0.18 mm, wo ebenfalls die Rinde im Bezirke der Area FDΓ äußerst schmal ist, diese Verschmälerung aber eigentlich der allgemeinen Rindenabnahme entsprechend ist. Von dem Mittelwerte 0.20-0.25 mm weicht der absolute Dickenwert der I. Schicht nach oben, wie schon gesagt, am meisten in der allogenetischen Rinde ab, doch wollen wir dies augenblicklich hier nicht berücksichtigen. In der isogenetischen Rinde jedoch verdickt sich die I. Schicht am meisten in der Vorderwand der hinteren Zentralwindung, wo leicht Werte von 0.26-0.30 mm gefunden werden können, dann aber ganz bedeutend in allen jenen Teilen, welche an das sog. Riechhirn angrenzen. Also z.B. an der caudalen Partie der Orbitalfläche der dritten Stirnwindung (im Bereiche der Areae FFa und FI) mit 0.28-0.30 mm, dann an der Medianfläche des Gehirns, subrostral in der Gegend der sog. Carrefour olfactif von BROCA (im Bereiche der Areae FL und FM) mit 0.30-0.36 mm, dann jene Teile des Temporallappens, welche ebenfalls dem Riechhirn anlagern, an dem unteren Lippenrande des Gyrus hippocampi mit 0.32 mm, ferner am Temporalpole im Bereiche der Area TG mit 0.29 mm, aber auch an der Insel, besonders an der hinteren Insel IB mit ebenfalls 0.32 mm, am Gyrus limbicus mit 0.27 mm. Ganz auffallend ist jedoch, wie schon eingangs erwähnt, die Zunahme der I. Schicht im allogenetischen Cortex, wo schon an dieser plötzlichen Dickenzunahme der Allocortex erkannt werden kann und wo Werte von 0.40-0.55 mm und mehr erreicht werden; so speziell am Gyrus olfactorius lateralis, an der Substantia perforata, am Uncus, der Ammonsrinde oder an dem Gyrus olfactorius medialis und dem Gyrus geniculatus und subcallosus, wie man es ohne weiteres aus der tiefdunklen Tönung an Abb. 68 und 69 erkennt. Diese ganz hohe Zunahme der Dickenwerte der Molekularschicht des Allocortex erklärt sich aber meistens durch die starke Auflagerung von Markfasern auf die Molekularschicht. Die oberflächlichen Lagen der Molekularschicht enthalten zwar immer in den äußeren und mittleren Lagen derselben zwei bis drei schmale Zonen tangential verlaufender Markfasern, die größtenteils den Achsenzylindern der Zellen der Molekularschicht selbst entsprechen und zum Teil auch die Endteile von Einzelfasern darstellen, welche aus der Markmasse durch alle Rindenschichten hindurch bis in die I. Schicht gelangen, sog. Martinottische Fasern, zum geringen Teile stammen diese Tangentialfasern auch aus Zellen verschiedener anderer Rindenschichten. Es sind also die Tangentialfasern des Isocortex sämtlich endogenen Ursprungs, d. h., sie stammen unmittelbar aus der Rinde oder ihrem tiefen Marke. Im allogenetischen Cortex jedoch, wo die Tangentialfaserschicht ganz besonders mächtig wird und vielfach eine sogar mit freiem Auge auch am Zellpräparate infolge der zahlreichen Gliakerne, welche die Markfasern begleiten, sichtbare Schicht bilden (die letzten Endes sogar eine weiße Farbe der Rinde bedingen kann, die ja MEYNERT bestimmt hat, den Allocortex als weiße Rinde zu bezeichnen) entsprechen aber diese Tangentialfasern größtenteils nicht mehr den endogenen Tangentialfasern des Isocortex, sondern sie sind meist exogenen Ursprungs, und es handelt sich hier größtenteils um Fasern des Olfactorius, die mit der lateralen oder medialen Olfactoriuswurzel direkt auf die Oberfläche dieser Riechhirnrinde gelangen.
Bau des Isocortex. 119
Im Windungstale wird die I. Schicht immer bedeutend breiter, beinahe doppelt so breit, als sie an der Windungskuppe ist, wie man im Atlas auf Tafel XXV und LXXXIV ohne weiteres an den Photographien sehen kann; und es kann hier die Molekularschicht dadurch, daß sich die beiden aufeinandertreffenden Windungswände im Tale auf kurze Strecken vereinigen, ganz besonders hohe Werte manchmal erreichen, so daß sie vielfach sogar die Gesamtheit aller anderen Rindenschichten zusammen im Tale an Dicke übertrifft. An solchen Stellen senken sich die Gefäße, welche im Windungstale verlaufen, in die Rinde hinein, von vielen Rindegewebs- und Gliakernen begleitet, was eine besonders dunkle Färbung dieser Stellen im Zellbilde bedingt.
Die äußere Körnerschicht, Lamina granularis externa, CAJALs kleine Pyramidenzellschicht, auch Körperchenschicht genannt, ist die inkonstanteste Schicht des Großhirns nach der IV. Schicht. Sie kann ebenso wie diese stellenweise ganz verschwinden (meist gleichzeitig mit der IV), und zwar im Bereiche der sog. agranulären Rinde. Abb. 70 und 71 geben einen Überblick der Verbreitung und Dichte der Körnerschichten überhaupt, der II. + IV., über die ganze Hirnrinde in anschaulichem Schema wieder. Wenn wir von Umwandlungen der Schichten früher gesprochen haben, die sich in mehr oder weniger ausgesprochener Form auch im Gebiete des Isocortex vollziehen, so ist an solchen Änderungen in starkem Maße gewöhnlich auch die II. Schicht immer beteiligt; und zwar kann es sich hier entweder um eine Umwandlung handeln, welche durch eine Änderung der Zellformen der einzelnen Zellen der II. Schicht bedingt ist oder es kann hier die Deutlichkeit der Bildung einer eigenen II. Zellschicht mehr in ihrer Dichtigkeit als in ihrer Dicke so verschiedene Grade haben, daß sie in einzelnen Hirngegenden sehr deutlich und dicht zu sehen ist, in anderen Teilen wieder so undeutlich und undicht gefügt ist, .daß man sie von der darunterliegenden III. Schicht nicht mehr recht trennen kann und die II. Schicht so als eigene Schicht eigentlich an solchen Stellen zu bestehen aufhört. Abb. 70, 71 gibt ein ungefähres Bild dieser Dichtigkeitsänderungen in der Punktierung wieder.
Im Zellbilde besteht die II. Schicht meist aus kleinsten Zellen, welche in klassischer Ausbildung runde oder eher ovale spindelförmige, dann aber auch dreieckige, sternförmige oder kahnförmige kleinste Gebilde darstellen, welche in ziemlich dichter Anordnung zueinander stehen und unter sich auch einzelne pyramidenförmige Zellen enthalten; allerdings bloß solche kleinsten Kalibers, die wir als Zwergpyramiden bezeichnen wollen (S. 54-59). Wegen dieser vielen Formen, die wir hier vorfinden können und wegen des Umstandes, daß die runden und ovalen protoplasmaarmen echten Körner bei weitem in der Minderzahl sind, haben es viele Autoren vorgezogen, den Namen der äußeren Körnerschicht durch den der Körperchenschicht zu ersetzen. Im typischen Bilde überwiegen zwar die ovalen, spindelartigen und dreieckigen Formen, die mit ihrer Längsachse meist senkrecht zur Oberfläche gerichtet sind; und wir wollen diese kleinen Zellen, die meist 6/5 µ Größe haben, aber oft auch bloß 5/5 µ oder 5/4 µ doch weiterhin als Körnerzellen bezeichnen; je näher der Oberfläche, desto zahlreicher die echten Körner. Recht oft sieht man mehrere von ihnen zu einer einzigen Zeile nebeneinander parallel wie Stippchen gereiht. Die hundertfache Vergrößerung auf unseren Tafeln läßt sehr genau die Form und Größe auch dieser allerkleinsten Zellen erkennen und macht eine eigene Abbildung derselben überflüssig. Sie enthalten einen Kern, der meist den ganzen Zellkörper ausfüllt, so daß kaum noch ein Protoplasmasaum zu sehen ist. Ein Kernkörperchen läßt sich an den meisten von ihnen nicht erkennen. Unter ca. 10 solcher Körnerzellen findet man im allgemeinen ungefähr 2-3 Zwergpyramidenzellen, das sind etwas schlankere Zellen von 6/4 µ oder 7/5 µ mit einem Kern von 3 µ oder 4 µ Durchmesser, der ebenfalls kein Kernkörperchen besitzt und nicht den ganzen Zellkörper ausfüllt. Diese Zwergpyramiden zeigen einen deutlichen cephalen spitzen Fortsatz, der gegen die Molekularschicht gerichtet ist. In den tieferen Lagen werden die Zellen der II. Schicht meist etwas größer und es mehrt sich unter ihnen die Anzahl der dreieckigen und pyramidenförmigen Zellen, außerdem mischen sich auch unter sie schon recht zahlreiche echte kleine Pyramidenzellen aus den obersten Lagen der unter ihr befindlichen IIIa-Schicht; denn die Grenze der beiden Schichten ist niemals eine sehr scharfe und es findet immer ein Austausch ihrer Elemente gewissermaßen gegenseitig an der Grenze statt. Als solche echte Pyramidenzellen aus der III. Schicht sehen wir jene Zellen an, die man in den tiefsten Lagen der II. Schicht, wie gesagt, ebenfalls regelmäßig schon findet, die von 10-12-15 / 8-10 µ Größe sind, im allgemeinen sich dunkler färben, einen meist ovalen Kern von 7 µ Durchmesser haben und darin ein meist schon deutlich sichtbares Kernkörperchen aufweisen. Je tiefer wir in die II. Schicht dringen, desto mehr machen die eigentlichen Körnerzellen vorerst den pyramidenförmigen Körnerzellen, den sog. Zwergpyramidenzellen und dann diesen echten kleinen Pyramidenzellen Platz. In der oberen Randzone der II. Schicht dagegen, d. h. also an der Grenze gegen die Molekularschicht, sieht man immer mehr Körnerzellen ovaler und Spindelform in der Überzahl, und zwar von ganz kleinem Kaliber. Mit der Silberimprägnationsmethode findet man in der II. Schicht (vgl. S. 58, Abb. 39) neben sternförmigen und pyramidenförmigen kleinen Zellen speziell auch viele doppeltgebüschelte Zellen, welche eben diesen Körnerzellen der oberen Lage entsprechen. Wir haben auf Abb. 39 bei Besprechung der Körnerzellen diese Verhältnisse schon erwähnt, und dort finden sich auch die entsprechenden Bilder dazu.
120 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Abb. 70 und 71. Schematische Darstellung der Zelldichtigkeit und des Zellreichtums der beiden Körnerschichten (II. und IV. Schicht) gemeinsam in den verschiedenen Regionen der ganzen Hirnoberfläche, durch die Dichte der Punktierung wiedergegeben. Die agranuläre Rinde ist Infolgedessen ganz weiß und ohne jede Punktierung. Die allerdichteste Körnelung wieder entspricht den sog. granulösen Rindenarealen (Koniocortex).
Bau des Isocortex. 121
An den verschiedenen Rindenabschnitten des Großhirns ist jedoch diese Zellzusammensetzung der II. Schicht eine recht verschiedene, und während, wie wir früher sagten, in einer schön ausgebildeten äußeren Körnerschicht meist nur 2-3 pyramidenförmige Zellen unter 10 Körnern anzutreffen sind, ist z. B. im Frontalhirn dies Verhältnis gerade umgekehrt, so daß unter 10 Zellen der II. Schicht bloß 2-3 die Körnerform haben, die übrigen aber alle kleine Pyramidenformen aufweisen. Sieht man sich die Körnerschicht auf einzelnen unserer Tafeln an, z. B. auf Tafel XXXI, die dem Frontalpole entstammt, und vergleicht sie mit Tafel LVI von der hinteren Insel oder mit Tafel LXXXV aus dem Occipitallappen und sieht sich speziell immer die II. Schicht auf diesen drei Bildern an, so erkennt man sofort den ziemlich großen Unterschied, den hier sowohl die Zahl als auch die Form der Zellen bedingt. Während die Überzahl der Nervenelemente der II. Schicht auf Tafel XXXI, d. h. im Frontalhirn, eine ziemlich große Dreiecks- oder Pyramidenform aufweist, sind auf Tafel LVI in der II. Schicht meist spindelförmige oder ovale schmale Zellen zu sehen, auf Tafel LXXXV dagegen sieht man meist allerkleinste dreieckige und viele runde Körner. Eine Durchsicht mehrerer Tafeln wird uns diese Buntheit des Zellbildes in noch weit höherem Maße vor Augen führen. Zusammenfassend kann man bei einem raschen Überblick über die ganze Rinde diesbezüglich im allgemeinen sagen, daß im Lobus frontalis - (mit Ausnahme der vorderen Zentralwindung, auf welcher die II. Schicht sogar annähernd vollkommen fehlt, ebenso wie auf den unmittelbar an sie grenzenden Ansätzen der drei Frontalwindungen, wie auf Tafel V, VI und IX zu sehen ist) - im allgemeinen die II. Schicht auch im ganzen mittleren und vorderen Frontalhirn weniger dicht und weniger sichtbar ausgeprägt ist, als an den übrigen Teilen des Großhirns, und daß sie meist aus relativ größeren Zellen, und zwar zum überwiegenden Teile aus dreieckigen und pyramidenförmigen Zellen besteht, die zwar kleiner sind als die Pyramidenzellen der obersten Lage der III. Schicht jedoch in ihrer Form so ähnlich, daß es im ganzen recht schwer ist, wegen des geringen Unterschiedes der Zellform und der Zelldichtigkeit mit einiger Schärfe die Grenze zwischen beiden zu ziehen. Ein Blick auf die Tafeln XII bis XXXVII, welche die frontalen Areae FC, FD, FE, FG und FH darstellen (vgl. Abb. 19 und 20), klärt uns am besten darüber auf. Ebenso verhält es sich auch in den Formationen an den vorderen und mittleren Partien des Temporallappens (Tafel LXXXIX, XC und XCI) und ebenso in der vorderen Hälfte des Gyrus limbicus, soweit nicht auch hier die II. Schicht überhaupt unsichtbar wird (Tafel XLIV bis XLVII). Auch in der vorderen Hälfte der Insel (Tafel LIII und LIV) ist die II. Schicht nicht sehr deutlich ausgeprägt und zeigt vor allem dreieckige und pyramidenförmige Zellen. Man kann also summarisch sagen, daß in allen Großhirnpartien, die vor dem Sulcus Rolando und vor seiner idealen Fortsetzung auf die Insel und den Temporallappen einerseits, auf. die mediane Hirnfläche andererseits gelegen sind, die II. Schicht zellockerer und zum Teil auch schmäler ist als in den übrigen Hirnpartien, und größtenteils Pyramidenzellen und dreieckige Zellen enthält - soweit überhaupt diese Gegend nicht einer zweiten Körnerschicht ganz entbehrt (wie auf der vorderen Zentralwindung und der hinteren Partie der ersten und zweiten Frontalwindung, dem vorderen Abschnitte des Gyrus limbicus und noch anderer Teile, die wir gleich später besprechen wollen, Abb. 70 und 71). Das ganze Gebiet hinter dem Sulcus Rolando dagegen weist größtenteils außer einer meist dichten und etwas breiteren II. Schicht in ihr auch immer zahlreiche Zellen auf, welche wirklich Körnercharakter haben, der Form nach sowohl als der Größe nach! Es sind also diese Zellen meist viel kleiner, als in den nach vorne von der Zentralfurche gelegenen Hirnpartien. Sieht man von den später zu besprechenden sog. granulösen Areae ab, die innerhalb dieses großen, retrozentralen Hirngebietes fallen und die meist ganz exzeptionell zelldicht und zellklein sind, so kann man in großen Zügen sagen, daß die Körnerzellen der II. Schicht dem Occipitalpole zu an Größe progressiv abnehmen, an Zelldichtigkeit aber im gleichen Maße und in gleicher Richtung progressiv zunehmen. Natürlich stimmen solche Regeln immer nur in großen Zügen und mit Vernachlässigung der häufigen individuellen Verschiedenheiten, jedoch geben sie einen wichtigen Anhaltspunkt zur Orientierung im Gehirn und einen Überblick über den Bauplan der Rinde.
122 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Bau des Isocortex. 123
Ebenso allgemeingültig ist bezüglich der Zellform der II. Schicht die Regel, daß überall, wo man sich dem sog. Riechhirn nähert, die Zellen der II. Schicht auffallend größer werden, dichter aneinander liegen, sich besser färben und auch meist die Neigung aufweisen, sich zu kleinen Gruppen zusammenzuballen. Allmählich werden dem Riechhirn zu die Zellen der II. Schicht sogar größer als die Zellen der unmittelbar unter ihnen befindlichen obersten Lage der III. Schicht, also bis zu 10-20 / 10 µ Größe; dadurch hebt sich die II. Schicht viel deutlicher von der III. Schicht ab und ist schon häufig mit unbewaffnetem Auge am Zellpräparate als blauer Strich zu sehen. Die Zellen zeigen hier eine eigentümliche Sternform oder Kahnform mit größerem Kern und meist auch mit einem Kernkörperchen, und sie liegen vielfach zu Gruppen beisammen. Man kann diese Umwandlung der II. Schicht in zwar lokal verschieden stark ausgeprägter Form, jedoch in allen Areae beobachten, die dem Gyrus olfactorius lateralis und medialis angrenzen und noch zum Isocortex gehören, oder in den Gyri olfactorii selbst und auch vielfach im übrigen Allocortex. Man erkennt diese Bildung z.B. auf den Tafeln XXXIX bis XLVII, welche die Areae FHL, FL, FM, FN, FK, FI, LA darstellen, also im Gebiete des Gyrus limbicus anterior und im Carrefour olfactif, ferner auf Tafel LVIII, welche die Areae IC, ID, TGa und TI zeigen, also an den basalen Teilen der Insel und des Temporallappens, die den Gyrus olfactorius umsäumen, dann auch am Temporalpole selbst auf Tafel XCVII-XCIX, die Areae TG und TGa darstellend. Ganz exzessiv wird diese Bildung in manchen Teilen des Allocortex, so besonders im Gebiete des Uncus (Tafel C und CI) und des Gyrus hippocampi, wo sie zur Bildung von ganz großen Glomeruli ausarten, welche aus einer Ansammlung vielfach äußerst großer Sternzellen bestehen, von 30-40 / 20-25 µ Zellgröße, die auch die großen Pyramidenzellen der darunter befindlichen III. Schicht übertreffen (s. S. 81). Aber, wie gesagt, auch im ganzen Gyrus limbicus superior (anterior) ist die relative Großzelligkeit der Lage, welche unmittelbar unter der Molekularschicht liegt, auch dort, wo eine II Schicht eigentlich als solche von der III. Schicht nicht abgetrennt werden kann, deutlich zu erkennen, wie ein Blick auf die Tafeln XLVI und XLVII, welche die Areae LA, LB und besonders LA3 darstellen, uns lehrt und in dem sog. granulösen Gebiete des hinteren Teiles des Gyrus limbicus, also in der sog. Regio retrosplenialis findet sich auf Tafel LII Bild 2 oberhalb der körneligen Schicht, die wir mit IV + III im Gebiete von LE1 bezeichnen, eine schmale Lage größerer Zellen deutlich sichtbar ausgeprägt, als schmälste einschichtige Zone vereinzelter relativ großer Sternzellen, welche als Rest der sich hier stetig verschmälernden II. Schicht zwischen der Molekularschicht und der Körnerlage von III + IV an dieser Stelle erhalten bleibt. So viel zur allgemeinen Orientierung über die regionäre Änderung der Zellformen in der II. Schicht; Näheres über das Verhalten derselben in den einzelnen Areae führen wir später bei Besprechung derselben im zweiten Teile dieses Buches an.
Außer in der Zellform schwankt die II. Schicht, wie wiederholt gesagt, auch noch in der Deutlichkeit ihrer Ausprägung auch im Isocortex ganz bedeutend. Ihre Ausprägung hängt hauptsächlich von drei Faktoren ab: von ihrer Dichtigkeit, ihrer Breite und zum Teil auch der schon besprochenen Zellgröße und Form. In der Windungswand ist die II. Schicht immer viel deutlicher als an der Windungskuppe, meist ist sie auch zelldichter und zellbreiter und wird im Windungstal ganz besonders breit und zelldicht. Im allgemeinen ist die Ausprägung der II. Schicht, wie früher schon erwähnt, an den retrozentralen Partien des Großhirns eine bessere als den präzentralen, am allerdeutlichsten ist sie in jenen Teilen des Retrozentralhirns, welche wir als granulöse Gebiete bezeichnen, d. h. in jenen Gebieten, in welchen, wie wir schon bei Besprechung der Körnerzellen auf S. 57 angedeutet haben, eine kleinzellige Umwandlung, Verkörnelung, des Hauptteiles der zelligen Elemente des ganzen Rindenquerschnittes oder wenigstens seiner äußeren Hauptschicht stattfindet, dem sog. Koniocortex, welcher, wie wir noch später sehen werden, die sensorische Rinde darstellt, und in der unmittelbaren Nachbarschaft desselben. Und zwar findet sich diese granulöse Umwandlung (Abb. 19 und 20) in der hinteren Zentralwindung an ihrer vorderen Wand im Gebiete der Area PB1 (Tafel LIX-LXII), dann in der Calcarina im Gebiete der Area OC und zum Teil der Area OB (Tafel LXXXIII-LXXXVIII), dann auf den Heschlschen Windungen im Gebiete der Area TC und ihrer Nachbararea TD (Tafeln XCIII und XCIV), ferner in der Area HD des Gyrus hippocampi (Tafel CVI-CXII). Außer an diesen vier Stellen des retrozentralen Großhirns, an welchem sich eine granulöse Bildung vorfindet, finden wir eine solche auch noch in der retrosplenialen Gegend des Gyrus cinguli als Area LE, jedoch ist in dieser ausnahmsweise die II. Schicht beinahe ganz verschwunden bis auf die früher angeführte schmale, meist bloß einzeilige Lage größerer isolierter Sternzellen, während in den übrigen genannten granulösen Gebieten, und sogar in deren unmittelbaren Nachbarschaft, die II. Schicht, wie gesagt, eine äußerst starke Entwicklung ihrer Schichtbreite und ihrer Zelldichtigkeit erfährt. Aber abgesehen von diesen granulösen Areae, die gleichsam die regelmäßige Kontinuität der caudalwärts allmählich progressiven Entwicklung und Ausbreitung der II. Schicht im Retrozentralhirn durch ihr abnormes, exzessives Luxurieren unterbricht, kann man sonst im Großhirn die Regel gelten lassen, daß die II. Schicht von der hinteren Zentralwindung caudalwärts bis zum Occipitalpol im allgemeinen stetig zunimmt (Abb. 70 und 71). Außerdem kann man sagen, daß die Schicht im unteren Parietalläppchen deutlicher ist als im oberen und an den parietotemporalen Übergangswindungen, d. h. an den Heschlschen Windungen und an der ersten Temporalwindung viel deutlicher ausgeprägt ist, als an der zweiten und dritten Temporalwindung. Gegen den Temporalpol zu wird die II. Schicht immer wieder undeutlicher, so daß sie am Pole selbst ganz schmal und zellarm ist und hier bloß noch infolge der relativen Größe ihrer Zellen und ihrer Gruppierung, welche die Nähe des Riechhirns verrät, noch als Schicht erkennbar ist. Im unteren Scheitelläppchen also und im Occipitallappen ist die II. Schicht, wenn man von den oben genannten granulösen Areae absieht, am allerdeutlichsten; und zwar relativ am breitesten und dichtesten; sie ruht hier über den Zellsträhnen und Säulen der III. Schicht gleichsam wie eine dichte Wolke.
124 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Die senkrecht radiäre Streifung, die vielerorts die tieferen Zellschichten durchsetzt und deren Ausbreitung in der Hirnrinde wir auf dem Schema Abb. 45, 46 wiedergegeben haben, reicht eigentlich nie bis zur II. Schicht heran, auch nicht an jenen Rindenabschnitten, wo die Körperchenschicht sehr breit ist, nur im Gebiete der drei Temporalwindungen, insbesondere der T2 und T3 (Tafel XC und XCI), aber zum Teil auch in T1 und sogar zum Teil auch noch in den Heschlschen Windungen reicht die radiäre Streifung doch bis in die II. Schichte herein und büschelt die Zellen dieser Schicht zu kleinen Garben auf; etwas Ähnliches ist sonst im Großhirn nur noch am Gyrus transversus insulae, an der caudalen Grenze der Orbitalfläche des Stirnhirns zu sehen (Area FI, Tafel XLII).
Im ganzen Frontallappen, d. h. in allen Teilen vor der Rolandoschen Furche, ist die II. Schicht, wie gesagt, weniger gut entwickelt; am schlechtesten aber ist sie unmittelbar an und vor dieser Furche ausgeprägt im Ausmaße des sog. körnerlosen, agranulären Gebietes, das man auf Abb. 70, 71 frei von Körnern sieht. Von hier gegen den frontalen Pol zu nimmt die II. Schicht progressiv an Deutlichkeit wieder zu, ohne jedoch im entferntesten je die Deutlichkeit im Frontalhirn zu erreichen, die sie im Parietal- oder gar im Occipitallappen hat. Nur im Gebiete des Gyrus rectus an der Orbitalfläche des Stirnhirns (Area FG) und am Frontalpole selbst ist die II. Schicht doch auch recht schön ausgeprägt. Daß die Zellelemente der II. Schicht im Frontallappen außerdem meist dreieckig oder pyramidenförmig sind und die eigentlichen Körnerzellen hier ganz in den Hintergrund treten, so daß die Unterscheidung der II. von der III. Schicht auf Schwierigkeiten stößt, haben wir schon erwähnt. Besonders ist dies natürlich dort der Fall, wo die II. Schicht nur mehr Pyramidenzellen enthält, welche auch in ihrer Größe den Elementen der oberen Lage der III. Schicht gleichkommen, also im hinteren Teile des Frontallappens, auf dem Fuße der 1. und 2. Frontalwindung und auf der ganzen vorderen Zentralwindung. Hier ist eine II Schicht als eigene Zellschicht überhaupt eigentlich nicht mehr erkennbar. Erst an der Wand der vorderen Zentralwindung in der Rolandoschen Furche, also an der hinteren Wand derselben, treten wieder zwischen der I. und der III. Schicht kleine Zellelemente auf, welche die II. Schicht erkennen lassen. Sonst aber reichen in dem genannten agranulären Gebiete, wie man die Areae FA und FB nennt (und wie man sich an den Tafeln I-V [FA] und V-IX [FB] überzeugen kann) die Pyramidenzellen der III. Schicht unmittelbar bis an die I. Schicht, so daß wir von einem Verlust der äußeren Körnerschicht sprechen können. Eine solche Änderung des Isocortex durch Schichtenverlust nennen wir eine Heterotypie. Meist geht der Verlust der oberen Körnerschicht Hand in Hand mit der Abnahme und dem Verluste auch der inneren Körnerschicht (IV), und eine solche durch Körnerverlust heterotypische Rinde nennen wir agranulär zum Unterschiede der gewöhnlichen granulären sechsschichtigen homotypischen isogenetischen Rinde, welch letztere ca. 0.8 der Rindenoberfläche ausmacht. Außer den Bildungen auf der vorderen Zentralwindung und unmittelbar frontal von derselben ist als agranulär zu bezeichnen vom Isocortex noch an der medianen Hirnwand der ganze vordere Teil des Lobus limbicus (Area LA) (Tafel XLV-XLVII), an denen man kaum noch eine II Schicht unterscheiden kann; ferner ist noch annähernd agranulär die caudalste Partie der Orbitalfläche des Stirnhirns (Area FFa) und die subrostralen Partien des Stirnhirns (Area FL, Tafel XL) im Gebiete des Carrefour olfactif, außerdem noch der Gyrus transversus insulae (Area FI, Tafel XLII) und die in denselben übergehenden Teile der frontalen Inselfläche. Daß das Riechhirn bei seinem Übergange in die isogenetische Rinde beinahe allseits von einem agranulären Saum des Isocortex umgeben ist, wollen wir später bei Besprechung der IV. Schicht noch näher erwähnen, da die Körnerlosigkeit dort, wo die IV. Schicht zum Verschwinden kommt, eine viel prägnantere ist; denn die II. Schicht wird, wie gesagt, in diesem Randgebiete zwar meist zellarm und äußerst schmal und körnerlos, bleibt aber immerhin meist durch vereinzelte größere Sternzellen zwar nicht als Körnerschicht, aber doch als Zellage erkennbar. Auch in jenen Teilen der agranulären Rinde, die wir oben erwähnt haben, bei welchen die II. Schicht so gut wie ganz fehlt, ist der Verlust derselben kaum je so vollkommen, daß man nicht doch wenigstens die Lage der II. Schicht anzugeben vermöchte, und daß nicht doch eine gewisse, wenigstens geringe Verdichtung der obersten Zellgruppen unmittelbar unter der I. Schicht zu erkennen wäre. Meist ist der Verlust der II. Schicht in der Mitte der Windungskuppe am stärksten, während in der Windungswand und besonders im Windungstal sich doch noch immer ein Rest der II. Schicht an der größeren Zelldichtigkeit der obersten Zellage erkennen läßt (Tafel VII und VIII). Wir bezeichnen daher in unseren Tafeln im Gebiete der agranulären Rinde die oberste Zellage dieser Areae als III(II), um damit anzudeuten, daß, obschon hier die Lage ihrer Zellform und Zellgröße nach schon zur III. Schicht gehört, sie doch ihrer Zelldichtigkeit nach die Stelle der II. Schicht noch erkennen läßt.
Bau des Isocortex. 125
126 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Die Zellzahl der II. Schicht schwankt natürlich in weiten Grenzen, da sie gleich Null ist im agranulären Gebiet und im Koniocortex bis auf 200 Zellen pro 0.1 mm3 steigt. Im granulären Teile des Frontallappens steigt sie von dem agranulären Teile nach vorne zu allmählich, so daß sie in der Mitte des Frontallappens zwischen 50-60 Zellen pro 0.1 mm3 beträgt und am Frontalpol beinahe 90 Zellen pro 0.1 mm3 ausmacht. Im oberen Parietallappen ist sie durchschnittlich 110 pro 0.1 mm3, im unteren 125, im Occipitallappen steigt sie von 100 bis auf 150 pro 0.1 mm3, im Temporallappen sinkt sie auf 100 und vorne auf 80 herab, am Temporalpol geht die Zellzahl bis auf 60-50 wieder herunter. Die höchsten Zellzahlen erreicht die II. Schicht im Koniocortex und in dessen unmittelbarer Umgebung, so beträgt sie in der Vorderwand der hinteren Zentralwindung 210 Zellen pro 0.1 mm3 und beträgt auch in der übrigen hinteren Zentralwindung um 130 herum; in der Calcarina beträgt die Zellzahl 150 in der II. Schicht pro 0.1 mm3, und ebenso viel beträgt sie auch in der unmittelbaren Umgebung der Calcarina außerhalb des sog. Koniocortex; auf der Heschlschen Windung beträgt die Zellzahl 125 pro 0.1 mm3. Die Zellzahl der II sowie jeder anderen Schicht ist für alle Hirnareae auf Tabelle VI, 14. Kapitel, notiert.
Wollen wir nunmehr von der Dicke der II. Schicht sprechen, so müssen wir überlegen, daß, während die I. Schicht überall vorhanden ist, die II. Schicht im Isocortex in dessen agranulären Gebieten fehlt, d.h. ihre Dicke gleich Null ist, in den übrigen Gebieten des Isocortex aber, in den homotypischen granulären, schwankt sie zwischen Null und dem absoluten Maximalwert von annähernd 0.30 mm, der für sie in der Rinde zu finden ist. Sie erreicht diesen Maximalwert der Breite im unteren Parietallappen (Area PF) und im Occipitallappen in der Area OA. Relativ genommen macht die II. Schicht durchschnittlich 7% der Rindenbreite aus, sie schwankt aber natürlich auch in diesen Werten von Null als Minimalwert bis hinauf zu 13%. Die höchsten relativen Werte von 10-13% erreicht die II. Schicht in den granulösen Areae, d. h. im Koniocortex, also den Areae PB, TC, OC und in deren unmittelbaren Umgebung, wo sie die Tendenz zeigt, mit der in diesen Gebieten ebenfalls zum Teil granulös umgewandelten III. Schicht zu verschmelzen. Sonst erreicht sie hohe relative Werte in dem homotypischen Teil des Isocortex, besonders im Gyrus rectus, im Gyrus supramarginalis und im Gyrus limbicus superior posterior mit ca. 10% der jeweiligen Gesamtrindendicke. Ein Blick auf die Tabellen 1 und 2 sowie 3 und 4, in dessen dritter Rubrik die absoluten und die relativen Zahlen für die II. Schicht für alle Areae für Kuppe und Wand angeführt sind, orientiert uns leicht über alle Änderungen, welche diese Schicht vom Frontalpol bis zum Occipitalpol erfahrt.
In dem Allocortex geht die II. Schicht meist ganz verloren, besonders dort, wo es sich um einen rudimentären oder primitiven allogenetischen Cortex handelt. Doch haben wir schon früher betont, daß in einem großen Teile des Riechhirns, z. B. im Uncus und im Gyrus hippocampi, die II. Schicht sich zu auffallenden, sehr großzelligen Glomeruli umbildet, andererseits wird sie wieder in der granulösen Formation HD, d. h. im Koniocortex an der Innenwand des Gyrus hippocampi, zu einer besonders mächtigen körneligen Schicht, die mit der körnelig umgewandelten III. Schicht zusammen eine einzige breite Körnerlage bildet (Tafel CXI).
Die äußere Körnerschicht gehört nach alledem, wie wir sehen, zu den inkonstantesten Schichten, da sie nicht nur im Allocortex, sondern auch in einer großen Partie des Isocortex so gut wie ganz fehlen kann und da sie andererseits auch bezüglich ihrer Zellzusammensetzung ein sehr variables Gebilde darstellt. Aber abgesehen von diesen regionalen Veränderungen im Gehirn macht sie auch gewisse Veränderungen im Laufe des Individuallebens durch. Wir haben schon bei der Entwicklung der Rinde S. 87 besprochen, daß sie im fötalen Gehirn im ganzen Isocortex deutlich zu sehen ist wie alle übrigen Schichten des sechsschichtigen Typus; auch im jugendlichen Alter ist sie noch überall als ziemlich dichte Zellage unter der Molekularschicht durch ihre Dichtigkeit von der lichten III. Schicht gut abgehoben. Mit zunehmendem Alter verliert die Schicht jedoch an Deutlichkeit, indem ihre Zellen immer mehr Pyramidencharakter annehmen, so daß sie später im ausgewachsenen Gehirn stellenweise, und zwar im sog. agranulären Gebiet, ganz verschwindet; dieses Gebiet ist in der Jugend viel weniger ausgedehnt als beim Erwachsenen. Aber auch in der übrigen Hirnrinde scheint mit zunehmendem Alter eine Vermehrung der Pyramidenzellen in der II. Schicht stattzufinden auf Kosten der Körnerelemente. Dies die Hauptzüge dieser Entwicklung, dessen näheres Verhalten von der Jugend bis ins Senium Gegenstand einer eigenen künftigen Untersuchung werden sollte. Auch vom Alter unabhängige sonstige individuelle unterschiede scheinen im Aufbau der II. Schicht zu bestellen, wenigstens hatte ich oft bei Gehirnen den Eindruck, daß ihre gesamte II Schicht mehr pyramidenförmige Zellen enthält als die II. Schicht anderer Gehirne, wenn auch älterer Individuen; und andere Gehirne wieder schienen mehr Körnerzellen sogar als die jüngerer Individuen in der II. zu enthalten, ohne daß ich eine Ursache für ein solches Verhalten angeben könnte.
Bau des Neocortex. 127
Nach BRODMANN erfährt die II. Schicht bei Tieren eine weitgehende Zurückbildung; bei Rodentiern (Kaninchen) und Insectivoren fehlt sie überhaupt zum größten Teile ganz, und bei Chiropteren ist sie äußerst schwach ausgebildet, beim Känguruh dagegen wieder sehr deutlich und bestellt hier meistens aus relativ großen, multipolaren und sternförmigen Zellen (überall?); schon bei niederen Affen bleibt die II. Schicht dauernd erhalten; im retrolimbischen Teile bei Rodentiern bleiben die Zellen ebenfalls erhalten und behalten hier kleinen Neuroblastencharakter.
Die Lamina pyramidalis, MEYNERTs Pyramidenschicht, ist zwar in verschiedenen Teilen des Gehirns recht verschieden breit und auch recht verschieden in ihrer Zellgröße, sie ist aber im allgemeinen in der isogenetischen Rinde als konstante Bildung zu bezeichnen, und sie beteiligt sich auch an der Formung des Allocortex, wenn auch da nicht regelmäßig. Im Isocortex bildet sie durchschnittlich ein Drittel der Rindesbreite (33%), ist also die breiteste Schicht (s. S. 110 und 113), wenn man bei der Betrachtung der Schichten und speziell der VI. Schicht von der Unterschicht VIb absieht. Sie besteht, wie ihr Name sagt, aus pyramidenförmigen Zellen, deren Größenmaße von der Oberfläche nach innen gegen die Tiefe zu progressiv anwachsen. Die Einzelheiten über die Form und Größenmaße der Pyramidenzellen, die Bildung ihrer Fortsätze, ihrer Trabantzellen usw. haben wir auf S. 45-51 schon genügend besprochen (Abb. 33, 34, 35). Wir haben auch dort erwähnt, daß es Hirnabschnitte gibt, in denen die Pyramidenzellen besonders schön entwickelt sind, und solche, wo ihre Form weniger tadellos ausgeprägt ist. Und was von den Pyramidenzellen im einzelnen gilt, gilt auch im allgemeinen von den beiden von ihnen im Rindenquerschnitt gebildeten Schichten, der III. und der V., insbesondere jedoch von der III. Schicht, welche die Pyramidenschicht par excellence ist. In der Mitte ihres Dickendurchmessers ist die III. Schicht meist etwas lichter, so daß man dort, wo sie die genügende Breite hat (Abb. 32), drei Lagen an ihr unterscheiden kann. Zuerst kommt eine dichtere obere IIIa-Lage, welche unmittelbar unter der II. Schicht liegt und von ihr nicht scharf abgegrenzt ist, sich aber immerhin an der Form, Färbung und Größe ihrer Zellen von derselben wenigstens mikroskopisch trennen läßt; die Zellen dieser IIIa-Lage sind meist kleine Pyramidenzellen. Darauf folgt darunter die breitere, lichtere IIIb-Lage, welche mittelgroße Pyramidenzellen führt, und unter derselben die große und größte Pyramidenzellen führende IIIc-Lage, welche meist recht schmal ist, aber durch ihre großen, zu horizontalen Zeilen geordneten Zellen recht auffällig ist, wie man z. B. an Tafel XIV und XV recht gut sehen kann. Diese Trennung in drei Unterschichten entspricht viel besser dem tatsächlichen Bilde, welches man von der III. Schicht unmittelbar hat, als die Trennung in zwei Unterschichten, wie sie MEYNERT und dann BRODMANN vorgenommen haben. Auch VOGT hat die III. Schicht in drei Unterschichten geteilt. Die Zellen unserer IIIa Lage haben durchschnittlich eine Größe von 15/10 µ, jener der IIIb von 25/15 µ, jene der IIIc von 35/20 µ. Diese Ordnung der Pyramidenzellen nach der Größe in drei horizontale Unterschichten ist im größten Teile der Rinde, besonders auch im Frontalhirn, ohne weiteres sichtbar. In einem gewissen Teile des Gehirns jedoch sind in den tiefsten Lagen der III. Schicht die allergrößten Zellen nicht zu einer eigenen Lage zusammengesetzt, sondern kommen nur vereinzelt, sporadisch oder überhaupt nicht vor; in solchen Arealen rechnen wir dann bloß eine IIIa- und eine IIIb-Unterschicht; wir sprechen also, wie gesagt, von einer IIIc-Schicht bloß dort, wo sehr große Pyramidenzellen in der untersten Lage der III. Schicht mehr oder minder zahlreich und zu einer oder mehreren Reihen sichtlich geordnet sind. Aber auch dort, wo keine deutliche IIIc-Schicht vorkommt, nehmen die Pyramidenzellen der III. Schicht immer von der Oberfläche gegen die Tiefe, wenn auch in etwas geringerem Maße an Größe zu. Diese typische Zellvergrößerung gegen die Tiefe der III. Schicht findet sich im ganzen Großhirn und hat bloß manche Ausnahme in der Nähe des sog. Riechhirns, in welchem dann alle Zellen der III. Schicht ziemlich die gleiche Größe am ganzen Rindenquerschnitt haben, z. B. im Carrefour olfactif von BROCA (Area FHL und FL, Tafel XXXIX), im Gyrus olfactorius medialis und lateralis (Area FM, FK, IC auf Tafel XLI), dann in dem an das Induseum griseum grenzenden Teile des Gyrus cinguli (Areae LA3, Tafel XLVII; LC3, Tafel L; LE1, Tafel LII). Sonst jedoch bedingt auch dort, wo eine IIIa, IIIb und IIIc Schicht zu sehen ist, diese Unterschichtung nicht etwa immer eine sichtbare horizontale Streifung der III. Schicht, sondern vielerorts ist erst die mikroskopische Untersuchung der III. Schicht nötig, um nach der Größe ihrer Zellen diese Einteilung in Unterschichten, vornehmen zu können.
128 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Die Zellzahl der Pyramidenschicht ist eine recht verschiedene, je nach der Region und der Größe der Zellen und auch nach der Tiefe der Zellage. Durchschnittlich enthält die IIIa-Schicht gegen 30 Zellen pro 0.1 mm3 (sie schwankt jedoch, wie man an Tabelle V, 14. Kapitel, sieht, zwischen 20 und 75 Zellen). In der IIIb-Schicht sind durchschnittlich 20-25 Zellen (jedoch schwanken die Werte zwischen 15 und 70). In der IIIc-Schicht sind durchschnittlich 10-20 Zellen (die Werte schwanken zwischen 10 und 50). Im allgemeinen kann man das Verhältnis so ausdrücken, daß in den oberen Lagen 30, in den mittleren 22, in den unteren 15 Pyramidenzellen pro 0.1 mm3 vorhanden sind.
Es ist, wie schon gesagt, das Frontalhirn, welches in der Entwicklung seiner Pyramidenzellen und speziell jener der III. Schicht vor allen anderen Rindengebieten den Vorrang hat und diese Unterteilung in drei Unterschichten am deutlichsten zeigt. Hier im Frontalhirn ist die III. Schicht gewöhnlich am breitesten, breiter als sonst im Großhirn, und ihre Pyramidenzellen sind die größten und die am schönsten geformten; schlank und regelmäßig gebaut, ihrer Größe entsprechend nach der Tiefe zu regelmäßig geordnet und in ziemlich gleichmäßige Abstände voneinander gestellt, so daß der Querschnitt der Schicht ein gefälliges, wohlgeordnetes Bild aufweist. Am schönsten ist die III. Schicht in den hinteren und mittleren Partien des Frontalhirns entwickelt, also auf der vorderen Zentralwindung und auf dem hinteren Drittel der Konvexität aller drei Frontalwindungen, und zwar reicht das Optimum dieser Entwicklung auf der dritten Frontalwindung und auch auf der ersten etwas weiter nach vorn als auf der zweiten. Man hat hier den Eindruck, als ob die III. Schicht die Hauptschicht wäre, die dem ganzen Rindenquerschnitt das Gepräge gibt. Sie hat hier ihren größten Dickendurchmesser, der von 0.80 mm bis 1.50 mm schwankt; also erreicht hier die III. Schicht allein schon einen Breitenwert, wie er an gewissen Stellen des Großhirns, z. B. am Occipitalhirn, allen sechs Schichten zusammen, d. h. der ganzen Rinde zukommt! Abb. 72 und 73 gibt durch die Dunkelheit der Tönung die Dicke der III. Schicht im ganzen Cortex bildlich schematisch wieder. Auch die relativen Werte sind am hinteren Frontalhirn für die III. Schicht besonders hohe, die den Durchschnittswert von 33%, den sie sonst im übrigen Gehirn hat, weit übersteigen. Ihre relativen Zahlen machen hier im hinteren und mittleren Frontalhirn stellenweise sogar 46% und 36% der Gesamtrindendicke aus, und zwar sind dies vor allem die agranulären Rindenpartien oder jene Partien, welche nur ganz wenige Körner aufweisen, welche eine so gut entwickelte III Schicht besitzen. In ihnen füllen die Pyramidenzellen der Pyramidenschicht eben auch jene Höhenlagen aus, die sonst den Körnerschichten entsprechen würden, so daß wir an diesen Rindenarealen, z.B. FB (Tafel V), außer einer IIIa-, IIIb- und IIIc-Schicht auch noch über der ersteren eine III(II)-Lage von Pyramidenzellen an Stelle der II. Schicht und unter der IIIc-Lage eine III(IV)-Lage von Pyramidenzellen an Stelle der fehlenden IV. Schicht unterscheiden können. Mit dem frontalwärts davon beginnenden Wiederauftreten der Körnerschicht nimmt die III. Schicht progressiv dem Frontalpol zu in nicht unbedeutendem Maße wieder ab, so daß sie weiter vorne im Frontalhirn in ihrer Dicke nur mehr Durchschnittswerte aufweist (vgl. Abb. 72 mit Abb. 70). Trotzdem behält sie auch hier noch ihre Bedeutung und gute Zellentwicklung bei, obschon sie frontal nicht mehr gar so auffallend ist wie in den caudaleren Partien des Frontallappens. Abb. 74, 75 zeigt in rötlicher Tönung die Abstufung der Größe und Formentwicklung der Pyramidenzellen der III. Schicht im ganzen Cortex durch die Tiefe der Tönung schematisch dargestellt. Die Stellen, an denen außerdem Riesenpyramiden in der III. Schicht vorkommen, sind durch schwarze Dreiecke kenntlich gemacht, deren Dichtigkeit ein ungefähres Bild der Häufigkeit ihres Vorkommens geben soll. Im vorderen Teile des Frontallappens verlieren nämlich die Zellen ihre so überaus schlanke, von der Basis bis zur Spitze regelmäßig zulaufende konische Form; sie sind frontal schon eher etwas plump-dreieckig, da sie an Höhe verlieren, und erhalten vielfach durch den auf den etwas plumpen Zelleib mitten aufgesetzten Spitzenfortsatz ein flaschenförmiges Aussehen. Diese Änderung der Zellform erfolgt recht allmählich und ohne scharfe Grenzen, sie vollzieht sich sogar eigentlich innerhalb eines Gebietes, welches wir als eine einzige Area zusammenfassen (Area FD), und zwar ändern die Zellen an der Kuppe und in den Wänden ihr Aussehen früher, während in den Windungskanten die Zellen noch weiter frontalwärts ihre schlanke Pyramidenform aufweisen. Die ganz großen Zellen in der Tiefe der III. Schicht hören dagegen schon weiter caudalwärts auf, bevor noch diese Zelländerung stattgefunden hat, indem sie zuerst seltener vorkommen, dann nur mehr sporadisch auftreten, während in den frontalsten Teilen des Frontalhirns schließlich eine IIIc-Schicht überhaupt nicht mehr zu erkennen ist und die III. Schicht bloß in eine IIIa- und IIIb-Schicht von kleineren und mittelgroßen Pyramidenzellen zerfällt. Diese Änderung findet im vorderen Drittel der Konvexität des Frontalhirns statt. Um die Änderung der Dicke der III. Schicht im ganzen Großhirn und speziell in der Rinde des Frontalhirns sich anschaulich zu vergegenwärtigen, betrachte man die Abb. 72 und 73, auf welcher durch die Stärke der Tönung die Dicke der III. Schicht so dargestellt ist, wie wir es für die Darstellung der Gesamtrindendicke und für die I. Schicht Abb. 26, 27 und 68, 69 vorher getan haben. Die Änderung der Zellform und Zellgröße von den caudalen Stirnhirnpartien gegen den Frontalpol zu kann man sich am besten veranschaulichen durch Nebeneinanderlegung der Tafeln V, XII, XVIII und XXIII, auf welchen man die allmählich progressive Abnahme der Bedeutung der III. Schicht gegen den Frontalpol zu ohne weiteres sieht. Nur in der untersten, d.h. der dritten Frontalwindung, reicht trotz der Verschmälerung der Rinde eine vollentwickelte III Schicht frontalwärts weiter als an den übrigen Teilen des Stirnhirns, und speziell eine schön entwickelte IIIc-Schicht, welche noch auf der Pars triangularis sich ausbreitet, wie man auf Tafel XXVIII, XXIX und XXX sieht, wo einzelne Zellen derselben beinahe Riesenzellengröße erreichen; erst in der Pars orbitalis (Tafel XXXIV) nimmt dann recht plötzlich die sehr verschmälerte III Schicht auch hier an der Abnahme der Zellgröße teil. An diesem Beispiele der eher schmalrindigen Pars triangularis sieht man auch am besten, daß die Unterteilung der III. Schicht in drei Lagen nicht etwa eine bloße Folge der Schichtendicke ist, sondern davon unabhängig auch an einer relativ schmalen III Schicht vorkommen kann, da dieselbe in der Pars triangularis bloß 0.78 mm mißt. - Unmittelbar nach hinten von der Rolandoschen Furche zeigt die III. Schicht eine weit weniger gute Entwicklung, die dann im großen ganzen am ganzen restlichen caudalen Großhirn zu beobachten ist und die einerseits in einer dem Occipitalpole zu progressiven Verschmälerung der III. Schicht besteht (Abb. 72, 73), welche über das Maß der sonst auch zunehmenden Abnahme der ganzen Rindendicke caudalwärts geht, da sie auch relativ unter die Verhältniszahl von 33% der mittleren Proportionalgleichung sinkt. Andererseits aber findet diese Abnahme der III. Schicht ihren Ausdruck auch in einer progressiv caudalwärts abnehmenden Entwicklung der einzelnen Pyramidenzellen (Abb. 74 und 75) in Form, Größe und Zahl, und zwar verlieren die Zellen ihre schönen, schlanken, gleichmäßigen Formen, werden vorerst schmächtiger und unansehnlicher im Parietallappen und weiter nach hinten plumper und asymmetrischer. Andererseits nimmt die Größe der Zellen progredient gegen den Occipitalpol ab, d. h. die Mehrzahl der Pyramidenzellen der III. Schicht wird caudalwärts von der Rolandoschen Furche bis zum Hinterhauptspol immer kleiner. Es kommen zwar größere Pyramidenzellen unter ihnen auch vor, jedoch nicht mehr in jener Menge wie in den vorderen Hirnpartien, sondern nur mehr vereinzelt, und sie bilden nur selten mehr eine eigene Zellage. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet die Kuppe der hinteren Zentralwindung (Tafel LXIII), welche eine Formation (PC) trägt, die ebenso schöne und ebenso große Pyramidenzellen in der III. Schicht aufweist, wenn nicht sogar individuell besser entwickelte Zellen von zum Teil ganz auffallender Größe in ihrer IIIc-Schicht, als dies in den hinteren Partien des Frontalhirns der Fall war; auch das obere vordere Parietalläppchen bildet in gewissem Sinne eine Ausnahme der oben angeführten Regel, da es eine sehr gut entwickelte und recht großzellige III Schicht hat. Aber am ganzen übrigen und besonders unteren Scheitelläppchen z. B. kann man dagegen wieder eigentlich nur eine eher einheitlich aussehende mittelzellgroße III Schicht erkennen, die meist bloß 27-31% der Rindendicke ausmacht, an der man kaum noch eine IIIa- und IIIb-Schicht unterscheiden kann. Ebenso ist die ganze Breite des zwischen dem Temporal- und dem Occipitalhirn liegenden Hirnabschnittes, das ist des von uns als basaler Teil des Lobus parietalis bezeichneten Areales an der Konvexität und der mediobasalen Fläche, sowie ferner auch der Lobus fusiformis mit der gleichen Art wenig gut entwickelter III Schicht bedacht. Die größten Pyramidenzellen dieser ganzen weiten Hirngegend sind höchstens so groß wie die mittelgroßen Pyramidenzellen der frontalen Regionen. In diesem Gebiete bilden zum Teil eine gewisse Ausnahme die temporo-parietalen Übergangswindungen, d. h. die Heschlschen Windungen und die erste Temporalwindung, da in ihrem Gebiete innerhalb ihrer sonst wenig gut entwickelten III. Schicht sich doch auch größere Zellen finden, welche in einem Teile dieses Gebietes, besonders auf der Sylvischen dorsalen Wandfläche der ersten Temporalwindung, sich sogar zu einer wirklichen IIIc-Lage ordnen; in der Umgebung der sonst nur kleinzelligen oder mittelgroßzelligen Elemente imponieren dort diese großen Pyramidenzellen, welche sich auch besser färben als die übrigen, beinahe als Riesenzellen, ohne es wirklich ihrer Form und ihrer Größe nach zu sein, und sie sind auch fälschlich vielfach als Riesenzellen dieser Rindenteile bezeichnet worden. Zum Vergleiche des Gesagten halte man sich die Tafeln LXXII, LXXVIII, LXXIX der oben angeführten Parietalgegend den Tafeln V und XII gegenüber, welche aus dem Frontallappen stammen. Im Occipitallappen wird die III. Schicht, wie man am getönten Schema Abb. 72, 73 sieht, noch schmäler und sinkt trotz der allgemeinen Rindenschmalheit bis auf 30% der Rindendicke, beträgt also bloß 0.27-0.40 mm. Diese Schmalheit geht Hand in Hand mit einer allgemeinen Zellkleinheit der III. Schicht (Abb. 74, 75), wobei aber trotzdem in der untersten Lage derselben vereinzelt relativ auffallend große Pyramidenzellen eingestreut sind. Diese relativ großen vereinzelten Pyramidenzellen in einer Umgebung verhältnismäßig kleiner Zellen in schmaler Rinde sind sogar für den Occipitallappen typisch und in den Abb. 74, 75 durch schwarze Dreiecke wiedergegeben. Nur an drei Stellen der Hirnrinde ist die Schmalheit der III. Schicht ebenso hochgradig wie im Occipitallappen, und zwar ist dies merkwürdigerweise gerade am anderen Pol, d. h. im vorderen Frontallappen, der Fall, und zwar an der Orbitalfläche des Stirnhirns, in der Pars praetriangularis, das ist an der Umbiegungskante der Konvexitätsfläche zur Orbitalfläche auf der dritten Stirnwindung, im Gebiete der Area FFΦ (Tafel XXXIV und XXXV) und ferner noch an der Orbitalfläche im Gebiete des Gyrus rectus, und zwar besonders an den Wänden und den Lippen des Sulcus olfactorius. Auch hier ist die III. Schicht bloß 0.44 mm breit und macht bloß 26% der ganzen Hirnrinde aus. Doch fehlen im Frontalhirn die Zellsäulen und die sporadischen großen Zellen des Occipitalhirns. Eine ganz eigentümliche Ausnahme, was die Zellgröße der III. Schicht im Occipitallappen betrifft, bildet ein ganz schmaler Saum am Rande der ganzen Calcarinaformation (OBγ), wo sich in der tiefsten Lage der III. Schicht Pyramidenzellen von ganz besonderer Größe gerade am Rande dieser Area ansammeln, die an Größe den allerschönsten Pyramidenzellen des Frontalhirns ebenso wie an Schlankheit kaum nachstehen; Abb. 74, 75 und Tafel LXXXV zeigen dieses Verhältnis sehr deutlich.
Bau des Isocortex. 129
130 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Abb. 72 und 73. Dickenänderungen der III. Schicht (Pyramidenschicht) in den verschiedenen Regionen der ganzen Hirnoberfläche durch die Tiefe der Tönung schematisch dargestellt.
131 Bau des Isocortex.
Abb. 74 und 75. Die durchschnittliche Änderung der Größe der Pyramidenzellen der III. Schicht der verschiedenen Regionen der ganzen Hirnoberfläche durch die Tiefe der rötlichen Färbung schematisch dargestellt; die lichten Stellen sind also die durchschnittlich kleinstezelligen. Daneben ist das sporadische Vorkommen von Riesenpyramiden in der III. Schicht durch schwarze Dreiecke kenntlich gemacht, deren Dichtigkeit ein ungefähres Maß für die Anzahl der Riesenzellen gibt. Man sieht auf den ersten Blick, daß solche Riesenzellen nicht nur in sonst großzelligen, sondern auch in kleinzelligen Regionen vorkommen.
132 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Bau des Isocortex. 133
Vom Occipitalpol gegen den Temporalpol findet im allgemeinen wieder eine allmähliche progrediente Verbreiterung der III. Schicht sowie eine allmähliche Vergrößerung der Hauptanzahl der Zellen der III. Schicht statt (Abb. 72, 73, Abb. 74, 75). Aber die für den Occipitallappen charakteristischen, sporadisch vorkommenden, relativ sehr großen Zellen der tiefen Lage reichen trotzdem in dieser Richtung kaum über die vordere Grenze des Occipitallappens hinaus, so daß ihr erstes Auftreten auf Hirnschnitten immer schon die Nähe des Occipitallappens andeutet. Die im übrigen bessere Entwicklung der III. Schicht im Temporallappen, mit der eine Verringerung der inneren Körnerschicht Hand in Hand geht, erzeugt eine gewisse Ähnlichkeit der Konvexität der Temporalrinde, besonders auf der zweiten und dritten Temporalwindung, mit der Rinde des Frontallappens, zumal diese auch im Temporallappen sehr breit ist, wie wir von der Besprechung der allgemeinen Rindendicke her wissen (S. 35, Abb. 26, 27). Jedoch wird die III. Schicht im Temporallappen nie ganz so mächtig wie im Frontallappen, obschon sie auch hier zwischen 0.80 mm und 1.00 mm schwankt; denn die III. Schicht ist im Temporalgebiete nicht die bedeutendste Bildung dieses Rindenquerschnittes wie im Frontalhirn, da die V. und VI. Schicht eine viel mächtigere Entwicklung erfahren als die III. Schicht, daher auch die relativen Zahlen für die III. Schicht an der temporalen Konvexität meist sogar unter 33% sich halten und bis auf 28% herabsinken können; und was die Pyramidenzellen anlangt, so sind sie zwar im Temporallappen größer und schöner geformt als im Occipital- oder im unteren Parietallappen, sie erreichen jedoch trotzdem hier nie ihre klassische schöne Ausbildung, die wir vom mittleren und hinteren Stirnhirn her kennen. Sie haben einerseits nicht die Größe jener Pyramidenzellen, andrerseits auch nicht die regelmäßige schlanke Form derselben. Im allgemeinen kann man sagen, daß die Zellen in der ersten Temporalwindung größer sind als in der zweiten und hier wieder größer als in der dritten; ein Vergleich der Tafeln LXXXIX, XC und XCI zeigt dies anschaulich. Dem Temporalpole zu verlieren die Pyramidenzellen der III. Schicht in allen Temporalwindungen und auch im Gyrus fusiformis ihre konische Pyramidenform und nehmen vielleicht infolge einer Einbusse an Dendriten mehr und mehr die Tropfenform, beinahe die Spindelform an (Tafel XCVII und XCIX). Eine ähnliche Tendenz der Pyramidenzellen zur Spindelform zeigen auch die Zellen der III. Schicht des schon wiederholt erwähnten Gyrus transversus insulae (Tafel XLII und XLIII). Auch im Gebiete der Insel hat deren vordere Partie, die sog. vordere Insel, eine im allgemeinen großzelligere und besser entwickelte Pyramidenschicht als die hintere, worüber ein Blick auf Abb. 74, 75 und auf Tafel LIII und Tafel LVI schon genügend orientiert - obschon auf letzterer die Pyramidenschicht sogar etwas breiter ist. Auch bezüglich der Insel gilt also die Regel, daß die III. Schicht in dem vor der Zentralfurche gelegenen Gebiete besser entwickelt ist als in den dahinter gelegenen Hirnpartien, da doch der Sulcus centralis insulae, der die vordere von der hinteren Insel trennt, als ideale Fortsetzung des Sulcus Rolando angenommen werden kann. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet in gewissem Sinne der Lobus limbicus superior, dessen Pyramidenzellen in seinem vorderen, sogar agranulären Teile nicht größer, manchmal sogar etwas kleiner sind als in dem hinteren Teile. Vielleicht findet dieser Umstand seine Erklärung darin, daß dieser hintere Teil von einer Rinde überzogen ist, welche eigentlich beinahe den gleichen Bau wie die des oberen Parietalläppchens aufweist, an den sie ja unmittelbar grenzt, und wir wissen doch vom vorher Gesagten, daß die III. Schicht im oberen Parietalläppchen ebenso gut entwickelt ist wie im mittleren Frontallappen.
134 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Wir haben S. 111 schon besprochen, daß die III. Schicht an der Kuppe meist breiter ist als in der Windungswand, was aus einem Einblick in die Tabelle I und Tabelle III, 14. Kapitel, in der für die einzelnen Rindenareale die absoluten Breitenzahlen der Kuppe sowie der Wand für die III. Schicht der Reihe nach eingefügt sind, sich ohne weiteres ergibt. Daß aber diese Abnahme der III. Schicht in der Wand im Verhältnis zur Abnahme im Dickendurchmesser der übrigen Schichten, und zwar gegenüber der V. und VI. Schicht, keine bedeutende ist, haben wir ebenfalls schon erwähnt und speziell darauf hingewiesen, daß in den relativen Zahlen sogar eine Verschiebung der prozentuellen Breite zugunsten der Wandbreite der III. Schicht stattfindet, so daß, während ihr Durchmesser an der Kuppe bloß 33% der Gesamtdicke beträgt, er in der Wand 37% der Gesamtdicke ausmacht. Es ist also dieses Schmälerwerden in der Wand mit einer Zunahme des prozentuellen Index um 4% ziemlich allerorts die Regel, nur an bestimmten Hirnstellen findet man von dieser Regel typische Abweichungen; so z. B. im medialen Teile der Orbitalfläche des Frontallappens in der Rinde des Sulcus olfactorius (Area FG), dann in der Pars praetriangularis (Area FFΦ) und im Temporallappen an der Konvexität desselben im Gebiete der zweiten und dritten Temporalwindung, weniger im Gebiete der ersten Temporalwindung (Area TE), ferner im Occipitallappen an dessen medianer Fläche im Gebiete der Area OB. Und zwar ist hier an diesen genannten Stellen die III. Schicht meist in der Wand, absolut genommen, ebenso breit als an der Kuppe (im Gebiete von OB) oder evtl. sogar breiter als an der Kuppe im Gebiete der Areae TE und FG, so daß die relative prozentuelle Zunahme in der Wand hier nicht bloß 4%, sondern 7 und 10% ausmachen kann. Dieses eigentümliche Verhalten beschränkt sich nicht allein auf die zweite und dritte Temporalwindung, sondern reicht nach rückwärts zum Teil auch auf den unteren Abschnitt des Lobus angularis über ins untere Scheitelläppchen (PG), während sie nach vorne gegen den Temporalpol zu sich rasch verliert.
Bau des Neocortex. 135
Wir haben schon erwähnt, daß die III. Schicht überall und auch durchweg aus Pyramidenzellen besteht, und über das Verhalten ihrer Form in den verschiedenen Hirngegenden haben wir schon verschiedentlich gesprochen, insbesondere über das Vorkommen äußerst großer, beinahe Riesengröße erreichender Zellen in der IIIc des hinteren Stirnhirns, wo sie größer sind als die Zellen der IIIc der vorderen Zentralwindung, und speziell so auf dem Fuße der dritten Stirnwindung und auch noch im Gebiete des Cap. Als solche Ausnahmen unter den Pyramidenzellen kann man auch die großen Pyramidenzellen der Kuppe der hinteren Zentralwindung ansehen, welche leicht eine Größe von 70/25 µ erreichen können, außerdem noch jene am Saume der Calcarinarinde (OBγ), welche Größen von 50/20 µ erreichen können, ebenso auch die großen Pyramidenzellen in der ersten Temporalwindung, besonders im Gebiete der Heschlschen Windungen. Auf Abb. 74, 75 sind die Gegenden, wo diese Pyramidenzellen der III. Schicht von Riesengröße vorkommen, mit schwarzen Dreiecken versehen, während die übrige Rinde je nach der Durchschnittsgröße der Zellen der III. Schicht dunkel-, mitteldunkel- oder licht-rötlich getönt ist. Abgesehen von dieser Bildung exzeptionell großer Pyramidenzellen haben wir auch noch die Umwandlung von Pyramidenzellen zu tropfenförmigen Zellen am Temporalpol und zu spindeligen Zellen im Gyrus transversus insulae erwähnt. Neben diesen Abweichungen der Pyramidenform kommen jedoch in der III. Schicht des ganzen Hirns immer auch Zellen vor, welche nicht die Pyramidenform haben. Vor allem kommen neben den Pyramidenzellen auch Körnerzellen vor; speziell in der oberen und der unteren Lage der III. Schicht sind Körnerzellen häufig, und man kann dieselben daher als abgesprengte Körnerzellen aus der II. und der IV. Schicht auffassen. Da sie aber keinen zufälligen Befund bilden, sondern regelmäßig vorkommen und die Häufigkeit ihres Vorkommens konstante regionäre Unterschiede aufweist, muß man diese Bildung als die anatomische Grundlage für irgendeinen bestimmten, noch unbekannten physiologischen Vorgang ansehen, zumal diese Zellen sich oft eigentümlich schwärmartig um die großen Pyramidenzellen der IIIc-Schicht ordnen. Solche Körnerzellen in der III. Schicht finden sich regelmäßig sogar auch im agranulären Cortex, wie man ohne weiteres auf Tafel I im Gebiete von IIIc und über demselben sieht. Ihre Anzahl ist natürlich nicht groß und verschwindet meist gegenüber der Größe und der Zahl der Pyramidenzellen der III. Schicht. Im unteren Scheitelläppchen jedoch, dann in der oberen Temporalwindung und den Heschlschen Windungen, ferner auch in der Rinde des ganzen Occipitallappens reichen diese Körnerzellen aus der II. Schicht so tief herein zwischen die Pyramidenzellen der III. Schicht, daß eine Grenze der II. Schicht nicht angegeben werden kann und man beinahe den Eindruck hat, als ob eine sehr breite II Schicht, welche eigentlich die II. + IIIa-Schicht umfasst, wie eine Wolke über der etwas lichteren IIIb-Schicht ruhen würde. Ebenso reichen in den eben genannten Gegenden, besonders im vorderen Teil des unteren Scheitelläppchens, im sog. Gyrus supramarginalis und im Gebiete der Heschlschen Windung auch die Körnerzellen aus der IV. Schicht sehr weit hinauf in die unteren, bisweilen sogar bis in die mittleren Partien der III. Schicht, so daß hier die Körnerzellen eine nicht unbedeutende Rolle im allgemeinen Zellbilde der III. bilden.
136 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Neben diesen echten Körnerzellen kommt jedoch an ganz speziellen Stellen der Hirnrinde eine Änderung der Zellelemente der III. Schicht vor, die wir schon vorher einmal als Verkörnelung bezeichnet haben, indem die Hauptmenge der Zellen der III. Schicht, und zwar in allen ihren Lagen, so klein wird, daß man diese Schicht von kleinen und kleinsten Pyramidenzellen erfüllt sieht bei gleichzeitiger starker Vermehrung der Zellzahl, so daß man mit schwächeren Vergrößerungen, z. B. bei 25facher, bei der man die formen der einzelnen kleinen Zellen nicht mehr genau erkennt, das Bild einer dichten Körnelung oder Bestäubung der III. Schicht vor sich hat und nur ganz vereinzelt zwischen diesen kleinen Elementen, hier und da aber nur selten genug und ganz sporadisch, mittelgroße Pyramidenzellen, evtl. auch die eine oder andere große Pyramidenzelle als Überbleibsel dieses Grundelementes der III. Schicht sieht. Diese Verkörnelung findet, wie gesagt, bloß an einzelnen, und zwar ganz bestimmten, ziemlich scharf umschriebenen Stellen der Hirnrinde statt, welche, wie wir später noch erklären wollen, als sensorische Rindenpartien aufgefasst werden dürfen. Diese Rindenart, bei der auch noch andere Schichten als bloß die III verkörneln können, nennen wir dann granulöse Rinde oder Koniocortex. Wenn nun die III. Schicht derart verkörnelt erscheint, so hat es das Aussehen, als ob sie mit der II. und IV. Körnerschicht eine einzige breite Körnerschicht bilden würde, welche von der Molekularschicht bis gegen die V. Schicht reicht. An einzelnen Partien nimmt auch zum Teil die V. Schicht, evtl. sogar die VI. Schicht, an der Zellverkleinerung teil. Die Verkörnelung der III. Schicht sieht man (auf Abb. 56, 57, 58 tiefstblau markiert) 1. in der vorderen Wand der hinteren Zentralwindung in der Rolandoschen Furche (Tafel LIX und LX) im Gebiete der Area PB, wo sie ventral bis zum opercularen Ende der Zentralfurche reicht, ohne auf das Operculum selbst an die Oberfläche zu treten; dorsal reicht sie bis zum Parazentralläppchen und tritt am Ende der Rolandoschen Furche auf die Oberfläche des Parazentralläppchens heraus; 2. auch im Gebiete der ersten und zum Teil auch der zweiten Heschlschen Windung ist in einem Rindengebiete, welches ungefähr 2 cm im Durchmesser beträgt, die III. Schicht verkörnelt; es ist dies die Area TC, die auf der Tafel XCIV abgebildet ist; 3. in den Windungen und an den Lippen der Fissura calcarina ist ebenfalls eine Verkörnelung der III. Schicht zu sehen; es ist dies das Gebiet der Area OC (Tafel LXXXV und LXXXVI); 4. weist die III. Schicht eine auffallende Verkörnelung an der inneren Wand des retrosplenialen Teiles des Gyrus limbicus im Sulcus callosus auf und dieser Koniocortex bedeckt auch die Windungskuppe des Gyrus limbicus am Isthmus; es ist dies die Area LE (Tafel LII); und 5. schließlich bildet der Koniocortex einen breiten langen Streifen, der in frontocaudaler Ausdehnung den oberen Teil der Innenwand des Gyrus hippocampi im Sulcus hippocampi bedeckt und auch noch die dorsale Hälfte der Kuppe; in dieser ganzen Ausdehnung des Koniocortex hippocampi ist ebenfalls die III. Schicht verkörnelt; dies ist das Gebiet der Area HD (Tafel CX und CXI). Auf der Abb. 56-58 (S. 92) sieht man an dem Hirnschema tiefdunkel und auf Abb. 70, 71 dicht gekörnelt das Gebiet dieser fünf Areae, welche vom Koniocortex gebildet sind, in ihrer Ausdehnung an der Hirnoberfläche, während die photographischen Tafeln dagegen bloß Querschnittsbilder zeigen, an denen man bei hundertfacher und (an den letzten drei) bei fünfzigfacher Vergrößerung das Verhalten der III. Schicht erkennen kann. Oft besteht diese Verkörnelung bloß in einer bedeutenden Verkleinerung der Pyramidenzellen der III. Schicht, die dabei ihre spitzdreieckige Form doch beibehalten, wie dies auf Tafel LIX2 zu sehen ist, ebenso auf Tafel XCIV. Andererseits findet aber auch tatsächlich manchmal eine Umwandlung dieser kleinen Zellen in wirkliche Körnerzellen statt; an ein und derselben Area, z. B. im Gebiete der Vorderwand der hinteren Zentralwindung, kann der Grad dieser Verkörnelung oft individuell verschieden sein, so daß manche Individuen an dieser Stelle bloß Zwergpyramidenzellen, andere aber wirkliche Körnerzellen aufweisen, wie dies an unseren beiden Bildern Tafel LIX2 und LX1, welche von zwei verschiedenen Hirnen, aber von der gleichen Stelle herstammen, zu sehen ist. Andererseits verhalten sich auch wieder die einzelnen Hirngegenden, in welchen diese Verkörnelung der III. Schicht stattfindet, verschieden. So ist die Stelle der Heschlschen Windungen, welche diese granulöse Umwandlung zeigt, meistens bloß durch eine Verkleinerung der Pyramidenzellen, aber mit Beibehaltung der Pyramidenform und mit reichlicher Durchmischung mit Körnerzellen aus der II. und der IV. Schicht bei gleichzeitigem Vorkommen einer wenn auch geringen Anzahl mittelgroßer und großer Pyramidenzellen charakterisiert, so daß sie bloß im Vergleich zu der umgebenden mittelgroßzelligen Rinde der übrigen Temporalwindung, besonders infolge der starken Zellvermehrung, als verkörnelt imponiert; eine reine Verkörnelung dieser Gegend habe ich trotz Untersuchung vieler Gehirne bisher nicht gefunden; Tafel XCIV, verglichen mit Tafel XCVII, läßt das oben Gesagte genau erkennen. In der Calcarinarinde wiederum finden (Tafel LXXXVI) wir die sehr verschmälerte III Schicht bei vollständigem Verlust aller mittelgroßen und großen Pyramidenzellen angefüllt mit einer Mischung von Zwergpyramidenzellen und wirklichen Körnerzellen, wobei die II. Schicht selbst größtenteils aus solchen Zwergpyramiden besteht, während die obere Lage der in drei Unterschichten zerfallenden IV. Schicht aus Körnerzellen besteht, die zum Teil sicher nichts anderes sind, als die Zellen der tiefsten Lage der III. Schicht, welche zu reinen Körnerzellen umgewandelt sind. Auch an den beiden anderen granulösen Formationen, an der retrosplenialen LE und der hippocampischen HD findet ebenfalls eine wirkliche Umwandlung der Pyramidenzellen in echte Körner statt. Tafel LII Bild 1 zeigt eine aus runden Körnern bestehende, mit (IV) auf der Tafel bezeichnete Schicht im Gebiete von LE1. Verfolgen wir jedoch diese Schicht nach links, so sehen wir an der Stelle, wo dieselbe beim Übergange des Bezirkes LE1 in LD links im Bilde aufhört, daß sie hier dem unteren Teile der III. Schicht dieses nächsten Bezirkes entspricht, dessen größere Zellen hier mit den schon zum Teil zu runden Körnern umgewandelten untermischt sind, während die eigentliche innere Körnerschicht IV am oberen Rande des schmalen Bezirkes LD, noch weiter links im Bilde um eine Stufe tiefer im Rindenquerschnitt schon aufgehört hat und mit den genannten Körnern der LE1 also in keinem direkten Zusammenhang stehen kann. Wir sehen dann, wie auf der rechten Seite des Bildes diese zu einer Körnerschicht umgewandelte tiefste Lage der III. Schicht, welche als IV (III) bezeichnet ist, durch progressive Verschmälerung der II. Schicht und der oberen Lagen der III. Schicht immer mehr an die Oberfläche tritt und zuletzt gegen das rechte Bildende direkt unter die Molekularschicht zu liegen kommt. Auf Tafel CX wieder, auf welcher der Koniocortex der hippocampischen Region zu sehen ist, sieht man, wie die Pyramidenzellen der III. Schicht aus dem Gebiete, welches mit HC bezeichnet ist, ins Gebiet HD treten und sich hier in HD1 allmählich in eiförmige Körner umwandeln, bis sie im Gebiete von HD2 eine einzige Körnerschicht bildet, welche mit den Körnern der II. Schicht zu II + III verschmilzt.
Bau des Neocortex. 137
Ob bei diesen verschiedenen körneligen Umwandlungen der Zellen der III. Schicht die Zellen, welche wirklichen Körnercharakter annehmen, im Cajalschen Zellbilde doppelt gebüschelte Körnerzellen darstellen oder ob sie mehr den Charakter kleiner Pyramidenzellen behalten, müsste nunmehr erst durch eine diesbezügliche spezielle Untersuchung dieser Gegenden mittels der Silbermethode durchstudiert werden. Bisher ist in dieser Hinsicht bloß bekannt: daß die Zellen der III. Schicht in der Calcarina, welche, wie früher gesagt, den sonstigen oberflächlicheren Lagen der III. Schicht entspricht, auch bei der Silberimprägnation sich als aus kleinsten Pyramidenzellen zusammengesetzt erweisen, welche ihren Achsenzylinder noch ins Mark schicken; die kleinen körnerähnlichen Zellen darunter jedoch, welche die oberste Lage der IV. bilden, die aber unserer Ansicht nach ebenfalls körnelig umgewandelte Zellen der tiefsten Teile von III sind, zeigen bei der Silberimprägnation Spindel- oder Sternform und haben nun einen kurzen Achsenzylinder, der sich meist in der nächsten unmittelbaren Umgebung auflöst; unter ihnen finden .sich aber auch vielfach sogar doppeltgebüschelte Zellen, deren Fortsätze sich strauchartig nach oben und unten verzweigen und äußerst lange, pinselförmige Büschel bilden; diese umgewandelten Zellen der früheren IIIc-Schicht dieser nunmehrigen IVa-Lage sind also auch im Silberbilde schon echte Körnerzellen. In der retrosplenialen Gegend hinwiederum zeigen die Zellen der zu Körnern umgewandelten unteren Lage der III. Schicht, der sog. IV (III), im Silberbilde auch meist kleine Spindelformen, die mit ihrer Längsachse vertikal gestellt sind, deren Achsenzylinder in die Marksubstanz geht; unmittelbar darunter sind Körner ebenfalls von Spindelform, deren cephaler Fortsatz bis in die Molekularschicht reicht, während vom basalen Fortsätze zahlreiche horizontale Dendriten in die gleiche Schicht und in die Tiefe abgehen; der feine Achsenzylinder geht ins Mark. Im Gebiete des hippocampischen Koniocortex endlich sind diese zu Körnerzellen umgewandelten Zellen der III. Schicht meist spindelförmig und eiförmig, zum Teil auch noch pyramidenförmig mit vielen basalen stark gebüschelten Dendriten versehen und einem einzigen Radiärschaft, der in die I. Schicht reicht, wo er sich ebenfalls büschelförmig auflöst; der feine Achsenzylinder zieht in die Tiefe der Markschicht. Nach diesen Untersuchungen scheinen also die zu Körnerzellen umgewandelten Pyramidenzellen, was ihre Größe und ihre Dendriten anbelangt, wie Körnerzellen sich zu verhalten, während sie weiterhin den Charakterzug der Pyramidenzellen darin behalten, daß sie ihren Achsenzylinder in die weiße Markmasse entsenden; sie stellen also ein Mittelding zwischen diesen beiden Zellformen dar. Ob dies auch für die körneligen Pyramidenzellen des Koniocortex der Heschlschen Windung und der hinteren Zentralwindung gilt, wäre noch zu untersuchen.
138 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Im großen ganzen zeigt die III. Schicht zwar eine regionär recht verschiedene Verteilung der Zellen über ihren Querschnitt, jedoch meistens eine in ihrer Art im normalen Gehirn für jede Hirngegend ziemlich gleichmäßige. Doch gibt es Hirngegenden, in welchen in der III. Schicht, besonders wenn sie zellarm ist, betreffs der Gleichmäßigkeit der Verteilung viel zu wünschen übrig läßt und sogar Lücken in der Verteilung der Zellen aufweist. Im mittleren und vorderen Frontalhirn schon (Tafel XX-XXV) vermißt man die Regelmäßigkeit der Zellverteilung in der III., die man weiter caudalwärts so schön ausgeprägt findet, auch auf den mittleren Temporalwindungen (Tafel LXXXIX-XCI) sieht man einen Wechsel zwischen zellreichen und zellarmen Flecken in III. Noch auffälliger ausgeprägt findet man das in der III. Schicht jener Rindenpartien, welche in der Nähe des Riechhirns liegen oder direkte Übergangsbildungen vom Isocortex zum Allocortex darstellen, so z. B. am Sockel der Insel im Gebiete der Area IC (Tafel LVIII), im Gyrus transversus insulae (Area FI, Tafel XLII), im Gebiete des Carrefour olfactif von BROCA (Area FL, Tafel XL), dann an der Innenwand des Gyrus limbicus im Sulcus callosus (Area LA3, Tafel XLVII), an der Oberfläche des Gyrus hippocampi (Area HC, HD, Tafel CXI), am vorderen Ende des Gyrus hippocampi und am Uncus (Tafel CI). An letzterem bildet die II. Schicht die bekannten mächtigen großzelligen Glomeruli und da bildet auch die obere Lage der III. Schicht sogar kleinzellige glomerulöse Ansammlungen der dreieckigen und pyramidenförmigen Zellen ihrer oberen Lagen (Tafel CI), während wieder dazwischen zellarme Lücken entstehen. Auch im Gebiete der granulösen hippocampischen Bildung HD (Tafel CX) bildet die granulöse Schicht II + III einzelne Glomeruli, welche durch zellarme Lücken voneinander getrennt sind. So sehen wir alle Übergänge in der Unregelmäßigkeit der Zellverteilung. Dies führt uns zur Besprechung des Verhaltens der III. Schicht in jenen Teilen der Hirnrinde, welche zum Allocortex gehören.
Bau des Isocortex. 139
Von einem großen Teile des Allocortex wird behauptet, daß bloß die I. Schicht und die untere Hauptschicht, d. h. die V. + VI. Schicht auf den Allocortex übergeht, in die Ammonshornrinde soll sogar bloß die VI. Schicht sich fortsetzen. Bei Erklärung der Genese des Allocortex haben wir schon betont, daß sich bei ihrer Entwicklung die Nervenzellenschicht nicht derart präzis als gürtelförmiger isolierter Streifen differenziert wie im Isocortex, sondern daß sie sich beim Embryo aus locker gefügten Zellverbänden, die mehr oder weniger mit der Matrix in Verbindung bleiben, entwickelt. Wir haben damals schon betont, daß es eigentlich recht schwierig ist zu beweisen, ob diese Zellverbände bloß der VI. Schicht oder noch anderen Schichten des Isocortex entsprechen. Immerhin sind auch diese Abweichungen in der Anlage, wenigstens beim menschlichen Embryo, nicht ohne Übergangsbildungen zwischen Isocortex und Allocortex, und wie wir S. 104 gesehen haben, können wir mit BRODMANN im Allocortex einen Cortex striatus unterscheiden, an dem man noch die meisten Schichten des sechsschichtigen Grundtypus erkennen kann, und der gleichsam den Übergang zum isogenetischen Cortex bildet, ferner einen Cortex rudimentarius, der bloß eine oder die andere Schicht der isogenetischen Rinde aufweist, und zwar meist bloß die innere Hauptschicht, und schließlich einen Cortex primitivus, der bloß die I. Schicht mit dem Isocortex gemein hat, darunter aber nur lockere ganglionäre Zellverbände enthält, welche mit keiner Rindenschicht homologisierbar sind. Auf dem Gyrus hippocampi folgen diese verschiedenen Arten des Allocortex von außen, d. h. vom Isocortex an, nach innen gleichsam als Übergänge aufeinander, so daß an den Isocortex, der in seiner Grenzformation an den Allocortex meistens schon heterotypisch ist (und zwar agranulär), ein von diesem heterotypischen Isocortex in seinem Bau nicht sehr verschiedener Allocortex striatus folgt, dann ein Cortex rudimentarius und zuletzt die Fascia dentata als Cortex primitivus. Als Cortex striatus dieser Gegend haben wir besonders die Formationen des Uncus aufzufassen (Abb. 20) (Area HA, HB, HC, HD, Tafel CI, CII-CVII), und in diesen Cortex striatus setzt sich, wie schon früher erwähnt, die III. Schicht der Area TG ohne weiteres mit den eben früher besprochenen heterotypischen Modifikationen (Area TGa), ferner der Zellverringerung und evtl. Lückenbildung fort. Es ist nun natürlich, daß man in diesen Teilen des Allocortex die einzelnen Schichten mit denen des Isocortex zu homologisieren versucht, obschon sie bedeutende Unterschiede aufweisen, wie z. B. ganz besondere die II. und III. Schicht, da sie doch in unmittelbarem Zusammenhänge mit den Schichten des Isocortex stehen. Im Cortex rudimentarius dagegen oder gar im Cortex primitivus läßt sich eine III Schicht meist schon nicht mehr erkennen, vielmehr macht es den Eindruck, als ob die II. und die III. Schicht unmittelbar an ihrer Grenze ganz aufhören würde. Die IV. Schicht hat ja meist schon in größerer Entfernung vom Riechhirn aufgehört, da dasselbe meist, wie man an Abb. 57 und 76 sieht, vom agranulären Isocortex im Bogen umgeben ist. Dieses Aufhören der II. und III. Schicht wird von den meisten Autoren erwähnt. Sicher kann man es für die Subiculargegend der hippocampischen Region, wo die III. Schicht, welche zur granulösen Lage mit der II. verschmolzen ist, und mit dieser am Beginne des Subiculum hippocampi plötzlich aufhört, einwandfrei beobachten (Tafel CXII, Pfeil 6). Auch für jenen Teil der allogenetischen Rinde, welcher auf dem Balkenrücken liegt, Gyrus intralimbicus und induseum, gilt das eben Gesagte, indem sich hier die III. Schicht meist nicht in den Allocortex fortsetzt, sondern durch einen in die Tiefe reichenden Zapfen (Z) der I. Schicht gleichsam an ihrem Vorschreiten gehindert wird, während die V. und VI. Schicht unter diesen Zapfen weiterziehen; siehe diesbezüglich Tafel XLVII, L, XL und LII Bild 4. Ebenso kann man das Aufhören der III. Schicht auch ohne Bildung dieses Zapfens der I. Schicht auf Tafel LII Bild 1 und 2 sehen. Aber in der caudalen limbischen Region ist es hinwiederum nicht ganz ausgeschlossen, daß Zellen der III. Schicht auch über die Knickung der Umschlagstelle der Rinde auf den Balkenrücken in den allogenetischen Cortex gelangen, und zwar in das Rindengrau der Taenia tecta, welche sich dann medialwärts in das Induseum fortsetzt. Wenigstens macht es auf unseren Tafeln LI und LII Bild 3 diesen Eindruck. Ferner zieht die III. Schicht bestimmt auch in das Gebiet des medialen Gyrus olfactorius (Tafel XLI Bild 1) und des lateralen Gyrus olfactorius (Tafel XLI Bild 3 und 4, Tafel LVIII Bild 1, 2 und 3) und nimmt somit an der Bildung dieses zum Allocortex gehörenden Hirnteiles doch auch Anteil, den man seinem Baue nach wohl kaum anders als Allocortex rudimentarius bezeichnen kann. Es ist also nicht richtig, daß sich die III. Schicht nie auf den Allocortex fortsetzt und daß bloß die VI. und evtl. die V. dies tun. In den Allocortex striatus setzt sich die III. Schicht sicher fort, in einen Teil des Allocortex rudimentarius wahrscheinlich auch, in den größeren Teil des Allocortex rudimentarius setzt sich allerdings bloß die I., V. und VI. Schicht fort, und erst in den Cortex primitivus, also über die Grenze der Substantia perforata und des Induseum, setzt sich die III. Schicht dagegen unter keinen Umständen fort.
140 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Neben der horizontalen Unterschichtung der III. in die Lagen IIIa, b und c ist in manchen Teilen des Großhirns auch eine radiäre Streifung der III. Schicht zu beobachten. Diese senkrechte Zeichnung ist wohl meistens durch die Markbündel bedingt, welche aus dem Windungsmark im Isocortex meist bis in die Mitte der III. Schicht nach IIIb hinaufziehen und im Zellbilde als zellärmere und daher lichtere Streifen imponieren. Wir verweisen diesbezüglich speziell auf das im 2. Kapitel (s. S. 77) bei Besprechung der Zellgruppierung zu senkrechten Zügen und Säulen Gesagte. Im allgemeinen ist die III. Schicht von der senkrechten Streifung kaum betroffen, jedenfalls viel weniger als die V. oder gar die VI. Schicht, immerhin aber häufiger als die II. und die IV. Schicht; wo eine solche Streifung vorhanden ist, geht sie über die IIIb-Schicht gewöhnlich nicht hinaus. Der Frontallappen weist meist in der III. Schicht keine Radiärstreifung auf; bloß in der Pars triangularis der dritten Frontalwindung und an der Pars orbitalis derselben sowie im Gebiete des Carrefour olfactif an der subrostralen medianen Stirnhirnpartie ist eine solche Streifung angedeutet. Daß jene Teile des Stirnhirns, welche unmittelbar vor der vorderen Zentralwindung liegen, infolge der senkrechten Anordnung der langgestreckten Pyramidenzellen die Andeutung einer radiären Streifung der III. Schicht bieten, haben wir im vorerwähnten 2. Kapitel (s. S. 80) ebenfalls schon angeführt, ebenso für den Gyrus transversus insulae. Dasselbe gilt auch für den vorderen Teil des Gyrus cinguli. Aber im ganzen Stirnhirn überhaupt handelt es sich auch in den hier angeführten Teilen für die III. Schicht immer bloß um die Andeutung einer Streifung. Eine tatsächliche deutliche breitere Streifung der m. Schicht findet sich dagegen im Occipitalhirn, wo die Zellen der IIIb-Schicht zu kurzen gedrungenen Säulen senkrecht geordnet sind, während die IIIa-Schicht gleichsam mit der II. Schicht verschmolzen, auf diesen kurzen Zellsäulen ruht. Diese Bildung findet sich dann in ähnlicher Form wieder in den schmalen Windungen der an den Occipitallappen angrenzenden Teilen des oberen und unteren Parietallappens, besonders in den schmalrindigen Wänden gewisser kleiner Windungen dieser Läppchen. Der vordere Teil des unteren Parietallappens dagegen zeigt eine feine senkrechte Streifung der III. Schicht und ebenso die erste Temporalwindung samt ihrer dorsalen Sylvischen Fläche, auf welcher sich ebenso fein gestreift die Rinde der Heschlschen Windungen ausbreitet. Die übrigen Teile des Temporallappens weisen eine etwas weniger deutliche und etwas breitere Streifung der III. Schicht auf. Auch das obere Parietalläppchen hat in der III. Schicht die Andeutung einer Streifung. im allgemeinen läßt sich wohl sagen, daß in jenen Partien, in welchen wir die Streifung des Gesamtrindenquerschnitts als deutlich bezeichnet haben, auch die III. Schicht eine gewisse Streifung aufweist, und es lassen sich die dort gegebenen Abb. 45, 46 demnach auch auf die Ausbreitung der radiären Streifung für die III. Schicht verwenden.
Bau des Neocortex. 141
Alle die besprochenen Änderungen der Pyramidenschicht erfolgen meist gradatim und allmählich, so z. B. die allgemeine Verschmälerung derselben gegen den Frontal- und gegen den Occipitalpol zu, ebenso findet auch die Änderung des Zellcharakters meist nicht plötzlich statt. So sieht man z. B., wenn man sich dem Occipitalhirn nähert, schon bevor man in den eigentlichen Bereich desselben gelangt ist, unter den kleineren und mittelgroßen Zellen, welche die III. Schicht des Parietalhirns bevölkern, in den caudalen Partien desselben in der Tiefe dieser III Schicht ganz vereinzelt die eine oder andere größere Pyramidenzelle auftreten, welche sich dann, je mehr man dem Occipitalhirn näher kommt, vermehren. An einzelnen Stellen jedoch ist die Änderung, welche die III. Schicht erfährt, auch eine sprungweise, so z. B. ist die Verschmälerung und Verkörnelung der III. Schicht der Occipitalrinde beim Übergange in die Calcarinarinde, wie man auf Tafel LXXXV beim Pfeile sehen kann, eine ganz plötzliche und die Grenze wirklich eine haarscharfe. Ebenso scharf ist die Grenze der Verkörnelung der III. Schicht in der retrosplenialen Partie des Gyrus limbicus auf Tafel LII Bild 1 beim Übergange von LD zu LE zu sehen, und ebenso scharf ist der Beginn des Koniocortex im Gyrus hippocampi (Tafel CX und CXII) beim Übergange von HC in HD. Aber auch bei nicht so prinzipiellen und eingreifenden Änderungen des Rindencharakters, wie es die Verkörnelung der III. Schicht darstellt, kann manchmal ein plötzlicher Übergang stattfinden. So sieht man beim Übergange der Brocaschen Stelle auf dem Fuße der dritten Stirnwindung zur Pars triangularis die Breite der III. Schicht ganz plötzlich um ca. 25% abnehmen und auch ihren Zellcharakter entsprechend ändern; die Tafeln XIV und XXVIII sind von zwei unmittelbar benachbarten Stellen dieser Gegend aufgenommene Photographien. Auch der einfache Übergang großzelliger Partien in kleinzellige Partien der III. Schicht ohne sonstige Änderung des Rindencharakters, also in ein und demselben Rindenareale, kann manchmal recht unvermittelt erfolgen, und Tafel XXIII aus dem mittleren Frontalhirn (FD) zeigt auf der linken Seite des Bildes die großzellige III Schicht, die ungefähr in der Mitte des Bildes in die kleinzellige rechte Seite übergeht. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß die Übergänge vom allogenetischen Cortex zum isogenetischen Cortex recht abrupte sind, ebenso auch im Isocortex der Übergang von heterotypischer zu homotypischer Rinde, während die Übergänge der Änderungen innerhalb der homotypischen Rinde selbst meistenteils allmählich erfolgen, obzwar die Geschwindigkeit dieses Überganges je nach dem Orte eine recht verschiedene sein kann. Oft kündigt sich eine Änderung durch das Auftreten einzelner ihrer Charakteristica an, welche dann wieder auf eine Strecke weit fehlen können, um dann wieder sichtbarer und deutlicher bis zur vollen Ausprägung etwas weiter davon sich kenntlich zu machen. Einen solchen evtl. raschen, aber sakkadierten Übergang zeigt z. B. die Verkörnelung der III. Schicht im Gebiete der ersten Heschlschen Windung im Verhältnis zu der sie umgebenden Bildung der übrigen III. Schicht. Es sind eben alle Möglichkeiten vorhanden, und die Grenzen solcher Änderungen sind oft gar nicht zu ziehen, obschon sie an anderen Stellen auch wieder haarscharf sein können. Bei solchen allmählichen Änderungen oder gar bei den sakkadiert unterbrochenen kommt es eben auch darauf an, ob man in einem solchen Falle schon die erste Andeutung der Änderung als Grenzlinie annehmen will, dann kann man diese Grenze wohl auch als scharf bezeichnen oder, besser gesagt, man kann sie willkürlich verschärfen. Den tatsächlichen Verhältnissen jedoch entspricht es besser, wenn man die Grenzen so beschreibt, wie sie sich dem Auge wirklich darbieten.
142 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Trotz dieser angeführten Änderungen des Aufbaues, welche die III. Schicht aufweisen kann, ist dieselbe wenigstens im Gebiete des Neocortex als eine recht konstante Schicht zu bezeichnen, da sie in demselben überall vorhanden ist und erst beim Übergange derselben in einen Teil des Allocortex verschwindet. Ihre Änderungen im Neocortex sind aber, ohne so durchgreifende zu sein wie jene, welchen wir bei der II. und IV. und auch bei der V. Schicht begegnen werden, doch immer typisch genug, um bei einem Hauptteile des Cortex sein jeweiliges eigenartiges und verschiedenes Gepräge größtenteils schon allein auszumachen, so daß eben die III. Schicht für die Unterscheidung der verschiedenen Rindenregionen von ganz besonderer Bedeutung ist und infolgedessen auch offenbar von ganz besonderer physiologischer Dignität. Sie dürfte also eine wichtige Rolle spielen für die Individualität jedes einzelnen, woraus sich die Verschiedenheit ihres individuellen Aussehens bei verschiedenen Gehirnen erklären würde; andererseits ist auch ihre Entwicklung bei den verschiedenen Spezies jeder Art eine derartige, daß sie für die Eigenheit derselben offenbar eine große Rolle spielt. Der Unterschied in der Breite der Pyramidenschicht bei verschiedenen Tieren ist von vielen Autoren besonders betont worden und man hat gleichfalls versucht, auf ihre stärkere oder schwächere Ausbildung die höhere oder niedrigere Organisation einer Rinde zurückzuführen. Allerdings stehen auch in dieser Hinsicht direkt kontradiktorische Ansichten einander gegenüber. Während die Mehrzahl der Autoren seit MEYNERT der Auffassung zuneigt, daß ein Gehirn um so höher stehe, je besser die Pyramidenschicht entwickelt, d. h. je breiter die Pyramidenschicht sei, stellte KAES wieder den Satz auf, daß die Höhe der Cortexentwicklung mit der guten Ausbildung gerade der inneren Hauptschicht, also der V. und VI. Schicht parallel gehe. Daß dieser Satz selbst für eine einzige engere Gruppe nicht generell zutreffend ist, hat MARBURG an den Affen gezeigt. Allerdings müssten hierüber erst jetzt nach Festlegung der Architektonik neuerliche Untersuchungen angestellt werden und es müssten bloß homologe Stellen des Gehirns miteinander verglichen werden. Nach seinen eigenen Untersuchungen, sagt BRODMANN, lasse sich nur sagen, daß im Durchschnitt die absolut und relativ breiteste Pyramidenschicht der Hirnrinde der Mensch besitzt, daß aber sonst irgendeine feste Gesetzmäßigkeit in der Tierreihe im Sinne der obigen These auch für homologe Typen nicht besteht. Die Schicht variiert in ihrer Breite regionär allzusehr und zeigt außerdem auch an homologen Typen bei verschiedenen Tieren ein äußerst wechselndes Verhalten. So sei sie z. B. in der Area praeparietalis (unsere Area PA2) am schmälsten beim Halbaffen, breiter beim Wickelbär, noch breiter beim Krallenaffen und am breitesten beim Menschen. Bezüglich der Größe und der Zahl der Pyramidenzellen läßt sich erst recht kein konstantes Verhältnis erweisen. Wir sehen, daß wir durch die vergleichende Anatomie vorderhand noch diesbezüglich nichts Eindeutiges erfahren können, wir kommen auf dieses Thema später noch bei Besprechung der physiologischen Bedeutung der einzelnen Schichten zurück (S. 181).
Die Lamina granularis interna, die innere Körnerschicht, gehört ebenso und noch mehr als die II. zu den variabelsten Schichten der Rinde. Sie besteht, wie der Name besagt, aus Körnerzellen, die jedoch recht verschieden sein können. Wir verweisen diesbezüglich besonders auf alles schon auf S. 54-59 bezüglich der Zellform der Körner dort Gesagte. Ihre gewöhnliche Durchschnittsbreite beträgt 0.25 mm. Sie ist aber sowohl in ihrer Breite, die von 0 bis über 0.80 mm betragen kann, als auch in ihrer groben Struktur, als auch noch in ihrer Zellzusammensetzung solchen Änderungen unterworfen, daß man sie ohne weiteres als die veränderlichste und unbeständigste aller Schichten ansprechen kann, die für den Wechsel des Rindenquerschnittbildes eine sehr große Rolle spielt! Viele dieser Änderungen gehen Hand in Hand mit Änderungen der II. Schicht, und man kann summarisch wohl sagen, daß dort, wo die IV. Schicht gut entwickelt ist, auch die II. eine relativ bessere Entwicklung erfährt; dieser Satz gilt für die isogenetische Rinde, so daß wir die Unterscheidung derselben in granuläre und agranuläre Partien, je nachdem diese beiden Körnerschichten gut sichtbar sind, ohne weiteres durchführen können. Abb. 70 und 71 gibt ein gutes Bild über die Verteilung der Körnerschichten in den Rindenregionen. Ganz agranulär sind ja kaum irgendwelche Teile der isogenetischen Rinde zu nennen, am ehesten noch die hinteren Teile des Frontallappens; als agranulär bezeichnen wir also nicht jene Hirnpartien, wo etwa die Körnerzellen der IV. Schicht derart ausfallen würden, daß an ihrer Stelle im Zellbilde ein weißer, zelloser Streifen übrigbliebe - dies findet überhaupt nur an einer Stelle im Gehirn, und zwar an der Uncusrinde statt (Tafel CI) -, sondern als agranulär bezeichnen wir jene Rinde, wo beinahe keine Körnerzellen in IV mehr vorkommen, sondern der größte Teil derselben zu Zellen umgewandelt ist, die von den Zellen der ihr benachbarten III. und V. Schicht, die meist Pyramidenzellen sind, nicht mehr recht unterschieden werden können. In diesen Fällen ist die frühere Stelle der IV. Schicht meist erfüllt von mittelgroßen Pyramidenzellen und durchsetzt von vereinzelten großen Pyramidenzellen, die aus III und V in ihr Gebiet hineinreichen oder direkt hierher disloziert sind. Zur Illustration dieser Heterotypie halte man sich die Tafel V des Frontaltypus und die Tafel LXXII des unteren Scheitellappens vor Augen, die erstere als Beispiel des agranulären, letztere als Beispiel des granulären Typus, aus den unmittelbar durch Anschauung das Gesagte erhellt; man sieht aber daran auch (Tafel V), daß man die Lage der IV. Schicht auch in der agranulären Zone meist immer noch erkennt. An den Kuppen der Windungen, wo auch sonst immer die IV. Schicht etwas lockerer gebaut ist, verschwindet sie in den agranulären Partien wirklich beinahe ganz (Tafel V und VI), während sie in der Windungswand und im Tal, wo sie der Tiefe der Furche zu zwar meist schmäler, aber dafür dichter wird, auch im Gebiete der agranulären Partie doch immer recht deutlich wieder sichtbar wird (wie übrigens die äußere Körnerschicht auch). Abb. 70 und 71 gibt, wie gesagt, einen Überblick über die Ausbreitung der Körnerschichten (da die Entwicklung von II und IV beinahe parallel geht, haben wir ein Bild für beide Schichten gegeben). Das agranuläre Gebiet ist weiß gelassen; sonst aber deutet die Dichtigkeit der Punktierung der Abb. 70, 71 die ungefähre Zelldichtigkeit der Körnerschichten der betreffenden Hirnstelle an. Das agranuläre Gebiet breitet sich an der Konvexität vor der Rolandoschen Furche als ein stumpfes Dreieck aus, dessen breite Basis oben an der dorsalen Mantelkante liegt und dessen schmale Spitze auf dem Operculum der vorderen Zentralwindung in die Sylvische Grube sich senkt und über dasselbe auf die Innenseite des Operculums zieht und an der hinteren Wand des Operculums im Sulcus circularis insulae endet und in die hier nur schwach granuläre Bildung der vorderen Insel übergeht. Dieses agranuläre Gebiet nimmt im Ausmaße der auf unserer arealen Hirnkarte, Abb. 19 und 20, mit FA und FB bezeichneten Gebiete die Rinde ein. Von diesem agranulären Gebiete aus nimmt die innere Körnerschicht wieder frontalwärts ihren Anfang und ebenso occipitalwärts und verdichtet sich sowohl dem Frontalpole als dem Occipitalpole zu allmählich. Während aber frontalwärts diese Zunahme eine recht langsame und vor allem eine nicht sehr bedeutende ist (auf der ersten Frontalwindung speziell eine viel langsamere als auf der zweiten und hier langsamer als auf der dritten), ist das Auftreten der inneren Körperschicht in den hinter der Rolandoschen Furche gelegenen Hirnpartien eine recht plötzliche und eine viel durchgreifendere, und sie wächst viel rascher in der Richtung zum Occipitalpole an und erreicht schließlich hier unvergleichlich höhere Grade, als in den vorderen Hirnpartien. In den unteren Hirnpartien wieder, und zwar in der Richtung vom Occipitalpol gegen den Temporalpol, an der Konvexität sowohl als an der Basis, nimmt die Deutlichkeit der IV. Schicht wieder langsam ab, so daß der Temporalpol selbst wieder beinahe agranulär ist, wie dies Abb. 70 und 71 zeigt. (Man vergleiche auch Abb. 76.) Die breite agranuläre Partie der Konvexität zieht über die Mantelkante an die Medianfläche des Gehirns und findet hier ihre hintere Begrenzung in der idealen Fortsetzung der Rolandoschen Furche in einer nach vorne geneigten Linie, die bis auf den Balkenrücken zieht. Dann begleitet die agranuläre Rinde bogenförmig das Balkenprofil nach vorn. Ihre vordere Begrenzung findet die agranuläre Rinde an der Medialfläche des Gehirns in einer Fortsetzung ihrer vorderen Grenze an der Konvexität über die Mantelkante hinüber auf die Medianfläche und hier in einer etwas nach hinten geneigten Linie, die in den Sulcus callosomarginalis mündet oder, besser gesagt, in das mittlere Teilstück desselben, den sog. Sulcus intralimbicus von DÉJERINE (Abb. 22, 1.). Von hier nach vorn und ventral bildet dieser Sulcus ungefähr die obere, dann vordere und zuletzt ventrale Begrenzung des in einem Halbkreise das Balkenknie umziehenden agranulären (weißen) Gebietes, welches konzentrisch nach innen im Sulcus callosus in das Induseum und unter dem Rostrum des Corpus callosum dann in die Lamina terminalis und die vordere Schlußplatte übergeht. Es gehört also dorsal der vordere Teil des Parazentralläppchens und der hintere Teil der Medianfläche der ersten Frontalwindung zur agranulären Formation, dann die ganze vordere Hälfte des Gyrus limbicus. Unterhalb des Rostrum corporis callosi überstreicht das agranuläre Gebiet auch den subrostral gelegenen sog. Carrefour olfactif von BROCA und den caudal von demselben gelegenen Gyrus geniculatus und subcallosus, um ventral gegen die Umbiegungskante der Hemisphäre sich verjüngend längs des Gyrus olfactorius medialis an die Orbitalfläche zu gelangen, wo diese agranuläre Partie gleichsam den hinteren Rindensaum des Frontalhirns bildet, welcher diese Rinde von der Substantia perforata anterior abgrenzt. Dieser agranuläre Rindensaum umfasst nun an der Orbitalfläche den caudalsten Abschnitt der Pars orbitalis der dritten Stirnwindung und seinen Übergang in den Gyrus transversus insulae samt dem diesem anliegenden Gyrus olfactorius lateralis, welcher diesen Gyrus von der lateralen Partie der Substantia perforata trennt. Auf dem Gyrus transversus insulae gelangt der agranuläre Cortex auf die frontale Orbitalfläche der Insel also wieder an die Hirnkonvexität, und zwar auf die sog. Gyri breves accessorii a und b und auf die frontale Fläche des Gyrus brevis primus insulae, welche also von agranulärem oder wenigstens beinahe granulärem Cortex überzogen sind. Hier schließt sich die agranuläre Bildung in der Tiefe der Insel aber nicht etwa an die agranuläre Bildung des Operculum Rolandi zu einem vollkommen geschlossenen Ringe an, sondern die agranuläre Bildung hört hier an der Konvexität der vorderen Insel auf und der Ring bleibt offen; die agranuläre Bildung zieht aber dem Inselpole entlang, bogenförmig mit dem Pli falciforme (Abb. 21 und 24, p. f.) und den diesen gegen die Substantia perforata anterior umsäumenden hinteren Schenkel des Gyrus olfactorius lateralis entlang nach hinten und innen und breitet sich dann über den Rand des Temporalpols aus an der Grenze zum allogenetischen Cortex des Uncus und des Gyrus hippocampi. Als (agranulärer) heterotypischer Streifen begleitet sie diesen Allocortex caudalwärts, gleichsam die Grenze zwischen Isocortex homotypicus und Allocortex bildend. Der Allocortex ist hier in seinem vorderen Teile am Uncus selbst vollkommen agranulär. Der vom Isocortex überzogene Temporalpol ist granulaarm, wird aber an seiner dorsalen Partie, wo er gegen das Riechhirn grenzt, selbst ganz agranulär, wie man auf Tafel XCVIII und XCIX sieht. Diese agranuläre Bildung zieht dann längs der Occipitotemporalfurche nach hinten als schmaler Saum a (Abb. 76) des Allocortex bis an den Isthmus, um hier, sich allmählich verjüngend, ganz aufzuhören. Um die retrospleniale Bildung, auf die wir später noch zu sprechen kommen werden, ist ein ganz schmaler agranulärer Saum b gelegt, der aber scheinbar ohne jeden Zusammenhang mit den übrigen agranulären Bildungen der Hirnrinde ist. Die agranuläre Bildung hat also die Form einer unvollkommen geschlungenen lateralwärts und nach hinten offenen Bandschlinge, wie sie die Abb. 76 zeigt, welche das Negativ der Abb. 70, 71, Medianfläche und Konvexität, auf ein einziges Bild projiziert darstellt.
Bau des Neocortex. 143
144 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Bau des Isocortex. l45
Abb. 76. Schematische Darstellung der Ausbreitung den agranulären Isocortex durch blaue Färbung und Schraffierung; dabei ist das Gehirn von der Konvexität gesehen, jedoch durchsichtig gedacht, und die Furchen und Gebilde der Medianfläche sind in roten Strichen auf die Konvexität projiziert; der agranuläre Cortex der Medianfläche ist lichter gehalten als jener der Konvexität. (Der Temporalpol ist wegen seiner beinahe agranulären Rinde bloß blau schraffiert.) Der Allocortex, obschon großenteils ebenfalls agranulär, ist hier nicht weiter berücksichtigt und daher nicht blau markiert. Sehr plastisch kommt in diesem Bilde das Übergreifen der agranulären präzentralen Rinde aus dem Operculum Rolando Op heraus vor der Zentralfurche RR über die Konvexität sich dorsalwärts verbreitend zur Anschauung; über die Mantelkante zieht sie auf die Medianfläche: hier nimmt die agranuläre Rinde breit die Mitte des Lobus limbicus ein und überzieht dann den ganzen frontalen Teil desselben, L, dann die Area parolfactoria des BROCA AB, tritt hier über die untere Mantelkante sich stark verschmälernd auf die Orbitalfläche und von hier auf den Gyrus transversus insulae und die vordere Insel J, somit wieder auf die Konvexität, ohne jedoch bis zum Operculum Op zurückzureichen, d. h. ohne den Ring gleichsam zu schließen, sondern zieht von der vorderen Inselfläche längs des Inselpols JP nach hinten an den Temporalpol TP und von hier wieder an die Medianfläche als kommaförmiger Streifen a im Sulcus occipitotemporalis ot die Grenze zwischen Allocortex und Isocortex bildend, und reicht bis zum Isthmus Is. Im Retrosplenium des Gyrus limbicus befindet sich ferner ganz außerhalb jedes Zusammenhanges mit der übrigen agranulären Rinde ein dünner, langer, sichelförmiger Streifen b agranulären Isocortex. Abb. 76 ist gleichsam das Negativ von Abb. 70 und 71.
146 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues
Überblicken wir die Ausdehnung dieser agranulären Bildung insgesamt mit den verschieden gebauten Formationen, die sie umfasst, so müssen wir sagen, daß sie, abgesehen von der breiten Partie, die sie an der Hirnkonvexität und dem Parazentrallappen einnimmt, sonst von der isogenetischen Rinde nur Teile umfasst, welche in unmittelbarer Nachbarschaft des allogenetischen Riechhirns sich befinden und dieselben umziehen. Wahrscheinlich stehen sie auch in funktionellem Zusammenhang mit denselben (s. Abb. 56-58). Denken wir uns diesen agranulären Isocortex dunkelblau gefärbt, während das übrige Hirn durchsichtig gedacht ist und der agranuläre Isocortex der medianen Hirnfläche lichtblau gefärbt ist, so erhalten wir für die Ausdehnung desselben plastisch das Bild, welches ungefähr auf unserer schematischen Abb. 76 wiedergegeben ist, auf der die Sulci der Medianfläche als rote Striche auf die Konvexität projiziert sind. Das kommaförmige lichtblaue Feld hinter dem Balkensplenium b stellt dabei die retrospleniale agranuläre Zone (LD) der Medianfläche dar. Das große agranuläre isogenetische Feld der Konvexität nimmt seinen Anfang schmal an der Rückseite des Operculum Rolando, nimmt breit das hintere Drittel der Konvexität des Frontallappens ein, schwingt sich um die Mantelkante auf die Medianfläche, wo es sich verschmälernd dann den Gyrus limbicus anterior überzieht und die subrostrale Gegend einnimmt. Längs des medialen und lateralen Gyrus olfactorius des Allocortex, den es bloß als schmale agranuläre Linie begleitet, gelangt es wieder an die Orbitalfläche des Gyrus transversus insulae, an die frontoorbitale Insel und die basale Insel (Inselpol und Pli falciforme), und schlingt sich weiter als Saum des Riechhirns wieder an die Medianfläche. Aber auch der Temporalpol ist beinahe agranulär, was am Bild durch leichte blaue Schraffierung derselben angedeutet ist. Als agranulären Saum begleitet an der Medianfläche das letzte Stück dieses Feldes das Riechhirn am Bande des Hippocampus nach hinten (Abb. 19 und 20, Area TGa und THa). - Der ganze übrige Teil der isogenetischen Großhirnrinde ist granulär, und zwar in einer Verteilung der Dichtigkeit ihrer Körnelung, wie sie annähernd in unserem Schema Abb. 70 und 71 durch die Dichtigkeit der Punktierung veranschaulicht ist. Man sieht daraus ohne weiteres, daß die granuläre Rinde weitaus den größten Teil, mindestens 7/8 der Rindenoberfläche einnimmt. Daß in den Windungswänden und Windungstälern der agranulären Rinde sich doch immer die Stelle der IV. Schicht daran erkennen läßt, daß in diesen Teilen dieselbe doch nie ganz körnerlos wird, haben wir schon gesagt, und dies gilt auch von der Vorderwand der Rolandoschen Furche, d. h. von den caudalen Abschnitten der vorderen Zentralwindung, welche bloß körnerarm, nicht aber körnerlos ist.
Mit der granulären Rinde, welche den Typus des isogenetischen homotypischen Cortex darstellt, nicht gleichzustellen ist die schon wiederholt erwähnte sog. granulöse Rinde oder Koniocortex; an Abb. 70, 71 ist dieselbe durch die besonders dichte Punktierung ohne weiteres zu erkennen und zwar an der Vorderwand der hinteren Zentralwindung, an der Heschlschen Windung, an der Calcarina, in der Retrosplenial- und in der hippocampischen Gegend. Unter granuloser Rinde verstehen wir, wie gesagt, eine Rinde, in der die Anhäufung von kleinsten Zellen die Hauptrolle spielt gegenüber den anderen Zellelementen, sei es, daß die anderen Elemente ganz fehlen oder bloß spärlich sind oder selbst zu kleinsten körnerartigen Zellen umgewandelt sind, wie wir S. 57, 124 und 136 schon besprochen haben. Gewöhnlich sind im Koniocortex die Körnerschichten II und IV und speziell die letztere sehr stark entwickelt; so ist es im Koniocortex der Vorderwand der hinteren Zentralwindung im Gebiete der Area PB (Tafel LX), dann im Koniocortex der Heschlschen Windungen (Area TC, Tafel XCIV) und besonders in dem Koniocortex der Calcarina (Area OC, Tafel LXXXVI). Aber mit dieser Zunahme allein ist die Verkörnelung der Rinde, wie schon S. 136 auseinandergesetzt, nicht erschöpft, sondern es können auch andere Schichten, zum Teil wenigstens, verkörneln, so besonders die III. Schicht, wie dies im Koniocortex der hinteren Zentralwindung, der Heschlachen Windung und auch der Calcarina, aber auch im retrosplenialen Koniocortex (Area LE) und im hippocampischen Koniocortex (Area HD) der Fall ist; es können aber auch die V. und sogar die VI. Schicht an der allgemeinen Zellverkleinerung teilnehmen, z.B. gerade in der Calcarina. Es kann aber auch eine granulöse Bildung sich ganz ohne jede IV Schicht entwickeln, so bestellt z. B. gerade der granulöse Teil des Koniocortex des Hippocampus in der Area HD bloß aus der II. und III. Schicht, welche letztere größtenteils zu Körnern umgewandelte Elemente zeigt, während die IV. Schicht eigentlich fehlt und die V. und VI. sehr zellarm, obschon von normaler Zellgröße sind (Tafel CX). Im Koniocortex der Retrosplenialgegend (Area LE) macht es, wie gesagt, den Eindruck, als ob die granulöse Bildung dort ebenfalls bloß durch eine Umwandlung der Zellen der tiefsten Lage der III. Schicht zu Körnern entstanden wäre, ohne jede Mitwirkung einer IV Schicht (Tafel LII). Wir dürfen also die granuläre gewöhnliche Rinde nicht mit dem granulösen Teile der Rinde verwechseln, in welch letzterer sogar die IV. Schicht unter Umständen, wie wir sehen, fehlen kann, während sie für die erstere typisch und konstant ist. Zur Vermeidung jeder Verwechslung zwischen granulär und granulös haben wir für diese letztere Rindenbildung eben den Namen Koniocortex, d. h. Staubrinde, gewählt.
Bau des Isocortex. 147
Die Dicke der inneren Körnerschicht ist, wie schon aus dem bisher Gesagten erhellt, sehr verschieden. Denn da sie an einer recht großen Partie des Hirns ganz fehlt, ihr Durchmesser also hier gleich Null ist, bewegen sich die Schwankungen ihres Dickendurchmessers zwischen 0 und 0.45 mm. Dieses Maximum von 0.45 mm wird im unteren Parietalläppchen, besonders im Gyrus supramarginalis und in den temporo-parietalen Übergangswindungen, d. h. in den Heschlschen Windungen und in der ersten Temporalwindung erreicht. Zur allgemeinen Orientierung können wir sagen, daß der absolute Dickenwert der IV. Schicht im granulären Teile des Frontalhirns um den Wert von 0.20 mm herum schwankt, mit einem Maximum von 0.25 mm am Pol, während im oberen Parietalläppchen der Wert zwischen 0.30 und 0.35 mm, im unteren Parietalläppchen und in den temporo-parietalen Windungen zwischen 0.35 und 0.40 mm liegt. Im Occipitallappen, mit Ausschluß der Calcarinarinde, schwankt der Dickenwert zwischen 0.25 und 0.30 mm, im eigentlichen Temporallappen wieder um 0.20 mm herum, um dann gegen den Temporalpol stark zu sinken und beinahe ganz zu verschwinden. In der vorderen Insel beträgt der Dickendurchmesser 0.15 mm, in der hinteren 0.30 mm. Dies gibt jedoch nur ein unvollkommenes Bild über die lokale Bedeutung der Schicht, wenn nicht die relativen Zahlen derselben mit in Rücksicht gezogen werden. Als mittleren Durchschnittswert fanden wir für die relative Dicke der IV. Schicht in der ganzen Rinde ungefähr 9% der Rindendicke (S. 113). Diese Ziffer wird im Frontalhirn überhaupt nur an wenigen Stellen erreicht und nur am Frontalpole selbst etwas überschritten (s. Tabelle I-IV, 14. Kapitel). Ebenso wird diese Ziffer in der eigentlichen Temporalrinde der Konvexität und Basis nicht überschritten und sinkt am Temporalpol sogar unter 5%. Erst gegen den Occipitallappen zu steigt sie auf 10% und im Occipitallappen selbst auf 12% und mehr. In der temporo-parietalen Übergangswindung beträgt sie 14%, im unteren Parietallappen 13%, im oberen 12%; in der hinteren Insel ebenfalls 12%, um in der vorderen wieder auf 5% herabzusinken und im frontoorbitalen Teile der vorderen Insel auf Null herabzugehen. Diese relativen Zahlen geben gemeinsam mit den absoluten ein ungefähres Bild über die Bedeutung der IV. Schicht in den verschiedenen Hirnlobi, besonders auch, wenn man den Körnerreichtum der einzelnen Gegenden auf Abb. 70 und 71 betrachtet.
148 Einzelheiten der die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Im Frontallappen schwankt die Zellzahl in den granulären Partien desselben zwischen 60 und 90 Körnern pro 0.1 mm3. Mit dem Maximum wieder am Frontalpol. Am Temporalhirn, und zwar an der Basis und Konvexität, schwankt die Zahl der Körner zwischen 50 und 100 pro 0.1 mm3, mit einem Minimum am Temporalpol. Ungefähr ebenso groß ist die Zahl der Körner der IV. Schicht im oberen Parietalläppchen mit ca. 80 pro 0.1 mm3. Im unteren Parietalläppchen und in parieto-temporalen Übergangswindungen schwankt die Anzahl zwischen 100 und 140 pro 0.1 mm3, mit dem Maximum im hinteren Teile desselben, d. h. im Gyrus angularis. Auch die hintere Zentralwindung zeigt einen Durchschnitt von 120 Zellen pro 0.1 mm3. Im Occipitallappen steigt die Zellzahl der IV. Schicht auf 150 und mehr pro 0.1 mm3. Dieser Überblick über die Verhältnisse des Zellreichtums der IV. Schicht in den Hirnlobi erfährt nun lokal eine starke Wertverschiebung durch jene granulösen Formationen, die meistens mitten innerhalb der sonst granulären isogenetischen homotypischen Rinde fallen und an deren Bau sich die II. und die IV. Körnerschicht, wie schon gesagt, großenteils auch durch eine Verbreiterung und durch eine Zellvermehrung beteiligen. Speziell trifft dies für den Koniocortex der hinteren Zentralwindung, der Heschlschen Windungen und der Calcarina zu; während, wie schon gesagt, der retrospleniale und der hippocampische Koniocortex der IV. Schicht an und für sich zu entbehren scheinen; dadurch ferner, daß erstere an den Rand des Allocortex, letztere mitten in den Allocortex verlegt sind, werden sie von je einer agranulären Formation umgeben und sind dadurch betreffs der Körnelung von jedem Einfluß von der Umgebung oder Einfluß auf die Umgebung des angrenzenden Cortex wie abgeschnitten. Im Gebiete der drei erstgenannten granulösen Bildungen dagegen findet man nicht nur die entsprechende Verkörnelung einzelner der anderen Schichten dieses Koniocortex selbst, sondern auch eine ganz mächtige Entwicklung der beiden Körnerschichten, und es bleibt diese Hypertrophie nicht auf das engere Gebiet des Koniocortex beschränkt, sondern sie greift auch auf die unmittelbare Nachbarschaft desselben hinüber. So steigt z. B. die absolute Breite der IV. Schicht im Gebiete des Koniocortex (PB) der hinteren Zentralwindung, wo derselbe an die Kuppe reicht, und zwar im Parazentralläppchen, bis zu 0.34 mm und in der Wand bis zu 0.29 mm, was einer relativen Breite von 19% und 16% entspricht, also weit über die Durchschnittsproportion hinaus, und auch die hohen Ziffern, die wir sonst in den caudalen Hirnpartien für die Breite der IV. Schicht zu finden gewohnt sind, werden dadurch weit in den Hintergrund gerückt. Aber dadurch steigt auch automatisch die Breite der IV. Schicht in den unmittelbar benachbarten, obschon bloß granulären gewöhnlichen Rindenbildungen der hinteren Zentralwindung (im Gebiete der Areae PA, PC, PD) auf 13-16%, also ebenfalls auf äußerst hohe Werte. Und ein ähnliches Verhalten zeigt diesbezüglich, wie schon gesagt, auch die II. Schicht. Ebenso wie mit der Schichtbreite verhält es sich auch mit der Zellzahl und Zelldichtigkeit, während dieselbe an der hinteren Zentralwindung und im benachbarten oberen Scheitelläppchen ungefähr 80 Zellen pro 0.1 mm3 beträgt und vor der hinteren Zentralwindung, d. h. in der Hinterwand der vorderen Zentralwindung an den tiefsten Stellen derselben, ca. 30 pro 0.1 mm3 ausmacht, steigt sie im Koniocortex der hinteren Zentralwindung auf 230 Zellen pro 0.1 mm3, und in den unmittelbar benachbarten übrigen Rindenpartien der hinteren Zentralwindung sinkt diese Zahl zwar, bleibt aber doch auf 160-210 Zellen pro 0.1 mm3, also ebenfalls für die gewöhnliche Rinde auf abnorm hohen Werten stehen. Nicht anders verhält es sich bezüglich der übrigen granulösen Rindenpartien und ihrer unmittelbaren Umgebung, z. B. auf der Heschlschen Windung. In dieser granulösen Rinde (Area TC) z. B. nimmt die IV. Schicht eine absolute Breite von 0.45 mm ein, was einer relativen Dicke von 17% entspricht. Aber auf den rückwärtigen Heschlschen Windungen und außerhalb des Gebietes dieses Koniocortex macht die Breite der IV. Schicht noch immer 14% und 12% aus, bleibt also weit über dem Durchschnitt. Und die Zellzahl, welche im Koniocortex selbst (TC) hier ca. 150 pro 0.1 mm3 ausmacht, betragt in der unmittelbaren Umgebung noch immer 150-120 Zellen pro 0.1 mm3.
Bau des Isocortex. 149
Eine nun ganz ungewöhnliche Änderung erfahrt die IV. Schicht in der granulösen Bildung, welche die Calcarina auskleidet. Durch das plötzliche Auftreten einer Marklamelle, des sog. Gennarischen Streifens, in der Mitte der Dicke der IV. Schicht zerfällt dieselbe in drei Unterschichten, in eine obere Körnerlage IVa, eine mittlere, d. i. die Marklamelle IVb, und eine untere Körnerlage IVc. Da hier, wie schon S. 137 besprochen, auch die III. Schicht eine gewisse Verkörnelung, wenigstens in ihren tiefsten Lagen, sicher erfährt, beteiligt sich dieselbe ebenfalls an der Bildung der Lage IVa, was wir übrigens noch eingehend bei der arealen Besprechung erklären wollen. Diese Dreiteilung der IV. Schicht bedingt nun schon absolut eine ganz aussergewöhnliche Breite der IV. Schicht von 0.82 mm (!) in der Calcarina, also eine Breite, wie wir sie sonst in mitteldicken Rindenbezirken bloß für die III. Schicht kennen. In dieser schmalen Occipitalrinde macht dies aber 42% der Gesamtrindendicke der Calcarinarinde aus, was gegenüber 9% der Durchschnittsproportion (S. 113) ganz kolossal ist. Die Zellzahl in der äußeren und in der inneren Körnerlage dieser Schicht, d. h. in der IVa und IVc, beträgt ungefähr 200 Zellen pro 0.1 mm3, während die mittlere Lage, da sie eine Marklamelle ist, an Körnern eher arm ist. Diese Spaltung und Verdickung der Körnerschicht findet, wie man auf Tafel LXXXV sieht, ganz plötzlich und unvermittelt statt an der oberen sowohl als an der unteren Lippe der Calcarina, und sie charakterisiert beide Wände der Calcarina in ihrer ganzen Ausdehnung und in ihrer ganzen Tiefe. Jenseits dieser Grenze ist die Dicke der IV. Schicht in der übrigen Occipitalrinde mit ihren absoluten Werten von 0.18-0.24 mm nicht sonderlich groß, macht aber immerhin 10-12% aus und kontrastiert trotzdem ganz scharf mit der Hypertrophie der IV. Schicht in der Calcarina selbst. Besonders aber greift die ungewöhnliche Zelldichte der IV. Schicht der Calcarina über ihre Spaltung durch den Gennarischen Streifen hinaus auf das übrige Occipitalhirn, ja sie erreicht sogar in der der Calcarina unmittelbar benachbarten Rindenpartie etwas höhere Werte als in der Calcarina selbst, und zwar überhaupt das Maximum der Zelldichtigkeit irgendeiner anderen Hirnstelle mit 240 Zellen pro 0.1 mm3 und beträgt noch in den frontaleren Partien der Occipitalrinde 150 Zellen pro 0.1 mm3. Wir sehen also daraus, daß doch immer wieder die überstarke Entwicklung der IV. Schicht im heterotypischen Koniocortex wenigstens zum Teil auch auf die Zusammensetzung der IV. Schicht in den umgebenden homotypischen Rindenpartien von Einfluß ist.
Eine so auffällige Spaltung der IV. Schicht in Unterschichten wie im Gebiete der Calcarina findet sich sonst nirgends an der ganzen Hirnrinde; denn meist ist diese innere Körnerschicht als eine einheitliche nach oben und unten ziemlich gut abgegrenzte kleinzellige dichte Lage zu erkennen. Nur an wenigen sonstigen Stellen kann man doch auch eine gewisse horizontale Unterschichtung dieser Zellen der IV. Schicht nach bestimmten Zellformen erkennen, worauf wir noch gleich später zurückkommen. Vorerst wollen wir noch über die Zellformen der Körnerzellen dieser Schicht einiges sagen. Über die Art und Form der einzelnen Zellen, wie sie sich bei der Protoplasmafärbung als auch am Silberpräparate zeigen, haben wir S. 54-59 schon alle nötigen näheren Einzelheiten und Bilder gegeben. Schon dort haben wir auseinandergesetzt, daß die Körnerzellen der IV. Schicht zum Teil aus ovalen, runden, spindeligen, echten kleinen Körnerzellen bestehen, welche sich durch einen relativ großen Kern ohne Kernkörperchen und einen ganz schmalen Protoplasmasaum auszeichnen, daß aber neben diesen echten Körnern noch sehr verschiedene Zellen, und zwar polygonale, sternförmige, kahnförmige, triangulären und pyramidale Zellen vorkommen. Alle diese Elemente ordnen sich meist zu recht dichten kleinen Gruppen. Die meisten dieser Zellen kommen über eine Größe von 5-6 / 6-8 µ nicht hinaus. Wir haben aber an besagter Stelle auch schon erwähnt, daß regionär recht verschieden die Zahl der einen oder der anderen Zellsorten im Zellbilde der betreffenden Körnerschicht überwiegt, daß z. B. in dem ganzen präzentral gelegenen Gehirn die dreieckigen und pyramidenförmigen Zellen, im retrozentralen dagegen die eigentlichen Körnerformen überwiegen. Wenn man im Frontallappen von dem hinteren agranulären Drittel desselben nach vorne zu weiterschreitend beim Auftreten der IV. Schicht in dem hinteren Teile des mittleren Drittels (Abb. 19) ins Gebiet der Area FC (Tafel XII und XIII) gelangt, so sieht man, daß die Zellen der IV. Schicht hier größtenteils kleine Pyramidenzellen sind, aber nicht etwa Zwergzellen, d. h. keine pyramidenförmigen Körnerzellen, sondern wirkliche kleine Pyramidenzellen. Vergleicht man mit diesen die echten kleinen Körnerzellen der IVa- oder IVc-Schicht der Calcarinarinde auf Tafel LXXXV oder auch nur jene der hinteren Insel, Area IB Tafel LVI, so hat man den Eindruck, daß die Zellen der IV. Schicht besagter Frontalbildung von diesen echten Körnern etwas im Wesen ganz Verschiedenes sein müssen. Denn die Zellen der IV. Schicht der Frontalformation FC sind mindestens ebenso pyramidenförmig und auch ebenso schlank und groß, wenn nicht größer als die Pyramidenzellen der III. Schicht der Calcarina-formation, wie ein Blick auf diese beiden Tafeln unmittelbar lehrt. Wenn man von einer physiologischen Funktion der einzelnen Schichten sich ein Bild machen will, wird man wohl immer die eben angeführten eminenten Formdifferenzen der Zellen mit in Betracht ziehen müssen! Schreitet man nun im Frontallappen weiter frontalwärts, so wird, wie schon gesagt, die IV. Schicht immer deutlicher, und die einzelnen Zellen davon sind im übrigen vorderen Teil des mittleren Drittels sowie im vorderen Drittel der Konvexität des Frontallappens meist triangulär, d. h. niedrige dreieckige Zellen, wie man auf Tafel XX sieht. Erst am Frontalpole selbst werden in der IV. Schicht die echten Körnerzellen etwas zahlreicher (Area FE Tafel XXXI). Ebenso ist auf der zweiten Frontalwindung schon vor dem Pole eine etwa guldengroße Stelle, in deren Bereich ovale und spindelige Formen in der IV. Schicht über die triangulären Formen überwiegen; es ist das jenes Gebiet, welches sich durch eine lokal umgrenzte besondere Entwicklung der Gesamtrindendicke auszeichnet und die in der arealen Einteilung der Area FDΔ entspricht (Tafel XXVII). Im Orbitalteile des Frontalhirns kommen in der IV. Schicht kleine Pyramidenzellen, kleine triangulären Zellen und echte Körnerzellen miteinander zu ungefähr gleichen Teilen vermischt vor; und ihre Zahl wird caudalwärts gegen den Rindensaum am Gyrus olfactorius lateralis immer geringer. Im ganzen Frontallappen sind überhaupt die Zellen in der IV. Schicht nicht dicht gelagert, und es fällt diese Schicht daher im Zellbilde wenig auf, auch zeigen die Zellen keine Tendenz, Gruppen zu bilden, wie im retrozentral gelegenen Gehirn. Ähnlich verhalten sich auch die Zellen der inneren Körnerschicht in der vorderen Insel (Tafel LIII und LIV), vor dem Sulcus centralis insulae und auch im vorderen Teile des Temporallappens. Am Temporalpol selbst (Tafel XCVII) sind die Zellen der IV. Schicht wieder lauter kleine schlanke Pyramidenzellen; die einzelnen Zellen nehmen jedoch ähnlich wie die übrigen Zellen des Temporalpols ebenfalls die Tropfenform an und sind größer als die kleinen Pyramidenzellen, vielfach sogar größer als die mittleren Pyramidenzellen der III. Schicht der hinteren Temporalabschnitte! Aber schon unmittelbar caudal vom Temporalpol werden diese Zellen der IV. Schicht rapid wieder kleiner und nehmen an Dichte zu.
150 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Bau des Isocortex. 151
Hinter der Rolandoschen Furche, deren tiefste Stelle noch beinahe agranulär oder wenigstens körnerarm ist, nehmen mit einem Schlage die Körnerzellen die Überzahl über alle anderen Zellen in der Höhe der IV. Schicht. Am Grunde der Furche und in den tieferen Abschnitten der hinteren Wand derselben sind zwar in IV noch zahlreiche kleine Pyramidenzellen, jedoch schon im ganzen übrigen Bereiche der hinteren Zentralwindung bilden die runden und ovalen echten Körnerzellen die Hauptmenge der Elemente der IV. Schicht, und ganz besonders ist dies dann in dem Koniocortex der Fall, der streifenförmig die Vorderwand der hinteren Zentralwindung vom Operculum angefangen bis zum Parazentralläppchen einnimmt (PB). Caudal von der hinteren Zentralwindung wieder, im ganzen Bereiche des oberen und des unteren Parietallappens, weist die IV. Schicht eine charakteristische Zweiteilung auf, an der man diese Rindenformation unmittelbar erkennen kann. Sie besteht nämlich aus Körnerzellen und aus triangulären Zellen, die sich in zwei Lagen ordnen, und zwar eine obere zellockere, kleine, runde Körnerzellen führende, deren kokkenförmige Elemente vielfach zwischen die Zellstreifen der III. Schicht hinaufsprudeln, IVa, und eine tiefere zelldichtere triangulären Zellen enthaltende IVb-Lage. Im oberen Parietallappen (Tafel LXVIII und LXIX), wo die IV nicht so breit ist und im allgemeinen nicht so zelldicht als im unteren, finden wir diese Zweiteilung der IV. Schicht auch noch im Praecuneus und bis in den dorsalen Teil der hinteren Partie des Lobus limbicus im Gebiete der Area LC1. An der Konvexität des oberen Parietallappens ist die Lockerung der IVa eine so starke, daß sie als lichter Streifen im Zellbilde imponiert, so daß die IIIc-Schicht von der IVb wie abgehoben erscheint, als ob sie in der Luft schwebte. Im unteren Parietalläppchen ist die IV breiter und im allgemeinen zelldichter. Vielfach kann man hier besonders in dessen hinteren Partien (Tafel LXXV und LXXVI) sogar drei Unterschichten in der IV unterscheiden, und zwar eine zellockere obere, Körnerzellen führende IVa, eine mittlere zelldichtere, ebenfalls Körnerzellen führende IVb1-Schicht und eine untere ebenfalls zelldichte, aber triangulären und Pyramidenzellen führende IVb2-Schicht. Die Zellen der letzteren gehen hier in die an dieser Stelle des Gehirns überhaupt keine großen Pyramidenzellen führende V Schicht sehr allmählich über, während im oberen Scheitelläppchen, wo die V. Schicht besser entwickelte Pyramidenzellen enthält, die Abgrenzung der triangulären Unterschicht der IV nach abwärts eine viel bessere ist. Es ist auch schon diese unterste IVb2-Lage im unteren Scheitellappen von BRODMANN zur V. Schicht gezählt worden, wegen dieser unscharfen Abgrenzung. Ihr Verhalten im oberen Scheitellappen zeigt jedoch ihre praktische Zugehörigkeit zur inneren Körnerschicht. In der Temporooccipitalgegend, ventral vom unteren Scheitellappen, in dem von uns sog. basalen Scheitelläppchen, wird, wie man auf den Tafeln LXXVIII, LXXIX, LXXX Area PH sieht, die Zweiteilung der IV. Schicht wieder undeutlicher, aber sie bleibt trotzdem erkennbar, ebenso wie auch an den temporoparietalen Übergangswindungen (HESCHL Tafel XCIV, ferner Tafeln XCII, XCIII und XCV); erst im Koniocortex der Heschlschen Windung besteht die IV. Schicht bloß aus Körnern. In der zweiten und dritten Temporalwindung (Tafel LXXXVIII-XCI) und im Lobus fusiformis ist eine Zweiteilung der IV. Schicht auch noch immer insoweit erkennbar, als hier in den oberen Partien von IV stets mehr Körner und ein lockerer Zellaufbau zu konstatieren ist als in den tieferen, wo mehr triangulären und pyramidenförmige Zellen und ein etwas dichterer Bau wahrnehmbar bleibt. Erst in der Richtung gegen den Temporalpol verschwinden die kleinen runden Körner ganz.
152 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Caudalwärts dagegen nehmen, je mehr man sich dem Occipitalhirn nähert, die ovalen runden Körnerzellen wieder an Zahl bedeutend zu und sie bilden schließlich im Occipitallappen bei weitem die Hauptzahl der Zellen der inneren Körnerschicht. Die runden und ovalen, die eiförmigen und sphäroid-pyramidalen Elemente, die sonst meist nur eine Größe von 4/4 µ oder 5/6 µ haben, werden im Occipitallappen oft sehr groß, bis zu 8/8 µ. Durch ihre Größe und ihren Reichtum wird die Körnerschicht in dieser Gegend stellenweise zu der allerzelldichtesten Schicht, die wir im Gehirn überhaupt finden und deren Zelldichtigkeitskoeffizient höchstens noch von der Va-Schicht der Inselrinde erreicht wird. Im Gebiete der Calcarina erfährt die innere Körnerschicht dann die oben besprochene auffallende Spaltung in drei Unterschichten durch Einschiebung des Gennarischen Streifens. Hierzu sei nur kurz bemerkt, daß in der obersten der dadurch entstellenden drei Lagen in IVa sich hauptsächlich kleine pyramidenförmige, daneben aber auch körnerförmige (und zwar sog. doppeltgebüschelte) Zellen befinden. In der mittleren Lage IVb sind hauptsächlich kleine Sternzellen und daneben die sporadischen Riesensternzellen, welche die Spezialzellen der Calcarinarinde sind; in der untersten Lage IVc sind meistens kleine, rundliche, ovoide echte Körner, die sich im Silberpräparate als sternförmige und doppeltgebüschelte Körner präsentieren. Für die nähere Charakterisierung dieser Zellen verweisen wir hier auf die spezielle Beschreibung der Area OC (11. Kapitel, 3, §4, IV). Ebenso betreffs der näheren Beschreibung der Zellen des Koniocortex der Heschlschen Windungen verweisen wir auf 12. Kapitel, A, 3, §4, der Zellen des Koniocortex der hinteren Zentralwindung auf 10. Kapitel, A, 3, §4. Über die Zellen der sog. Körnerschicht des Koniocortex der Retrosplenialgegend verweisen wir auf 8. Kapitel, C, 1, §4, wo auseinandergesetzt ist, daß diese Zellen eigentlich körnig umgewandelte Elemente der III. Schicht sind, obschon sie echte runde, regelmäßig gelagerte schöne Körner sind. Über ihre Form im Golgibilde s. S. 137-138. Die übrige caudale Hälfte des Gyrus limbicus, soweit sie hinter der idealen Fortsetzung der Rolandoschen Furche auf den Balkenrücken liegt, zeigt auch eine deutliche IV Schicht, die meist nicht sehr dicht ist und aus echten Körnern bestellt. Die an den Praecuneus angrenzende dorsale Partie derselben zeigt die vom Parietallappen her bekannte und oben beschriebene Zweiteilung.
An der radiären Streifung, welche oft die Rindenschichten durchzieht und über deren Verbreitung und Art die Abb. 45 und 46 einen anschaulichen allgemeinen Überblick geben, nimmt die IV. Schicht in der Regel keinen Anteil, d. h. daß dort, wo die Streifung nicht nur die VI. und die V. Schicht durchzieht, sondern auch in die III. Schicht hinaufreicht, diese Streifung im Gebiete der IV. Schicht meist unterbrochen erscheint, gleichsam durch den dichten Zellgürtel der IV. Eine leichte Streifung oder ein leichtes Mitgerissensein einzelner Zellverbände der Körnerschicht längs der Radii in der Richtung gegen die III. Schicht sieht man allerdings vielfach und besonders ausgesprochen im ganzen Parietal- und Occipitallappen, wo, wie schon früher gesagt, die Körnerzellen zwischen die Zellsäulen der III. Schicht gleichsam hinaufsprudeln. Im ganzen Temporallappen jedoch, mit alleiniger Ausnahme des Temporalpols, erzeugt die radiäre Streifung der Rinde auch eine radiäre Zerklüftung der Zellverbände der IV. Schicht in kurze senkrechte, zelldichte Säulchen, die durch die zellarmen Radii vollkommen voneinander abgegrenzt sind (s. Tafel XC-XCIII); diese Bildung ist für die Temporalrinde auf allen ihren verschiedenen Windungen auch für die Heschlschen Windungen charakteristisch. Nach rückwärts reicht sie auch etwas über den Bereich des eigentlichen Temporallappens auf der caudalen Partie der ersten, zweiten und dritten Temporalwindung in die unteren Abschnitte des unteren Scheitelläppchens hinein. Im ganzen übrigen Gehirn fehlt eine solche senkrechte Zerklüftung der IV; nur hier und da findet man diese Zerklüftung der IV. Schicht zu Zellsäulchen in schmalrindigen Wandungspartien im temporooccipitalen Gebiete, hier und da auch in schmalen Wänden sogar des oberen Parietalläppchens, jedoch, wie gesagt, in diesen Teilen nicht als kontinuierliche Bildung wie im Temporallappen.
Bau des Isocortex. 153
Auf das Gebiet des allogenetischen Cortex setzt sich die IV. Schicht nirgends fort. Sie hört vielmehr schon vor dem Übergang des Isocortex in den Allocortex, meist ziemlich plötzlich auf, so daß gewöhnlich ein Saum agranulären Isocortex sie vom Allocortex trennt; nur in der hinteren Hälfte des Gyrus limbicus superior, deren Rinde granulär ist, grenzt dieselbe direkt an den allogenetisch gebauten Gyrus intralimbicus, ohne agranuläre Zwischenlage Abb. 57 im Gebiete a, doch ist dieser Teil nur sehr spärlich mit Granula bedacht, daher wir ihn lichtblau gezeichnet haben. Nur im Allocortex striatus des Uncus ist die III. Schicht von der V. durch einen ganz zellosen lichten Streifen getrennt, der die Stelle der IV. Schicht einnimmt, sonst ist die Lage derselben im Allocortex, anders als im Isocortex, überhaupt nicht zu sehen.
Die IV. Schicht entspricht dem mittleren Teile der sog. Rindenschicht oder Pyramidenschicht der embryonalen Hirnrinde (s. S. 89, 90), in der sie die Neuroblastenlage darstellt, und diese Rindenschicht hört eben an der Grenze gegen den Allocortex, wie wir gesehen haben, immer auf. Aus dieser Rolle, die die IV. als Mittelstreifen der Nervenzellkeimanlage des Isocortex im Embryonalleben spielt, meinen einzelne Forscher ihr auch beim Erwachsenen die Rolle eines Reservoirs für neue Zellbildungen im Cortex Erwachsener zuweisen zu können (VAN'T HOOG: Psych. en neurol. bladen 1918). Anatomisch haben wir nie irgendeine Änderung an ihr und an ihren Zellen resp. Zellkernen bemerkt, die diese Annahme rechtfertigen könnte. Außerdem haben wir auch gesehen, daß ihre Zellen sehr bestimmte Zellformen aufweisen, z. B. die doppeltgebüschelten Zellen, die offenbar bestimmten, feststehenden, intracorticalen, assoziativen Funktionen zu entsprechen scheinen. Aber man muß zugeben, daß trotz dieser beiden Gegenargumente es recht wohl möglich wäre, daß wenigstens ein Teil ihrer Körner auch beim Erwachsenen noch die Rolle von Neuroblasten spielt. Ähnlich wie die II. Schicht scheint auch die IV. bei ganz jugendlichen Hirnen auch in dem später agranulären Teile des Isocortex noch deutlich vorhanden zu sein, um erst später beim Erwachsenen verlorenzugehen. Man kann also sagen, daß die Ausdehnung der IV. Schicht bei Jugendlichen eine größere ist als bei Erwachsenen. Wie eine solche Verminderung im Alter zu erklären wäre, ist noch nicht ganz aufgeklärt, es ist aber mit Rücksicht auf die sog. Verpyramidisierung der Zellen der agranulären Rindenpartien (S. 50) wohl wahrscheinlich, daß eben eine solche Umwandlung ihrer Körner in Pyramidenzellen erfolgt, was gerade für die obige Annahme spräche, daß vielleicht ein Teil ihrer Zellen, zum mindesten im jugendlichen Leben, als Neuroblasten aufzufassen wären.
Auch in der Tierreihe verhält sich die IV. Schicht sehr verschieden. BRODMANN spricht über drei Arten ihres Verhaltens: 1. Die Zellen bewahren dauernd eine Art Jugendform, d. h. sie haben deutlich den granulären Rundzellencharakter wie in frühen Entwicklungsstadien; dieses Verhalten findet sich bei niederen Affen und manchen Halbaffen. 2. Die Zellen erfahren eine weitgehende progressive Differenzierung, verlieren ihre Neuroblastenform ganz und nehmen vielgestaltigere, meist größere Formen an, die sich nur wenig von den Zellen der anderen Schichten unterscheiden. So verhält sich nach BRODMANN die IV. Schicht beim Menschen, bei Carnivoren und Ungulaten. 3. Die Schicht zeigt geradezu eine Art regressiver Umbildung, während ihre Elemente im Jugendzustand als dunkle Rundzellen eine wohlabgesetzte Schicht bilden, verliert sich später die elektive Farbbarkeit derselben, sie nehmen eine uniforme blasenförmige Gestalt an und die Schicht tritt im Querschnittsbilde ganz zurück. Letzteres scheint besonders bei Lissencephalen (kleinen Rodentiern, Insectivoren) und auch bei Marsupialiern der Fall zu sein.
154 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Die fünfte Schicht, ganglionäre Schichte der tiefe Pyramidenschicht, gehört zwar zu den am konstantesten vorhandenen Schichten der Rinde, da sie, wie wir später noch sehen werden, nicht bloß im isogenetischen Cortex vorhanden ist, sondern auch auf den allogenetischen Cortex, wenigstens vielfach, wenn nicht immer, übergeht; sie ist jedoch nach den beiden Körnerschichten in ihrem Bau die variabelste Schicht. Sie ist die am spätesten bekannt gewordene Schicht und verdankt dies wohl dem Umstand, daß sie sich in einem großen Teile des Gehirns, speziell im Parietal- und temporooccipitalen Teile des Gehirns, nicht unmittelbar scharf von der darunterliegenden Spindelzellenschicht (VI) abhebt, so daß sie MEYNERT mitsamt dieser zu seiner V Schicht, sog. „Spindelzellenschicht", zusammenfasste (1868), und ebenso auch noch BETZ (1881); B. LEWIS trennte sie jedoch von der eigentlichen, tiefer gelegenen (VI.) Spindelzellenschicht, ihrer besonders im Frontalhirn, aber auch sonst auffallenden Pyramidenzellen wegen, als eigene „ganglionäre" Schicht (V) mit Recht ab, und HAMMARBERG, CAJAL, CAMPBELL, später auch BRODMANN und VOGT sind diesem Beispiele gefolgt. Der um das Zellstudium der einzelnen Schichten so verdiente CAJAL nennt sie nach ihrer Hauptzellform „tiefe Pyramidenschicht". Ihre oben erwähnte starke Variabilität wird hervorgerufen einerseits durch große Schwankungen ihrer Dicke, andererseits durch einen auffallenden Wechsel in Zahl, Form und Größe der sie zusammensetzenden Zellen, drittens endlich auch durch einen gewissen regionären laminären Zerfall in Unterschichten (meist zwei). Die große Spannweite dieser Veränderlichkeit läßt sich am besten ermessen, wenn man die V. Schicht im Parazentrallappen oder in der vorderen Zentralwindung auf Tafel III oder Tafel I mit, ihren Betzschen Riesenzellen und ihren sonst großen Zellen und ihrem starken Breitendurchmesser gegenüberstellt der V. im temporooccipitalen Übergangsteil Tafel LXXIX oder gar im Occipitallappen Tafel LXXXII, wo sie bloß ganz kleine, schlecht geformte Zellen in schmälster Breite führt. Bevor wir uns auf die Einzelbesprechung dieser drei Attribute: der Schichtendicke, des Zellbaues und der laminären Unterteilung einlassen, wollen wir vorerst einige allgemein-wichtige Bemerkungen über das Verhalten der V. Schicht machen. Die gute Entwicklung der V. Schicht hängt hauptsächlich von diesen beiden ersten Attributen gemeinsam ab - der Dicke und der Zellart; denn wir werden nicht eine Schicht gut entwickelt nennen, wenn sie zwar breit ist, dagegen aber sehr zellarm - auch sogar dann noch nicht, wenn in ihr daneben vereinzelte große Zellen vorkommen; es müssen dazu vielmehr beide Faktoren deutlich vorhanden sein, wie z. B. auf Tafel I. Die Auffälligkeit der V. Schicht im mikroskopischen Bilde hängt hauptsächlich von der Zellzusammensetzung und Zelldichtigkeit ab und davon, wieweit sie von der unmittelbaren Umgebung absticht. So fällt z. B. in der Insula anterior Tafel LIV und in der frontolimbischen Übergangswindung Tafel XVII die zellgroße und zelldichte obere Partie der V. Schicht wie ein dunkles Band im Zellbilde auf; aber auch das Umgekehrte kann stattfinden; durch starke Verminderung und Verkleinerung der Zellen kann die V. als lichtes Band auffallen, z. B. in der Calcarina der Tafel LXXXVIII (Bild 1) und in dem Koniocortex der Centralis posterior Tafel LXII.
In diesem Sinne kann man, um vorerst einen allgemeinen Überblick über das Verhalten der V. Schicht in großen Zügen zu geben, an Hand der Abb. 77, 78, auf der die Schichtbreite durch die Dunkelheit der Töning wiedergegeben ist, sagen, daß der Frontallappen ausgezeichnet ist durch eine breite, gut entwickelte, mit schön gefärbten großen Pyramidenzellen versehene V Schicht, die allerdings polarwärts, wenn auch nicht in bedeutendem Maße, so doch etwas wieder abnimmt (Tafel XXXI), dagegen im hinteren Orbitalteil des Stirnhirns Pars orbitalis von F3 und im Gyrus transversus insulae (Tafel XLV) jedoch wieder zunimmt, hier speziell sogar die III. an Bedeutung übertrifft (Tafel XXXIV) . Das Maximum dieser guten frontalen Entwicklung ist, wie man an Abb. 77, 78 sieht, auf der vorderen Zentralwindung, wo in der V. Schicht die bekannten Betzschen Riesenzellen vorkommen (Tafel I- IV). Das Minimum liegt nicht eigentlich am Pol, sondern an der Pars triangularis (Cap) und unmittelbar darüber in F2 (wo für die III. Schicht gerade ein Maximum vorhanden ist, Abb. 72) sowie am Sulcus olfactorius. Anders an den hinteren Hirnpartien; schon in der Rolandoschen Furche und von ihr nach rückwärts findet eine allmähliche progressive Abnahme der V. Schicht statt, sichtbar zum Teil auch an der Breite der Schicht, vor allem aber an ihrer Zellgröße und Zellzahl (Tafel LXXIX), so daß caudalwärts von der hinteren Zentralwindung größere Pyramidenzellen in V bloß noch als Solitärzellen vereinzelt auftreten; am Occipitalpol ist die V. Schicht nur mehr ganz schmal. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet in gewissem Sinne das obere Scheitelläppchen, da in ihm die V. eine mäßig gute Zellentwicklung auch weiter caudalwärts als im unteren Scheitellappen beibehält (Tafel LXVIII). Anders verhält sich wohl auch der Temporallappen; hier nimmt die V. Schicht (und auch die IV.) an Breite und Zellgröße im Vergleiche zum unteren Parietalhirn sogar in der ersten Temporalwindung und im Lobus fusiformis etwas zu (Abb. 77), auf der zweiten und dritten Temporalwindung jedoch (Tafel XCI) und besonders am Temporalpol (Tafel XCVII) wächst die V. Schicht mächtig an und übertrifft sogar die III. Schicht an Bedeutung, ähnlich aber noch ausgesprochener als in der hinteren Orbitalportion der F3 (s. oben).
Bau des Isocortex. 155
Abb. 77 und 78. Regionärer Wechsel in der Dicke der V. Schicht (ganglionäre Schicht) an der ganzen Hirnoberfläche durch die Tiefe der Tönung schematisch dargestellt.
156 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Ein ganz besonderes Verhalten weist ferner die V. Schicht in den frontolimbischen Übergangsteilen der Medianfläche (Tafel XVII, XXVI, XXXVIII, XXXIX), auch im Gyrus rectus und im vorderen Teil des Gyrus cinguli (Tafel XLV und XLVI) und ganz speziell in der vorderen Insel (Tafel LIV) auf, wo durch Zunahme der Zellzahl bei guter Zellgröße die V. Schicht oder wenigstens ihre obere Lage eine solche Zelldichtigkeit erlangt, daß sie bandartig das Zellbild der Rinde durchzieht. Abb. 79, 80 stellt dies durch die Dichtigkeit der Schraffierung in radiärer Richtung ungefähr dar. Besonders in der vorderen Insel ist diese Bildung so auffallend und deutlich, daß wir sie hier als Inselgürtel bezeichnen möchten, da daran allein schon die Rinde der vorderen Insel an etwas dickeren Schnitten ohne weiteres immer erkennbar ist. Was diese „Überentwicklung" als Zellband zu bedeuten hat, ist noch ganz unbestimmt. Vielleicht nehmen hier die corticofugalen Fasern zum Thalamus ihren Ursprung, welche ja von der Medianfläche besonders reichlich entspringen sollen. Dieses auffallende Zellband in der oberen Lage der V. Schicht findet sich, wie man also sieht, in Gebieten in der Nähe des sog. Riechhirns; etwas weniger scharf als in den angeführten Teilen findet man es zum mindesten angedeutet auch in beinahe allen übrigen gegen das Riechhirn abfallenden Rindenpartien, auch in den Randpartien des Hippocampus (Tafel CX). Außer dieser Eigentümlichkeit zeigt die V. noch einige andere Zelleigentümlichkeiten am Rindensaum, auf die wir alle später nochmals zurückkommen wollen. Die V. Schicht scheint ja überhaupt in bezug auf das „Riechhirn" und seine nähere und weitere Umgebung irgendeine besondere, uns noch nicht ganz verständliche Rolle zu spielen, bei der offenbar ihre phylogenetisch gemeinsame Anlage mit der VI. Schicht zu der von CHR. JAKOB (s. S. 22) „innere Fundamentalschicht" genannten ursprünglichen und einzigen Zellage des Archipalliums (aus der sich dann die Ammonsbildung entwickelt) irgendeine tiefere Bedeutung hat.
An diese allgemeinen Regeln über das regionäre Verhalten der V. Schicht sei noch folgendes bezüglich der Zellen der übrigen Schichten hinzugesetzt. Die V. enthält ebenso wie die III. hauptsächlich Pyramidenzellen. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß - abgesehen von bestimmten Ausnahmen, wie die Betzschen Riesenzellen der Zentralwindungen (Tafel I-IV) und die Meynertschen der Calcarinarinde (Tafel LXXXV und LXXXVI) - die Pyramidenzelle der V. Schicht allerorts jeweils etwas kleiner sind und etwas weniger wohlgeformt als die der III.; es besteht auch ein gewisser Parallelismus in der Vollkommenheit der Entwicklung der beiden Schichten, so daß z. B. dort, wo die III. Schicht schlecht entwickelt ist, meist auch die V. keine gute Entwicklung zeigt; diese Regel gibt eine gewisse Norm für unsere Beobachtungen ab, von der wir dann regionär wichtige Abweichungen notieren können; Abb. 79 und 80 zeigen in rötlicher Tönung die Verteilung der Zellen der V. Schicht nach der Größe in den verschiedenen Hirnregionen (Riesenzellen sind speziell als schwarze Dreiecke notiert); so geht schon aus dem vorigen Absatz und aus diesem Bilde hervor, daß in der parieto-temporo-occipitalen Gegend, unserer sog. Regio parietalis basalis, und in der Occipitalgegend eine auffallende Rückbildung der V. im Vergleich zur III. vor sich geht, und das Umgekehrte wieder ist der Fall in den caudalen Teilen der Orbitalfläche des Stirnhirns einerseits und auf der zweiten und dritten Temporalwindung andererseits, wo die V. Schicht auffallend stark im Verhältnis zur III. entwickelt ist (vgl. hierzu Abb. 74, 75).
Bau des Isocortex 157
Abb. 79 und 80. Die regionäre Änderung der durchschnittlichen Zellgröße in der V. (ganglionären) Schicht, für die ganze Hirnoberfläche durch die Tiefe der rötlichen Tönung schematisch dargestellt, derart, daß die lichten Stellen den kleinzelligen entsprechen. Daneben ist das sporadische Vorkommen von Riesenzellen in der V. Schicht durch Dreiecke gekennzeichnet. Man sieht auf den ersten Blick, daß auch in sonst kleinzelligen Regionen sporadische Riesenzellen an bestimmten Rindenpartien vorkommen. - Außerdem ist auf diesen beiden Bildern das Vorkommen eines durch dichte Aneinanderreihung von Pyramidenzellen entstehendes Zellband innerhalb der V. Schicht durch eine radiäre Schraffierung wiedergegeben, wobei die Dichtigkeit der Schraffierung ein ungefähres Maß für die Deutlichkeit dieses Zellbandes (Zellgürtels) geben soll. Ein Vergleich mit Abb. 61 zeigt, daß dieses Zellband großenteils in jenen Gebieten vorkommt, die dem sog. „Riechhirn" anliegen.
158 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Von den Zellen der VI. Schicht nun unterscheiden sich die Zellen der V. ebenfalls durch Form und Größe. Während letztere, wie wir eben besprochen, zur überwiegenden Zahl Pyramidenform haben, sind die Zellen der VI. spindelförmig. Sehr wichtig ist es nun, daß die Pyramidenzellen der V. Schicht in der Regel sichtlich größer sind, als die Spindelzellen der VI. im ganzen Großhirn (Tafel IX), nur caudal- und ventralwärts vom unteren Scheitellappen bis zum Occipitalpol ändert sich dieses Verhältnis progressiv, und zwar derart, daß schon im unteren Scheitelläppchen (Tafel LXXII) der Hauptteil der Zellen der V. nur mehr um weniges größer sind als die Zellen der oberen Lage der VI., der sog. VIa, aber noch immer deutlich kleine Pyramidenform zeigen; in dem temporooccipitalen Übergangsteil des unteren Scheitellappens (Regio parietalis basalis) Tafel LXXVIII, sind die Zellen der V. Schicht schon nur mehr gleich groß wie die der VIa, gleichzeitig haben sie größtenteils ihre Pyramidenform eingebüsst, so daß man V von VI hier kaum unterscheiden kann (diese Bilder mögen MEYNERT veranlasst haben, die V + VI als eine einzige Schicht, seine 5., anzusehen); im Occipitallappen (Tafel LXXXV) vollends sind die Zellen der V. in ihrer Hauptmasse kleiner als die der VI. und sind auch von unbestimmter Form; nur als Solitärzellen kommen hier vereinzelt, jedoch regelmäßig, die für dieses Gebiet charakteristischen großen und übergroßen solitären Pyramidenzellen vor. Diese Regeln bilden alle trotz ihrer vielfachen Ausnahmen wertvolle Winke zur Beurteilung und Aufklärung der architektonischen Zusammenhänge der verschiedenen Rindenbezirke und zur Erkennung der Provenienz eines Schnittes und schließlich zur Beurteilung der Grenzen des Normalen und des Pathologischen.
Was nun die Dicke der V. Schicht anbelangt [Abb. 77, 78 1) footnote p 158 1) Ein Vergleich dieses Dickenschemas der V mit Abb. 72, 73, welche die Dickenänderungen der III. Schicht darstellt, ist sehr lehrreich und zeigt anschaulich das verschiedene Verhalten der zwei Schichten in den verschiedenen Rindenregionen.], so beträgt die durchschnittliche relative Breite (s. S. 113) ca. 1/5 der Rindendicke - also 20% -, in der Windungswand etwas weniger (18%), und nimmt im Tal noch bedeutend ab; immerhin ist jedoch auch im Tal die Schicht immer noch deutlich vorhanden und immer noch mit gut entwickelten Zellen bevölkert (s. Schema Abb. 67). Die Schwankungen um diesen Mittelwert sind prozentuell weniger bedeutend als die der IV. Schicht; sie reichen nahe an die der III. Schicht heran. Die absoluten Breitenzahlen der V, an den Kuppen schwanken - wie man aus unseren Tabellen I-IV, 14. Kapitel, ersehen kann - an dem vor der Rolandoschen Furche gelegenen Hirnteile (also im Frontalhirn) im allgemeinen zwischen 0.80 mm (auf der Centralis anterior) und 0.40 mm (am Pol); annähernd ebenso am Temporalhirn zwischen 0.70 mm und 0.40 mm; dagegen schwanken die absoluten Maße an den hinter der Rolandoschen Furche gelegenen (parietalen und occipitalen) Hirnpartien zwischen 0.20 mm und 0.40 mm (bis 0.50 mm). Am Gyrus cinguli ist die V. an Breite ebenfalls sehr bedeutend, besonders vorne 0.80-0.60 mm, rückwärts in der Gegend des Spleniums nimmt sie etwas ab auf 0.60-0.50 mm. Ebenso haben wir auch im Lobus insulae vorne eine dichte V Schicht an dem frontoorbitalen Teile derselben, dem Gyrus transversus insulae, 0.70 mm, an der Insula anterior 0.60 mm und an der Insula posterior nur mehr 0.50 mm. Nennenswert übersteigt die V. Schicht ihr Durchschnittsmaß von 20% der Gesamtrindendicke im Frontallappen bloß in der caudalen Partie der Orbitalfläche und im Gyrus transversus insulae mit 25%, und am Gyrus limbicus in dem frontalen Teile desselben mit nahezu 32%. Hinter der Zentralfurche werden solche Zahlen nirgends mehr erreicht und der Durchschnitt von 20% überhaupt bloß am Temporalpol und im Temporallappen (zweite und dritte Windung) und dem daran angrenzenden temporooccipitalen Übergangsteil ganz wenig überschritten. Dagegen sinken die relativen Werte für die V. Schicht hier vielfach sogar unter 15% und bis auf 11% und 10% herab, so besonders im Koniocortex der hinteren Zentralwindung und der Calcarina, und es erreicht hier die V. absolut und relativ die tiefsten Werte. Im Koniocortex der Heschlschen Windung ist eine so arge Verschmälerung zwar nicht zu sehen, ebensowenig auch im Koniocortex der Retrosplenial- und der hippocampischen Gegend, jedoch ist in diesen und besonders in beiden letzteren die V. Schicht im Zellbild auffallend licht und zellarm.
Bau des Isocortex, 159
Die Hauptmasse der die V. Schicht normaliter konstituierenden Zellen sind Pyramidenzellen (vgl., z. B. Tafel V-IX), die sich von den Pyramidenzellen der III. Schicht, wie schon auseinandergesetzt, nicht sonderlich unterscheiden. Sie sind allerdings mit wenigen Ausnahmen gewöhnlich etwas kleiner als die Zellen der III. und sind auch im allgemeinen etwas weniger chromaffin als diese. Auch hier finden sich große, mittelgroße und kleine Pyramidenzellen, doch sind dieselben zum Unterschiede von der III. meist nicht ihrer Größe nach in verschiedene Lagen geordnet, sondern meist findet man alle Größen über den ganzen Querschnitt von V verteilt; und dort, wo doch eine laminäre (schichtweise) Lagerung, der Größe entsprechend, angedeutet ist, sind es bald die großen Pyramidenzellen, die an die obere Grenze gegen IV rücken, bald mittlere oder kleinere, wie wir noch sehen werden. In der Zellform selbst sind die großen Pyramidenzellen meist in V nicht so schön regelmäßig konisch wie in der III. Schicht, oft geht der cephale Fortsatz nicht so gerade in die Höhe, sondern mehr seitlich; die mittleren Pyramidenzellen sind meist weniger schlank, mehr dreieckig, flacher, triangulär; auch meist nicht so durchweg mit ihrer Spitze genau gegen die Oberfläche orientiert, sondern oft auch schief gestellt, so daß sie manchmal von etwas dreieckigen Spindelzellen im Zellbild schwer zu unterscheiden sind.
Die Zelldichtigkeit ist im allgemeinen um einiges geringer als in III, da sowohl die Zellzahl als Zellgröße in V etwas geringer im Durchschnitt ist; dies bedingt, daß alles in allem genommen die V. Schicht im Zellbild zumeist um eine Schattierung lichter ist als die III.
Die Begrenzung der V. Schicht nach oben ergibt sich meist ohne weiteres aus der Zellform der Körnerzellen der IV. und der größeren Zelldichtigkeit der IV. Schicht. Wo aber in der inneren Körnerschicht nicht die Körnerzellen vorwalten, sondern andere Zellen - und das ist ja in einem sehr großen Teile des Gehirns der Fall -, besonders da, wo die unteren Partien von IV durch triangulären Zellen gebildet sind, z. B. im unteren Parietallappen, und sich in V nicht große und daher ähnliche triangulären Zellen vorfinden, ist die Abgrenzung eine recht schwierige. Wir kommen noch darauf bei Besprechung der laminären Unterteilung der V. Schicht zu sprechen. Gegen VI ist die Abgrenzung meist schon daraus möglich, daß die VI. ebenfalls um eine Schattierung zelldichter zu sein pflegt als die V., was man bei schwacher Vergrößerung (25facher Vergr.) besser sieht als bei stärkerer. Doch ist dieser Dichtigkeitsunterschied nicht überall vorhanden. Er fehlt z. B. in der Pars parietalis basalis; in diesem Falle muß man sich an die Zellform halten, um bei etwas stärkerer Vergrößerung die Grenze zwischen der pyramidenzelligen V. und der spindelzelligen. VI. anzugeben; bei diesen feineren Beobachtungen sieht man nun, daß vielfach in den unteren Lagen von V auch Spindelzellen vorkommen, unter denen wir auch speziell dreieckige Spindelzellen finden, die meist weit größer sind als die Spindelzellen der VIa-Schicht.
160 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Aber auch regionär zeigt die V. Schicht in den verschiedenen Großhirnlobi und ihren Teilen recht große Unterschiede. Nur beiläufig sei hier nochmals erwähnt, daß bekanntlich in der V. der vorderen Zentralwindung die größten Zellen der ganzen Hirnrinde, die Betzschen Riesenzellen vorkommen; wir haben dieselben schon S. 48 und 62 genügend beschrieben; die Art ihres Vorkommens in Nestern, solitär oder in Lagen, ihr Verhältnis zu den übrigen Zellen und Höhenlagen der V. Schicht, die regionären Unterschiede ihrer Form, Größe und Zahl werden bei Besprechung der einzelnen Areae (S. 275, Area FAγ) noch genauest erörtert werden und wir verweisen, um Wiederholungen möglichst zu vermeiden, auf diese späteren Kapitel; ihr Ausbreitungsbezirk ist auf Abb. 79, 80, ferner auf der arealen Hirnkarte Abb. 19 und 20 mit FAγ auf der vorderen Zentralwindung und mit PA1 und PA2 auf dem Parazentralläppchen und der hinteren Zentralwindung bezeichnet (s. auch Tafeln I bis III, LIX, LXVI und LXVII, wo sie durch ihre Größe ohne weiteres in V auffallen). Auch, abgesehen von diesen im Zellbild der Großhirnrinde beinahe monströs aussehenden Gebilden, ist auch sonst der Frontallappen ausgezeichnet durch eine gut entwickelte V Schicht; über die Dicke derselben haben wir schon gesprochen; jedoch auch die Zellen zeigen eine ganz besonders gute Entwicklung, wie vielleicht kaum sonst an einem anderen Hirnlobus; anschließend an das eben besprochene Gebiet der vorderen Zentralwindung behält die V. Schicht eine gewisse Großzelligkeit auch weiterhin frontalwärts (Abb. 79, 80), welche der Regel gemäß ungefähr Schritt hält mit der guten Zellentwicklung der III. in diesen Gebieten; auch in Abb. 79, 80 gibt die Dunkelheit der rötlichen Tönung ein ungefähres Maß für die durchschnittliche Größe der Zellen; die Zellen schwanken meist um 20-30 (evtl. 40) / 10-20 µ sind groß und wohl geformt; polarwärts nehmen die kleineren Kaliber immer mehr an Zahl zu, caudalwärts die größeren. Man kann sagen, daß das ganze hintere Drittel der Frontalwindung an der Konvexität in V größere Zellen in großer Menge enthält, die vorderen zwei Drittel jedoch nicht mehr; doch auch polarwärts bleiben die Zellen immer im großen ganzen noch größer als in der ganglionären Schicht des übrigen Gehirns (T2 und T3 ausgenommen) und stets auch größer als die Zellen der VI. Schicht, jedoch immer im Durchschnitt kleiner als die der entsprechenden III. Es sind beinahe ausschließlich Pyramidenzellen in einer durchschnittlichen Anzahl von 20-30 pro 0.1 mm3. Während in den caudalsten Partien des Frontalhirns die großen Zellen mit den mittleren und kleinen Zellen durch alle Lagen der V. durchmischt vorkommen, reihen sich (vgl. Abb. 81, 82) nach vorn davon in den unmittelbar an die Zentralwindung angrenzenden caudalen Partien des Frontalhirns die großen Zellen meist näher an III, so daß hier im agranulären Gebiet die größten Zellen von III und die größten von V unmittelbar benachbart (und auch ziemlich gleich groß) sind.
161 Bau des Isocortex.
Abb. 81 und 82. Schema der Spaltung der ganglionären Schicht in Unterschichten. - Auf diesen beiden Bildern sind jene Regionen weiß gelassen, in welchen die V. (ganglionäre) Schicht keine Unterteilung aufweist; jene Regionen, wo die V in zwei Unterschichten zerfällt, sind durch eine einfache, feine, gleichmäßige, vertikale Schraffierung, jene Regionen, wo die V in drei Unterschichten zerfällt, sind durch eine alternierende feine und dicke vertikale Schraffierung gekennzeichnet. Ferner ist auch die Verschiedenheit in der Zellgröße in den verschiedenen Tiefenlagen der V. Schicht folgendermaßen sichtbar gemacht: jene Gebiete, in denen die Zellen bezüglich ihrer Dimensionen gleichmäßig über den ganzen Querschnitt der V verteilt sind, tragen den Vermerk o = µ; jene aber, in welchen die oberen Lagen die größeren Zellen enthalten und die unteren die kleineren Zellen oder umgekehrt, sind durch den Vermerk o > µ respektive µ > o kenntlich gemacht (s. S. 166).
162 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Sobald jedoch etwas weiter frontal die ersten Granula beginnen, tritt wieder eine Durchmischung aller Zellgrößen auf und weiter frontalwärts eine Umkehr des früheren Verhältnisses, so daß schon im mittleren und dann auch im vorderen Frontalhirn unmittelbar unter IV, in den oberen Partien von V mittlere und sogar kleine Pyramidenzellen angesammelt sind und in den tieferen darunter die größeren, und zwar erstere gewöhnlich dichter, letztere in lockerer Fügung, so daß dadurch eine laminäre Unterteilung schon recht sichtbar angedeutet wird, worauf wir später noch zurückkommen wollen. Die dritte Frontalwindung verhält sich diesbezüglich etwas anders; hier bleiben durchweg in V die größeren Pyramidenzellen in den oberen Lagen vom Fuß bis an die Orbitalfläche, und so verhält es sich auch in der vorderen Insel. Durchweg sind aber die Zellen der V hier schöne Pyramidenzellen, manchmal ist ihre Höhe geringer, so daß sie auch Dreiecksform haben können. Eine Ausnahme diesbezüglich bilden die caudalsten Partien an der Orbitalfläche der dritten Stirnwindung (Pars praetriangularis, Tafel XXXIV, und Pars orbitalis) und dem zu dieser parallelen Gyrus transversus insulae. An ersterer schon werden die Pyramidenzellen der tieferen Partien von V etwas eigentümlich in die Länge gezogen, so daß sie etwas spindelig aussehen und größer sind als die oberflächlicheren Zellen von V; am Gyrus transversus insulae aber werden die Pyramidenzellen der tieferen Hälfte von V zu ganz großen, eigenartigen, stäbchenförmigen Gebilden, die für diese Hirnstelle (und für den vorderen Lobus limbicus) spezifisch sind (Tafel XLII) und die wir S. 67 eingehend in ihrer Form und ihrem Vorkommen besprochen und die wir Stab- und Korkzieherzellen genannt haben (Abb. 44); die übrigen Zellen der V auch dieser Orbitalen Hirnpartie des Gyrus transversus insulae, besonders die weiter gegen die IV. Schicht zu gelegenen, sind wohlgeformte und kleinere Pyramidenzellen, während sonst, wie oben gesagt, im Gebiete der dritten Stirnwindung die oberflächlichen Zellen der V. größer sind als die tieferen.
Bau des Isocortex. 163
Nach rückwärts von der Rolandoschen Furche ändert sich die V. ganz bedeutend, nicht nur in ihrer Breite, die wir schon durchbesprochen haben, sondern auch in ihrer Zellzusammensetzung, und zwar wird die Hauptmenge der Zellen kleiner. Während die mittlere Größe vor der Rolando ca. 20-30 (-40) / 10-20 µ betragen hat, beträgt die durchschnittliche Größe hinter der Rolando 10-20 (-25) / 8-12 µ. Es macht also die V. Schicht einen viel kleinzelligeren Eindruck, wobei zwar vereinzelte Zellen immer noch die Größe auch von 40/20 µ erreichen; aber es überwiegen doch bei weitem die viel kleineren Kaliber, die nur um weniges größer sind als die Zellen der VI. Eine Ausnahme davon macht bloß die „Kuppe" der ganzen hinteren Zentralwindung (nicht die Wände) und das obere Scheitelläppchen; in diesen beiden Gebieten sind die Zellen der V. Schicht meist doch noch mittelgroße, schön geformte Pyramidenzellen, die deutlich um ein gutes Stück größer sind als die Zellen der VI. und nur etwas kleiner als die der III. Wenn auch die V. hier nicht so dicht bevölkert ist, wie meist in den Frontalpartien, und schon als lichter Streifen erscheint und auch etwas schmäler wird, so ist doch die Zellzusammensetzung ziemlich dieselbe, wie ein Vergleich eines Schnittes des oberen Parietallappens und des vorderen Stirnhirns zeigt (vgl. Tafel LXVIII und Tafel XXIX). Im hintersten Teil des oberen Scheitelläppchens mischen sich sogar wieder einzelne so große Zellen in die V., daß man im caudalen Abschnitt des Gyrus arcuatus posterior sogar von Riesenzellen sprechen kann. Anders aber verhält sich, wie oben gesagt, die V. Schicht in den übrigen postzentralen Hirnpartien. In der Vorderwand der hinteren Zentralwindung wird sie auffallend schmal (Abb. 77, 79) und infolge der Zellkleinheit undicht und licht, dabei finden sich aber vereinzelt in ihr noch sogar Betzsche Riesenzellen; besonders in den dorsalen Partien näher der Mantelkante; im Gebiete des Koniocortex (Tafel LXIX) der hinteren Zentralwindung sind sogar die meisten Zellen der V. Schicht kleiner als die der VI., also kaum viel größer als die Körnerzellen der IV., so daß die granulöse Bildung sich zum Teil hier auch in einer Verkörnelung der V. fühlbar macht. Gegen das Windungstal zu sind in der V. vereinzelte Betzsche Riesenzellen (Tafel LIX Bild 1). An der Kuppe sind die obengenannten Verhältnisse, die an das Verhalten der V. im Frontalhirn erinnern; an den dorsalen Partien derselben (Mantelkante) findet man sogar ziemlich zahlreiche Riesenzellen in der V. der Vorderwand und der Kuppe der hinteren Zentralwindung. Aber an der hinteren Wand der Centralis posterior ist wieder die Abnahme der Zellgröße in V bemerkbar - trotz der relativen Zellgröße in IIIc! (Tafel LXV). Für das obere Scheitelläppchen (Tafel LXVIII und LXIX) gelten dann wieder Verhältnisse ähnlich wie im Stirnhirn. Im unteren Scheitelläppchen dagegen haben wir die für die postzentralen Hirnpartien typisch genannten Zellgrößenverhältnisse, d. h. die Zellen der V. sind relativ klein; im Gyrus supramarginalis (Tafel LXXII, LXXIII) noch etwas größer, werden sie caudalwärts eigentlich progressiv klein bei guter Schichtenbreite und guter Zellzahl; diese Verhältnisse bringen es mit sich, daß man caudalwärts die V. von der VI. nur mehr schwer unterscheiden kann, da da sie weder in der Zellgröße, noch in der Zelldichte recht differieren; und die Zellform ist in dieser Gegend auch nicht mehr ausschließlich die Pyramidenform, vielmehr sind zahlreiche triangulären Zellen, besonders in den oberen Partien der V., die nur um weniges größer als die triangulären Zellen der angrenzenden IV sind, ferner auch spindelförmige, polygonale und rundliche Zellen. Die Grenze gegen VI ist im Lobus supramarginalis und angularis (Tafel LXXVI) aus diesem Grunde ziemlich schwer zu bestimmen. Wo der Parietallappen zwischen Temporal- und Occipitalgegend sich an die Hirnbasis vorschiebt, also in der Temporooccipitalgegend (Tafel LXXVIII, LXXIX, LXXX), kommen überhaupt Pyramidenzellen in V so spärlich vor und die Zellen in V und VI sind derart von gleicher Größe und Dichte, daß man V von VI gar nicht mehr unterscheiden und voneinander kaum noch abgrenzen kann; die Zellen haben hier in V nur mehr eine Größe von 10-15/12 µ und stehen ziemlich dicht. Noch weiter caudal, dem Occipitallappen zu, werden die Zellen in der V. noch kleiner; die V. wird zugleich schmäler und lichter. Dies zeigt den Beginn der Occipitalrinde an, in ihr sind die Zellen nur mehr 8-12/8 µ, haben also eigentlich nur mehr Körnergröße, und vollends im Gebiete der Calcarina selbst beträgt die Größe des Grundstocks der Zellen der V. bloß 7-8 / 7-8 µ, also Körnergröße (!), und sie sind, wie übrigens im ganzen Occipitallobus, viel kleiner als die Hauptmasse der Spindelzellen der VI. Schicht, obschon diese auch hier sehr klein sind; im Calcarinagebiete müssen wir direkt von einer Verkörnelung der V. in diesem Koniocortex sprechen, wobei aber die Dichtigkeit der Schicht eine recht geringe ist; die Form der Zellen ist hier kleinst pyramidenförmig, meist aber triangulär oder sogar rund oder oval. Typisch für die V. des Occipitallappens ist das sporadische Auftreten solitärer, relativ sehr großer Pyramidenzellen mitten in dieser undichten Masse von kleinsten Zellen. Schon in den hintersten Teilen des Parietallappens meldet sich die Nähe der Occipitalbildungen durch ganz vereinzelte solche, meist 25-40 / 20-25 µ große Pyramidenzellen an. Caudalwärts werden sie immer häufiger; besonders in der parieto-occipitalen Grenzzone und dann wieder in der Nähe der Calcarina findet sich je eine solche Anhäufungszone solcher großer Zellen in V (Abb. 70, 80). In der Calcarina selbst jedoch nehmen diese Zellen die Größe und auch das Aussehen von Riesenzellen kleinen Kalibers an, es sind die Meynertschen Riesenzellen; sie können bis zu 30-60 / 20-35 µ Größe haben (s. Tafel LXXXVI). Doch scheint uns die Größe und die Schönheit der Entwicklung dieser Zellen zu Pyramidenzellen individuell sehr verschieden zu sein. Näheres über den Zellbau und das sonstige Verhalten ist bei der arealen Besprechung des Occipitallappens (11. Kap. 3, §5) nachzulesen.
164 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Ähnlich wie im Parietallobus verhält sich die V. auch in den tiefen parietotemporalen Übergangswindungen (den Heschlschen Windungen, Tafel XCIII) und zum Teil noch in der ersten Temporalwindung, wenigstens in ihrem dorsalen caudalen Teil. Die Zellen der V. sind von gleichem Kaliber oder nur eine Spur größer als die der VI., meist triangulär und spindelig; in den vorderen Partien sind die Zellen etwas größer als caudal; interessant ist es nun, daß auf der dorsalen (Sylvischen) Fläche der ersten Temporalwindung sporadisch auch sehr große Pyramidenzellen einzeln vorkommen von 40-60 / 20-25 µ Größe, also beinahe Riesenzellen (Abb. 79, 80); dies ist speziell berücksichtigenswert in Anbetracht des oben Gesagten über das Vorkommen solcher Zellen in der V. des Koniocortex der Calcarina und ihrer Umgebung, sowie bezüglich eines ähnlichen Befundes in der Nähe des Koniocortex der hinteren Zentralwindung. Auch hier kommen diese übergroßen Zellen in der Umgebung des Koniocortex der Heschlschen Windung vor; im engeren Gebiete dieses Koniocortex selbst (Tafel XCIV), der auf der ersten und zum Teil auch der zweiten Heschlschen Windung ls rundliches Feld sitzt (Abb. 19, TC), ist die V. dagegen äußerst kleinzellig, zeigt überhaupt nur wenige schöne Pyramidenzellen, meist bloß kleinste Pyramidenzellen, triangulären und polygonale kleinere Zellen und nur ganz selten die eine oder andere größere Pyramidenzelle; gleichzeitig ist die V. aufgehellt, licht; wir haben also hier wie im Koniocortex der Centralis posterior und der Calcarina eine Aufhellung und eine Verkörnelung der V. zu verzeichnen, aber es ist keine Verschmälerung der V. zu sehen (Abb. 77 und 78). Sieht man von der ersten Temporalwindung ab, so ist die V. Schicht der übrigen Temporallappen ganz anders gebaut. Auf der zweiten und dritten Temporalwindung (Tafel LXXXIX, XC, XCI) nimmt, wenn man von der temporooccipitalen Zwischengegend gegen den Temporalpol zu geht, die V. nicht nur, wie schon gesagt, an Dicke mächtig zu (s. Schema Abb. 77 und 78), sondern die einzelnen Zellen werden bedeutend größer und werden wieder durchaus zu schönen, großen Pyramidenzellen wie im Frontallappen (Abb. 79 und 80); es sind schlanke Zellen von 15-40 / 8-20 µ Größe, sie sind recht zahlreich und im allgemeinen auch etwas größer als die Zellen der VI., obschon auch diese ziemlich groß sind, so daß vielfach an der zweiten und dritten Temporalwindung bei schwacher Vergrößerung, wo man die Zellform noch nicht unterscheiden kann, die V. und VI. ohne Differenz ineinander überzugehen und eine gemeinsame Schicht zu bilden scheinen. In gewissem Sinne greifen diese Charakteristika der eigentlichen mittleren Konvexität der zweiten und dritten Temporalwindung längs der ersten und zweiten Temporalfurche gleichsam nach rückwärts hinaufziehend auch auf den Gyrus angularis etwas über und beeinflussen in einem individuell verschieden stark ausgeprägten Maße den Bau der V. Schicht der ventraleren Partie desselben. Sehr auffallend ist auch, daß in der Temporalgegend die V. Schicht sehr zelldicht ist, was um so auffallender ist, als die III. hier eher zellarm und schmal ist, so daß die innere Hauptschicht ganz besonders die äußere überwiegt und die V. als Pyramidenschicht auffälliger ist als die III. Schicht. Gegen den Temporalpol (Tafel XCVII) nimmt dieser Eindruck noch zu; hier ist III beinahe zellarm und V zellreich zu nennen; ebenso wie die Pyramidenzellen in III nehmen hier auch die Zellen der ganglionären Schicht eine eigenartige Tropfenform an; trotz der größeren Bedeutung, die die V. im Temporallappen über die III. gewinnt, bleiben ihre Zellen doch der allgemeinen Regel getreu um eine Spur kleiner als die der III. Schicht.
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Auch für den Lobus fusiformis gilt das von den übrigen Temporalwindungen Gesagte, daß sie im Vergleich zum Occipitallappen durch eine relative Zunahme der Zellgröße und schöner werdenden Pyramidenform ihrer Zellen der V. charakterisiert ist, und man kann nach diesem Merkmal die Grenze des Occipitallappens an der Hirnbasis ziemlich genau bestimmen, wenn man auf dieses Zeichen achtet, daß die kleinen Zellen der V. Schicht des Occipitallappens, welche kleiner als die der VI. sind, beim Übergang in den Lobus fusiformis allmählich größer werden und wieder die schöne Pyramidenform annehmen und daß weiter nach vorne dieses Charakteristikum progressiv deutlicher wird bis zum Temporalpol.
Daß die V. Schicht für den Lobus limbicus eine ganz besondere Rolle zu spielen scheint, geht aus ihrer starken Entwicklung besonders in den vorderen Partien desselben hervor; nicht nur die Dicke der Schicht, die wir schon zu Abb. 77, 78 besprochen haben, und die laminäre Unterteilung, die wir noch anführen werden, machen dies aus, sondern zum Teil auch die Zellen als solche. Im Gyrus limbicus zeigen besonders die tiefer gelegenen Zellen der V. die Tendenz zu überschlanken, lang ausgezogenen Pyramidenzellen auszuwachsen; diese Tendenz findet man im ganzen Gyrus limbicus, auch in seinem unteren Teil, dem sog. Gyrus hippocampi, und zwar steigert sich dieselbe im Maße, als man nach innen gegen den Gyrus intralimbicus, der vom Allocortex bedeckt wird, vorgeht; diese Zellen sind schmale Pyramidenzellen von 40-60 / 10-15 µ, welche mit ihrem überschlanken Leib und ihrem oft eigentümlich gertenartig geschwungenen und gewundenen cephalen, langhin sichtbaren Fortsatz im relativ zellockeren Gewebe eigentümlich imponieren (Tafel XL H. 17-18 / B. 8-15 cm, Tafel LII Bild 2 H. 8 / B. 36 cm); sie zeigen die unmittelbare Nähe des Allocortex an, auf den sie auch übergehen. Man könnte diese überschlanken Pyramidenzellen auch als eine Art Spezialzellen bezeichnen, denn sowohl ihr Vorkommen an diesen bestimmten Stellen, als auch ihre Form sind ganz typisch; sie kommen vor an der Medianfläche des Gehirns in der Brocaschen Area parolfactoria (Carrefour olfactif), besonders caudalwärts gegen den Gyrus subcallosus sich mehrend, ferner an der Kuppe und inneren Wand des Gyrus cinguli (Tafel XLVII H. 36-38 / B. 18-20 cm), aber hier erstrecken sie sich bloß bis zu dessen Mitte, d. h. ungefähr bis zur idealen Fortsetzungslinie des Sulcus Rolando gegen den Balken; dann scheint ein mittleres Stück des Gyrus cinguli von diesen Zellen frei zu sein bis zum Auftreten der granulösen Formation (Koniocortex) am Retrosplenialteil des Gyrus cinguli; denn hier erst treten sie wieder in der Tiefe von V auf und begleiten den Koniocortex retrosplenialis und dann den Koniocortex hippocampi kontinuierlich bis zum Uncus und gehen über in die großen Pyramidenzellen der Ammonsrinde (Tafel CII Bild 3 H. 12 / B. 17 cm). Am größten sind sie in den letztgenannten Teilen, wo sie auch bis zu 50 µ Höhe und mehr erreichen, am kleinsten sind sie vorn in der Area parolfactoria. An den frontalen Teilen des Gyrus limbicus (cinguli) werden viele von ihnen nach innen zu ganz eigenartig verzerrt und spindelförmig in die Länge verzogen, es entstehen dann wahrscheinlich wohl aus ihnen die großen Stäbchenzellen und Korkzieherzellen, die wir S. 67 eingehend besprochen haben. Wie schon vorher gesagt, finden wir diese Stäbchen- und Korkzieherzellen auch an der frontalen und frontobasalen Inselfläche, am sog. Gyrus transversus insulae, auch hier neben den lang ausgezogenen, überschlanken Pyramidenzellen; und auch dieser Gyrus transversus insulae ist ja in unmittelbarer Grenznachbarschaft mit dem Allocortex.
166 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Im Gebiete des retrosplenialen und des hippocampischen Koniocortex finden wir - ausnahmsweise - keine Verkörnelung der V. Schicht, wie sie in den übrigen drei Koniocortex mehr oder weniger deutlich ausgeprägt zutage trat; nur die Aufhellung der V. Schicht, die dort typisch war, ist auch hier typisch wiederzufinden.
Eine weitere Auffälligkeit der V. Schicht ist oft ihre laminäre Teilung in Unterschichten. Abb. 81 und 82 zeigen diese Unterteilung deutlich im Schema. Wo keine Unterteilung der V. erfolgt, ist der Grund weiß gelassen, wo die V. in zwei Unterschichten zerfällt, ist dieselbe vertikal mit gleichmäßigen Strichen schraffiert, wo sie gar in drei Unterschichten sich teilen läßt, weist die schematische Zeichnung alternierend gezogene dünne und dicke Schraffierungslinien auf. Außerdem sind in dieser Abbildung punktiert die Grenzen von Bezirken gezogen, in welchen angegeben ist, wo die Zellen der V. Schicht in der unteren Lage größer sind als in der oberen (u > o) oder kleiner (o > u) oder wo kein solcher Unterschied auffallend ist (o = u). Wir haben schon bei Besprechung der verschiedenen Zellkaliber der V. gesagt, daß eine Scheidung nach der Größe vielfach stattfindet. Im hinteren Drittel des Stirnhirns sind die oberflächlich gelegenen Zellen der V. im allgemeinen größer als die tiefer gelegenen; ebenso auf der ganzen dritten Stirnwindung an der Konvexität bis nahe an die Orbitalfläche, an dem Gyrus rectus und Gyrus rostralis, ferner an der vorderen Insel und ebenso im oberen Scheitelläppchen; während im ganzen übrigen Teile des Stirnhirns, vordere zwei Drittel desselben, im Gyrus transversus insulae, im Gyrus limbicus anterior und posterior, in der Calcarina und im Lobus fusiformis und am Temporalpol die tieferen Zellen die größeren sind. Im übrigen Gehirn sind große und kleine miteinander in V vermengt. Nun ist aber nicht überall, wo eine gewisse Scheidung der Zellen in V nach der Zellgröße stattfindet, die Bildung einer wirklichen Unterschicht ohne weiteres sichtbar. Dieselbe hängt davon ab, daß die Schichtung nach den Zellformen auch eine Änderung der Dichtigkeit bedingt; eine solche findet nun an der V. Schicht in ausgedehnten Hirngebieten statt, und zwar stets so, daß die obere Schicht die dichtere ist, die untere die lockerer gefügte, im Zellbilde lichtere, gleichgültig ob, je nach dem oben Gesagten, die obere, dichtere die zellkleinere oder zellgrößere ist. (Nur im allogenetischen hinteren Uncusgebiet ist die V. in der Mitte am dichtesten; Abb. 81, 82 u < m > o.) Eine solche sichtbare Zweiteilung der V. Schicht findet am Frontalhirn an seinen vorderen zwei Dritteln statt (an der dritten Stirnwindung auch in ihrem hinteren Abschnitt), dann an der ganzen Insel, auch am Gyrus transversus insulae, dann am ganzen Lobus limbicus superior, ferner am oberen Scheitelläppchen, am Lobus fusiformis und der Calcarinarinde, während im übrigen Occipitalhirn, unteren Parietalhirn, temporooccipitalen Gegend, Temporalhirn und Pol und hinterer Zentralwindung eine laminäre Unterteilung nicht vorhanden ist. Je nach dem vorher Gesagten kann man sich nun zusammenstellen, wo die zelldichte obere Lage Va auch die zellgrößere ist und wo die lockere Vb die zellgrößere ist. Bloß im oberen Scheitellappen, ferner auf der dritten Stirnwindung und der an sie grenzenden vorderen Insel, außerdem am Gyrus rectus und rostralis ist die obere Lage die zellgrößere, während am Gyrus transversus insulae und sonst überall, wo eine Unterteilung vorkommt, die obere dichtere Lage von Va die zellkleinere ist. Wo keine Unterteilung sichtbar ist, sind meist große und kleine Zellen über den ganzen Querschnitt der V. gleichmäßig verteilt, nur im Gebiete der Area FB, d. h. im vorderen Teil des hinteren Drittels des Frontalhirns, sind die größeren Pyramidenzellen in V oberflächlicher gelegen. So zeigt das Stirnhirn also in seinem ganzen granulären Teil auf der ersten und zweiten Frontalwindung eine gespaltene V Schicht mit einer zelldichten und zellkleinen oberen und einer zellockeren, lichten und zellgroßen, tieferen Unterschicht; nur im mittleren Drittel der zweiten Frontalwindung ist mitten auf ihr, dorsal von der Pars triangularis der dritten Frontalwindung, ein kleines Gebiet, in dem keine Aufhellung und keine Zweiteilung der V. Schicht erfolgt und wo auch die Zellen gleichmäßig über den Querschnitt der V. verteilt sind; am Stirnpol wiederum ist die Lagerung der Zellen in V. nach der Größe und Dichte mancherorts so genau durchgeführt, daß man eine Dreiteilung - Va kleine Zellen, Va mittlere Zellen, Vb große Zellen - unterscheiden könnte (s. Tafel XXXI); auf Abb. 81, 82 ist diese Dreiteilung durch alternierend starke Schraffierung markiert.
Bau des Neocortex. l67
Diese Unterschichtung ist, wie gesagt, recht gut sichtbar, individuell zeigt sie einige Verschiedenheiten; am auffallendsten ist jedoch diese Unterschichtung an jenen Stellen, die in der Umgebung des sog. Riechhirns sind, also auf dem Carrefour olfactif, auf den frontolimbischen Übergangswindungen, dann auch auf dem Gyrus limbicus sup. ant., zum Teil auch im Gyrus limbicus sup. post.; hier ist überall die V. Schicht wie sonst in eine zelldichtere und zellkleinere Va und eine zellockere Vb geschieden, wobei aber die Va aus so dicht zusammengestellten mittelkleinen Pyramidenzellen besteht, daß sie an etwas dickeren Schnitten wie ein die Rinde quer teilendes Band aussieht, das vielerorts auffälliger ist als die IV. Schicht und besonders auch absticht infolge der Aufhellung der Vb-Schicht darunter. Abb. 79, 80 zeigen das Vorkommen dieses Zellbandes der V. durch radiäre Schraffierung schematisch für die ganze Hirnoberfläche an. Man betrachte z. B. die Tafel XL (BROCAS Carrefour olf.), wie auffallend die dichtstehenden, mittelkleinen Pyramidenzellen der Va ein horizontal laufendes Zellband bilden, das nach rechts bis zum Rindensaum läuft, während darunter in Vb die typischen, überschlanken Pyramidenzellen dieser Region locker gefügt sind. In Tafel XLVI und XLVII sieht man dieses Zellband Va an der Kuppe des vorderen Gyrus cinguli, in Tafel XLIX an der Kuppe des Gyrus cinguli rückwärts; auch im Gebiete der Retrosplenialgegend am hinteren Balkenrande (Tafel LII Bild 2) ist die Va-Schicht beinahe bandartig. Zeichnet also dieser bandartige Streifen von Va den ganzen Gyrus limbicus in seinem oberen Teil, besonders nahe seiner inneren Grenze gegen den allogenetisch gebauten Gyrus intralimbicus aus und auch seine ideale Fortsetzung auf das Carrefour olfactif von BROCA, das ebenfalls gegen den allogenetisch gebauten Gyrus subcallosus und Gyrus geniculatus abfällt, so finden wir es andererseits auch an der Hirnbasis in der Nähe des Rindensaumes, d. h. der lateralen Olfactoriuswurzel, und zwar am Gyrus transversus insulae (Tafel XLII und XLIII) recht ausgesprochen. Weit besser jedoch als an diesen Rindenteilen, welche den inneren Rindensaum umgrenzen, ist dieses Band der Va konzentrisch nach außen vom eigentlichen Gyrus cinguli, und zwar auf der frontolimbischen Übergangswindung ausgeprägt; man nehme der Reihe nach die Tafeln XL, XLIV, XXVI und XVII zur Hand, die vier Schnitte darstellen, welche senkrecht zur Balkenkrümmung nach außen vom Gyrus cinguli durch die frontolimbischen Windungen geführt sind; an allen vieren, besonders an den letzteren, sieht man noch viel deutlicher als an den früheren Tafeln des Gyrus limbicus die Va-Schicht durch ihren Zellreichtum, ihre Dichte, ihre reihen- und gliedmäßige Aneinanderstellung der Zellen unter allen anderen Schichten als dunkles, auffallendstes Band hervortreten. Ähnlich ist auf Tafel XLVIII dies für den hinteren Gyrus limbicus - angrenzend an das Parietalhirn - zu sehen. Noch übertroffen wird aber die Deutlichkeit der Ausprägung dieses Zellbandes der oberen V. Schicht durch seine Entwicklung in der Inselrinde, besonders an der der vorderen Insel. Man sehe sich Tafel LIV und LV an. Bei etwas dickeren Schnitten von 40 µ wäre infolge der Dichtigkeit des Bandes Va dasselbe als tiefblauer, lückenloser, breiter Strich zu sehen, in dem man zwischen den Zellen kaum noch einen freien Zwischenraum sehen würde. Dieser „Inselgürtel", wie wir ihn genannt haben, ist an gefärbten Hirnschnitten mit freiem Auge schon ohne weiteres zu sehen; bei der Besprechung des Inselcortex im speziellen Teil werden wir noch darauf eingehend zurückkommen, hier sei nur noch so viel angedeutet: unmittelbar unter und vor diesem Inselcortex (der diese Gürtelbildung also noch schöner zeigt als der Cortex der frontolimbischen Übergangswindungen) grenzt an ihn der Cortex der frontalen und basalen Inselfläche des Gyrus transversus insulae; letzterer zeigt große Ähnlichkeit in seinem Bau besonders in dem der V. Schicht (Stab- und Korkzieherzellen, Agranularität, Va usw.), mit dem Gyrus cinguli, und es wäre möglich, daß hier eine Parallele in der Beziehung des frontolimbischen zum limbischen Cortex und weiter zum Allocortex des Gyrus intralimbicus bestände einerseits und andererseits zwischen Inselcortex, Gyrus transversus insulae und daran angrenzendem basalen Allocortex (Gyrus olfactorius lateralis und Substantia perforata). Wie dem auch sei, die bandartige Va-Lage ist eine Formation für sich, welche entweder im Riechhirn selbst vorkommt oder zum mindesten nachbarliche Beziehungen zum sog. „Riechhirn" aufzeigt. Angedeutet finden wir sie auch in der Rinde des Sulcus olfactorius und Gyrus rectus. Aber auch im Allocortex striatus, speziell in der Formation des Uncus, kommt dieses Gürtelband in der V, vor, in der hinteren Partie desselben sogar von zwei zellosen Streifen oben und unten gleichsam eingerahmt, und dieses Zellband setzt sich sogar eine Strecke weit in den Isocortex hinein fort (Tafel CVI und CVII).
l68 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Dies führt uns zur Frage über die Beziehungen der V. Schicht zum allogenetischen Cortex. Daß auf die Teile des allogenetischen Cortex, die man Cortex striatus nennt, alle Rindenschichten mit Ausnahme der IV. übergehen können, haben wir bei Besprechung der I., II. und III. schon angedeutet, es geht auch die V. Schicht auf sie über, z. B. in der Uncusformation (Tafel C und CI, CV usw.). Auch auf den Cortex rudimentarius, als den man wohl das auf den Balkenrücken sich umschlagende Rindenstückchen (des Gyrus intralimbicus) bezeichnen muß, setzt sich, wie auch aus Tafel XL, XLVII, L und LII mit großer Wahrscheinlichkeit zu entnehmen ist, die V. Schicht fort und nimmt an seinem Zellaufbau teil; großenteils scheint mir allerdings die Va nicht mehr auf den Balkenrücken zu gelangen, sondern eher bloß die schlanken Zellen aus der Tiefe von Vb. Nun ist dieser lamelläre Cortex auf dem Balken (Gyrus intralimbicus) zum Teil nur eine Fortsetzung der Ammonsformation. Aber es ist, wie mir scheint, heute noch unentschieden, ob die V. Schicht sich auf die Rinde des Cortex rudimentarius der Ammonshornformation tatsächlich fortsetzt oder ob bloß die VI. Schicht hinüberzieht. Bilder, wie sie Tafel CII3 und CVII-CXII geben, ließen es als wahrscheinlich erscheinen, daß die großen Pyramidenzellen des rudimentären Cortex der Ammonsformation HE mit den überschlanken Pyramidenzellen der V. Schicht der Nachbarschaft HD direkt in Zusammenhang stehen, während nur die dünnen Lagen tiefster und meist schon horizontal gestellter spindelförmiger Zellen unterhalb dieser schönen Pyramidenzellen des Ammonshorns die Fortsetzung der VI. Schicht zu sein scheinen. Andererseits sieht man wieder Bilder wie Tafel CV (Uncusgegend), auf welchen die V. Schicht in der oberen Wand der mittleren Windung 2 des Uncus am Kuppenwinkel anscheinend endet; unter ihr scheint dann bloß die VI. Schicht ihre Fortsetzung zu finden und in weitem Bogen in die Kuppe 1, der Endigung der Ammonsformation im Gyrus digitatus unci, einzuziehen und schließlich mit den Zellen des Cortex primitivus der Kuppe 1', die bloß aus einer Molekularschicht und aus Zellen des N. amygdalae besteht, zu verschmelzen. Solche Bilder scheinen wieder BRODMANNs Annahme zu bestätigen, der nach eingehendem Studium auch an Tieren meint, daß bloß die VI. Schicht an der Ammonsformation teilnehme. Vielleicht hat aber diese Frage weniger Bedeutung, als wir ihr heute im allgemeinen beimessen. Eine Rindenschicht wie im Neocortex wird an dieser Stelle im embryonalen Hirn jedenfalls nicht gebildet (s. S. 104-108), also jedenfalls auch nicht zwei Fundamentalschichten, wie CHR. JAKOB, oder zwei Staffeln, wie LANDAU sich ausdrückt und wie sie sich in der Anlage des Neocortex finden. Sondern es entwickelt sich hier bloß eine einzige Staffel; daß diese Neuroblasten nun, die die Ammonsformation bilden, ihrem Wesen nach den Zellen der V. näherstehen als denen der VI., nachdem sie schöne, große, überschlanke Pyramidenzellen bilden, wie wir sie sonst in der V. zu sehen gewohnt sind, ist höchstwahrscheinlich. Hier müssen eingehendere embryologische und phylogenetische Studien Licht bringen. (Über die Auffassung, daß die subiculäre und die Ammonsformation eine Nebeneinanderschaltung von zusammengehörigen Schichten darstellen, statt einer Übereinanderschaltung, wie wir sie sonst im Cortex finden, also gleichsam eine Verzerrung der Hirnschichten in horizontaler Richtung, darüber wollen wir im speziellen Teil im Kapitel 13 über die hippocampischen Bildungen sprechen.)
Bau des Isocortex. 169
Von sonstigen Eigentümlichkeiten des Baues der V. Schicht wäre noch die radiäre Streifung zu erwähnen. Wir haben schon gelegentlich der Erwähnung der radiären Zellordnung (s. S. 77) im allgemeinen erwähnt, daß die beiden unteren Schichten gewöhnlich infolge der Einstrahlung der Markbündel eine gewisse radiäre Streifung aufweisen; die V. tut dies in geringerem Maße als die VI., aber immerhin im allgemeinen deutlich genug und besser als die höher gelegenen Schichten der Rinde; es genügt, wenn wir daher auf die allgemeinen Verhältnisse der Streifung, wie sie auf Abb. 45, 46 schematisiert wiedergegeben sind, hinweisen, indem wir hinzufügen, daß sie speziell für die V. (und auch für die VI.) Schicht sich so verhalten, wie dort dargestellt. Dies gilt auch für die feine Streifung im unteren. Parietallappen und der ersten Temporalwindung und für die gröbere Streifung des eigentlichen Temporallappens (T2 und T3); letztere greift auf der caudalen Fortsetzung der zweiten und dritten Temporalwindung auch auf den Gyrus angularis, und zwar auf dessen untere Partien, etwas über. Nur betreffs des Occipitallappens wollen wir noch erwähnen, daß hier die Zellen der V. sich - (außerhalb der Calcarinarinde) - radiär zu plumpen, kurzen Säulen, sog. Sockeln ordnen, die mit denen der VI. Schicht gemeinsam eine für den Occipitallappen recht typische Bildung formen (s. Näheres 11. Kap. A. 2, §4, V und VI).
Aus dem Gesagten geht also hervor, daß die V. Schicht nächst der Körnerschicht wirklich die wechselvollste Schicht ist, auch was ihren Zellbau anbelangt. Solche Unterschiede, wie sie die Zellen der V. des Occipital- und jene der V. des Frontallappens bieten, finden sich kaum in einer anderen Schicht und machen es wahrscheinlich, daß, obschon sie da und dort ein und derselben „ganglionären" Schicht angehören, sie doch eine ganz verschiedene physiologische Bedeutung und Wirkung haben müssen.
Die Breite dieser Schicht, die Größe ihrer Zellen und ihre spezielle Anordnung unterliegt auch bei den Tierklassen nach BRODMANN den größten Schwankungen; leider hat dieser Autor seine vergleichenden diesbezüglichen Ausführungen bloß auf die Betzschen Riesenpyramiden der vorderen Zentralwindung beschränkt; diese wollen wir später bei der arealen Beschreibung dieser Gegend (FAγ S. 275), soweit sie von Interesse sind, dort erwähnen.
170 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Die Spindelzellenschicht, Lamina fusiformis, auch Lamina multiformis, Schicht der polymorphen Zellen genannt, verdient beide letzteren Namen eigentlich gar nicht. Sie gehört nämlich sowohl ihrem Vorkommen als ihrem Zellaufbau nach mit der I. zu den konstantesten Schichten des Gehirns. Sie besteht mit wenigen örtlichen Ausnahmen, die wir später nennen werden, beim Menschen so gut wie immer ausschließlich aus Spindelzellen; und zwar zerfällt sie überall in eine obere, dichte Lage größerer Spindelzellen und eine viel lockerere, tiefere und breitere Lage kleiner Spindelzellen. Im mittleren Durchschnitt sind in der oberen VIa-Schicht 25-40 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-20-30 / 10-15 µ Größe und in der unteren VIb-Schicht 10-20 Zellen pro 0.1 mm3 von 10-15 / 7-10 µ Größe. Im allgemeinen nehmen die Spindelzellen von der unteren Grenze von V angefangen, wo die größten Spindelzellen meist zu finden sind, nach der Tiefe zu progressiv an Größe und auch an Zahl ab. BRODMANN bezeichnet die VIa als Lamina triangularis, weil sie angeblich aus dreieckigen und sternförmigen Elementen besteht, und die VIb als Lamina fusiformis wegen der Spindelzellen; diese Einzelheiten entsprechen wenigstens beim Menschen nicht den gewöhnlichen Tatsachen. Man kann sich von Tafel I bis zu Tafel CXII von der Spindelzellenform der VIa-Schicht sowohl wie von VIb als Grundtypus überzeugen, von dem es bloß einige ganz wenige Ausnahmen gibt. Der Unterschied der VIa und VIb liegt bloß in ihrer Dichtigkeit und Zellgröße; die VIb ist jener Teil der VI. Schicht, der ins eigentliche Markgewebe der Windung mit seinen kleinen Zellen hineinreicht und allmählich der Tiefe zu dort aufhört, wo eigentliches Rindengrau nicht mehr diese verstreuten Zellen untereinander verbindet; soweit dagegen in der VI. Schicht das Rindengrau in die Tiefe reicht, zähle ich die VI. Schicht. Hier fangen auch schon die massenhaften Gliazellzüge an, die das Mark charakterisieren (s. S. 39). An überfärbten Schnitten sieht man diese Grenze leidlich gut. Die Grenze zwischen VIa und VIb ziehe ich dort, wo das dichtere Gefüge der Spindelzellen sich aufzulockern beginnt; z. B. an Tafel XXXI ist an der Kuppe der Windung die Grenze zwischen V und VI in der Höhe von 21 cm zu finden; an dem hier quer verlaufenden Blutgefäß reicht die VIa von da bis zur Höhe von 17.5 cm herab; hier lockern sich die Zellen der VI. auf, und es beginnt VIb, das nach abwärts bis zur Höhe von 14.5 cm reicht, wo schon zahlreiche Gliakernzüge den Markkörper andeuten. Die VIb-Schicht schickt ihre Zellen nach abwärts zwischen die Markfaserbündel des Windungsmarkes, aber noch weiter, und zwar recht weit hinein, beinahe über das ganze Bild; es gibt Windungen (vordere Zentralwindung, hinterer Teil der Frontalwindungen, Temporalwindungen usw.), wo noch Spindelzellen über ein Vielfaches der Rindenbreite hinaus in der Tiefe des Markes der Windung immer noch zu finden sind; irrtümlich ist dies einmal sogar für pathologisch - (sogar für pathognomonisch für Epilepsie) - angesehen worden; doch stimmt dies nicht, und eigentlich findet man in vielen Windungen vereinzelte kleine Zellen zwischen den Markfasern bis hinab, soweit die Windung reicht; auch an Tafel XXXI sieht man sie als dunkle Spindeln zwischen den kleinsten Gliakernen des Markes; erst Zellen, die in der Corona radiata zu finden wären, müsste man als abnormes Vorkommnis ansehen. Aber die untere Grenze der VIb-Schicht können wir doch nicht so tief annehmen, als die letzten Zellen der VIb ins Mark reichen, sondern wir nehmen als untere Grenze jene Gegend an, wo, wie gesagt, im Zellbilde das Bild von den ungezählten Gliakernzügen, die die Markfasern begleiten, eingenommen zu werden beginnt, z. B. im Bild der Tafel XXXI in der Höhe zwischen 14 und 15 cm unseres Bildes an der Breitenkoordinate von 19.5 cm. Daß eine solche Grenzbestimmung, sowohl die zwischen VIa und VIb als die untere Grenze der VIb, immer etwas Willkürliches, vom jeweiligen Untersucher Abhängiges an sich hat, haben wir S. 38 schon genügend beleuchtet, immerhin ist die Ungenauigkeit, die man dabei begeht, nicht sehr bedeutend. Die VIb-Schicht entspricht ihrer Entwicklung gemäß nicht eigentlich dem unteren Teil der embryonalen Rindenschicht (s. S. 89), sondern dem Teil der aus der Matrix auswandernden Neuroblasten, die unmittelbar unter dieser Nervenzellschicht auf ihrer Wanderung zur Oberfläche knapp vor Erreichung der Rindenschicht hier liegenbleiben, also in der sog. oberen Zwischenschicht. Wahrscheinlich aus diesem Grunde hält sich VOGT für berechtigt, gerade auf Grund embryologischer Studien sie als eigene, siebente Schicht anzusprechen, was wir aus praktischen Gründen lieber vermeiden wollen. Diese Entstehung erklärt auch das individuell in seiner Häufigkeit etwas variierende Vorkommen von Spindelzellen in der Tiefe des Markes und die Möglichkeit einer evtl. pathologischen Entwicklungsanomalie in dieser Richtung.
Bau des Isocortex. 171
Ganz besonders tief reichen die Zellen der VIb-Schicht ins Mark im Gebiete der Inselrinde; hier reichen die Zellen der VIb-Schicht über die untere Grenze der VIb durch das ganze Mark der Capsula extrema bis an das Claustrum, wie man an Tafel LIV an der vorderen und an Tafel LVII an der hinteren Insel erkennen kann. Aus dieser Verbindung hat BRODMANN das Claustrum, ebenso wie einst MEYNERT, als einen abgesprengten Teil der Rinde, als einen Teil der VI. Schicht ansehen wollen. Schon die embryonale Anlage des Gehirns zeigt an der Stelle, wo später die Insel sich bildet, lateral von der lateralen Olfactoriuswurzel (s. Abb. 66 Bild V und VI und VII ), daß die zellreiche Zwischenschicht viel breiter ist als an anderen Rindenstellen und eigentlich mit den tiefen Gebilden, die aus der Matrix entstanden sind, d. h. den Kernen des Striatum, länger in zelligem Zusammenhang bleibt, sowie auch zu den basalen, allogenetisch angelegten Gebilden an der Basis in naher Beziehung bleibt, aus denen der Gyrus olfactorius lateralis, die Substantia perforata, der Uncus entstehen. Das Claustrum entwickelt sich nun an dieser Stelle, wohl aus der Matrix wie das Corpus striatum und bleibt mit diesem auch in gewisser Verbindung (LANDAU). Die Zwischenschicht der Rinde dieser Teile bleibt auch bei ihrer abnorm großen Breite mit den tiefen Teilen und somit mit dem Claustrum in Verbindung, so wie ja auch die Zellen an der medialen Seite der lateralen Olfactoriuswurzel auf Abb. 66 Bild IV sich bloß locker und allmählich in der Tiefe auflösen, an der Stelle, wo sich später die Substantia perforata und der temporale Pol entwickeln; aber aus einer solchen Gleichartigkeit des Ursprungs darf man wohl ebensowenig schließen, daß das Claustrum ein Teil der Rinde ist, als daß es einen Teil des Nucleus lenticularis bildet; wohl aber ist das Verhalten der VIb-Schicht der Inselrinde, die in die Tiefe bis zum Claustrum Zellen sendet, ein für eine isogenetische Rinde abnormes Verhalten, welches seine Begründung eben darin findet, daß diese Rinde sich gerade an der Grenze der allogenetischen Rinde entwickelt und daher in gewissem Sinne anders als gewöhnlich gebaut ist, und sogar zu der allogenetischen gezählt werden könnte, wenn nicht später an ihr die sechs Schichten so deutlich sich zeigen würden. Von einer Spaltung der VI. Schicht in VIa, VIb, und VIc = Claustrum kann aber somit keine Rede sein, und eher als zur isogenetischen Rinde mit einer Heterotypie durch Schichtenspaltungen könnte man die Inselrinde gewissermaßen, wie gesagt, als allogenetischen Cortex striatus ansprechen. Näheres über das Verhalten des Claustrum und der Insel siehe im speziellen Teil S. 484.
Wir haben schon bei Besprechung des Verhältnisses jeder Schicht am Windungsquerschnitt erwähnt (S. 111, Abb. 67), daß die VI. Schicht, welche am Culmen gewöhnlich die breiteste und bedeutendste Schicht ist und eine besondere Entfaltung hat, deren Zellen hier schön senkrecht gegen die Oberfläche mit ihrer Spitze orientiert sind, in der Windungswand schon sehr schmal ist und im Tal (s. Tafel XXV) ganz abnorm schmal wird, ja bis auf einen Saum, der kaum ein Achtel ihrer Dicke am Culmen ausmacht, beinahe verschwindet; in diesem schmalen Streifen, den die VI. im Tal bildet, liegen die spärlichen, kleinen Spindelzellen horizontal. Der Unterschied dieses Verhaltens zu allen anderen Schichten ist ein so auffallender, die Differenz zwischen der Culmenentwicklung und der Talverkümmerung eine so bedeutende, daß gerade darin ein Moment von Bedeutung für die Entstehung der Windungen überhaupt liegen muß und daß uns die Windung als solche gerade deswegen als ein eigenes Organ vorkommt mit verschiedener Teilfunktion am Culmen, an den Wänden und im Tal; dieses Verhalten wirft schon allein ein Licht auf die physiologische Bedeutung, welche die Windungsformung, die Bildung von Übergangswindungen, Brückenwindung usw. für alle Großhirnvorgänge haben muß. In gewissem Grade schließt sich auch die V. Schicht diesem Verhalten und der Bedeutung der VI. Schicht an, da sie auch, wenn auch in viel geringerem Maße, diese Änderungen mitmacht (s. darüber 4. Kapitel A 2, S. 115, 116 und später S. 227).
172 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Abgesehen von dem Wechsel in jeder Windung ändert die VI. auch ihre Dicke in den verschiedenen Hirnregionen und Arealen ebenso wie jede andere Schicht in ziemlichem Maße. Ihre Maximum-Minimum-Schwankungen halten zwischen 1.7 mm und 0.3 mm, das sind also sehr ansehnliche Differenzen; dabei ist es jedoch wichtig zu beachten, daß ein guter Teil dieser Differenzen, vielleicht der größte, auf Rechnung der VIb-Schicht geht, die, je nachdem, ob sie gegen das Mark gut abgegrenzt ist oder bloß sehr allmählich sich ins Mark auflöst, eine geringere oder größere Breitenziffer aufweist. Drei Maxima zeigt die Dicke der VI. Schicht, wie man an Abb. 83 und 84 sieht, die durch die Intensität der Tönung die regionale Dicke der VI. Schicht schematisch übersichtlich wiederzugeben versucht; das erste und höchste mit einer Breite von 1.7 mm ist auf der Kuppe der vorderen Zentralwindung, nahe der Mantelkante, das zweite mit 1.5 mm am Temporalpol, das dritte mit 1.4 mm an der frontoorbitalen Inselpartie (Gyrus transversus insulae); und drei Minima, und zwar in den drei granulösen Gebieten des isogenetischen Cortex, und zwar im Koniocortex der hinteren Zentralwindung (0.30-0.40 mm), der Calcarina (auch 0.35 bis 0.65 mm) und der Heschlschen Windung (0.55-0.65 mm). Von dem Maximum (1.7 mm) auf der vorderen Zentralwindung in der Nähe der Mantelkante nimmt die Dicke der VI. sehr allmählich polarwärts und ventralwärts ab, derart, daß am Stirnpol und an der Pars triangularis die Dicke nur mehr 0.8 mm beträgt; hier begegnet man schon der von den Orbitalteilen ausgehenden neuerlichen Verdickung, die ihr Maximum am Gyrus transversus insulae mit 1.4 mm hat und etwas auf die Orbitalfläche des Stirnhirns einerseits, auf die vordere Insel andererseits übergreift. Vom Temporalpol mit 1.5 mm sieht man die relativ gut entwickelte VI. über die zweite und dritte Frontalwindung sich ausbreiten und bis in den unteren Gyrus angularis reichen; im übrigen Parietallappen, unten und oben, bleibt die Gesamtbreite der VI. zwischen 1.0 und 1.2 mm (mit Ausnahme des Koniocortex und der Vorderwand der Centralis posterior. Auf der zweiten und dritten Temporalwindung ist die VI. von sehr guter Breite, dagegen ist sie sonst im Temporallappen, und zwar im Gyrus fusiformis, Gyrus hippocampi schmal, und eben so auf der ersten Temporalwindung; besonders im Koniocortex der Heschl, wo sie bloß 0.6 mm beträgt; ferner ist sie gering (0.9 mm) im temporooccipitalen Übergangsgebiet (des Parietallappens) und nimmt progressiv hier und rapid bis zum Koniocortex der Calcarina ab; an der Calcarina selbst sinkt sie plötzlich von 0.80 auf 0.60 mm und darunter bis 0.35 mm! An der Medianfläche des Gehirns ist die VI. (sowie ja auch die ganze Rinde) um ein gutes Stück schmäler; auffallend ist hier die relativ starke Breite im vorderen Lobus limbicus, die caudalwärts abnimmt. Hier ist auch zu sehen, daß im Gebiete des Koniocortex des Retrospleniums und des Hippocampus die VI. sonderbarerweise nicht wie in den drei vorgenannten granulösen Formationen (Centralis posterior, Heschl, Calcarina) abnimmt (Tafel CIX).
Bau des Isocortex. 173
Abb. 83 und 84. Regionärer Wechsel in der Dicke der VI. Schicht (Spindelzellenschicht) an der ganzen Hirnoberfläche durch die Tiefe der Tönung schematisch zum Ausdruck gebracht; die dunkelsten Stellen sind auch die dicksten.
174 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Sehr verschieden ist auch die Schärfe, mit der die VIb-Schicht gegen das Mark sich abscheidet. Während z. B. in der vorderen Zentralwindung die Begrenzung ganz unscharf ist und eigentlich die Zellen von VIb sich uferlos und allmählich ins Mark verlieren, ist die VIb in der Calcarina ganz scharf gegen das Mark abgegrenzt. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß die schmalen Rindenpartien schärfer gegen das Mark abgesetzt sind. Diesbezüglich kann man ferner noch feststellen, daß im ganzen hinteren Drittel des Frontalhirns - wo die VI. so breit ist - die Abgrenzung gegen das Mark ganz unscharf ist. Im mittleren Drittel ist die Abgrenzung gut, am Pol selbst wieder nur mehr mittelscharf und dann an den hinteren Orbitalteilen des Stirnhirns, sowie noch mehr in der Insel (Claustrum VIb!) unscharf. Auch am Temporalpol, wo die Breite der VI. so stark ist, ist die Grenze gegen das Mark unscharf, ebenso an der zweiten und dritten Temporalwindung bis hinauf in den Gyrus angularis, während auf der ersten Temporalwindung, auf dem Lobus fusiformis, die das Temporalgebiet einfassen, die Begrenzung etwas schärfer ist, ungefähr mittelscharf; in dem Gyrus supramarginalis und im oberen Scheitelläppchen ist sie ebenfalls mittelscharf, und zwar im oberen Scheitellappen stellenweise recht scharf sogar. Am schärfsten im ganzen Parietallappen ist sie natürlich im Koniocortex der Centralis posterior; an der Kuppe jedoch ist sie ebenso unscharf wieder wie in der hinteren Partie der Frontalwindungen; am genauesten läßt sich die Grenze zwischen Rinde und Mark im Occipitallappen ziehen, und zwar besonders in der Calcarina; hier ist der Übergang von der an und für sich schon scharfen Begrenzung im übrigen Occipitallappen zu dem sehr scharfen in der Calcarina ein ganz plötzlicher, so daß scheinbar eine Stufe entsteht (s. Tafel LXXXV oder Abb. 136). An der Medianfläche ist die Begrenzung im allgemeinen eine schärfere bis auf den vorderen Lobus limbicus, wo die Begrenzung beinahe ebenso unscharf ist wie im rückwärtigen Drittel des Frontalhirns. Die scharfe Abtrennung gegen das Mark ist also in den drei granulösen Bildungen der isogenetischen Rinde, also im Koniocortex der Centralis posterior, im Koniocortex der Heschl und im Koniocortex der Calcarina am besten sichtbar, in den beiden anderen Koniocortex, und zwar Retrosplenialis und Hippocampi, weniger.
Die Variabilität der Zellzusammensetzung der Spindelzellenschicht ist eine viel geringere als die der übrigen Schichten. Immerhin sind einige dieser Zellformen erwähnenswert. Den Grundstock der Zellen bilden die Spindelzellen, wir haben sie eingehend schon S. 51 besprochen; auch besprachen wir dort ihre Golgibilder nach CAJAL. An den oberen Grenzen gegen die V. sind meist auch Pyramidenzellen in der VI. zu sehen, ebenso wie in der Tiefe der V. Schicht Spindelzellen zu sehen waren; außerdem sind aber auch viele Spindelzellen hier statt spindelförmig rund, doch auch dreieckig-spindelig; in der Tiefe verliert sich das wieder. Die größten Spindelzellen finden sich dort, wo die VI. Schicht am breitesten ist, d. h. im hinteren Frontalhirn, im Orbitalen Frontalhirn und im vorderen Temporalhirn und auf der temporalen Konvexität der zweiten und dritten Temporalwindung, und zwar immer auf der Windungskuppe. Hier stehen die Spindelzellen mit ihrer Längsachse schön parallel zu den einstrahlenden Markstrahlen, also radiär gestellt, und zeigen selbst durch ihre Aneinanderreihung eine Art radiärer Streifung der VI. an. Doch ist auch hier die Spindelzellenform nicht überall ganz gleich schön entwickelt. Gerade im Frontalhirn z. B. sind zwar die größten Spindelzellen wohl auf der vorderen Zentralwindung, denn ihre Größe nimmt polarwärts etwas ab; trotzdem unterliegen auf der Centralis anterior selbst und in dem caudalsten Teil der Frontalwindungen auch die Spindelzellen zum Teil der allgemeinen Tendenz der Zellen dieser Gegend, sich zu Pyramidenzellen umzubilden, und viele von ihnen nehmen Pyramidenform an oder weisen wenigstens eine Zunahme der Dreiecksspindelform in diesem hintersten Teil des Stirnhirns auf (Tafel VI). Etwas weiter frontal dagegen, wo die Zellen schon um ein geringes kleiner werden, weisen sie die Spindelform (also im vorderen Teil des caudalsten Drittels des Frontalhirns) am schönsten wieder auf. Im mittleren Drittel des Stirnhirns dagegen werden sie eigentümlich protoplasmareich und zeigen eine mehr ovoide Form (Tafel XVIII); erst an der Orbitalfläche des Stirnhirns (Tafel XXXIII) und der prätriangulären Umbiegungskante werden die Zellen der VI. dann wieder zu schmalen, langen Spindeln, die aber hier kleiner sind als im caudalen Frontalhirn. Diese Spindelform, eigentümlich schmal und flachgedrückt, finden wir dann als Charakteristikum der VI. der Orbitalrinde und des Gyrus transversus insulae. In all den genannten frontalen Teilen, zu denen diesbezüglich auch die Insel gehört, sind trotz der guten Entwicklung der Spindelzellen dieselben im allgemeinen kleiner als die Pyramiden der V. Schicht, da letztere recht groß sind. Ebenso ist es, wie schon früher gesagt, im oberen Scheitelläppchen (Tafel LXVIII). Hier im oberen Scheitelläppchen zeigt jedoch ausnahmsweise die oberste Lage der VI., die ja auch sonst viele dreieckig-spindelige größere Zellen aufweist, in solcher Anzahl und Größe solche dreieckige Zellen, daß wir diese Lage als VIa1 von den tieferen gewöhnlichen Lagen VIa2 und VIb abtrennen. Am Pol und an der Konvexität des Temporallappens, besonders im Gebiete der zweiten und dritten Temporalwindung, sind die Spindelzellen von gut ausgeprägter Größe und Spindelform, im Temporalpol selbst (Tafel XCVII) zeigen auch die Zellen der VI. Schicht etwas die allgemeine Tendenz der Zellen dieser Gegend, die Tropfenform anzunehmen, so daß die Zellen der VI. und der V., obschon erstere kleiner sind, an der Grenze der beiden Schichten schwer voneinander zu unterscheiden und abzugrenzen sind. Nach rückwärts zu verliert sich diese Eigentümlichkeit wieder allmählich und die längliche Spindelform bildet wieder die Hauptmasse mit schönen, relativ großen Zellen, etwas kleiner als V; zwischen den großen Spindelzellzügen ziehen breite Markradii; dieses Bild der breiten, streifigen, großzelligen VI. Schicht, das wir auf T2 und T3 finden, unterscheidet sich sehr auffallend vom gleich zu besprechenden, unteren, kleinzelligen Parietaltypus von VI., den wir schon unmittelbar daneben auf den caudalen Partien von T1 finden und auch im Lobus fusiformis und im temporooccipitalen Übergangsgebiet wieder, sowie dann im ganzen unteren Parietallappen; es steigt aber der großzellige, streifige Temporaltypus der VI. längs der ersten und zweiten Temporalfurche etwas dorsalwärts, den anderen kleinzelligen Parietaltypus durchdringend und sich mit ihm vermischend bis in die ventralen Partien des Gyrus angularis; vergleiche hierzu Tafel LXXXIX, XC, XCI (Temporal), sowie Tafel LXXV und LXXVI (Parietal) mit Tafel LXXII (Gyrus supramarginalis) und Tafel LXXVIII, LXXIX, LXXX (Temporooccipital). Man sieht an den Tafeln, wie die verschiedenen Typen von VI hier ineinander greifen.
Bau des Isocortex. 175
Der breitere, streifige, großzellige Spindelzellentypus, der den Frontallappen sowohl als den eigentlichen Temporallappen auszeichnet, findet sich eigentlich auch auf dem Lobus limbicus superior, wenigstens auf dessen vorderem Teil. In dem letzteren sind die Spindelzellen vielfach derart in die Länge gezogen, daß sie wie in der V. Schicht direkt stäbchenförmig erscheinen (Tafel XLVI und XLVII). Nach rückwärts nimmt auf dem Gyrus limbicus die Zellgröße der VI. allmählich ab, besonders caudal von der ideellen Fortsetzung der Rolandoschen Furche.
Es ist überhaupt typisch für die hinter der Rolandoschen Furche liegenden Hirngegenden, daß auch die VI. Schicht sowie die III. und V. kleinzelliger wird. Sie wird es zwar nicht in dem Maße, wie die beiden genannten Pyramidenschichten, aber doch immerhin deutlich genug; dadurch, daß sie aber occipitalwärts weniger rasch als die V. kleinzelliger wird, kehrt sich gegen den hinteren Hirnpol das Größenverhältnis der Zellen dieser beiden Schichten um, so daß schließlich schon im ganzen Occipitallappen die Zellen der VI., obschon an und für sich klein, doch auffallend größer sind als die Zellen der V.; die Umkehr des Verhältnisses findet im hinteren unteren Gyrus angularis und in der temporooccipitalen Übergangsgegend des basalen Parietalläppchens statt, da in demselben unmittelbar davor die Zellen von V und VI stellenweise schon gleich groß sind, so daß man sie kaum voneinander unterscheiden kann. Außerdem sind in diesem ganzen Gebiete auch die Zellen von VI nicht mehr so schön radiär orientiert, liegen oft mehr in allen möglichen Lagen zueinander und, obwohl die kleine Spindelform auch hier überwiegt, so sind dann auch andere Formen - dreieckförmige, ovoide, sogar fortsatzreiche polygonale Formen - unter ihnen zahlreich genug vorhanden, um das Gesamtbild zu ändern, und diese Änderung steigert sich zusehends, je mehr man sich dem hinteren Hirnpol nähert. Im unteren Scheitellappen und besonders in dem basalen Scheitellappen (temporooccipitale Übergangsgegend) hat dies zur Folge, daß die VI. Schicht sich von der V. kaum oder sehr schlecht abhebt und daß zwischen der guten Abgrenzung der VIb gegen das Mark bis zum deutlich dunklen Strich der IV. Schicht die V und VI beinahe eine einzige gleichmäßige Schicht zu bilden scheint. Für diese allmähliche Änderung der Zellform, in der aber noch immer weiter die Spindelform die erste Rolle spielt, gibt der basale Parietallappen (Tafel LXXIX) und der Occipitallappen (Tafel LXXXIII und LXXXIV) ein Beispiel. Aber nach außen von der Intraparietalfurche, caudal, dorsal und frontal von ihr, d. h. im Occipitallappen, oberen Scheitellappen und auf der hinteren Zentralwindung, wo die V. Schicht wegen geringer Zelldichtigkeit entweder als Ganzes oder in ihrem unteren Abschnitt Vb lichter erscheint, sticht die VIa mit ihrer Zelldichtigkeit und guter Abgegrenztheit nach oben und unten als ein dunkles Zellband im Zellbilde schon recht scharf ab und charakterisiert dadurch ziemlich typisch diese Hirnpartien an der Konvexität sowohl als auch an der Medianfläche des Gehirns.
176 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Außer dieser allgemeinen Umformung finden sich aber noch einzelne lokale Änderungen der Zellen der VI. In der Centralis posterior, sowohl an deren Vorderwand als an deren Hinterwand, besteht der größte Teil der Zellen der VI. Schicht aus kleinen, dreieckigen und Pyramidenzellen; die eigentlichen Spindelzellen treten hier ganz in den Hintergrund, sowohl in der dichten bandartigen VIa- als in der lockeren, ebenfalls schmalen VIb-Schicht; besonders merkwürdig ist auch, daß die Pyramidenzellen der VIb in der Wand der Centralis posterior sogar größer und schöner geformt sind als in der VIa! Bei dem Mangel der V. an Pyramidenzellen im Koniocortex der Centralis posterior hat dieses Verhalten sicher seine besondere Bedeutung. An der Kuppe der Centralis posterior sind aber wieder Spindelzellen. Sonst kommen noch kleine, dreieckige Zellen in größerer Häufigkeit in VI in den mittleren und hinteren Partien der Inselrinde, in der Rinde des Gyrus angularis und ventral von ihm vor (in PG und PH Abb. 19 und 20, Tafel LXXVI bis LXXIX); außerdem noch, wenn auch nicht so ausgesprochen wie in der Centralis posterior, im retrosplenialen Koniocortex und der ganzen angrenzenden Rinde des hinteren Gyrus cinguli. Auch auf der dorsalen (Sylvischen) Wand der ersten Temporalwindung und im Gebiete des Koniocortex der Heschl kommen recht viele, kleine, dreieckige und pyramidenförmige Zellen in der VIa vor; doch ist hier der Unterschied gegenüber der parietalen Umgebung, die ohnehin viele kleine und triangulären Zellen in VI führt, nicht so auffallend wie in der Centralis posterior, so daß wir dieses Vorkommen von dreieckigen Zellen in VI nicht mit Sicherheit als ein allgemeines Charakteristicum des Koniocortex ansehen können. Immerhin kann man jedoch eines sagen: daß im Gebiete des Koniocortex der Centralis posterior, der Heschl und der Calcarina die VI. nicht nur schmäler, sondern auch zelldichter und etwas zellkleiner erscheint und zahlreiche pyramidenförmige Zellen enthält; ganz einwandfrei und auffallend ist dies in der Calcarina der Fall. Hier können wir direkt auch sogar von einer Verkörnelung der VI. Schicht sprechen; die schmale, zelldichte, beinahe homogen aussehende, einschichtige VIa besteht hier wieder aus kleinsten Pyramiden, triangulären und polygonalen Zellen, die kaum größer als Körnerzellen sind, welche sich ihrer Form nach in horizontale Lagen einordnen, wobei sie den Eindruck einer vierten Körnerschicht machen; so hat sie auch MEYNERT als Körnerschicht aufgefasst. Nur die VIb-Schicht enthält hier noch einzelne Spindelzellen (s. Tafel LXXXVI). Obschon am Rande der Calcarina die VI. sich ganz plötzlich verbreitert, etwas großzelliger und radiär gestreift wird, so sind auch in der Umgebung der Calcarina im übrigen Occipitallappen die Zellen der VI. zwar nicht körnig, aber immerhin noch auffallend klein (Tafel LXXXIV) und zu eigentümlichen Zellpaketen zusammengeballt. Vergleicht man dieses Bild der VI. Schicht mit dem der Tafel I, so hat man wieder kaum den Eindruck, daß es sich hier im Occipitallappen und dort in der Zentralwindung in beiden um ein und dieselbe Schicht physiologisch handeln kann, sondern es drängt sich einem unmittelbar die Ansicht auf, daß entsprechend diesem Unterschied im Bau, in der Zellzusammensetzung usw. diese beiden VI. Schichten nur die anatomische Numerierung ihrer Stellung im Cortex gemeinsam haben, aber wahrscheinlich jede eine ganz andere Dignität und Bedeutung haben muß. Auch schon die Form, welche die VI. in der Centralis posterior annimmt, ist recht verschieden vom gewöhnlichen Bild.
Bau des Isocortex. 177
Auch dem allogenetischen Cortex zu ändert die VI. etwas ihre Zellzusammensetzung, und zwar erfolgt das meist derart, daß ihre oberste Lage Dreiecksform annimmt, die untere Lage aber unbestimmt meist horizontal oder eigentümlich schief gestellte, manchmal gestreckte, manchmal gekrümmte, kahnartige oder gewundene Formen zeigt, die die ursprüngliche Spindelform nur noch erraten lassen; diese letzteren Zellen sind meist spärlicher, verlieren sich allmählich im Mark und bilden keine deutliche Schicht, wie in der isogenetischen Rinde; derart verändert hängt die VI. Schicht mit den Zellen des allogenetischen Cortex zusammen. Wenn es über die anderen Schichten zweifelhaft ist, ob sie sich auf den Allocortex fortsetzen oder nicht - wir verweisen diesbezüglich auf das S. 139 und 168 Gesagte -, so ist die VI. Schicht wenigstens jedenfalls ohne weiteres in sichtbarem Zusammenhange damit. Im Allocortex allerdings haben die Zellen nicht mehr Spindelzellencharakter, sondern einen sehr verschiedenen, und die Schicht verbreitert sich manchmal ganz bedeutend, so z. B. im Ammonshorn, wo sie aus ganz großen Pyramidenzellen besteht, die eine ganz dichte zellreiche und zellgroße Schicht bilden, an deren untersten Saum bloß einige horizontale kleine Spindelzellen noch zu sehen sind. Mancherorts kann diese dichte Pyramidenschicht, mit der I. überkleidet, allein ganze Gyri bilden, z. B. am caudalen Teile des fimbriären Ende des Uncus, wo sie die sog. Gyri digitati bildet. Aber diesbezüglich verweisen wir auf den speziellen Teil und die Beschreibungen der Areae des Hippocampus 13. Kap, und Tafel CV, CVI.
Wir haben schon im 1. Kap., S. 22, die Ansicht CHR. JAKOBs erwähnt, daß die V + VI zusammen die „innere Fundamentalschicht" bilden, und LANDAU schließt sich dieser Ansicht an und nennt sie „innere Staffel", und scheint anzunehmen, daß die ganze „innere Staffel" sich in die Ammonsformation fortsetzt, während BRODMANN dies, wie gesagt, von der VI allein annimmt.
Jedenfalls ist die VI. Schicht mit der I. die konstanteste beim Menschen; sie ist, wie wir gesehen haben, vorzüglich entwickelt. Ihr oberer Teil allein (VIa) beträgt durchschnittlich 22% der Rindendicke! Die ganze VI. aber ist immer die breiteste Schicht der Rinde, mit Ausnahme ganz bestimmter Stellen (z. B. Koniocortex und Umgebung) und beträgt mit der VIb gewöhnlich nahezu gegen 40% der eigentlichen Gesamtrindendicke beim Menschen. Wir haben nun früher schon gesehen, daß einige Autoren meinen, die Breite der (V +) VI wachse, je weiter man in der Tierreihe nach abwärts gehe; BRODMANN sagt dagegen, daß zwar manche niedrigstehende Mammalier (kleine Nager und Insektenfresser) eine auffallend breite Spindelzellenschicht besitzen (z. B. Kaninchen), andererseits hätten aber auch hochstehende Säuger und unter den Primaten gerade der Mensch eine relativ sehr breite VI Schicht; außerdem haben auch manche tiefstehende Sippen eine sehr schmale VI Schicht (Känguruh). Es sei also nicht generell richtig, zu sagen, daß die Breite der innersten Schicht bei niederen Tieren zunehme! Wie schon früher einmal gesagt, meint auch BRODMANN, man könne im allgemeinen bloß sagen, daß bei niederen Tieren die innere Hauptzone (IV + V + VI) eine relativ- größere durchschnittliche Breite besitze als bei höheren. Um solche Verhältnisse überhaupt bewerten zu können, wird man in Zukunft unseren Tabellen entsprechend die relativen Verhältniszahlen der Schichten, d.h. ihre Proportionalgleichung für homologe Rindenstellen auch in der Tierreihe bestimmen müssen.
178 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Ob das Alter einen Unterschied in der Ausbildung der VI. macht und ob in der Jugend die Zellen protoplasmareicher und mehr ovoid, im Alter protoplasmaarm und mehr spindelförmig werden, vermag ich nicht mit Sicherheit zu sagen.
Überblicken wir kurz das Verhalten der einzelnen Schichten, so sehen wir, daß wir sie nach der Häufigkeit, mit der sie aus dem Zellbilde der Großhirnoberfläche verschwinden, d. h. also nach der Inkonstanz ihres Vorkommens in folgende Reihenfolge stellen können: II, IV, III, V, VI, I, wobei also die II die inkonstanste Schicht ist; aber nach der Veränderlichkeit, die sie in ihrem Aufbau und in ihrer Zellzusammensetzung zeigen, d.h. also nach ihrer Variabilität in folgende Reihe: IV, II, V, III, VI, I. Man sieht daraus, daß die I. und die VI. Schicht die konstantesten und auch die wenigst variablen sind.
Diese lobären und regionalen Unterschiede im Bau jeder einzelnen Schicht und somit auch der ganzen Rinde erlauben an jedem Schnitte einer Windung eine ziemlich genaue Lokalisation, aus welcher Hirngegend der Schnitt stammen kann. Schon der erste Anblick kann uns über manches aufklären, indem wir den allgemeinen Eindruck des Querschnittbildes auf uns einwirken lassen. So fällt es sofort beim ersten Blick auf einem Schnitt bei schwacher Vergrößerung schon auf, daß im Frontallappen, in dem Gyrus centralis posterior, im oberen Scheitelläppchen die äußere Hauptschicht an Tinktion, Zellgröße, Breite usw. die wichtigere Rolle spielt (näher definieren läßt sich der Eindruck ebenso schwer, wie der einer menschlichen Physiognomie); im unteren Scheitelläppchen und Occipitallappen halten sich die äußere und innere Hauptschicht bei diesem allgemeinen Eindruck die Wage; im Temporallappen überwiegt dagegen der Eindruck, den die innere Hauptschicht auf das Auge macht, ganz bedeutend, und zwar dem Temporalpol zu immer mehr; während wieder für den Lobus limbicus (besonders seine frontalen Teile sowie seine Übergangswindungen) und für die Insel einschließlich ihrer Vorderwand besonders die V. Schicht entweder durch ihre Breite oder ihre Zelldichte sofort das Augenmerk auf sich zieht. Die eingehende Beachtung der Gesamtrindendicke (Schmalheit der Rinde des Frontalpols und des Occipitalpols!) und besonders der feinen oben besprochenen Details im Verhalten der einzelnen Schichten wird uns dann die nähere genaue Lokalisation ermöglichen.
Hier ist wohl nunmehr der Ort, die allgemeinen Beziehungen der cytoarchitektonischen Schichtung zur myeloarchitektonischen kurz zu besprechen. Wir wollen uns dabei hauptsächlich an VOGTs wertvolle Auseinandersetzungen halten, da dieser Autor über die Myeloarchitektonik wohl die bisher genauesten Untersuchungen angestellt hat.
Bau des Isocortex. 179
Abb. 85. Relation der cytoarchitektonischen zu den myeloarchitektonischen Schichten nach BRODMANN. Auf der linken Seite sind die Zellschichten der Rinde I - VI verzeichnet, auf der rechten Seite die denselben entsprechenden myeloarchitektonischen Schichten nach der VOGTschen Numerierung. 4 äußerer und 5b innerer BAlLLARGERscher Streifen.
An Weigert-Präparaten der Hirnrinde verlaufen die Markfasern in zwei Hauptrichtungen, in der radiären und in der zur Hirnoberfläche parallelen, d. h. horizontalen Richtung. Beide Faserarten zeigen in verschiedenen Tiefenebenen der Rinde ungleiche Zahl, ungleiche Dichtigkeit und ein ungleiches Kaliber ihrer Fasern, so daß es auch im Markfaserbilde zur horizontalen Schichtenbildung kommt. An den einzelnen Stellen zeigt der größte Teil der horizontalen Fasern annähernd ein gleiches, relativ schwaches Kaliber; diese Fasern nennt man Grundfasern; dazu kommen dann einzelne dicke Fasern, sog. Einzelfasern. Die Zahl der abgegrenzten Schichten, ihre Faserdichtigkeit und das Kaliber ihrer Fasern zeigen ebenso starke regionale Differenzen, wie wir sie vom Zellbilde her auch schon kennen. Die Faserschichten zeigen zu den Zellschichten dann ganz bestimmte, jedoch nicht etwa bloß mechanisch bedingte Beziehungen, d. h. daß eine faserdichte Schicht nicht notwendig zellarm sein muß und umgekehrt; diese feiner anatomisch bedingten Beziehungen stellt die Abb. 85, die einem Bilde BRODMANNs entnommen ist, übersichtlich dar. In dieser Abbildung sind die myeloarchitektonischen Schichten mit arabischen, die cytoarchitektonischen mit römischen Ziffern versehen. Sehr deutlich sind in vielen Hirnbezirken die zwei horizontalen Bänder, die schon lange als Baillargersche Streifen bekannt sind, die schon am frischen Anschnitt durch die Rinde zu sehen sind und deren verschiedene Ausprägung und wechselnde Lage den ersten Anstoß zu einem Studium der Rindenarchitektonik gegeben hat (l. Kap., s. S. 5). Die hauptsächlichsten örtlichen Modifikationen der Fasertektonik beziehen sich nach VOGT auf die 1., 4. und 6. Schicht, sowie auf die radiären, senkrecht in die Rinde eintretenden Markstrahlen, wie sie in Abb. 85 schematisch dargestellt sind. BRODMANN beschreibt sie folgendermaßen:
180 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
1. Die erste Schicht (Lamina zonalis) zerfällt entweder in zwei, drei oder vier Unterschichten und man kann danach mit O. VOGT unterscheiden: einen Typus bizonalis, trizonalis und quadrizonalis (Abb. 86).
2. Die 4. und 5. Schicht zeigen im Grundtypus zwei getrennte dunkle Querbänder, den inneren und äußeren Querstreifen (BAILLARGER) 4 und 5b, die durch je eine helle, faserarme Zwischenschicht 5a und 6a voneinander bzw. von den tiefen Lagen geschieden sind. Durch Verschmelzung der beiden Streifen untereinander oder mit der darunter gelegenen 6. Schicht entstehen mehrere Hauptmodifikationen im Markfaserbau, die auch rindentopographisch von Bedeutung sind, da sie mit physiologischen Hauptbezirken zusammenfallen. Man unterscheidet danach (O. VOGT) :
Abb. 86. Die vier Haupttypen der Markfaserschichtung nach VOGT. (Die Abbildung ist BRODMANN entnommen.) a Typus bistriatus (multistriatus) quadrizonalis, mediradiatus; b Typus unistriatus, bizonalis, infraradiatus; c Typus unitostriatus, bizonalis, supraradiatus; d Typus astriatus, trizonalis, mediradiatus.
a) Einen Typus bistriatus (myeloarchitektonischer Grundtypus), der mit zwei getrennten Querbändern ausgestattet ist (Abb. 86a); b) einen Typus unistriatus, bei dem nur die äußere Stria hervortritt, die innere dagegen durch eine Faserverdichtung innerhalb 6a mit den tieferen Rindenlagen ganz verschmolzen ist (Abb. 86b); c) einen Typus unitostriatus, bei dem die beiden Querstreifen untereinander zu einem einheitlichen Querbande verschmolzen sind und die Zwischenschicht 5a fehlt (Abb. 86c); d) einen Typus astriatus, wobei beide Querstreifen fehlen, indem durch eine dichte Faseransammlung sowohl in 5a wie in 6a die ganze innere Hälfte des Rindenquerschnittes eine einheitliche, dunkle, ungeschichtete Lage bildet (Abb. 86d).
3. Nach dem Verhalten der Markstrahlen oder Radii, d. h. nach der Länge der die Rinde senkrecht durchbrechenden Faserbündel unterscheidet man ebenfalls drei Arten von Rindentypen:
a) Den Typus supraradiatus: die Radii durchziehen die ganze Rindenbreite und strahlen bis in die oberflächlichen Lagen, teilweise bis in die I. Schicht (aus Abb. 86c); die supraradiäre Rinde ist allogenetisch; b) den Typus mediradiatus (oder euradiatus): die Markstrahlen gelangen durchschnittlich nur bis in die Mitte der 3. Schicht und splittern sich hier mit ihrer Hauptmasse auf (Abb. 86a und d); c) den Typus infraradiatus: die Radii sind sehr kurz, wenig entwickelt und endigen zumeist schon innerhalb der 5. Schicht in der Höhe der Stria interna 5b (Abb. 86b).
Bau des Isocortex. 181
Außer den genannten gibt es noch zahlreiche andere, weniger markante Abänderungen in der Markfaserarchitektonik der Großhirnrinde. Eine wichtige Unterart besteht darin, daß unter der 2. Schicht, die im übrigen zumeist ziemlich faserarm ist, sich eine dichte Faserlage ansammelt, wodurch außer den beiden Baillargerschen Streifen und der Tangentialfaserlage (l) ein in der Gegend der 2. Schicht ausgebildetes weiteres Querband und so ein vielgestreifter Rindenbau, der Typus multistriatus entsteht (3a1, Abb. 86a). Alle diese Modifikationen können sich in der verschiedensten Art miteinander verbinden und kombinieren, so daß auch an Markfaserpräparaten eine weitgehende topographische Gliederung der Hemisphärenoberfläche nach different gebauten Regionen und Feldern zustande kommt."
Abb. 9 a und b zeigt für das Stirnhirn die Verteilung dieser Rindentypen nach VOGT (ähnlich wie wir den Bau der einzelnen Zellschichten regionär dargestellt haben). Man sieht, daß die vordere Zentralwindung dorsal ganz und ventral in nach hinten spitz zulaufender Art vom astriären Rindentypus eingenommen wird; der größte Teil des Stirnhirn medial und dorsal ist unistriär oder beinahe unistriär (propeunistriatus), der ventralere Teil ist bistriär und die rückwärtige Partie von F3 unitostriär. Der größte Teil des Parietalhirns (Abb. 10 a und b) scheint bistriär zu sein, des Occipitalhirns unitostriär bis auf die Calcarinarinde, die multistriär ist; der Temporallappen scheint meist bistriär und astriär zu sein.
Auf Abb. 11 und 12 (von VOGT) entspricht das von + eingerahmte Gebiet dem Allocortex und ist supraradiär; der mit O umzogene Teil (das Gyrus limbicus anterior) ist infraradiär; der übrige Cortex ist euradiär (mediradiär).
Abb. 9 und 10 geben die von VOGT mittels der Myeloarchitektonik umgrenzten Rindenfelder für das Stirn- und Parietalhirn; vergleicht man diese Bilder mit unseren cytoarchitektonischen Hirnkarten Abb. 19 und 20 oder mit denen CAMPBELLs Abb. 1 und 2 oder BRODMANNs Abb. 6 und 7, so sieht man, daß sich diese myeloarchitektonischen Felder mit den cytoarchitektonischen nicht oder nur in ganz großen Zügen decken; auch die größeren Gruppen (Regionen), welche VOGT abgrenzt, fallen oft mit ihren Grenzen mitten in cytoarchitektonische Areae hinein, so daß oft eine cytoarchitektonisch einheitliche Area zum Teil zur einen und zum Teil zur anderen myeloarchitektonischen Region gehören dürfte. Außerdem scheinen uns aber die Resultate myeloarchitektonischer Studien noch schwieriger zu bewerten zu sein als die der Cytoarchitektonik; als Beispiel hierfür verweisen wir hier schon auf die kommende S. 311.
Bei der Besprechung der einzelnen cytoarchitektonischen Areae im Speziellen Teil kommen wir immer wieder auf die Markarchitektonik jedes einzelnen Rindenbezirkes (im §6 jeder Area) ausführlich zu sprechen und verweisen bezüglich näherer Details vorderhand dahin.
Obwohl bloß die Morphologie unsere Aufgabe ist, müssen wir doch an dieser Stelle, wenn auch nur ganz kurz, die Frage einer bestimmten Funktion der einzelnen Schichten streifen. Sie ist wohl eng verbunden mit der Frage nach der physiologischen Dignität der einzelnen Zellen, auf die wir schon im 2. Kap., B, jeweilig bei Beschreibung der einzelnen Zellarten zu sprechen gekommen sind, ferner mit der Frage der Faser- und Fibrillenarchitektonik, die außerhalb unserer Untersuchungen liegt. Wir wollen und können also noch gar nicht an Hand der Cytoarchitektonik allein diese Frage lösen, sondern wollen bloß versuchen, auf einige Möglichkeiten, die sich aus dem Studium der Architektonik ergeben, hinzuweisen. Es ist schon vielfach versucht worden, den einzelnen Schichten bestimmte Funktionen zuzuschreiben, und diese Ansicht findet wohl ihren beredten Ausdruck in dem Satze, die Rinde bestehe aus sechs schalenartig ineinander gefügten Organen, welche neuerlich von VAN VALKENBURG ausgesprochen worden ist; auch JAKOB und VAN'T HOOG neigen zu einer ähnlichen Auffassung. Gegen diese Ansicht wird mit Recht geltend gemacht, daß die einzelnen Schichten nicht bloß aus je einer einzigen Zellart bestehen, sondern oft aus sehr verschiedenen Zellen, die wahrscheinlich alle ihre eigene Bedeutung haben; ferner muß man sich auch überlegen, daß z. B. die groß- und riesenzellige V Schicht in der vorderen Zentralwindung und die kleinstzellige V Schicht in der parietobasalen und occipitalen Region ein so verschiedenes Aussehen haben, daß, wenn ein Schluß aus der Zellzusammensetzung auf die Funktion überhaupt statthaft ist, man kaum annehmen kann, daß die V. Schicht in diesen beiden Regionen überhaupt ein und dieselbe Funktion haben kann, also auch nicht das gleiche „Organ" darstellt. Dasselbe gilt für die VI. Schicht dieser Gegenden. Bei aller Würdigung dieser sehr berechtigten Einwände, auf die man bei einer Überlegung dieser Frage nie wird vergessen dürfen, darf man aber doch wieder nicht außer acht lassen, daß im überwiegenden Teil der Hirnrinde die Molekularschicht, die Pyramidenschicht, die Körnerschichten, die ganglionäre Schicht und die Spindelzellenschicht doch in sehr ähnlicher Weise sich immer wiederholen und daß, wenn sie auch jede einzelne aus mehreren Zellgattungen und Zellagen sich zusammensetzen, sie doch zum Hauptteil aus je einer Zellart bestehen, die ja auch im Namen der Schicht schon ihren Ausdruck findet; man wird also auch in gewissem Sinne berechtigt sein, wenigstens nach einer Hauptfunktion der einzelnen Schichten zu fahnden, wobei es als gegeben angesehen werden kann, daß neben dieser Funktion noch die eine oder andere Funktion derselben für gewöhnlich zukommen kann, ja sogar in Ausnahmefällen diese Nebenfunktion selbst zur Hauptfunktion werden könnte. Sehr weit führen uns heute allerdings unsere Kenntnisse auf diesem Gebiete noch nicht.
182 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
CAJALs Untersuchungen mit der Silberimprägnationsmethode, deren Resultate wir zum Teil schon bei Besprechung der Zelltypen (2. Kap.) erwähnt haben, zeigen, daß große und kleine Pyramidenzellen der III. oder der V. Schicht (oder der übrigen Schichten) ihren Achsenzylinder angeblich immer (Ausnahmen sind selten) in die Marksubstanz entsenden, ebenso die Spindelzellen der VI. Schicht, während ihr oberer Dendrit bis in die Molekularschicht (1) aufsteigt und sich hier reichlich verzweigt. Aus dem Verhalten des Achsenzylinders darf man ohne weiteres schließen, daß diese drei Schichten III, V, VI neben evtl. anderen auch wichtige, für den Rindenteil, in dem sie vorkommen, efferente Funktionen haben. Die Achsenzylinder der Cajalschen Zellen der Molekularschicht dagegen bleiben innerhalb des Dendritenflechtwerkes der I. Schicht und verbinden daselbst mehr oder weniger weitabliegende Teile derselben miteinander; sie besorgen also Assoziationen im Cortex selbst zwischen weiter abliegenden Rindenpartien. Die Körnerzellen mit ihren nicht weit vom Zelleib sich auflösenden Verzweigungen und Büscheln dienen, wo sie sich befinden, zu kurzen intracorticalen Assoziationen, auch in der IV. Schicht; unter dieser ist gewöhnlich ein dichtes Geflecht von protoplasmatischen Nervenendigungen. Von den Pyramidenzellen nimmt nun CAJAL an, daß die kleinen Pyramidenzellen (in II und IIIa) die Ursprungszellen der Balkenfasern sind; die mittelgroßen Pyramidenzellen (IIIb) bilden, da hauptsächlich in dieser Schicht die Endigung der eintretenden Fasern aus den radiären Markbündeln erfolge, die eigentliche Perzeptionsschicht (der Sensibilität), welche dann (durch ihre efferenten Achsenzylinder) den empfangenen Reiz ("als Erinnerung") an eine andere Region des Cortex zu leiten haben. Während die großen Pyramidenzellen der IIIc (und der V) der Pyramidenbahn ihren Ursprung geben. Die Balkenfasern lassen sich in der kontralateralen Hemisphäre bis oberhalb der Schicht der großen Pyramidenzellen, d. h. bis oberhalb IIIc verfolgen, wo sie wenig verzweigte Endfasern bilden.
Bau des Isocortex. 183
KAPPERS nimmt auf Grund phylogenetischer Studien, denen zufolge die III. Schicht sich als die phylogenetisch jüngste ergibt, an, daß die III. Schicht den höheren interregionalen Assoziationen diene. Die IV. Schicht (Körnerschicht) habe rezeptorische Funktionen, Die infragranulären Schichten (V und VI) dienen als Ursprung der Projektionsfasern und der intraregionalen Assoziation.
CHR. JAKOB hat eine ähnliche Auffassung. Wir haben seine Studien und seine Schlüsse (1. Kapitel, S. 22) etwas eingehender schon besprochen und verweisen daher hier nochmals auf das dort Gesagte, von dem wir hier bloß wiederholen: daß nach seiner Ansicht die obere Fundamentalschicht (II + III) vor allem eine rezeptorische (sensorische) Funktion hat, die innere Fundamentalschicht (V + VI) prinzipiell motorisch (effektorisch) ist, die Zwischenkörnerschicht IV aber ein System von kurzen Assoziationen zwischen diesen beiden Fundamentalschichten bildet.
NISSL hat in Anlehnung an die alte Guddensche Methode durch Isolierung des Cortex der Hemisphäre von den tieferen Zentren nachweisen können, daß tatsächlich nur die inneren Schichten V und VI im Zusammenhang mit den tiefen Zentren (Thalamuskernen usw.) stehen. Damit ist, wie BRODMANN richtig sagt, ein fundamentaler Funktionsunterschied zwischen den äußeren und den inneren Lagen des Rindenquerschnittes erwiesen.
FINES nimmt auf Grund experimenteller Balkendurchschneidungen an, daß die V. Schicht den Balkenfasern ihren Ursprung gebe, während CAJAL, wie oben erwähnt, die IIIa-Schicht dafür anspricht.
So verschieden auch alle diese Ansichten für den ersten Augenblick zu sein scheinen, so berühren sie sich doch andererseits wieder in vielen Punkten, so z. B. darin, daß die V. und VI. als hauptsächlich effektorische Schichten von allen neueren Autoren angesehen werden. Dem entspräche es auch, daß an den sensorischen Stellen des Gehirns, das ist also im sog. Koniocortex, die V. Schicht sowohl als die VI. ganz schwach entwickelt sind, und zwar die erstere besonders zellarm, die letztere besonders schmal. Im ganzen hinter der Rolandoschen Furche gelegenen Gehirn ist ferner die V. und VI. weniger entwickelt als im vorderen Gehirn, wo die motorischen Funktionen lokalisiert sind. In T2 und T3 sind aber die V. und VI. wieder gut entwickelt (hier soll nach MONAKOW die temporopontine Bahn entspringen). Allerdings darf man nicht vergessen, daß auch die Entwicklung der III. Schicht im Frontalhirn ihr Optimum hat!
Zur Erklärung der Rolle, die die Körnerschicht wahrscheinlich spielt und die KAPPERS als eine rein rezeptorische, CAJAL (und CHR. JAKOB) als eine intracortical nächstgelegene Rindenteile und Schichten miteinander verbindende ansieht, möchten wir die Überlegung hinzufügen, daß zwar die IV. Schicht, wie wir im 4. Kap. (S. 150) gesehen haben, aus sehr verschiedenen Zellen bestehen kann, die wohl kaum alle dieselbe Bedeutung haben können, daß aber so kleine Zellen in kolossalem Maße in jenen Rindenpartien auftreten, welche, wie wir später noch sehen werden, sensorische Rindenzentren darstellen - also im Koniocortex der Centralis posterior, Heschl, Calcarina, Retrosplenialis und Hippocampus - gleichzeitig mit einer bedeutenden Zunahme (s. S. 191) des unter der IV. für gewöhnlich sich ausbreitenden exogenen Faserendgeflechtes (in Va) von zuführenden Fasern, wie aus CAJALs Imprägnationen entnommen werden kann. Dieser anatomische Umstand legt wohl den Gedanken nahe, daß die kleinen Zellen überhaupt und speziell die der inneren Körnerschicht doch bei den rezeptorischen Funktionen der Rinde, und zwar beim unmittelbaren Auffangen des Reizes aus den sensorischen Fasergeflechten der Va eine wichtige Rolle spielen müssen, wie es auch schon MEYNERT annahm 1).
[footnote p 184 1) Daß dabei im sensiblen Koniocortex selbst manchmal die IV. Schicht gerade fehlen kann (z. B. in hippocampischen granulösen HD), ändert nichts an dieser Auffassung, da an diesen Stellen die anderen Schichten „verkörnelt" sind.]
184 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Auf die Rolle der III. Schicht wirft eine von SPIELMEYER und dann von BIELSCHOWSKY beschriebene Erkrankung einiges Licht, bei der intra vitam Lähmungen mit Spasmen bestanden, während postmortal eine intakte Pyramidenbahn gefunden wurde; dabei war die III. Schicht im Cortex degeneriert, die V. und VI. jedoch erhalten. Daraus könnte man schließen, daß nicht so sehr die Zellen der III. Schicht der Pyramidenbahn ihren Ursprung geben, als die der unteren Schichten. Die Lähmung in diesen Fällen wollen diese Autoren als Lähmung aus mangelndem sensiblen Anreiz erklären, da infolge des Ausfalles der rezeptiven Funktion der Zellen der III. keine Erregungen auf die Ursprungszellen der motorischen Bahnen in die untere Fundamentalschicht geleitet werden.
Die amyotrophische Lateralsklerose nun zeigt uns einen Zerfall der Pyramidenbahn bei gleichzeitiger Erkrankung auch der Betzschen Riesenpyramiden, aber auch der übrigen großen Pyramidenzellen der V. und auch der IIIc-Schicht. Es ist daher wohl sehr wahrscheinlich, daß wir in den großen Pyramidenzellen der V. Schicht und dort, wo eine IIIc-Schicht existiert, auch in den großen Zellen derselben den Ursprung der Pyramidenbahn, d.h. der direkten Rückenmarksleitung zu erkennen haben. Vielleicht wirft es auch ein gewisses (heuristisches) Licht auf diese Verhältnisse, daß, wenn man MONAKOWs Bild Abb. 87, auf dem die Ursprungsstätten der direkten Pedunculusbahnen im Cortex eingetragen sind, betrachtet, man den Eindruck gewinnt, als ob die Ursprungsstätten der corticospinalen Bahnen, der Haubenfußschleife und der Bahnen zur Subst. nigra Gegenden entsprechen, in welchen vor allem die mit großen Pyramidenzellen ausgestatteten Teile der III. und der V. Schicht gut entwickelt sind, während der Ursprung der corticopontinen Bahnen (orbitales Stirnhirn, mittlere T2 und T3 bis Gyrus angularis) Gegenden entspricht, in welchen neben der V. auch die VI. Schicht besonders gut ausgebildet erscheint (s. Abb. 74, 79 und 83).
Überblicken wir alle diese Daten, so können wir als wahrscheinlich betrachten, daß die großen Pyramidenzellen vor allem der V. Schicht, aber auch der IIIc-Lage, die Ursprungszellen der direkten Projektionsfaserung sind; die VI. Schicht, welche nach NISSLs Versuch ebenfalls aus dem Cortex die Erregungen nach abwärts aus dem Großhirn heraus leitet, mag dann entweder Verbindungen mit dem Thalamus, roten Kern oder mit anderen tiefen Zentren (Brücke usw.) ihren Ursprung geben; MEYNERTs annahme, daß sie der Ursprung der langen intraregionären corticalen Assoziationsbahnen ist, würde danach fallen müssen; die IV. Schicht spielt eine Rolle beim Auffangen sensibler Reize und hat intracorticale kurze Verbindungen herzustellen; die III. Schicht hat einerseits die höheren rezeptorischen Funktionen und andererseits gibt sie wahrscheinlich diese Reize wieder weiter auf die V. und VI. Schicht, und außerdem durch ihre langen Achsenzylinder, die ins Mark gehen, besorgt sie auch interregionale höhere Assoziationsfunktionen, sie scheint also den langen Assoziationsbahnen des Gehirns den Ursprung zu geben, vielleicht auch den Balkenfasern. Die I. Schicht hat wohl vor allem eine Verbindung und Leitung im Cortex selbst auf etwas weitere Strecken, als die Körnerzellen das tun, im Gebiete einer Windung oder evtl. auch der Nachbarwindung herzustellen.
Daß auch im Cortex selbst Erregungen ablaufen und von einer Stelle zur anderen, vielleicht entlang der Windungen, gelangen, vermutete man schon lange, z. B. auf Grund der Ausbreitung des epileptischen Anfalls, der ein Zentrum der vorderen Zentralwindung nach dem anderen der Reihe nach ergreift. VOGTs grundlegende Experimente an Affen haben nun erwiesen, daß diese epileptische Erregung innerhalb der oberen Schichten der Rinde verläuft, da beim experimentell ausgelösten Anfall ein Schnitt durch die oberflächlichen Rindenpartien an der Peripherie des krampfenden Zentrums der Ausbreitung des Anfalles Halt gebietet.
Bau des Isocortex. 185
Abb. 87. Schema der Ursprungsstellen der corticalen Projektionsbahnen, in Anlehnung an MONAKOW, mit einzelnen Eintragungen unsererseits. Die Verschiedenheit der roten und schwarzen Punktierung ist belanglos und nur zur größeren Übersichtlichkeit gewählt. - Die corticothalamischen Bahnen sind hier nicht eingetragen; es entspringen von der vorderen Zentralwindung eine Bahn zum Thalamuskern va1, von der hinteren Zentralwindung zum Thalamuskern va und vom Fuße der ersten und zweiten Frontalwindung zum Thalamuskern ma. Ferner sollen von der ganzen ersten Frontalwindung und besonders von ihrer Partie an der Medianfläche sowie vom ganzen Gyrus fornicatus zahlreiche Verbindungen zum Thalamus ziehen auch vom Praecuneus entspringen Bahnen zum Thalamus. - Die übrigen corticalen Projektionsbahnen, die in der Rinde ihren Ursprung haben, sind auf dem Schema namentlich verzeichnet.
Von solchen Experimenten, vor allem wie sie FINES, NISSL und VOGT durchgeführt haben, ist eine nähere Aufklärung über die Funktion der einzelnen Schichten schon für die nahe Zukunft zu erwarten, sowie von weiteren Studien über elektive laminäre Rindenerkrankungen, wie sie VOGT und A. JAKOB und MARBURG schon unternommen haben. Über den „Mechanismus", d. h. den materiellen Vorgang bei diesen Funktionen dürfte am besten ein Studium der Kleinhirnrinde aufklären, wo ein ähnlicher, aber in seinen Grundlagen viel einfacherer und besser bekannter Bau vorliegt.
Der Versuch den einzelnen Rindenschichten eine bestimmte Funktion zuzuschreiben, ist, wie aus diesen Auseinandersetzungen hervorgeht, ganz berechtigt. Die physiologische Funktion die wir demnach den einzelnen Rindenstellen, Zentren, zuschreiben, kann also bloß die Resultierende der Teilfunktionen aller Schichten sein, die diese Rindenstelle konstituieren. Auch ein sog. motorisches Zentrum kann demnach neben seiner motorischen efferenten Hauptfunktion rezeptive oder assoziative Nebenfunktionen ausüben.
186 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Die verschiedenen Änderungen der Schichten bedingen natürlich typische Änderungen des Bildes der Querschnitte der Rinde. Trägt man diese Änderungen auf die Hirnoberfläche ein, so erhält man eine Hirnkarte. An der Karte über Hirnfelder der verschiedenen Autoren (Abb. 1-10), sowie auch an unserer Abb. 19 und 20 sieht man nun diese Felder meist mit recht bestimmten Abgrenzungen gegeneinander landkartenähnlich eingetragen.
Aus unseren Ausführungen über die anatomische Zusammensetzung und das Aussehen der einzelnen Schichten ersehen wir, daß dasselbe in den verschiedenen Hirnlobi ein recht verschiedenes sein kann; sie verändern sich in denselben nicht etwa immer alle gleichsinnig, z. B. es werden nicht alle Schichten in einer dünnen Rinde ebenfalls dünner, sondern es kann sich jede Schicht für sich und ziemlich unabhängig von den anderen ändern. Wir haben dies bei den verschiedenen Proportionalgleichungen verschiedener Rindenstellen in bezug auf den Dickendurchmesser schon S. 114 gesehen und Abb. 68-84 zeigen dies sehr deutlich. Ja, nicht nur die einzelnen Schichten, sondern sogar die einzelnen Eigenschaften ein und derselben Schicht verändern sich, wie wir gesehen haben, ganz unabhängig voneinander, z.B. kann sich die Zellzahl ändern ohne Änderung in der Zellgröße usf. Die meisten Änderungen finden fließend und allmählich und in verschiedener Richtung statt; dies ist die Regel; doch finden an einzelnen, meist ganz bestimmten Stellen auch sehr radikale Änderungen ganz plötzlich statt, so daß manchmal eine haarscharfe Trennung zu sehen ist; bekanntlich zeigt sich eine solche scharfe Übergangsstelle z. B. an der Aufspaltung der IV. Schicht in drei Unterschichten in den Lippen der Calcarina, ebenso ändert an dieser Stelle auch die VI. ganz unvermittelt ihr Aussehen (wie S. 177 besprochen); auch an der Grenze zwischen der Pars triangularis der dritten Stirnwindung und der Rinde des Fußes derselben (pF3) findet eine ziemlich plötzliche Veränderung der ganzen Rindenbreite, der III. und der V. Schicht statt; insbesondere sind auch die Übergänge zum sog. Koniocortex gewöhnlich recht unvermittelte, so besonders in der retrosplenialen Gegend (auch in der zum Allocortex gehörenden hippocampischen Gegend). Natürlich kommt bei einer solchen Grenzbestimmung neben der Eigenart des Gewebes auch die Anschauungsweise des Beobachters zur Geltung; wenn eine Reihe großer Zellen, z. B. in IIIc, welche ein Cortexgebiet charakterisiert, aufhört, so wird gewöhnlich die Zellreihe zuerst etwas schütterer und die Zellen selbst, die in immer größeren Abständen stehen, etwas kleiner; wenn man nun die letzte größere Zelle als Grenze dieser Formation ansieht, dann kann man die Grenze als scharf bezeichnen; sieht man jedoch die Änderung in der Dichte und Zellgröße der ganzen Reihe schon als beginnendes Zeichen des Aufhörens dieser Zellage an, dann ist die Grenze als ein unscharfer und allmählicher Übergang zu bezeichnen; wir neigen zu der letzteren Ausdrucksart mit Rücksicht darauf, daß es haarscharfe Übergänge zwar gibt, aber daß sie doch recht vereinzelt bleiben. Wenn wir uns nun diese vielfältigen fließenden oder raschen Modifikationen, welche jede einzelne Schichte in ihrer Begrenzung, Dicke, Zelldichte und Zellzusammensetzung und Architektonik überhaupt durchmacht, für jede Eigenschaft und für jede Schicht einzeln auf ein Großhirnschema eingezeichnet vorstellen (so wie wir es in den Abb. 26-29, 45 und 46, 56-58a, 68-84 für einzelne Charakteristica der Schichten schon getan haben) und alle diese schematischen Abbildungen übereinandergelegt denken, so wird uns, bei der Kompliziertheit dieses Aufbaues und der Multiplizität der Veränderungsmöglichkeiten und der tatsächlichen Veränderungen jeder Schicht an jeder Stelle, schon die einfachste Überlegung zeigen, daß es auch nicht zwei Stellen im Gehirn gibt, die den vollkommen identischen Bau aufweisen können, nicht einmal zwei nahe aneinanderliegende Stellen. Wollte man wirklich eine vollkommene Hirnkarte geben, so müsste man in obiger Art von jeder Eigenschaft jeder einzelnen Schicht auf je ein Blatt alle Änderungen in ein gleiches Hirnschema verzeichnen, die dieselbe in jedem Lobus, jeder Region und auf jeder Windung durchmacht; für jede Schicht wären so auf mehreren Blättern die Änderungen ihrer einzelnen Eigenschaften im fließenden Ablauf gekennzeichnet; die Blätter der verschiedenen Schichten übereinandergelegt, würden für jede Hirnstelle auf diese Art die zu erwartende Zusammensetzung ergeben und den Bau der Hirnrinde am unvoreingenommensten und vollkommensten wiedergeben; eine dieser Art zusammengesetzte, allen Anforderungen entsprechende ideale Hirnkarte - als deren einzelne wenige Probefiguren die Abb. 68-84 betrachtet werden können - vermöchten wir heute überhaupt noch nicht zu liefern und wollen es auch gar nicht versuchen, da sie eine Schichtenanatomie wiedergeben würde statt einer Rindenquerschnittsanatomie, deren wir doch eigentlich momentan am dringendsten bedürfen. Für das Studium abnormer Anlagen der Schichten würde jedoch eine solche Hirnkarte von größter Wichtigkeit sein. Aber auch die Rindenfelder würden sich darauf ganz von selbst, mit größerer Genauigkeit und objektiver ergeben als durch die Felderung, die wir an der Rindenoberfläche vornehmen durch das Studium der Rindenquerschnitte und die Eintragung der dadurch ermittelten Änderungen des Gesamtbildes auf die Hirnoberfläche als Areae und als Feldergrenzen. Denn jede Bestimmung einer solchen Felderung, jede scharfe Abgrenzung einer Area hat doch immer mit seltenen Ausnahmen etwas Subjektives und Willkürliches an sich; denn ein sichtbar auffallendes Kennzeichen einer Schicht bestimmt uns, mit dem Beginne und mit dem Aufhören dieses Merkmals Anfang und Ende einer Area abzugrenzen, während ein weniger auffallendes, aber vielleicht physiologisch wichtigeres Merkmal dabei eventuell übersehen wird. Würde man also eine solche „ideale" Hirnkarte mit unserer arealen Hirnkarte (Abb. 19, 20) oder den Hirnkarten von CAMPBELL, E. SMITH, BRODMANN und VOGT vergleichen, so würde man offenbar nur eine geringe teilweise Deckung der natürlich sich ergebenden Felder der idealen Hirnkarte mit unseren Areae finden; denn diese natürlichen Felder der ersteren hätten, mit Ausnahme der äußerst seltenen scharfen Begrenzungen, welche hier und da vorkommen, eine viel weitere Ausdehnung mit viel fließenderen Übergängen und teilweise wenigstens schichtweisen Überdeckungen, während unsere Felder annähernd scharfe Grenzen haben. Und wir würden sehen, daß z. B. die areale Übersicht, die unsere areale Hirnkarte gibt, trotz des fortwährenden Versuches vollkommen objektiv vorzugehen, doch meist bloß ein richtiges Bild der Begrenzung der Modifikation einer oder zweier Schichten wiedergeben, während gleichzeitig die Eigenheit einer anderen Schicht sich über die von uns gezogenen Grenzen weiter auf andere Areale ausbreitet; so sehen wir z.B. die Eigenheit der V. und VI. Schicht der zweiten und dritten mittleren Temporalwindung, welche die Area TE charakterisieren, sich längs der Furchen in die ventralen Partien des Gyrus angularis fortsetzen (Abb. 77, 83), die sonst größtenteils den parietalen Rindentypus aufweisen und nach diesen Eigenschaften auch als parietale Areae bei uns eingetragen sind. Es können sich also Eigenschaften der einen und der anderen Region durchdringen, überdecken und durchkreuzen. Eine areale Feldereinteilungskarte kann immer bloß einzelne, besonders auffallende dieser Eigenschaften berücksichtigen; die ideale Hirnkarte jedoch, aus vielen Schichtblättern zusammengesetzt, würde allen Eigenschaften in ihren fließenden allmählichen Wandlungen gerecht werden.
Bau des Isocortex. 187
188 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Wir haben vorhin erwähnt, daß, derartig aufgefasst, wohl kaum zwei naheliegende und noch viel weniger zwei fernabliegende Stellen des Gehirns einen identischen Bau aufweisen. Einerseits ist dies richtig, andererseits wieder weiß jeder, der sich mit der Durchsicht von Hirnschnitten befasst hat, wie schwer es ist, aus dem Querschnittsbild allein den Ort der Rindenoberfläche, dem ein Schnitt entnommen ist, zu bestimmen. Viele Rindenstellen haben eine große Ähnlichkeit in ihrem Bau. Wenn man sich an diese äußerliche morphologische Ähnlichkeit der Cytoarchitektonik allein hält, wie sie sich aus unseren vorhergehenden Schichtstudien ergibt und die ähnlichen oder gleichartigen Rindengebiete zusammenfasst, so findet man, daß man am besten fünf verschiedene Typen des Rindenbaues unterscheiden kann, die wir nun der Reihe nach anführen wollen.
l. Der eher großzellige, mit schönen Pyramidenzellen und Spindelzellen ausgestattete, der Körnerlage entbehrende breitrindige agranuläre Typus findet sich auf der vorderen Zentralwindung (von den Betzschen Zellen sehen wir augenblicklich ab) und den hinteren Partien der drei Frontalwindungen (vgl. Abb. 88 a und b das mit 1 bezeichnete Gebiet). Eine große Ähnlichkeit damit hat die Rinde der frontoorbitalen Inselteile und des ganzen Gyrus limbicus anterior, mit dem das obengenannte agranuläre Gebiet an der Dorsalpartie der Medianfläche des Gehirns zusammenhängt. Wir haben dieses ganze Gebiet mit 1 bezeichnet und senkrecht breit schraffiert; aber auch die dicke Rinde des Temporalpols, soweit sie agranulär ist, hat damit eine gewisse Ähnlichkeit, und der schmale agranuläre Streifen auf dem Gyrus hippocampi, sowie auch in der Retrosplenialgegend; wir wollen diesen Typus 1 den agranulären Pyramidentypus nennen.
2. Am Frontalhirn findet sich weiter polarwärts davon der ebenfalls durch eine gute Entwicklung der Pyramidenzellen charakterisierte, bloß mittelbreite, jedoch daneben auch beide Körnerschichten führende Typus 2 (auf Abb. 88 breit horizontal gestreift), den wir zum Unterschiede von 1 den granulären Pyramidentypus nennen wollen. Die Rinde zwischen diesen beiden ist von einer Übergangsbildung 1 (2) eingenommen, die an Rindenbreite und Zellform dem Typus 1 ähnlich ist, jedoch einzelne Körnerreihen besitzt (auf Abb. 88 breit gekreuzte Schraffen); dieser Typus 1 (2), den wir Pyramiden - Mitteltypus nennen wollen, bedeckt den mittleren Teil der drei Frontalwindungen. Ihm sehr ähnlich ist die Rinde des größten Teils der caudalen (und lateralen) Orbitalfläche des Stirnhirns und ein Teil der medianen subrostralen Stirnhirnfläche, dann die Insula anterior; ferner hat die Rinde der Kuppe der Centralis posterior große Ähnlichkeit mit dem Pyramiden-Mitteltypus und er reicht hier auch auf die Medianfläche; hier kann er wohl nicht als eine Übergangsbildung angesehen werden, ebensowenig auch auf der Rinde der beiden mittleren Temporalwindungen T2 und T3. Auch sie zeigen diesen nur schwach granulären, großzelligen, breitrindigen Cortexbau und er reicht längs der ersten und zweiten Temporalfurche auch caudal etwas in den Gyrus angularis hinein. Der mittelbreitrindige granuläre Pyramidentypus 2 dagegen, dessen elektiven Typus der vordere Stirnhirncortex zeigt, findet sich wieder im ganzen - besonders vorderen - oberen Scheitelläppchen und greift hier parietal auch auf die Medianfläche über, wo er die ganze hintere (granuläre) Partie des Gyrus cinguli überzieht. Schnitte aus dieser Gegend sind oft nur schwer von Schnitten der vorderen Partie der ersten oder gar der dritten Frontalwindungen zu unterscheiden.
3. Außerdem gibt es noch einen mittelbreiten, mittelgroßzelligen, granulären Cortextypus, bei dem jedoch die granulären Schichten viel deutlicher entwickelt sind und die übrigen Zellen im ganzen viel kleiner sind, und der Cortex im allgemeinen zellreicher ist (auf Abb. 88 senkrecht eng schraffiert). Diesen Typus 3 nennen wir zum Unterschied vom granulären Pyramidentypus den granulären Parietaltypus, da er seine Hauptausbreitung im unteren und im basalen (d. h. temporooccipitalen) Parietallappen hat; im Gebiete des Gyrus angularis drängt sich in ihn hinein ein Teil des Typus 1 (2) von dem Temporallappen her. Am Parietalhirn nimmt dieser Rindentypus den ganzen Gyrus supramarginalis mit den angrenzenden untersten Partien der hinteren opercularen Zentralwindung, die hintere Insel, die ganze dorsale (Sylvische) Fläche der ersten Temporalwindung, ein (mit Ausnahme eines zentralen Teiles der beiden Heschlwindungen), sowie den größten Teil der übrigen ersten Temporalwindung, dann den größten Teil des Gyrus angularis (ventral darin gemischt mit Typus 1 [2]), dann den ganzen sog. basalen Parietalteil, d. h. die parietale Temporooccipitalgegend; von hier breitet er sich einerseits auf die angrenzenden Bandpartien des Occipitallappens aus, auf die mediane Wand bis an den gemeinsamen Truncus (des Sulcus parietooccipitalis und der Calcarina) ziehend, andererseits nach vorne auf den Lobus fusiformis, so daß die Bildung der zweiten und dritten Temporalwindung von diesem Typus 3 lateral und medial gleichsam eingesäumt wird. Es ist nun sehr interessant, daß die vorderste Partie der zweiten Frontalwindung und der Stirnhirnpol auch von diesem Rindentypus 3 (mittel-kleinzelliger granulärer mittelbreiter Parietaltypus) überzogen ist.
Bau des Isocortex 189
Abb. 88 a und b. Schema der regionären Ausbreitung der fünf cytoarchitektonischen Rindentypen; 1 der breitrindige agranuläre Pyramidentypus (breite senkrechte Schraffen); 1(2) der Pyramidenmitteltypus als Übergangsbildung (breite gekreuzte Schraffen); 2 der mittelbreitrindige granuläre Pyramidentypus (breite waagerechte Schraffen); 3 der granuläre Parietaltypus (enge senkrechte Schraffen); 4 der dünnrindige granuläre Typus (enge waagerechte Schraffen); 5 der granulöse Typus, sog. Koniocortex (enge gekreuzte Schraffen). - Die kleinen Kreise innerhalb der verschiedenen Typen deuten jene Gegenden an, wo der entsprechende Grundtypus durch das Vorkommen von Riesenzellen sichtlich modifiziert wird.
190 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
4. Zum Unterschied von diesem mittelbreiten gibt es auch noch einen sehr schmalrindigen, dabei aber weniger kleinzelligen, zellreichen, granulären Typus, den wir tenuicorticalen oder polaren Typus 4 nennen (Abb. 88 eng horizontal schraffiert), dessen Typus dargestellt ist durch den Hauptteil der Rinde des Occipitallappens, und den wir sonst bloß noch an der basalen und medianen Orbitalfläche des Stirnhirns im Gebiet der Gyrus rectus und von hier gegen den Frontalpol zu finden.
5. Schließlich als Extrem der Kleinzelligkeit müssen wir als eigenen Typus den schon vielfach erwähnten granulösen Koniocortex anführen, der an fünf Stellen der Großhirnrinde vorkommt, und zwar an der Vorderwand des Gyrus centralis posterior, auf der Heschlschen Windung, in der Calcarina, in der retrosplenialen Gegend und an der Innenwand des Gyrus hippocampi. Wir bezeichnen ihn als granulösen Typus 5. Er ist durch kleinstzellige Umwandlung aller seiner Zellen charakterisiert (auf Abb. 88 eng gekreuzt schraffiert). Wir haben schon erwähnt, daß diese Kleinzelligkeit nicht allein auf einer Zunahme der kleinzelligen Schichten der beiden sog. Körnerschichten beruht, sondern daß im Koniocortex auch eine Umwandlung der Zellen der anderen Schichten eine sog. Verkörnelung Platz greift, so z. B. am häufigsten in der III., aber auch in der V. und VI. Schicht; ja, es kann sogar die eigentliche Körnerschicht (IV) im Koniocortex fehlen, wie dies in der granulösen Bildung HD des Hippocampus zu sehen ist, und sogar wahrscheinlich auch in LE der granulösen Bildung des Retrospleniums erfolgt, und der Körnertypus ist dann bloß durch die Verkörnelung in den anderen Schichten bedingt (S. 123, 136, 148, 163, 177). Aber noch eine Bildung ist neben der Verkörnelung typisch für den Koniocortex, wenn dieselbe auch im Zellbilde nicht sichtbar hervortritt, sondern höchstens erschlossen werden kann und zwar die Bildung eines exogenen dichten corticopetalen Fasergeflechtes unmittelbar unter den Körnern, also in der im Zellbilde des Koniocortex stets dadurch typisch aufgehellten V. Schicht (oder Va-Lage); wir haben hierin das corticale Endgeflecht zuführender Fasern zu sehen. CAJALs Abb. 89 zeigt dies in schönem Überblick für den Cortex der Katze, wo diese intracorticalen Endgeflechte für die Tastsphäre A, die Hörsphäre B und die optische (?) Sphäre D an ein und demselben Schnitt mit der Silbermethode dargestellt sind. Neben der Verkörnelung der Zellen mehrerer Schichten neben der Aufhellung der V. Schicht und der dieser entsprechenden Entwicklung des dichten Nervengeflechtes kann als drittes und recht häufiges, wenn auch nicht ganz konstantes Charakteristicum des Koniocortex die vielfache Umwandlung der Spindelzellen der VI. Schicht zu dreieckigen und Pyramidenzellen angesehen werden. Ferner ist auch die relative Verschmälerung der ganzen Rinde des Koniocortex im Vergleich zu den Rindenpartien der Umgebung für den Koniocortex sehr typisch; letzterer Umstand hat - aber nur zum Teil - seine Begründung auch darin, daß der Koniocortex eigentlich meist eine „Wandbildung" ist, d. h., sich meist in Windungswänden vorfindet 1).
[footnote p 191 1) In Abb. 88a und b sehen wir, wie der Koniocortex die Vorderwand der hinteren Zentralwindung einnimmt und sich an der oberen Mantelkante auf die Kuppe schlägt und erst am Parazentralläppchen an der Oberfläche liegt. Im Occipitallappen nimmt er die Wände der Calcarina ein, und zwar beginnt er in der Tiefe derselben ganz vorn im Truncus, wo derselbe an den Isthmus des Gyrus limbicus stößt; er bedeckt die beiden Wände der Calcarina und zieht keilförmig sich verbreiternd auf den Gyrus lingualis und den Cuneus, überzieht den Occipitalpol und hört auf dem Gyrus descendens Ecker auf. Ferner sitzt auf der Heschlschen Windung in der dorsalen Wand der T1 zwanzighellerstückgroß, und zwar auf der Mitte der ersten und zum Teil auch auf der zweiten Heschlschen Windung dieser Rindentypus 5. Außerdem nimmt derselbe Cortextypus 5 die Hälfte der Innenwand des Gyrus limbicus in dessen retrosplenialem Abschnitt ein und schlagt sich dann auf die Kuppe des Isthmus, um hier aufzuhören. Auch noch im Gyrus hippocampi nimmt der Rindentypus 5 die ganze Länge der oberen Wandhälfte und die Innenkante des Gyrus ein, vorn am Uncus beginnend, dann nach hinten ziehend und erst auf dem Isthmus aufhörend.]
Bau des Isocortex 191
Abb. 89. Sensible Nervenendgeflechte in der Hirnrinde nach CAJAL (Silberimprägnation). Querschnitt eines Gehirns einer wenige Tage alten Katze hinter dem Balken, die Nervenendgeflechte entsprechen sensorischen Teilen der Rinde und sind durch ihren dichten Faserfilz sofort erkennbar. - A sensibler Plexus der zentralen Region (Tastgegend); B akustischer Plexus der Temporalgegend; D optischer Plexus nach CAJAL (?); G Plexus der Riechgegend. Die mediane Hirnfläche C, das obere Feld des Hinterhauptpols a, das Feld b zwischen taktilem und akustischem Feld (A und B), das Feld E zwischen akustischem und Riechfeld (B und C) sind zum Unterschiede davon frei von wohlausgebildetem Nervenplexus. F ist das Corpus striatum, H Hippocampus?, J Ammonshorn.
192 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Vergleicht man nun mit der Abb. 88 unserer fünf Rindentypen die Abb. 19 und 20 der Ausbreitung unserer Areae an der Hirnoberfläche, so wird man sehen, daß sich ihre Grenzen nicht vollkommen decken, sondern daß oft ein Rindentypus über eine Area hinausreicht. Im allgemeinen aber halten sie sich doch ziemlich an die arealen Grenzen, wobei aber ein Rindentypus meist mehrere Areae in sich schließt. Stellt man ferner die Abb. 88a, b neben die Abb. 56-58, so sieht man unmittelbar, daß unser Rindentypus 1 samt dem Rindentypus 5 beinahe das gesamte Gebiet des heterotypischen Isocortex ausmacht.
Zur Illustration dieser fünf Rindentypen nehme man sich zur Hand für Typus 1 die Tafel VI (Frontalhirn), XLII (Orbitalhirn), XLVI (Lobus limbicus ant.), XCIX (Temporalpol); für den Typus 1 (2) die Tafel XII oder besser XVIII (Frontalhirn), Tafel XXXIII (Orbitalhirn), Tafel LIII (Insula anterior), Tafel XCVII (Temporalpol), Tafel XC (zweite Temporalwindung); für den Typus 2 nehme man Tafel XXI (Frontalhirn), Tafel XLVIII (aus dem hinteren Gyrus limbicus), Tafel LXVIII (Parietalis superior); für den Typus 3 Tafel LXII (Gyrus supramarginalis), Tafel LXXVIII (Parietalis basalis), Tafel LVI (Insula posterior), Tafel XCII (erste Temporalwindung), Tafel XCIII (Sylvische Fläche der ersten Temporalwindung), Tafel XCVI (Gyrus fusiformis) und schließlich auch Tafel XXVII (Frontalpol); als Beispiel für den Typus 4 Tafel XXXV (Gyrus rectus) und Tafel LXXXIII (Cuneus); für den Typus 5 schließlich, den Koniocortex der Centralis posterior Tafel LX und Tafel LXII, der Calcarina Tafel LXXXVIII, Bild 1, und Tafel LXXXVII, der Heschl Tafel XCIV, der Retrosplenialgegend Tafel LII, Bild 1 und 2, des Hippocampus Tafel CI-CIII. Wir glauben, daß aus einer solchen Nebeneinanderstellung ohne weiteres die Berechtigung, diese fünf Grundtypen aufzustellen, erhellt, da die Ähnlichkeit der Repräsentanten der einzelnen Typen ohne spezielle Erklärung an unseren Tafeln unmittelbar auffällt; besonders frappant z. B. ist die Ähnlichkeit der Rinde beider Hirnpole, also z. B. des Gyrus rectus und Cuneus zwischen denen trennend doch die ganze Hirnoberfläche liegt.
Diese Typenaufstellung unsererseits bezweckt vorerst vor allem beim Studium der Hirnrinde auf die Möglichkeit der Verwechslung bestimmter Stellen aufmerksam zu machen; auf die stets vorhandenen Unterschiede werden wir bei Besprechung der einzelnen Areae im speziellen Teile nachträglich noch genügend eingehen. Ob aber diese Typen nicht mehr als eine bloße „morphologische" Ähnlichkeit bedeuten, können wir noch nicht sagen. Von einzelnen dieser zu einem Typus gehörenden Hirnabschnitten wissen wir, z. B. von dem zum Typus l- gehörenden frontalen Teil und dem ebenfalls zu 1 gehörenden temporopolaren und ferner dem limbischen Teil von 1, daß sie myeloarchitektonisch solche Differenzen gegeneinander aufweisen, daß sie wohl nicht recht als eine morphologische oder gar physiologische Einheit angesehen werden können. Daß andererseits wieder dem agranulären Pyramidencortex der Frontalrinde hauptsächlich eine efferente, und zwar motorische Funktion zukommt, ist ja sicher; ob man aber auf Grund dessen dem übrigen Typus 1 auch eine efferente Funktion zuschreiben darf, ist wohl nach dem oben Gesagten mindestens noch zweifelhaft. Vielleicht werden hier VOGTs neuere Reizversuche Klarheit bringen und zeigen, ob z. B. Typus 1 seinem primären Reizfeld, 1 (2) dem sekundären und 2 dem tertiären als Bautypus entsprechen. (Allg. Erg. u. Hirnforsch. 1919, Journ. f. Psych. u. Neurol. Bd. 25.) Der mittlere Pyramidentypus 1 (2) zeichnet sich durch eine gut entwickelte III., V. und VI., bei geringer Entwicklung der IV. aus. Wir finden ihn in der vorderen Begrenzung der engeren motorischen Gegend und außerdem an jenen Orbitalen und parietotemporalen Stellen, welche nach MONAKOW (Abb. 87) den corticopontinen Bahnen ihren Ursprung geben, wahrscheinlich auch Bahnen zur Subst. nigra; dieser Typus könnte vielleicht also einem efferenten tonischen System entsprechen. Seine Bedeutung in der hinteren Zentralwindung bleibt vorderhand noch unerklärt (allerdings lassen sich von hier durch elektrische Reizung Einstellungsbewegungen hervorrufen; s. 10. Kap. A, 5, §7).
Bau des Isocortex. 193
Der Typus 2 hat sein Hauptgebiet im mittleren Stirnhirn und im oberen Parietallappen. Sollte er infolgedessen höheren Funktionen willkürlich-motorischer Art entsprechen? In diesem Falle wäre seine Ausbreitung im oberen Parietalläppchen schwer erklärbar (aber auch von hier erhält man allerdings erst durch starke elektrische Reizung Bewegungseffekte; s. 7. Kap. B, 1, §7).
Die starke Ausbreitung des Typus 3 im unteren Parietallappen, vorderen Occipitallappen und Temporallappen, und zwar in letzterem merkwürdigerweise bloß auf der ersten und der vierten Temporalwindung, ist ebenso auffallend als lehrreich. Abgesehen vom Gyrus fusiformis, dessen Funktion noch unbekannt ist, lokalisiert man für gewöhnlich in dieses ganze vom Typus 3 überzogene Gebiet die Gnosien, da Läsionen dieser Gegend besonders das Verständnis der aufgefassten Sinneseindrücke stören (Abb. 98). In diesem Bautypus scheint demnach die Deckung von frischen Sinnesreizen mit alten kommemorativen Eindrücken vor sich zu gehen. Möglicherweise stellt der angrenzende Typus 4 nur den Typus 3 in anderer Variante dar. Welche Aufgaben aber der Typus 3 am Frontalpol (und unmittelbar caudal davon) erfüllt, bleibt ebenfalls vorderhand noch unerklärt.
Am besten orientiert sind wir über die Bedeutung des Rindentypus 5, des sog. Koniocortex, dessen Vorkommen an jenen Stellen, wo die Pathologie u.a.m. uns auf die Lokalisation der Sinne hinweist, es mehr als wahrscheinlich macht, daß wir in der Bildung des Koniocortex die Differenzierung einer sensorischen Rindenbildung par excellence vor uns haben, d. h. einer primären Sinnessphäre, also einer Stelle der Rinde, die unmittelbar die aus dem Sinnesorgan durch die subcorticalen Ganglien geleiteten Reize empfängt, was aber nicht etwa bedeuten soll, daß eine anders gebaute Rinde keine sensorische Funktion haben kann, sondern bloß, daß der Koniocortex die höchste spezifische Differenzierung derselben darstellt! Weiteres darüber s. S. 200.
Diesen Überlegungen möchten wir aus Gründen mangelnder Exaktheit nicht viel mehr als einen heuristischen Wert zusprechen, abgesehen von dem über Typen 1 und 5 Gesagten. Es ist ja sogar wahrscheinlich, daß, wie schon bezüglich Typus 1 oben ausgeführt, das cytoarchitektonische Bild allein zur Aufstellung solcher Typen überhaupt nicht genügend berechtigt, und daß eine andere Einteilung sich bei in dieser Richtung fortgesetzten Studien als notwendig und richtig einmal ergeben wird; denn zwischen diesen Typen finden sich auch Übergänge; man könnte demnach leicht auch eine andere Einteilung treffen, als wir es getan haben, und z. B. zusammenfassend auch sagen, der sechs-schichtige Isocortex zerfalle vorerst in zwei recht ähnliche Typen, den breiten, etwas granulären, schöne Zellen führenden Pyramiden - (Frontal-) Typus (2) und den etwas schmäleren, stärker granulären, im Durchschnitt kleinzelligen Parietaltypus (3). Die Weiterentwicklung des Typus 2 in einer großzelligen Richtung, so daß alle Zellen zu großen Zellen und schönen Pyramidenzellen werden, ergibt den agranulären Typus (l) und zuletzt in extremster Ausbildung den giganto-pyramidalen Cortex der vorderen Zentralwindung, während die Fortentwicklung des Typus 3 im Sinne seiner dünnen Wand und seiner Zellkleinheit den Typus 4 und in extremster Entwicklung den Koniocortex (5) ergibt. Es ist auch die lokale Trennung der Typen nicht ganz so scharf wie etwa auf unserem Schema Abb. 88 durchzuführen, z. B. finden wir den Typus 4 auch in dünnen Wänden von Windungen des oberen Scheitelläppchens, deren Kuppen den Typus 2 aufweisen.
194 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Kurz möchten wir noch auf gewisse eigentümliche Zusammenhänge aufmerksam machen, und zwar, daß sich in unmittelbarer Nähe der verschiedenen Koniocortex führenden Rindenpartien entweder direkt agranuläre Rindenteile vom Typus 1, oder großzellige Mitteltypen 1 (2) finden oder wenn nicht, daß dann zum mindesten in dem umgebenden Gebiet abnorm große (motorische?) Zellen (beinahe Riesenzellen) regelmäßig auftreten. So sind in der Umgebung des Koniocortex der Calcarina und der Heschlschen Windung und der Centralis posterior Riesenzellen zu sehen (bei letzterer sogar sowohl frontal als caudal von ihr); auch unmittelbar an den Koniocortex der Centralis posterior, des Retrospleniums und des Praesubiculums grenzen agranuläre Formationen (vgl. hierzu Abb. 56, 57 mit Abb. 76 und Abb. 74, 75, 77, 78).
Vergleichen wir nun unsere Abb. 88 der Cortextypen mit jener Hirnkarte, die FLECHSIG auf Grund der Myelogenese gibt (Abb. 90). FLECHSIG teilt seine Rinde ein in I. Primordialgebiete (doppeltschraffiert) (Feld 1-13), die schon vor der Geburt myelinisiert sind, und zwar speziell 1-8 eigentliche Sinneszentren (dunkler doppeltschraffiert) und 9-13 sog. autonome Zone (fragliche Sinneszentren) (lichter doppeltschraffiert); II. Intermediärgebiete (14-28), die von der Geburt bis zum Ende des ersten Monats markreif werden; sie legen sich zwischen die Primordialgebiete und die folgenden Assoziationsgebiete, die Randzone der ersteren bildend (einfach schraffiert); III. Terminalgebiete (29-36), die erst nach dem ersten Monat post partum allmählich markreif werden; nach FLECHSIG sind diese letzteren die Assoziationszentren, von denen aus keine Projektionsfasern gehen sollen, während von und zu den Primordialgebieten (und einem Teil der Intermediärgebiete) Projektionsfasern (Stabkranzfasern) kommen und gehen. Wir wollen an dieser Stelle auf FLECHSIGs Lehre nicht näher eingehen und uns weder um die berechtigten noch auch um die zum Teil unberechtigten Einwände vorderhand kümmern, die gegen sie erhoben worden sind. Wir wollen bloß rein morphologisch aufmerksam machen, daß beim Vergleich unserer Abb. 88 und der Flechsigschen Schemen (Abb. 90) sich auf den ersten Blick allerdings keine Ähnlichkeit zu ergeben scheint; nachträglich fällt bei näherer Betrachtung aber auf, daß FLECHSIGs Primordialzentren, wenigstens die Sinneszentren 1-8, zum großen Teil mit unserem Typus 1, Typus 5 des Isocortex und mit unserem Allocortex ziemlich genau zusammenfallen. In großen Zügen decken sich demnach FLECHSIGs Primordialzentren mit jenen Gebieten, die sich cytoarchitektonisch als heterotypischer Isocortex und als allogenetischer Cortex präsentieren 1). [footnote p 194 1) Eine Ausnahme bildet der Gyrus limbicus s. S. 447.] Diese Eigentümlichkeit ist sicher viel mehr als ein bloßer Zufall! (Vgl. Abb. 90 und Abb. 56-57.) Außerdem fällt es bei diesem Vergleich noch auf (Abb. 90 und Abb. 88), daß der parietale Teil unseres Typus 3, welcher außer dem Gyrus supramarginalis und angularis auch die erste Temporalwindung und den basalen Teil des Parietallappens (Temporooccipitalgegend) und den Lobus fusiformis umfasst, sich ziemlich deckt mit einem Gebiete bei FLECHSIG, welches ebenso wie das unsrige mit Aussparung der zweiten und dritten Temporalwindung die übrigen parietalen und temporalen Teile umfasst und zu seinem Intermediärtypus gehört. Allerdings zählt der Gyrus angularis bei FLECHSIG nicht dazu, sondern er gehört zum gleichen myelogenetischen Typus wie die ausgesparten T2 und T3; jedoch auch bei uns sehen wir, wie der Typus 1 (2), der die zwei mittleren Temporalwindungen charakterisiert, sich in den Gyrus angularis fortsetzt und somit doch wieder eine nicht zu leugnende Ähnlichkeit bedingt; allerdings ist die Ursache, die FLECHSIG und jene, die uns veranläßt, diese Ähnlichkeit anzunehmen, die gerade entgegengesetzte. FLECHSIG nimmt an, daß der Gyrus angularis und die T2 T3 als Assoziationszentren keine Projektionsfaserung besitzen, wir aber sehen die Ähnlichkeit von T2 und T3 und der von ihnen beeinflussten ventralen Zone des Gyrus angularis gerade darin, daß die V. und VI. Schicht in beiden Teilen gut entwickelt sind, gerade zum Unterschied des ganzen übrigen sie umgebenden Gebietes und gerade von V und VI nimmt unserer Ansicht nach wahrscheinlich ein Teil der Projektionsfaserung (corticopontine Faserung) doch ihren Ursprung! (Vgl. Abb. 87). Jedenfalls ist die cytoarchitektonische Zusammengehörigkeit der Gebiete des unteren Parietallappens, der ersten Temporalwindung, der temporooccipitalen Übergangsgegend und des Lobus fusiformis samt den angrenzenden Teilen des Lobus occipitalis zu einem gemeinsamen Typus (3) - und ihre gleichzeitige Zusammengehörigkeit zum myelogenetischen intermediären Gebiet (14, 19, 20, 24, 23) auffällig; ebenso auch hinwiederum die cytotektonische und myelogenetische Zusammengehörigkeit der T2, T3 und des Gyrus angularis (teilweise) mitten in dem obengenannten Gebiet. - Das Gebiet unseres Typus 3 im Frontalhirn zeigt wieder eine gewisse Übereinstimmung der Ausbreitung mit FLECHSIGs vorderem Assoziationszentrum 35 b.
Bau des Isocortex. 195
Abb. 90 a und b. FLECHSIGs Hirnkarte seiner myelogenetischen Felder. Die Zahlen zeigen die Reihenfolge der Entwicklung des Windungsmarkes an. (Die Schraffierung ist von uns der Übersichtlichkeit halber etwas modifiziert.) 1-13 sog. Primordialfelder, die vor der Geburt myelinisiert sind, davon 1-8 die eigentlichen Sinnessphären FLECHSIGs, dunkel gekreuzt schraffiert, und 9-13 autonome Felder, lichter gekreuzt schraffiert. Feld 14-28 Intermediärgebiete, die sich im Laufe des 1. Lebensmonats myelinisieren, auch Randzonen genannt, wahrscheinlich kommemorative Gebiete. Einfach vertikal schraffiert. Feld 29-36 Terminalgebiete, die sich erst später myelinisieren und angeblich keine Projektionsfasern entsenden oder erhalten, FLECHSIGs Assoziationszentren, in welchen die höheren psychischen Funktionen ihren Sitz haben sollen.
196 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Wir kommen im speziellen Teile bei Besprechung der einzelnen Areae später immer wieder auf FLECHSIGs Befunde und seine Felder zurück und wollen, dort jeweils noch eingehend eine Parallele zwischen seinen und unseren Befunden ziehen (frontales, parietales Assoziationszentrum usw.). Außer den vielfachen, schon genannten Beziehungen zwischen Zellaufbau und Myelogenese ist es ferner sehr bemerkenswert, daß, wie ein Vergleich unserer Abb. 88a und b mit FLECHSIGs Abb. 90 a und b sofort ergibt, unser Rindentypus 5, der Koniocortex also, regelmäßig innerhalb einer „Sinnessphäre" FLECHSIGs fällt. So ist auf Abb. 90, Feld 2, die Tastsphäre FLECHSIGs; innerhalb dieser nun, und zwar in der Vorderwand der hinteren Zentralwindung, ist ein langer Streifen unseres Koniocortex Abb. 88. FLECHSIGs Feld 5 stellt die Sehsphäre dar; auch hier nimmt die Wände und die Lippen der Calcarina innerhalb des Feldes 5 unser Koniocortex der Calcarina ein. Auf der Heschlschen Windung (Abb. 90 a) findet sich das Feld 7, die „Hörsphäre" FLECHSIGs; beinahe genau an derselben Stelle finden wir einen ovalen Fleck von Koniocortex (Abb. 88a). Und ebenso entsprechen dem retrosplenialen Gebiet 6 und dem hippocampischen subiculären Feld 4b (FLECHSIGs Geschmacks- und Geruchssphäre) zwei Streifen von Koniocortex (Rindentypus 5) auf Abb. 88 a. Wir sehen aber, daß FLECHSIGs sog. „Sinnessphären" meist um ein gutes Stück größer sind als unsere entsprechende, von Koniocortex eingenommene sensorische Rindenpartie. Ein Vergleich der (Flechsigschen) Abb. 90 (oder 91) mit (unserer) Abb. 56, 57 zeigt, daß dies zum Teil daher kommt, daß die sog. „Primordialfelder" außer dem granulösen Isocortex (Koniocortex), auf Abb. 56 dunkelblau, auch noch den übrigen heterotypischen Isocortex (auf Abb. 56, 57 lichtblau) und den Allocortex (rot) umfassen; doch erklärt auch dies nur zum Teil dieses Verhalten; denn wie ein Blick auf FLECHSIGs Tastsphäre 2 (Abb. 90) zeigt, nimmt dieselbe den größten Teil der vorderen und der hinteren Zentralwindung ein, während der Koniocortex nur einen Streifen in der Vorderwand der hinteren Zentralwindung bildet. Es scheinen demnach also FLECHSIGs reine Sinnessphären überhaupt größer zu sein als die Ausbreitung des Koniocortex, der also gleichsam bloß die höchste spezifische Differenzierung der sensorischen Rinde darstellt. (Näheres darüber findet sich noch im speziellen Teil für jede einzelne granulöse Area ausgeführt in §§5, 6 und 7 der Areae PB, TC, OC, LE und HD.)
Mit so verschiedenen Methoden, wie mit der Myelogenie und der Cytoarchitektonik, gewonnene Resultate lassen sich natürlich nicht unmittelbar miteinander vergleichen und es wäre auch ganz unwahrscheinlich, daß sie sich vollkommen decken; jedoch kann die Nebeneinanderstellung derselben für viele Fragen und für die künftige Forschung von Wert sein und zeigen, in welcher Richtung weitere Untersuchungen Erfolg versprechen könnten 1).
[footnote p 197 1) In neuerer Zeit hat FLECHSIG sein altes Schema Abb. 90 etwas modifiziert (siehe seine „Anatomie des menschlichen Gehirns und Rückenmarks" Bd. I), wir geben der Vollständigkeit halber auch die neuen Schemen auf Abb. 91 a und b wieder, obwohl FLECHSIG auch dieses Schema noch als provisorisch bezeichnet; der Unterschied und die Homologisierung der hier wegen einer bedeutenden feineren Einteilung und Zunahme der Felder veränderten Numerierung ergibt sich ohne weitere Erklärung von selbst durch direkten Vergleich der Bilder 90 und 91.]
Bau des Isocortex. 197
Abb. 91 a und b. FLECHSIGs neuere detailliertere myelogenetische Feldereinteilung. - I Prämature Rindenfelder = Primordialfelder, Feld 1-16 (schraffiert); II Postmature Rindenfelder 17-45 (weiß), letztere zerfallen in: IIa Felder, die eigentlich zu I gehören (Feld 20, 21 usw.), IIb Randzonen (Feld 18-40) der Assoziationszentren, IIc Zentralgebiete (Feld 41-45) (Assoziationszentren). Näheres im Text nachzulesen.
198 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Feld 1-16 nennt FLECHSIG jetzt prämature Felder, die vor der Geburt ihr Mark entwickeln; Feld 17-45 postmature Rindenfelder. - Nach FLECHSIG sind nun nicht alle sich früh entwickelnden Bahnen gleichwertig; zu allererst jedoch unter allen entwickeln sich die corticopetalen Projektionsbahnen (Stabkranz), und er nennt unter den prämaturen nur jene Felder „primäre Sinnesspharen", in welchen sich eben zuerst ein corticopetaler Stabkranz entwickelt; das sind - von den obengenannten Abb. 91 - die Felder 1-10. In den verschiedenen Feldern entwickeln sich die verschiedenartigen Fasersysteme nacheinander verschieden, z. B. in der Zentralwindung zuerst die corticopetalen (Taststabkranz = Taststrahlung), dann die corticofugalen Projektionsbahnen (Pyramidenbahn), dann die Balkenfasern, dann die Rindenmarkfasern, dann die Fibrae arcuatae und erst an sechster Stelle die großen Assoziationsbundel; doch ist diese Aufeinanderfolge je nach den Feldern eine verschiedene. Von jenen übrigen prämaturen Feldern, die nicht wie 1-10 Sinnessphären sind (Feld 11-16) entwickeln Feld 13, 14, 15, 16 zuerst die Balkenfasern und scheinbar gar kein corticopetales Projektionssystem; Feld 11 und 12 dagegen erhalten doch zuerst corticopetale Stabkranzbündel. Von den postmaturen Rindenfeldern entwickeln sich auch in Feld 17 zuerst Balkenfasern, in Feld 20 und 21 ähnlich wie in den prämaturen, doch erst nach der Geburt, corticopetale Projektionsfasern aus dem vorderen Thalamusstiel; für die Felder 18 und 19 sowie 22 bis 45 jedoch läßt sich kein Projektionssystem weder von noch nach subcorticalen Zentren nachweisen. Auch die spät markreifen Bahnen, wie die corticopontinen Bündel, entspringen nach FLECHSIG sämtlich in den Primordialgebieten! Die Felder 37 bis 45 bleiben frei von regelmäßig angeordneten markhaltigen Fasern bis über die 5. Lebenswoche hinaus, und er nennt sie Terminalgebiete; die später sich in ihnen entwickelnden Markfasern sind auch nicht Projektionsbahnen, sondern Assoziationsbahnen zu anderen Hirngegenden. Die Felder 22-37 nennt er dann Randzonen. Daß einzelne Projektionsfasern auch aus den Terminalgebieten entspringen, hält FLECHSIG nicht für unmöglich, jedoch keine Bahnen, kein Stabkranz. Interessant ist FLECHSIGs angabe, daß es mit einiger Übung möglich ist, den Markfasern in dem sich entwickelnden Gehirn an ihrem äußeren Verhalten, Steifheit, Dicke, Wellung usw. anzusehen, um welches Fasersystem es sich handelt, z. B. ob um Projektions- oder Balkenfasern. Auch FLECHSIG führt ferner in seinem neuen Werk die von uns früher hervorgehobene, prinzipiell sehr wichtige Tatsache an, daß auch cytoarchitektonisch seine Primordialgebiete einen von der gewöhnlichen Hirnrinde verschiedenen Bau aufweisen.
Wir haben bei Besprechung der fünf Rindentypen der isogenetischen Rinde im vorletzten Absatz darauf hingewiesen, daß wir Typus 1 und Typus 5, also den agranulären großzelligen Pyramidentypus und den granulösen kleinzelligen Typus (sog. Koniocortex), als extreme Variante eines granulären Mitteltypus des Isocortex auffassen könnten. Während wir nun alle übrigen verschiedenen Bildungen (l (2), 2, 3 und 4 dieses granulären Mitteltypus des Isocortex, an denen wir trotz seiner lokalen Modifikationen immer wieder den sechsschichtigen Bau ohne weiteres erkennen können, als homotypische (isogenetische) Bildungen bezeichnen, benennen wir jene extremen Modifikationen der isogenetischen Bilde, durch welche der Aspekt der Rinde von Grund auf geändert wird, als heterotypische (isogenetische) Rinde (S. 109). Die Heterotypie kann durch Zellveränderungen oder durch Schichtveränderungen hervorgerufen werden. Abb. 56, 57, 58 (S. 92) zeigen auf dem Hirnschema rot den Allocortex, blau (hellblau sowie dunkelblau) den heterotypischen Isocortex und weiß den homotypischen Isocortex.
Wir haben schon bei Besprechung der Zellarten (Kap. 2) erklärt, wie aus dem sechsschichtigen granulären Pyramidentypus des mittleren Frontalhirns caudalwärts auf den hinteren Abschnitten der drei Frontalwindungen und auf der vorderen Zentralwindung durch eine Umwandlung der meisten Zellen, auch der kleinen zu größeren Zellen, und zwar meist zu Pyramidenzellen, schließlich diese Körnerschichten von selbst zu bestehen aufhören. Es bleibt dann nur eine einzige breite Pyramidenschicht, welche den ganzen Baum vom unteren Rand der I. bis zum oberen Rand der VI. Schicht einnimmt, wobei sogar die oberen Teile der VI. Schicht zahlreiche Pyramidenzellen aufweisen, da die Spindelzellen ebenfalls vielfach Pyramidenform annehmen. Es ist, als ob von I bis VI eine einzige Pyramidenschicht die Rinde erfüllen würde, und III und V zu einer Schicht verschmölzen, also gleichsam alle Schichten bis auf I, III und VI verlorengingen. Wir haben es also hiermit einer „Verpyramidisierung" (sit venia verbo) der meisten Zellen des Rindenquerschnittes und gleichzeitiger Zellvergrößerung zu tun (S. 60); letztere führt in den hinteren Partien dieses Abschnittes, also im Gebiete der Rolandoschen Furche, sogar zur Bildung der Betzschen Riesenzellen in der V. Schicht, als maximalen Ausdruck der Verpyramidisierung und Zellvergrößerung; dadurch gehen auch hier die beiden Körnerschichten ganz verloren, und wir sprechen somit von einem agranulären Pyramidentypus 1 (Tafel I- VI). Auch in den frontoorbitalen Inselpartien findet derselbe Vorgang statt, nur zeigen hier die Pyramidenzellen die Neigung, eigentümlich lang und schmal zu werden, so daß sie sich der Spindelform nähern, so daß in dieser agranulären Bildung die meisten Zellen ein eigentümlich in die Lange gezogenes spindeliges Aussehen haben; man könnte also im gleichen Sinne beinahe auch von einer „Verspindelung" der Zellen in einem Teil des Typus 1 sprechen (Tafel XLII), zu dem dann ebenso auch, wenn auch in etwas weniger deutlicher Ausbildung, der vordere Teil des Gyrus limbicus gehören würde (Tafel XLVI). Auch finden sich als Extreme der Verspindelung - wie in der Centralis anterior als Extrem der Verpyramidisierung die Betzschen Riesenzellen - hier die Stab- und Korkzieherzellen. Es entwickeln sich also gleichsam diese Heterotypien durch eine eigenartige spezifische Zelldifferenzierung, welche zum Teil übrigens erst im extrauterinen Leben erfolgt; so wissen wir z. B. für das Stirnhirn, daß die Verpyramidisierung in der Jugend noch gering ist und erst später Fortschritte macht, d. h. daß die granuläre Zone des Frontalhirns im Laufe des Lebens zugunsten der agranulären an Ausdehnung nach rückwärts abnimmt. Auch individuell mag der Grad dieser Differenzierung große Unterschiede aufweisen. Am Temporalpol nehmen ebenfalls beinahe alle Zellen Pyramidenform an, und zwar hier meist eine eigenartige Tropfenform, zum großen Teil tun dies sogar die oberen Spindelzellen der V. auch und ebenso die Zellen der IV.; jedoch werden letztere nur am dorsalen Rande des Temporalpols so groß, daß die Formation agranulär erscheint (Tafel XCVIII); im größten Teile dieses Poles nehmen die Zellen der IV. auch tropfenähnliche Pyramidenform an, bleiben jedoch relativ klein genug und dicht genug aneinander gedrängt, um das Bild einer IV Schicht zu markieren (Tafel XCVII), ohne aber eine eigentliche Körner schiebt zu bilden, so daß der Temporalpol ebensogut zur granulären als zur agranulären Rinde gezählt werden könnte. Abb. 76 zeigt die Ausdehnung der ganzen agranulären Rindenbildung übersichtlich an; auf ihr ist zur Andeutung des eigenartigen Verhaltens des Temporalpols derselbe blau schraffiert.
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200 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Eine andere, wenn auch nicht ebenso verbreitete, doch sehr wichtige Zellumwandlung ist die schon mehrfach erwähnte „Verkörnelung" der Rinde, über die wir schon bei Beschreibung der Körnerzellen (S. 57) sowie bei Beschreibung der einzelnen Schichten (S. 136 und S. 164, 177) gesprochen haben. Man betrachte hierzu Tafel LX 1, LXXXV, XCIV, LIII1.2, CX. Man sieht daran, daß es bei der Verkörnelung meist auch zu einer Verdickung der Körnerschichten bei sonstiger Abnahme der Gesamtrindendicke, in der Calcarina sogar zu einer Verdoppelung der Körnerschichten und einer Vermehrung ihrer Elemente kommt, außerdem aber vor allem zu einer partiellen oder totalen Verkleinerung der Elemente der übrigen sonst großzelligen Schichten auch, so daß sie von Körnerzellen in der Größe wenigstens nicht sehr different sind. Wir nennen dann diese Bildung granulöse Heterotypie; es ist dies, wie gesagt, der Rindentypus 5 der Abb. 88, der sog. Koniocortex. In Abb. 70, 71 ist er durch dichte Granula dargestellt und ebenso auf der arealen Hirnkarte (Abb. 19, 20). Der Koniocortex breitet sich also an jenen Stellen aus, wo wir die Sinneszentren lokalisieren zu dürfen glauben. In ihrem Umfang werden die Zellen meist nicht zu wirklichen, ovalen oder runden, Körnerzellen, sondern bloß zu sehr kleinen Elementen (s. S. 136). Am häufigsten befällt diese Verkörnelung die III. Schicht; z. B. in einem Teil der Vorderwand der hinteren Zentralwindung (Tafel LX), dann auch in der Wand der Calcarina (Tafel LXXXV), der sog. Area striata, und in der Heschlschen Windung (Tafel XCIV); aber auch in der Regio retrosplenialis (Tafel LII) und ihrer ganzen Länge nach an der oberen Lippe des Gyrus hippocampi (Tafel CX) - in letzteren beiden findet sogar tatsächlich eine Umwandlung der III. in echte Körnerzellen statt, und zwar sind in der retrosplenialen granulären Formation die Zellen direkt runde Körner, in jener des Gyrus hippocampi ovalspindelige, mit ihrer Längsachse gegen die Oberfläche gerichtete Körner; im Gebiete der retrosplenialen fehlt dabei die II beinahe und die IV eigentlich ganz; auch im Gebiet des hippocampischen Koniocortex fehlt die IV, und es bilden II + III die granulöse Körnerlage. Von den großzelligeren Schichten (III, V, VI) macht, wie gesagt, gewöhnlich nur die III. in mehr oder minder ausgesprochenem Maße die Verkörnelung mit, während die beiden Schichten V und VI meist bloß sehr verschmälert sind; in der Calcarina jedoch besteht auch die VI. Schicht aus so kleinen Zellen, die größtenteils auch nicht mehr spindelförmig sind und sehr dicht aneinander liegen, so daß sie ebenfalls wie Körner aussehen (Tafel LXXXVI). In der V. Schicht sind im Koniocortex zwar die Zellen auch meist sehr klein, bis auf einzelne von besonderer Größe - wie z. B. die sporadischen Meynertschen Riesenzellen dieser Lage in der Calcarina. Auffallend und typisch ist außer der Verkörnelung für die granulöse Formation auch noch die Aufhellung der V. Schicht, die meist sehr deutlich sichtbar ist. An Golgi-bildern zeigt sich immer in dieser Schicht ein auffallend dichtes Fasergeflecht (S. 191, Abb. 89), das speziell die Va dieser Formation ausfüllt und sich recht unvermittelt hier ausbreitet; dadurch kann auch an Golgi-bildern diese Formation von der Umgebung erkannt werden; wir haben wohl in diesem Fasergeflecht, entsprechend dem sensorischen Charakter dieser granulösen Rinde, die wir im Gebiete der Tastsphäre, der Sehsphäre, der Hörsphäre, der Riech- und Schmecksphäre finden, das Endgeflecht der zuführenden sensiblen Projektionsbahnen zu sehen. In der Centralis posterior (Tafel LX) und der Heschlschen Windung (Tafel XCIV) ist die V. recht licht; in der Calcarina (Tafel LXXXV) findet sich entsprechend der verdoppelten Körnerschicht auch eine doppelte Aufhellung, und zwar eine in der V. und eine zweite, die des Gennarischen Streifens (IVb), zwischen den beiden Körnerblättern (IVa und IVc) der gedoppelten Körnerschicht. In der retrosplenialen granulösen Formation hellt sich die V. ebenfalls auf, besonders gegen den Grund des Sulcus callosus (Tafel LII), wo ihre zelligen Elemente sogar fast aufhören, und in der granulösen Formation des Hippocampus (Tafel CX) ist die V. so zellarm, daß sie stellenweise ganz zu fehlen scheint. - Diese Verkörnelungs-heterotypie verändert das Schichtbild sehr bedeutend; mit schwacher Vergrößerung, z. B. 25 mal, sieht man die ganze Rinde wie bestäubt einförmig ungeschichtet; nur die lichtere V ist als heller Streifen zu erkennen; wir nennen deshalb diese Rindenbildung granulös zum Unterschied von der gewöhnlich sechsschichtigen granulären Rinde; oder als Staubrinde mit einem griechischen Adjektiv - koniortodes Cortei - kurz Koniocortex. Es handelt sich also auch hier um eine spezifische Differenzierung der Rinde im Sinne der kleinen Zellen. Diese Differenzierung zeigt je nach dem Orte verschiedene Grade ihrer Entwicklung, z.B. ist in der Calcarina die Verkörnelung am schönsten durchgeführt, in der Heschlschen Windung am wenigsten vollkommen. Auf die großen Unterschiede, die die homologen Regionen bei den verschiedenen Tierklassen aufweisen, wollen wir hier vorderhand gar nicht zu sprechen kommen 1), aber auch beim Menschen allein sind schon individuelle Unterschiede ihrer spezifischen Entwicklung häufig, z. B. stellen Tafel LIX2 und Tafel LX1 den Koniocortex der Vorderwand der Centralis posterior zweier verschiedener Individuen dar. Auf dem zweiten Bild nun sehen wir eine sehr weitgehende Verkörnelung der Zellen der III. Schicht, während auf dem ersten die meisten Zellen der III. Schicht zwar äußerst klein sind, aber doch noch die spitze Pyramidenform aufweisen.
[footnote p 201 1) Bei Besprechung der einzelnen granulösen Areae im speziellen Teile kommen wir jeweils darauf zurück.]
Bau des Isocortex. 201
Noch eine Zellumwandlung ist im Koniocortex recht häufig, und zwar verlieren die Zellen der VI. Schicht vielfach ihre Spindelform und nehmen Dreiecks oder Pyramidenform an. Am schönsten ist diese Umwandlung im Koniocortex der hinteren Zentralwindung und der Calcarina zu sehen, kommt jedoch auch sonst vor. Wir verweisen hier auf die Besprechung der einzelnen granulösen Areae (PB, TC, OC, LE und HD) im speziellen Teile. Die Abgrenzung des Koniocortex gegen die Umgebung ist manchmal eine haarscharfe wie bei der Calcarina, bei der hippocampischen und retrosplenialen granulösen Formation; in den anderen Fällen jedoch differenziert sich die granulöse Bildung nur allmählich und oft sogar - wir möchten sagen - schubweise aus der granulären Umgebung; so z. B. wechseln in der Heschlschen Windung am Rindenquerschnitt radiäre, breite Streifen von schon hochdifferenziertem kleinzelligen Koniocortex mit solchen weniger vollkommen differenzierten ab, in welch letzteren der Zellbau der übrigen nicht granulösen, sondern granulären Umgebung noch zu sehen ist; ein ähnliches Verhalten ist auch in der Vorderwand der Centralis posterior. Aber sogar in der Nähe der Calcarinalippe findet man jenseits der haarscharfen Grenze des Koniocortex versprengt, mitten im Isocortex der nächsten Umgebung, einzelne so körnerreiche Inseln (allerdings ohne Verdopplung der Schicht IV!), daß man an granulöse fleckenhafte Bildungen denken muß (vgl. spezieller Teil, Area OC und OBΩ, 11. Kap. A, 2 §5 und 3 §7).
Außer den durch die genannten Zell Veränderungen bedingten Heterotypien gibt es auch solche durch Schichtenveränderung, und zwar kann man sie systematisch mit BRODMANN einteilen in a) solche durch Schichtenverminderung und b) solche durch Schichtenvermehrung. a) Als Beispiel für die Schichtenverminderung des Isocortex gilt vor allem der Mangel einer IV. und II. Körnerschicht, also die agranulären Bildungen, soweit sie zum Isocortex gehören (Tafel I-VIII); auf Abb. 56-58 sind diese mit lichtblauer Farbe verzeichnet. Außer dem großen zusammenhängenden Gebiete gehört noch ein schmaler, kommaförmiger, dorsocaudal vom Koniocortex der Retrosplenialgegend gelegener Streifen Rinde dazu. Diese Partien gehören jedoch schon nach dem oben (S. 199) Gesagten wegen der Zelländerung der Verpyramidisierung oder Verspindelung zu den Heterotypien. Ferner findet eine Schichtverminderung durch Verlust der IV. und Verminderung der II. Schicht in der Retrosplenialgegend in diesem Koniocortex (LE) selbst statt, der aber auch schon ohnehin zu der heterotypischen Rinde gehört. b) Als Beispiel einer Schichtvermehrung können wir bloß die Spaltung der IV. Schicht im Gebiete der Calcarina durch den Gennarischen Streifen in eine obere Lage IVa und eine untere Lage IVc verzeichnen, während der Gennarische Streifen selbst als lichter Streifen IVb zwischen den beiden erscheint; aber auch dieses durch diese Teilung horizontalstreifig erscheinende Gebiet, das man daher Area striata heißt, gehört seiner Zellbildung nach als Koniocortex eben auch schon zu den Heterotypien. Außer dieser sind unserer Ansicht nach keine anderen wirklichen Schichtenspaltungen in der Rinde zu finden, wenn man nicht die schon oft erwähnten Unterschichten (z. B. IIIa, IIIb, IIIc usw.) dazu zählen wollte. Dagegen führt als weiteres Beispiel für die Verdoppelung einer Schicht BRODMANN die Inselrinde an, da er das Claustrum als abgesprengte untere Hälfte der VI. Schicht ansieht. Schon S. 105 bei Besprechung der Cortexentwicklung und S. 171 bei Besprechung der VI. Schicht haben wir erklärt, wie es sich um das Claustrum verhält, das Nähere findet sich im arealen Teil S. 484 bei Besprechung der Rinde des Lobus insulae. Diese alte Meynertsche Ansicht, das Claustrum gehöre zur Rinde, ist heute nicht mehr haltbar. Wir betrachten dasselbe, mit LANDAU, als den tiefen Großhirnganglien nahestehend, und wir zählen demnach die Inselrinde wegen ihrer deutlichen bloßen Sechsschichtung zur homotypisch-isogenetischen Rinde, wobei wir als ihre Eigenheit - die allerdings ihr Gesamtbild nicht ändert - vermerken, daß ihre zellockere VIb-Schicht abnorm weit in die Tiefe ihre Zellen entsendet, so daß sie bis zum Claustrum reichen. Will man dieser von praktischen Gesichtspunkten diktierten Einteilung nicht beipflichten, so müsste man die Inselrinde eigentlich gar nicht zum Isocortex, auch nicht zum heterotypischen Isocortex, sondern zum allogenetischen Cortex striatus zählen, da ihre eigentümliche Bauart schon in dem ursprünglich verschiedenen Verhalten ihrer Rindenanlage unmittelbar lateral von der Anlage der Subst. perforata und der lateralen Olfactoriuswurzel ihre Ursache hat.
202 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Die wiederholt vorkommende und S. 166 erwähnte Spaltung von V in eine zellreiche Oberlage Va und eine lichtere Vb, oder auch diese Art der Zellagerung der IV im Parietallappen in eine rundkörnige IVa und eine Triangulärkörnelung IVb (S. 151) sowie der III in IIIa, b und c (S. 127) bedingt keine Heterotypie, da sie das Gesamtbild der sechsschichtigen Rinde nicht wesentlich verändert.
Überblicken wir das Gesagte, so kommen wir zum Schlüsse, daß es theoretisch wohl viele Möglichkeiten der Heterotypien gibt, praktisch genommen, reduzieren sich aber die Heterotypien beim Menschenhirn auf zwei, auf den agranulären Cortex und auf den granulösen oder Koniocortex. Abb. 56-58 zeigen, wie schon gesagt, ersteren lichtblau, letzteren dunkelblau gefärbt in seiner Ausbreitung auf der Hirnoberfläche im Schema (Konvexität, Medianfläche und Basis); in demselben Schema ist der Allocortex rot gefärbt. Bezüglich der Areae, die zum heterotypen Isocortex gehören, s. das folgende 5. Kapitel.
Der Allocortex selbst hat viel weniger noch als der Isocortex ein gleichförmiges Aussehen. Schon die Grundlage seiner Entwicklung ist eine recht verschiedene und wir verweisen hier auf das, 3. Kap., S. 93-108, schon ziemlich ausführlich darüber Gesagte. Danach bezeichnen wir als allogenetischen Cortex alle jene Partien der äußeren Großhirnoberfläche, welche sich schon in ihrer frühen Anlage (3. Embryonalmonat) unterscheiden von dem durch eine deutlich differenzierte embryonale Rinden oder Pyramidenschicht charakterisierten übrigen Cortex [Isocortex] (Abb. 66, Bild I-X). Auf Abb. 56-58 ist der Allocortex in all seinen Teilen rot eingezeichnet. Im vollentwickelten Zustand kann man am menschlichen Allocortex mit BRODMANN drei Hauptgruppen unterscheiden, einen Cortex striatus, einen Cortex rudimentarius, einen Cortex primitivus (S. 104). Der erstere entwickelt sich aus jenem Teil der allogenetischen Anlage, welche wenigstens eine Andeutung einer Rindenschicht, wenn auch eine lockere und undeutliche und mit der Matrix durch die lange persistierende Zwischenschicht in Verbindung bleibende, aufweist; dies ist meist an den Grenzgebieten zwischen Isocortex und Allocortex der Fall; diesem Ursprung gemäß besteht dieser allogenetische Cortex auch zeitlebens aus mehreren deutlich ausgebildeten Schichten des allgemeinen Typus, welche aber selbst durch spezifische Entwicklung weiter differenziert sind und daher auch nicht unwesentliche Unterschiede gegenüber den homologen Schichten des Isocortex zeigen. So zeigt z. B. Tafel C ein Bild der Rinde des Uncus, an dem man alle Schichten erkennen kann, doch ist die II. ganz gewaltig modifiziert zu großen Glomeruli, die III. auch stark zerklüftet und verändert, die IV. ist durch einen weißen zellosen Streif ersetzt, die V. und VI. sind noch relativ gut entwickelt. Zu diesem Cortex striatus gehört die Rinde des ganzen Uncus (mit Ausnahme seines fimbriaren Endes, s. Abb. 21-24), die ganze Kuppe der vorderen Hälfte des Gyrus hippocampi, die obere Hälfte der Kuppe des hinteren Teils desselben, ferner die granulöse Bildung, der sog. Koniocortex des Hippocampus (d. h. also die sog. Präsubiculargegend), außerdem die caudale Hälfte des Carrefour olfactif von BROCA; evtl. könnte man die dem Corpus callosum zugewendete Innenwand des ganzen Gyrus limbicus superior ebenfalls noch dazu rechnen; doch ziehen wir es vor, dieselbe zum heterotypischen Isocortex zu zählen, da trotz der Heterotypie dieser Innenwand die einzelnen Schichten doch nicht so wesentlich verändert sind. Der retrospleniale Teil dieser Innenwand samt dem Koniocortex könnte dann allerdings gerade wegen seiner starken Schichtenänderung ohne weiteres zum Allocortex striatus gezählt werden. Es ist eben hier im Grenzgebiete doch zum Teil Ansichtssache, wo man die Grenze zwischen Iso- und Allocortex ziehen will.
Bau des Allocortex. 203
Der Allocortex rudimentarius zeigt nur wenige Schichten; meist bloß die I. und VI. oder I., V. und VI. Schicht und diese, soweit es sich um Zellschichten handelt, meist bloß in schmälerer Ausbildung; zu ihr gehört das Subiculum des Hippocampus und die Ammonsformation, die Fascia cinerea und das Gebiet der Stria obtecta, der innere Saum des Gyrus limbicus im Tal des Sulcus callosus, d. h. also die Umschlagstelle der Rinde auf den Balken; dann der mediale Gyrus olfactorius, dann der ganze Gyrus olfactorius lateralis in seinen drei Abteilungen (frontal, insular und temporal) und der Gyrus semilunaris, der die Fortsetzung des Gyrus olfactorius lateralis auf den Uncus darstellt, und die Gyri digitati des Uncus, welche die Fortsetzung der Ammonsformation darstellen. So bildet der Cortex rudimentarius einen beinahe geschlossenen Kreis um den Balken und um die Subst. perforata ant. herum. Neben der Rinde ist auch beim Cortex rudimentarius eine dicke Marklage vorhanden.
Der Allocortex primitivus schließlich hat überhaupt keine mit der übrigen Rinde vergleichbare Zusammensetzung, sondern besteht bloß aus der I. Schicht und aus regellosen Anhäufungen von Ganglienzellen, die zum Teil vielfach mit den subcorticalen Ganglien zusammenhängen. Eine eigene, subcortical gut entwickelte Marklage fehlt ihm. Zum Cortex primitivus ist vor allem die Substantia perforata ant. und das Tubercul. olf. zu zählen. Außerdem gehören dazu, sind aber in unserer Beschreibung nicht weiter berücksichtigt der Bulbus und Tractus olfactorius, die Lamina terminalis und das Septum pellucidum. Den grauen Überzug der Fascia dentata, das Induseum, den Gyrus subcallosus zählen wir ebenfalls lieber zum Cortex primitivus ihres Baues und Zusammenhanges mit der Subst. perf. wegen, trotz ihrer ependymären Anlage (s. S. 105), während Brodmann sie zum rudimentären Cortex rechnet.
Diese dreifache Einteilung des Allocortex, nach dem Grade der Entwicklung der Schichten in ihm, erschöpft natürlich nicht alle tatsächlich vorkommenden Variationsmöglichkeiten im Aussehen des Allocortex, der ja an und für sich variabler ist als der Isocortex. Auch in ihm finden sich Änderungen nach der Zellform durch Differenzierung; so enthält die Gegend des Ammonshorns die - man könnte sagen - schönsten Pyramidenzellen der ganzen Hirnrinde als beinahe ausschließliche Zellform, allerdings bloß in einer einzigen, breiten, streifenartigen Schicht (s. Tafel CVIII im Gebiete von HE1,2,3); also könnte man auch hier von einer „Verpyramidisierung" der Rinde in gewissem Sinne sprechen; andererseits kommt es auch, wie wir schon vielfach erwähnt haben, an der Oberkante des Gyrus hippocampi zu einer „Verkörnelung" und Verschmelzung der II + III mit Aufhellung der V, also zu der Bildung eines regelrechten Koniocortex (s. Tafel CVIII, HD1,2,3). Man könnte also auch nach den gleichen Prinzipien wie den Isocortex auch den Allocortex weiter unterteilen.
204 Einzelheiten über die Zusammensetzung und die Bedeutung des lamellären Rindenbaues.
Auf Abb. 56-58 haben wir neben den dunkel- und lichtblau verzeichneten Heterotypien des granulösen und agranulären Isocortex den Allocortex rot gefärbt; man sieht, daß er den größten Teil jenes Gebietes einnimmt, den man gewöhnlich als Riechhirn bezeichnet, aber ohne den Gyrus cinguli (vgl. Abb. 61). Der ganze sog. Gyrus intralimbicus (die Circonvolution goudronnee) gehört zu ihm, der größte Teil des Gyrus hippocampi, der Uncus mit seinen Nebenwindungen (Gyrus digitati, Gyrus ambiens und semilunaris), die laterale Olfactoriuswurzel mit ihrer Rinde und die Substantia perforata und die mediale Olfactoriuswurzel mit ihrer Rinde, die wieder mit der Circonvolution godronnée auf dem Carrefour olfactif von BROCA zusammentrifft, ferner Septum pellucidum, Lamina terminalis, Bulbus und Tractus olfactorius, welch letztere wir, wie gesagt, nicht näher berücksichtigen. Also bildet der Allocortex einen ganz geschlossenen Ring. Allseits ist nun dieser Ring, wie wir sehen, von heterotypischem Cortex umsäumt (!), nirgends grenzt er unmittelbar an den normalen sechsschichtigen Typus, bis auf eine etwas hinter der Mitte des Balkenrückens befindlichen Lücke (in Abb. 57 mit a bezeichnet), auf die wir noch zu sprechen kommen; sonst geht er allerorten bloß in den heterotypisch gebauten Isocortex über. Da nun der heterotypisch gebaute Isocortex eben auch zum Teil recht verschieden vom homotypischen gewöhnlichen Isocortex gebaut ist (obschon er noch die sechs Grundschichten alle erkennen läßt), da aber andererseits der Cortex striatus des Allocortex ebenfalls noch die sechs Grundschichten erkennen läßt, so ist es, wie gesagt, natürlich sehr schwer, auf anatomisch-histologischer-Grundlage die Grenze zwischen Allo- und Isocortex zu ziehen. Auch auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Überlegung ist das nur mit einem gewissen Grade von Wahrscheinlichkeit möglich; denn, wie wir gesehen haben, hört in der embryonalen Rinde des 3. Monats schon die sog. Rindenschicht als Anlage des Isocortex gegen die Teile der Rinde, die sich ohne solche Schicht (Allocortex) entwickeln, nicht plötzlich auf, sondern sie zeigt ebenfalls eine Übergangsbildung, aus der sich eben die beiderseitigen Grenzformationen entwickeln, so daß man auch hier eine scharfe Trennung wohl nicht wird durchführen können (s. S. 106). Danach müssen wir sagen, daß man den Koniocortex retrosplenialis z. B. besonders in seiner inneren Hälfte, wo er, wie S. 468 auseinandergesetzt wird und Tafel LII, Bild 1, 2 LE2, zu sehen ist, nur mehr aus drei Schichten besteht, recht wohl auch schon zum Allocortex zählen könnte. Andrerseits wieder sieht der caudale Abschnitt der Uncusformation (Cortex striatus), der auf dem eigentlichen Gyrus hippocampi schon liegt, vielfach derart dem gutgeschichteten Isocortex agranularis bei manchen Menschenhirnen ähnlich, daß kaum ein triftiger rein anatomischer Grund sich anführen läßt, dessentwegen er nicht zu dem letzteren gezählt werden sollte. Von Bedeutung scheint uns allerdings diese Frage nicht zu sein, wir führen dies alles bloß an, um gerade die Undurchführbarkeit einer ganz rigorosen Abgrenzung an den Grenzformationen zu erläutern.
Bau des Allocortex. 205
Am Balkenrücken zwischen den agranulär heterotypischen vorderen Teil des Gyrus cinguli einerseits, dem granulösen (und agranulär-heterotypischen), retrosplenialen Teil des Gyrus cinguli andererseits, ist auch die Innenwand des Gyrus cinguli auf eine Strecke weit sechsschichtig gebaut; also ist in diesem Abschnitt auch an der Grenze gegen den Allocortex die an denselben grenzende Rinde, entgegen dem sonstigen gewöhnlichen Verhalten, nicht heterotypisch, sondern homotypisch, so daß hier der Allocortex des Gyrus intralimbicus direkt an den homotypischen Isocortex des Gyrus limbicus grenzt in einer Ausdehnung, die in Abb. 57 mit a bezeichnet ist. Es entspricht diese Stelle der Area cingularia limitans posterior LC3. Dieselbe hat allerdings keine sehr ausgeprägte IV. (innere Körner-) Schicht; immerhin ist aber die Körnerlage deutlich genug, damit wir hier diese Ausnahme von der Regel verzeichnen.
Im übrigen zerfällt auch der Allocortex in viele verschieden gebaute areale Felder, die wir im Laufe der weiteren Untersuchung im speziellen Teile sehr eingehend beschreiben werden.
Wir haben schon im 4. Kap., S. 186 erwähnt, daß die ideale Art, den Bau der Hirnrinde für jede einzelne ihrer Stellen wiederzugeben, also eine ideale Hirnkarte zu schaffen, das Übereinanderlegen von genauest ausgearbeiteten Schichtenkarten wäre. Man denke sich viele Blätter, die schematisch für die ganze Hirnoberfläche jedes Detail jeder Schicht in seiner ganzen Ausbreitung wiedergeben, sich deckend übereinander gelegt, ähnlich wie unsere Abb. 68- 84, die ganze Rindendicke, die Dicke der sechs einzelnen Schichten und einzelne Eigenschaften derselben übersichtlich darstellen, so hätte man auf diese Art für jeden Punkt die Möglichkeit, seine architektonische Zusammensetzung aus dieser kombinierten Schichtenkarte zu lesen (abgesehen natürlich von den individuellen unterschieden). Ferner hat uns Abb. 88 in gewissem Sinne einzelne allgemeine Rindentypen gezeigt, Abb. 45, 46 die Verteilung der senkrechten Streifung in der Rinde usw. Von einer solchen idealen, ganz objektiven Darstellung, welche es jedem Untersucher ermöglichen würde, unabhängig von jeder Beschreibung sich ein eigenes Bild und Urteil über die Architektonik jeder Hirnstelle ohne weiteres zu bilden, müssen wir heute aus praktischen Gründen der derzeit noch mangelnden genauen Durchführbarkeit halber absehen. Wenn wir mit Berücksichtigung dieser einschränkenden Erwägungen an das feinere Studium der Architektonik der Hirnrinde herangehen, so ergibt sich uns die Möglichkeit, die Hirnrinde nach den lokalen Änderungen ihrer Zellzusammensetzung in dem von MEYNERT und BETZ vorgeschlagenen und von CAMPBELL durchgeführten Sinne in cytoarchitektonisch voneinander verschieden gebaute Bezirke einzuteilen und schließlich eine areale Hirnkarte zu geben, wie wir sie in Abb. 92, 93, 94, 95 für alle vier Hirnflächen hier darstellen 1). Wir gehen bei dieser Felderung nicht nach genau bestimmten Kriterien vor, z. B. halten wir uns nicht etwa an den Bau der III. Schicht allein oder an die Form der Pyramidenzellen, oder auch nicht an mehrere dieser Kriterien zugleich, sondern möglichst an das Gesamtbild des Rindenquerschnittes; wenn uns dasselbe in einem Hirnteile in seinem Bau gleichartig genug scheint, um es als ein und dieselbe Formation anzusehen, dann fassen wir dieses Hirngebiet als ein eigenes Feld oder eine Area auf, dessen Grenzen bis dorthin gehen, wo wieder derartige Unterschiede im Bau einzelner oder aller Schichten sich allmählich oder auch unvermittelt einstellen, daß wieder das Gesamtbild des Rindenquerschnittes verändert erscheint. Tatsächlich hält sich jeder Untersucher mehr oder weniger bewusst bei Beurteilung der Änderung des „Gesamtbildes" - welches eigentlich nach dem in dem vorhergehenden 4. Kap. A, Absatz 4 und 7 Gesagten sich ständig etwas ändert - doch immer wieder an einzelne, ihm auffallende Kriterien, so daß eine solche areale Einteilung immer auch eine persönliche Note hat; mehr oder weniger bewusst wird dieselbe auch von unseren physiologischen und anatomischen Kenntnissen und Erwartungen etwas beeinflusst. Daß dieses persönliche Moment bei der Einteilung der Hirnrinde in Felder immer mitspielt, lehrt schon der einfachste Vergleich der bisher gegebenen Hirnkarten von CAMPBELL (Abb. 1 und 2), ELLIOT SMITH (Abb. 3 und 4), BRODMANN (Abb. 6 und 7) und auch unsere (Abb. 19 und 20). CAMPBELL ließ sich z. B. bei der Feldereinteilung im Frontallappen mehr von der guten Entwicklung der Pyramidenzellen in der III. Schicht leiten als von der Entwicklung der IV. (Körner-) Schicht; er hat daher seine intermediate präzentrale Area, welche BRODMANNs Area frontalis agranularis (Feld 6) und unserer Area frontalis agranularis (FB) entspricht, erst ebenso wie BRODMANN und wir nach unten ventral spitz zulaufend über die erste und zweite Stirnwindung auf die untere Hälfte der vorderen Zentralwindung reichen lassen, aber er zeichnet sie außerdem dann noch von hier auf die dritte Stirnwindung ganz breit übergreifend, und läßt sie bis auf die Orbitalfläche derselben sich frontalwärts erstrecken; diese viel größere Ausdehnung mißt er dieser Area deshalb zu, weil sich tatsächlich außer auf den hinteren Abschnitten der F1 und F2 und der Centralis anterior auch auf der ganzen dritten Stirnwindung (mit Ausnahme ihres prätriangulären Fleckes) die Pyramidenzellen schöner entwickelt finden als im übrigen Frontalhirn und er die Abgrenzung dieser Area nach diesem Kriterium vorgenommen hat. BRODMANN, der wieder das Verhalten der Körnerschicht mehr beachtete als das der Pyramidenzellen, hat diese Area 6 ventral auf der vorderen Zentralwindung aufhören lassen, da schon der Fuß der dritten Stirnwindung und noch mehr die frontal davor gelegenen Teile zum Unterschied der übrigen Area praecentralis intermedia, die sonst noch agranulär ist, schon eine deutliche innere Körnerschicht aufweisen. Aber die Beachtung auch solcher subjektiver persönlicher Momente bleibt wertvoll, weil sie doch ihre Begründung in der objektiven richtigen Beobachtung einer architektonischen Eigenheit haben. Wenn VOGT und BRODMANN u. a. behaupten, daß an den Grenzen ihrer Areae sich immer das Gesamtbild des Querschnittes der Rinde ändere durch eine gegenseitige Beeinflüssung des Baues der verschiedenen Schichten untereinander, derart, daß eine radikale Änderung in einer Schichte irgendeine Modifikation des Baues auch der anderen Schichten mitbedingt, und dadurch gleichsam eine andere „Area" zustandekomme, so ist diese Auffassung zwar für gewisse, sehr scharf abgegrenzte Areale berechtigt, so besonders für die Grenzen des Allocortex gegen den Isocortex, oder gewöhnlich auch für die Grenzen heterotypischer Rindenteile gegen homotypische, außerdem noch für einzelne Rindenstellen, z. B. den Übergang der Area des Fußes der dritten Stirnwindung zur Area der Pars triangularis, die davor liegt; im großen ganzen jedoch ist eine gegenseitige Schichtenbeeinflussung und plötzliche Bildänderung, wenigstens innerhalb des homotypischen Isocortex, eher selten zu sehen. Es ändern sich die Schichten vielmehr meist allmählich, voneinander unabhängig in einer bestimmten Richtung, in einem Hirngebiete, in einem bestimmten Sinne (so z. B. werden im unteren Parietal- und im Occipitallappen die V und VI caudalwärts kleinzelliger), jedoch ändert sich meist jede Schicht für sich anders, d. h. in einer anderen Richtung und in einem anderen Sinn, wodurch sich das Querschnittsbild der Areae auch kontinuierlich ändert; und auch BRODMANN gibt, wo er sich von fremdem Einfluß freimacht, ohne weiteres für den größten Teil der Hirnrinde den fließenden Übergang für die meisten dieser Änderungen zu. Es lassen sich diesbezüglich nur wenige Regeln erkennen, wie z. B. die, daß die zellreichen, stark gekörnten Rindenpartien meist sehr dünn, die agranulären meist sehr dick sind.
[footnote p 206 1) Die vorher auf S. 25 gegebenen Abb. 19 und 20 entsprechen den Abb. 92 und 93 und sind bloß in verkleinertem Maßstabe wiedergegeben.]
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 207
208 Areale Einteilung des Cortex.
Abb. 92 Cytoarchitektonische areale Hirnkarte der Konvexität.
Ergibt sich bei den abrupten und extremen Änderungen (z. B. beim Schichtenverlust [agranuläre Areae] oder Zellveränderung [Koniocortex]) die areale Umgrenzung ganz von selbst, und ist dieselbe bei diesen Feldern wohl als etwas objektiv Gegebenes zu betrachten, so ist die Einteilung des übrigen Gehirns in Areae ein zwar etwas willkürliches, aber immerhin sehr notwendiges Mittel zur Verständigung, das zwar neben der anatomischen Grundlage auch ein gewisses persönliches Moment an sich trägt, welches aber durch stets weitergehende Detaillierung der Einteilung dem tatsächlichen Verhalten der fließenden Übergänge immer näherkommen wird. Eine solche fortschreitend ins Detail gehende Einteilung würde mit der Zeit eine stets zunehmend größere Anzahl von Areae hervorbringen. Da aber jedes Gehirn seine individuellen Eigenheiten auch im mikroskopischen Baue hat, ist dieser Einteilung dadurch eine Grenze gesetzt, daß bloß das als eine Area zu bezeichnen ist, was sich über die individuellen Schwankungen hinaus überall als im Bau konstant erweist und sich an jedem Hirne wiederfinden läßt. Es zeigen die verschiedenen, bisher von den oben angeführten Autoren gegebenen Hirnkarten eine progressive Vervollkommnung und BRODMANNs Hirnkarte, welche viele Grundlagen von CAMPBELL und SMITH übernommen hat, zeigt eine viel reichhaltigere, in zahlreiche neue Einzelheiten eingehende Einteilung. Wir haben vorerst versucht unabhängig von den anderen Autoren durch unsere Untersuchungen die Einteilung der Hirnrinde in Areae vorzunehmen und haben dann unsere Befunde mit den bisherigen Ergebnissen der anderen Autoren verglichen und, soweit als eine Identifizierung unserer Areae mit jenen der früheren Autoren möglich war, die gleichen Namen wie jene dafür eingesetzt, um nicht durch die disparate Nomenklatur das Thema zu verwirren. An einzelnen Stellen, besonders im Riechhirn, war dies nicht immer möglich, zumal CAMPBELL und SMITH darüber nur summarische Beobachtungen gegeben haben, BRODMANN aber zwar eine recht minutiöse Einteilung auf seiner Hirnkarte gibt, aber nur zu wenig bildliche Belege und gar keine Beschreibung jener so komplizierten Gegend liefert, so daß es schwer ist, seine Befunde mit den unsrigen ohne weiters zu identifizieren. Im übrigen Gehirn jedoch ist die Identifizierung im großen ganzen leicht, und bei der Beschreibung der Areae im zweiten Teil dieses Buches nehmen wir immer reichlich Rücksicht auf die Befunde der früheren Autoren von MEYNERT bis BRODMANN. Dabei ergibt es sich vielleicht, daß wir etwas mehr Areae als bisher unterscheiden - unsere Berechtigung hierzu kann jeder an Hand unserer Tafeln ohne weiteres kontrollieren -, andererseits fassen wir manchmal sogar einige Areae wieder zu einem größeren Bezirke der Ähnlichkeit ihres Baues wegen sowie der Einheitlichkeit der Erklärung halber zusammen und erwähnen dann die verschiedenen lokalen Unterschiede derselben, die es ermöglichen oder evtl. erheischen, konstant vorkommende Unterfelder in ihnen anzuerkennen. Es geschieht nämlich recht oft, daß ein Gebiet, welches sich von einem benachbarten einheitlichen Gebiet deutlich durch eine Auffälligkeit unterscheidet, an verschiedenen Stellen etwas anders gebaut ist. Nun hätte man bei einer solchen Einteilung zu dem Mittel greifen können, einen Rindenbezirk in Felder oder Areae und diese Areae in Unterfelder oder Subareae einzuteilen und, falls nötig, noch weitere Unterteilungen zu treffen wie eben die der politischen Bezirke auf einer Landkarte. Wir glauben aber eine solche zu weit führende Einteilung würde bloß verwirren, und wir ziehen es vor, in diesem Falle zu sagen, daß in der großen Area X die (architektonische) Formation nicht überall ganz dieselbe ist, sondern daß sie regionäre (kleine) Modifikationen aufweist, z.B., daß sie frontalwärts großzelliger, caudalwärts kleinzelliger ist, was wir so bezeichnen Xm und Xp, d.h. frontal nennen wir die Area X magnocellularis und caudal nennen wir die Area X parvocellularis; es ist aber auch möglich, daß die Formation der Area X sich innerhalb ihres ausgedehnten Gebietes an einer bestimmten Stelle verändert, daß sie an dieser Stelle ein hier konstant vorkommendes, etwas verschiedenes Aussehen, eine „Variante" der Grundformation X, aufweist; dann bezeichne ich diese Variante ebenfalls mit dem Namen als Area X1 oder gebe ihr einen sie näher bezeichnenden Beinamen als ein Feld in einem anderen Feld. Oft ist dieses innere Feld bloß eine spezifische Entwicklung der Formation des großen Feldes, welche in der Intensität ihrer Ausprägung, aber auch ihrer Ausdehnung wechseln kann, so daß bei individuell nur geringer Ausdehnung derselben im übrigen Gebiet wieder die ursprüngliche Grundformation an ihre Stelle tritt; in einem solchen Falle ergibt sich das Praktische unserer Einteilungsart von selbst. So z. B. ist der Gyrus cinguli in seiner vorderen Partie von einer agranulären Formation LA überzogen, die wir als Area limbica anterior agranularis bezeichnen, doch ist diese Formation auf der Außenwand des Gyrus cinguli immer anders gebaut als an der Kuppe (ganz abgesehen von den gewöhnlichen Kuppewandveränderungen) und an der Innenwand wieder anders, so unterscheiden wir an dieser Area limbica anterior agranularis LA eine Area praecingularis LA1, eine Area cingularis anterior LA2 und eine Area cingularis limitans anterior LA3. Noch ein Beispiel: Zum Unterschied der hinteren agranulären frontalen Formation bezeichnen wir das große granuläre frontale Mittelgebiet, welches das ganze mittlere Drittel des Frontalhirns überzieht, mit breiter Basis an der Mantelkante ansetzt und ventral sich verjüngend über die Pars triangularis in das Operculum der Sylvischen Grube reicht, als Area frontalis granularis FD (s. Abb. 92). Dieselbe ist caudal großzellig, daher FDm - Area frontalis granularis magnocellularis, frontal kleinzellig, daher FDp - Area frontalis granularis parvocellularis. Am Kap hat sie eine eigene, oft Riesenzellen führende Bildung, daher FDΓ - Area frontalis granularis gigantocellularis in parte triangulari oder einfach Area triangularis; mitten auf der zweiten Frontalwindung vorn hat die Bildung FD eine breitrindige zellreiche Variante FDΔ - Area frontalis media; diese Art der Bezeichnung erscheint uns praktischer, als wenn wir im ersten Beispiel LA bloß Subareae anerkennen wollen und im Falle von FD, wie BRODMANN es tut, alle Varianten desselben davon abtrennen und als eigene Areae bezeichnet. [Hier fehlt eine Zeile im Buch.] doch zu einer anderen, von dieser angeblich verschiedenen Area einzurechnen, aus zeichnen, obschon sie morphologisch doch dazu gehören. Besonders erscheint uns unsere Einteilung und Beschriftung besser für jene Fälle, wo die typische Ausprägung und Differenzierung einer solchen „eigenen Area" (Subarea) sich bei einem Gehirn einmal individuell auf einen kleineren Bezirk beschränkt, als gewöhnlich; die restliche nicht weiter differenzierte Umgebung zeigt dann eben die Grundformation (FD); geht man aber in der Einteilung nicht so wie wir vor, so müsste man diese restliche Umgebung auch zu der differenzierten Area z. B. FDΔ rechnen, zu der sie gar nicht gehört, und zwar tat man dies ans einer unrichtig verstandenen Exaktheit, die dann mit den an und für sich variablen anatomischen Tatsachen nicht mehr stimmt.
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 209
Abb. 93. Cytoarchitektonische areale Hirnkarte der Medianfläche.
210 Areale Einteilung des Cortex.
Abb. 94. Cytoarchitektonische areale Hirnkarte der Dorsalfläche.
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 211
Abb. 95. Cytoarchitektonische areale Hirnkarte der Basalfläche; links mit dem Temporalpol, rechts nach Entfernung des Temporalpols um die Orbitalen und die insularen Partien sichtbar zu machen.
212 Areale Einteilung des Cortex.
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 213
Bei der Einteilung des Gehirns in Areae haben wir uns natürlich bloß von cytoarchitektonischen Motiven leiten lassen; aber bei der Benennung und Bezeichnung derselben haben wir aus naheliegenden praktischen Gründen, damit man immer gleich weiß, wo die Area ungefähr zu finden ist, auch grobanatomische Momente berücksichtigt. Wir gehen also bei Besprechung der einzelnen Areae von den einzelnen Hirnlobi aus und besprechen z. B. beim Lobus frontalis (F) alle Areae desselben, z. B. auch jene an seiner Basalfläche, welche streng anatomisch zum sog. Riechhirn gehören würden, und zwar tun wir dies deswegen, weil diese Teile auf den Hirnschnitten doch gemeinsam im Zusammenhang mit dem Nachbarteil des Frontalhirns auftreten und ein Ausschalten derselben bei der Besprechung obwohl theoretisch vielleicht richtiger, doch praktisch einer Zerreißung des anatomischen Gesamtbildes gleichkommen würde! Wir besprechen also später areal zuerst den Lobus frontalis (F), dann die obere Hälfte des Lobus limbicus (L), d. h. jenen Teil, der den Balken vom Rostrum bis zum Splenium dorsal umzieht, dann den Lobus insulae (I), dann den Lobus parietalis (P), dann den Lobus occipitalis (O), dann den Lobus temporalis (T) und zuletzt die mit diesem zusammenhängende untere Hälfte des Lobus limbicus, den sog. Gyrus hippocampi (H). Aus dieser Reihenfolge ersieht man, daß vor allem praktische Motive uns bei dieser Einteilung geleitet haben. Abb. 96 und 97 geben diese lobäre Einteilung in Farben wieder. Zum Lobus frontalis (F) - auf unserem Schema grün gefärbt - rechnen wir alles, was vor dem Talgrunde der Rolandoschen Furche gelegen ist, ausgenommen dem Gyrus cinguli; auf der medianen Fläche also ebenfalls alles, was vor der idealen Fortsetzung des Sulcus Rolando auf der Medianfläche bis zum Sulcus callosomarginalis (oder Sulcus intralimbicus, falls ein solcher vorhanden) liegt; dieser Sulcus bildet an der Medianfläche die innere Begrenzung gegen den Lobus limbicus (L), also rechnen wir auch das sog. Brocasche Riechfeld bis zur Lamina terminalis in den Frontallobus mit ein, und basal die ganze Orbitalfläche samt dem unmittelbar angrenzenden Teil der Substantia perforata, also die Orbitale frontale vordere Inselwand, d. i. die Vorderwand des Gyrus brevis primus insulae und die Gyri brevea accessorii, den Gyrus transversus insulae, dann den Gyrus olfactorius lateralis und die angrenzende Substantia perforata, das Tuberculum olfactorium, den Gyrus olfactorius medialis, Gyrus subcallosus und geniculatus. Gegen den Lobus insulae (I) liegt die Abgrenzung des Lobus frontalis in der Sylvischen Grube im Sulcus circularis insulae bis zur Pars triangularis, dann zieht die Grenze auf der Kante zwischen Vorderfläche und lateraler Fläche der pyramidenförmigen Insel bis zum Inselpol und zur Substantia perforata. Alle zum Lobus frontalis gehörenden Areae erhalten außer ihrer namentlichen Bezeichnung auch noch ein Buchstabensymbol, und zwar so, daß der erste Buchstabe in größerer lateinischer Druckschrift den Lobus bedeutet, also im Lobus frontalis F, der zweite Buchstabe etwas kleiner in großer lateinischer Kurrentschrift die Areae selbst (A, B, C, D.. usw.) der Reihe ihrer Aufeinanderfolge nach bezeichnet, also FA, FB, FC usw.; zur leichteren grobanatomischen Orientierung bei der Besprechung haben wir die Lobi in Regionen eingeteilt, die im Schema durch eine lichtere oder dunklere Schattierung der Farben des Lobus gekennzeichnet sind. So rechnen wir im grünen Lobus frontalis, vom Sulcus Rolando angefangen, die Regio praerolandica lichtgrün, die Regio frontalis mittelgrün und die Regio orbitomedialis dunkelgrün. Die Regionen spielen in unserer Einteilung bei der Benennung und der symbolischen Buchstabenbezeichnung der Areae im allgemeinen keine weitere Rolle.
Zum Lobus limbicus superior L (blau) rechnen wir den Gyrus cinguli, soweit er den Balken umzieht, d. h. von seinem subrostralen vorderen Ende am Carrefour olfactif von BROCA bis zum subsplenial gelegenen Isthmus des Lobus limbicus, d. h. bis zur Einschnürung, welche durch den Truncus calcarinae parietooccipitalis in ihm bedingt ist. Die Areae dieses Gebietes tragen das Vorzeichen L, also z. B. LA, LB, LC usw. Wir haben ihn zur leichteren Orientierung eingeteilt in eine Regio limbica anterior (hellblau), Regio limbica posterior (mittelblau) und eine Regio retrosplenialis (ganz lichtblau). (Die Areae des unteren Teils des Lobus limbicus [dunkelstblau] tragen als Teile des Gyrus hippocampi, wie wir später noch auseinandersetzen wollen, das Vorzeichen H.) Den in dieses vordere limbische Gebiet fallenden und mit ihm zusammenhängenden Teil des Gyrus intralimbicus, d. h. der grauen Masse auf dem Balkenrücken selbst, zählen wir ebenfalls zum Lobus limbicus (superior).
214 Areale Einteilung des Cortex.
Abb. 96 und 97. Farbige Darstellung der sieben Hirnlobi, in welche wir das Großhirn zwecks Einordnung der cytoarchitektonischen Areae einteilen. F Frontalhirn (grün); L Lobus limbicus (blau); I Lobus insulae (violett); P Lobus parietalis (rot); O Lobus occipitalis (gelb); T Lobus temporalis (braun); H Lobus hippocampi (tiefblau). Die größeren Lobi zerfallen in Regionen, die durch verschiedene Schattierungen und daneben noch namentlich markiert sind. Die cytoarchitektonisch bestimmten Grenzen der Lobi, wie sie auf diesem Bilde erscheinen, decken sich nicht mit den sonst usuellen grobanatomischen Grenzen, besonders nicht im Parietal- und Occipitallappen.
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 215
Den Lobus insulae I (violett) teilen wir wegen seiner Kleinheit nicht weiter in Regionen ein. Die hierzu gehörenden Areae haben das Vorzeichen I, also IA, IB, IC usw. Zu ihm gehört auch der Inselpol und der Pli falciforme samt dem Mittelstück des Gyrus olfactorius lateralis, das die Insel gegen die Substantia perforata anterior absäumt (Angulus gyr. olf. lat.).
Zum Lobus parietalis P (rot) zählen wir das ganze große Rindengebiet, welches von der Tallinie des Sulcus Rolando nach rückwärts bis zum Sulcus parietooccipitalis reicht, ferner an der Medianfläche ventral bis zum Sulcus callosomarginalis und zu dessen Fortsetzung caudal dem sog. Sulcus subparietalis geht (vgl. Abb. 21-24). An der Konvexität dehnt sich der Lobus parietalis vom Sulcus Rolando vorn und der Sylvischen Furche unten vorn begrenzt, nach hinten bis zum Hacken der Parietooccipitalfurche an der Mantelkante und von hier bis zur Fortsetzung des Sulcus interparietalis in den Occipitallappen, also bis zum Sulcus interoccipitalis; die hintere Begrenzung zieht dann von hier ventralwärts und fällt hinter die Incisura temporooccipitalis, so daß die ganze temporooccipitale Zwischengegend zum Parietallappen gehört und auch noch an der Basalmedianfläche das Gebiet bis zum Truncus calcarinae parietooccipitalis. Dieses basale Stück des Parietallappens ist nach rückwärts, wie gesagt, ungefähr von der idealen ventralen Fortsetzung des Sulcus interoccipitalis begrenzt, nach vorne von einer von dem hinteren Ende der Sylvischen Furche schief nach hinten und abwärts gezogenen Linie derart, daß die Incisura occipitotemporalis innerhalb seines Gebietes fällt, dann weiter an der Basalfläche schief nach vorn zum Truncus zieht, der die basale mediale Begrenzung bildet. Die Areae des Parietallappens in dessen ganzer Ausdehnung erhalten das Vorzeichen P, also PA, PB, PC usw., fortlaufend. Der Orientierung halber teilen wir den Parietallappen in vier Regionen ein, in die Regio postcentralis, die den Gyrus centralis posterior und an der Medianfläche das hintere Parazentralläppchen umfasst (hochrot), die Regio parietalis superior, die den Lobulus parietalis superior einschließt (dunkelrosa), Regio parietalis inferior (Gyrus supramarginalis, Gyrus angularis und die Übergangsteile zum Occipitallappen) (lichtrosa) und die Regio parietalis basalis (ziegelrot), welche letztere die temporooccipitale Zwischengegend an der Konvexität und Basalmedianfläche einnimmt. Die Zuzählung dieser letzteren ventrobasalen und medialen Region zum Parietallappen und die weit nach rückwärts verlegte Grenze des Parietallappens gegen das Occipitalhirn zu, ist etwas Ungewohntes. Bekanntlich zählt man gewöhnlich den Lobus occipitalis an der Konvexität grobanatomisch von einer Linie, welche den Hacken der Parietooccipitalwindung an der Mantelkante mit dem Sulcus occipitalis anterior oder mit der Incisura temporooccipitalis basalis verbindet; unsere hintere Grenze fällt um einige Zentimeter weiter nach rückwärts. Bei unserer Einteilung haben wir uns hier von rindenarchitektonischen Motiven leiten lassen müssen, und zwar rechnen wir den Occipitallappen erst von der diesem Lappen eigenen, auffallenden Verschmälerung der Hirnrinde an; diese beginnt aber weiter rückwärts als die gewöhnliche, grobanatomisch geführte, oben angegebene alte Grenze. Ungefähr so wie wir hat übrigens auch schon EBERSTALLER die parieto-occipitalen Grenzen bestimmt, und wir pflichten seinen Anschauungen in diesem Punkte vollkommen bei. Die Regio basalis (oder occipitotemporalis) aber rechnen wir aus cytoarchitektonischen Motiven zum Parietallappen; ein Blick auf Abb. 88, welche die Ausbreitung der fünf Rindentypen zeigt, lehrt uns nämlich, daß hier in der Temporoccipitalgegend der gleiche Rindentypus 3 durchwegs besteht wie im unteren Parietallappen, der recht verschieden ist vom Rindentypus auf den angrenzenden Temporalwindungen T2 und T3 sowohl als von der eigentlichen Occipitalrinde. Daher rechnen wir ihn zum Parietallappen. Es bildet also der Parietallappen ein nur an der Medianseite offenes ringförmiges Segment des Gehirns. Die makroskopische Hirnanatomie wird auf diese Art an manchen Stellen durch die mikroskopische ergänzt und vervollkommnet werden müssen, worauf wir an den entsprechenden Stellen immer wieder auch später noch zurückkommen. Man könnte bei Betrachtung der Abb. 96, 97 zwar sagen, daß dann auch die erste und die vierte Temporalwindung (Gyrus fusiformis) zum Parietallappen gezählt werden könnten. Das ist auch richtig. Wir zählen sie aber aus naheliegenden rein praktischen und grobanatomischen Gründen zum Temporallappen, auch schon, weil sie immer zum Temporallobus bisher gezählt wurden; diese basale Partie jedoch, die auch grobanatomisch weder zum Occipital- noch zum Temporallappen gehört, und bisher eigentlich sehr wenig Beachtung gefunden hat bei den Anatomen, erweist durch ihren Bau ihre Zugehörigkeit zum Parietallappen, reiht sich somit von selbst in dieses Gebiet ein.
216 Areale Einteilung des Cortex.
Der Occipitallappen O (gelb), der durch seine schmale Rinde ausgezeichnet ist, ist durch die hintere Grenze des Parietallappens nach vorne begrenzt und überzieht den Hinterhauptspol. Er grenzt nach vorne allseits bloß an den in unserem Sinne erweiterten Parietallappen, bis auf eine Stelle an der Medianfläche des Gehirns, wo er zwischen dem Truncus calcarinae + parietooccipitalis vor allem mit seinem Gyrus lingualis an den Isthmus des Lobus limbicus grenzt, und zwar hauptsächlich in der Tiefe dieses Truncus. Da der Occipitallappen, speziell in der etwas geringeren Ausdehnung, die wir ihm einräumen, recht klein ist und bloß drei Areae enthält, haben wir ihn nicht weiter in Regionen eingeteilt. Die zu ihm gehörenden architektonischen Areae haben das Vorzeichen O. Näheres über die Ausdehnung des Occipitallappens und über die sog. Affenspalte findet sich im 11. Kapitel über diese Areae.
Der Temporallappen T (braun) umfasst den Temporalpol und die vier Temporalwindungen, also den Gyrus fusiformis und Gyrus temporalis T3, T2, und T1 mitsamt der dorsalen Sylvischen Oberfläche der letzteren, d. h. der Heschlschen Windung und den übrigen Gyri transversi profundi; und zum Temporalpol gehört auch die in der vorderen Sylvischen Grube liegende dorsale Fläche desselben mit den sog. kurzen vorderen Gyri temporales transversi Schwalbe und dem kurzen Stück des hinteren Astes des Gyrus olfactorius lat., der den Saum des Temporalpols und dann des Uncus gegen die Substantia perforata ant. bildet; auch die letztere beschreiben wir kurz beim Temporallappen. Die vordere obere Begrenzung des Temporallobus gegen die Insel liegt im Sulcus post. insulae und in dessen idealer Fortsetzung um das hintere Ende des Pli falciforme an die Basalfläche gegen die Substantia perforata ant. Die hintere Begrenzung des Temporallappens fällt zusammen mit der vorderen der basalen Parietalregion, d. h. sie liegt in seiner von vorne nach hinten zur Horizontalen in 60° geneigten idealen Richtungslinie, die in ventralkonvexem Bogen das hintere Ende der Sylvischen Furche mit dem vorderen Ende des Truncus calcarinae + parietooccipitalis verbinden würde. Diese Grenze ist nicht scharf und nicht irgendwie durch Furchen gekennzeichnet, sondern wird von uns auf Grund des Rindenbaues in dieser Art gezogen; sie ist individuell recht verschieblich; die Temporalwindungen reichen alle vier über diese ideale Linie hinüber. Die dorsale Grenze des Temporallobus fällt an der Konvexität in den tiefsten Grund der Sylvischen Furche und an der Medianfläche in die Fissura occipitotemporalis und Fissura rhinica; jedoch rechnen wir auch die dorsale Wand dieser Sulci dazu, ja sogar den ventralsten Teil des Culmen des Gyrus hippocampi, soweit derselbe von Isocortex überzogen ist. - Die zahlreichen, zum Temporallappen gehörenden Areae sind mit dem Vorzeichen T versehen und fortlaufend als TA, TB, TC usw. bis TK bezeichnet. Zur leichteren Orientierung bei der Besprechung der Areae haben wir den Temporallobus in vier Regionen eingeteilt, die Regio supratemporalis (dunkelstbraun): die ganze erste Temporalwindung samt ihrer dorsalen (Sylvischen) Fläche und Teile ihrer unteren (ventralen) Wand; die Regio temporalis propria (lichtbraun): die Übergangsteile der ersten zur zweiten Temporalwindung, dann die zweite und dritte Temporalwindung umfassend; dann die Regio fusiformis (tabakbraun): vor allem den Gyrus fusiformis umfassend, aber auch im oben eben angeführten geringen Ausmaße die ventrale Wand des Gyrus hippocampi und auch die vordersten Teile des Gyrus lingualis einnehmend; die vierte Region ist dann die Regio temporopolaris (kaffeebraun), die kappenförmig vorne allen anderen am Pole aufsitzt.
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 217
Zuletzt besprechen wir den Lobus limbicus inferior (tiefstblau), und zwar nach dem Temporallobus wegen seines unmittelbaren anatomischen Zusammenhanges mit demselben, obschon er zum Lobus limbicus gehört, den wir vorhin schon besprochen haben; da es sich dabei im wesentlichen um die Gebilde um den Sulcus hippocampi handelt, erhalten die Areae dieses Gebietes, die übrigens beim Menschen den Hauptteil des Allocortex darstellen, das Vorzeichen H, also die Areae der Reihe nach die Bezeichnung HA, HB, HC usw. bis HF. Am Isthmus gehen diese Rindenformationen in die Rinde des Lobus limbicus sup. über. Auch hier haben wir der Kleinheit des Gebietes wegen keine weitere Einteilung in Regionen getroffen.
Bei der Einteilung des Gehirns in Lobi, mit welcher wir vor allem allgemeine Orientierungszwecke verfolgen, haben uns, wie gesagt, hauptsächlich makroskopisch-anatomische Gesichtspunkte und die althergebrachte anatomische Ausdrucksweise geleitet; an einzelnen Stellen aber, so beim Parietal- und beim Occipitallappen, haben wir es für gut befunden, in Anlehnung an die Ergebnisse der Cytoarchitektonik einige geringe Änderungen am althergebrachten Brauche der Einteilung vorzunehmen und wir glauben, daß uns hierin von den Anatomen in Zukunft recht gegeben werden wird, wie ja doch überhaupt die Mikroanatomie der Rinde nunmehr berufen ist, viele strittige oder zum mindesten unklare Fragen der makroskopischen Großhirnanatomie, besonders der Furchen- und Windungstektonik, zu lösen. Dagegen haben wir uns bei der Festsetzung der Areae und ihrer Grenzen bemüht, uns soweit als möglich wieder ausschließlich vom mikroanatomischen Bau der Hirnrinde leiten zu lassen, und haben uns - wie das Beispiel des Occipitallappens zeigt - eher dazu bewegen lassen, die Grenzen der grobanatomischen Lobi an die der feinanatomischen Areae anzupassen; natürlich neigt man trotzdem ab und zu unwillkürlich dazu, den grobanatomischen Verhältnissen, besonders in Gebieten, in denen eine schärfere Abgrenzung der Areae sehr schwer ist, gewisse Konzessionen zu machen; wenn wir z. B. im unteren Scheitellappen zwischen dem Gyrus supramarginalis und dem Gyrus angularis auch einen arealen Unterschied machen und von einer Area supramarginalis und einer Area angularis sprechen, obwohl die Unterschiede nur manchmal ziemlich deutlich und manchmal wieder sehr gering, jedenfalls aber immer recht fließende sind, so liegt zwar in dieser Unterscheidung einerseits die Betonung gewisser, wenn auch schwer faßbarer Unterschiede des Baues zwischen beiden, andererseits aber auch jedenfalls eine unwillkürliche Konzession an die makroskopische Unterteilung des Parietallappens; aber solche Fälle kommen in unserer arealen Einteilung nur ganz selten vor, und wo sie vorkommen, betonen wir es im Laufe der Untersuchungen und der speziellen Beschreibung der einzelnen Areae noch besonders; in solchen Gebieten müssen wir wohl von zukünftigen Untersuchungen vielleicht auch von solchen anderer (z. B. myeloarchitektonischer) Art mehr Aufklärung erhoffen. Die Abb. 92, 93, 94, 95 geben also eine Hirnkarte unserer arealen Einteilung der Hirnoberfläche für die dorsale, die mediane, die basale Hirnfläche und die Konvexität. Wir verzeichnen hier alle größeren Areae (Grundareae) sowohl, als auch die wichtigen konstanten Änderungen, d. h, Varianten, die diese aufweisen, ferner die weniger auffälligen lokalen Änderungen, d. h. Modifikationen und Übergangsbildungen, soweit sie auch konstant sind. Alles übrige ergibt sich wohl aus den vier Figuren von selbst und bedarf wohl kaum einer anderen näheren Erklärung als der sehr ausführlichen späteren Besprechung jeder einzelnen Area und jeder ihrer Änderungen im speziellen Teil.
218 Areale Einteilung des Cortex.
Wir bestimmen folgende Areae (Abb. 92-95):
Lobus frontalis F | ||||
Regio praerolandica | ||||
1 | Area praecentralis mit ihrer riesenzellführenden Varianten | FA | 1 | (l) |
2 | Ar. pr. gigantopyramidalis und ihre operculare Modifikation | FAγ | (2) | |
Area praecentralis in operculo | FAop | (3) | ||
3 | Area frontalis agranularis und ihre operculare Modifikation | FB | 2 | (4) |
Area frontalis agranularis in operculo | FBop | (5) | ||
4 | Area frontalis Intermedia und ihre Variante auf der medianen oberen Brückenwindung zum Gyr. limbicus | FC | 3 | (6) |
5 | Area front. intermedio-limbica und ihre Variante auf dem Fuß der dritten Stirnhirnwindung | FCL | (7) | |
6 | Area (fr. intermedio agranularis magnocellularis in) Broca und ihre Übergangsbildungen | FCBm | (8) | |
Area fr. Interm. in lim. Insul. und der Modifikation | FCI | (9) | ||
Area fr. intermed. opercularis | FCop | (10) | ||
Regio frontalis. | ||||
7 | Area frontalis granularis mit ihren drei Modifikationen: | FD | 4 | (11) |
Area frontal. gr.magnocellularis | FDm | (12) | ||
and Ar. frontal. gr. parvocellularis | FDp | (13) | ||
and Ar. frontal. gr. in operculo und ihre drei Varianten: | FDop | (14) | ||
8 | Ar. frontal. granul. limbica | FDL | (15) | |
9 | Ar frontal. granul. media | FDΔ | (16) | |
10 | Ar. (frontal. gr.) triangular. | FDΓ | (17) | |
11 | Area frontopolaris und ihre Variante | FE | 5 | (18) |
12 | Area frontopolaris limbica | FEL | (19) | |
Regio orbitalis | ||||
13 | Area orbitalis (granularis) und ihre Modifikationen | FF | 6 | (20) |
Area orbital. agranul. und ihre Varianten | FFa | (21) | ||
14 | Ar. (orbitalis) praetriangularis | FFΦ | (22) | |
15 | Ar. gyri recti (Ar. recta) und ihre Modifikation | FG | 7 | (23) |
Area recta interna | FGi | (24) | ||
16 | Area praefrontalis und ihre Modifikation | FH | 8 | (25) |
Area praefront. parolfactor. und ihre Variante | FHL | (26) | ||
17 | Ar. praefront. limbica | FHL | (27) | |
18 | Area frontoinsularis | FI | 9 | (28) |
19 | Area piriformis frontalis | FK | 10 | (29) |
20 | Area parolfactoria mit ihren Modifikationen | FL | 11 | |
Area p. prima | FL1 | (30) | ||
Area p. secunda | FL2 | (31) | ||
Area p. tertia | FL3 | (32) | ||
21 | Area geniculata und ihre Variante am Tub. Olf. | FM | 12 | (33) |
22 | Ar. geniculata trigoni olf. | FMt | (34) | |
23 | Area praecommissuralis | FN | 13 | (35) |
Lobus limbicus L | ||||
Regio limbicus sup. ant. | ||||
24 | Ar. limb. ant. agr. mit ihren drei Modifikationen | LA | 14 | |
Ar. praecingularis | LA1 | (36) | ||
Ar. cingularis ant. | LA2 | (37) | ||
Ar. cingularis limit. | LA3 | (38) | ||
25 | Ar. ultracingularis ant. | LB1 | 15 | (39) |
26 | Ar. indusei | LB2 | 16 | (40) |
Regio limb. sup. post. | ||||
27 | Ar. cingular. post. dorsalis | LC1 | 17 | (41) |
28 | Ar. cingular. post. ventral. | LC2 | 18 | (42) |
29 | Ar. cingular. limit. post. | LC3 | 19 | (43) |
Subregio retrosplenialis: | ||||
30 | Ar. retrosplenial. agranul. | LD | 20 | (44) |
31 | Ar. retrosplenial. granulosa mit ihren beiden Modifikationen | LE | 21 | |
Ar. retrospl. gr. superior | LE1 | (45) | ||
Ar. retrospl. gr. inferior | LE2 | (46) | ||
32 | Area ultracingularis post. | LF1 | 22 | (47) |
33 | Ar. (ultracingular.) obtecta | LF2 | 23 | (48) |
Lobus insulae I | ||||
34 | Ar. insul. praecentralis mit ihren Modifikationen | IA | 24 | |
Ar. insul. praec. dorsal. | IA1 | (49) | ||
Ar. insul. praec. ventr. | IA2 | (50) | ||
35 | Ar. insulae postcentralis mit ihrer Varianten | IB | 25 | (51) |
36 | Ar. insul. post. in lim. temporal. | IBT | (52) | |
37 | Area orbitoinsularis | IC | 26 | (53) |
38 | Area insularis piriformis | ID | 27 | (54) |
Lobus parietalis P | ||||
Regio postcentralis (parietalis anterior) | ||||
39 | Area postcentralis gigantopyramidalis und ihre Variante | PA1 | 28 | (55) |
40 | Area postparacentralis gig.-pyr. | PA2 | (56) | |
41 | Area postcentralis oralis simplex und ihre Variante | PB2 | 29 | (57) |
42 | Area postcentr. oralis granulosa | PB1 | (58) | |
43 | Area postcentr. intermedia | PC | 30 | (59) |
44 | Area postcentralis caudalis | PD | 31 | (60) |
Regio parietal. sup. | ||||
45 | Area parietalis superior mit ihren Übergangsbildungen | PE | 32 | |
Area transitor. postc. parietal. und ihre Modifikationen | PDE | (61) | ||
Area par. sup. magnocellularis | PEm | (62) | ||
Area par. sup. parvocellularis und ihre Variante | PEp | (63) | ||
46 | Area par. sup. post. giganto-pyramid. | PEγ | (64) | |
Regio parietal. inf. | ||||
47 | Area supramarginalis und ihre weiteren Modifikationen | PF | 33 | (65) |
Ar. supramarg. tenuicorticalis | PFt | (66) | ||
Ar. supramarg. opercularis | PFop | (67) | ||
Ar. supramarg. columnata magnocellular oder Ar. supramarg. posterior | PFcm | (68) | ||
48 | Area angularis | PG | 34 | (69) |
Regio pariet. basalis. | ||||
49 | Area parietalis (temporooccipital) basalis mit ihren lokalen Modifikationen | PH | 35 | |
Ar. pariet. bas. in limine parietal. | PHP | (70) | ||
Ar. pariet. bas. in limine temporal. | PHT | (71) | ||
Ar. pariet. bas. in limine occipit. | PHO | (72) | ||
Lobus occipitalis O | ||||
50 | Area peristriata mit ihren lokalen Modifikationen | OA | 36 | |
Ar. peristr. ant. | OA2 | (73) | ||
Ar. peristr. post. | OA1 | (74) | ||
Ar. peristr. magnocellularis | OAm | (75) | ||
51 | Area parastriata und ihre Varianted | OB | 37 | (76) |
52 | Limes parastriat. gigantopyramid. | OBγ | (77) | |
53 | Maculae granulosae areas parastriatae | OBΩ | (78) | |
54 | Area striata (granulosa) | OC | 38 | (79) |
Lobus temporalis T | ||||
Regio supratemporalis | ||||
55 | Area temporal. sup. mit ihren Modifikationen | TA | 39 | |
Ar. temp. sup. post. | TA1 | (80) | ||
Ar. temp. sup. ant. | TA2 | (81) | ||
56 | Area supratemp. magnoc. simplex | TB | 40 | (82) |
57 | Ar. supratempor. granulos. | TC | 41 | (83) |
58 | Area supratempor. intercalata | TD | 42 | (84) |
Regio temporal. propria | ||||
59 | Area temporal. propria mit ihren zwei Modifikationen | TE | 43 | |
Ar. tempor. media | TE1 | (85) | ||
Ar. temporal. inferior | TE2 | (86) | ||
Regio fusiformis | ||||
60 | Area fusiformis | TF | 44 | (87) |
61 | Ar. hippocampotemporalis mit ihrer Variante | TH | 45 | (88) |
62 | Ar. hippocampotemp. agranularis | THa | (89) | |
Regio temporopolaris | ||||
63 | Area temporopolaris und ihre Variante | TG | 46 | (90) |
64 | Ar. temporopol. agranularis | TGa | (91) | |
65 | Ar. piriformis temporalis | TI | 47 | (92) |
66 | Area subst. perf. post. | TK | 48 | (93) |
Lobus limbicus inferior H | ||||
67 | Area uncinata und ihre Modifikationen | HA | 49 | |
Ar. uncinata prima | HA1 | (94) | ||
Ar. uncinata secunda | HA2 | (94) | ||
Ar. uncinata tertia | HA3 | (96) | ||
68 | Area parauncinata und ihre Modifikationen | HB | 50 | |
Ar. parauncin. prima | HB1 | (97) | ||
Ar. parauncin. secund. | HB2 | (98) | ||
69 | Area rhinalis limitans | HC | 51 | (99) |
Area praesubicul. granulos. und ihre Variante | HD | 52 | ||
70 | Area praesub. gran. limit. | HD1 | (100) | |
71 | Area praesub. gran. media | HD2 | (101) | |
72 | Area praesub. gran. glomer. | HD3 | (102) | |
Area pyramidalis und ihre Varianten | HE | 53 | ||
73 | Area pyramid. subiculi und ihre Modifikationen | |||
Ar. pyram. subicul. glomerulosa | HE1α | (103) | ||
Ar. pyram. subicul. simplex | HE1β | (104) | ||
74 | Ar. pyramid. Cornu. Ammonis | HE2 | (105) | |
75 | Ar. (pyramid.) gyri digitati unci | HE3 | (106) | |
76 | Area fasc. dentatae | HF | 54 | (107) |
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 219
220 Areale Einteilung des Cortex.
Wir wollen also 54 verschiedene Areae, sog. Grundareae (in obiger Rubrik fettgedruckt), unterscheiden; mit den auffälligen Varianten derselben, die aber als eigene Areae imponieren, sind es 76; zählen wir alle konstanten Modifikationen hinzu, z. B., daß eine Area in ihrer vorderen Partie äußerst großzellig ist, caudal aber kleinzelliger wird usw., so sind es 107 Bezirke. Ein feiner fortgeführtes Studium wird nach dem schon bezüglich der sog. idealen Hirnkarte Gesagten (4. Kap., S. 186) leicht noch viel mehr Areae konstant zu differenzieren imstande sein; so könnte man ohne weiteres auf der vorderen Zentralwindung allein schon im Gebiete der Area FAγ in dorsoventraler Richtung nach der Anordnung der Betzschen Riesenzellen zum mindesten vier verschiedene Gebiete unterscheiden; und was hier gilt, gilt auch für viele andere Areae. Ein Vergleich unserer Hirnkarte mit jener von CAMPBELL, ELLIOT SMITH und BRODMANNs zeigt also zwar eine gewisse progressive Entwicklung der Kenntnis der Rinde und infolgedessen eine Zunahme der Areae; mit fortschreitender Kenntnis jedoch und mit Hilfe noch anderer Färbemethoden wird es wohl mit der Zeit möglich und notwendig sein, deren Anzahl noch zu steigern; aber nicht diese bloße Steigerung ist das Ideal der fortschreitenden Erkenntnis, sondern man muß bei dieser fortschreitenden Entwicklung doch stets bestrebt bleiben, den Überblick nicht zu verlieren und die Zusammengehörigkeit der einzelnen Teile dabei erst recht zu verstehen; diesem Wunsche haben wir Rechnung getragen, indem wir doch auch wieder immer größere Gebiete zusammenzufassen versuchten und auch die Benennung und Bezeichnung so wählten, daß auch darin schon so weit als möglich Nachbarschaft und auch Ähnlichkeit oder Verschiedenheit des Baues zum Ausdruck kommen sollte. Ein Vergleich mit der myeloarchitektonischen Felderungskarte VOGTs zeigt, daß dieser genaue Forscher mit seiner Methode noch mehr Felder gefunden hat, so gerade in der vorderen Zentralwindung allein acht, so daß man voraussetzen kann, daß unsere cytoarchitektonischen Felder sich auch myeloarchitektonisch in noch mehr Unterfelder einteilen lassen werden; außerdem haben wir aber schon S. 181 erwähnt, und ein Vergleich der Abb. 9 und 10 von VOGT mit unserer arealen Karte Abb. 19 und 20 lehrt uns dasselbe, daß die Grenzen der myeloarchitektonischen Felder sich nicht mit denen der Cytoarchitektonik vollkommen decken, obschon ein gewisser, wenn auch nicht sehr inniger Zusammenhang doch mehr als wahrscheinlich ist. Bei Besprechung der einzelnen Areae im speziellen Teil erörtern wir dann bei jeder Area (im §6) auch noch, welcher Area der früheren Autoren dieselbe entspricht und wie weit sich dieselben decken, und so auch bezüglich der myeloarchitektonischen Areae VOGTs, damit sich jeder möglichst leicht zurechtfinde und die Befunde vergleichen und weiterverarbeiten könne.
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 221
Wir bezeichnen also die Areae außer mit einem lateinischen Namen auch noch mit einem Buchstabensymbol, und zwar mit dem großgedrückten Anfangsbuchstaben des Lobus, in welchem sie liegt, und dem fortlaufenden Buchstaben, den sie in der Reihe der Areae dieses bestimmten Lobus einnimmt. Wollen wir eine architektonisch differenzierbare Stelle einer Area bezeichnen, die an der Grenze gegen eine andere Area liegt und durch das eine oder andere architektonische Charakteristikum der nächsten Area in ihrem Bau schon beeinflusst ist, so fügen wir den Buchstaben der nächsten Area dazu (evtl. in Klammern), also z. B. einen Bezirk in der FB (Ar. frontalis agranularis), der wegen der Nähe von FC (Ar. frontalis intermedia) schon einige Körnerzellen (Granula) in der IV. zeigt, bezeichnen wir als FBC (Ar. frontalis agranularis intermedia) oder im Gebiete von FC eine caudale Partie derselben, die durch besonders große Zellen in IIIc die Nähe von FB verrät, als FCB (Area frontalis intermedioagranularis). Liegt eine Area in der Nähe eines anderen Lobus und verrät sich diese Nachbarschaft durch irgendeine Eigenschaft und Form als eine Übergangsbildung, so fügt man den Typenbuchstaben des Lobus ans Ende, aber kleiner gedruckt als den Anfangsbuchstaben. Also z. B. die Architektonik und Formation der Area FC (Area frontalis intermedia) weist auf der medianen Hirnfläche, nahe dem Gyrus limbicus, eine auffallend prägnante V Schicht als Nachbarschaftssymptom des Gyrus limbicus auseinandergesetzt auf; wir bezeichnen dann diese Variante von FC als FCL, Area frontalis intermedia limbica oder Area frontalis intermedia in limine gyr. limbici. Dort, wo z. B. FH die Area praefrontalis an die Area FL Area parolfactoria grenzt, findet sich eine Übergangsbildung FHL Area praefrontalis parolfactoria, wo aber die Area FH an den Sulcus callosomarginalis grenzt, also am Lobus limbicus L, haben wir die Bildung FHL Area praefrontalis limbica. Diese Art, die Nachbarschaft, die sich im Zellbilde ausdrückt, auch im schriftlichen Symbol wiedergeben zu können, macht es überflüssig, jede kleine Modifikation oder Übergangsbildung durch eine neue Areabenennung oder -bezeichnung extra kenntlich zu machen, und enthält in dem Symbol auch Anhaltspunkte für die Lokalisation derselben. Diese Möglichkeit läßt uns unsere Buchstabenbezeichnung der Areae praktischer erscheinen als ihre Bezeichnung mit Zahlen (wie dies BRODMANN getan hat), die den Nachteil der mangelnden Übersichtlichkeit hat, da jede neu ermittelte Area das ganze Zahlengebäude entweder umstößt oder wenigstens verschiebt und keinerlei topographische Anhaltspunkte gibt; während man bei unserer Art, ohne die leichte Möglichkeit der Orientierung zu verlieren, bei der Buchstabenreihe in der Hinzufügung neuer Areae und Unterareae unbehindert ist.
222 Areale Einteilung des Cortex.
Ein Blick auf unsere areale Hirnkarte (Abb. 92-95) und auf die Abb. 56- 58, welche die von der isogenetisch homotypischen Bauart (weiß) abweichenden isogenetisch heterotypischen Gebiete (blau) und die allogenetischen (rot) darstellt, lehrt uns ohne weiteres, daß zum heterotypischen Isocortex vom Frontallobus die Areae FA und FAγ, FB, FI, FL1,2,3 vom Insellobus die Area IC, vom Lobus limbicus die Areae LA1,2,3, LD, LE1,2), vom Lobus parietalis die Area PB1, vom Occipitallobus die Area OC und vom Temporallobus die Area TC gehören. Ferner kann man Teile der Area OB, welche eine granulöse Struktur fleckweise aufweisen, also OBΩ (s. 11. Kap. A, 2, §5), und im Orbitalen Stirnhirn den caudalen Teil von FF, der seine IV Schicht allmählich einbüsst, also agranulär wird, als FFa, sowie im Temporalhirn den dorsalen Teil von TH, der an der Grenze gegen die hippocampische Formation saumartig ebenfalls agranulär wird, als THa zum heterotypischen Isocortex rechnen; die temporopolare Formation TG ist zwar sechsschichtig, aber die schlechte Entwicklung der IV. Schicht in ihr, welche sehr schmal ist und meist aus kleinen, länglichen, flaschenförmigen Pyramidenzellen statt aus Körnerzellen besteht, sowie die eigentümliche Formung der II. aus ebenfalls großen, zu kleinen Gruppen sich ordnenden Zellen legen den Gedanken nahe, daß man diese Formation auch zu der heterotypischen rechnen könnte (weshalb wir sie auf Abb. 56-58 lichtblau gefärbt haben); jedenfalls gehört ihr ganz agranulärer Saum TGa, mit dem diese Formation an die Insel (IC), den Gyrus olfactorius lat. post. und den Uncus grenzt, absolut zum heterotypischen Isocortex. Daß am Balkenrücken ein Gebiet, das der Area LC3 entspricht, ebenfalls bezüglich der Schütterkeit der IV. derart konstituiert ist, daß man es mit demselben Recht sowohl als homotypisch als auch als heterotypisch betrachten könnte, haben wir einmal schon erwähnt - auch dieses Gebiet ist in Abb. 56-58 lichtblau verzeichnet und mit „a" kenntlich gemacht. Agranulär sind also von diesen heterotypischen Areae die FAγ, FA, FB, FI, FL1,2,3, IC, LA1,2,3, LD, FFa, FHa, TGa, evtl. LC3, die übrigen vier gehören zum Koniocortex und zu PB1, TC, OC, LE1 und LE2.
Nach innen vom heterotypischen Isocortex liegt der in Abb. 56-58 rot angezeichnete Allocortex, zu dem wir, und zwar zum Cortex striatus, die Areae HA, HB, HC, HD1,2,3 rechnen, zum Cortex rudimentarius die Areae HE1,α,β, HE2, HE3, LF1, LF2, LB1 und den Gyrus olfactorius medialis und der Tuber olfactorius, Areae FM und FMt, sowie den Gyrus olfactorius lateralis in seinen drei Abschnitten FK, ID und TI und schließlich zum Cortex primitivus die Area indusei LB2, die Area der Fascia dentata HF und die zur Substantia perf. ant. gehörenden Areae FN und TK. Auch im Allocortex haben wir einen granulösen Koniocortex, und zwar HD1,2,3; der ganze übrige Allocortex ist agranulär. Daß der Unterschied zwischen heterotypischem Isocortex und dem Allocortex striatus kein großer ist, habe ich schon wiederholt erwähnt, und man könnte ebensogut auch die zum heterotypischen Isocortex gezählten Areae FL3, LA3, LC2 (vielleicht sogar LE1) ebensogut zum Allocortex striatus hinzuzählen.
Im Allocortex unterscheiden wir also samt Varianten und Modifikationen nur 22 verschiedene Felder und ungefähr ebenso viele (21-22) im heterotypischen Isocortex-alle übrigen (63-64) Gebiete sind homotypischer isogenetischer Cortex. Die Variabilität der nicht homotypischen Rinde ist also fürs Auge eine scheinbar größere, denn die homotypische Isocortexrinde nimmt ja den bei weitem größten Teil des Großhirns ein, wie man auf Abb. 50-58 sieht.
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 223
Dort, wo das verschiedene Querschnittsbild der Areae hauptsächlich durch eine allmähliche Veränderung bedingt wird, welche jede Schicht für sich und von den anderen unabhängig in einer eigenen Richtung und in dem ihr eigenen Sinne erfährt, ist die Abgrenzung der einzelnen Areae gegeneinander wegen der fließenden Übergänge etwas schwieriger; es kommt nicht selten vor, daß eine Area, welche wir als solche nach einer charakteristischen Eigentümlichkeit, z. B. ihrer III Schicht gegen die Umgebung abgrenzen, betreffs ihrer V. und VI. Schicht dieselbe Zusammensetzung wie die vorhergehende Area in ihrer derselben zugewendeten Partie zeigt, während sich dann noch innerhalb ihres Gebietes diese tieferen Schichten weiter ändern und sich dem Bilde, das dieselben in der nächstfolgenden Area annehmen, schon nähern. Andererseits können solche Eigenheiten einer Schicht mitten durch sonst auch gleichartige Teile oder sonst verschiedene Areae hindurch auf weitere Gebiete greifen. Für den größten Teil der 64 homotypischen Areale sind solche fließende Änderungen, welche in einem gewissen Sinne eine etwas unbestimmte Abgrenzung der Areae bedingen, sogar die Regel, bis auf eine gewisse Anzahl von ihnen, die wir gleich weiter anführen wollen. Sehr scharf gegeneinander abgrenzbar sind meist die Areae des Allocortex, z. B. HC gegen HD und dieses gegen HE und letzteres gegen HF; ferner LF1 gegen LF2 gegen LB2; ebenso auch die übrige Abgrenzung des Cortex rudimentarius als Rindensaum gegen den Cortex primitivus, also FM gegen FN und den Gyrus olfactorius lateralis, d. h. FK, ID und TI und gegen die Substantia perforata; andere Areae des Allocortex sind wieder nicht so scharf gegeneinander abgegrenzt, z. B. die verschiedenen Areae des Uncus. Ziemlich scharf sind auch gegeneinander abgegrenzt, wenn auch weniger als die eben angeführten, die Areae des Isocortex heterotypicus gegen die des Allocortex in der ganzen Ausdehnung der Umgrenzung des letzteren durch den ersteren. Schärfer wieder sind die Grenzen zwischen dem homotypischen Isocortex und dem granulös heterotypischen Isocortex (Koniocortex); hier kann z.B. die Grenze der Area striata (granulosa) OC der Calcarina gegen die umgebende Area OB wirklich als Prototyp einer haarscharfen Trennung von Areae gelten (Tafel LXXXV); sehr scharf ist auch die Abgrenzung der retrosplenialen Formation LD und LE gegen die Umgebung sowohl (und zwar dorsal LC2 und innen ventral LF1) als auch gegeneinander (Tafel LII). Bloß als ziemlich scharf ist die Begrenzung der Area des Koniocortex der hinteren Zentralwindung zu bezeichnen; diese durch ihre granulöse Formation ausgezeichnete Area PB1 ist von der nicht granulösen PB2 gar nicht deutlich überall getrennt, sondern diese beiden Formationen bilden gleichsam zusammen eine gemeinsame Area, in welcher diese beiden Formationen etwas ungleichmäßig, miteinander abwechselnd die Rindenstruktur abgeben (s. Abb. 133b); oder man kann sich diesen Bau auch so erklären, als ob die homotypische Bildung PB2 die Grundform wäre der ganzen Area PB, in der sich streifen- und fleckweise der Koniocortex PB1 durch lacunäre Verkörnelung herausdifferenziert hätte. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Abgrenzung des Koniocortex der Heschlschen Windung TC im Verhältnis zur umgebenden Formation TB; hier scheint es an den Randpartien vor allem zu einer vorerst vielfach unterbrochenen, streifenförmigen Verkörnelung zu kommen, bis der zentrale, ziemlich gleichmäßig gekörnelte, runde Fleck von Koniocortex auf der ersten Heschl vollentwickelt ist; man könnte von einer sakkadierten Differenzierung sprechen (4. Kap., S. 200 und Abb. 150).
224 Areale Einteilung des Cortex.
Ist trotz dem eben Gesagten die Grenze zwischen granulös heterotypischem Cortex und dem gewöhnlichen, granulären homotypischen Cortex meistenteils immerhin doch recht scharf, so gilt dies nur in noch geringerem Maße zwischen dem agranulär heterotypischen und dem homotypischen; denn der Verlust und Wiederbeginn der Körnerschichten ist, wenn auch manchmal ein rapider, so doch immer ein wenigstens über ein oder mehrere Millimeter und oft noch viel mehr sich erstreckender Vorgang. Zwischen der agranulären Area FB z. B. und dem granulären FD ist der Übergang ein so allmählicher, daß wir die sehr breite Übergangszone als eigene Area FC, Area frontalis intermedia, abgrenzen; ebensowenig scharf ist der Übergang von FF in das agranuläre FI und relativ noch am besten begrenzt ist der agranulare Isocortex gegenüber dem granulären auf dem Gyrus limbicus mit seiner Area LA, die gegen die homotypischen Areae FCL, FDL, FEL, FHL recht unvermittelt abschneidet, und ebenso der Übergang in der Tiefe der Rolandoschen Furche von der breitrindigen (agranulären) Area FAγ der vorderen Zentralwindung auf die schmalrindige granuläre PA der Wandtiefe der hinteren Zentralwindung.
Innerhalb des Gebietes der homotypischen Areae selbst sind aber scharfe Abgrenzungen überhaupt dann selten, und wir haben dies in unserer Hirnkarte (Abb. 92 bis 95) vielfach dadurch angedeutet, daß wir die Schraffen, durch welche wir die einzelnen Areae kenntlich machen, über die Grenzmarkierungen der Areae etwas hinausziehen. Am schärfsten ist in diesem Bereich die Grenze zwischen der breitrindigen, granulaarmen, sehr großzelligen Area der Brocaschen Stelle (FCBm ) auf dem Fuße der dritten Frontalwindung und der schmäleren, granulareicheren, mit einem lichten Streifen in V und einzelnen Riesenzellen in IIIc versehenen Area triangularis FDΓ, die sich nach vorne davon unmittelbar anschließt; dorsalwärts jedoch geht die Formation FDΓ u. a. wieder sehr allmählich über in die allgemein großzellige Bildung FDm, dagegen ziemlich rapid in die kleinzellige FFΦ (Area praetriangularis). Der Übergang der Bildung der Area frontalis media FDΔ frontal in die dünnrindige Umgebung erfolgt, wenn nicht unvermittelt, so doch ebenfalls rapid, und auch der Übergang der Parietalformationen in die Occipitalformation OA erfolgt noch ziemlich rasch, durch ziemliche Abnahme der Gesamtrindendicke und durch Aufhellung in V. - Die übrigen Übergänge erfolgen wohl meist nicht so auffällig. Aber einzelne Unterschiede, wie z. B. der Unterschied in der Größe der Zellen der III., auch in ein und derselben Area können manchmal eine ganz scharfe Grenze zeigen, z. B. auf Tafel XXIII der Übergang von der großzelligen zur kleinzelligen Area frontalis granularis auf einer Windungskuppe, FDm -FDp.
Die Grenzlinien, mit welchen die Areae sich gegenseitig abgrenzen, sind - wie unsere Hirnkarte (Abb. 19 und 20, ebenso wie die von CAMPBELL Abb. 1 und 2) zeigt - meist gekrümmte, aber ungebrochene Linien, welche meistenteils ohne jede Abhängigkeit von den Hirnfurchen über Windungen und Furchen dieselben oft kreuzend hinwegziehen; die Grenzen, die sie anzeigen, sind, wie ein flüchtiger Blick auf unsere Hirnkarte schon zeigt, meistens ohne tiefere Einbuchtungen und meist auch ohne Einschlüsse. Wenn auch dieser Satz in großen Zügen als richtig gelten kann, so stellt er doch kein absolutes Bauprinzip dar, und er weist unserer Erfahrung nach doch einige wichtige Ausnahmen auf. Bei Besprechung des Koniocortex der Centralis posterior und der Heschlschen Windung im 4. Kap., S. 200 haben wir über die Möglichkeit einer flecken- und streifenweisen Differenzierung einer homotypischen Rindenformation zum Koniocortex (sogar einer sakkadierten Differenzierung) gesprochen; auch bei Besprechung des Begriffes der Areae überhaupt (5. Kap., S. 212) haben wir erwähnt wie innerhalb eines größeren Gebietes mit ziemlich einheitlicher Formation (z. B. FD) sich als Enklave eine Area entwickeln kann (z. B. FDΔ oder FDΓ), und zwar durch eine lokal begrenzte Änderung einiger architektonischer Momente dieser Grundformation. Diese Anschauungsart der Möglichkeit der Entstehung von Areae durch eine lokal begrenzte Differenzierung einer Grundformation, die wir vielerorts an der Rinde später bestätigt finden werden (auch am unteren Parietalläppchen, im Occipitallappen usw.), ist allerdings etwas von der Anschauung rigider scharfer Grenzlinien ohne Einbuchtungen und Einschlüsse prinzipiell Verschiedenes, von dessen Bestellen man sich jedoch ohne weiteres durch ein vorurteilsfreies Studium der Hirnrinde überzeugen kann; allerdings kann man auch aus persönlichen, prinzipiellen Gründen jene Teile der Grundarea, welche jenseits einer solchen Enklave liegen, wieder als eine neue, eigene Area bezeichnen und kann sicherlich Anhaltspunkte genug zu einer solchen neuen Abgrenzung finden, denn die Rinde ändert sich ja tatsächlich kontinuierlich; jedoch entspricht ein solcher Vorgang mehr einem prinzipiellen Standpunkt als den tatsächlichen anatomischen Verhältnissen, und man trägt durch eine solche fiktive Genauigkeit jedenfalls zur Aufklärung und zur Verständlichmachung des komplizierten Baues der Rinde wenig bei.
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 225
Wir haben gerade vorher gesagt, daß die arealen Grenzen oft, unbekümmert um den Verlauf von Furchen und Windungen, dieselben vielfach überkreuzend, dahinziehen, was schon BETZ vor einem halben Jahrhundert bekannt war; während z. B. im Frontallappen die erste und zweite Frontalfurche horizontal verlaufen und das Stirnhirn in die drei großen, horizontal ziehenden Stirnwindungen teilen, ziehen die arealen Grenzen von FA, FB, FC, FD und FE etwas geneigt von vorne oben nach hinten unten und teilen die Rinde beinahe sektorenförmig ein (vgl. 1. Kap., S. 23 CHR. JAKOB). Die Grenzen der Areae gegeneinander können dabei ebenso gut quer als längs mitten auf einer Kuppe verlaufen, oder es kann die Kuppe einer Windung mit einer Area bedeckt sein und die Wand der Windung schon zu einer anderen Area gehören. Die Grenzen dieser Areae zeigen außerdem, wie wir später noch besprechen wollen, einige individuelle Verschiebungen. Dieser anscheinend für einige Gegenden vollkommen fehlende Zusammenhang zwischen Felderung und Furchung der Rinde hat in letzter Zeit zu einer starken Unterschätzung der Bedeutung der Windungsbildungen des Gehirns geführt. Vor allem gilt dieser anscheinende Mangel jeder Beziehung zwischen Areae und Windungen des Gehirns nicht durchweg und man kann diese Diskrepanz bloß so richtig zum Ausdruck bringen, indem man sagt, daß die Furchen keine arealen Begrenzungen darstellen oder nur in den seltensten Fällen. Andererseits sind jedoch eine ganze Reihe von ganz bestimmten Rindenbildungen an ganz bestimmte Windungen oder Furchen in ihrer Lokalisation gebunden, und es können ihre Grenzen nur in geringem Grade variieren. Das gilt z. B. vom Allocortex des ganzen sog. „Riechhirns", welches eine eigene und eigenartig gebaute Bildung darstellt, zum Teil aber auch für den Isocortex. So fand schon WERNICKE an der medianen Hirnfläche die Wände der Calcarina stets mit der typischen Formation, die wir heute Koniocortex der Area striata (OC) nennen, ausgekleidet, welche, caudalwärts keilförmig zunehmend, auch auf die dorsale, cuneale und ventrale, linguale Lippe der Calcarina heraustritt und am Occipitalpol etwas auf die Konvexität bis in die Nähe des sog. Sulcus lunatus (auf den Gyrus descendens Ecker) übergreift; das Ausmaß, in welchem diese Bildung auf die Lippe der Calcarina und die Konvexität übergreift, ist individuell verschieden, die Tatsache jedoch, daß die Area OC die Calcarinawände einnimmt, ist konstant. Auch die übrigen „Koniocortex" sind, wie schon einmal erwähnt (s. 4. Kap., S. 116), an die Wände bestimmter Sulci gebunden, so z. B. der Koniocortex der Retrosplenialgegend an die Außenwand des caudalen Teiles des Sulcus callosus, d.h. an die Innenwand des Gyrus limbicus (Pars posterior), und er tritt nur in der Isthmusgegend auf das Culmen des Gyrus; der Koniocortex des Allocortex, d. h. des Praesubiculums des Gyrus hippocampi, ist an die Kante zwischen Kuppe und Wand des Gyrus hippocampi in den Sulcus hippocampi und dessen ganze frontocaudale Ausdehnung gebunden und greift bald weiter auf das Culmen des Gyrus, bald tiefer in die Wand des Sulcus über; der Koniocortex der hinteren Zentralwindung ist stets in der Vorderwand derselben, d. h. in der hinteren Wand des Sulcus Rolando, und erstreckt sich hier von der opercularen Region des Sulcus bis dorsal zu seinem parazentralen Ende und tritt erst an der Mantelkante auf die Oberfläche des Parazentralläppchen heraus; der Koniocortex der ersten Temporalwindung findet sich immer auf der dorsalen Wand derselben, und zwar auf deren Nebenwindungen, den sog. Heschlschen Windungen.
226 Areale Einteilung des Cortex.
Ebenso ist die Vorderwand der Rolandoschen Furche und in ventral-dorsaler Richtung auch zunehmend die Kuppe der vorderen Zentralwindung stets der Sitz der Betzschen Riesenzellen, der Area gigantopyramidalis, so daß die Rolandosche Furche immer deutlich zwei ganz differente architektonische Gebiete der Centralis anterior und Centralis posterior trennt. Ebenso konstant ist an der Medianfläche die Abgrenzung von der Occipital- und Parietalrinde durch den Sulcus parietooccipitalis.
Weniger genau lokalisiert, doch ebenfalls konstant sind auf der dritten Frontalwindung der Reihe nach die Area Broca (FCBm auf der Pars opercularis), die Area triangularis (FDΔ auf der Pars triangularis) und die Area praetriangularis FFΦ vor derselben und die FF auf der Pars orbitalis der dritten Frontalwindung und die Area FI auf der vorderen orbitobasalen Wand der Insel und dem Gyrus transversus insulae. Doch läßt sich allerdings mit solch annähernder Genauigkeit der Sitz und die Ausdehnung nicht aller Areae bestimmen. Jedenfalls bestehen gewisse Beziehungen zwischen einzelnen eigenartigen Cortexbildungen und den primären großen Fissuren; dies gilt besonders für jene, welche schon früh zur Anlage des Allocortex in Beziehung stehen, die Fissura hippocampi, Fissura marginalis, Fissura rhinica (Abb. 56-58), und ferner zeigen einige konstante Furchen konstante Beziehungen zu der Felderung, hierzu gehören die Calcarina, Parietooccipitalis, Rolando. Aus diesen Grundlagen läßt sich dann ungefähr die Lage auch der übrigen Areae bestimmen; allerdings scheinen hier beim ersten Anblick die inkonstanteren, sekundären Furchen mit der Felderung nichts zu tun zu haben.
Daneben bestehen noch zwischen der Ausbreitung gewisser Areae und der Größe und Form der Windungen ebenfalls gewisse Beziehungen, die wir heute noch nicht genauer fassen können. So ist es z. B. für das Frontalhirn (s. S. 316) nachweisbar, daß die dickrindigen Areae FA, FB und FC auf großen, runden, kuppelartig gewölbten Windungen sich ausbreiten, während die Area FD weiter frontal immer erst dort beginnt, wo die Windungen auf eine mittlere Schmalheit herabsinken, das kleinzellige FE jedoch und FDp, der kleinzellige Teil der FD-Rinde, breiten sich auf schmalen, kleinen, stark gewundenen Gyri aus, und je weiter caudalwärts in einem Gehirn die Verschmälerung der Windungen im Frontallappen beginnt, eine desto größere Ausdehnung caudalwärts nimmt auch die Area FE vom Frontalpol nach hinten. Ein ähnliches Verhältnis zwischen Windungsbau und Rindenbau läßt sich auch an anderen Hirnstellen finden, z. B. zeigt am hinteren Ende des Parietalhirns die Schmalheit der Windungen den Beginn der Occipitalformation an. Zwischen der Art der Ausbreitung der Area LA am Gyrus limbicus und der Form des Sulcus callosomarginalis besteht ebenfalls eine noch ungeklärte Beziehung; s. S. 444. Dies alles weist darauf hin, daß zwischen Rindenbau und Windungsbau wohl nicht nur bezüglich der primären Fissuren und konstanten Furchen, sondern vielleicht auch betreffs der übrigen Furchen und Windungen und ihrer Form ein noch nicht näher eruierbarer Zusammenhang bestehen muß, dessen Erschließung künftiger Forschung vorbehalten bleibt und bei dem CHR. JAKOBs ansicht des sektorenförmigen Wachstums, d. h. der fächerförmigen Entfaltung der Rinde einerseits und der Längsfältelung (Urwindungsbildung) andererseits wahrscheinlich einem grundlegenden Vorgang dabei entspricht (s. S. 23). Daneben ist es sehr gut möglich, da doch die Rinde das primär Wachsende ist und da die Differenzierung der Felder Gebiete nicht nur verschiedener Dicke und verschiedenen Aufbaues, sondern wohl auch verschiedener Wachstumsenergie hervorbringt, daß dadurch, wie WETZEL sagt, Spannungserscheinungen entstehen, welche die Bildung von Windungen und Furchen mitbedingen; und es spricht wirklich nicht gegen einen solchen Zusammenhang, daß die Grenzen der Areae nicht mit den Furchen zusammenfallen, denn auch die rein mechanischen Beugungen in einer Platte, die aus verschieden biegsamen Teilplatten zusammengesetzt wäre, würden nach diesem Autor nicht genau an den Übergangsstellen derselben, sondern daneben erfolgen - ganz abgesehen davon aber sind hier jedenfalls nicht mechanische Momente, sondern Wachstumsvorgänge das Primäre. Alle die vorgebrachten Argumente zeigen jedenfalls das Bestehen von teilweise schon bekannten, andererseits wenigstens in Umrissen sich zeigenden neuen Zusammenhängen zwischen Windungsbildung und Architektonik, bei der auch noch ganz andere Kräfte im Spiele sind (s. S. 115).
Allgemein-Anatomisches über die Areae. 227
Die ursprünglich anscheinende Diskrepanz zwischen arealer Begrenzung und Rindenfurchung einerseits, und andererseits der geringe praktische Erfolg, den das Studium der Hirnwindungen bisher zu zeitigen imstande gewesen ist, hat einige Autoren voreilig dazu verleitet, den mikroarchitektonischen Bau für alles zu halten, den Windungsbau jedoch für eine durch Zufall bedingte, nicht sehr berücksichtigenswerte Bildung anzusehen. Dieser Ansicht können wir durchaus nicht beipflichten trotz Anerkennung der Wichtigkeit der Rindenarchitektonik und ihrer arealen Einteilung; und zwar sind es gerade auch mikroanatomische Momente, welche gegen die Vernachlässigung der Windungsform und des Windungsverlaufes sprechen. So haben wir gerade gesehen, daß im vorderen Frontallappen und im parieto-occipitalen Übergangsteil sichtlich eine Parallele zwischen dem Auftreten schmaler, kleiner Windungen und den dünnrindigen Areae besteht; ferner sind einige architektonische Formationen, speziell an einigen Windungen, sogar an bestimmte Stellen dieser Windungen gebunden, so sind z.B. die verschiedenen Koniocortex hauptsächlich Wandbildungen! Jede Windung stellt somit mit ihrer Dreiteilung in Kuppe, Wand und Tal ein Organ für sich dar (s. S. 115, 172, 226), in welchem das gegenseitige Verhältnis der Schichten, aber oft auch die Zusammensetzung derselben stets so wichtige Veränderungen eingehen, daß der Unterschied zwischen Kuppe und Wand ein und derselben Area oft größer ist, als der Unterschied zwischen zwei benachbarten Areae; die meist mächtige Entwicklung der VI. (zum Teil auch der V.) Schicht an der Kuppe, besonders an den Kuppenwinkeln, und ihre fast vollkommene Reduzierung im Tal aller Hirnwindungen (mit Ausnahme einiger Windungen des Occipitallappens) zeigt an, daß die Windung irgendeine Art funktioneller Einheit verschieden gebauter Teile, also ein Organ darstellt, dessen Wirkungsweise wir uns allerdings leider noch nicht genau vorstellen können 1). [footnote p 228 1) Vielleicht gibt uns einen Fingerzeig zur Deutung dieses Verhältnisses die eben erwähnte Tatsache, daß der Koniocortex, welcher eine sensible Funktion zu haben scheint, sich überall, wo es zu seiner Differenzierung kommt, in der Windungswand entwickelt. Während andererseits in der Kuppe immer vor allem die V. und VI. Schicht, also die efferenten Projektionsschichten die beste Ausbildung erfahren. So wäre es möglich, daß auch sonst die Wand in dem Windungs"organ" den mehr rezeptiven Teil, die Kuppe mehr den efferenten Teil darstellte.] Der Ablauf des epileptischen Anfalles, welcher der örtlichen Aufeinanderfolge der auf der vorderen Zentralwindung übereinander lokalisierten motorischen Zentren entspricht und das klassische Experiment VOGTs, das diesen Ablauf durch einen einfachen Einschnitt schon durch die drei oberen Rindenschichten unterbricht, lassen uns ahnen, daß für den Weg, welchen solche und ähnliche intracorticale Vorgänge einschlagen und für die Art ihrer Ausbreitung der Windungsbau des Cortex eine Rolle spielen dürfte und daß es dann bei einem solchen konsekutiven intracorticalen Erregungsablauf nicht bar jeder Bedeutung sein kann, welche Areae auf diesen Windungen sich befinden! Es könnte auch bei psychischen Vorgängen ein solcher Ablauf sein Korrelat haben. Dazu kommt noch die von KARPLUS erwiesene Vererbung der Windungsform, welche genügend beweist, daß nicht in erster Linie zufällige mechanische Wachstumsmomente bei der Entstehung der Windungen die wesentliche Rolle spielen, sondern immer Anlagemomente, also interne Wachstumsvorgänge. Auch die Frage der Entstehung und Bildung der Windungen wird nicht mehr ohne Berücksichtigung der Architektonik behandelt werden dürfen, denn daß die Entwicklung der V+VI an der Kappe bei der Anlage der ganzen Windung schon eine große Rolle spielen muß, ist höchstwahrscheinlich. Alles dies spricht dafür, daß das Windungsstudium im Gehirn erst gemeinsam mit dem Studium des architektonischen Aufbaues der Rinde und ihrer arealen Einteilung uns einst das richtige Verständnis für die cerebralen Vorgänge bringen wird und bei ihrer großen individuellen Verschiedenheit vielleicht ein materielles Substrat für manche Verschiedenheiten der psychischen Persönlichkeit abgeben wird, soweit als dieselbe überhaupt vom Cortex abhängig ist.
228 Areale Einteilung des Cortex.
Aber bis zu solchen weitgehenden Feststellungen hat es noch seine guten Wege. Vorerst wird das architektonische Cortexstudium bezüglich der groben Anatomie noch wichtige Aufklärungen geben müssen, wie sie es bezüglich einzelner zweifelhafter Fragen schon getan hat. So hat uns dieses architektonische Studium die Abgrenzung des Parietallappens gegen den Occipitallappen im Vorhergesagten ermöglicht; es läßt uns ferner schon die Zugehörigkeit der Insel zum „erweiterten Riechhirn" vermuten (vgl. hierzu 9. Kap., A, 3, §7); betreffs des Occipitalhirns hat es die Homologisierung der sog. Affenspalte mit dem Sulcus lunatus beim Menschen (E. SMITH) höchst wahrscheinlich gemacht (vgl. 11. Kap., A, 3, §5); ferner zeigt es uns den Zusammenhang der Gebilde des Gyrus intralimbicus mit dem Gyrus hippocampi und Gyrus dentatus (vgl. 8. Kap., C, 2, §5 und 13. Kap., A, 6, §5) schon besser und einwandfreier als die grobe Anatomie. Auf die richtige topographische, grobanatomische Einteilung des Gehirns, auf die Homologisierung von Windungen und Furchen bei verschiedenen Tierklassen wird also das Studium der Architektonik unmittelbar befruchtend wirken und einige strittige Fragen lösen, besonders erfolgreich dürfte es eben gerade auf dem Gebiete der vergleichenden Anatomie angewendet werden. Diese wird wieder auf das Studium der menschlichen Cortexarchitektonik aufklärend wirken für das Verständnis aller jener Teile, welche bei gewissen Tierklassen besser entwickelt sind.
Individuelle und physiologische Bedeutung der Areae. 229
Es wird nunmehr vor allem nötig sein, für Gehirne Erwachsener bestimmte nähere Anhaltspunkte über die Beziehungen zwischen den Areae und den Windungen und Furchenbildungen zu erhalten. Hierzu wird man zuerst Gehirne mit einem möglichst einfachen Windungsbau aussuchen müssen. Es werden sich wahrscheinlich an diesen schon gewisse Typen herausstellen, welche die Grundlage für exaktere Studien der ganzen Rinde auch an komplizierter gebauten Gehirnen abgeben werden. Bis heute, da diese elementaren Kenntnisse noch fehlten, waren solche feinere Untersuchungen höchstens für die eine oder andere Area (z. B. für die Calcarina) durchführbar, aber nicht für die Gesamtoberfläche.
An solchen einfach gebauten Hirnen wäre auch der Unterschied zwischen linker und rechter Hemisphäre klarzustellen. Wir wissen heute darüber noch soviel wie nichts, BETZ behauptet betreffs seiner Riesenzellen, daß sie in der rechten Hemisphäre größer und zahlreicher sind als in der linken! KAES sagt, die Rinde der linken Hemisphäre sei schmäler, und speziell die äußere Hauptschicht derselben sei schmäler, als rechts - entsprechend seiner schon eingangs (s. 1. Kap., S. 18) erwähnten Angabe, daß die besser entwickelte Rinde faserreicher und schmäler sei. BERGER hat an homologen Stellen der Zentralwindung links und rechts in der Höhe der zweiten Frontalwindung genaue Zellzählungen vorgenommen in der Gegend des Zentrums für Fingerbewegungen, und die Zellzahl für jedes 0.1 mm Tiefe der Rinde bestimmt, wie in folgender seiner Arbeit beispielshalber entnommenen Tabelle zu
Rindentiefe in mm | Zellzahl in 0.1 mm3 | |
rechts | links | |
0.1 | 8 | 3 |
0.2 | 12 | 4 |
0.3 | 32 | 42 |
0.4 | 65 | 56 |
0.5 | 49 | 44 |
0.6 | 36 | 33 |
0.7 | 23 | 24 |
0.8 | 26 | 26 |
0.9 | 21 | 20 |
1.0 | 25 | 28 |
1.1 | 22 | 22 |
1.2 | 22 | 25 |
1.3 | 33 | 37 |
1.4 | 29 | 39 |
1.5 | 26 | 43 |
1.6 | 29 | 30 |
1.7 | 16 | 24 |
1.8 | 20 | 24 |
1.9 | 17 | 28 |
2.0 | 25 | 27 |
2.1 | 25 | 30 |
2.2 | 26 | 26 |
23 | 24 | 26 |
2.4 | 20 | 21 |
2.5 | 18 | 18 |
2.6 | 23 | 15 |
2.7 | 10 | 10 |
Sum: | 682 | 725 |
sehen ist. Die von ihm untersuchte Rinde hatte 2.7 mm Dicke. Nun fand er auf diese Art die Gesamtzellzahl bald links und bald rechts etwas größer. Die Unterschiede sind nicht sehr bedeutende; sie betragen ungefähr 6% der Gesamtzellzahl. Trägt man die hier angeführten Zahlen sowie die seiner anderen untersuchten Fälle auf eine Tabelle als Kurve auf, so sieht man anschaulich, daß im Gebiete von ungefähr 0.4 mm Tiefe und von 1.4-1.7 mm die größten Unterschiede zwischen beiden Seiten sich zeigen, gleichgültig, welche Seite die zellreichere ist. Bei jugendlichen Gehirnen ist der Unterschied ein noch viel größerer und beträgt etwa 10% der Gesamtzahl. Aus diesen Angaben BERGERs läßt sich kein Schluß vorderhand ziehen. Die Gegend von 0.4 mm Tiefe entspricht (die größere 32.5% betragende Schrumpfung der Bergerschen Präparate mitberücksichtigt) der tiefsten Lage der II. Schicht oder der IIIa-Schicht, die Gegend von 1.4-1.7 mm entspricht der Lage zwischen IIIc und Va, also der IV. Schicht oder in der motorischen Gegend der an ihre Stelle tretenden III (IV) und V(IV) unserer Tafel V, die der von BERGER gewählten Stelle ungefähr entspricht. Wir können daraus schließen, daß sich beide Male die Unterschiede vor allem in den kleinzelligen Schichten vorfinden. Wir müssen weitere Untersuchungen abwarten, bevor wir uns an die Deutung dieser Befunde heranwagen können. Wir haben uns bisher mit dieser Frage selbst nicht näher befassen können, obschon auch wir den Eindruck haben, daß hier in bestimmten Gebieten faßbare Unterschiede in der Architektonik beider Seiten zutage treten. Auch für diese Untersuchungen wird es vor allem nötig sein, zuerst Gehirne zur Hand zu nehmen, deren Windungsbau ein möglichst einfacher ist, und genau zu achten, ob das betreffende Individuum einwandfrei Rechtshänder war. Wir verweisen hier auch auf das S. 42 bezüglich des Rindenvolumens der beiden Hemisphären Gesagte, wo sich auch keine sicheren konstanteren Unterschiede finden lassen.
230 Areale Einteilung des Cortex.
Ebenso wäre nach Unterschieden des Geschlechtes zu suchen. Hier ist eigentlich auch BETZ der einzige, der einige Angaben gemacht hat, die wir jedoch auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen keine Gelegenheit hatten. Bei Frauen soll nach diesem Autor im ganzen Frontalhirn einschließlich der vorderen Zentralwindung die III. Schicht schmäler sein als beim Manne, die Pyramidenzellen und Riesenzellen sollen spärlicher und kleiner sein; dagegen soll im Hinterhaupte und unteren Scheitellappen die III. Schicht zellreicher und anscheinend auch zellgrößer sein! Auch hier wäre es von großer Bedeutung, nach der nunmehrigen photographischen Feststellung des Aussehens der Areae in unserem Atlas auf eventuelle Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen zu fahnden.
Von ebenso großer und grundlegender Bedeutung wäre es, die Altersunterschiede endgültig einmal klarzulegen. Über die embryonale Entwicklung haben wir das Allernotwendigste im 3. Kapitel gesagt; ebenso verweisen wir auch hier auf die im historischen 1. Kapitel angeführte, von KAES aufgestellte Behauptung, daß die Gesamtrindendicke (von einer ursprünglichen durchschnittlichen Höhe von ca. 5.75 mm) im Laufe des 1. Lebensjahres bedeutend abnimmt (bis 4.25 mm) und dann nach dem 1. Lebensjahr weiter, aber ganz langsam abnimmt bis ungefähr zum 20. Lebensjahr (wo der Tiefstand von 4 mm erreicht ist), um dann von hier aus rasch wieder zuzunehmen bis zur Mitte des 5. Lebensdezenniums (45 Jahre), wo wieder ca. 5.75 mm erreicht werden, um dann wieder ziemlich bald abzunehmen bis auf 4.25 mm im 60. Lebensjahr, von da an wieder eine ganz geringe und leise Zunahme zu verzeichnen ist (s. Abb. 13, 14). An dieser Änderung ist hauptsächlich bloß die äußere Hauptschicht beteiligt, denn die innere Hauptschicht nimmt seit der Mitte des 1. Lebensjahres bis zur Mitte des 5. Lebensdezenniums allmählich und langsam wenig zu (von 2 auf 3 mm) und von da an mit der allgemeinen Evolution wieder ganz allmählich etwas ab. Die großen Schwankungen gehen also sämtlich auf Kosten der äußeren Hauptschicht, deren Kurve dieselbe noch deutlicher zeigt als die der Gesamtrinde, denn hier werden die Schwankungen durch die stete Zunahme der inneren Hauptschicht etwas gedämpft. Über die Entwicklung der Markbündel und der Baillargerschen Streifen hat ebenfalls KAES ausgedehnte Untersuchungen angestellt, wie überhaupt bezüglich der Entwicklung der Rinde die Myeloarchitektonik (und Myelogenie) schon weiter vorgeschritten ist. Cytoarchitektonisch wissen wir nur durch BETZ und HAMMARBERG, daß im Stirnhirn die granulären Bildungen am jugendlichen Hirn weiter caudalwärts reichen auf Kosten der sog. agranulären Gebiete. Mehr ist eigentlich nicht bekannt. Riesenzellen sind schon bei 6 Wochen alten Kindern zu sehen, doch haben auch noch im Gehirn von 14jährigen die Riesenzellen nach BETZ nur sehr wenig Fortsätze. Es wäre wohl von erstklassigem Interesse, wenn die lebensphasische Veränderung der Hirnrinde, wie sie von KAES für die Markfasering studiert worden ist, auch betreffs der Cytoarchitektonik ihre eingehende Bearbeitung nunmehr erfahren würde. Vorher ist an eine Deutung und Bewertung der meisten feineren individuellen Befunde überhaupt kaum zu denken.
Individuelle und physiologische Bedeutung der Areae. 231
Von großer Wichtigkeit wäre auch noch die Feststellung eventueller Rassenunterschiede im feineren Bau des Gehirns. Bei den auffallenden groben anatomischen Differenzen der Rassen in Hautfarbe, Haarbeschaffenheit, Knochenbau, aber auch in den feineren anatomischen Details, wie Fettansatz, Ohrenstellung, Nasenbau, Lidspalte usw., wäre es von vornherein zu erwarten, daß das Gehirn keine Ausnahme macht, es wäre denn, daß die Unterschiede solcher Ordnung wären, daß sie mit unseren heutigen Methoden und unseren heutigen Vorkenntnissen noch nicht erkannt werden können. E. SMITH, der die Bestimmung seiner Areae am frischen Gehirn nach der Dicke der grauen Rinde und der Lage der in ihr vorkommenden weißen Markstreifen vornahm (s. S. 12), hat zu seinem Studium mit Vorliebe Negerhirne verwendet, da die graue Rinde bei ihnen im allgemeinen dunkler graurötlich ist, so daß sich die dünnen, weißen Markstreifen schärfer von ihr abheben als beim Europaergehirn. Auch die Tönung der Rinde kann somit Rassenunterschiede aufweisen. Wenn nun A. v. HUMBOLDT erzählt, daß die Indianer eine von ihm beobachtete Sehschärfe besitzen, die ihnen ermöglicht, Gegenstände zu sehen, die bei uns Europäern schon nach dem Bau unserer Retina nicht mehr wahrgenommen werden können, daß also deren Retina feiner differenziert sein muß als die unsrige, so ist es sehr wahrscheinlich, daß auch die Aufnahmestelle für diese Eindrücke in der Großhirnrinde dementsprechend irgendwelche Unterschiede aufweisen müsste. Gerade an der Sehrinde - wenn auch in keinem Zusammenhange mit obiger Bemerkung - haben E. SMITH und nach ihm BRODMANN Unterschiede in ihrer Ausbreitung zu finden geglaubt. E. SMITH hat zuerst bei Ägyptern im Occipitallappen eine größere Ausbreitung, und zwar ein weiteres Herüberreichen der Area striata auf die Konvexität häufiger gesehen als dies gewöhnlich bei Europäern der Fall ist, wobei es in diesen Fällen zur Bildung eines Operculum laterale am hinteren Hirnpol kommt - also Verhältnisse, welche an diejenigen der Affenspalte des Orangs erinnern sollen. Ähnliche Befunde hat später BRODMANN am Javanergehirn und bei Hereroa und Hottentotten gefunden und dieselben als Stigma ihrer Inferiorität gedeutet. HAYASHI hat dasselbe bei Japanerhirnen gefunden. Im Kapitel über die Areae des Occipitallappens (11. Kap., A, 3, §5) besprechen wir diese Befunde noch etwas eingehender. Später hat ANTONI nachgewiesen, und zwar an Schwedenhirnen, daß dieses Merkmal bei 67% der normalen Gehirne vorkomme und daß man daher die Auffassung der sog. Affenspalte als Rassenmerkmal ganz fallen lassen müsse. Dieser Schluß ist natürlich nicht zwingend, denn es könnte sehr wohl Völker geben, bei denen fernere Untersuchungen das Vorkommen der Affenspalte als größere Seltenheit erweist als eben an Ägypter-, Javaner- und Schwedenhirnen! Wenn sich ähnliche Befunde einer rassenmäßigen Besonderheit irgendeiner Art in Bau und Ausdehnung der Rindenareae bewahrheiten sollten, so würde dies von höchstem Interesse sein. Unstatthaft natürlich ist es, was bei solchen Rassenuntersuchungen leider immer gleich geschieht, jeden Befund, der von unseren Europäerhirnen ("Arier"-hirnen) abweicht, als Merkmal der Inferiorität anzusprechen, wie dies z. B. für die obengenannte Variante der Area striata geschehen ist, angeblich weil diese Bildung auch beim Orang vorkommt. Diese Logik ist recht mangelhaft. Der Mensch hat z. B. einen im allgemeinen schlecht entwickelten Geruchsinn, besonders im Vergleich zu der hervorragenden Entwicklung, die derselbe bei den meisten höheren Tieren hat, ausgenommen die Affen, die einen noch schlechter entwickelten Geruchsinn haben als der Mensch. Wenn nun ein Mensch einmal ausnahmsweise - oder eine ganzen Sippe - einen sehr gut entwickelten Geruchsinn besäße und evtl. sein Gyrus olfactorius lateralis samt den anliegenden Areae abnorm stark entwickelt wäre, müssten wir dann dies als ein Zeichen ganz besonderer Inferiorität betrachten? Wäre dies deswegen ein Inferioritätszeichen, weil der Träger sich dadurch den makrosmatischen Tieren nähert? Gleichzeitig würde er sich aber durch diese gute Entwicklung des Geruchsinnes von den anthropoiden Affen „entfernen", also wäre dies wieder, im gleichen Sinne gesprochen, ein Zeichen von „Superiorität". Derartige Überlegungen und das obige Beispiel an Schwedenhirnen zeigen, wie wertlos solche „Werturteile" sind und wie falsch es ist, bei jeder rassenanatomischen Forschung mit solchen „Schätzungen" gleich bei der Hand zu sein. Der Begriff einer Inferiorität ist höchstens dort evtl. berechtigt, wo ein Ausfall, ein Defekt zu verzeichnen ist, nicht aber, wo eine Entwicklungsvariante oder gar eine gesunde Überentwicklung vorliegt; bei einer höheren Entwicklung und feineren Differenzierung kann überhaupt höchstens von einer Superiorität, von einer Steigerung der Fähigkeiten, die Rede sein, sobald diese Steigerung nicht die Existenzmöglichkeiten des Trägers beeinträchtigt. Jede andere Einschätzung ist ein rein subjektives Werturteil, bei dem sich der Beobachter selbst als Norm, wenn nicht gar selbstgefällig als Optimum einschätzt und auf dieser rein persönlichen Grundlage dann sein Urteil fällt. Solche wenig berechtigte Werturteile sind leider die Ursache, daß heute die Rassenfrage hierzulande statt ein rein wissenschaftliches Problem zu bleiben, zu einem Politikum geworden ist zwischen parteimäßigen Verteidigern der Internationalität einerseits und nationalen Schwärmern andererseits. Von den ersteren wird aus Angst und in blindem, politischen Eifer sogar das Bestehen des „Rassenproblems" mit Hintansetzung aller festbegründeten anthropologischen Kenntnisse einfach geleugnet, und sie haben gegen jede bessere Wissenschaft das Wort der „Rassenlüge" erfunden; von den letzteren aber, die das Problem im Sinne ihres Zweckes ebenfalls politisch gebrauchen, wird es durch künstliche Umdeutung der Kulturgeschichte, freie Erfindung von Rassen und ähnlichem Unfug in größten Mißkredit gebracht. Die richtige Lösung der Rassenfrage liegt ganz abseits dieser beiden höchst unwissenschaftlichen Bestrebungen und Methoden. Die Wissenschaft hat die Pflicht, den Weg der Wahrheit zu wandeln, und nur diese Pflicht allein, und zwar im Bewußtsein, daß letzten Endes jede Wahrheit heilsam ist, unbekümmert, ob die Tatsachen, die sie aufdeckt, dem „Publikum" momentan erwünscht sind oder nicht, und unbekümmert um den Terror, den die erste der genannten Gruppen in diesem Falle gegen sie, die andere, durch sie auszuüben sucht. Es ist also zu hoffen, daß die Gehirne bezüglich der neuen Möglichkeiten, die die Architektonik eröffnet, rein anatomisch und nicht politisch untersucht werden, und daß die für das Verständnis des Gehirnbaues notwendige Feststellung, ob es rassenmäßige Unterschiede desselben überhaupt gibt oder nicht, sich frei von diesen Einflüssen wird durchführen lassen; denn auch dies ist eine Vorbedingung für die spätere Bewertung individueller Unterschiede. Die Beachtung völkischer Eigenarten und Talente (z. B. musikalischer Veranlagung!), gemeinsam mit einer planvollen gruppenmäßigen Durchforschung des betreffenden Hirnbaues, könnte uns wertvolle Erkenntnisse vielleicht in kürzerer Zeit und müheloser bringen als viele Untersuchungen an begabten Einzelindividuen.
232 Areale Einteilung des Cortex.
Alle diese vorgenannten Feststellungen betreffs Alter, Art, Geschlecht usw., werden nötig sein, um die Unterschiede, die sich uns beim Studium jedes Gehirns gegenüber jedem anderen Gehirn bieten, richtig verstehen zu lernen, denn sowohl die Begrenzung und Ausdehnung der Areae variiert von einem Individuum zum anderen, als auch, zum Teil wenigstens, sogar ihre Zusammensetzung. Wie weit hier auch evtl. die physiologische Bedeutung der einzelnen Schichten eine Rolle spielen kann oder nicht, ist noch ganz unbestimmt. Es wäre z. B. sehr wohl folgende Möglichkeit vorstellbar. Irgendeine Area hätte in der Regel eine besonders schwach entwickelte III Schicht; nun ist angeblich diese Zellage die Versorgerin der Assoziationen; man könnte also annehmen, daß diese Area entsprechend der schwachen III keine größere Bedeutung betreffs der Assoziationen hat. Nun könnte aber bei einem Individuum anlagemäßig dieses Hirngebiet doch eine stark entwickelte III Schicht haben und dementsprechend auch in diesem Falle als individuelle Eigentümlichkeit eine wichtigere Rolle im Ablauf der Assoziationen spielen. Ob tatsächlich solche individuellen Unterschiede vorkommen können oder nicht, wird uns die Zukunft nunmehr lehren müssen.
Individuelle und physiologische Bedeutung der Areae. 233
Daß es Gehirne gibt, bei welchen in toto die Pyramidenzellen größer und schöner ausgeprägt scheinen als bei anderen, ohne daß wir in einer etwaigen Änderung unserer Härtungs- und Färbungsverfahren eine Ursache dafür hätten finden können, so daß wir hier an einen Unterschied in der individuellen Anlage denken müssen, haben wir bereits bei Besprechung der Zellform (2. Kap., S. 51) erwähnt. Die Bewertung solcher individueller Schwankungen ist natürlich derzeit noch sehr schwer, da man noch zu wenig Anhaltspunkte besitzt; hat doch bisher auch die einfachste Grundlage dazu gefehlt. Man wäre wohl leicht geneigt, jede auffallendere Änderung im Rindenbau für eine Eigentümlichkeit der persönlichen Individualität verantwortlich zu machen; dies darf natürlich nur sehr vorsichtig geschehen, denn es gibt in vielen Organen und so auch im Gehirn Teile, welche in ihrem Bau stärker schwanken können als die übrigen, ohne dabei von wesentlichem Einfluß auf den allgemeinen individuellen Typus zu sein, so verhält sich z. B. betreffs der inneren Organe der Appendix vermiformis, der, ohne eine besonders wichtige biologische Bedeutung zu haben, sehr variabel ist. Ähnlich verhalten sich manche Teile im Gehirn; zu diesen im Bau eher schwankenden Partien gehören die Formationen des Gyrus limbicus und intralimbicus und besonders auch die opercularen Teile der Sylvischen Grube sowohl an der Konvexität, als ferner auch die Rindenteile in der Tiefe des Grundes der Sylvischen Grube am Übergangsteil der dorsalen opercularen Rinde in die Rinde der Insel oder der Heschlschen Windungen; ob nicht vielleicht bei dieser Variabilität ein Mangel in der Blutgefäßversorgung dieser opercularisierten Teile auch dabei eine gewisse Rolle spielt, kann nicht ganz ausgeschlossen werden. Wir finden hier tatsächlich oft Rindenbezirke, welche uns weniger gut in ihrem Zell- und Schichtbild differenziert und geordnet vorkommen als die anderen; Mängel in diesen können bei verschiedenen Individuen recht verschieden aussehen. Wir kommen bei der arealen Besprechung noch auf diese zurück (FAop, FBop, FCop, FCI, PFop, TD usw.). Ferner scheint auch der Bau des Allocortex im ganzen ein weniger konstantes Verhalten zu bieten als der des Isocortex, und doch werden wir gerade diesen Teilen nicht einen gar zu bedeutenden Einfluß auf die „persönlichen" Gehirnvorgänge zuschreiben wollen. Es ist also nicht bloß die Variabilität an und für sich oder die Größe der Ausschläge dieser Schwankungen, welche den Wert derselben für die individuelle Eigenart des Ganzen bestimmen, sondern diese hängt vor allem auch von der Wertigkeit des variierenden Organes als solchem ab; kleine Abweichungen in einem hochwertigen Teil bedingen wahrscheinlich charakteristische Änderungen des Ganzen, während daneben bedeutende Abweichungen in einem minderbedeutenden ohne sichtbaren Effekt bleiben dürften.
Freilich, welche Areae wir als hochwertige anzusehen haben, ist eine augenblicklich noch unentschiedene Frage, die jedoch vielleicht nicht mehr gar so lange auf ihre Beantwortung wird warten lassen. Ein Vergleich unserer arealen Hirnkarte (Abb. 92- 95) mit dem Hirnschema (Abb. 98 u. 99), auf welchen die durch Experimente oder durch die Klinik eruierten Lokalisationen verzeichnet sind 1), wird uns schon die Vermutung nahelegen, daß den Areae in einem gewissen Ausmaße auch bestimmte Funktionen zukommen; allerdings wissen wir nicht, ob das, was wir im gewöhnlichen Sprachgebrauch als ein und dieselbe Funktion bezeichnen, physiologisch auch immer einem identischen Vorgang entspricht; wenn wir z. B. die Aufbewahrung von Erinnerungsbildern sprachlich als kommemorative Funktion (Gedächtnis) bezeichnen, so ist damit nicht gesagt, daß der dabei in Aktion tretende physiologische Vorgang bei der Ablagerung von Schalleindrücken der gleiche ist wie bei der Ablagerung von Gesichtseindrücken, und es wäre denkbar, daß die Differenz zwischen diesen beiden Vorgängen eine derartige wäre, daß sie - ihre Lokalisierbarkeit vorausgesetzt - gänzlich verschiedene anatomische Vorbedingungen beanspruchen würden.
234 Areale Einteilung des Cortex.
Abb. 98
[footnote p 234 1) Dieses Schema beansprucht nicht ein richtiges und kritisches Bild der heute mit Bestimmtheit in einzelne Teile des Hirns zu lokalisierenden Funktionen zu sein, sondern es ist bloß ein Übersichtsbild über die meisten, von sehr verschiedenen Autoren vermuteten Lokalisationen. Diesem nicht einheitlichen Ursprünge dieses Bildes entspricht es auch, daß einzelne dieser Eigenschaften eine doppelte Lokalisation erfahren und andererseits an ein und dieselbe Stelle manchmal verschiedene Fähigkeiten lokalisiert sind.]
Individuelle und physiologische Bedeutung der Areae. 235
Abb. 99
Abb. 98 und 99. Physiologisches Lokalisationsschema. Schematische Darstellung der wichtigsten sowohl mit Sicherheit schon bestimmten als auch bloß mit mehr oder weniger Berechtigung vermuteten Lokalisationen in der Hirnrinde.
In der Möglichkeit einer solchen Differenzierung und Anpassung der Rinde an verschiedene Beanspruchung und Funktion anerkennen wir die Ursache für die eigenartige und örtlich verschiedene Entwicklung der ursprünglich gleichmäßig angelegten Rinde zu den einzelnen Areae. Als spezifische solche Differenzierung haben wir z. B. den Koniocortex und wohl auch die agranuläre Rinde kennengelernt. Der Koniocortex, die granulöse Rinde, stellt eine Verkörnelung der Rinde dar, welche durch Vermehrung der Körnerzellen und Verbreitung der beiden Körnerschichten, ferner durch eine Vermehrung und gleichzeitige Verkleinerung der Hauptmenge der Zellen der übrigen Schichten, besonders der III. Schicht, zu oder nahe zu Körnergröße, und endlich durch eine Aufhellung der V. Schicht infolge Einlagerung eines dichten exogenen Nervenfasergeflechtes in sie, bei gleichzeitiger Verschmälerung des ganzen Rindenquerschnittes, charakterisiert ist. Im 2. Kap., S. 57, und 4. Kap., S. 136 und 226, haben wir die Entstehung des Koniocortex genauer besprochen und auch sein Vorkommen in 1. der Vorderwand der Centralis posterior (PB1), 2. auf der dorsalen Wand der ersten Temporalwindung, und zwar auf ihrer Heschlschen Querwindung (TC), 3. in der Wand und den Lippen der Calcarina (OC), 4. in der Innenwand des Gyrus limbicus (posterior), und zwar in der Retrosplenialgegend (LE1,2), und 5. an der Innenwand und dorsalen Lippe des Gyrus hippocampi (HD1,2,3). Daß wir in diesen fünf Areae, wo der Koniocortex sich findet, die Lokalisation unserer fünf Sinne im Großhirn zu erkennen haben, ist naheliegend; und für die Lokalisation des Gesichtssinns in der Calcarina, des Gehörssinns auf der Heschlschen Windung, des Tastsinns auf der Centralis posterior sprechen auch die Erfahrungen der Klinik; bei der Besprechung der einzelnen Areae kommen wir noch darauf zurück, ob der Geruchssinn in der Retrosplenialgegend und der Geschmackssinn in der Area granulosa des Hippocampus zu lokalisieren ist, oder ob es umgekehrt ist, oder ob evtl. der Geschmackssinn eine andere, bisher noch unbekannte Lokalisation evtl. auch in der Area granulosa (PB1) der Centralis posterior, und zwar in der Nähe der Operculargegend (Geschmacksherabsetzung bei Motorisch-Aphasischen!), besitzt. Auch diese Frage des Geruchs- und Geschmackssinns besprechen wir später im speziellen Teil bei der Area LE und HD nochmals eingehender. Es ist unsicher, ob mit diesen fünf Areae die gesamte sensorische Rinde erschöpft ist; es wäre sehr gut möglich, daß nebenbei noch andere sensorische Bezirke für andere Sinne bestehen. Der Temperatursinn ist vom Tastsinn in seiner Qualität so verschieden, daß es jedenfalls sehr möglich wäre, sich eine eigene Lokalisation für ihn vorzustellen, entweder im Bereich des Koniocortex der Centralis posterior selbst oder auch anderswo; außerdem wäre es möglich, daß bestimmte Sinnesempfindungen, die mit anderen qualitativ und auch sonst nichts gemein haben, wie z. B. der Orgasmus, evtl. auch Gefühle der Angst u. ä. m., ebenfalls im Großhirn eine eigene Zentrale noch unbekannter Lokalisation hätten. Solche Möglichkeiten soll man im Auge behalten, obwohl es im allgemeinen wohl wahrscheinlicher ist, daß die ganze Körperfühlsphäre mit all ihren Sinnesqualitäten in der PB1, der Centralis posterior und des Parazentralläppchens und deren unmittelbarer Umgebung, lokalisiert ist. Wir haben schon auseinandergesetzt, daß für den Sehakt die unmittelbare Lokalisation in den Koniocortex der Calcarina, in die sog. Area striata, so gut wie vollständig erwiesen ist, speziell durch die Arbeiten von HEESCHEN, dessen Untersuchungen ja auch bezüglich der Heschlschen Windung mit annähernd vollkommener Sicherheit die Lokalisation des reinen sensorischen primären Höraktes in dieselbe erwiesen haben; auch für die hintere Zentralwindung ist nunmehr aus der Pathologie, besonders der Kriegserfahrungen, die Lokalisation der Körpersensibilität mit allergrößter Wahrscheinlichkeit anzunehmen; diese drei Tatsachen erweisen es zur Genüge, daß wir in der Verkörnelung der Rinde zum Koniocortex die höchste spezifische Differenzierung der Rinde zum sensiblen Aufnahmsorgan zu erblicken haben und in den vom Koniocortex gebildeten Areae granulosae die areale Lokalisation der primären Sensibilität im Gehirn zu sehen haben. Wir können daraus unmittelbar schließen, daß auch die Area retrosplenialis granulosa LE und die Area praesubicularis granulosa HD sensible Endstationen in der Rinde sind, und sollte man in der Rinde auch noch andere kleinere derartige granulöse Areae später entdecken, daß dieselben ebenfalls solche sensible Endstationen (Sinnessphären) darstellen. An der pathologisch-anatomischen Feststellung haben außer HENSCHEN wohl auch andere Forscher einen bedeutenden Anteil, deren wir bei Besprechung der einzelnen Areae granulosae speziell noch kritisch Erwähnung tun werden. HENSCHEN hat jedoch speziell immer postuliert, daß es Stellen des Cortex gibt, welche ausschließlich zur primären reinen Sinnesaufnahme bestimmt sind, getrennt von jenen Zentren, welche höhere sog. gnostische Funktionen verrichten. Unsere cytoarchitektonische Methode liefert also nunmehr Resultate, welche sich mit dieser Auffassung der Klinik vollkommen decken. Die erste eigentlich intuitive Erfassung der granulösen Rinde als sensorische Endstation geht unmittelbar auf MEYNERT zurück (s. 1. Kap., S. 9). Es fussen aber alle die späteren angeführten klinisch-pathologischen Lokalisationen der Sensibilität, d. h. der Sinnessphären, letzten Endes auf FLECHSIGs Untersuchungen, welcher mittels der myelogenetischen Methode vor 40 Jahren die Lage dieser „Sinnessphären" im Gehirn größtenteils schon richtig ermittelt hat. Man vgl. auf Abb. 90 a, b (und 91 a, b) die Lage der primären Sinnessphären Feld 1-8 FLECHSIGs mit unserem Koniocortex (auf Abb. 56, 57 dunkelblau). Vollkommen ist zwar die Kongruenz nicht, weil dieselbe natürlich bei zwei so ganz verschiedenen Methoden, von denen jede etwas anderes zeigt, nie eine totale sein kann. FLECHSIGs Sinnessphären sind ausgedehnter als unser Koniocortex; dabei ist es aber gar nicht ausgemacht, daß etwa die Sinnessphären nicht wirklich über die Ausbreitung des reinen Koniocortex hinausgehen, wie wir später noch zeigen wollen. Man mag über FLECHSIGs Dreiteilung des Cortex in Sinnesfelder, sekundäre Felder und Assoziationszentren denken, wie man will, es gebührt diesem Forscher zweifellos das Verdienst, gerade in seinen Sinnessphären für jede weitere anatomische Hirnforschung einen Grundpfeiler gelegt zu haben, dessen Baufestigkeit im Laufe der Jahrzehnte sich immer wieder bewährt hat; er war auch der erste, der eine Hirnkarte im heutigen Sinne gegeben hat, und es ist nicht einzusehen, warum manche Autoren die Entdeckungen FLECHSIGs, welche für die ganze Auffassungsart so bedeutend geworden sind, deswegen, geringer geachtet wissen möchten, weil sie in einigen Details von den architektonischen Cortexstudien abweichen. MEYNERTs Aufstellung der körneligen Rinde als sensibler Cortex vor 50 Jahren und FLECHSIGs Aufstellung der Sinnessphären vor 40 Jahren hätten beide, entsprechend anerkannt und erweitert, ohne weiters genügt, uns schon vor Dezennien jene Kenntnisse zu verschaffen, die wir nun nach mühsamer klinischer und pathologischer Arbeit eines halben Jahrhunderts und Abweisung aller hindernder Einwände und Gegnerschaften erst heute darüber endlich besitzen. - Zu FLECHSIGs primordialen Gebieten 1-8 gehören außer unserem Koniocortex noch Teile unserer agranulär heterotypischen Formation, z. B. die vordere Zentralwindung, und Teile des Allocortex (Riechhirn), z. B. der Uncus, der Gyrus intralimbicus und die Gyri olfactorii. Daß die Teile des Allocortex als phylogenetisch älteste frühreif in ihrer Markentwicklung sind und auch, soweit sie selbst nicht Sinnessphären sind, zum Teil schon vor den übrigen Sinnessphären ihr Mark erhalten, ist uns heute ohne weiteres verständlich; daß die vordere Zentralwindung ebenfalls ganz früh - gleichzeitig mit der hinteren Zentralwindung - ihr Mark erhält, lehrt uns, daß auch die reine Motilität sich ebenso früh als die Sinneszentren entwickelt; es steht zu erwarten, daß ein weiterer Ausbau der myelogenetischen Studien mit den cortexarchitektonischen zusammen unter gegenseitiger Ergänzung noch manche Aufklärung zum Verständnis des komplizierten Hirnbaues bringen wird.
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Wir haben also gesagt, daß der Koniocortex uns die höchste spezifische Differenzierung des gewöhnlich sechsschichtigen Cortex für die sensible Aufnahmsfähigkeit zu sein scheint. Nun ergibt sich aus dieser anatomischen Feststellung gleichsam von selbst die Frage, ob der Koniocortex auch die einzigen Stellen der Rinde darstellt, welche den zum Bewußtsein gelangen sollenden Sinnesreiz aufnehmen könnten. Anatomisch ist diese Frage nicht lösbar, sondern bloß experimentell oder klinisch-pathologisch. Jedoch können einige, noch rein anatomische Erwägungen uns der Lösung wenigstens näherbringen. Schon in der Definition der spezifischen Differenzierung liegt auch a priori die Annahme, daß, nachdem sich diese Eigenschaft differenziert, sie schon in der nicht spezifisch differenzierten Rinde, im Ansatz wenigstens, vorhanden sein muß; wir meinen damit nicht etwa in jeder Rinde, sondern in der Rinde dieser Areae, welche die hierzu notwendige Projektionsfaserung aus den Sinnesorganen und den Zwischenstationen direkt erhält; und daß die Verkörnelung dann eine Differenzierung im Sinne der ihr zugeleiteten Erregung und Beanspruchung darstellt. Anatomisch läßt sich diese Auffassung dadurch begründen, daß, abgesehen von der Calcarinawand, welche die Verkörnelung ad maximum und in einer sonst nicht vorkommenden, ganz scharfen Abgrenzung von der Umgebung aufweist, die Grenzen der übrigen granulösen Areae einerseits, der Grad der Verkörnelung ihrer Zellen andererseits individuell starke Schwankungen zeigt; am besten ist dies nachweisbar für die granulöse Bildung der Centralis posterior und der Heschl; in der Centralis posterior z. B. ist die ganze vordere Wand der Centralis posterior von 1-2 mm über der Talsohle (welche selbst von einer anderen, der riesenzelligen Area [PA1] eingenommen ist) bis zur Kante der Kuppe (welche wieder von einer anderen großzelligen Area PC besetzt ist), also der größte Teil der Vorderwand vom Operculum bis zum Parazentralläppchen, eingenommen von einer mittelzelligen, dünnwandigen Area PB (s. Abb. 133a, 133b); im Gebiete dieser Area findet man nun bald, das ganze Gebiet derselben einnehmend, bald streifen- bald inselweise die granulöse Formation, welche den Koniocortex charakterisiert, meist ganz deutlich und typisch entwickelt (Tafel LX, Bild 1, PB1), während weiter dorsal davon die nichtgranulöse Grundform der Area PB, nämlich die mittelzellige, dünnwandige PB2 (Tafel LX, Bild 2) wieder zum Vorschein kommt. Außerdem sieht man Stellen, wo die Differenzierung zum Koniocortex nicht vollkommen ist, wie auf Tafel LXI, und wo man beide Bildungen in einem Gesichtsfeld hat. Alle diese anatomischen Bilder legen den Gedanken nahe, daß sich der Koniocortex PB1 aus - der Grundform der PB - der Formation PB2 an manchen Stellen durch maximale körnige Differenzierung entwickelt; noch wahrscheinlicher wird dies, wenn wir sehen, daß auch individuell die Verkörnelung Unterschiede aufweist, wie man auf Tafel LIX, Bild 2, sieht, wo die meisten Zellen noch nicht Körner-, sondern kleinste Pyramidenform haben; alles dies läßt die Vermutung in uns aufsteigen, daß wohl die ganze Area PB zur Aufnahme von sensiblen Eindrücken geeignet sein muß, daß aber ihre granulösen Partien die hierzu speziell höchstentwickelten Stellen darstellen. Nun enthält die hintere Wand der Centralis posterior (s. Abb. 92) einen ebenfalls ganz schmalrindigen, zellreichen, mittelzellgroßen Cortex (Area PD), der im Bau dem nichtgranulösen Teil der Area PB recht ähnlich ist und evtl. auch (trotz größerer Zellen in IIIc) zur sensiblen Aufnahme befähigt sein könnte, doch läßt sich anatomisch darüber nichts sagen, da in seinem Gebiet es nicht zur Bildung eines Koniocortex kommt.
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Nicht viel anders verhält es sich mit der Area TC auf der ersten und der zweiten Heschlschen Windung Abb. 92; verfolgt man dieselbe auf Serienschnitten, so sieht man auch hier, besonders in der Peripherie der Area TC, caudalwärts gegen die umgebende sog. Orgelpfeifenformation TB zu, daß die Verkörnelung der Rinde nicht mit einem Male und durchaus einsetzt, sondern daß die Verkörnelung am Rande der Area erst streifenweise vor sich geht, so daß radiäre Streifen von Isocortex und Koniocortex abwechseln (s. Abb. 150); auch hier ist der Grad der Verkörnelung ein individuell etwas verschiedener. Unsere Tafel XCIV zeigt bloß eine mittelgute Entwicklung derselben, so daß man gerade an ihr das Gesagte begreift. Es wäre sehr interessant, künftig zu konstatieren, ob zwischen der musikalischen Feinheit des Gehörs und dem Grade und der Ausdehnung der Verkörnelung dieser Area ein Parallelismus besteht.
Wie weit die retrospleniale Area granulosa LE und die präsubiculäre HD individuelle Unterschiede aufweisen, wollen wir bei Besprechung dieser Areae 8. Kap. C, 2, §5 und 13. Kap. A, 4, §5, später näher untersuchen; für erstere sind sie nicht unbedeutend.
Die Area striata OC hat zum Unterschiede des übrigen Koniocortex wirklich haarscharfe Grenzen (s. Tafel LXXXV), doch findet man auch in ihrer Umgebung im Gebiete der Area OB vielfach verkörnelte Flecken, die wir als OBΩ (Maculae granulosae Areae peristriatae) bezeichnen, auf deren Vorkommen wir bei der arealen Besprechung dieser Gegend (11. Kap. A, 2, §5) näher eingehen. Nicht unmöglich wäre es ferner, daß auch der körnerzellenführende Endglomerulus, den die Gyri olfactorii an ihrer Grenze gegen die Substantia perforata zeigen, einer koniocorticalen (abortiven) Bildung entsprächen (worüber uns die vergleichende Anatomie aufklären könnte) (Tafel XLI, Bild 4). Ob wir damit den ganzen Koniocortex der Rinde besprochen haben oder ob sich hier und da noch, wie schon früher vermutungsweise geäußert, an gewissen Stellen ähnliche Bildungen finden könnten, wollen wir für den Augenblick nicht entscheiden. So weit aber diese anatomischen Erwägungen gehen, scheinen sie unserer Vermutung recht zu geben, daß zwar der Koniocortex die höchstdifferenzierte sensible Rinde par excellence ist, daß es aber daneben nicht von vornherein ausgeschlossen ist, daß auch einzelne andere Teile des Isocortex, die die granulöse Umwandlung nicht oder noch nicht mitgemacht haben, ebenfalls eine sensorische Funktion wenigstens teilweise erfüllen können; für gewisse Teile der Rinde in unmittelbarer Nähe eines Koniocortex, die in engster lokaler Verbindung mit ihm sind, ist dies sogar in gewissem Grade (anatomisch) wahrscheinlich 1). [footnote p 239 1) Daß unser Koniocortex meist ein kleineres Gebiet einnimmt als die „Sinnessphären" FLECHSIGs, ist schon S. 237 besprochen worden. Nähere Details über jede einzelne sensorische Rindenpartie findet sich in den entsprechenden Kapiteln des speziellen Teiles (9., 10., 11., 12. und 13. Kap.). S. auch in diesem Zusammenhang DUSSER De BARENNEs Versuche mittels lokaler corticaler Strychninvergiftung die Ausdehnung der sensiblen Rindengebiete zu bestimmen. Quarterly Journ. of experim. Physiol. 1916, IX. S. 355.] Die vergleichende Anatomie spricht auch in diesem Sinne, wenn anders die Befunde BRODMANNs auch bei eingehenderen Untersuchungen sich später noch als richtig erweisen. Nach diesem verdienten Forscher sind im Gebiete der Tastsphäre in der Tierreihe aufwärts erst auf der hinteren Zentralwindung des Affen die Areae, welche unseren Areae PB, PC und PD entsprechen, voneinander differenziert, während in der Tierreihe abwärts diese Areae durch eine gemeinsame Area dargestellt sein sollen. Wir haben also hier auch die phylogenetische Parallele zu dem früher Gesagten, daß der Koniocortex eine spezielle Differenzierung einer mit gewöhnlichem Isocortex versehenen Area receptiver Anlage ist; denn daß die übrigen Tiere einen Tastsinn usw. besitzen, ist sicher und auch experimentell erwiesen, nur ist vielleicht der ihm zufallende Cortexteil - entsprechend der mangelnden Entwicklung seines speziellen Trägers, der Hände, als Tastorgan - minder hoch spezifisch differenziert. Näheres darüber findet sich noch bei der speziellen Besprechung der Areae der Centralis posterior 1). [footnote p 240 1) Jedoch sei hier gleich erwähnt, daß KLEMPIN (aus VOGTs Laboratorium) eine ausführliche Arbeit über die Architektonik der Rinde des Hundes publiziert, aus der hervorgeht, daß er das Homologon von BRODMANNs area 3, die unserer PB entspricht, auch beim Hunde schon differenziert gefunden hat; allerdings ist sie dort - soweit man aus den guten photographischen Abbildungen sieht - nicht granulöser Koniocortex, aber immerhin ein sehr zellreiches und relativ zellkleines Feld.] Ähnlich scheint es sich auch mit dem Koniocortex der Hörsphäre bei Tieren zu verhalten, bei welchen vielleicht eine feinere quantitative, aber jedenfalls eine geringere qualitative Entwicklung stattfindet. Die Stelle TC konnte bei Tieren angeblich noch nicht sichert werden, weil sie vielleicht noch nicht differenziert ist; BRODMANN scheint anzunehmen, daß sie ganz fehlt, doch haben wir den Eindruck, daß sie - infolge unrichtiger Homologisierung der Temporalwindungen und der temporo-parietalen Übergangswindungen - bisher an falscher Stelle gesucht wurde. Näheres darüber s. 12. Kap., A, 4, §7.
240 Areale Einteilung des Cortex.
Außer den oben besprochenen granulösen Areae des Koniocortex haben wir als fernere, spezifisch hochdifferenzierte Areae die vor der Rolandoschen Furche gelegenen agranulären Areae FA und FB anzusehen, in welchen bei beinahe völligem Verlust der Körnerschicht eine Umwandlung der meisten Zellen zu Pyramidenzellen stattfindet und die ganze Gegend durch eine besondere Größe der Pyramidenzellen charakterisiert ist; die rückwärtige Partie der Area auf der vorderen Zentralwindung ist sogar durch die bekannte Entwicklung von Betzschen Riesenzellen vor dem ganzen übrigen Gehirn ausgezeichnet. Schon MEYNERT hat in dieser ausschließlichen Entwicklung der Pyramidenzellen den Ausdruck für die Motilität annehmen zu dürfen geglaubt, und BETZ ebenso speziell seit der Entdeckung seiner Riesenzellen, die er als spezifisch motorische Elemente ansah; die Klinik und das Experiment haben in großen Zügen dieser Annahme recht gegeben. Die großen Pyramidenzellen der IIIc und V. Schicht, welche man wohl für die Motilität in Anspruch nehmen kann, reichen jedoch über die zwei agranulären Areae hinaus, und zwar über die schwach granuläre Area FC und den rückwärtigen, auch schon granulären Teil von FD, den wir als FDm bezeichnen, ferner über die ganze dritte Frontalwindung bis auf deren Orbitalteil, welche überhaupt schon in ihrem Fuße granulär ist, also FBCm, FDΓ und FF. VOGTs neue klassische Untersuchungen, in welchen er den architektonischen Bau der. Rinde und den experimentellen elektrischen Rindenreizeffekt gleichzeitig berücksichtigt, erlaubten ihm bestimmte Änderungen der motorischen Reizeffekte zu konstatieren, welche mit gewissen Änderungen im Rindenzellbau parallel gehen; eine nähere, recht eingehende Ausführung darüber geben wir später bei Besprechung der Physiologie der einzelnen Areae (7. Kap., A, 3, §7 und 10. Kap., A, 5, §7). Es scheint, daß man daraus sagen kann, daß die Area mit Riesenpyramiden einen unmittelbaren Reizeffekt tonischer Spezialbewegungen vermittelt, während die FB zwar vor allem neben etwas schwerer erregbaren tonischen Spezialbewegungen auch sog. Einstellungsbewegungen (ganzer Komplexe) vermittelt. Jedenfalls ist es an diesem Beispiele der Motilität interessant zu sehen, daß einer anatomischen Änderung auch eine Qualitätsänderung im motorischen Effekt entspricht, und jedenfalls scheint die Pyramidenrinde FA und FB die spezifisch motorisch efferente Rinde zu sein. Daneben scheinen die große Pyramidenzellen führenden Areae FC, FDm, FDΓ, evtl. auch FF, vielleicht ebenfalls motorische Effekte neben anderen zu haben. Aber auch von der hinteren Zentralwindung, Area PC, und vom oberen Parietallappen, Area PE, und auch anderwärts sind motorische Reizeffekte zu erzielen. Jedenfalls ist aber eines sicher: die Pathologie lehrt uns, daß die Motilität des Menschen vom Stirnhirn derart abhängig ist, daß sie ohne dasselbe gar nicht möglich ist, während beim Affen dieselbe sogar ohne Großhirn ohne weiteres möglich ist. Die progressive Verrückung der Herrschaft der Zentren in der Nervenachse nach oben hat beim Menschen ihr Maximum erreicht und zeigt den Sieg des Großhirns (JAKOBs) über die ganze Motilität; dieser Sieg kommt in der kolossalen Entfaltung des Stirnhirns zum Ausdruck in toto und auch im speziellen für die Motilität einzelner bestimmter Partien. Man vergleiche deren Ausmaß (Area FA, B, C, D Abb. 92 oder Feld 4, 6, 8, 9 von BRODMANN Abb. 6) beim Menschen mit denen beim Affen, Bär und Kaninchen (auf Abb. 100 und 101, 102 und 103, 104 und 105, 106 und 107), die aus BRODMANNs Lokalisationslehre entnommen sind. Ob man auf Grund dieser Befunde den übrigen agranulären Areae FI, LA, LD, TGa, THa, evtl. auch HE, motorische oder wenigstens efferente Funktionen zuschreiben kann, bleibe vorderhand dahingestellt, vorstellbar wäre es, daß z. B. das Subiculum und Ammonshorn, welches so exquisit aus Pyramidenzellen besteht, im Dienst des in dem granulösen Koniocortex von HD lokalisierten Sinne (Geschmack? Geruch?) efferente Impulse nach abwärts gibt, die nicht rein motorischer Natur sein müssen, sondern mit der Salivation, Magensekretion usw. in Zusammenhang stehen könnten, und FI und LA vielleicht solche in Abhängigkeit vom Geruchssinn stehende efferente, evtl. sympathische Impulse (s. S. Kap., S. 450).
Abb. 100 und 101. BRODMANNs cytoarchitektonische Hirnkarte des Kaninchens. Die Numerierung der Felder entspricht der Numerierung auf der Hirnkarte des Menschen von BRODMANN Abb. 6 und 7.
Individuelle und physiologische Bedeutung der Areae. 241
Vielleicht ist auch hier der richtige Ort, um vorderhand noch ohne Kommentar darauf aufmerksam zu machen, daß der gesamte Koniocortex in dem hinter der Rolandoschen Furche befindlichen Hirnteil liegt - allerdings nur einen geringen Teil desselben ausfüllend -, und vielleicht ist es richtig, auch hier daran zu erinnern, daß BETZ einmal gesagt hat, daß die Rolandosche Furche das Gehirn ebenso teile wie die Seitenfurche das Rückenmarksgrau, in eine dem Vorderhorn des Rückenmarks entsprechende vordere, großpyramidale, motorische Partie, und zwar der vorderen Zentralwindung + Stirnhirn, und in eine dem Hinterhorn des Rückenmarks entsprechende, rückwärtige, kleinzellige (körnerzellenführende), sensible Partie. Daß eine solche Maxime nicht bis in alle Einzelheiten Gültigkeit haben kann, sondern bloß für die allgemeine Auffassung einen gewissen Wert hat, liegt auf der Hand; inwieweit sie sich als solche tatsächlich bewährt hat, kann man aus der Lage und Ausdehnung von Koniocortex und motorischer Rinde hinter und vor der Rolandoschen Furche ermessen.
242 Areale Einteilung des Cortex.
Abb. 102 und 103. BRODMANNs cytoarchitektonische Hirnkarte des Bären. Die Numerierung der Felder entspricht der Numerierung auf der BRODMANNschen Hirnkarte des Menschen. Abb. 6 und 7.
Wenn nun diesen genannten Areae eine ihrem Bau entsprechende spezifische Funktion zukommt, einerseits betreffs der Sensibilität und andererseits der Motilität, so ist es unmittelbar naheliegend, auch den anderen Areae spezifische Funktionen zuzuschreiben, nach dem in der Natur alle physiologisch verschiedenen Teile auch einen anatomisch verschiedenen Bau haben und umgekehrt. Am einfachsten könnte dies derart erfolgen, daß man unsere areale Hirnkarte mit einem Hirnschema zur Deckung bringt, auf dem die durch die Klinik und das Experiment ermittelten Funktionen der einzelnen Hirnstellen eingetragen sind (s. Abb. 98, 99) 1). [footnote p 242 1) Bei der Besprechung der einzelnen Areae im speziellen Teil (7. bis 13. Kapitel) kommen wir bei jeder einzelnen Area noch auf ihre mutmaßliche physiologische Bedeutung zu sprechen, und zwar in §7 jeder Area.] Bis zu einem gewissen Grade ist eine solche Nebeneinanderstellung von Wert, wenn man nicht ganz darauf vergißt, daß die Areae meist eine Zusammenfassung benachbarter, ähnlicher, jedoch nicht ganz identischer Rindenteile zu einem einheitlichen Bezirk bedeuten, daß dieser also meist keine ganz festen Grenzen hat und daß seine weitere Unterteilungsmöglichkeit eine Frage der Genauigkeit künftiger anatomischer Forschung ist. Andererseits muß man sich auch immer vor Augen halten, daß die natürlichen Komponenten eines cerebralen Vorganges durchaus nicht der von uns getroffenen praktischen oder psychologischen Einteilung in Partialeigenschaften entsprechen muß. Wenn wir z. B., wie schon vorher erwähnt, rein psychologisch die Sprachfähigkeit analysiert hätten, wären wir nie zu jener Einteilung in eine sensorische und eine motorische Komponente gekommen, die wir heute dank der klinisch-pathologisch begründeten Aphasielehre gewonnen haben. Eine psychologisch erfaßte Funktion oder Fähigkeit muß gar nicht einer wirklichen physiologisch und anatomisch einheitlichen Funktion entsprechen; und wenn wir z. B. von commemorativen Zentren sprechen, in welchen die Erinnerungsbilder deponiert sind, so ist es einerseits zwar möglich, daß diese Funktion der Aufbewahrung von Erinnerungsbildern, z. B. des Gesichts und des Gehörs, ein und derselbe oder ein sehr ähnlicher Vorgang ist, so daß wir hierfür einen ähnlichen Bau der Gegenden, in welchen wir denselben lokalisieren, erwarten können; es ist aber auch sehr wohl möglich, daß es sich physiologisch in beiden Fällen je um einen ganz anderen Vorgang handelt, der evtl. auch in einem verschiedenen anatomischen Bau zum Ausdruck kommt. Deshalb ist es heute noch nicht recht möglich, aus dem anatomischen Bau weitere Schlüsse auf die Funktion zu ziehen.
Individuelle und physiologische Bedeutung der Areae. 243
Abb. 104 und 105. BRODMANNs cytoarchitektonische Hirnkarte des lissencephalen Krallenaffen. Die Numerierung der Felder entspricht der Numerierung auf der BRODMANNschen Hirnkarte des Menschen Abb. 6 und 7.
Man wird sich auch nicht vorstellen dürfen, daß eine Area immer nur eine einzige „Funktion" hat; dies ist sogar sehr unwahrscheinlich; man weiß, daß auch von vielen Stellen hinter der Rolandoschen Furche im Temporal-, Parietal- und Occipitallappen motorische Reizeffekte durch elektrische Reizung erzielbar sind, von Areae, die offenbar, wenn man so sagen darf, diese efferente Funktion nur im „Nebenamte" versehen; und ebenso scheint jede Hirnstelle auch receptive Funktionen zu haben, auch wenn sie nicht in der Hauptsache eine sensorische Rindenstelle ist; über die physiologische Bedeutung der einzelnen Schichten haben wir ja schon im 4. Kap. gesprochen (s. S. 181).
Schon unsere Auffassung der Windung als ein aus funktionell verschiedenen Teilen bestehendes Organ wird uns vor einer zu steifen Auffassung und Überschätzung der „Area" als „Zentrum" schützen. Man wird also diesbezüglich in den Schlüssen, die man aus dem Bau auf die Funktion und umgekehrt ziehen möchte, sehr vorsichtig sein müssen und ferner auch stets bedenken müssen, daß die Cytoarchitektonik allein uns nur einen Teil des Rindenbaues zeigt, daß ohne die Kenntnis der Myeloarchitektonik und Fibrilloarchitektonik die genaue Kenntnis der Verbindungen jeder Hirnstelle mit den übrigen Hirnteilen immer unvollständig bleibt. Trotzdem besitzen wir aber in ihr einen gangbaren Weg, auf dem wir bei Einhaltung aller dieser Kautelen, dem Problem der Korrelation zwischen Cortexbau und Funktion demnächst werden nähertreten können. Allerdings wird die Kenntnis der menschlichen Hirnanatomie allein hierzu nicht genügen, sondern bloß die Zusammenfassung der Gesamtkenntnisse und Erfahrungen der nachbarlichen Wissenszweige, insbesondere der vergleichenden Anatomie, experimentellen Physiologie und Pathologie; so ist das Verständnis des beim Menschen rudimentär gebauten Riechhirns nur möglich durch das Studium desselben bei Tieren, wo es besonders gut entwickelt ist und bei denen es viele Areae enthält, die beim Menschen überhaupt nicht vorkommen oder bloß rudimentär. Tiere, welchen, wie dem Igel oder Panzertier, kaum ein Tastsinn zukommen kann, Maulwürfe, deren Gesichtssinn unentwickelt ist, werden uns wieder durch das Fehlen oder die Unterentwicklung der entsprechenden Sinnesareae ebenso wertvolle Aufschlüsse im umgekehrten Sinne geben (BRODMANN, Vergleichende Lokalisationslehre usw.). Allerdings darf man auch hierbei nicht in den sehr gewöhnlichen Fehler verfallen, ausschließlich die Größe einer Area, weder die absolute noch auch die relative, als das Maß für die Bedeutung derselben anzusehen; ebenso wie ein Riese und ein Zwerg an einer Taschenuhr gleicher Größe immer beide in gleichem Maße und mit gleicher Genauigkeit die Zeit erkennen können, so kommt es auch im Zentralnervensystem betreffs der Bedeutung nicht auf die Größe eines Cortexorganes, sondern auf seinen inneren Bau an; dieser wieder ist ebenfalls nicht etwa von der Größe seiner Zellen abhängig - ein tatsächlicher Fehler, in den man allzu leicht verfällt, große Zellen für entsprechend charakteristisch für die „Bedeutung" einer Area zu halten. Der Koniocortex beweist das gerade Gegenteil! Nicht auf die absolute oder relative Größe einer Area kommt es allein an, sondern vor allem auf die Feinheit ihrer spezifischen Differenzierung.
Areale Einteilung des Cortex. 244
Abb. 106 und 107. BRODMANNs cytoarchitektonische Hirnkarte des Affen (Cercopithecus). Die Numerierung der Felder entspricht der Numerierung auf der BRODMANNschen Hirnkarte des Menschen Abb. 6 und 7.
Individuelle und physiologische Bedeutung der Areae. 245
Abb. 108 und 109. Verhältnis des Isocortex homotypicus (weiß) zum Isocortex heterotypicus simplex (vertikal schraffiert), zum Isocortex heterotypicus granulosus (gekreuzt schraffiert) und zum Allocortex (horizontal schraffiert) beim Kaninchen. Der Isocortex homotypicus nimmt hier kaum zwei Fünftel der ganzen Hirnoberfläche ein.
Ein Vergleich mit dem Tierhirn der verschiedenen Klassen in aufsteigender Reihe zeigt uns, wie in den unteren Tierklassen der Cortex größtenteils von den Sinnessphären eingenommen ist, welche nur durch geringere Cortexpartien voneinander getrennt sind (Abb. 108 und 109); sieht man bei ihnen (z. B. beim Kaninchen) vom Riechhirn (Allocortex) und von dem heterotypisch gebauten Cortex dieser sensorischen und auch der motorischen Zone ab, so bleibt vom Großhirn nur wenig übrig außer einem Gebiet an der temporo-parietalen Fläche. Vergleicht man dies mit den Abb. 56-58, so sieht man, wie das menschliche Großhirn vor allem in seinem homotypischen Isocortex ganz kolossal im Vergleich zu den unteren Tierklassen zugenommen hat. Aber auch noch im Vergleich zum Affen ist der Unterschied ein ganz kolossaler. Das vordere homotypische Stirnhirn z. B. macht von dem gesamten Großhirn aus: beim Igel 0%, beim Kaninchen 2.2%, bei der Katze 3.4%, beim Hund 6.9%, beim niederen Affen 8-9%, beim Gibbon 11.3%, beim Schimpansen 16.9% und beim Menschen 29% (BRODMANN). Allein nicht nur eine Zunahme an Hirnmasse überhaupt oder an Masse eines Lobus oder Windung, auch eine Zunahme an der Zahl der Rindenfelder ist beim Menschen zu verzeichnen; es findet also beim Menschen eine noch höhere spezifische Differenzierung dieser Rinde statt. Ganz besonders auffallend sind diese Differenzen gerade im Gebiete des Stirnhirns. Die niederen Säuger besitzen nach BRODMANN bloß die homologe Area zu FA und den hinteren Partien von FB; das ganze übrige Stirnhirn fehlt so gut wie ganz, und auch beim Affen selbst fehlt der ganze vordere Teil von FD samt FE, FDΔ und die ganze dritte Stirnwindung samt FBCm, FDΓ, FFΦ, FF. Ferner fehlt sogar beim Affen der ganze untere Parietallappen mit seinen Areae PF, PG und seinem basalen Teil PH. Vom Temporallappen fehlt angeblich die ganze supratemporale Region, also die Area TB, TC, TD und IBT, und scheinbar auch die temporopolare Area TG. Natürlich ist die Homologisierung der Hirnareae bei verschiedenen Tieren mit Rücksicht auf die verschiedenen Verhältnisse manchmal recht schwer. (Man vgl. hierzu die menschlichen Areae Abb. 6 und 7 mit denen der Tiere Abb. 100-107.) Aber immerhin sind die genannten Unterschiede derart frappant, daß sie ohne Kommentar schon den Weg für die künftige Forschung vorschreiben. Der größte Teil des Stirnhirns und ebenso des Parietalhirns und bedeutende Teile des Temporalhirns sind Neuerwerbungen des Menschen, und die genaue anatomische Analyse und physiologische Durchforschung derselben sind von höchstem Interesse. Daß davon die dritte Stirnwindung und ein Teil der Temporalwindungen für die Funktion der Sprache in Anspruch genommen sind, ist ja bekannt; es wäre nun wohl das Nächstliegende, den Rest der Neuerwerbungen für jene anderen „Intelligenzäußerungen" in Anspruch zu nehmen, die spezifisch menschlich sind. FLECHSIG hat in seiner Einteilung des Cortex vom myelogenetischen Standpunkt aus die frühmarkreifen Gebiete, die noch vor der Geburt ihr Mark erhalten, als Primordialzentren bezeichnet (sein Feld 1-13; davon 1-8 als engere Sinnessphären und 9-13 als autonome Zonen). Wie weit dieselben mit einigen unserer heterotypischen cytoarchitektonischen Areae zusammenfallen, haben wir schon besprochen (4. Kap., S. 196). Betrachten wir unsere fünf Rindentypen der Abb. 88 a und b unter Weglassung des Allocortex, mit FLECHSIGs Rindeneinteilung (Abb. 90 a und b), so würden wir sagen, daß unser Typus 1 und 5 mit diesen Primordialzentren größtenteils zusammenfallen. - Als intermediäre Gebiete (13-18) bezeichnet FLECHSIG jene Teile, welche ihr Mark im Laufe der ersten Lebensmonate erhalten, und zwar sind das die den Sinnessphären zunächst benachbarten Teile, in welchen nach FLECHSIG wahrscheinlich die Erinnerungsbilder der Sinneseindrücke aufgestapelt werden; schließlich bezeichnet er als Terminalgebiete (29-36) jene, welche am spätesten markreif werden, und zwar erst nach Ablauf des ersten Monats post partum; diese stellen nach FLECHSIG die Assoziationsfelder dar. Wie weit diese Felder mit Befunden der Cytoarchitektonik sich decken, haben wir im 4. Kapitel schon besprochen. Solcher Assoziationsfelder nimmt FLECHSIG drei an, das hintere parietotemporale, das vordere oder frontale und als drittes das insulare. Diese sind in FLECHSIGs Abb. 90 weiß geblieben. Diesen Assoziationsfeldern schreibt FLECHSIG besondere Teile der „Intelligenz" zu. Dem großen hinteren Assoziationsfeld, welches zwischen die Sinnessphären eingeschaltet ist (Gehör-, Gesicht- und Tastsinn), schreibt er die Verknüpfung der Vorstellungen und Wortklangbilder zu, das, was man positives Wissen, „Geist", nennt; das vordere Assoziationsfeld am Stirnpol enthält nach FLECHSIG die Gedächtnissphäre der bewussten körperlichen Erlebnisse, Gefühle und Willensakte, ist also der Sitz des eigentlichen „Ich"; das insulare Assoziationszentrum schließlich sollte mit der Sprache in Zusammenhang sein. FLECHSIG nahm an, daß diese Assoziationsfelder jeglicher Projektionsfaserung entbehren. Die Ansichten FLECHSIGs sind sehr bekämpft worden, zum Teil, z. B. die Sinnessphären, mit Unrecht, zum Teil mit Recht. So hat es sich gezeigt, daß die Annahme, die Rinde der sog. Assoziationsfelder entbehre der Projektionsfaserung, nicht sicher richtig ist, denn nach MONAKOW (vgl. Abb. 87) geben gerade diese Gebiete den Ursprung für gewisse Projektionsstrahlungen, so das frontale Assoziationszentrum für die sog. frontopontine Bahn, das temporoparietale für die temporopontine und parietopontine Bahn. Allerdings müssen wir gestehen, daß es neuerdings nunmehr sehr angezeigt wäre, einwandfrei zu ermitteln, welche Areae die Ursprünge dieser Bahnen beherbergen, falls dieser Einwand gegen FLECHSIGs Ansicht aufrechterhalten werden soll. - Hier möchten wir auch nochmals auf unsere fünf Rindentypen (4. Kap., S. 188) und Abb. 88 verweisen und auf die daran geknüpften Überlegungen betreffs ihrer eventuellen physiologischen Bedeutung.
246 Areale Einteilung des Cortex.
Individuelle und physiologische Bedeutung der Areae. 247
Zwar ist auch sonst die Vorstellung eigener Zentren für die Assoziation durch die Verknüpfung der Erinnerungsbilder und ihre Erweckung unwahrscheinlich, die Assoziation als Funktion ist wahrscheinlich etwas Ubiquitäres. Wenn man aber auch diese Ausdrucksweise und Einteilung FLECHSIGs nicht gutheißt, Tatsache bleibt es doch, daß diese myelogenetisch spätmarkreifen Gebiete größtenteils den phylogenetisch spät erworbenen, rein bloß oder hauptsächlich beim Menschen vorkommenden Rindenareae entsprechen, und daß daher ihre Bedeutung für die Vorgänge der höheren Intelligenz sich zum Teil von selbst aufdrängen, entsprechend dem Beispiele der neuerworbenen Hirnteile für die Lokalisation der Sprache. Daß die Anlage dieser Teile oder der Ansatz zu ihrer Entwicklung auch bei Tieren vorkommt, ist ja, dem Grade der Tierintelligenz entsprechend, nur zu natürlich. Diese Flechsigschen Assoziationsfelder fallen alle innerhalb des homotypischen Isocortex; diese Feststellung ist wichtig und hat sicher ihre Bedeutung. Allerdings ist das Gebiet des homotypischen Isocortex größer und umfasst auch die früher erwähnten sog. Randzonen FLECHSIGs. - Jedenfalls, ohne auf die Funktion der einzelnen Areae einzugehen, deren physiologische Valenz im speziellen Teil dieses Buches stets noch im §7 jeder „Area" in Betracht gezogen werden wird, kann man, ohne zu sehr den Boden der positiven Erkenntnis zu verlassen, folgende Erwägung tun. Der hinter der Rolandoschen Furche gelegene Hirnteil trägt tatsächlich und anatomisch nachweislich alle Sinnessphären, enthält also den rezeptiven Teil unseres Gehirns, in welchem wohl die Aufnahme und, wie uns die „Agnosien"lehre wahrscheinlich macht, auch die Aufstapelung der Sinneseindrücke erfolgt; der gleich vor der Rolandoschen Furche gelegene Hirnteil ist hauptsächlich von efferenter, motorischer Wirkung für Haltung, Bewegung, Ausdruck, motorische Sprache usw. Auch in den Einzelfunktionen, wie in der Sprache, kommt diese Zweiteilung überall noch zum Ausdruck. Nun ist die Intelligenz im ganzen nicht etwas streng Lokalisierbares, sondern sicher eine simultane Wirkung des ganzen corticalen (und, wie wir schon besprochen haben, zum Teil wohl subcorticalen) nervösen Organes; aber beim Verlust einzelner Fähigkeiten können wir doch mit einer gewissen Berechtigung z. B. von partiellem Blödsinn sprechen, so beim plötzlichen Ausfall und Verlust des Musikverständnisses oder des Sprachverständnisses; in diesem Sinne kann man Teile der Intelligenz unterscheiden, obschon bei Läsion des einen auch die anderen immer mitleiden, weil sie, zu einem gemeinsamen Ganzen geordnet, erst voll zur Geltung kommen. So kann man sich ohne Zwang vorstellen, daß in den hinteren Partien des Gehirns, und zwar speziell in den als Neuerwerbungen bezeichneten Teilen dieser Gehirnmassen des homotypischen Isocortex zwischen den Sinnessphären jene Teile der Intelligenz vor allem ihre Wirkung entfalten, die wir die rezeptiven, commemorativen, passiven nennen möchten, d. h. die Auffassung und die unmittelbare Deckung des Aufgefassten mit den Erinnerungsbildern, also das Verständnis (darunter auch das Sprachverständnis), während in den frontalen, den motorischen benachbarten, neuerworbenen homotypischen Teilen der Rinde größtenteils jener Teil der Intelligenz seine Wirkung entfaltet, welcher den Ausdruck, den Willen, die vom Willen dirigierte Kombination, das Schöpferische in uns ausmacht, man möchte sagen die Vernunft. Dabei wissen wir, daß diese Teile stets unter fortwährender gegenseitiger Beeinflussung stehen und daß Ausfälle des einen immer auch Störungen des anderen nach sich ziehen. Weiter werden wir solche Erörterungen nicht führen können, ohne ins Phantastische zu gelangen, was nicht unser Wunsch ist 1). [footnote p 248 1) Wir verweisen hier speziell noch auf die kommende Besprechung des Stirnhirns (7. Kap., B, 1, §7, S. 361.]
248 Areale Einteilung des Cortex.
Nur auf eines wollen wir an dieser Stelle nochmals ganz besonders aufmerksam machen, nämlich, daß im ganzen psychischen Geschehen nicht der Cortex allein eine große Rolle spielt, sondern daß, wie wir durch das Studium der Encephalitis lethargica und der postencephalitischen Erkrankungen erfahren haben 2) [footnote p 248 2) C. Economo: Encephalitis lethargica. Referat des Kongresses für intern. Medizin in Wien 1922. (W. mediz. W. 1922).], eine ganze Reihe von Vorgängen, vor allem energetischer und triebhafter Art, die auf den Ablauf der corticalen Vorgänge für ihr Tempo sowohl als auch für ihre Richtung ausschlaggebend sind, auch in den Stammganglien und anderen subcorticalen Zentren (Subst. nigra usw.) ihren Sitz haben und mit den psychischen Vorgängen, insbesondere dem Psychomotorium, untrennbar verknüpft sind 3). [footnote p 248 3) Siehe auch SCHILDER und GERSTMANNs arbeiten, und JAKOB: Der striopallidäre Symptomenkomplex.]
Das von uns angewendete Verfahren ist die gewöhnliche Formol-Alkohol-Paraffinmethode mit Toluidinblaufärbung. Es handelt sich also dabei nicht um irgendeine eigene Methode, sondern bloß um einige Handgriffe, die wir deswegen näher ausführen wollen, um es jedem, der es wünscht, möglich zu machen, ganz gleichmäßig auf derselben Grundlage weiterzuarbeiten und Präparate zu erhalten, die sich möglichst einwandfrei mit den auf unseren Tafeln photographierten vergleichen lassen.
Die wichtigsten Prämissen zur Erreichung dieses Zieles sind: 1. Schnitte zu erhalten, die absolut senkrecht zur Windungsoberfläche und gleichzeitig senkrecht zum Windungsverlauf geführt sind, damit ihre Maßverhältnisse immer miteinander vergleichbar bleiben; 2. Präparate zu haben, deren Vorbehandlung möglichst dieselbe gewesen ist, so daß nicht durch verschiedene Grade der Schrumpfung Irrtümer, z. B. bezüglich der Zelldichtigkeit und Zellgröße usw., unterlaufen; 3. möglichst gleichmäßig gefärbte Schnitte durchweg zu bekommen, die sich insgesamt ohne weiteres photographieren lassen, damit man auf diese Art objektive Vergleichswerte an den Photographien besitze.
Die Erfüllung des ersten dieser Punkte ist von elementarer Wichtigkeit. Ein Schnitt, der z. B. horizontal oder vertikal durch das ganze Gehirn geführt ist, wie Abb. 25, trifft nur die eine oder andere Windung vollkommen senkrecht. Da aber schon die Nachbarwindungen gewöhnlich nicht einen parallelen Verlauf haben, werden dieselben schon schief getroffen sein, und die Bilder, die ein solcher Schnitt von der Rinde liefert, sind dementsprechend verzerrt. Aber auch schon die eine Windung, die ein solcher Schnitt durch die ganze Hemisphäre genau senkrecht trifft, würde auf den nächsten parallel geführten Schnitten nicht mehr senkrecht getroffen sein, da ja die Windungen, wie schon ihr Name besagt, einen gewundenen Verlauf haben. Daraus ergibt sich aber, daß zum Studium der Architektonik die Methode der lückenlosen Schnittserien vollkommen ungeeignet ist, da man den größten Teil der Rinde auf denselben in verzerrten Bildern vor sich hat, und es nützt dabei gar nichts, wenn man Serien in zwei oder drei Schnittrichtungen führt, weil die Richtungen des Windungsverlaufes nicht zwei oder drei, sondern unendlich viele sind und man ja ein einziges Gehirn auch nicht in viele Schnittrichtungen serienweise zerlegen kann, sondern bloß mehrere Gehirne, die dann immer wieder individuelle Verschiedenheiten aufweisen. Kurz gesagt, ist die Methode der lückenlosen Serien, von der einige nicht ablassen wollen, für die architektonische Forschung nicht zu gebrauchen und kommt dabei höchstens für gewisse allgemeine Übersichtsbilder in Betracht. Man wird also jede einzelne Windung für sich untersuchen müssen und dieselbe in je eine große Reihe aufeinanderfolgender Scheiben zerlegen, deren Schnittrichtung immer genau senkrecht zur Windungsoberfläche ebenso wie zum Windungsverlauf geführt ist. Dabei geschieht es wegen der Krümmung der Windungen, daß manchmal ganz kleine Partien, welche an der Konvexität einer solchen Krümmung zwischen zwei flache Scheiben zu liegen kommen, wegfallen. Andererseits wieder muß die Schnittrichtung dort, wo die Windung gleichzeitig nach zwei oder mehr Richtungen sich krümmt und der Krümmungsradius von der Tiefe zur Oberfläche sich ändert, oder wo sekundäre Windungen auf der Wand der ursprünglichen entstehen, die Schnittführung ebenfalls, um in allen Teilen die Rinde der Oberfläche und der Wände senkrecht zu treffen, selbst manchmal eine gekrümmte sein, so daß man zwar selten, aber doch ab und zu auch schalenförmige Scheiben schneiden muß. Wo zwei Windungen ziemlich parallel zueinander laufen oder gerade senkrecht zueinander, kann auch auch eine flache Schnittscheibe über zwei, evtl. drei Windungen erstrecken, was dann die Möglichkeit gibt, die Architektonik in continuo über zwei oder drei Windungen zu verfolgen (vgl. Abb. 25). Diesen Zweck kann man auch dort, wo die Windungen nicht genau parallel zueinander verlaufen, dennoch erreichen, und zwar durch eine leicht gekrümmte Schnittführung, wodurch man mehrere Windungen senkrecht getroffen auf ein und derselben Schnittscheibe erhält. Diese Art der Schnittführung hat auch BOLTON schon verwendet. Wichtig ist es natürlich, daß dabei keine Scheibe des ganzen Gehirns verlorengehe und daß die Aufeinanderfolge derselben, d. h. die Art, wie sie übereinander oder nebeneinander zusammengehören, wegen der späteren Bestimmung der Areae immer fraglos erkennbar bleibe. Auf diese Art wird das Gehirn (jede Hemisphäre), wie Abb. 110, 111, 112 zeigt, in mehrere hundert Scheiben von ungefähr 4 mm Dicke zerteilt, und es ist auf diese Art möglich, den ganzen Rindenbau von einem Hirnpole bis zum anderen durch alle Windungen hindurch an diesen Scheiben zu untersuchen, welche die Rinde immer genau senkrecht in allen ihren Teilen angeschnitten zeigen. Man muß nun versuchen, alle diese Scheiben gleichzeitig und in möglichst gleichmäßiger Art weiter zu behandeln, und zu diesem Zwecke sind wegen ihrer großen Anzahl einige Handgriffe nötig, die wir hier näher beschreiben wollen.
250 Methodik
Methodik. 251
Abb. 110-112. Scheibenschnittmethode. Die Abbildungen zeigen an der Konvexität, an der Medianfläche und an der Sylvischen Grube, wie das Gehirn senkrecht zu den Windungen und zum Windungsverlauf in kleine Scheiben zerlegt wird zur cytoarchitektonischen lückenlosen Untersuchung; schraffiert sind die Ausfälle.
252 Methodik.
Das möglichst frisch entnommene Gehirn wird sofort in seiner ganzen Ausdehnung ohne Läsion der Rinde von der Pia befreit. Darauf wird es in 5 proz. Formol gelegt und gleich in zwei Dritteln der natürlichen Größe photographiert, und zwar machen wir Aufnahmen von der dorsalen Fläche, von beiden Konvexitätsflächen, von der Basis, von beiden Medianflächen, von den Frontal- und den Occipitalpolen and von den beiden Sylvischen Gruben, die sich an dem frischen, von der Pia befreiten Gehirn ohne weiteres leicht ohne Rindenläsion so weit aufklappen lassen, besonders wenn man unter die Medianflache einen Wattebausch legt, der die Insel vordrängt, so daß man schöne, übersichtliche Bilder von ihr bekommt (vgl. Abb. 112). Es ist notwendig, daß man dabei recht rasch arbeitet. Darauf bleibt das Gehirn auf 24 Stunden im Formol liegen, während welcher Zeit man die Photographien entwickelt und gleich kopiert, weil auf den Kopien schon am nächsten Tage die Scheibenschnitte, welche durch jede einzelne Windung geführt werden, genau cingezeichnet und numeriert werden müssen. Nach diesen ersten 24 Stunden Vorhärtung beginnt man sofort mit der Zerteilung des nunmehr hinlänglich konsistenten Gehirns in Scheiben. Zu diesem Zwecke ist es praktisch, das Gehirn zuerst in drei oder vier Lobi zu zerteilen; bei der Schnittführung muß man jedoch schon sein acht geben, daß der Schnitt, welcher die Lobi trennt, immer senkrecht von einer Windung zur anderen den betreffenden Windungsverlauf trifft (der Schnitt wird also oft eine vielfach gekrümmte Linie sein), damit man nicht später an den Übergangsstellen zuviel Material verliert. An den einzelnen Lobi beginnt man nun mit der Teilung der Windungen in Scheiben von 4-5 mm Dicke; die kurze Vorhärtung von 24 Stunden genügt vollkommen, um diese Zerteilung ohne Läsion des Materials vornehmen zu können. Da mehrere hundert solcher Scheiben bei der Zerteilung entstehen, nimmt diese Arbeit ungefähr 1-2 Tage in Anspruch, so daß man, damit die Behandlung des ganzen Hirns eine möglichst gleichmäßige sei, sowohl die Teile des Gehirns, welche erst später in Scheiben zerlegt werden, im 5 proz. Formol beläßt, als auch die schon geschnittenen Scheiben zu drei oder vier in kleineren Gefäßen ebenfalls im Formol (5 proz.) vorerst aufhebt. Jede geschnittene Scheibe wird auf den Photographien, welche wir von den verschiedenen Flächen des Gehirns gemacht haben, genau eingezeichnet in ihren Grenzen und genau numeriert, und erhält selbst auf ihrer Oberfläche in der linken unteren oder linken hinteren tieferen Ecke der Scheibe die ihr entsprechende fortlaufende Nummer, mit feinem Pinsel in Tusche aufgetragen. Zum Überflusse der Sicherheit, daß die Scheiben nicht verwechselt und später richtig orientiert werden, kann man außerdem immer den Querschnitt der Scheibe sich in ein Heft skizzieren und auch darin die Nummer anführen, so daß man bei Anwendung dieser Sicherheitsmaßnahmen später beim Schneiden keinen Irrtum in der Orientierung begehen kann und immer genau auch die Sulci und die Gyri kennt, die man auf jedem Schnitte vor sich hat. Hat man so nach ein oder zwei Tagen Arbeit das ganze Gehirn in vielen hundert Scheiben und in ungefähr hundert kleinen Gefäßen im 5 proz. Formol vor sich liegen, in welcher Fixierungsflüssigkeit sie also im ganzen zwei- bis dreimal 24 Stunden gelegen sind, so fängt die eigentliche Behandlung an und sie kommen alle gemeinsam, wie wir gleich besprechen wollen, in Alkohol. Durch diese Art der Teilung in Scheiben und ihre Deponierung in die einzelnen Gefäße ist die Gleichartigkeit der Behandlung aller Scheiben nunmehr bis zur Einbettung garantiert, wobei man natürlich, wie gewöhnlich, Vorsorge treffen muß, daß nicht zu viel Scheiben in ein Gefäß kommen und daß sie immer von allen Seiten von der Flüssigkeit umgeben sind und nicht aufeinander liegen, daß man alle die Gefäße jeden Tag öfters durchschüttelt usw. Um auch Scheiben, welche durch die Schnittführung schalenförmig oder evtl. auch S-förmig gekrümmt sind, später gut schneiden zu können, ist es notwendig, sie schon in diesem Stadium eben und flach zu machen, was man, da sie jetzt noch ganz weich und elastisch sind, am besten dadurch erreicht, daß man sie zwischen zwei mit Filtrierpapier reichlich umwickelte Objektträger legt, welche mit Bindfaden übers Kreuz leicht aneinandergepreßt werden; natürlich ist es dann notwendig, im Verlaufe der späteren Behandlung, mindestens jeden zweiten Tag, an diesen wenigen Scheiben das Filtrierpapier zu erneuern und die ganze Prozedur des sanften Flachdrückens wieder vorzunehmen, damit auch diese Scheiben vollkommen tadellos durchgehärtet werden. Es wird also am dritten Tage nach dem Beginn der Arbeiten des Gehirns seit Entfernung der Pia aus allen den Gefäßen das Formol ausgegossen und die Gefäße alle der Reihe nach mit Wasser ausgewaschen und die Präparate mindestens 6-8 Stunden in reinem Wasser gelassen. Darauf wird in alle Gefäße statt des Wassers 50 proz. Alkohol gegossen, in dem die Präparate 24 Stunden bleiben, dann 70 proz. Alkohol auf 24 Stunden, 80 proz. Alkohol auf 24 Stunden, dann 95 proz. Alkohol, der wiederholt gewechselt wird. In dem 95 proz. Alkohol sollen die Präparate mindestens drei Tage bleiben. Die Schrumpfung, welche die so behandelten Präparate in dem Alkohol erfahren, ist keine bedeutende. Darauf kommen sie auf 24 Stunden in absoluten Alkohol, mit einmaligem Wechsel des Alkohols; darauf werden die Gefäße nach Entfernung des Alkohols mit Xylol gefüllt, in welchem die Scheiben bis zur Aufhellung bleiben, was gewöhnlich gleichmäßig an allen Präparaten innerhalb 5-6 Stunden geschieht; es ist notwendig, das Xylol mindestens einmal in dieser Zeit zu wechseln; darauf werden alle Gefäße von Xylol befreit und mit Paraffinum liquidum gefüllt. Zur Entfernung des Xylols werden die Präparate im Paraffin langsam auf 30-35° erwärmt, was am besten dadurch geschieht, daß man sie in einem Brutofen dieser milden Temperatur einige Stunden beläßt. Ist das Xylol gänzlich ausgeraucht, was man durch ein Wechseln des Paraffins ziemlich rasch erreichen kann, so können die Präparate im Paraffinum liquidum, wenn man nur die Vorsicht übt, die Gefäße bei Zimmertemperatur an einem trockenen Orte aufzubewahren, unbegrenzt liegenbleiben. Wir haben zu dem Mittel des Paraffinum liquidum gegriffen, weil es doch sehr leicht ist, mit dem einfachen Umtausch von Flüssigkeiten auch mit einer großen Serie von 100 und mehr Gefäßen gleichmäßig zu hantieren und dabei auch vollkommen exakt zu härten, zu entwässern und die Scheiben mit den Flüssigkeiten zu durchtränken. Die Einbettung in Hartparaffin jedoch ist eine Prozedur, welche für jede einzelne Scheibe eine individuelle, also zeitraubende Behandlung erfordert, wenn dieselben gut eingebettet, richtig orientiert und richtig auf die Schnittblöcke fixiert werden sollen. Das ginge nun an einer derart großen Anzahl von mehreren hundert Scheiben nicht auf einmal und durch das längere Verweilen der übrigen Scheiben im Alkohol oder gar im Xylol würde die Gleichmäßigkeit der Vorbehandlung aller Scheiben leiden, ja direkt eine unerreichbare Sache sein, während durch das Einlegen in Paraffinum liquidum, in welchem die Scheiben keine Modifikation mehr erfahren und auch bei gewöhnlicher Temperatur unbeschränkt lange sich konservieren und daher bleiben können, die nötige Muße und Zeit erreicht wird, die man nötig hat, um dann aus dem Paraffinum liquidum serienweise im Laufe von Tagen oder von Wochen immer mehrere Scheiben gleichzeitig nach den altbekannten Methoden direkt im geschmolzenen Hartparaffin gradatim von 42° bis zu 52° im Brutofen zu durchtränken und einzubetten. Hat man so die mehreren hundert Scheiben in Paraffin eingebettet und auf den Schnittblöcken richtig orientiert, aufgeklebt und numeriert, so schneidet man von jeder Scheibe mit dem Mikrotom die Schnitte herunter, und hat so ein Material des ganzen Gehirns, an welchem also die Rinde in allen ihren Teilen in Windungskuppe, Windungswand und Windungstal immer senkrecht sich getroffen zeigt, und an dem man nunmehr mit aller Ruhe eingehend die nötigen Untersuchungen anstellen kann.
Methodik. 253
254 Methodik.
Als für unsere Zwecke beste Schnittdicke haben sich uns Schnitte von 25 µ erwiesen; dünnere Schnitte zeigen die Besonderheiten der Schichtung weniger deutlich, und dickere zeigen keine Zelleinzelheiten mehr.
Abb. 113. Führung von 4 Übersichtsschnittscheiben durch die ganze Hemisphäre, senkrecht zu den Windungen und zu ihrem Verlauf, zur raschen Orientierung über die cytoarchitektonischen Verhältnisse für pathologische Zwecke. Durch diese Schnittführung werden beinahe alle Areae getroffen. Schnittscheibe 4 trifft z. B. in der Sylvischen Grube die Heschlsche Windung quer zu ihrem Verlauf.
Es handelt sich nunmehr dann darum, diese Schnitte auch derart gleichmäßig zu färben, daß jede Stelle derselben unmittelbar photographierbar und vergleichbar ist mit entsprechenden Stellen anderer Präparate, was also eine durchweg gleichmäßige Intensität der Färbung des Schnittes, und zwar aller Schnitte in allen ihren Teilen, und eine vollständige Fleckenlosigkeit derselben zur notwendigen Voraussetzung hat. Es hat sich uns nun gezeigt, daß dieses Ziel mit der gewöhnlichen Art der Färbung, wenn man den Paraffinschnitt auf den Objektträger aufklebt, dann vom Paraffin befreit und nunmehr färbt, nicht in der nötigen Vollkommenheit erreichbar ist und besonders nicht mit dieser Sicherheit, die wir brauchen, um eben alle Schnitte einer so großen Schnittserie miteinander vergleichen zu können, weil die Farbflüssigkeit an das auf den Objektträger angeklebte Präparat nur von einer Seite herankommt und falls das Glas des Objektträgers an irgendwelchen Stellen von Fett weniger gut gereinigt ist, der Farbstoff an dieser Stelle auch in das Präparat nicht so gleichmäßig eindringt. Besonders gilt dies von den Färbungen, die speziell noch eine Differenzierung benötigen. Wir üben also deswegen den Handgriff, die Paraffinschnitte nicht aufzukleben, sondern direkt nach dem Schneiden vor der Weiterbehandlung von dem Paraffin zu befreien, indem wir sie in Xylol bringen; aus dem Xylol kommen die Präparate in absoluten Alkohol und dann durch zehn Schalen immer um 10% schwächeren Alkohols, in denen sie je 10 Minuten bleiben, zuletzt in destilliertes Wasser, aus dem sie dann erst in den Farbstoff kommen. Die Präparate halten das sehr gut aus, ohne irgendwie zu zerreißen, wenn man mit fein geschmolzenen, glatten Glasnadeln dabei arbeitet, und sie verhalten sich dann ungefähr so wie Gefrierschnitte. Da wir immer 25 µ dick schneiden, sind die Präparate auch nicht besonders heikel und breiten sich immer schön aus. Die Schrumpfung der Rinde bei diesem Verfahren beträgt kaum 10%, besonders wenn man die Vorsicht übt, die Einbettung in das Hartparaffin ja nicht bei zu hohen Temperaturen vorzunehmen, denn es ist gerade bei den hohen Temperaturen im Hartparaffin, wo bei die Scheiben am meisten schrumpfen. Aber auch dann breiten sich die Schnitte, welche, vom Paraffin befreit, schließlich wieder vor der Färbung ins Wasser kommen, nunmehr derart aus, daß die Rinde eben nur wenig von ihrer normalen Breite einbüsst. Als Farbstoff verwenden wir eine Lösung von 0.3 Toluidinblau (GRÜBLER) in 3000.0 Aqua dest. Wir verwenden Toluidinblau, weil sich auch die Fortsätze der Zellen dadurch gut färben und somit das ganze Zellbild sehr schön zum Ausdruck kommt. Im Toluidinblau bleiben die Schnitte 12 Stunden bei Zimmertemperatur; sie werden dann auf 10 Minuten in Wasser übertragen und leicht geschwemmt; dann mit Anilinöl - Alkohol differenziert (Anilinöl 10 Teile, 95 proz. Alkohol 90 Teile); dies dauert 0.25-1 Stunde, bis der Grund beinahe ungefärbt ist, bloß die Zellen blau; die ausgebreiteten Schnitte kommen mittels Spatel dann auf 1-10 Minuten in 95 proz. Alkohol, bis das ganze Anilinöl (Schlieren) entfernt ist durch sanftes Schwemmen; Alkohol wechseln!; dann in eine Schale mit absolutem Alkohol, in welchem sie sich weiter differenzieren, auf 1-2 Minuten; dann in eine Schale mit Cajeputöl, in dem sie wieder 5-10 Minuten unter sanftem Schwemmen bleiben, bis der ganze Alkohol entfernt ist. Nunmehr werden sie auf den Objektträger gelegt und mit Cedernöl bedeckt (ohne sie vorher etwa mit Fließpapier abzutrocknen); letzteres ziehen wir dem Lack vor, da sich die Farbe in ihm besser erhält; darauf wird das Deckglas darübergelegt und leicht angepreßt, wodurch der Schnitt sich vollkommen flach und schön ausbreitet. Man muß bei dem Drücken einige Vorsicht üben, da sonst der (uneingebettete!) Schnitt leicht Risse bekommt.
Methodik. 255
Abb. 114. Ansicht eines Schnittes aus der Scheibe 2 der Abb. 113; das Bild zeigt, wie genau senkrecht die Rinde zum Windungsverlauf überall getroffen ist. Die Bezeichnung der Sulci und Gyri ist dieselbe wie auf Abb. 21-24 unseres Grundschemas S. 28.
Auf diese angegebene Art ist es also möglich, die ganze Hirnrinde in eine beinahe ununterbrochene Reihe von Scheiben zu zerlegen, welche alle gleichmäßig durchbehandelt werden können, und identische Färbungsresultate der von ihnen entnommenen Schnitte liefern. Die Methode hat natürlich den Nachteil, daß sie recht zeitraubend ist und daß besonders viel Zeit nötig ist, um ein Gehirn an dieser Menge von Schnitten in seiner Gänze zu untersuchen. Dies liegt aber mehr an der Anzahl der Areae als an der Methode selbst. Um rascher zu einem praktisch wichtigen Überblick zu kommen, wie die einzelnen Areae in einem pathologischen Falle sich verhalten, kann man durch Übersichtsschnitte, die man durch die ganze Hemisphäre anlegt, sich vier oder fünf lange dünne Horizontalscheiben aus dem Gehirn herausschneiden, deren Schnittflächen derart geführt sind, daß alle Windungen dabei immer senkrecht getroffen sind. Der Schnitt läuft notgezwungen dabei manchmal auch der Länge nach auf der Kuppe einer Windung im ganzen Verlaufe derselben, wie man an Abb. 113 sieht; entsprechend den drei Frontalwindungen sind hier drei mehr oder weniger in horizontaler Richtung geschnittene gekrümmte Scheiben aus dem Gehirn heraustranchiert, welche vom Frontalpol bis zum Occipitalpol oder der Basalfläche reichen und welche sowohl an der Konvexität als an der Medianfläche, als auch an der Basalfläche die angeschnittenen Windungen in allen Fällen immer senkrecht treffen. Man muß sich dann diese Scheiben, welche natürlich vielfach gekrümmt sind, zwischen Filtrierpapier und Objektträgern flachpressen, was ohne Beschädigung ohne weiteres möglich ist, wenn man diese Schnittführung noch am frischen Gehirn oder an dem nur durch einen Tag vorgehärteten vornimmt. Man kann, wie man sieht, die Schnittführung auch derart gestalten, daß auch alle wichtigen Windungen des Temporallappens dabei genau senkrecht angeschnitten werden. Jede dieser Überblicksscheiben muß man sich dann genau aufzeichnen und jede ihrer Windungen genau bezeichnen, um sich an diesen Hirnschnitten, welche dann eine Form haben, wie sie Abb. 114 zeigt, genau auszukennen. Auf diese Art kann man dann den Zellaufbau von einer Windung in die andere und von einer Area in die andere von Pol zu Pol weiter verfolgen und kann die übrigbleibenden größeren Hirnpartien auf spezielle Dinge später weiter nachuntersuchen, ohne ein Hirnstück zu verlieren.
256 Methodik.
Abb. 115a.
257
Abb. 115a und 115b. Topographische Lage der Schnitte, von welchen die Tafeln unseres Atlas die photographischen Reproduktion wiedergeben. Die roten Striche zeigen die Schnittführung, die römischen Zahlen die Nummer der entsprechenden Tafel an.
258 Methodik.
Ebenso wichtig wie die Schnittführung und die Färbemethode ist das Photographieren der betreffenden Präparate. Wir haben alle unsere Aufnahmen entweder mit der Zeissschen oder Reichertschen mikrophotographischen Kamera aufgenommen, deren neue Brückenkonstruktionen als unbiegsamer Tisch für die Kamera sich ganz besonders bewährt haben. Unsere Aufnahmen (Tafel I-CIV) sind sämtlich mit Zeiss' Planar 1:4.5 : F = 2 cm aufgenommen. Nur die Übersichtsbilder sind mit Zeiss' Planar 1:4.5 : F = 7.5 cm photographiert (Tafel CV-CXII). Als Filter für die Toluidinpräparate hat sich uns die Zettnowsche Lösung (Kupfervitriol 175 g, Kaliumbichromat 17 g, Schwefelsäure 2 ccm, Aqua dest. 500 ccm) in einer Cuvette von 1 cm Dicke am besten bewährt. Wir haben unsere Aufnahmen sämtlich mit HAUFFs Flavinplatten vorgenommen. Als Lichtquelle haben wir eine Halbwattlampe von 250 Watt genommen und Mattscheiben vorgesetzt. Wir benutzten fast stets eine 50fache lineare Vergrößerung zur Aufnahme. Die 100 fache Vergrößerung, wie sie alle unsere Tafeln zeigen, ist dann durch eine zweifache lineare Vergrößerung unserer Originalplatten erreicht worden. Man kann letztere derart bewerkstelligen, daß man mit den entsprechenden Apparaten der Kilophotgesellschaft entweder direkt auf das Kopierpapier die Vergrößerung vornimmt - ein Verfahren, welches sich durch seine Einfachheit empfiehlt -, oder (wenn man, wie in unserem Atlas, bestrebt ist, möglichst gleichmäßige Photographien in großer Reihe zu erzeugen) von der Originalplatte ein Diapositiv herstellen, wobei es möglich ist, alle geringen Ungleichmäßigkeiten der Belichtung der verschiedenen Platten auszugleichen, und von diesen Diapositivplatten erst auf Bromsilberplatten vergrößerte Negative herstellen, von denen dann die Originalabzüge unmittelbar kopiert werden, was in unserem Atlas auf diese Art auch geschehen ist. - Zur Entwicklung der Originalplatten benutzten wir immer einen Pyrogallusentwickler, da derselbe unserer Erfahrung nach klare und gleichzeitig gutgedeckte Bilder liefert und den feinsten Kornsilberniederschlag gibt, so daß die feinsten Einzelheiten zum Ausdruck kommen.
Abb. 115a und 115b zeigt an unserem Hirnschema alle Stellen, deren Bilder auf unseren Tafeln dargestellt sind, so daß man sich daran sofort über die Lage der Schnitte ohne weiteres orientieren kann.
Regio praerolandica: Area praecentralis FA; Area frontalis agranularis FB; Area frontalis intermedia FC.
Regio frontalis: Area frontalis granularis FD, (Ar. fr. intermedia FDΔ), (Ar. fr. triangularis FDΓ); Area frontopolaris FE.
Regio orbitalis: Area orbitalis FF; Area recta FG: Area praefrontalis FH; Area frontoinsularis FI; Area piriformis frontalis FK; Area parolfactoria FL; Area geniculata FM; Area praecommissuralis FN.
Als Stirnhirn bezeichnen wir das ganze nach vorn von der Zentralfurche gelegene Stück Großhirn. Auf Abb. 96 und 97 ist es durch grüne Farbe gekennzeichnet. Es umfaßt also außer der vorderen Zentralwindung mit ihrem Operculum und dem vorderen Parazentralläppchen noch alle drei Frontalwindungen an der Konvexität mit den opercularen und den Orbitalen Partien derselben und der medianen Fläche der (F1) ersten Frontalwindung; außerdem rechnen wir bei dieser Beschreibung auch noch jene Teile des sog. „Riechhirns" dazu, welche die Abgrenzung des Stirnhirns an der Basis und Medianfläche nach hinten bilden, also das Brocasche Carrefour olfactif, die mediale und laterale Olfactoriuswurzel, soweit dieselben die Grenze der grauen Rinde des Stirnhirns gegen die Substantia perforata bilden. Der Gyrus limbicus ist aber nicht mit inbegriffen.
Das Stirnhirn schließt mehrere untereinander recht verschiedene Rindenabschnitte ein, verschieden in ihrer Dicke (Abb. 26, 27, 28, 29), sowie auch in ihrem Bau (Abb. 92, 93, 94, 95). Als gemeinsamer histologischer Zug derselben kann die schon von MEYNERT und BETZ hervorgehobene Eigentümlichkeit gelten, daß die Pyramidenzellen dieser vorderen Hirngegend meist größer und schöner geformt sind als die der übrigen Hirnlappen, und zwar sowohl in der III. als auch in der V. Schicht, und zwar sind mit Ausnahme ganz bestimmter Stellen die Zellen der V. Schicht meist etwas kleiner als die der III. Ein Teil des Stirnhirns ist durch den Mangel einer Körnerschicht ausgezeichnet, besonders der rückwärtige Teil derselben, während der vordere eine deutliche Körnerschicht aufweist, welche aber kaum je so deutlich ist als in allen jenen übrigen Partien des Gehirns, welche hinter der Zentralfurche liegen. Die körnerarme oder körnerlose hintere Partie nennen wir ihrer Lage entsprechend Regio praerolandica (Abb. 96 und 97, lichtgrün). Die übrige körnerführende vordere Partie teilen wir noch in zwei weitere Regionen, in die unmittelbar vor der Regio praerolandica liegende Regio frontalis an der übrigen Konvexität und am Pol des Stirnhirns (Abb. 96 und 97, mittelgrün) und die Regio orbitalis (oder orbitomedialis) an der Unterfläche des Stirnhirns und an der unteren medianen Fläche desselben, ventral vom Balkenknie (Abb. 96 und 97, dunkelgrün). Vor die Bezeichnung der einzelnen hierzugehörigen Areae setzen wir das Symbol F als Zeichen ihrer Zugehörigkeit zum Frontalhirn.
260 Das Stirnhirn.
Zur Regio praerolandica gehören die ganze vordere Zentralwindung und die hinteren Abschnitte aller drei Stirnwindungen (Abb. 96 und 97, lichtgrün), und zwar von der ersten Stirnwindung an der Konvexität des Gehirns, deren ganzes hintere Drittel, von der zweiten und dritten Stirnwindung dagegen nur ein viel schmäleres Gebiet, kaum das hintere Fünftel derselben. Ihre Rindenformationen sind, wie gesagt, durch eine starke Rückbildung der IV. Schicht, und zum Teil auch der II. Schicht, die bis zur vollkommenen Körnerlosigkeit gehen kann, ausgezeichnet; die verschiedenen Formationen, welche sich in ihrem Gebiete vorfinden, sind also größtenteils heterotypische Bildungen, und zwar gibt es drei Formationen: die Area praecentralis (und gigantopyramidalis) FA (und FAγ), die Area frontalis agranularis (FB) und die Area frontalis intermedia FC, welch letztere die Grenze gegen die vordere homotypische Region bildet und selbst schon deutlich angedeutete Körnerschichten aufweist.
Die vordere Zentralwindung wird größtenteils von dieser agranulären Rindenformation eingenommen, die wir mit dem symbolischen Zeichen FA bezeichnen. In ihrem caudalen (größeren) Abschnitt führt sie die charakteristischen Betzschen Riesenzellen und wird hier als FAγ von uns bezeichnet.
Sie zeichnet sich durch eine ganz besondere Rindenbreite 1) (Dicke) aus [footnote p 260 1) Die Ausdrücke Dicke und Breite der Rinde sind hier in gleichem Sinne gebraucht.], die am alkoholgehärteten Material an der Windungskuppe 3.5 mm bis zu 4.5 mm erreichen kann (Tafel I) und in ihren schmälsten Partien auch noch nahezu 3.0 mm besitzt. Die Breite ist auch individuell recht verschieden. Doch ist bei jedem Gehirne die Area praecentralis das Gebiet, in dem die Rinde die größte Breite aufweist. Allerdings ist dieselbe zum Teil auch durch den nur sehr allmählichen Übergang der Rindensubstanz ins Mark mitbedingt. Auf Tafel I z. B. befindet sich die Rindenmarkgrenze ganz am unteren Rande des Bildes. Als Durchschnittsbreite kann also für FA 3.6-4.2 mm Breite angenommen werden. Die Partien an der Konvexität der Hirnoberfläche, welche nahe der Mantelkante liegen, d. h. also jene am Fuße der ersten Frontalwindung, sind die breitesten. Von hier nach abwärts zu nimmt die Rinde in der Zentralwindung allmählich in geringem Maße ab, so daß in der Gegend des Fußes der zweiten Frontalwindung die Breite um ungefähr 0.3 mm geringer ist; am Opercularteile selbst wird sie noch um weitere 0.3-0.4 mm schmäler. Die allergrößte Breite ist, wie immer bei großen Windungen, nicht jeweils in der Mitte der Kuppe selbst, sondern an den Kanten derselben, d. h. am Übergange von der Kuppe zur Wand; nur dort, wo die Windung schmal ist, kann die Kuppe, welche unmittelbar zu beiden Seiten ihres stark gekrümmten Culmens in die Winkel übergeht, die dickste Stelle der Windung selbst sein. Immerhin ist die Kuppe, wie sonst immer, so auch in FA, stets dickrindiger als die Wandung; aber auch die Wand der vorderen Zentralwindung zeigt eine auffallend breite Rinde (s. Tafel II), und wenn man sie nicht gerade nahe am Windungstale mißt, findet man sie nur um ein paar Zehntelmillimeter schmäler als die Kuppe. Dieser selten geringe Unterschied in der Rindenbreite der Wand und der Kuppe ist für die Area praecentralis charakteristisch. Nirgends sonst ist die Windungswand so breit als im Gebiete der FA. Im Tale zwischen vorderer und hinterer Zentralwindung, also in der Tiefe der Rolandoschen Furche, ist die Rinde etwas schmäler als im vorderen Windungstale, d. h. in der Tiefe des Sulcus praecentralis, wo sie doch noch immer um 2.8 mm Dicke aufweist (s. auch S. 275).
Die Begrenzung gegen das Mark ist äußerst unscharf, und zwar sowohl an der Kuppe als an der Wand, nur unmittelbar nahe am Windungstal wird die Begrenzung gegen das Mark etwas schärfer.
Betrachtet man ein blaugefärbtes Zellpräparat mit freiem Auge, so macht die Rinde den Eindruck ziemlich diffus und gleichmäßig gefärbt zu sein, ohne eine vertikale oder eine horizontale Streifung heller oder dunkler gefärbter Schichten bemerken zu lassen (Abb. 45, 46). Abb. 110 Nr. 1 gibt bei bloß zweieinhalbmaliger Lupenvergrößerung dieses Aussehen genau wieder. Der Übergang in das ungefärbte Mark erfolgt nur sehr allmählich, infolgedessen hört hier die blaue Färbung ebenfalls nur allmählich auf. Nur die I. Schicht läßt sich ohne weiteres, wie auch sonst immer, makroskopisch als lichterer Randstreifen erkennen. Manchmal kann man auch mit freiem Auge an der Grenze zwischen dem mittleren und unteren Drittel der Rindenbreite einzelne kleinste blaue Pünktchen erkennen; es handelt sich um einzelne besonders große Betzsche Riesenzellen. Nur in der Windungswand tief im Sulcus Rolandi und nach vorne zu in der Wand des Sulcus praecentralis kann man in der Mitte der Rinde einen schmalen, etwas tiefer blaugefärbten Streifen erkennen; doch hat derselbe in jeder Wand eine andere Bedeutung. Derselbe entspricht nämlich im Sulcus Rolandi der inneren Körnerschicht (IV), welche von der hinteren Zentralwindung her in die Area praecentralis hereinreicht, und dem untersten großzelligen Teile der III. Schicht (IIIc); im Sulcus praecentralis dagegen entspricht dieser blaue Streifen dem untersten Teile der III. Schicht (IIIc) und dem oberen Teile der V. Schicht (Va). Abb. 116 gibt eine gute Nebeneinanderstellung des makroskopischen Aussehens verschiedener Areae wieder und erlaubt somit einen lehrreichen Vergleich.
Area praecentralis. 261
Abb. 116. Makroskopisches Aussehen von toluidinblaugefärbten Rindenquerschnitten aus 16 Areae bei 2.5-facher Vergrößerung.
Neben der ungewöhnlichen Rindenbreite ist das Typische an dieser Rindenformation FA, daß ihre caudale Partie Riesenzellen enthält; diese Partie bezeichnen wir als FAγ, doch davon später. Ein anderes Charakteristicum ist, daß sie agranulär ist, und zwar ist sowohl die IV. Schicht als auch die II. gar nicht oder nur undeutlich vorhanden (Abb. 70). An Schnitten von 10 µ Dicke sind sie eigentlich überhaupt nicht zu sehen, nur an dickeren Schnitten, an denen man doch mehr Körnerzellen zu Gesicht bekommt, ist die Lage der IV. Schicht noch erkennbar und daher auch an unseren Tafeln, die 25 µ dicke Schnitte darstellen.
Die Rinde zeigt auch sonst mikroskopisch keine deutliche horizontale Schichtung (s. Tafel I-IV und Tafel V), abgesehen von der Molekularschicht, welche durch ihre Zellenlosigkeit von dem übrigen Rindenquerschnitt immer absticht. Die übrigen Schichten gehen nur sehr allmählich ineinander ohne scharfe Abgrenzung über. Man könnte also sagen, daß alle Schichten hier zu einer einzigen großen Schicht zusammenfließen; es ist also von der gewöhnlichen Sechsschichtung der Hirnrinde nichts mehr zu bemerken. Die Formation ist also eine heterotypische. Auch in vertikaler, d. h. radiärer Richtung ist keine Ordnung der Zellen in Reihen zu bemerken (Abb. 45 und 46); nur die tiefsten Teile der Rinde, welche also der VI. Schicht entsprechen, zeigen eine geringe radiäre Streifung. Erst beim Übergang in die nächste Formation, in die Area frontalis agranularis FB (Tafel V) oder ins Parazentralläppchen (Tafel III und IV), sowie beim Übergang in die hintere Zentralwindung, tritt eine gewisse radiäre Streifung deutlicher auf. Trotz der fehlenden horizontalen Streifung kann man aber die Lage der einzelnen Schichten bei mikroskopischer Durchsuchung an der Form der Zellen noch ziemlich genau bestimmen.
262 Das Stirnhirn.
Die Formation ist mittelreich an Zellen; die äußere Hauptschicht ist zellreicher als die innere; die Zellanzahl nimmt besonders vom unteren Teile der V. Schicht (Vb) angefangen nach unten rapid ab. Die Zellgröße ist in allen Schichten eine gute, das Mittelmaß der übrigen Hirnpartien weit überschreitende, so daß man die Formation FA im allgemeinen als äußerst großzellig bezeichnen muß, auch ganz abgesehen von den Riesenzellen, die wir gleich später besprechen wollen. Der Übergang ins Mark ist weder in der Wand, noch an der Kuppe und der Kante ein scharfer, sondern, wie schon makroskopisch (§l) sichtbar, überall bloß ein allmählicher. Dadurch kommt es, daß verschiedene Forscher die Rindenbreite sehr verschieden gemessen haben. Von Rinde kann man jedoch, wie schon im allgemeinen Teil S. 39 auseinandergesetzt, nur dort sprechen, wo sich außer den Zellen noch zwischen denselben die netzförmige Grundsubstanz, das Rindengrau, befindet, und da läßt sich nach diesem Kriterium, besonders an etwas überfärbten Schnitten, die Grenze doch mit ziemlicher Genauigkeit bestimmen. Aber weit über das Rindengrau hinaus finden sich selbst ganz tief im Windungsmark noch immer Ganglienzellen, und zwar in der Nähe der Rinde in ziemlich großer Zahl, in den tieferen Partien wieder in abnehmender Zahl; ganz vereinzelt sieht man jedoch dieselben auch 9-12 mm von der Rindenoberfläche entfernt, d. h. also auf 5-7 mm von der unteren Grenze der VIb-Schicht. Auf 3 mm von dieser unteren Begrenzung der VIb-Schicht finden sich immer und in jedem Gesichtsfelde bei starker Vergrößerung noch zahlreiche Zellen im Mark der Kuppe; an der Windungswand dagegen reichen die Zellen nicht so tief ins Mark, und gar im Tal kommen Zellen bloß noch auf 0.2 mm von der unteren Rindenbegrenzung im Marke vor.
Das allerauffallendste Charakteristicum dieser Formation sind jedoch die Betzschen Riesenzellen, welche eine Größe von 60-100 µ und oft mehr erreichen; sie können, wie wir vorhin schon erwähnt haben, auch makroskopisch sichtbar sein; sie kommen in der V. Schicht vor; es sind die größten Zellen der ganzen Großhirnrinde; man findet sie jedoch nicht in der ganzen Area praecentralis, sondern vor allem in den rückwärtigen Partien derselben nahe an und in der Zentralfurche in großer Anzahl, wo sie der Rinde ein ganz eigentümliches Gepräge geben, so daß wir diesen Teil der Formation als Area praecentralis gigantopyramidalis FAγ bezeichnen. Tafel I- IV gibt dieses Gebiet wieder. Ein geringerer frontaler Teil der Area entbehrt jedoch bei sonst gleichbleibenden Charaktermerkmalen vollkommen der Betzschen Kolossalzellen; diesen Teil bezeichnen wir einfach mit FA. Tafel V gibt ein Bild dieser Partie.
An verschiedenen Stellen und Hirnen messend, fanden wir folgende Zahlen. Am Culmen zählten wir bei einer Gesamtbreite von 3.70 mm:
I | II | III | IV | V | VI | |||
0.16 | (0.14)1) | 1.34 | (0.30)1) | 0.70 | 1.50 | mm | a 1.00 | b 0.50 |
bei einer Gesamtbreite am Culmen von 4.50 mm: | ||||||||
0.20 | (0.10) | 1.60 | (0.10) | 0.90 | 1.80 | mm | a 1.00 | b 0.80 |
[footnote p 262 1) Die eingeklammerten Ziffern sind bei Berechnung der Rindendicke nicht mitgezählt; sie geben bloß die Breite an, in welcher man das frühere Bestehen dieser Schichten noch erkennt.]
Area praecentralis. 263
I | II | III | IV | V | VI | |||
An der hinteren Wand im Sulcus Rolando bei einer Gesamtbreite von 3.20 mm: | ||||||||
0.20 | (0.20) | 1.30 | (0.30) | 0.60 | 1.10 | mm | a 0.70 | b 0.40 |
ebenso an der hinteren Wand bei einer Gesamtbreite von 3.00 mm: | ||||||||
0.30 | 0.10 | 1.20 | (0.00) | 0.70 | 0.70 | mm | a 0.40 | b 0.30 |
An der vorderen Wand im Sulc. praecentralis nahe der Mantelkante bei einer Gesamtbreite von 3.40 mm: | ||||||||
0.20 | (0.00) | 1.40 | (0.00) | 0.70 | 1.10 | mm | a 0.70 | b 0.40 |
Für die vordere Wand, dort wo an dem oberen Teil der vorderen Zentralwindung die Formation FA in den Sulcus praecentralis hineinreicht, ist die Rindendicke also ebenfalls recht bedeutend, wie wir sehen, stellenweise, wenigstens nahe der Mantelkante, wo allerdings die FA -Formation ihre größte Dicke erreicht, sogar bedeutender als etwas weiter ventral in der hinteren Wand, die sonst durchschnittlich die etwas stärkere ist. Die in Klammern gesetzten Zahlen für die äußere (II.) und innere Körnerschicht (IV.) sind in der Gesamtbreite nicht nochmals mitgezählt, sondern in der Zahl für die III. (und zum Teil auch für die V.) Schicht schon enthalten. Als Durchschnitt für die relativen Verhältniszahlen berechnen wir daraus:
I | II | III | IV | V | VIa | äH:iH1) | |
am Culmen | 0.05 | - | 0.43 | - | 0.23 | 0.20 | 48:52 |
an der hinteren Wand | 0.09 | - | 0.47 | - | 0.24 | 0.20 | 56:44 |
an der Vorderwand | 0.07 | - | 0.47 | - | 0.23 | 0.23 | 54:46 |
[footnote p 263 1) Verhältnis der äußeren zur inneren Hauptschicht.]
Wir sehen also, daß das Verhältnis der äußeren Hauptschicht zur inneren Hauptschicht die Durchschnittszahl des Verhältnisses von 49 zu 51 ungefähr erreicht, daß die äußere Hauptschicht also nicht bedeutend über die innere überwiegt, trotz Fehlen der IV., da die V. und VI. stark entwickelt sind. Die Proportionalgleichung der Schichten am Culmen zueinander, das für die ganze Rinde berechnet, im Mittel sich folgendermaßen darstellt:
I | II | III | IV | V | VI | äH:iH |
0.09 | 0.07 | 0.33 | 0.09 | 0.20 | 0.22 | 49:51 |
zeigt also im allgemeinen beim Vergleich mit den obigen Durchschnittszahlen des Culmens für die FA eine etwas geringere Dicke der I. Schicht in FA; ein beinahe vollkommenes Fehlen der II. Schicht; ein starkes Überwiegen der III. Schicht, die ungefähr 45% (d. h. 43 bis 47%) der ganzen Rindenbreite ausmacht; ein beinahe vollkommenes Fehlen der IV. Schicht; dagegen eine relative Verbreiterung der V. Schicht; eine starke Zunahme der Breite der VI. Schicht. Die III. und V. Schicht nehmen zusammen etwa 70% der ganzen Rindenbreite ein. Da diese beiden Schichten aus Pyramidenzellen bestehen, kann man sagen, daß eigentlich beinahe drei Viertel der Rindendicke überhaupt von Pyramidenzellen eingenommen ist.
Die Dicke der Rindenformation FA bleibt über eine große Ausdehnung ziemlich die gleiche. Auch in der Höhe der zweiten Frontalwindung und im Beginne der dritten Frontalwindung beträgt dieselbe noch immer 3.6 mm und sogar oft mehr, ungeachtet dessen, ob diese Formation die ganze vordere Zentralwindung einnimmt oder sich auf die rückwärtige Hälfte derselben zurückgezogen hat. In der Höhe der dritten Frontalwindung messe ich das Zahlenverhältnis der Schichten zueinander wie folgt:
I | II | III | IV | V | VI | |||
0.20 | 0.00 | 1.40 | 0.00 | 0.80 | 1.20 | mm | a 0.90 | b 0.30 |
also ziemlich dasselbe wie weiter dorsal in der Höhe des Ansatzes der ersten Frontalwindung. Erst noch weiter ventral, unmittelbar beim Übergang in die Opercularformation, nimmt die Dicke der Rinde ziemlich rapid, bis zu 3.0 oder 2.8 mm, ab. An der medianen Fläche des Gehirns ist die Formation ebenfalls etwas dünner, und zwar messe ich hier im Durchschnitt ebenfalls 2.8 mm an der Kuppe. Es ist also hier und am Operculum, d. h. an ihrem dorsalmedialen und an ihrem ventralen Ende, diese Formation an der Kuppe sogar dünner, als sie im übrigen Teile der Konvexität den Gehirns in der Wand der Windung gewesen ist.
264 Das Stirnhirn.
Jedoch ist die Breite der Rinde nicht für alle Gehirne ein und dieselbe, sondern individuell ziemlich verschieden; die maximale Breite für die Formation FA war z. B. an drei untersuchten Hirnen 3.6, 4.2 und 4.5 mm. Vergleichbar sind natürlich bloß Zahlen von Gehirnen, welche in gleicher Art vorbehandelt worden sind.
I. Die Molekularschicht ist bei der FA-Formation, absolut genommen, äußerst breit, und sie erreicht absolute Werte, welche mit zu den höheren gehören, die in der Hirnrinde (ausgenommen die allogenetischen Partien) auf sie entfallen. Relativ dagegen ist sie im Verhältnis zu den anderen ebenfalls äußerst breiten Schichten eher als schmal zu bezeichnen. Sie schwankt zwischen 0.15 und 0.30 mm, ist am schmälsten an der Kuppe der Zentralwindung, wird in den Wandungen breiter und kann im Tal Werte sogar von 0.40-0.90 mm erreichen. Im Talgrund ist sie eigentlich die breiteste Schicht und kann, während sie an der Kuppe bloß 5-6% der ganzen Rindenbreite ausmacht, im Tal bis zu 20 oder 30% betragen. Sie zerfällt in eine äußere kernreichere Ia und eine innere kernärmere Zone Ib. Letztere ist zweimal so breit als die erste. (An den caudaleren Partien ist diese Unterteilung besser zu sehen als an den weiter frontal gelegenen, s. Tafel I und besonders Tafel II. Auf Tafel V nimmt dies ab. Weiter frontal, Tafel VI, allerdings schon Area FB zeigt dieses Verhalten nicht mehr, sondern der Kernreichtum ist in allen Teilen von I wie sonst.) Nach außen ist die Molekularschicht von einer allerdünnsten homogenen Randzone der Membrana limitans begrenzt. An dieselbe schließt sich die kernreichere Zone an. Die Kerne sind wohl meist Gliakerne, welche nicht sichtbar von Protoplasma umgeben sind und 3- 4 µ groß sind. Auch in den inneren Partien der Molekularschicht ist die überwiegende Partie der Kerne dieser kernärmeren Zone Gliakerne. Ich zähle im ganzen in der kernreichen Partie 80 Kerne pro 0.1 mm3. In der kernärmeren Partie jedoch bloß 24 Kerne pro 0.1 mm3. Unter diesen Zellen finden sich jedoch auch vereinzelte Ganglienzellen, und zwar ungefähr 3-6 pro 0.1 mm3. Diese Ganglienzellen sind etwas größer als die Gliazellen, meist gestreckt dreieckig, zeigen ein dunkelgefärbtes, spärliches Protoplasma, während ihr Kern dieselben Dimensionen hat wie die Gliakerne. Die Ganglienzellen sind 4-6 µ hoch und 8-10 µ lang, sind mit ihrer Längsachse parallel zur Oberfläche gestellt, sind meist ohne jede Trabantzelle, nur hier und da ist in ihrer Nähe ein kleiner Kern zu bemerken. An den photographischen Tafeln I und II, III, IV und V sind sie an ihrer Gestalt, Größe und dunkleren Färbung ohne weiteres von den runden, kleinen Gliakernen zu unterscheiden. In den Wandpartien der Rinde wird die erste Schicht sichtlich breiter (auf Tafel II nicht gut zu sehen), ändert aber nicht ihre Zellstruktur; im Tal, und zwar speziell in der Talsohle, kann die Breite der Schicht durch das Aneinanderlegen der beiden Wandteile ganz kolossal werden, bis zu ungefähr 1.0 mm Breite. Die kernreiche Oberschicht Ia ist an dieser Stelle, ohne selbst besonders verdickt zu sein, da die Verbreiterung gerade im Gebiete der kernarmen Schicht Ib erfolgt, doch auch wieder kernreicher als gewöhnlich und manchmal makroskopisch schon als ein blauer Fleck an der Talsohle zu sehen. Hier dringen auch stets größere Gefäße in das Innere der Rinde ein, und längs ihres Verlaufes sind, abgesehen von den bindegewebigen Elementen, die Kerne ebenfalls in größerer Anzahl als sonst vorhanden. Auch in der kernarmen Schicht sehen wir in der Talsohle eine Zunahme der Kerne, es nehmen jedoch hauptsächlich die Gliakerne an Zahl zu, eine Vermehrung der Ganglienzellen konnten wir nicht konstatieren; doch scheinen an dieser Stelle aus der II. Schicht mehrere Zellen in die erste hinaufverlagert zu sein.
II. Die äußere Körnerschicht existiert bei der Formation FA dort, wo dieselbe am besten entwickelt ist, nicht deutlich als eigene Schicht (Abb. 70); wir müssen aber trotzdem an dieser Stelle die Zellen, welche in dieser Höhe liegen, besprechen. Da sich die Schicht von der III. Schicht nicht deutlich abtrennen läßt, weder durch ihre Dichtigkeit noch durch ihre Zellform, haben wir diesen Zellstreifen mit III (II) auf unseren Tafeln bezeichnet. Statt wie sonst eine ziemlich dichte, schon makroskopisch erkennbare blaue, streifenförmige Schicht von Zellen zu bilden, sieht man an dünneren Schnitten überhaupt kaum noch eine eigene Schicht in dieser Höhe; es ist kein Unterschied weder in der Form der Zellen noch kaum in der Dichtigkeit zu den obersten Partien der III. Schicht, in welche die Zellen dieser Höhe ohne Grenze allmählich übergehen. Immerhin stehen die kleinen Zellen an der Grenze zwischen I. und III. Schicht doch etwas dichter als die Zellen etwas weiter unten, und bei sehr dicken Schnitten von 30 µ und mehr sieht man doch die II. Schicht als etwas zelldichteren Streifen von der obersten Partie von III sich abheben. Wir haben an unseren Tafeln diese Zellage daher immer, wie eben gesagt, eigens bezeichnet III (II). Am Culmen der Windung fehlt diese Schicht stellenweise sogar an sehr dicken Schnitten ganz (Tafel I und V), indem auf weitere oder kürzere Strecken weder Körnerzellen noch kleinste Pyramidenzellen hier vorhanden sind, sondern die Pyramidenzellen der III. Schicht unmittelbar bis an die I. Schicht heranreichen und mit ihren cephalen Fortsätzen in die I. Schicht eindringen (Tafel I, Stelle: Breite 29-33 cm, Höhe 35 bis 37 cm). In der Wandung dagegen, besonders in der Tiefe derselben, kann man von einer II. Schicht wirklich sprechen (Tafel II und IV), und zwar ist dieselbe an der hinteren Wand der vorderen Zentralwindung im Sulcus Rolando viel stärker ausgeprägt als in der vorderen Wandung im Sulcus praecentralis; daher haben wir auf Tafel II am unteren Bildrand, wo die äußere Körnerschicht deutlich ausgeprägt ist, dieselbe mit II bezeichnet, am oberen Bildrand, wo dieselbe entsprechend der Annäherung an die Kuppe undeutlich wird, sie als III (II) bezeichnet. In der hinteren Wand und im Tal kann sie 0.20 mm erreichen und wird der Kuppe zu dann immer schmäler und undeutlicher. Auch am Parazentralläppchen (Tafel III und IV) ist, soweit die Formation FA reicht, dasselbe Verhältnis bezüglich der II. Schicht zu sehen, d. h. sie ist am Culmen kaum vorhanden, in der Wand aber viel deutlicher und am deutlichsten in der Tiefe des Sulcus Rolando. Auch für die Opercularteile der vorderen Zentralwindung gilt das eben Gesagte.
Area praecentralis. 265
Was nun die Zellen dieser Schicht oder, da es keine eigentliche Schicht gibt, besser gesagt dieser Rindenhöhe, anbelangt, muß man sagen, daß nur sehr wenige Körnerzellen und meistens bloß kleinste Pyramidenzellen in ihr vorhanden sind. Auch sonst kommen in der II. Schicht in der ganzen Hirnrinde neben Körnerzellen stets kleinste Pyramidenzellen, sog. Zwergpyramidenzellen, vor; jedoch ist gewöhnlich das Verhältnis so, daß von 10 Zellen der äußeren Körnerschicht bloß 3 Pyramidenzellen sind, welche ebenso klein sind wie die Körnerzellen (Durchschnittsgröße; Höhe/Breite = 5 µ / 6 µ) letztere sind meist spindelförmig, kahnförmig oder dreieckig, aber auch rund oder oval. Hier aber in der Formation FA haben wir an der Grenze zwischen I. und III. Schicht ein umgekehrtes Verhältnis; die meisten Zellen dieser Zone sind pyramidenförmig, so daß auf 10 solcher Zellen kaum 3-4 wirkliche Körnerzellen entfallen; ferner sind schon viele dieser Pyramidenzellen größer als die pyramidenförmigen Körnerzellen und die Zwergpyramidenzellen an anderen Großhirnarealen, und sie nähern sich in ihrer Größe schon den oberen Pyramidenzellen der III. Schicht, den sog. kleinen Pyramidenzellen der IIIa, welche eine Größe von 8/7 µ haben. Trabantzellen besitzen die meisten dieser Zellen nicht; man sieht höchstens 1 Trabantzellkern auf 10 Zellen, der in der Regel dunkler gefärbt ist als die Zellkerne der kleinen Pyramidenzellen und etwas kleiner ist als diese. Der Kern der Pyramidenzellen ist in dieser Höhe nämlich beinahe so groß wie der ganze Zelleib, er ist regelmäßig geformt, rund oder oval, trägt manchmal sogar in seiner Mitte einen Punkt, von dem es aber nicht sicher ist, ob derselbe ein Kernkörperchen darstellt. Die Zahl der Zellen der II. Schicht beträgt an jenen Wandpartien, wo die II gut ausgeprägt ist, 80-100 pro 0.1 mm3.
III. Die Pyramidenzellschicht zerfällt auch in FA in eine oberflächliche Lage kleinerer Pyramidenzellen IIIa, eine mittlere mittelgroßer Pyramidenzellen IIIb und eine tiefe Lage großer Pyramidenzellen IIIc. Sie ist die breiteste Schicht der ganzen Formation, wenn man nicht die VIb-Schicht, die ja uferlos ins Mark übergeht und die man infolgedessen eigentlich beliebig breit annehmen kann, zu weit in die Tiefe als zur Rinde zugehörig mitzählt. Am besten läßt sich ihr Aussehen an Tafel V studieren. Ihre Dicke schwankt zwischen 1.2 und 1.6 mm. Dort wo die FA über die ganze vordere Zentralwindung sich ausbreitet, ist die III. Schicht in der hinteren Wand der Zentralwindung, also im Sulcus Rolando, um ca. 0.2 mm schmäler als am Culmen, in der Vorderwand dagegen beinahe geradeso breit als am Culmen. Die Breite ist zum Teil durch die Einbeziehung der II. und der IV. Schicht zur III. bedingt, d. h. der äußeren und der inneren Körnerschicht zur III. Schicht, da diese beiden Schichten, wie schon früher gesagt, nicht als selbständige Schichten sich abheben. Aber auch an und für sich ist die III. Schicht äußerst breit. Beträgt z. B. an einer Stelle die III. Schicht 1.4 mm, so entfallen davon 0.1 mm auf die II. Schicht (III/II) und ca. 0.2 mm auf die IV. Schicht (III/IV), d. h. daß noch immer 1.1 mm auf die reine Pyramidenzellenschicht von IIIa, IIIb, IIIc entfiele. Mit diesen beiden Grenzschichten jedoch welche in FA keine Körner, sondern ebenfalls Pyramidenzellen enthalten und daher zur Pyramidenschicht zu zählen sind, beträgt die III. Schicht ungefähr die Hälfte der Rindendicke überhaupt. Am Culmen ist sie am breitesten und ebenso in der vorderen Wand der Zentralwindung, wo sie ebenfalls 1.4 mm und sogar stellenweise 1.6 mm Dicke erreichen und an der Windungskante bis zu 1.8 mm betragen kann. Trotzdem die III. Schicht am Culmen breiter ist als anderswo, macht sie doch den Eindruck, hier schmäler zu werden, da sie bei der allgemeinen Zunahme der Schichten an Dicke auf der Windungskuppe relativ weniger als die anderen zunimmt, besonders weniger als die V. und VI. Schicht. Am Culmen beträgt die Breite der III. nämlich 45% der Rindenbreite, in der Wand jedoch 47% derselben. Außerdem liegt jener Teil der Pyramidenschicht, in der sich die größten Pyramidenzellen befinden, also IIIc am Culmen, der Oberfläche etwas näher als in der Wand. Auch dieser Umstand erzeugt ein schmäleres Aussehen.
Das Stirnhirn.
Die Zellen sind ziemlich gleichmäßig verteilt, so daß die Färbung makroskopisch eine ziemlich gleichmäßige ist, bis auf die dünne oberste Zellage III(II), welche, wie oben gesagt, einen etwas dichteren Anblick hat. Unmittelbar darunter stehen die Zellen außerdem etwas weniger dicht. Beinahe durchweg sind die Zellen der III. Schicht Pyramidenzellen, welche derart verteilt sind, daß sie nach der Tiefe zu progressiv an Größe zunehmen; jedoch sind die größten Pyramidenzellen in IIIc also nicht an der allertiefsten Stelle der III. Schicht, denn diese ist von der III(IV) Schicht eingenommen, welche wieder aus etwas kleineren Pyramidenzellen besteht als die tiefe Lage der eigentlichen III. Schicht, da es sich in der III/IV um zu Pyramidenzellen umgewandelte Körnerzellen der früheren IV. Schicht handelt. Wir müssen daher die III. Schicht einteilen in eine oberflächlichste schmale Lage III(II), dann folgt die IIIa-Schicht der kleinen Pyramidenzellen, darauf IIIb der mittleren Pyramidenzellen, darauf IIIc die der großen Pyramidenzellen und darunter die III(IV) Schicht, d. h. die Schicht der zu Pyramidenzellen umgewandelten Körner. Letztere geht dann ohne scharfe Grenze in die V(IV)-Schicht über. Diese Einteilung der III. Schicht nach der Zellgröße in fünf Unterschichten fällt unmittelbar beim Anblick derselben auf (Tafel I-V); allerdings sieht man keine wirklich voneinander abgetrennten oder durch ihre Dichtigkeitsverhältnisse unterscheidbaren Lagen, doch ergibt sich, wie gesagt, die Einteilung von selbst aus dem Größenverhältnisse der Zellen; dabei kommen aber in allen Lagen in größerer oder geringerer Anzahl natürlich auch Zellen recht verschiedener Größe vor; so findet man schon in der Lage IIIa neben der Hauptmasse, die von kleinen Pyramidenzellen gebildet wird, auch Pyramidenzellen mittlerer Größe. Nicht selten sieht man ebenso in der Schicht der mittleren Pyramidenzellen IIIb manchmal auch sehr große Pyramidenzellen, sogar Riesenzellen versprengt vorkommen (Tafel II Höhe/Breite = 13 cm/15 cm ).
Die III(II) Lage, die der kleinsten Pyramidenzellen von 5/7 µ Größe, haben wir früher bei der II. Schicht schon genügend besprochen. Wir haben hier nur noch hinzuzufügen, daß die Zellzahl in ihr pro 0.1 mm3 am Culmen zwischen 40 und 70 schwankt, also 55 im Durchschnitt beträgt.
In der IIIa-Schicht sind die Zellen ganz deutlich pyramidenförmig mit einem langen gegen die Oberfläche gerichteten Fortsatz versehen. Der Zelleib ist ungefähr 12-15/10 µ, doch läßt sich der Fortsatz als solcher noch zwei- bis dreimal weiter gegen die Oberfläche verfolgen. Der Kern ist meist oval, 7-8 µ groß, mit einem Kernkörperchen von 1 µ Größe. Die kleinen Pyramidenzellen haben meist keine Trabantkerne, doch sieht man ungefähr bei jeder 4. Pyramidenzelle einen Trabantzellkern liegen. Die Zellzahl ist im Mittel 30 pro 0.1 mm3.
Area praecentralis. 267
IIIb, die mittlere Pyramidenzellenlage, hat Zellen von 15-25 µ Höhe und 10- 20 µ Breite. Der cephale Fortsatz ist meist senkrecht gegen die Molekularschicht gerichtet; der Kern ist rund, 8 µ im Durchmesser, er besitzt ein deutliches Kernkörperchen und liegt meist unmittelbar nahe an der Basis der Zelle, von welcher aus mehrere Fortsätze nach abwärts gehen. Die Zellzahl schwankt um 20 pro 0.1 mm3. Die Zellen dieser Lage sind meist mittelschlank, d. h. die Höhe beträgt nicht viel mehr als 1.5mal die Breite. 3-5 basale Fortsätze sind sichtbar auf dem Nisslbilde, und der cephale Dendrit, welcher ziemlich weit verfolgbar ist, zieht ungeteilt nach oben. Meistens ist eine Trabantzelle vorhanden, welche gewöhnlich an der Basis der Zelle sitzt, hier und da aber auch lateral entweder in unmittelbarer Nähe oder in einer kurzen Entfernung bis zu 8 µ von der Zelle als ein tiefgefärbtes, meist halbmondförmig gebogenes Körperchen, zwischen zwei Dendriten gelegen, seltener als ein kreisrunder lichter Kern, der sich von den Kernen des umgebenden Gliareticulums in nichts unterscheidet. Manchmal sieht man auch 2-3 Trabantzellen an einer Zelle, wovon die eine regelmäßig an der Basis, die anderen am cephalen oder an den basalen Dendriten liegen. Die Trabantzellen besitzen nur sehr wenig Protoplasma. Die mittleren Pyramidenzellen kommen, wie gesagt, in jeder Höhe der III. Schicht vor, doch sind die meisten von ihnen in der IIIb-Lage, wo sie auch bei weitem die Mehrzahl aller Elemente bilden. Die IIIb-Lage ist der breiteste Teil der III. Schicht, ungefähr 0.6 mm. In der unteren Hälfte der IIIb-Lage kommen neben mittleren Pyramidenzellen und einigen kleinen Pyramidenzellen auch Körnerzellen vor, die ziemlich regellos verteilt herumliegen, meist eine ovale, polygonale oder dreieckige breitgestreckte Form aufweisen; ihre Größe schwankt zwischen 5 und 12 µ, so daß die kleinsten unter ihnen von Trabantzellen kaum zu unterscheiden sind, zumal diese Körnerzellen sich mit einer gewissen Vorliebe in der Nähe größerer Pyramidenzellen gruppieren und auch von Gliakernen begleitet sind. Sie sind zahlreich genug, um im Zellbilde recht typisch aufzufallen, und bevölkern auch die IIIc-Schicht.
IIIc. Die Schicht der großen Pyramidenzellen ist, wie schon früher gesagt, weder von der über ihr liegenden IIIb- noch von der darunterliegenden III/IV-Schicht scharf abgegrenzt, sondern geht allmählich in diese beiden über; immerhin ist sie als eigene Lage im Zellbilde ohne weiteres daran erkennbar, daß ganz große Pyramidenzellen in vier- bis fünffachen übereinanderliegenden Reihen zwischen den anderen Zellen auftreten. Die Lage ist um so auffallender, als sich die großen Pyramidenzellen auch viel dunkler färben als die kleinen und mittleren. Außerdem enthält sie ziemlich viel kleine Zellen und Körnerzellen, und zwar sind 8-12 große Pyramidenzellen pro 0.1 mm3 und daneben noch 12 kleine Zellen, so daß diese Lage gewöhnlich dichter erscheint als die IIIb. Die Lage der großen Pyramidenzellen liegt in der FA-Formation, durchschnittlich in einer Tiefe von 1.1 mm von der Oberfläche entfernt. Wegen der zahlreichen kleinen Körnerzellen, welche ebenfalls in ihr vorkommen, macht sie überhaupt einen etwas dichteren und zellreicheren Eindruck als die übrigen Schichten der III., z.B. Tafel I: H 25-27 / B 17-20 cm. Sie ist ca. 0.3 mm breit. Ihre großen Pyramidenzellen haben eine Höhe von 25- 30 µ bei einer Breite von 15-20 µ, ohne den cephalen Fortsatz hier einzuberechnen, sondern bloß den Zelleib als solchen. Die Zellen sind als schlank und mittelschlank zu bezeichnen, der cephale Schaft ist gegen die Oberfläche meist in einer Länge zu verfolgen, die noch das Vielfache der Zellhöhe beträgt; er gibt nicht wenige Kollateralen ab. Von der Basis der Zelle gehen 4-5 Dendriten aus. Der Kern ist sehr groß, bis zu 12 µ, liegt nahe an der Basis, aber nicht unmittelbar dem Boden der Zelle auf, ist meist schön oval, enthält in seiner Mitte ein tiefgefärbtes Kernkörperchen von 2 µ Durchmesser. Bei dem Menschenmaterial, welches man ja nie in frischem Zustande zur Untersuchung bekommt, ist das deutliche Vorkommen von Nisslschollen in den mittleren Pyramidenzellen schon eine Seltenheit, meist sieht man auch in ihnen sowie in den kleinen Pyramidenzellen bloß einzelne dunkle Krümel unter dem Kern oder an der Zellwand beim Abgang eines Dendriten; auch die großen Pyramidenzellen enthalten meist keine Nisslschollen. Regelmäßig besitzen die großen Pyramidenzellen einen, gewöhnlich sogar 2-3 Trabantkerne, welche auf Basis, Seitenwand und Fortsätze der Zelle verteilt sind; mehr als 3 oder 4 Trabantkerne müssen wohl schon als eine die Norm überschreitende Vermehrung dieser Zellen angesehen werden, wobei man jedoch wohl achtgeben muß, die Trabantzellen nicht mit den Körnchenzellen zu verwechseln, welche in dieser Rindenhöhe auch mit Vorliebe in der Nähe der großen Pyramidenzellen vorkommen. Wie gesagt, sind die Trabantzellen meist tiefdunkel gefärbte protoplasmaarme Körnchen, die meist sogar nicht rund sind; bei normalen Verhältnissen ist an ihnen kaum ein Protoplasmasaum zu sehen bei gewöhnlicher Toluidinblaufärbung. Wir haben schon erwähnt, daß neben den großen Pyramidenzellen in der IIIc-Schicht noch ziemlich zahlreiche mittelgroße, kleine und kleinste Pyramidenzellen und daneben äußerst viele Körnerzellen verschiedenster Form und Größe neben zahlreichen Gliakernen und Trabantzellen vorkommen. Auf 7 große Pyramidenzellen kommt ungefähr die doppelte Anzahl an mittleren und kleinen. Die Körnerzellen sind hier auch zahlreicher als in der IIIb; sie sammeln sich oft um große Pyramidenzellen und sind um diese derart nesterförmig gruppiert, daß man diese Zusammenstellung als eine wahrscheinlich funktionell eigenartige Bildung der Pyramidenzellen der FA aufzufassen hat. Man sieht an vielen Stellen 1/2 Dutzend solcher dreieckiger, ovaler oder spindelförmiger Körnerzellen von 5-12 µ Größe um eine oder mehrere große Pyramidenzellen angeordnet, die mit den Trabantzellen und den Gliakernen einen lockeren Haufen bilden. Die Körnchenzellen haben zum Unterschiede der Trabantzellen und der Gliakerne alle einen deutlichen Protoplasmaleib, der eine bestimmte Form hat, entweder dreieckig oder spindelförmig usw., während ihr Kern kleiner und rund ist. Außer den genannten Zellen kommen in der IIIc-Lage auch sog. Riesenzellen vor. Sie sind größer, höher und breiter als die großen Pyramidenzellen und können stellenweise sogar dieselben ganz ersetzen, so besonders in den vordersten Partien von FA, nahe an der FB-Formation. Es ist oft recht schwer zu sagen, was man noch als große Pyramidenzelle und was man schon als Riesenzelle zu bezeichnen hat, weil sich alle Übergänge von der einen zu der anderen Art vertreten finden, z. B. Tafel I: 25/8.5 cm und 20.2/5.5 cm und Tafel II: 13/13 cm und 8.5/15 cm; doch sind die Riesenzellen meist daran zu unterscheiden daß sie größer als die großen Pyramidenzellen sind, protoplasmareicher als diese, Tafel II: 2.5/22 cm, daß sie eine weniger spitz zulaufende, weniger schlanke Form haben, sondern etwas weniger wohlgeformt, breiter und plumper sind; die Riesenzellen zeigen außerdem meistens deutlich erhaltene Nisslschollen; ihr Kern ist nicht wie bei den großen Pyramidenzellen an der Basis der Zelle, sondern meist mitten im Zelleib, relativ größer, mit einem viel größeren Kernkörperchen. Wir machen zwar einen Unterschied, so gut es eben geht, zwischen diesen einfachen Riesenzellen und den Betzschen kolossalen Riesenzellen der V. Schicht, welche wir später besprechen wollen, ganz vereinzelt kommt es hier und da zwar auch vor, daß eine solche große Betzsche Riesenzelle aus der V. Schicht disloziert in der IIIb- oder IIIc-Schicht ausnahmsweise angetroffen werden kann; doch geben wir ohne weiteres zu, daß es im Einzelfalle oft schwer ist zu entscheiden, zu welcher Zellgruppe das einzelne Individuum gehört, da alle möglichen Übergangsstufen zu finden sind. Die großen Pyramidenzellen der IIIc-Schicht mitsamt den vereinzelt in ihr vorkommenden Riesenzellen liegen zwar, wie wir früher gesagt haben, in mehrfachen Etagen übereinander, doch sind dieselben weder horizontal in schönen Reihen geordnet, noch zeigen sie eine geregelte Anordnung in radiär-vertikaler Richtung, sondern sie liegen in der IIIc-Schicht in den verschiedenen Höhen derselben recht unregelmäßig verstreut (s. Tafel I-IV). Erst wo die FA-Formation an die weiter polar gelegene FB-Formation vorne grenzt (s. Tafel V), gruppieren sich diese großen Pyramidenzellen von IIIc zu regelmäßigeren horizontalen Reihen und zeigen auch in ihrer vertikalen Anordnung eine größere Regelmäßigkeit. Auch sind die großen Pyramidenzellen in diesen vorderen Grenzpartien von FA im allgemeinen etwas größer als gegen die Zentralfurche zu; dies sind lauter Eigentümlichkeiten der vor FA liegenden Area FB, die auf FA beim Übergange dieser beiden Areae ineinander übergreifen.
268 Das Stirnhirn.
Area praecentralis. 269
III(IV). Diese Lage der Pyramidenschicht gehört eigentlich, wie wir schon besprochen haben, zur IV. Schicht, welche im größten Teile der Area praecentralis keine kontinuierliche Schicht bildet, deren Stelle in der Rinde aber immerhin erkennbar bleibt. Die Körnchenzellen sind in ihr derart spärlich im Vergleiche zu den sog. granulären Hirnrindenarealen, daß man sie nicht als eigene Schicht auffassen kann; trotzdem erkennt man ihre Lage, wie gesagt, ziemlich gut, obschon dieselbe von Pyramidenzellen der III. Schicht in ihrer oberen Hälfte und in ihrer unteren Hälfte von solchen der V. Schicht eingenommen ist, daran, daß diese Pyramidenzellen bloß mittelgroß oder sogar klein sind. Da nun außerdem die Pyramidenzellen der V. Schicht weniger chromatinreich im allgemeinen als jene der III. Schicht, also blässer gefärbt als diese sind, kann man an diesem Erkennungszeichen die ungefähre Grenze zwischen den beiden Zonen III(IV) und V(IV) ziehen, also ungefähr die Stelle angeben, wo die III. und die V. Schicht im früheren Gebiete der IV. Schicht einander begegnen. Die III(IV)-Schicht unterscheidet sich von der über ihr liegenden IIIc-Schicht dadurch, daß in ihr so gut wie keine oder nur sehr spärliche große Pyramidenzellen vorkommen, sondern bloß mittlere und kleine Pyramidenzellen, und auch diese etwas weniger zahlreich als sonst in III. Diese Pyramidenzellen besitzen hier meist mehr Trabantzellen als in den übrigen Teilen der III, so daß auch die kleinen Pyramidenzellen hier meist einen Trabantzellkern haben und die mittleren meist von 2-4 Trabantzellen begleitet sind. Außerdem sieht man auch in dieser Schicht recht viele Körnchenzellen. Man zählt pro 0.1 mm3 ca. 12 kleine und mittlere Pyramidenzellen neben ca. 30 anderen kleinen und kleinsten Zellen. Die Körnerzellen treten entweder zu den Pyramidenzellen in Gruppenform hinzu, oder sie bilden eigene Häufchen von 4-5 Zellen mit 3-7 Gliakernen. In diesen Häufchen liegen die Zellen oft eng aneinander, so daß sie gegeneinander abgekantet sind. Je mehr man sich im Gebiete der FA- Formation dem Sulcus Rolando nähert, desto zahlreicher werden diese Häufchen in der III (IV)-Schicht, und in der Tiefe dieser Furche selbst ist sogar eigentlich die IV. Schicht als volle Körnerschicht noch deutlich vorhanden infolge der großen Zahl dieser Körnerzellhaufen, so daß man also die hinteren Partien der FA-Formation noch als granulär bezeichnen müsste.
IV. Innere Körnerschicht. Eine innere Körnerschicht gibt es, wie gesagt, innerhalb der FA-Formation eigentlich nicht (Abb. 70), wir müssen sie aber trotzdem hier besprechen und auf das eben bei der Besprechung der III/IV Gesagte hier verweisen, da die Körnerformation von der hinteren Zentralwindung aus über die Talsohle der Zentralfurche hinüber bis in die vordere Wand derselben, d. h. bis auf die hintere Wand der vorderen Zentralwindung, reicht, und zwar ungefähr bis zur halben Höhe derselben. Auf Tafel II sieht man die mit IV bezeichnete Körnerschicht vom unteren Bildrand bis über die Mitte des Bildes reichend, wo sie mit III verschmilzt zu III(IV). Mit ihren letzten Ausläufern kann sie auch sogar bis an die Windungskante hinauf gelangen. Die Körnerzellen dieser IV Schicht sind aber noch weithin beinahe über das ganze Gebiet der FA-Formation erkennbar, nicht nur in der III/IV-Schicht, welche die unmittelbare Fortsetzung der inneren Körnerschicht bildet, sondern diese Zellen verstreuen sich, wie wir gesehen haben, auch auf die Pyramidenschicht selbst, nämlich auf die IIIc- und untere IIIb-Lage, so daß die Körnerzellen im eigentlichen FA als eigene Schicht nicht vorkommen, dagegen in einer Rindenbreite von ungefähr 1 mm Dicke verstreut in den mittleren Rindenpartien sogar in der V. Schicht vorkommen, z.B. auf Tafel I in der Mitte des Bildes von 20-26 cm Höhe. CAJAL hat wegen dieses auffallenden Verhaltens sogar eine Spaltung der IV. Schicht in dieser präzentralen Region angenommen. Dort, wo die innere Körnerschicht auch im Gebiet von FA als eigene Schicht zu beobachten ist, also in den hintersten Grenzpartien derselben, liegen die Körnchenzellen zu dichteren Zellhaufen; sie haben eine Größe von 4 zu 6 µ, 6 zu 8 µ, 8 zu 10 µ, auch bis zu 12 µ Größe; sie sind flach dreieckig oder rhomboidal, nur selten oval und spindelförmig; sie haben einen relativ großen Kern und gut gefärbtes, deutlich erkennbares Protoplasma. Sie sind gegeneinander abgeschrägt und abgekantet; an einem solchen Häufchen liegen eine oder mehrere Trabantzellen, die sich durch das Fehlen des Protoplasmas und die dunklere Kernfärbung von den nervösen Körnchenzellen unterscheiden; außerdem liegen in der Nähe solcher Häufchen auch Gruppen von Gliakernen, so daß 10-20 solcher Körnchenzellen mit 8-15 Gliakernen einen Haufen bilden; ein solcher Haufen enthält also ungefähr 30 Elemente alles zusammengenommen. Ventral gegen die Opercularformation zu bleibt die Körnerschicht nicht auf die Tiefe der hinteren Wandung der vorderen Zentralwindung beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf das Culmen hinauf, ohne aber dabei an Zellreichtum und Dichtigkeit zuzunehmen. Auch im Parazentralläppchen, also an der Medianfläche des Gehirns, ist die innere Körnerschicht (s. Tafel III und IV) als eigene Schicht im allgemeinen besser zu erkennen als in der vollentwickelten FA-Formation auf der Kuppe der vorderen Zentralwindung an der Konvexität; doch sind auch hier die Körnerzellen vielfach mit großen und mittleren Pyramidenzellen durchmengt, und betragt die Zellanzahl ungefähr 50 pro 0.1 mm3. Auch die Zellelemente der IV. Schicht zeigen keinerlei regelmäßige Anordnung zu horizontalen oder vertikalen Zügen, außer die eben genannte zu unregelmäßigen Zellhäufchen.
270 Das Stirnhirn.
V. Die ganglionäre Schicht zeigt ebenfalls in der Formation FA eine relative Verbreiterung, die, wenn sie auch nicht diese Masse erreicht wie bei der III. Schicht, immerhin doch deutlich auffällt. Sie ist nicht nur entsprechend der größeren Dicke der Rinde in der FA-Formation mit ihren Massen von 0.6- 0.9 mm breiter als sonst im Durchschnitt, aber sie übersteigt auch relativ das Mittel der V. Schicht überhaupt, da sie ungefähr 24% der ganzen Rindenbreite ausmacht, während das durchschnittliche Mittel bloß gegen 20% beträgt. Ihre größte Breite erreicht sie am Culmen, hier sind Breiten von 0.7-0.9 mm nichts Ungewöhnliches; an den Wänden nimmt die Dicke der Schicht jedoch bedeutend ab, weit mehr, als dies bezüglich der III. Schicht der Fall war, die ja nur einen unbedeutenden dicken Verlust in der Wand aufwies, während die V. Schicht in der Wand auch um 0.4 mm abnehmen kann, so daß die Breite in derselben nur 0.4-0.6 mm beträgt, und im Tal sogar unter 0.3 mm herabgehen kann (vgl. Abb. 67). Die große Breite der V. Schicht ist zum Teil auch auf die Miteinbeziehung des unteren Teiles der IV. Schicht zurückzuführen, da die lichten Pyramidenzellen der V. Schicht sich auch in dieses Gebiet hineinerstrecken, wodurch die V(IV)-Schicht an die III(IV) Schicht unmittelbar angrenzt; dadurch enthält die FA Formation eigentlich eine einzige breite Pyramidenschicht, welche von der unteren Grenze der I. Schicht bis zur oberen Grenze der VI. Schicht reicht und eine Gesamtbreite von 2-2.5 mm erreicht, z. B. an Tafel V in der Mitte der Windungskuppe, also am Breitenmaß 20 cm, von der Höhe 11 cm bis zur Höhe 35.5 cm. Diese kolossale Ausdehnung der Pyramidenzellen über die ganze Rindenbreite der FA-Formation ist sicher der anatomische Ausdruck einer physiologischen Eigenschaft dieser Gegend; wir wollen später in §7 auf diesen Umstand näher eingehen.
Im allgemeinen kann man wohl sagen, daß die V. Schicht etwas zellärmer ist als die dritte, meist 15-18 Zellen pro 0.1 mm3; sie weist weder eine horizontale Schichtung noch eigentlich eine radiäre Streifung auf, immerhin ist aber eine leichte Streifung senkrecht gegen die Oberfläche gerichtet, in dieser Rindenhöhe aus der VI. Schicht aufsteigend, zu bemerken, und diese Streifung wird etwas deutlicher in den etwas weiter polarwärts gelegenen Partien dieser Formation, also in der Nähe von FB (z. B. Tafel V). Im allgemeinen muß man jedoch sagen, daß auch in der V. Schicht sowie in der III. Schicht die Pyramidenzellen sonst recht regellos durcheinanderliegen (Tafel I und II). Kleine, mittlere und große Pyramidenzellen kommen hier sogar in ziemlich gleicher Anzahl in allen Lagen der V. Schicht vor; es läßt sich hier nicht einmal eine Ordnung der Zellen ihrer Größe nach, wie wir sie in der III. Schicht antrafen, bemerken. In die oberen Partien der V. Schicht reichen außerdem auch noch in ziemlicher Anzahl die Körnerzellen herein und sind an Zahl abnehmend auch noch in den tiefsten Teilen derselben zu finden. Auch vereinzelte spindelförmige Zellen sind in den tieferen Lagen von V ziemlich zahlreich vorhanden. Daß im größten Teile der FA-Formation außerdem noch die Betzschen Riesenpyramidenzellen vorkommen, welche diesem Rindengebiete ein ganz eigenartiges Gepräge gehen, wollen wir gleich weiter unten besprechen. Vorher sei hier noch erwähnt, daß die Zellen der V. Schicht im allgemeinen etwas weniger dunkel gefärbt sind als die der III. Mit Ausnahme der Betzschen Riesenzellen sind im großen und ganzen die Pyramidenzellen auch kleiner als die der III. Schicht, was gleich beim ersten Blick ins Mikroskop auffällt; der Unterschied ist aber kein sehr bedeutender, sondern die kleinen, mittelgroßen und großen Pyramidenzellen dieser V Schicht halten sich mehr an der unteren Grenze der für die III. Schicht angegebenen Größenmasse der entsprechenden Zellen. Wenn es also heißt, daß in der III. Schicht die mittleren Pyramidenzellen 20-30 µ hoch sind, so ist die Mehrzahl der mittleren Pyramidenzellen der V. Schicht bloß ungefähr 20-25 µ hoch usw. Obschon keine so deutliche Unterschichtung nach der Größe in der V. Schicht stattfindet wie in der III., so kann man doch sagen, daß im obersten Teile von V, also in V(IV), sich meistens mittelgroße und kleine Pyramidenzellen finden, daneben sehr wenig große; in dem nächst tieferen Drittel von V kommen neben diesen mittelgroßen und kleinen Zellen auch große Pyramidenzellen in genügender Anzahl vor, um, wenn auch nicht so deutlich wie in IIIc, immerhin charakteristisch genug aufzufallen. Auch diese großen Pyramidenzellen halten sich an der unteren Grenze der für die III. Schicht angeführten Zahlen, haben also eine Größe von 30/15 µ, sie sind von 3- 4 Trabantzellen begleitet; ihr cephaler Fortsatz ist nicht so genau senkrecht gegen die Oberfläche gerichtet, sondern neigt sich wiederholt etwas nach der Seite. In jenen Partien von FA, wo keine Betzschen Riesenzellen vorkommen, also in den frontalen Teilen derselben, werden die großen Pyramidenzellen in dieser Lage der V. Schicht oft bedeutend größer und übertreffen vielfach dann auch sogar die entsprechenden Pyramidenzellen der IIIc-Schicht dieser Stellen an Größe; besonders in den ventralen Partien der vorderen Zentralwindung, in der Höhe also der III. Frontalwindung, ist dieses Verhalten recht auffällig. Neben den genannten Zellen kommen aber auch in allen Teilen der FA- Formation auch noch Riesenpyramidenzellen desselben Charakters und derselben Größe vor wie die oben besprochenen Riesenpyramidenzellen der IIIc-Schicht, ganz abgesehen von den kolossalen Betzschen Riesenpyramiden, die wir noch weiter unten für sich eigens besprechen werden. Diese einfachen Riesenpyramiden unterscheiden sich von den großen Pyramidenzellen, wie schon bei ihrer Besprechung in der III. Schicht hervorgehoben, nicht allein durch ihre Größe, die 50-60 µ Höhe zu 25 µ Breite beträgt, sondern auch sonst durch ihr massiveres Aussehen (s. auch Abb. 34 Nr. 5); ihr cephaler Fortsatz schließt sich nicht unmittelbar über dem Kern der Zelle als elegant sich verschmälernder schlanker, schaftförmiger Fortsatz an, sondern die Zelle bleibt auch oberhalb des Kernes massig breit bis zum seitlichen Abgang des ersten breiten seitlichen Dendriten, der in einer Höhe von 50 bis 60 µ von der Basis erfolgt, dann erst verschmälert sich stufenweise und ungleichmäßig der Zellschaft unter Abgabe breiter Äste. Der Kern der Zelle liegt nicht so an der Basis wie an den großen Pyramidenzellen; er ist viel größer und ebenso sein Kernkörperchen, er liegt mitten im Protoplasma, von deutlichen Tigroidschollen umgeben. Der Rest des Protoplasmas entfärbt sich bei der Differenzierung besser als an den großen Pyramidenzellen und erscheint lichter als an diesen; 4-5 Trabantzellen bilden das regelmäßige Geleite dieser Zellen. Natürlich finden sich alle Übergänge in Größe und Form von diesen Riesenpyramiden einerseits zu den Betzschen Kolossalzellen, andererseits wieder nach rückwärts zu den gewöhnlichen großen Pyramidenzellen. Ein Blick auf Tafel I bis IV macht das eben Gesagte verständlich.
Area praecentralis. 271
Das tiefste Drittel der V. Schicht endlich enthält neben mittelgroßen und großen Pyramidenzellen auch zahlreiche große spindelförmige Zellen; man findet hier oft Pyramidenzellen, deren Längsachse nicht genau zur Oberfläche senkrecht gerichtet ist und dreieckige Zellen, deren breitere Basis wieder nicht horizontal, sondern vertikal gestellt ist, an denen von deren Enden ein feiner Fortsatz gegen die Oberfläche und einer gegen die Tiefe zieht, während von dem horizontal gestellten Spitzenfortsatz kürzere Bündel weiter horizontal ziehen; z. B. an Tafel I die beiden Gruppen von Zellen H 19/B 10 cm und 20.2/12 cm. Von dieser eigentümlichen dreieckigen bis zur richtigen Spindelform finden sich alle möglichen Übergänge. Die meisten Zellen dieser tiefen Lage der V. Schicht (man könnte von einer Vb-Schicht sprechen) erscheinen eher plump, ungefähr 25/20 µ, mit deutlichem Kern von 10 µ und Kernkörperchen von 2 µ. Sie sind meist von 2-3 Trabantzellen begleitet. Auch kleine Spindelzellen kommen daneben schon vor. Diese (Vb-) Schicht bildet also die Übergangszone von V zu VI.
In der V. Schicht kommen ferner in dem größten Teile der FA-Formation, und zwar in deren caudalem größeren Abschnitt, die kolossalen, dickleibigen Betzschen Riesenzellen vor, die zuerst die Abgrenzung dieser „motorischen Zone" ermöglicht haben. Wir haben schon im allgemeinen Teile, 2. Kap., S. 47, 61, eingehend über die Eigentümlichkeiten dieser Zellen berichtet und verweisen hier auf das schon dort Gesagte. Diese allergrößten Zellen der Hirnrinde zeichnen sich außer durch ihre Dimensionen auch noch durch ihre tiefste Färbung aus. Die Tafeln I-IV weisen viele und verschiedene Exemplare dieser Zellen auf, die ohne weitere Bezeichnung an ihrer Größe und Tinktion unmittelbar zu erkennen sind. Sie erreichen 60- 120 µ Höhe bei einer Breite von 30-60 µ; sie sehen plump aus, burgunderflaschenförmig, mit eigentümlich weitem Hals und wurzelförmig aussehenden breiten, knorrigen Dendriten (vgl. Abb. 34, Nr. 6), welche von der Basis horizontal und nach abwärts ausstrahlen, so daß die Zelle, wenn sie zufällig durch einen Schnitt durch ihre Basis quer getroffen wird, sternförmig, wurzelartig oder polypenförmig verzweigt aussieht. Manchmal findet man statt der Flaschenform eine etwas gestrecktere mittelschlanke, grobe Pyramidenform, von deren oberem Ende ein breiter Fortsatz, der ungefähr die halbe Zellbreite hat, ausgeht und der bald mehrere dicke Seitendendriten abgibt, die oft beinahe zum Zelleib zu gehören scheinen, so daß derselbe nach oben eigentümlich massig und verbreitert aussehen kann. Die Anzahl der breiten Dendriten, welche von der Zelle ausgehen, kann auf einem Schnitte von 25 µ Dicke 10-15 überschreiten, so daß man wohl kaum fehlgehen wird, wenn man die tatsächliche Anzahl der abgehenden stärkeren Dendriten mit 20-30 abschätzt. Der Kern ist äußerst groß, farblos, blasenförmig rund 25 µ im Durchmesser und enthält ein dunkelgefärbtes, ungefähr in der Mitte liegendes 4- 7.5 µ großes Kernkörperchen. Der Kern liegt nicht wie bei den Pyramidenzellen an der Basis, sondern im allgemeinen in der Mitte der Zelle, oft ein bißchen exzentrisch; er zeigt eine deutliche Kernmembran. Häufig findet man an der Basis der Zelle einen größeren oder kleineren Pigmenthaufen von Lipoidsubstanz und gelben Pigmentschollen; nicht selten, besonders bei älteren Individuen, ist dieser Pigmenthaufen so groß, daß er den Kern auf die Seite drückt. Sehr typisch für die Zellen sind ferner die deutlichen Tigroidschollen, die eine Größe von 5 µ und mehr erreichen können, und weit in die Dendriten hinein verfolgt werden können. Alle diese Einzelheiten des Zellinneren, welche auf den Originalplatten unserer Aufnahmen noch zu sehen sind, treten auf unserer, zur besseren Wiedergabe der Zellformen und Zellfortsätze dunkel gehaltenen photographischen Kopien leider nicht mehr zutage; man sieht auf unseren Tafeln meist bloß die Zellsilhouetten. Die Trabantzellen sind in sehr großer Anzahl vorhanden, 5-12 an jeder Zelle, zum Teil zu zweit zwischen den Dendriten, meist an deren Abgangsstelle und an der Basis gelagert, einzelne aber auch im Verlaufe der Dendriten, dieselben gleichsam begleitend. Der cephale Fortsatz oder Schaft ist meist gegen die Oberfläche gerichtet, äußerst selten kommt es vor, daß er nach einer anderen Richtung zieht, evtl. sogar nach abwärts, z. B. Tafel IV H 7/B 24 cm, um vielleicht dann später wieder gegen die Oberfläche umzubiegen. Der Schaft zieht nach CAJAL immer bis in die I. Schicht, wo er sich pinselförmig aufsplittert. Der immer von der Basis entspringende Achsenzylinder zieht senkrecht ins Mark und gibt auf dem Wege dahin im Rindengrau noch seitliche Kollateralen ab. Die Betzschen Riesenzellen kommen hauptsächlich in den tieferen Partien der V. Schicht vor, und zwar zwischen dem 2. und dem 3. Drittel der V. Schicht, meist zu kleineren Gruppen zu 3-5 Stück gelagert (vgl. Tafel I); sie kommen aber auch in den tiefsten Lagen der V. vor, können bis nahe an die VI. rücken, besonders, wie wir später noch besprechen wollen, im Parazentralläppchen, z. B. Tafel IV. Ganz vereinzelt kommen, wie gesagt, Betzsche Zellen auch disloziert in der IV. Schicht oder in der III. Schicht vor, relativ noch am häufigsten in IIIc. Neben diesen ganz kolossalen Betzschen Zellen, welche also dieselben Größenmassen aufweisen wie die großen Vorderhornzellen des Lumbalmarkes, sieht man auch kleinere, die bloß die plumpe Form der Betzschen Zellen mit den relativ dicken, wurzelförmig sich ausziehenden Dendriten, den lichten, mitten in der Zelle gelegenen runden Kern und tiefgefärbtes Kernkörperchen sowie deutliche Tigroide haben, dabei aber bloß die Größe von 30-40 µ erreichen; sie kommen in der gleichen Höhenlage wie die Betzschen Zellen in der V. vor, meist zu Gruppen mit mehreren der kolossal großen Betzschen Zellen vereint, und sind auch nichts anderes als solche Betzsche Riesenzellen geringeren Kalibers; auf Tafel I-IV ist dies unmittelbar zu sehen. Auch solche kleine Betzsche Riesenzellen können zufällig in allen anderen Schichten der FAγ disloziert vorkommen und sind von den übrigen z. B. in IIIc oder in Va vorkommenden (nicht Betzschen) Riesenpyramiden nur an ihren plumpen Formen und wurzelartigen Fortsätzen zu unterscheiden. Oft natürlich ist die Unterscheidung eine recht schwere, da Übergangsformen aller Arten vorhanden sind.
272 Das Stirnhirn.
Area praecentralis. 273
Wie gesagt, kommen die Betzschen Riesenzellen nicht in der ganzen Area praecentralis FA vor, sondern hauptsächlich in der hinteren Wand der vorderen Zentralwindung, sowie im Windungstal der Rolandoschen Furche, sogar zum Teile in den tiefsten Partien der Vorderwand der hinteren Zentralwindung vor. Sie reichen jedoch in dorsalwärts zunehmendem Maße auf die Kuppe, auch besonders in den oberen Partien der vorderen Zentralwindung sogar über die ganze Kuppe derselben vor und an der Mantelkante sogar über dieselbe hinaus, wie wir gleich weiter sehen werden. Wir wollen jenen Teil der Formation FA, in der diese höchst auffallenden und beinahe makroskopisch schon sichtbaren Gebilde vorkommen FAγ nennen, und da sie sich sonst in nichts von der übrigen FA unterscheiden, höchstens dadurch, daß die IIIc-Schicht etwas kleinere Pyramidenzellen großen Kalibers zu enthalten scheint, als dort, wo keine Betzschen Zellen vorkommen, mit Rücksicht auf die kolossale Größe der Betzschen Zellen und im Einklange mit den früheren Forschern sie als Area praecentralis gigantopyramidalis bezeichnen. In der Operculargegend der vorderen Zentralwindung nimmt diese Riesenzellenformation, wie unsere areale Hirnkarte Abb. 92, zeigt, bloß das Windungstal und die tiefsten Abhänge der hinteren Wand der vorderen Zentralwindung ein, breitet sich aber nach oben immer mehr über die vordere Zentralwindung aus, so daß sie noch in der Höhe der dritten Stirnwindung schon die hintere Windungskante erreicht hat, in der Höhe der zweiten Frontalwindung aber schon das hintere Drittel der Kuppe erreicht (während die übrige FA hier beinahe bis an die vordere Kante der Zentralwindung reicht) (s. auch Abb. 133a). In der Höhe des ventralen Ansatzes der ersten Frontalwindung an die vordere Zentralwindung reicht die Formation FAγ bis über die Mitte der Kuppe nach vorn hinüber und breitet sich dann, weiter dorsalwärts, rasch über die ganze vordere Zentralwindung aus und füllt auch dabei zugleich die ganze FA-Formation aus, so daß in dieser Höhe keine FA-Formation ohne jene Betzschen Riesenzellen mehr anzutreffen ist; bevor die obere Mantelkante des Gehirns erreicht ist, ist auch schon die ganze vordere Wand der vorderen Zentralwindung im Sulcus praecentralis von der gigantopyramidalen Formation eingenommen und sogar auf den hintersten Abschnitt der ersten Frontalwindung reicht sie hinüber. Im Parazentralläppchen sind die Betzschen Zellen am zahlreichsten und reichen, wie wir später sehen werden, auch am weitesten frontalwärts. BETZ hat im Jahre 1874 diese Zellen entdeckt und gleich erwähnt, daß dieselben nicht eigentlich in einer Schicht, sondern Nester bildend vorkommt; Tafel I zeigt dies sehr deutlich. Sie kommen auch stellenweise vereinzelt „solitär" vor, z. B. auf Tafel II; im Parazentralläppchen dagegen sind sie beinahe zu einer ein- und zweizelligen Schicht geordnet (Tafel III und IV). Über ihre Verteilung haben BEVAN LEWIS und HENRY CLARKE sowie CAMPBELL eingehende Untersuchungen angestellt; wir wollen Näheres darüber in §5 anführen. Im Windungstal der Rolandoschen Furche ist die V. Schicht von der VI. Schicht durch eine schmale lichte, zellarme Zone getrennt und die Betzschen Zellen ziehen über dieses Windungstal auch auf die hintere Zentralwindung, wenigstens auf deren untersten Abschnitt hinüber; doch hat hier die Rinde nicht mehr dieselbe Konfiguration wie in der hinteren Wand der vorderen Zentralwindung; sie ist hier schon durch eine innere Körnerschicht und durch eine radiäre Streifung ausgezeichnet und wir werden diese Zone bei Besprechung der Areae der hinteren Zentralwindung und des oberen Parietalläppchens näher besprechen, als Area PA, Area postcentralis gigantopyramidalis.
VI. Die Spindelzellenschicht schließt sich unmittelbar an die V. Schicht an. Der Übergang von der V. zur VI. Schicht vollzieht sich sehr allmählich, so daß eine scharfe Grenze nicht gezogen werden kann, auch nicht bei mikroskopischer Betrachtung, da ja die tiefsten Teile von V bereits zahlreiche spindelförmige Zellen enthalten (vgl. S. 270). Auch nach abwärts gegen das Mark ist die Grenze der VI. Schicht eine äußerst unscharfe; sie ist von großen spindelförmigen Zellen bevölkert, welche sie sehr deutlich von der übrigen über ihr liegenden Partie der Rinde, welche hier bloß Pyramidenzellen enthält, unterscheidet. Sie ist aber auch etwas zellärmer und im allgemeinen auch zellkleiner, also weniger zelldicht als die übrigen Rindenschichten der FA, und da ihre Zellen weniger chromatinreich sind und sich weniger dunkel färben, erscheint sie aus all diesen Umständen auch lichter als die ganze übrige Partie der Rinde, was schon mit freiem Auge zu sehen ist. Ferner sieht man in ihr ziemlich deutlich den Ansatz zu einer radiären Streifung. Die große Überzahl der in ihr vorkommenden Zellen ist, wie gesagt, spindelförmig. Diese Spindelzellen machen das Charakteristische des Aussehens dieser Schicht aus; daneben kommen wohl nur vereinzelt Pyramidenzellen mittlerer Größe vor, ferner in gerade nicht sehr spärlicher Anzahl auch Körnchenzellen und, mehr als in den anderen Schichten, Gliakerne, letztere wohl als Begleitzellen der zahlreichen einstrahlenden radiären Markbündel. Man kann die VI. Schicht in zwei Etagen einteilen, in die obere VIa- und die tiefere VIb-Schicht. Die VIa enthält 25-35 Zellen pro 0.1 mm3, die VIb bloß 15 Zellen. Die Spindelzellen der ersteren haben dazu noch ein größeres Kaliber als die der letzteren; die radiäre Streifung ist in dieser oberen Partie weniger deutlich ausgeprägt als in der tieferen, und man sieht an überfärbten Schnitten an ihr noch deutlich die Grundsubstanz des Rindengraus, während in der VIb infolge der zahlreichen radiären Bündel dieses Rindengrau bloß in der allernächsten Umgebung der Zellen zu finden ist, weil hier dazwischen die aufsteigenden Markfasern die Hauptmasse des Grundgewebes bilden. Die VI. Schicht ist am Culmen am breitesten; sie erreicht hier Werte von 1.4-1.8 mm und sogar mehr, wenn man die tiefer ins Mark reichenden Teile der VIb-Schicht auch mitrechnet; denn da dieselbe bloß sehr allmählich zwischen den radiär einstrahlenden Markbündeln ihre Zellen verliert, ist es ohne weiteres möglich, auch viel tiefere Abschnitte derselben, als wir es tun, noch zur Rinde zu rechnen. Die VIa-Schicht allein mißt schon 0.8-1.0 mm. In der Wandung dagegen ist es die VI. Schicht, welche am meisten an Dicke verliert, wie wir schon gelegentlich bei der Besprechung der Abb. 67, gesagt haben; an dieser Verschmälerung nimmt zwar ihre Lage VIa auch teil, doch geschieht die Verschmälerung hauptsächlich und am raschesten in ihrer Lage VIb, die im Windungstal beinahe ganz verschwindet oder höchstens 0.1 mm noch beträgt, während wir im Windungstal für die VIa-Schicht noch immer 0.3 mm Dicke messen können. Diese Verschmälerung im Tal erfolgt erst in der Tiefe der Wand, nahe dem Talgrunde selbst, denn im unteren Drittel der Windungswand mißt die VIa-Schicht noch immer 0.7 mm und fällt erst von hier aus plötzlich ab. Die VIb-Schicht dagegen verschmälert sich schon an der Windungskante in ganz auffallendem Maße. Wir sehen daraus, daß die Verschmälerung, welche die Rinde der FA-Formation in der Wand erfahrt, überhaupt größtenteils auf Kosten der VIb-Schicht erfolgt.
274 Das Stirnhirn.
Die Spindelzellen der VI. Schicht haben eine recht verschiedene Größe und auch recht verschiedene Formen; die meisten von ihnen sind wirklich längsovale Spindeln; aber auch dreieckig spindelförmige Zellen oder Doppelspindeln, oder auch halbmondförmig gebogene Zellen kommen nicht selten vor, wie wir sie schon Abb. 36 abgebildet haben. Da auch Pyramidenzellen und Körnerzellen unter ihnen vorkommen können, ist der Name der polymorphen Zellschicht, den man der VI. gegeben hat, ebenfalls vielleicht berechtigt. Doch sind die meisten Elemente doch spindelförmig, und zwar mit ihrer Längsachse von der Tiefe gegen die Oberfläche gerichtet; nur im Windungstale ändert sich ihre Lage, da sie an der Stelle, wo sie die Talsohle überbrücken, meist mit ihrer Längsachse horizontal gestellt sind. Der obere und der untere Fortsatz der Zelle sind meist sehr weit ins Gewebe verfolgbar, und da sie aus einer allmählichen Verdünnung des spindelförmigen Zelleibes entstehen, ist es sehr schwer, die richtige Größe des Zelleibes selbst anzugeben. Die Zellen sind nicht sehr protoplasmareich, eher schmächtig und schlank; der Kern relativ sehr groß. Durchschnittlich haben die Zellen eine Länge von 30 µ und eine Breite von 15 µ in der VIa Schicht, während sie nach abwärts immer kleiner werden und in der VIb-Schicht bloß 10 µ Höhe auf 7 µ Breite aufweisen. Der Kern liegt in der Mitte des Höhendurchmessers und meist seitlich etwas an die Wand gedrückt; er enthält ein deutliches Kernkörperchen, das ebenfalls meist exzentrisch liegt; der Kern ist längsoval, mit seiner Längsachse in der Längsachse der Zelle stehend, bei großen Spindelzellen von 12 µ zu 6 µ Größe. Das Kernkörperchen mißt ca. 2 µ. Am oberen und unteren Ursprung der Fortsätze ist eine Ansammlung krümliger Schollen zu sehen, aber auch der übrige Zellkörper und ebenso der Kern nehmen Farbe an. Die Zellen sind regelmäßig von Trabantzellen begleitet, und zwar die größeren von 2-3, die kleineren von einer allein. Jedenfalls sind die Spindelzellen relativ reicher an Trabantzellen, als es die Pyramidenzellen im Durchschnitte sind. Gegen die Windungstäler zu sind die Zellen der VIa-Schicht so sehr aneinander gedrängt, daß sie das Tal wirklich als eine deutliche, dichte, schmale Zellschicht passieren. Der Übergang zum Mark erfolgt, wie gesagt, sehr allmählich und es finden sich normaliter im Mark der Windung sogar in 1.2 cm von der Rindenoberfläche noch vereinzelte, relativ große Spindelzellen, also in Tiefen, die drei- bis viermal die Rindenbreite ausmachen. Im VIb selbst sind die Gliakerne, welche den Markstrahlen entsprechen, zu kleinen, senkrechten Zügen geordnet.
Area praecentralis. 275
Der größte Teil der vorderen Zentralwindung ist also von der eben besprochenen Formation eingenommen (s. Areales Schema Abb. 92, 93, 94, 95); sie entspricht ungefähr genau der Regio praecentralis CAMPBELLs (Abb. 1, 2) und auch dem Felde 4 der Area gigantopyramidalis BRODMANNs (Abb. 6, 7). Sie steigt aus dem Tale der Rolandoschen Furche frontalwärts auf die vordere Zentralwindung auf und reicht am Parazentralläppchen am weitesten nach vorn, ungefähr 3 cm weit vor dem Haken, den die Zentralfurche an der Mantelkante bildet. An der Konvexität des Gehirns reicht sie an der Mantelkante selbst in die Vorderwand der vorderen Zentralwindung bis zum Grunde der Furche, die sie vom Fuße der ersten Frontalwindung trennt, d. h. die rückwärtige obere Gabelung des Sulcus praecentralis superior. Nur selten steigt sie aus dieser Talfurche auch auf die hintere Wand des Fußes der ersten Frontalwindung hinauf. Sie nimmt also an der Mantelkante die ganze vordere Zentralwindung in ihrem ganzen Querschnitte ein. Von hier aus überzieht die Formation FA die vordere Zentralwindung bis zur Sylvischen Grube, d. h. bis zum Operculum, wo sie ganz schmal endet. An Abb. 92, ferner an Abb. 133 b und Abb. 135a, b, c kann man dieses untere ventrale (operculare) Ende der Area FA sehen. Von ihrer größten Breite an der Mantelkante bis zu diesem unteren Ende am Operculum zieht sie sich allmählich verschmälernd nach abwärts, und zwar derart, daß ihre hintere Grenze immer nahe an der Talsohle der Zentralfurche bleibt, aber meist noch auf der Hinterwand der vorderen Zentralwindung, während ihre vordere Grenze, je weiter ventral sie rückt, auch gleichzeitig etwas weiter zurücktritt, bis sie zuletzt selbst übers Culmen und über die hintere Kante der vorderen Zentralwindung in der Hinterwand derselben verschwindet und am Operculum Rolando mit der hinteren Grenze in der Tiefe der Furche verschmilzt. Diese Verschmälerung geht recht allmählich vor sich; in der Höhe des unteren Teiles der ersten Frontalwindung ist die vordere Begrenzungslinie der Area praecentralis so weit aus der Präzentralfurche herausgetreten, daß sie an der vorderen Kante der vorderen Zentralwindung liegt; in der Höhe der zweiten Frontalwindung nimmt sie bloß mehr zwei Drittel der Kuppe der vorderen Zentralwindung ein; in der Gegend der dritten Frontalwindung findet sich die Grenze auf der hinteren Hälfte der Kuppe, und von hier aus verliert sie sich dann rasch innerhalb der hinteren Wand der vorderen Zentralwindung. Sie nimmt also ein dreieckiges Gebiet ein, dessen breite Basis auf dem Parazentrallappen und dessen stumpfe Spitze auf dem Operculum Rolando liegt. Dies ist die Formatio praecentralis FA. Innerhalb derselben liegt die durch das Vorkommen der Betzschen Riesenzellen ausgezeichnete Area gigantopyramidalis FAγ, welche mit ihr bis auf diese Riesenzellen wesensgleich ist und das Gebiet der Area praecentralis, wie wir gleich sehen werden, zum Teile ganz, zum Teile bloß in dessen hinteren Partien ausfüllt. Im Gebiete des Parazentralläppchens, nämlich an der Mantelkante und noch im allerobersten Teile der Konvexität, füllt dieser die Betzschen Riesenzellen führende Teil FAγ das ganze Gebiet von FA aus. In der Höhe der unteren Hälfte der ersten Frontalwindung reicht dagegen die gigantopyramidale Formation schon bloß bis zu zwei Dritteln der Kuppe der vorderen Zentralwindung, während die FA-Formation noch in die vordere Wand der Zentralwindung hineinreicht (Abb. 92). In der Höhe der zweiten Frontalwindung reicht die gigantopyramidale Formation aus der Tiefe der Rolandoschen Furche bloß noch bis zum rückwärtigen Drittel der Kuppe der vorderen Zentralwindung, und schon unmittelbar darunter finden sich Betzsche Riesenzellen bloß noch in der Tiefe der Wandung der vorderen Zentralwindung in der Rolandoschen Furche, wo gleichzeitig die Betzschen Zellen auch an Zahl und Größe abnehmen. Im unteren Abschnitte der vorderen Zentralwindung findet man überhaupt bloß im Tal der Rolandoschen Furche und dessen unmittelbarer Nachbarschaft noch Betzsche Riesenzellen. Doch scheinen hier betreffs der Häufigkeit des Vorkommens derselben und der Ausdehnung ihres Gebietes sowohl in dorsoventraler als in frontocaudaler Richtung ziemlich große individuelle Unterschiede zu bestehen. Wie wir noch in §6 des näheren sehen werden, rechnen wir zur Area praecentralis FA ein weiteres Gebiet als die meisten übrigen Autoren; die meisten zählen bloß ihren mit Betzschen Zellen versehenen caudalen Anteil zu ihr, FAγ, also die Area gigantopyramidalis. Wir wollen uns aber nicht an einzelne Zellen halten, um die Grenzen einer Area zu bestimmen, sondern soweit als möglich an das Gesamtbild. Die Area FA hat nun ihren eigenen Typus unabhängig vom Vorkommen der Betzschen Zellen auch dort, wo diese nur sporadisch vorkommen oder an dem einen oder ändern Schnitt auch fehlen (s. auch Abb. 117 bei A nach CAMPBELL). Auch in jenen ventralen Teilen von FA, wo in der Regel keine Betzschen Zellen in ihr mehr zu sehen sind, kommt es ab und zu vor, daß in V eine Riesenzelle auftritt. - Da nun die nächstfolgende frontaler gelegene Area FB einen anderen Bau hat als FA, halten wir es nicht für angezeigt, den frontalen Teil von FA zu FB zu rechnen, sondern ziehen unsere Einteilung vor.
276 Das Stirnhirn.
Wir haben schon bei Besprechung der V. Schicht erwähnt, daß die kolossalen Betzschen Zellen häufig als Zellnester vorkommen; diese Nester kann man nach den Untersuchungen der englischen Forscher LEWIS, CLARKE und CAMPBELL nach ihrer Anzahl in Gruppen einteilen. Abb. 117a, b zeigen nach CAMPBELL die Verteilung der Betzschen Riesenzellgruppen in der vorderen Zentralwindung und am Parazentrallappen. Eine derartige Gruppe von speziell kolossal großen Zellen nimmt die hinteren zwei Drittel des Lobus paracentralis ein, an der medianen Fläche des Gehirns 1). [footnote p 276 1) Die schwarzen Kreise auf der Abb. 117 bedeuten nicht diese Zellgruppen! Siehe diesbezüglich den Text dieser Abbildung und ferner S. 291.] Eine zweite besonders zellreiche Gruppe findet sich an dem oberen Ende der vorderen Zentralwindung, besonders in deren hinteren Wand noch knapp lateral von der Mantelkante. Die dritte große Gruppe liegt auf dem Culmen der vorderen Zentralwindung in der Höhe der unteren Hälfte der ersten Frontalwindung; die vierte Gruppe unmittelbar über dem Knie der vorderen Zentralwindung, ungefähr in deren hinteren Windungskante. Unter dem Knie der Zentralwindung befindet sich ein Gebiet A, in welchem nur sehr spärlich Betzsche Zellen vorkommen, nämlich in der Höhe der zweiten Frontalwindung, und zwar ihres oberen Teiles. Unter dieser riesenzellenarmen Strecke liegt dann die fünfte stärkere Gruppe Betzscher Riesenzellen zum Teil auf der hinteren Partie des Culmen und zum Teil in der hinteren Windungswand der vorderen Zentralwindung liegend; darunter liegen noch zwei kleinere Gruppen, die sechste und die siebente, im untersten Abschnitte der Höhe der zweiten Frontalwindung und dem oberen Abschnitte der Höhe der dritten Frontalwindung, beide in der hinteren Wand der vorderen Zentralwindung. Diese zwei letzten Gruppen sind jedoch nicht ganz konstant. Neben den angeführten größeren und wichtigeren Gruppen kommen aber natürlich außerdem noch alleinstehende Betzsche Zellen im ganzen Gebiete von FAγ vor; die Gruppen bilden bloß ganz besonders zellreiche Ansammlungen dieser Riesenzellen.
Die an Riesenzellen arme Zone der vorderen Zentralwindung zwischen der genannten vierten und fünften Gruppe soll nach CAMPBELL der Stelle entsprechen, wo die dorsale und die ventrale embryonale Anlage der Zentralfurche zusammentreffen. CAMPBELL schätzt die Anzahl aller Betzschen Zellen insgesamt auf ungefähr 25000. Die Größe derselben ist eine recht verschiedene. Speziell nahe der Mantelkante und auch im Parazentralläppchen sind die größten; oberhalb des Knies der vorderen Zentralwindung sind diese Riesenzellen schon kleiner, am kleinsten sind sie im ventralen Abschnitte der vorderen Zentralwindung. Natürlich kommen jedoch größere und kleinere nebeneinander in allen diesen Gebieten vor, und die obige Größenangabe ist bloß als ein Durchschnitt aufzufassen. Sehr verschieden ist auch die Zellzahl pro Schnitt, sie kann ein ungefähres Bild über die Anzahl und Verteilung der Betzschen Zellen geben. Im Parazentralläppchen fand CAMPBELL 30 Betzsche Zellen pro Schnitt. An der Mantelkante selbst bloß 2 (?), an der vorderen Zentralwindung in der Höhe der ersten Frontalwindung, von oben dorsal nach unten ventral vorgehend, 30, 40 und 20 pro Schnitt. In der Gegend des Knies der vorderen Zentralwindung 9, 3 und 3. In der Höhe der zweiten Frontalwindung zählte er an verschiedenen Schnitten, ventral vorschreitend 17, 5, 10, 11, 3 und 4 Zellen, weiter unten angeblich nur sporadisch noch die eine oder die andere Zelle. Nebenbei sei gesagt, daß der englische Forscher die Gruppe 1 als motorische Gruppe für Fuß- und Unterschenkelbewegungen, Gruppe 2 für Oberschenkel-, Becken- und Analmuskelbewegungen bezeichnet; die Gruppe 3 soll den Bewegungen des Oberschenkels vorstehen usw. (s. S. 291). Jedenfalls ist immer der Sulcus Rolando der Ausgangspunkt, von welchem die Betzschen Zellen aus in größerer oder geringerer Ausdehnung auf die Oberfläche der Windung übergreifen.
Area praecentralis. 277
Abb. 117a und b. Verteilung der Betzschen Riesenzellen auf der Kuppe der vorderen Zentralwindung: durch die feine Punktierung dargestellt nach CAMPBELL. Abb. a Konvexität; Abb. b Parazentralläppchen an der Medianfläche. Die schwarzen Kreise bedeuten Ausfälle von Riesenzellgruppen nach partiellen Gliedmaßenamputationen. Beschriftung: A Stelle der vorderen Zentralwindung, an der nach CAMPBELL normaliter die Reihe der Riesenzellen unterbrochen ist (Stelle einer embryonalen Übergangswindung); F1, F2 erste und zweite Stirnwindung; cm Sulcus callosomarginalis. 3 (an Medianfläche) und 2 (an Mantelkante) Zellgruppen, die bei Amputationen des Beines unterhalb des Knies Ausfälle aufweisen; 1 dasselbe bei Amputationen im Kniegelenk, bei denen auch die Oberschenkelmuskulatur außer Funktion gesetzt ist; 3a dasselbe bei Handamputation; 1a dasselbe bei Amputation der Oberextremität im Schultergelenk, jedoch bei erhaltener Schultermuskulatur; 2a dasselbe wie 1a, jedoch mit Atrophie der Schultermuskulatur (CAMPBELL).
Über die obere Mantelkante greift das obere Ende des Sulcus Rolando auf die mediane Hirnseite schief nach hinten und unten gegen den Sulcus callosomarginalis, erreicht jedoch denselben nicht, sondern endet oben im Parazentralläppchen. Abb. 118 gibt nun ein Bild CAMPBELLs wieder, auf welch individuell verschiedene Art sich die gigantopyramidale Formation im Verhältnis zum Sulcus Rolando und callosomarginalis und der Präzentralfurche an dem Parazentralläppchen ausbreitet. Man sieht, wie dieselbe immer wieder aus der Tiefe der Rolandoschen Furche emporsteigt und schief nach vorn und unten gegen den horizontalen Hauptast des Sulcus callosomarginalis zieht; denselben erreicht sie jedoch gewöhnlich nicht, sondern sie umzieht bloß basal das Grübchen des Parazentralläppchens und senkt sich dann in den Sulcus paracentralis, in dessen jenseitiger vorderer Wand sie gewöhnlich endet. (bez. der Bezeichnungen, s. Abb. 22). Abb. 119, die ebenfalls dem Werke CAMPBELLs entnommen ist, zeigt die Ausbreitung der Riesenzellen einerseits an der medianen und lateralen Hirnoberfläche, andererseits an einer Schnittserie von 19 Schnitten, die vom Parazentrallappen bis zum Operculum reicht. Die Stellen, die Riesenzellen führen, sind punktiert und die Dichte der Punktierung gibt ein Maß für die ungefähre Zellzahl (daneben ist mit Kreuzen in der hinteren Zentralwindung der Koniocortex markiert, worüber wir später sprechen werden). Auch bei Tieren ist die motorische Zone durch diese Betzschen Riesenzellen charakterisiert. Bezüglich der Größe, die sie bei verschiedenen Tieren erreichen, verweisen wir auf S. 63.
278 Das Stirnhirn
Abb. 118. Parazentralläppchen, sechs verschiedene Arten der Ausbreitung der Area gigantopyramidalis an der Medianfläche zeigend (CAMPBELL). R Rolandosche Furche; cmg Sulcus callosomargnalis (die linke Seite der Bilder ist die frontale). Grenze der Area gigantopyramidolis gestrichelt.
Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß die FA-Formation cytoarchitektonisch durch folgende Merkmale ausgezeichnet ist. Sie ist die breiteste Rindenformation und kann bis über 4.5 mm breit werden. Sie überzieht Kuppe und Wand der vorderen Zentralwindung, dabei ziemlich gleichmäßig in ihrer Dicke bleibend; sie geht nur sehr allmählich ins Mark über; sie ist mittelzellreich, sehr zellgroß; die Zellen sind ziemlich regellos über die ganze Querschnittsfläche verteilt; die meisten derselben sind Pyramidenzellen, sie nehmen mehr als zwei Drittel der oberen Partie des Rindenquerschnittes ein, darunter befindet sich eine Schicht von Spindelzellen. Die Zellen der FA sind schon im allgemeinen die größten der Hirnrinde, außerdem kommen aber in der V. Schicht, und zwar speziell in den caudaleren Partien dieser Formation, ganz kolossal große Zellen vor, die zu den größten nicht nur der Hirnrinde, sondern des menschlichen Nervensystems überhaupt gehören und nur von den ganz großen Vorderhornzellen des Lumbalmarkes noch an Größe übertroffen werden (Betzsche Riesenzellen). Die Formation ist agranular (Abb. 70); die IV. Schicht und die II. Schicht fehlen größtenteils ganz und sind nur in den Wänden der Windungen noch etwas besser angedeutet. Die Formation FA (und FAγ) ist also eine heterotypische und gehört zum Rindentypus 1 (Abb. 88). Kurz zusammengefasst sind die einzelnen Schichten, wie wir schon vorhin bemerkt haben, durch folgende Merkmale ausgezeichnet:
Area praecentralis. 279
Abb. 119. Ausbreitung der Area gigantopyramidalis (Punkte) und des Koniocortex der sensorischen Tastrinde, Area postcentralis oralis (Kreuze) in den Wunden des Sulcus Rolando (Rol.) und auf der Oberfläche an einem Bilde der Medianfläche, einem Bilde der Konvexität des Großhirns und an einer Schnittserie 1-19 durch beide Zentralwindungen. Schnitt 1 fällt ins Parazentralläppchen, Schnitt 19 ins Operculum des Lobus centralis. (CAMPBELL)
I. 0.2 mm; absolut dick, relativ eher schmal, im Tal am breitesten; Nervenzellen von 5/6 µ Größe; in geringer Anzahl; kernreichere Oberschicht Ia, kernärmere Unterschicht Ib.
280 Das Stirnhirn.
II. bildet keine besondere Schicht, nur auf sehr dicken Schnitten geringe Verdichtung der obersten Zelllage der III. Schicht bemerkbar als III(II); kleinste Zellen meist Pyramidenform, 7/8 µ; nur ganz selten Körnchenzellen.
III. 1.4 mm; äußerst breit, am Culmen und an der Wand, sowohl Pyramidenzellen der II. Schicht als der IV. Schicht in sich aufnehmend, Zellen ziemlich regellos über die Oberfläche verteilt; von der Oberfläche nach der Tiefe allmählich an Größe zunehmend, kann in folgende Unterschichten geteilt werden: III(II), kleinste Pyramidenzellen 7/8 µ; IIIa kleine Pyramidenzellen 12/10 µ; IIIb mittlere Pyramidenzellen 25/15 µ; IIIc große Pyramidenzellen 40/18 µ; III(IV) mittlere Pyramidenzellen 20/10 µ, entspricht dem oberen Teil der inneren Körnerschicht granulärer Abschnitte. Die III. Schicht geht allmählich und ohne scharfe Grenze im Gebiete, wo sich sonst die IV. innere Körnerschicht befindet, unmittelbar in die Pyramidenzellen der V. Schicht über.
IV. bildet also keine eigene Schicht, sondern ist von mittelgroßen Pyramidenzellen eingenommen, deren obere Partie zu der III. Schicht, deren untere zu der V. Schicht gehören. Nur in der Tiefe der Windungswand in der Rolandoschen Furche, ferner am Parazentralläppchen und am Opercularteile der FA Formation besteht eine wirkliche innere Körnerschicht aus locker gefügten Körnerzellen von 4/6 µ bis 8/10 µ Größe.
V. 0.9 mm; absolut und relativ sehr breit, am Culmen am breitesten, in der Wand nur wenig abnehmend, in der Talgegend dagegen rapid. Zellreichtum, Zellgröße und Zellform ähnlich wie in IIIb und IIIc, jedoch um eine Spur kleiner und etwas weniger tief gefärbt. Daneben Betzsche Riesenzellen von 60-120 / 30-60 µ Größe; am zahlreichsten und größten im Parazentralläppchen und den dorsalen Partien der Zentralwindung, ventralwärts abnehmend, nicht im ganzen Gebiete von FA vorhanden, sondern bloß in dessen caudaleren Partien, besonders in der Wand der Rolandoschen Furche, nur in der Mantelkantengegend bis in die vordere Windungswand der Zentralwindung reichend.
VI. 1-1.5 mm; absolut und relativ äußerst breit, am Culmen und an der Windungskante am breitesten, in der Wand deutlich abnehmend, im Tal bloß 0.1-0.2 mm; Andeutung von radiärer Streifung; geht ins Mark nur sehr allmählich über; VIa zellreicher, zellgrößer, zelldichter, 30/15 µ große Spindelzellen; VIb zellärmer, zellkleiner, 20-15 / 13-10 µ groß, von Markfaserzügen durchzogen, vereinzelte Zellen bis zu 12 mm tief im Mark noch zu sehen.
Derart gebaut, überzieht diese cytoarchitektonische Formation den größten Teil der vorderen Zentralwindung, und zwar oben dorsal die ganze vordere Wand, die Oberfläche und hintere Wand derselben; in der Höhe der zweiten Frontalwindung reicht sie aber bloß bis zur Hälfte der Oberfläche der vorderen Zentralwindung und zieht sich allmählich immer weiter zurück, während ihre gigantopyramidale caudale Partie rascher als die übrige in der Tiefe der Zentralfurche, je weiter man ventralwärts geht, verschwindet. Immerhin ist die Ausdehnung der gigantopyramidalen Rinde keine geringe. Bei Lemuren macht sie 10% der Gesamtrindenoberfläche aus; beim Affen beträgt sie 5% derselben. Sie nimmt also in der Tierreihe aufwärts im Verhältnis zu der übrigen Rindenoberflächenentwicklung prozentuell ab, obschon sie, absolut genommen, mit dem übrigen Hirn auch zunimmt. So soll sie nach BRODMANN für den Menschen bloß 1% der Gesamtrindenoberfläche betragen. Doch ist diese Angabe sicher viel zu niedrig; die Rolandosche Furche allein hat 10-12 cm Länge und eine Tiefe von 1-1.5 cm; da die vordere Wand derselben in ihrer ganzen Ausdehnung größtenteils Riesenzellen enthält, so entfallen allein auf diese 1.200 bis 1.500 mm2; die Ausdehnung über die Kuppe und die Vorderwand der Zentralwindung an den dorsalen Teilen der Konvexität und am Parazentralläppchen dürfte diese Zahl ohne weiteres auf 2.200 mm2 pro Hemisphäre, d. i. 4.400 mm2 Gesamtoberflächenausdehnung bringen; dies ist aber 2% der Gesamtrindenoberfläche, wenn wir diese durchschnittlich mit 220.000 mm2 annehmen; also das Doppelte von dem von BRODMANN angegebenen Betrag. Ungefähr dieselbe Ausdehnung nimmt auch die Oberfläche der Calcarinarinde (Area striata) ein, wie wir noch später sehen werden.
Nun zeigt diese Formation, die ein so ausgedehntes Gebiet einnimmt, natürlich nicht durchwegs dieselbe Zusammensetzung, wir haben ja schon die Unterschiede in der Dicke, die zwischen den dorsalen und ventralen Partien bestehen, hervorgehoben, ebenso den Unterschied zwischen der gigantopyramidalen Partie (Tafel I) und dem vorderen Teil ohne Riesenzellen hervorgehoben (Tafel V), sowie das Auftreten der Körnerschicht in ihr in der Wand der Rolandoschen Furche (Tafel II) erwähnt. Wir wollen noch hier näher eine lokale Modifikation der Formation FA besprechen, und zwar die des Parazentralläppchens (Tafel III und Tafel IV). Hier zeigt die Rinde durchwegs eine bis zwei Reihen Betzscher Riesenzellen in der V. Schicht; wir haben also die Area FAγ vor uns, jedoch ist hier die Rinde im ganzen bedeutend schmäler und beträgt bloß 2.6- 3.0 mm, ohne daß dabei die Architektur sonderlich geändert wäre. Die Schichtendicke ist bei 2.8 mm Dicke folgende:
Area praecentralis. 281
I | II | III | IV | V | VI | |
0.12 | 0 | 1.00 | 0 | 0.62 | 1.10 | mm |
Die ganze Rinde erscheint hier auch etwas zellreicher als in den übrigen Teilen der Area praecentralis, wie ein Vergleich von Tafel I und Tafel III unmittelbar zeigt; außerdem läßt sich eine ziemlich deutliche radiäre Streifung erkennen, die von der VI. Schicht bis in die oberen Partien der III. Schicht hinaufreicht. Besonders deutlich ist diese Streifung, je weiter man frontalwärts im Parazentralläppchen geht, da die angrenzende FB-Area ebenfalls deutlich radiär gestreift ist, und dieses Merkmal hier auch schon auf das Parazentralläppchen übergreift. Ebenso sind die hinteren Partien der Area FAγ auf dem Parazentralläppchen ebenfalls wieder deutlicher gestreift als die mittleren, weil die rückwärts an sie angrenzende Area PA ebenfalls radiär gestreift ist. Die Pyramidenzellen der III. Schicht erscheinen infolge dieser radiären Streifung und ihrer Untereinanderreihung in der Tiefenausdehnung nach ihrer Größe besser geordnet, als sonst in FA; außerdem erscheint die IV. Schicht auch an der Kuppe des Parazentralläppchens durch eine Vermehrung der Körnchenelemente etwas deutlicher als sonst, obschon sie auch hier größtenteils doch noch von den Pyramidenzellen der III. und der V. Schicht eingenommen ist (Tafel III und IV zeigen dies deutlich). Die V. Schicht zeigt aber die auffallendste Änderung, und zwar betrifft diese die Lage der Betzschen Zellen, an der das Parazentralläppchen sofort erkennbar ist. Die Riesenzellen sind hier nämlich nicht solitär verteilt oder zu kleinen Häufchen und Nestern gruppiert wie an der Konvexität (Tafel I und II), sondern sie bilden hier eine ganz deutliche mehrzellige Schicht, die besonders an dicken Schnitten äußerst auffällig ist. Es stehen hier die größten Exemplare dieser Zellgattung in Reih und Glied nebeneinandergestellt. Außer den ganz großen Kolossalzellen sieht man in noch viel größerer Anzahl als anderswo daneben und dazwischen eine Menge Betzscher Zellen kleineren Kalibers, welche das Aussehen einer eigenen Schicht von Riesenzellen noch verstärken. Während die Betzschen Zellen im ganzen übrigen Teile FAγ in einem Abstand von ungefähr 1.7 mm von der Hirnoberfläche in die Tiefe versenkt sind, so daß sie z. B. an der Kuppe der oberen Partie der vorderen Zentralwindung, welche in ihrer Rinde 4 mm dick ist, beinahe genau in die Mitte der Rindenbreite zu liegen kommen, sind sie im Parazentralläppchen trotz der weit geringeren Rindendicke noch ebenso weit oder sogar noch weiter (1.7-1.9 mm) von der Oberfläche entfernt und erscheinen dadurch in der Wand des Parazentralläppchens mehr gegen die Tiefe und ganz besonders nahe an die Markmasse gerückt, wodurch eine solche Stelle sofort als zum Parazentrallappen gehörig erkennbar ist (vgl. besonders Tafel IV). Auch sind die Zellen der VI. Schicht im Parazentralläppchen vielleicht um eine Spur kleiner als sonst in der Area praecentralis. Eine Nebeneinanderstellung von Tafel I und Tafel III und besonders von Tafel II und Tafel IV bringt alles eben Gesagte sehr deutlich zur Anschauung.
Auch am unteren Pol der Rolandoschen Windung ändert die FA-Formation dem Operculum zu ihren Charakter (s. Abb. 92). Schon 2 - 4 cm oberhalb der Sylvischen Furche findet sich auch in der Wand der Zentralfurche für gewöhnlich so gut wie keine Betzschen Riesenzellen mehr, wohl aber andere Riesenpyramiden in IIIc sowie in V. Die FAγ-Formation hat also hier ganz aufgehört. Allerdings muß ich hier betonen, daß diesbezüglich individuell nicht geringe Verschiedenheiten bestehen. In einzelnen Gehirnen habe ich Betzsche Riesenzellen auch in den untersten Abschnitten der vorderen Zentralwindung gefunden, beinahe soweit, als die Zentralfurche nach abwärts reichte. Im allgemeinen hören sie jedoch, entsprechend dem weiter oben Gesagten, etwas früher schon auf. In diesem unteren Teile der C. a. wird die Rinde allmählich schmäler, doch sinkt ihre Dicke am Culmen auch hier nur wenig unter 3 mm. In der Wand tritt in der Umgebung des Operculums deutlich eine radiäre Streifung auf, am Culmen dagegen ist dieselbe auch hier nicht sichtbar. Die Zellen werden hier in der Operculargegend, besonders in der III. Schicht, spärlicher und kleiner, besonders in IIIa und IIIb, wodurch die II. Schicht deutlicher wird und als eigene Schicht imponiert, obwohl sie ihren (Pyramiden-) Zellcharakter eigentlich nicht ändert. Die einzelnen Zellen der III. Schicht werden im allgemeinen protoplasmaärmer; sie liegen noch regelloser als sonst, sind sogar vielfach verschieden orientiert, d. h. die Spitzen der Pyramiden sind häufig nicht mehr gerade gegen die Oberfläche gerichtet; relativ am besten ist noch die IIIc-Schicht erhalten; in der IV. Schicht treten auch wieder ziemlich viele Körner auf, und es entfallen in ihr besonders die Pyramidenzellen, so daß sie ebenfalls an Zelldichtigkeit verliert. Die V. und VI. Schicht büßen ebenfalls an Zellreichtum ein. An einer Stelle des Culmen der opercularen Teile der vorderen Zentralwindung, wo ich noch innerhalb der Area FA als Gesamtdicke 3.2 mm gemessen habe, waren die Maße der einzelnen Schichten die folgenden:
282 Das Stirnhirn.
I | II | III | IV | V | VI | |||
0.18 | 0.18 | 0.82 | 0.14 | 0.54 | 1.35 | mm | { a 0.90 | b 0.45 |
Es handelt sich hier also jedenfalls um eine Modifikation der FA-Formation, welche vielleicht durch die mechanischen Momente bei der eigentümlichen Krümmung der Rinde in den opercularen Partien hervorgerufen sein könnte, und wir wollen diese Modifikation als FAop Area praecentralis in operculo, bezeichnen. Vielleicht entspricht dieselbe der Zone Y von ELLIOT SMITH (Abb. 3, S. 13). CAMPBELL verzeichnet sie ebenfalls auf seinem Schema, jedoch ohne sie näher zu beschreiben (Abb. 1, S. 11). Nicht selten sieht man in der III. Schicht dieser opercularen Formation eigentümliche große Pyramidenzellen, die wie gespalten oder gewunden aussehen. Am untersten Teile des Operculums wird dann die IV. Schicht reicher an Körnerzellen und geht nach hinten über in das operculare Ende der Formationen der hinteren Zentralwindung. Die Grenze gegen dieselben ist bald auf dem Opercularteile der vorderen Zentralwindung, bald auf dem Opercularteile der hinteren Zentralwindung individuell verschieden, je nach dem untersuchten Gehirn. Abb. 135, 10. Kap. C, 1, §5, gibt verschiedene Arten dieser Abgrenzung am Operculum wieder. Je weiter man am Operculum ventralwärts geht, desto schmäler wird die III. Schicht. Diese Modifikation FAop geht nach vorn unmittelbar über in die ähnlich gebaute und ebenfalls zellärmere operculare Variante der Formation FB über (FBop), und man kann dann letztere über das Operculum, welches die obere Decke der Sylvischen Grube bildet, bis an die Hinterwand des Operculums verfolgen (Abb. 95), wo sie in der Tiefe an die insularen Formationen grenzt, und zwar im Margo dorsalis insulae. Abb. 120 zeigt schematisch an einem Sagittalschnitt diesen Übergang. Diese hintere, eigentlich mediane Wand des Operculums der vorderen Zentralfurche hat eine Rindendicke von 2.5 mm. Nicht selten greift auf diese hintere Wand eine Eigentümlichkeit der insularen Formation über, und zwar eine äußerst dichte bandartige oder streifenförmige Stellung der Pyramidenzellen der V. Schicht, die neben den übrigen Charakteristica der FB in derselben hier sichtbar wird. Die Zellarchitektonik dieser ganzen Operculargegend zeigt individuell ebenfalls große Verschiedenheiten. Wir haben Gehirne gefunden, bei welchen neben den besprochenen häufigen regionalen Veränderungen der allgemeinen Zellarmut und des Wiederauftretens der Körnerschichten auch stärkere Alterationen vorhanden waren, z. B. eine derartige Zellverkümmerung, die beinahe pathologisch aussah; an anderen Gehirnen wieder war dieses ganze Gebiet von einer vollkommen gut ausgebildeten FA- und FB-Formation bis in die Tiefe des Operculums hinein überzogen, jedoch reicht die FA nur selten weiter ventral als die Rolandosche Furche und greift scheinbar nicht über die Konvexität des Operculums hinaus auf dessen untere innere Fläche. Jedenfalls gehört diese Stelle zu jenen Partien des Gehirns, welche die größten individuellen Schwankungen aufweisen können (s. S. 233).
Abb. 120. Schematischer Frontalschnitt. a durch das Operculum Rolandi. b durch das Operculum parietale. Die Abbildung zeigt die Unterschiede in der Form der Opercularisierung. - FA Area praecentralis, FB Area frontalis agranularis, IB Area insulae postcentralis. - Die Zahlen bedeuten die Rindendicke in Millimetern.
Area praecentralis. 283
Im großen und ganzen stimmt die Beschreibung, die wir von der Area praecentralis gegeben haben, so ziemlich mit der aller früheren Autoren überein, ein wichtigerer Unterschied ergibt sich bloß betreffs der Ausdehnung dieser Area; während wir nämlich die Area FA etwas weiter auffassen als das Gebiet reicht, welches die Betzschen Riesenzellen enthält, also weiter als die bloße Area FAγ, da wir die eigentümliche, wenig geordnete Art des Zellaufbaues der III. Schicht als das Charakteristicum für FA gegenüber der vor ihr liegenden und durch ihre schöne radiäre Zellordnung auffallende Area FB auffassen, rechneten die meisten bisherigen Autoren zur Area praecentralis ausschließlich das Gebiet, in welchem sich eben die Riesenzellen befinden, also die Area gigantopyramidalis FAγ, und zählten die übrige Partie unserer Area FA zur nächstfolgenden Area frontalis agranularis FB und lassen diese bis an diese Riesenzellenformation (FAγ) heranreichen. Die erste genauere Beschreibung des Zellaufbaues der Hirnrinde überhaupt hat, wie schon gesagt, MEYNERT gegeben; aber obschon er in großen Zügen die Grundlagen für unsere heutigen Kenntnisse der Cytoarchitektonik gelegt hat, war ihm scheinbar doch der durch die Riesenzellen so deutlich charakterisierte Bau der vorderen Zentralwindung entgangen. Unsere Kenntnis der Struktur der motorischen Gegend ist erst durch die Arbeiten von BETZ begründet worden, welcher die Existenz der sonst in der Hirnrinde nicht vorkommenden kolossalen Pyramidenzellen als für diese Sphäre charakteristisch erkannt hat. BETZ sagt wörtlich: „Der Sulcus Rolando teilt die Gehirnoberfläche in zwei Teile, einen vorderen, in dem die großen Pyramidenzellen, und einen hinteren, in welchem die Kernschichten vorwalten. Das vordere Gebiet schließt Zellengebilde ein, die bisher (1874) von niemandem beschrieben worden sind. Ich möchte sie Riesenpyramiden nennen, hauptsächlich in der IV. Schichte [unsere V Schicht] eingelagert, von 0.05-0.06 mm zu 0.04-0.12 mm Größe; sie bilden keine besondere Schicht, sondern sie bilden Nester; bei ganz jugendlichen Individuen aber liegen sie nebeneinander, ohne Nester zu bilden. In der rechten Hemisphäre kommen sie zahlreicher und größer vor als in der linken. Sie sind auch bei allen Tieren vorhanden." BETZ fand nun bei Hunden in den Lippen des Sulcus cruciatus diese Riesenzellen gerade dort wieder, wo FRITSCH und HITZIG kurz vorher durch elektrische Reizung motorische Effekte erzielt hatten, und BETZ sagt darüber: „Diese Zellen besitzen zweifellos alle Attribute sog. motorischer Zellen und setzen sich ganz bestimmt als Gehirnnervenfasern fort." Beim Menschen fand er die Zellen am zahlreichsten in dem Parazentralläppchen. 7 Jahre später hat BETZ einen Überblick des Zellbaues so ziemlich der ganzen Hirnrinde gegeben und kommt dabei wieder auf die vordere Zentralwindung zu sprechen und wiederholt diese Angaben, er fügt hinzu, daß bei Frauen in der vorderen Zentralwindung und in den Frontalwindungen die III. Schicht schmäler, die Pyramidenzellen sowohl als die Riesenzellen spärlicher und kleiner seien (während im hinteren Scheitellappen und Hinterhauptslappen bei Frauen die Kernschichten angeblich zellreicher und zellgrößer sein sollen).
Die Befunde BETZ' wurden später vielfach bestätigt, so von KÖLLIKER, OBERSTEINER, HENLE, SCHWALBE usw. BEVAN LEWIS und HENRY CLARK haben 4 Jahre später 1878 in den „Transactions of the Royal Society etc." derart genau über den Bau der vorderen Zentralwindung berichtet, daß kaum noch etwas hinzuzufügen übrigbleibt, sie haben auch die Verteilung der Betzschen Riesenzellen auf den verschiedenen Abschnitten der Zentralwindung genau bestimmt, und auch die verschiedenen Zellgruppen, wie wir sie im §4 und 5 in Anlehnung an CAMPBELL besprochen haben, rühren großenteils von ihnen her. LEWIS hat auch richtig bestimmt, daß die Zellen sich nicht in der 4. Schicht, sondern in der 5. Schicht befinden und hat diese Schicht, welche in der ganzen übrigen Hirnrinde als Pyramidenzellschicht, wenn auch außerhalb der Zentralwindung ohne Riesenzellen anzutreffen ist, als eigene Schicht, ganglionäre Schicht (V. Schicht) bezeichnet und von der VI. Schicht, der der Spindelzellen, getrennt, während, wie schon früher erwähnt, MEYNERT und die anderen Autoren bloß einen fünfschichtigen Hirntypus anerkennen wollten, da sie die V. und VI. Schicht zusammenfassten (vgl. dazu 1. Kap. S. 9). GOLGI hat schon 1880 mit seiner Silbermethode die Formen der Zellen der vorderen Zentralwindung genauer durchstudiert, eine Aufgabe, die CAJAL im Jahre 1890 ganz glänzend weitergeführt hat und auf die wir unmittelbar später noch zu sprechen kommen.
284 Das Stirnhirn.
HAMMARBERG hat dann als erster mit der Nisslschen Methode die Cytoarchitektonik dieser Gegend genau durchgearbeitet; er gibt ungefähr dieselbe Beschreibung, wie wir sie geben, ebenso stimmen die Zellzahlen, die er pro 0.1 mm3 gibt, und seine Messungen der Zellgröße und Schichtengröße ziemlich gut mit den unsrigen überein. Merkwürdigerweise gibt er als Breite der Rinde der vorderen Zentralwindung 3.2 mm an, während wir doch für die Area FAγ meistens Werte weit über 3.5 mm und über 4 mm bis zu 4.5 mm gefunden haben; offenbar spielt hier die Art der Vorbehandlung und der Einbettung eine große Rolle. Auch HAMMARBERG gibt an, daß die II. und IV. Schicht hier beinahe ganz fehlen; die Riesenzellen erwähnt er so, wie BETZ und BEVAN LEWIS sie beschrieben haben.
Nachher hat CAMPBELL Abb. 1 und 2 sehr genau die Area praecentralis analysiert, und wir haben im Verlaufe unserer Untersuchungen ja immer wieder auf seine Angaben verwiesen, so daß sich ein näheres Eingehen darauf an dieser Stelle erübrigt.
Schließlich hat BRODMANN Abb. 6 und 7 (Feld 4) ebenfalls auf seinen Hirnkarten sehr genau die Abgrenzung unserer Area FAγ durchgeführt, d. h. der Area gigantopyramidalis, die er als Feld 4 bezeichnet, und hat besonders durch vergleichend-anatomische histologische Untersuchungen der gigantopyramidalen Formation unsere Kenntnisse ganz besonders erweitert. Speziell hat er auf die großen Unterschiede zwischen vorderer und hinterer Zentralwindung verwiesen und die Notwendigkeit einer reinen physiologischen und anatomischen Trennung dieser beiden Windungen gefordert, ein Gedanke, den eigentlich schon BETZ gerade auf Grund seiner vergleichend-anatomischen cytoarchitektonischen Studien und der Reizversuche von FRITSCH und HITZIG vier Dezennien vorher ausgesprochen hatte.
Bei einer so gründlichen Bearbeitung dieser Gegend versteht es sich von selbst, daß wir nicht viel Neues zu den Kenntnissen hinzufügen konnten, nur eines möchten wir hier speziell erwähnen, daß wir betreffs der Unterschiede, die BETZ zwischen rechts und links an den Hemisphären gemacht hat, sowie zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen, keine die betreffenden Aussprüche dieses Autors bestätigenden Resultate erhalten haben; vielleicht war es ein Zufall, daß gerade die weiblichen Gehirne, die ich untersucht habe, vielfach eine schönere Ausbildung betreffs Größe sowohl als Form der Pyramidenzellen aufgewiesen haben als die männlichen. Betreffs der Seitenunterschiede der Zentralwindung in der Zellzahl hat BERGER spezielle Untersuchungen angestellt, die ebenfalls keine sichere ständige Differenz zwischen rechts und. links ergeben haben. Wir haben diese Untersuchungen schon eingehend im 5. Kapitel auf S. 229 besprochen und verweisen speziell noch dahin. Jedenfalls wäre es an der Zeit, daß sehr gründlich diese Frage des Seitenunterschiedes der beiden Hemisphären, des Geschlechtsunterschiedes, des Altersunterschiedes und evtl. auch der durch die individuelle Lebensführung bedingten Unterschiede dieser Gegend (z. B. der Bau der vorderen Zentralwindung bei Athleten oder Jongleuren) endlich einmal ganz speziell durchuntersucht werden.
CAJAL hat eine ganz besondere und vorzügliche Studie den Zellformen dieser Gegend der vorderen Zentralwindung gewidmet; er bezeichnet unsere I Schicht als plexiforme Schicht, wertet ihre Breite mit 0.18-0.24 mm; er bezeichnet sie als relativ sehr breit zum Unterschiede von uns, die wir sie im Verhältnis zur kolossalen Breite der Pyramidenschicht eher schmal finden. In ihr sollen sich die Endbüschel der cephalen Fortsätze aller Pyramidenzellen aller darunterliegenden Schichten auflösen; sie ist netzförmig gebaut und zellarm, nach CAJAL (Abb. 40, S. 60) enthält sie a) hart an der Oberfläche randständige birnförmige oder dreieckige Zellen, b) in der Mitte ihres Dickendurchmessers kleine Zellen mit kurzem Achsenzylinder und c) in ihren tiefsten Lagen sog. Horizontalzellen, welche den dicken Tangentialfasern der Schicht ihren Ursprung geben. Die Achsenzylinder der Zellen der I. Schicht treten nicht nur dieser heraus (vgl. auch 2. Kap., S. 60, und 4. Kap., S. 81). In der II. Schicht, der sog. Schicht der kleinen Pyramidenzellen (unsere III(II)), unterscheidet CAJAL (Abb. 39, S. 58) hauptsächlich drei Arten von Zellen: a) kleine Pyramidenzellen, deren Schaft in die I. Schicht, deren Achsenzylinder senkrecht nach abwarts geht und nach Abgabe von Kollateralen an die II. und III. Schicht merkwürdigerweise bis in das Windungsmark gelangen sollen; b) Zellen mit kurzem Achsenzylinder, und zwar entweder sternförmige Zellen, deren Achsenzylinder in der gleichen II. Schicht und in der III. Schicht sich auflösen sollen, und ferner sog. doppelt gebüschelte Zellen kleineren und größeren Formates, welche oben und unten ein äußerst dichtes, unmittelbar in der Nähe des Zelleibes befindliches Buschwerk feinster Fäserchen bilden; c) Zwergzellen mit ganz kurzen Fortsätzen. Betreffs der III. Schicht zählt CAJAL sowohl das, was wir als III(II) bezeichnet haben, als auch die oberste Lage der eigentlichen III. Schicht, nämlich IIIa zu der II. Schicht, nämlich zur Schicht der kleinen Pyramidenzellen. Die IIIb-Schicht nennt er die Schicht der mittleren Pyramidenzellen. Die Schicht der kleinen Pyramidenzellen hält CAJAL für den Ursprungsort der Balkenfasern, die mittleren Pyramidenzellen senden ebenfalls ihren Schaft bis hinauf in die I. Schicht, den Achsenzylinder jedoch hinunter in das Mark. Die Schicht der mittelgroßen Pyramidenzellen (IIIb) hält CAJAL für die Perzeptionsschicht der Sensibilität, welche den empfangenen Reiz über ihre Achsenzylinder durch das Mark als Erinnerung an eine andere Stelle des Gehirns zu leiten haben. Unsere IIIc-Schicht + unser III(IV) entspricht CAJALs Schicht der großen oberflächlichen Pyramidenzellen, welche ebenfalls ihren Schaft bis in die plexiforme Schicht hinaufsenden und ihren Achsenzylinder ins Mark schicken. Diese großen Pyramidenzellen sowie die Riesenpyramidenzellen von BETZ sind nach CAJAL der Ursprung der Pyramidenbahn - eine Ansicht, welche auch wir teilen, nur glauben wir, daß außer den großen Pyramidenzellen der IIIc auch die großen Pyramidenzellen der V neben den Betzschen Zellen als Ursprung der Pyramidenbahn zu gelten haben. CAJAL beschreibt auch eine innere Körnerschicht in der vorderen Zentralwindung, unsere IV, die wir ja auch angedeutet gefunden haben; er bezeichnet sie als 5. Schicht und sagt, die Körner verteilen sich in der vorderen Zentralwindung in zwei Lager, in ein äußeres oberhalb der großen Pyramidenzellen (unser IIIc) und ein inneres deutlicheres unterhalb der großen Pyramidenzellen. Die großen Pyramidenzellen und die Riesenzellen sind dann von Fasernestern umsponnen, welche von den Kollateralen dieser Körnerzellen, die einen aufsteigenden Achsenzylinder haben, herstammen. Außer solchen Zellen mit aufsteigendem Achsenzylinder kommen in dieser Körnerschicht noch Spinnenzellen und doppeltgebüschelte Zellen vor. Auch wir haben vorher erwähnt, daß in diesem Gebiete, obschon wir es als agranulär bezeichnen, die IV. Schicht in einem großen Teile der FA verhältnismäßig noch ziemlich deutlich sichtbar ist und daß zahlreiche Körnerzellen in den tiefsten Teilen der III. Schicht sowohl als auch um die Riesenpyramidenzellen liegen, wo sie eigentümliche nesterförmige Ansammlungen bilden. Eine wirkliche Teilung in zwei Lager, wie dies CAJAL anführt, haben wir eigentlich nicht recht beobachten können (s. Tafel I und II). CAJAL sieht die Körnerschicht als einen intermediären Bestandteil der Hirnrinde an, in der die intracorticalen Assoziationszellen lokalisiert sind; unterhalb der Körnerschicht befindet sich ein dichtes protoplasmatisches Nervengeflecht. Die Schicht darunter, welche CAJAL als 6. Schicht bezeichnet, samt der folgenden, CAJALs 7. Schicht, entsprechen zusammen unserer V Schicht. In ihr beschreibt CAJAL das Vorkommen von a) großen Pyramidenzellen, deren Schaft bis in die I. Schicht hinaufreicht und deren Achsenzylinder ins Mark geht, während sich die Kollateralen in CAJALs 6. und 7. Schicht auflösen. Außerdem b) mittelgroße Pyramidenzellen, c) spindelförmige Zellen mit langem aufsteigenden Achsenzylinder und d) doppeltgebüschelte und Spinnenzellen kleinen Kalibers. Merkwürdigerweise beschreibt CAJAL, obwohl er sie doch genau kennt, eigentlich nicht die Betzschen Riesenzellen näher, wie überhaupt seine Beschreibung der Partien unterhalb der Körnerschicht eher der hinteren Zentralwindung als der vorderen entspricht. Unsere VI Schicht nennt er die Pars fusiformis seiner 7. Schicht und bezeichnet sie als 7b. Hier beschreibt er a) dreieckige Zellen, deren Schaft bis nach I hinaufgeht und deren Achsenzylinder ins Mark geht, b) Zellen mit kurzen auf- und absteigenden Achsenzylindern und c) Spinnenzellen. Die eigentlichen Spindelzellen, die wir am Nissl-Bilde so deutlich sehen, Tafel I, II, III, IV und V, beschreibt er an den Bildern, die er mittels der Silberimprägnationsmethode bekommen hat, eigentlich nicht, so daß wir deren Äquivalent an den Golgipräparaten, die er gibt, eigentlich nicht finden können. Auch dies dürfte damit zusammenhängen, daß CAJAL bei seinen Untersuchungen doch zwischen vorderer und hinterer Zentralwindung keinen genügend scharfen Unterschied gemacht hat; denn bei der hinteren Zentralwindung ist eben unsere VI Schicht nicht so deutlich von echten Spindelzellen wie bei der vorderen bevölkert. Betreffs der Faseraufsplitterung in der Rinde unterscheidet CAJAL zwischen endogenen Fasern, d.h. Fasern, die im entsprechenden Rindenteile selbst ihren Ursprung haben, und exogenen Fasern, die aus anderen Nervenzentren oder Rindenteilen stammen. Ein dichtes Geflecht exogener Fasern findet sich nach CAJAL in der vorderen Zentralwindung (!) im Niveau der mittelgroßen Pyramidenzellen, und er nimmt an, daß es sich hier um sensible Fasern handelt; in den Lücken dieses Geflechtes befinden sich die mittelgroßen Pyramidenzellen; an Weigertpräparaten entspreche dieses exogene Geflecht dem äußeren Baillargerschen Streifen. Die großen Pyramidenzellen (III c) sowie die Zellen der tieferen Schichten stehen in keiner Verbindung mit diesem endogenen sensiblen Endplexus. Die Fasern, die aus dem Mark zu diesem Plexus führen, laufen nicht in den radiären Markbündeln, sondern sie durchsetzen die tieferen Rindenpartien in schräger Richtung, indem sie die Markbündel kreuzen, und sie ziehen dann in die IV. und III. Schicht schief horizontal ein, um hier zuletzt das oben erwähnte Endgeflecht zu bilden. CAJAL betont ferner, daß die im Gebiete der hinteren Zentralwindung zu diesem Plexus führenden Fasern dünner sind als die in der vorderen Zentralwindung, daß sie ferner kein so deutliches horizontales Lager dort bilden wie in der vorderen Zentralwindung und daß sie ihr Endgeflecht hauptsächlich innerhalb seiner 5. (unserer IV oder III(IV)) bilden und nicht oberhalb derselben, wie in der vorderen Zentralwindung; er hält diesen Plexus in der hinteren Zentralwindung daher scheinbar nicht für sensibel. Wir verweisen hier speziell noch auf unsere Besprechung der physiologischen Bedeutung des Koniocortex der hinteren Zentralwindung in der Area PB, und zwar 10. Kap., A, 5, §7. Die Balkenfasern gehen nach CAJAL aus den kleinen Pyramidenzellen der Rinde hervor, man kann sie in die gegenüberliegende Hemisphärenrinde verfolgen bis oberhalb der Schicht der großen Pyramidenzellen (III c), wo sie nur wenig verzweigte Endfasern bilden, die vielleicht bis zur II. Schicht hinaufsteigen. So weit CAJAL. Wir sehen schon aus dem Gesagten, daß diese interessanten Feststellungen des spanischen Gelehrten trotz ihrer großen Bedeutung infolge eines Mangels der genaueren arealen Lokalisation seiner Befunde viele für uns wichtige Fragen noch ungelöst lassen, und wir hoffen, daß die Silbermethode, welche bis jetzt die einzige geblieben ist, um uns genau die Zellformen zu zeigen, nunmehr gemeinsam mit der cytoarchitektonischen Methode angewendet, uns endlich vollständigen Einblick in die feinste Anatomie der Hirnrinde geben wird.
Area praecentralis. 285
286 Das Stirnhirn.
Markbild. ELLIOT SMITH teilt dieses Gebiet (Abb. 3 und 4), welches wir als Area FA bezeichnen, nach der Form der Markfaserung ebenfalls ähnlich wie wir in zwei Zonen ein (Abb. 3 und 4): eine rückwärtige Area praecentralis A. und eine vordere Area praecentralis B, die in ihrer Begrenzung ungefähr unserer Einteilung FA und FAγ entsprechen (Abb. 19 u. 20). An ihrem dorsalen Ende verzeichnet er eine eigenartig gebaute Area X am Parazentralläppchen, auf welche wir gelegentlich der Besprechung der hinteren Zentralwindung noch zurückkommen werden. An ihrem ventralen Ende gegen die Sylvische Grube zeichnet er auf seinem Schema eine eigene Area Y, welche unseren opercularen Bildungen wahrscheinlich entsprechen dürfte. Auch am frischen Präparate mißt SMITH die Rindenbreite ähnlich wie wir mit ca. 4 mm (Abb. 5, Bild 6 und 13); die inneren zwei Drittel davon sind auffallend stark markhaltig und der Übergang in die Marksubstanz auch nach ihm ganz unscharf. Die äußere Begrenzung des markigen Teiles der Hirnrinde wird in dem Gebiete, welches unserer FAγ entspricht, durch einen einzigen weißen Streifen gebildet; in dem Gebiete unmittelbar davor, welches unserer FA entspricht, sieht SMITH zwei weiße Baillargersche Streifen; doch erwähnt dieser Autor, daß bezüglich dieses Verhaltens starke individuelle Unterschiede bestehen; am Parazentralläppchen sei wieder nur der äußere Baillarger deutlich zu sehen, und erst im Sulcus callosomarginalis sieht man nochmals zwei blasse Baillargersche Streifen.
Area praecentralis. 287
CAMPBELL sagt, daß die für die präzentrale Zone charakteristische Markfaserbildung um 1-2 mm weiter nach vorne reicht als die für sie charakteristische Zellformation.
Die genauesten Studien über das Verhalten der Markfasern dieser Gegend verdanken wir VOGT. Vergleicht man unsere Hirnkarte Abb. 19 und 20 mit seiner Hirnkarte Abb. 9 und 10, so sieht man, daß unsere Area praecentralis FA dem hinteren Abschnitt seiner III. Frontalregion, der sog. Regio unistriata euradiata grossofibrosa, entspricht, die er in viele Felder, Feld 33-43, einteilt. Von diesen entsprechen, wie gesagt, bloß die caudaleren unserer Area FA, und zwar Feld 38-43. Vollkommen ist diese Deckung der cyto- mit den myeloarchitektonischen Feldern, wie schon CAMPBELLs obengenannter Ausspruch zeigt, natürlich nicht. In dieser hinteren Partie der VOGTschen III. Region sind nun die Baillargerschen Streifen nach VOGT, zum Unterschiede der Angaben E. SMITHs (s. oben), nicht sehr deutlich ausgeprägt, und zwar deswegen, weil auch die zwischen und unter ihnen liegenden Rindenschichten angeblich so viel horizontale und andere Fasernetze enthalten, daß die Baillargerschen Streifen von ihnen sich nicht deutlich abheben können; dies gilt insbesondere von der oberen Lage der VI. Schicht, der sog. 6a (VOGTs), so daß der innere Baillargersche Streifen von dem Windungsmark sich nicht abhebt und man nur den äußeren eventuell noch erkennt. Im allgemeinen kann man sagen, daß auch dieser äußere Baillarger durch Zunahme der Fasern der Grundsubstanz unterhalb von ihm in der Schicht 5a nach hinten zu progredient undeutlicher wird im allgemeinen Markfaserreichtum und zuletzt verschwindet, d. h. die Rinde wird caudalwärts schließlich astriär 1) (Abb. 121). [footnote p 287 1) Betreffs dieser Ausdrücke aus der Myeloarchitektonik vgl. 4. Kap. (S. 178-181).] So sind die Felder 38 und 39 der Abb. 9a und 10a beinahe astriär und die Felder 42 und 43 sind astriär; diese vier Felder liegen auf dem Parazentrallappen und auf der oberen dorsalen Partie der vorderen Zentralwindung und in der hinteren Wand der ventraleren Partien der vorderen Zentralwindung im Sulcus Rolando. Die Felder 40 und 41 zeigen zwar noch den äußeren Baillarger, jedoch verschwindet derselbe auch in ihnen allmählich, weshalb sie VOGT Subregio unistriata degrediens nennt. Wir können diese ganze hintere Partie der VOGTschen III. Frontalregion mit unserer Area FA so ziemlich homologisieren, wobei die astriären Felder 42 und 43 und zum Teil auch die beinahe astriären Felder 38 und 39 unserer Area FAγ, d.h. der Rinde mit Betzschen Riesenzellen, entsprechen. Die vorderen Partien der beinahe astriären Felder und die caudaleren Partien der Felder 40 und 41, welche ebenfalls beinahe astriär werden, entsprechen unserem riesenzellosen Teil von FA. - Wie gesagt ist die Deckung der cytoarchitektonischen Felder mit den myeloarchitektonischen keine vollkommene; Feld 40 und 41 nehmen in den ventralen Partien die ganze Kuppe und vielleicht auch die Vorderwand der vorderen Zentralwindung ein; cytoarchitektonisch ist die vordere Hälfte der vorderen Zentralwindung in ihren ventralen Partien schon von einer anderen Area „FB" eingenommen, welche also hier den deutlicher unistriären Teilen der Felder 40 und 41 entsprechen dürfte. (Wir machen hier nochmals auf den Unterschied zwischen VOGT und E. SMITH in der Beurteilung des Markbildes aufmerksam.) Die Markbündel aus der weißen Substanz strahlen radiär in die Rinde ein und gelangen bis über die IIIc-Schicht. In dem ganzen Gebiete der vorderen Zentralwindung kommen zwischen III. und VI. Schicht neben den dünnen Grundfasern auch sehr dicke vor, welche von den Grundfasern durch ihr grobes Kaliber abstechen (grossofibrös).
Abb. 121 VOGTs Markbild von BRODMANNs Feld 4 auf der vorderen Zentralwindung (unsere Area praecentralis gigantopyramidalis FAγ). Vergr. 50fach. (J. f. Psychiatr. u. Neurol. 25.)
288 Das Stirnhirn.
In der Molekularschicht ist ein deutlicher Streifen von tangentialen Markfasern zu sehen, der in den caudalen Partien zunimmt und in der Rolandoschen Furche selbst am deutlichsten ist. Ein Kaes-Bechterewscher Markstreifen (unter der II. Schicht) ist nicht vorhanden. Abb. 121, dem VOGTschen Buche entnommen, gibt sehr deutlich die Markverhältnisse dieser Rindengegend bei 50facher Vergrößerung wieder. Sehr auffallend ist auch im Markbild der Übergang dieser dickrindigen astriären Formation der vorderen zur schmalrindigen bistriären Formation der hinteren Zentralwindung. Abb.122, welche BRODMANNs Abhandlung über die Physiologie des Großhirns entnommen ist, zeigt diesen Übergang in sehr anschaulicher Art in kleinerem Maßstab.
Abb. 122. Markbild des Überganges der astriären Formation der vorderen Zentralwindung in die bistriäre Formation (der hinteren Zentralwindung) nach BRODMANN.
Auch KAES hat sehr schöne Bilder über die Markfaserung der vorderen Zentralwindung gegeben; sehr interessant ist, was er bezüglich der Anzahl der radiären Bündel sagt; während nämlich nach seinen Untersuchungen die Hirnrinde sonst um das 19. Lebensjahr herum das Maximum an Bündelzahl erreicht (s. Abb. 14, S. 22), wird in der vorderen Zentralwindung das Maximum erst später, sogar gegen das 29. Lebensjahr erst erreicht, und die radiären Bündel sind dann in dieser Gegend viel zahlreicher als sonst irgendwo in der Hirnrinde, und zwar 28 pro Millimeter Breite statt wie gewöhnlich bloß 20.
Zweck dieses Paragraphen ist nicht etwa eine erschöpfende Darstellung der physiologischen Dignität der vorderen Zentralwindung zu geben, sondern nur einige Bemerkungen zu machen, welche sich aus dem Studium der Cytoarchitektonik ergeben.
Area praecentralis. 289
Da die vordere Zentralwindung die elektromotorische Region in sich schließt und auch, soweit die Pathologie darüber aufklärt, die motorische Zone par excellence enthält, und da die FA-Formation - besonders in ihrer Unterabteilung FAγ, welche mehr als die Hälfte der FA einnimmt - einen ganz eigenartigen Bau durch ihre Riesenzellen und ihre Körnerlosigkeit aufweist, wird man sich gedrängt fühlen, in diesem eigentümlichen anatomischen Bau gewissermaßen den materiellen Ausdruck für ihre exquisit motorische Funktion zu suchen. Schon BETZ hat ja darauf aufmerksam gemacht, im Anschluß an MEYNERT, der ja schon die Pyramidenzellen für „motorische" Elemente hielt, daß seine kolossalen Riesenzellen motorische Elemente erster Ordnung seien, und nahm, wie schon wiederholt gesagt, an, daß die Zentralfurche das Gehirn in einen vorderen, motorischen und einen rückwärtigen, sensorischen Teil spalte. Als nachher FRITSCH und HITZIG die Erregharkeit bestimmter Hirnstellen durch den elektrischen Strom zeigten und als Effekt Einzelbewegungen bei Tieren hervorrufen konnten, und BETZ für diese Stellen das Vorhandensein seiner Riesenpyramidenzellen auch bei Tieren nachwies, lag es nahe, diese Kolossalzellen in unmittelbare Verbindung mit der Motilität zu bringen. Diese Hypothese drangt sich auch heute noch jedem auf, der das eigentümliche Bild dieser Riesenzellen in der Rinde betrachtet, zumal man weiß, daß sie ihren Achsenzylinder ins Mark entsenden, und man erkannt hat, daß sie bei gewissen Erkrankungen des motorischen Systems (amyotrophische Lateralsklerose, Hemiplegie usw.) in Mitleidenschaft gezogen werden können (s. S. 184). Ebenso werden wir gleich weiter unten, S. 291, sehen, daß für die verschiedenen Gruppenansammlungen dieser Betzschen Zellen CAMPBELL eine Beziehung zu den verschiedenen Extremitäten und sogar deren einzelnen Abschnitten nachweisen konnte an Hand der Atrophie derselben nach Amputationen (s. Abb. 117 und S. 277). Dies alles sind Gründe genug, um die Beziehung der Betzschen Zellen zur Motilität ein für allemal für erwiesen zu erachten. Man halt diese Zellen jetzt vielfach direkt für den ausschließlichen Ursprung der Pyramidenbahn und somit für die Ursprungszellen der willkürlichen Motilität; zum Teil mag dies wohl richtig sein, doch scheint es uns unwahrscheinlich, daß die Pyramidenbahnfasern nur in diesen 25000 Zellen allein ihren Ursprung haben sollten, was wir im 4. Kap. (s. S. 184) schon besprachen und worauf wir auch später noch zurückkommen werden. Bekanntlich finden sich die größten Exemplare der Betzschen Riesenzellen und die größte Anzahl derselben im Parazentralläppchen und in den oberen Partien der vorderen Zentralwindung, also nach Abb. 98 und 99 in der Gegend der Zentren für die untere Extremität und die sakralen Organe; kleiner und besonders spärlich sind dagegen die Betzschen Zellen in den ventralen Teilen der vorderen Zentralwindung. Daran ist nun allerdings der Umstand sehr auffallend, daß die Betzschen Zellen, falls sie wirklich die Ursprungszellen der Willkürbewegungen wären, ihre schönste Entwicklung an Dimension und Zahl gerade in jener Gegend erreichen, welche für die recht unkomplizierten Willkürbewegungen des Anus, der Vagina, der Beckenmuskulatur und der unteren Extremitäten dient, während sie geradezu sehr spärlich und in ihrer Größe stark reduziert speziell in jenen Teilen vorkommen, welche den äußerst komplizierten und feinen Bewegungen des Gesichtes, Mundes usw. und besonders der Motilität der Sprache vorstehen. Zur Erklärung dieses sonderbaren Umstandes, der einen Widerspruch zu bergen scheint, hat sich JACKSON vorgestellt, daß die Größe der Zellen im Verhältnis zu der von ihnen beherrschten Muskelmasse steht. Dies stimmt jedoch auch nicht ganz, z. B. nicht für die Gegend der Rumpfmuskulatur, da in den Zentren derselben trotz der großen Muskelmasse eher kleine Betzsche Zellen zu finden sind. Ebenso kann es auch nicht, wie vielfach angenommen wurde, die Weglänge von der Zelle bis zu dem motorischen Endorgan sein, welche die Größe der Zelle bestimmt; denn obschon dies für die Größe der Betzschen Zellen der corticalen Zentren der unteren Extremitäten passen würde, entspricht es wieder nicht für die Rumpfzentren und die der oberen Extremitäten, welche die gleiche Größe von Zellen haben, obwohl ihre Weglänge eine recht verschiedene ist; denn wenn die Weglänge das ausschließlich bestimmende Moment für die Größe der Betzschen Zellen wäre, müssten die der oberen Extremitäten entsprechend kleiner sein als die des Rumpfes. CAMPBELL meint aber, daß in diesem speziellen Falle wieder vielleicht die höhere Spezialisierung der Bewegungen der oberen Extremitäten die relativ stärkere Entwicklung der ihnen entsprechenden Betzschen Zellen über das ihnen ihrer Weglänge nach gebührende Maß bedingen könnte, so daß dadurch dieselben auf die gleiche Größe kommen wie die der Rumpfmuskulatur entsprechenden Zellen. Auch individuell ist die Größe der Riesenpyramiden, wie BRODMANN nachgewiesen hat, nicht vorwiegend abhängig von der Körpergröße und dem Hirnvolumen, was auch behauptet worden war. Auch die Betzschen Zellen der verschiedenen Tierklassen zeigen in ihrer Größenentwicklung keine stetige Proportion zur Gesamtkörpergröße der betreffenden Tierklasse (vgl. 2. Kap., S. 63). So besitzt das schwere und große Rind kleinere Betzsche Riesenzellen als der kleine Wickelbär. Man sieht, daß keiner der Gründe, der die verschiedene Größe der Betzschen Zellen erklären sollte, einer Kritik standhalten kann, und BRODMANN hat daher schließlich gemeint, daß alle diese angeführten Momente vielleicht gemeinsam auf die Größe dieser Elemente von Einfluß sein dürften, eine Ansicht, die wohl viel für sich hat. Der Prüfstein für die Gültigkeit jedes solchen Erklärungsversuches ist aber immer wieder die relative Größe und der zahlenmäßige Reichtum an Betzschen Zellen im Gebiete der oberen Zentralwindung und des Parazentralläppchens. Es ist eben nicht ohne weiteres verständlich, wenn man die Betzschen Zellen als ausschließliche Ursprungszellen der Willkürbahnen ansehen will, daß diese Gegend, welche doch nur die Zentren für sehr einfache Bewegungen birgt, in derart reichem Maße mit Betzschen Riesenzellen gesegnet ist, sogar im Vergleiche zu der Gegend des Handzentrums, daß doch für viel kompliziertere und viel zahlreichere Einzelbewegungen aufzukommen hat; und dieses Mißverhältnis ist für die Zentren der Mund- und Kehlkopfmuskulatur, welche bei den so komplizierten, feinen Bewegungen der Sprache beansprucht werden, ein noch viel auffallenderes. Jedenfalls geht daraus hervor, daß die Feinheit und Differenziertheit der willkürlichen Bewegungen in keinem Verhältnis zu dem Vorkommen der Betzschen Riesenzellen steht, das heißt so viel als daß die Betzschen Zellen unmöglich die einzigen Ursprungszellen der Willkürbahnen darstellen können, und daß die früher erwähnte Annahme von CAMPBELL und von BRODMANN, daß sowohl die hohe spezifische Differenziertheit der ausgelösten Bewegungen als auch die Weglänge und auch das in Bewegung gesetzte Muskelvolumen alle zusammen wirken, um die Größe der Betzschen Riesenzellen zu bedingen, insoweit sie die hohe spezifische Differenziertheit der Bewegung zur Erklärung heranzieht, eigentlich nicht zu Recht besteht. Ein Umstand scheint uns jedoch hier einer Lösung dieser Frage näherbringen zu können, nämlich daß in der IIIc-Schicht und auch in der V. Schicht der FA die Zahl der ganz großen Pyramidenzellen in einem umgekehrten Verhältnis steht zu der Zahl der Betzschen Riesenzellen. Diese großen und ganz großen Pyramidenzellen sind speziell in der Gegend des Handzentrums und auch besonders in den ventralen Teilen der vorderen Zentralwindung in außerordentlicher Anzahl und Größe vertreten, also gerade da, wo die Betzschen Riesenzellen beinahe fehlen. Dies legt den Gedanken nahe, daß hier vielleicht eine ganz bestimmte Beziehung zwischen diesen Zellen verschiedener Größe bestehen könnte. Es finden sich ja von den Betzschen Zellen größten Kalibers bis zu den kleinen Betzschen Zellen, aber auch zu den übrigen einfachen Riesenpyramidenzellen und großen Pyramidenzellen der IIIc. und der V. Schicht, sowie zu den gewöhnlichen großen Pyramidenzellen dieser beiden Schichten trotz der übrigen anatomischen Differenzen, die wir für die vollentwickelte Betzsche Kolossalzelle im Vergleich zu der gewöhnlichen großen und sehr großen Pyramidenzelle der IIIc und der V. Schicht angeführt haben, doch alle möglichen Übergänge und Zwischenstufen, wie jeder Blick auf die Tafeln I-IV ohne weiteres zeigt. Das umgekehrte Verhältnis nun, das also in der Häufigkeit des Vorkommens der großen Pyramidenzellen und der Betzschen Riesenzellen zu beobachten ist, läßt gewissermaßen an die Möglichkeit einer Substitution der einen durch die anderen denken, und es ist sehr wahrscheinlich, daß dieser Ersatz in einer gewissen Beziehung steht zur Vielfältigkeit, zur Feinheit und zur Spezialisierung der Bewegungen, die von dem jeweiligen Zentrum aus reguliert werden. Daraus würde, in Berücksichtigung der Lokalisation der Betzschen Zellen und der eben dort lokalisierten motorischen Zentren, resultieren, daß die Betzschen Riesenzellen hauptsächlich für willkürliche Gesamtbewegungen großer Extremitäten- und Rumpfabschnitte in Betracht kommen, wie sie für den Gang, die Bauchpresse und das Perineum usw. nötig sind, während feine Einzelbewegungen der Willkür von den einzelstehenden großen und sehr großen Pyramidenzellen der IIIc. und der V. Schicht reguliert werden dürften, die in den entsprechenden corticalen Zentren der Hand und des Mundes eben gerade sehr gut und zahlreich entwickelt sind. Ebenso wie CAJAL möchten wir also ebenfalls annehmen, daß diese großen Pyramidenzellen und Riesenzellen von IIIc und V neben den Betzschen Kolossalzellen auch als Ursprungszellen der Willkürbewegungen und der Pyramidenbahn anzusehen sind und daß diese verschiedenen Zellen also nichts anderes als durch ihre Größe unterschiedene Individuen ein und derselben Zellart sind, deren Zellgröße jedoch gewissermaßen im umgekehrten Verhältnis zur Feinheit und Individualisierung der ausgelösten Bewegung steht.
290 Das Stirnhirn.
Daß aber auch die Betzschen Riesenzellen in erster Linie in unmittelbarem Zusammenhange mit der motorischen Funktion stehen, dafür sprechen, wie gesagt, auch manche pathologische Befunde. So findet man bei amyotrophischer Lateralsklerose gleichzeitig mit der Degeneration der Pyramidenbahn ein vollkommenes Schwinden der Betzschen Riesenzellen aus der Hirnrinde (CAMPBELL, SCHRÖDER, ROUSSY und ROSSY). Doch wissen wir aus eigener Erfahrung und aus CAMPBELLs Untersuchungen, daß hier auch die übrigen Pyramidenzellen, ganz besonders die der IIIc-Schicht, und auch die großen Pyramidenzellen der V. Schicht, ganz fehlen, und daß diese Atrophie der Lamina ganglionaris sogar in das Gebiet der frontal davon gelegenen Area FB übergreifen kann (SCHRÖDER, JAKOB, BUSCHER u. a. m.). Später greift die Atrophie sogar auf die Zellen der IIIa- und IIIb-Schicht über. Ferner hat CAMPBELL bei Leuten, denen vor langer Zeit eine Extremität amputiert worden war, eine Veränderung der Betzschen Riesenzellen gefunden. Er fand dieselben gequollen, fortsatzarm, sie hatten ihre Nisslschollen zum Teil verloren, der Kern lag exzentrisch und war entrundet, eine Änderung, die man als Reaktion par distance bezeichnen muß; ein eigentliches Zugrundegehen der Zellen, wie bei amyotrophischer Lateralsklerose, fand er in diesen Fällen natürlich nicht. Leider hat CAMPBELL, wie er selbst sagt, es unterlassen, auf die anderen Zellen der Rinde bei solchen Amputationsfällen zu achten. Interessant ist es nun, daß CAMPBELL durch solche Untersuchungen die bestimmten Gliedabschnitten zugehörenden Gruppen von Betzschen Zellen bestimmen konnte. Bei Amputationen des Fußes samt Unterschenkel unterhalb des Knies gehen die große Zellgruppe 3 des Parazentralläppchens und an der Konvexität des Gehirns, die Gruppe 2 zugrunde, (s. S. 277, Abb. 117). War die Oberschenkelmuskulatur durch die Amputation außer Betrieb gesetzt, so war auch die Gruppe 1 atrophisch; dagegen atrophierten in allen diesen Fällen die zwischen den genannten dichteren Gruppen mehr solitär gelegenen Betzschen Zellen nicht. Aus diesem Grunde hält CAMPBELL diese Zellen für Zellen der Rumpfbewegung. Aus solchen ähnlichen Amputationsfällen der oberen Extremitäten wies CAMPBELL weiter nach, daß die Zellengruppen unter dem Knie der vorderen Zentralwindung im Ausmaße von 2 a atrophieren, wenn die obere Extremität im Schultergelenk amputiert ist, und zwar derart, daß die Schultermuskulatur ebenfalls außer Betrieb gesetzt ist, die Zellgruppen im Bereiche von 1 a atrophieren bei Amputationen im Oberarm mit erhaltener Schultermuskulatur, im Bereiche von 3 a bei Amputation der Hand. (CAMPBELLs Angaben sind übrigens nicht immer ganz gleichbleibend diesbezüglich.) Die verstreuten Zellen in diesem letzteren Gebiete sollen nach CAMPBELL der Gesichts- und Mundmuskulatur zugehören. Vergleicht man diese Angaben CAMPBELLs, die sich auf pathologisch-anatomische Ergebnisse stützen (und seine Abb. 117), mit den physiologischen Reizergebnissen für die vordere Zentralwindung, wie wir sie auf Abb. 98 wiedergegeben haben, so erkennt man darin zwar eine bedeutende Übereinstimmung, immerhin aber auch Unterschiede, die man nicht aus den Augen verlieren darf und die wohl erst durch spätere Forschungen sich aufklären lassen werden.
Area praecentralis. 291
MARINESCO und MONAKOW wollen bei alten Hemiplegikern, und zwar bei Kapselherden und auch bei Herden im Marklager, ebenfalls die Riesenzellen atrophiert, fortsatzarm, ohne Nisslschollen, pigmentiert und den Kern exzentrisch und atrophisch gefunden haben. Auch sie äußern sich aber nicht weiter über das Aussehen der anderen Pyramidenzellen dieser Region. HOLMES und MAY haben dann bei Affen nach experimenteller Durchschneidung der Pyramidenbahn eine Chromatolyse in den Betzschen Zellen der Gegenseite nachweisen können. SCHRÖDER hat sogar bei alten Querschnittsläsionen des Rückenmarkes und auch bei bulbären Herden, welche die Pyramidenbahn in Mitleidenschaft zogen, Alterationen der Betzschen Riesenzellen, aber auch der übrigen Zellen der Lamina ganglionaris (V.) gesehen; letztere reichten auch in diesen Fällen über das Gebiet der Area gigantopyramidalis frontal hinaus. Diese Befunde sprechen also, wie die bei der amyotrophischen Lateralsklerose (S. 184), dafür, daß nicht die Betzschen Zellen allein der Pyramidenbahn ihren Ursprung geben, sondern auch die übrigen Pyramidenzellen der V. Schicht (und der IIIc), und daß dieser Ursprung über die Area gigantopyramidalis FAγ hinaus vielleicht über die Area praecentralis (FA), überhaupt sich frontal auch auf die caudalen Partien der folgenden Area FB erstreckt (s. hierzu noch S. 313). Schließlich wissen wir vom Studium der amyotrophischen Lateralsklerose her, daß feinfaserige Degenerationen bei dieser Erkrankung auch in die hintere Zentralwindung ziehen (ROUSSY), und daß auch Läsionen von C. p. zu feinfaserigen Degenerationen in der Pyramidenbahn führen, daß also einige Pyramidenfasern auch im Gebiete der hinteren Zentralwindung ihren Ursprung haben dürften. -
VOGT meint mit NISSL, CHR. JAKOB (s. 1. Kap., S. 22), FOERSTER u. a. m., daß nur die V. und VI. Schicht die Projektionsfaserung entsenden, während CAJAL, wie oben gesagt, und wir daneben die großen Pyramidenzellen der IIIc- und auch der V. Schicht als Ursprungsorte dieser Fasern ansehen, wenigstens betreffs der Pyramidenbahn. Erstere Ansicht stützt sich außerdem noch auf BIELSCHOWSKYs, LENZ' und SPIELMEYERs Untersuchungen von sog. „Lähmungen bei intakter Pyramidenbahn". Bei diesen angeborenen Störungen fehlt die III. Rindenschicht beinahe vollkommen. Diese Forscher nehmen nun an, daß die III. Schicht nicht der Ursprung der Pyramidenbahn sein könne, da trotz des großen Ausfalles an Zellen, den die III. Schicht in diesen Fallen bot, die Pyramidenbahn anatomisch intakt schien; sie nehmen vielmehr an, daß hauptsächlich die Riesenzellen der V. Schicht die Pyramidenbahnfasern entsenden müssen, da nie ebenso wie die Pyramidenbahn selbst in diesen Fällen keine anatomische Veränderungen auf wiesen. Die trotzdem bestehende Lähmung erklärten sie weiter aus dem Zellausfall der III. Schicht dadurch, daß in der III. Schicht die Faseraufsplitterung der von außen und speziell vom Thalamus in die Gehirnrinde einstrahlenden, die Erregung zuleitenden Fasern stattfindet; die Zellen dieser III Schicht seien also rezeptiv und fangen den Reiz dieser Erregung auf (s. S. 184); da nun bei ihrem Ausfall die Aufnahme des Impulses zur Bewegung fehle, bleibe auch die Bewegung als solche wirklich aus, und dadurch wird eine Lähmung gleichsam vorgetäuscht, ebenso wie auch sonst motorische Lähmungen bei Durchschneidung sensibler Nerven entstehen können. Es ist nun sehr möglich, daß diese Auffassung von BIELSCHOWSKY und SPIELMEYER zu Recht besteht, ohne daß aus diesem Grunde nötigerweise die Auffassung, die wir vertreten, daß auch die großen Pyramidenzellen der IIIc- und V-Schicht Pyramidenfasern entsenden, damit in Widerspruch stehen müsste; denn einerseits läßt sich bei einer im Markscheidenbilde anscheinend „intakten" Pyramidenbahn nie erkennen, ob nicht doch ein großer Teil der Fasern fehlt, deren Lücken durch die vorhandenen verdeckt werden; andererseits könnte jener Teil der III. Schicht doch noch zum Teil erhalten geblieben sein, der den Pyramidenbahnen ihren Ursprung gibt, nämlich IIIc.
292 Das Stirnhirn.
Wir haben bisher eigentlich nur über die eventuelle physiologische Funktion der einzelnen Zellen und Schichten der Area FA und FAγ gesprochen. Wollen wir nun über die physiologische Bedeutung der Area FA sprechen, so haben wir vor allem daran zu erinnern, daß durch die neueren physiologischen Untersuchungen und durch die Ergebnisse der Pathologie immer mehr die Ansicht sich gefestigt hat, daß wir in der vorderen Zentralwindung die Lokalisation der Motilität zu suchen haben, und daß die hintere Zentralwindung dagegen der Sensibilität dient; diese Ansicht findet nun auch cytoarchitektonisch insofern eine Bestätigung, als die beiden Zentralwindungen tatsächlich einen grundverschiedenen Bau aufweisen, dessen einfache Betrachtung schon den Gedanken an eine grundverschiedene Funktion aufdrängt. In der hinteren Zentralwindung findet sich in der schmalen Rinde ihrer Vorderwand sehr deutlich ausgeprägt jene kleinstzellige Rindenformation, welche wir S. 190 als Koniocortex bezeichnet haben und welche in allen sensiblen Sphären in irgendeiner Variation sich wiederfindet; die vordere Zentralwindung wieder zeigt sowohl in ihrer Area FA und FAγ als auch in ihren übrigen Teilen, die von der Formation FB überzogen sind, jenen breitrindigen agranulären größtzelligen Pyramidentypus (Typus 1, s. S. 188, Fig. 88 und 89), der ja direkt das andere Extrem der Rindenentwicklung darstellt als der Koniocortex; diesen Rindentypus 1 können wir als motorischen oder wenigstens efferenten bezeichnen. Nun ist es ja, wie gerade oben erwähnt, längst bekannt, daß sich die Rindenfoci für die isolierten, willkürlichen Bewegungen in scharfer somatotopischer Gliederung vom Parazentralläppchen an über die ganze vordere Zentralwindung bis zum Operculum Rolando in dorsoventraler Richtung aneinanderreihen, und zwar derart, wie dies an Abb. 98 und 99 dargestellt ist, so daß am Parazentrallappen die Foci der Blase und der sakralen Organe sich finden, dann an der Mantelkante Fuß und Zehen sich anschließen und weiter der Abb. 98 entsprechend die Motilität der übrigen Teile sich aneinanderreiht, so daß schließlich auf den ventralsten Teilen der C. a. die motorischen Zentren für Mund, Pharynx und Larynx lokalisiert erscheinen. Eine ähnliche, wenn auch nicht ganz so scharfe somatotopische Gliederung der Sensibilität weist auch die hintere Zentralwindung auf. Nun ist es aber bekannt, daß von der hinteren Zentralwindung ebenfalls durch elektrischen Reiz, wenn auch weniger leicht als von der vorderen, Bewegungen hervorgerufen werden können, andererseits ist es durch CAJAL erwiesen, daß gerade in der vorderen Zentralwindung ein sehr dichtes exogenes (sensibles ?) Fasergeflecht sich in der III. Schicht befindet. In welcher Beziehung jedoch dann diese Tatsachen zu dem gerade besprochenen motorischen Charakter der C. a. und sensorischen Charakter der C. p. steht, können wir erst dann zu ergründen suchen, wenn wir schon den Rindenaufbau auch der hinteren Zentralwindung besprochen haben werden; wir müssen daher hier diesbezüglich auf die späteren Ausführungen im gleichen Paragraphen (§7) bei Besprechung der Regio postcentralis des Parietallappens 10. Kap, A, 5, §7, verweisen.
Area praecentralis. 293
Nun wissen wir, daß wir in der C. a. die Rindenfoci für die willkürlichen Einzelbewegungen zu suchen haben, deren Erregung auf dem Wege über die Pyramidenbahn nach abwärts geleitet wird. Schon BETZ hat die mit seinen Riesenzellen ausgestattete Rinde mit der elektromotorischen Zone identifiziert, also mit unserer Area praecentralis gigantopyramidalis FAγ. Verschiedene Autoren möchten auch wirklich bloß jene Rindenstellen als Zentren der Einzelbewegungen ansehen, welche Betzsche Zellen enthalten (FOERSTER), aber ein Blick auf Abb. 92 und 98 zeigt, daß diese (Area FAγ) sich großenteils bloß auf die Wand der Rolandoschen Furche beschränken, während die Reizfoci großenteils an der Oberfläche liegen, so daß man die elektromotorische Zone doch weiter annehmen muß als die gigantopyramidale Area FAγ, und zwar wahrscheinlich mindestens so weit, als eben FA reicht (s. S. 275). Es weisen zwar exstirpierte Rindenstücke der elektrisch bestimmten Reizfoci der vorderen Zentralwindung meist Riesenzellen auf, d.h. es sind Teile von FAγ; wenn solche aber keine Riesenzellen aufweisen, was ja auch vorkommt, so handelt es sich eben wohl um Teile von FA, d.h., um einen Teil derselben Area, die weniger oder keine Riesenzellen, sonst aber den gleichen Bau aufweist und auch myeloarchitektonisch ebenso astriär oder beinahe astriär gebaut ist wie der riesenzellenführende Teil. Es ist also wohl die Area FA mitsamt vor allem ihrem gigantopyramidalen Abschnitt FAγ als die Rinde anzusehen, von der aus die motorischen Willkürimpulse für Einzelbewegungen nach abwärts gehen auf dem Wege des Windungsmarkes der vorderen Zentralwindung, der den corticalen Beginn des größten Teiles der Pyramidenbahn enthält. Wir betonen also nochmals, daß wir die Area praecentralis von der Höhe der zweiten Frontalwindung an etwas weiter frontal reichend gefunden haben als ihren von Betzschen Zellen besetzten Anteil, der sich ventralwärts immer mehr auf die Wand in der Rolandoschen Furche zurückzieht; dadurch nehmen wir diese motorische Area etwas breiter an als die früheren Untersucher, und zwar auf Grund des Gesamtbaues dieser Area, der eben weiter nach vorne auf der C. a. reicht, als bisher angenommen wurde und als die Riesenzellen reichen; die genaue cytoarchitektonische Untersuchung zwingt, wie gesagt, zu dieser weiteren Umgrenzung, zumal neben dem entsprechenden Gesamtbild von FA auch sporadisch hier und da noch die eine oder andere Riesenzelle sich in ihr weiter frontal vorfindet, als es der strikten Begrenzung der Area gigantopyramidalis entsprechen würde. Nun gibt uns auch der anatomische Befund der elektrischen Reizfoci der vorderen Zentralwindung des Menschen recht. Es ist also die ganze Area FA als der Ort der Rinde anzusehen, von dem aus willkürliche Einzelbewegungen ausgelöst werden. Aber auch diese (erweiterte) präzentrale Area nimmt, wie wir in §5 gesehen haben, nicht die ganze vordere Zentralwindung ein, sondern bedeckt in der Höhe der zweiten Frontalfurche nur die hintere Hälfte der Gesamtoberfläche der C. a. und ventral weiter nur mehr ein Drittel und schließlich noch weniger und räumt am Operculum selbst der folgenden Area FB vollkommen den Platz. Andererseits wissen wir schon aus den Untersuchungen von SHERINGTON, daß nicht allein die vordere Zentralwindung, elektrisch gereizt, motorische Effekte auslöst, sondern daß auch von den vor ihr gelegenen Teilen des Frontalhirns motorische Effekte, wenn auch mit etwas stärkeren Strömen, zu erzielen sind. Nun haben ganz ausgezeichnete Untersuchungen VOGTs an Affen, die später zum Teil gelegentlich durch Operationen am Menschen von FOERSTER nachgeprüft und vervollständigt wurden, einen gewissen Parallelismus zwischen den Unterschieden im Reizeffekt und jenen im anatomischen Rindenbau aufgedeckt. Diese wunderschönen Studien eröffnen ganz neue Perspektiven der Hirnforschung. Da zu ihrem Verständnis die Kenntnis des Baues der betreffenden Rindenpartien wünschenswert ist, wollen wir sie am Schluß der Besprechung der Regio praerolandica erst näher ausführen und verweisen diesbezüglich auf §7 der Area FC (S. 333).
Was die Projektionsbahnen anlangt, die aus der Area FA entspringen, so haben wir eben gesehen, daß der größte Teil der Pyramidenbahn ihren Ursprung wohl in der V. (und IIIc-) Schicht der Area praecentralis nehmen (Abb. 87). Daß auch zahlreiche corticothalamische Bahnen aus der FA entspringen und speziell zum Thalamuskern va1 ziehen, ist bekannt. Auch corticorubrale Fasern scheinen die vordere Zentralwindung (und speziell FA) neben der hinteren mit dem roten Kern zu verbinden.
294 Das Stirnhirn.
Unmittelbar frontal an die Formation FA schließt sich in der Höhe aller drei Frontalwindungen eine Formation an, die wir als Typus der agranulären Stirnhirnformation ansehen können (Abb. 70). Wir bezeichnen sie mit FB (Abb. 92-95). Der Übergang der Formation FA in die FB ist ein ziemlich rascher; sie sind beide recht ähnlich und daher die Grenze nicht ganz genau anzugeben. FB nimmt den Fuß aller drei Frontalwindungen ein, erstreckt sich aber verschieden weit frontalwärts auf den einzelnen Frontalwindungen selbst, und nimmt zum Teil, da sie sich unmittelbar an die Formation FA anschließt, von der zweiten Frontalwindung an ventralwärts auch einen in dieser Richtung zunehmenden Teil der Vorderwand und der Kuppe der vorderen Zentralwindung ein. Am weitesten nach vorne reicht sie auf der ersten Frontalwindung; ihre frontocaudale Ausdehnung auf dieser mißt 6-7 cm. Von hier an springt ihre vordere Grenze auf der zweiten Frontalwindung ziemlich weit zurück, so daß sie auf derselben bloß 3-4 cm nach vorne von der vorderen Zentralwindung reicht, auf der dritten Frontalwindung schließlich ist ihr Gebiet an der Hirnoberfläche von hinten nach vorne kaum über 2 cm. Alle diese Maße beziehen sich natürlich auf die reine Oberflächenausdehnung an der konvexen Fläche des Gehirns, ohne die Furchenwände mitzurechnen, die von dieser Formation überzogen werden, sonst wären die Zahlen bedeutend größer. Da sie, wie gesagt, unmittelbar nach vorn an die FA-Formation grenzt, reicht sie nach rückwärts zum großen Teil auch auf die vorderen Partien der vorderen Zentralwindung; im Bereiche der Mantelkante ist dies zwar noch nicht der Fall, aber von der Mitte der Höhe der ersten Frontalwindung an steigt sie aus der Tiefe des Sulcus praecentralis, über die vordere Wand der Centralis anterior hinüberkletternd, allmählich an die Oberfläche, so daß sie im Bereiche der zweiten Frontalwindung schon die ganze vordere Wand und das vordere Drittel der Windungskuppe der C. a. und im Bereiche von F3 sogar die Hälfte derselben einnimmt. Wo eine Übergangswindung oder der Ansatz des Fußes einer Frontalwindung an die vordere Zentralwindung sich heftet, schiebt sich auf dieser Übergangswindung außerdem noch die FB-Formation zum Nachteile der FA auf der Kuppe der vorderen Zentralwindung weiter nach hinten vor.
Auch die Area frontalis agranularis zeichnet sich durch eine ganz besondere Breite der Rinde aus, die wohl jeweils etwas geringer ist als die Breite von FA. Am präparierten Schnitte (Abb. 116, 2) beträgt die größte Breite derselben je nach dem zur Messung vorgenommenen Gehirn 3.0-3.8 mm. Sie gehört also ebenfalls zu den breitesten Rindenteilen des Großhirns. Nach vorne zu wird sie allmählich nach und nach schmäler, der Unterschied der frontalsten Partien gegenüber den caudalen kann sogar bis zu 0.7 mm betragen. Relativ am breitesten sind ferner immer die Teile nahe der Mantelkante an der Konvexität, sowie nahe der FA-Formation; hier weist das Culmen der FB ungefähr dieselben Zahlen wie FA auf, doch wird sie zum Unterschiede von FA in der Windungswand viel schmäler. Auch an der Konvexität nimmt sie ebenso wie die FA-Formation ventralwärts allmählich an Dicke ab, so daß an Hirnen, an denen wir auf der ersten Frontalwindung für diese Formation Maße von 3.0-3.6 mm haben (vgl. Tafel VI und Tafel IX), wir weiter ventralwärts nur gegen 2.8 mm Dicke messen (vgl. Tafel X). Anders als die FA-Formation, die auf dem Windungsquerschnitte beinahe überall bis knapp vor dem Windungstal dieselbe Breite behält, nimmt die FB-Formation in der Wand sichtlich um 0.5-0.7 mm ab (vgl. Tafel VII und Tafel XI), so daß wir z. B. im Bereiche der ersten Frontalwindung in der Wand eine mittlere Wanddicke von 2.5-2.7 mm haben; im Bereiche von F2 eine mittlere Wanddicke von 2.2-2.4 mm und im Bereiche von F3 schließlich von 2.2-2.3 mm. Das Windungstal dagegen zeigt hier relativ hohe Maße von 2.2-2.5 mm; am breitesten ist die Rinde des Windungstales im Sulcus praecentralis, wo sie bis zu 2.8 mm betragen kann.
Area frontalis agranularis. 295
Die Dickenunterschiede zwischen Culmen, Wand und Tal in der FB-Formation werden weiter frontalwärts noch auffallender, während sie in unmittelbarer Nähe von FA bedeutend geringer sind. Auch hier ist die relativ allergrößte Breite der Rinde wie immer an der Windungskante anzutreffen, und auch hier kann, falls die Windung eine äußerst breite ist, wie dies bei den Frontalwindungen häufig der Fall ist, in der Mitte des Culmens die Rinde sogar manchmal relativ etwas schmäler sein als an den übrigen Teilen der Kuppe, sogar in gewissem Sinne den Wandtypus annehmen.
Die Begrenzung gegen das Mark ist auch für FB sehr unscharf, besonders am Culmen und in der Windungskante, aber auch an der Wand ist die Begrenzung noch nicht scharf zu nennen (Tafel VII), obschon doch weit schärfer als im Bereiche der FA-Formation; es läßt sich wenigstens in der Wand die Grenze gegen das Mark auf 1-2 Zehntelmillimeter genau bestimmen, was bei FA noch nicht möglich war.
Makroskopisch läßt sich gewöhnlich am gefärbten Präparat zwar noch keine Schichtung unterscheiden, doch sieht man an der Grenze zwischen dem dritten und dem vierten Fünftel der Rindenbreite, von der Oberfläche gegen die Tiefe zu gerechnet, einen etwas dunkler gefärbten horizontalen Streifen (Abb. 116, 2), der, wie man bei späterer mikroskopischer Betrachtung erkennt, den großen Pyramidenzellen der IIIc (und V) entspricht. Auch die erste Schicht an der Oberfläche erscheint als homogener, schmaler, ungefärbter Saum. In den tieferen Abschnitten der Windungswand kann man unter der I. Schicht angedeutet einen dunkleren Strich der II. Schicht entsprechend bemerken, der jedoch gegen das Culmen zu immer wieder verschwindet.
Neben der Rindenbreite, durch die sich die FB-Formation unmittelbar an die FA anreiht, ist ebenso wie für die FA-Formation auch für die FB-Formation typisch, daß sie jeder Körnerbildung entbehrt, also eine agranuläre und somit heterotypische Rindenformation ist, und zwar ist sowohl die äußere Körnerschicht II als auch die innere IV noch undeutlicher ausgeprägt als in FA; sie fehlt in den hinteren Partien von FB eigentlich ganz (Tafel VI); insbesondere am Culmen der Windungen ist von Körnern überhaupt nichts mehr zu sehen (Abb. 70). Jedoch sind in dieser Beziehung nicht unbedeutende individuelle Unterschiede zu verzeichnen, besonders bezüglich der äußeren Körnerschicht, die doch wenigstens an dicken Schnitten vielfach als eine geringe Verdichtung der obersten Zellage der III. Schicht zu erkennen ist. Ferner sind in den Windungswänden (Tafel VII) sowohl die äußere als auch die innere Körnerschicht, welch letztere an der Windungskuppe größtenteils absolut fehlt, hier in der Tiefe wenigstens angedeutet, und polarwärts gewinnen diese Körnerschichten immer mehr an Zellelementen, so daß sie in den frontalsten Partien von FB schon regelmäßig wieder angedeutet sind und man diese Teile als Übergangsbildung zur nächsten Formation FC also als FBC bezeichnen kann (Tafel VIII und IX). Sowohl an der ersten, als auch an der zweiten Frontalwindung gilt das von FB eben Gesagte; an der dritten Frontalwindung, wo die Formation FB ohnehin bloß ein sehr schmales Gebiet einnimmt, ist der vollkommen agranuläre Teil von FB höchstens auf die vordere Partie der vorderen Zentralwindung beschränkt, oft genug zeigt aber auch dieser Teil der FB-Formation schon eine Ansammlung von Körnern in der IV. Schicht in jenen Gehirnen, wo die operculare Gegend der Zentralwindung körnerreich ist (Tafel X und XI). Auch der Teil von FB, der sich über die obere Mantelkante auf die mediane Hirnwand erstreckt, weist manchmal schon eine Andeutung der IV. Schicht wieder auf.
Auffallend zum Unterschiede von der FA-Formation ist die im allgemeinen bedeutend größere Ordnung der Zellen in regelmäßigen Abständen voneinander und die bessere Orientierung der Spitzen der Pyramidenzellen gegen die Oberfläche; man vergleiche zu diesem Zwecke Tafel I und Tafel VI miteinander. Der ganze Querschnitt auf Tafel VI macht ein viel regelmäßigeres und geordneteres Aussehen, wozu nicht wenig die gleich zu besprechende radiäre Streifung dieser Formation beiträgt, welche sofort am Übergang von FA in FB zu bemerken ist. Ein Vergleich von Tafel V, welche die Area FA darstellt, mit Tafel IX, FB darstellend, läßt uns diesen, wenn auch nicht sehr bedeutenden Unterschied rasch begreifen.
296 Das Stirnhirn.
Eine horizontale Schichtung ist auch an FB nicht zu beobachten. Zwar ist, wie immer, die I. Schicht deutlich zu erkennen, außer ihr aber keine auffallendere Schichtenbildung zu verzeichnen; nur fallen die großen Pyramidenzellen der breiten Unterschicht IIIc und die der V. Schicht durch ihre Größe und tiefe Färbung auf. Doch da der Übergang der Zellgröße von den oberflächlichen kleinen Pyramidenzellen zu den großen in der Tiefe ein ganz allmählicher ist, und da der Zellreichtum aller dieser Teile und besondere die Zelldichtigkeit keine großen Differenzen aufweisen, fallen diese großzelligen Unterschichten bei mikroskopischer Betrachtung weniger als eigene Lagen in die Augen als bei makroskopischer Betrachtung; und für die FB ist es geradezu charakteristisch, daß die ganze Rindenbreite im mikroskopischen Bilde ein ziemlich gleichmäßiges, nicht in horizontale Lagen zerfallendes Aussehen bietet, ja daß die III. Schicht und die V. so innig ineinander übergehen, daß man ihre Grenze eigentlich auf Tafel VI gar nicht angeben kann und von I. bis VI. eine einzige breite Pyramidenzellschicht vor sich hat.
Dagegen ist eine radiäre, vertikale Streifung dieser Zone auch am Zellbild sehr deutlich und ruft am Culmen in gewissem Sinne sogar die Andeutung einer fächerförmigen Anordnung der Zellen hervor, wie an Tafel VI deutlich zu sehen ist, ohne daß dieselbe jedoch so ausgeprägt wäre, daß es zu einer säulenförmigen Reihenordnung der Zellen übereinander käme (s. auch Abb. 45, 46). An Sagittalschnitten ist diese radiäre Streifung sogar etwas deutlicher zu sehen als an Frontalschnitten: sie reicht vom Mark bis hinauf in die II. Schicht; sie ist an den rückwärtigen Abschnitten von FB deutlicher als an den weiter polar gelegenen ausgeprägt. Auch scheinen die Zellen in sagittaler Richtung dichter gereiht zu sein als in frontaler.
FB ist zellreicher als FA, muß als übermittelzellreich bezeichnet werden; die äußere Hauptschicht ist zellreicher als die innere; die Zellgröße ist in allen Schichten eine bedeutende und eine höhere, als in den entsprechenden Schichtenabschnitten der meisten anderen Rindenpartien des Gehirns. Dies gilt insbesondere für die III. Schicht und hier sogar auch im Vergleiche zu der III. der Area FA; und zwar sind in der IIIc-Schicht der FB die großen Pyramidenzellen in solcher Größe und so dichter Aneinanderreihung am Culmen sowohl (Tafel VI und Tafel IX) als in der Wand (Tafel VII), daß man diese Zellage für die FB-Formation, welche ohnehin zu den zellgrößten der Rinde gehört, als geradezu typisch bezeichnen muß. Auch die Zellen der V. Schicht sind äußerst groß und ebenfalls pyramidenförmig, und der Übergang von III zu V ein so allmählicher, daß man den Eindruck einer einzigen Schicht hat und sagen kann, daß in der Formation FB mehr als zwei Drittel der Rindenbreite von mittelgroßen und großen Pyramidenzellen am Culmen eingenommen ist und daß in der Wand sogar drei Fünftel der Rindenbreite schöne Pyramidenzellen aufweisen. Keine andere Rindenstelle weist ähnliche Verhältnisse auf, auch sogar die noch später zu besprechende Formation FI (Tafel XLII) kann sich nicht annähernd damit vergleichen. Auch in der Formation PC (Tafel LXIII und LXIV) sind die Pyramidenzellen in der IIIc-Schicht äußerst groß, manchmal noch größer als in FB und somit die allergrößten Pyramidenzellen der ganzen Hirnrinde (ausgenommen natürlich die Betzschen Riesenzellen); aber in PC sind diese Pyramidenzellen nicht so zahlreich, nicht so dicht und phalanxartig aneinander gereiht wie in FB (abgesehen davon, daß diese Formation, welche sich auf der Kuppe der hinteren Zentralwindung befindet, deutliche Körnerschichten fuhrt).
Der Übergang ins Mark ist auch im Gebiete von FB besonders am Culmen ein recht allmählicher, wenn auch nicht ganz so verschwommen, wie in der FA-Formation. Insbesondere in der Windungswand ist die Abgrenzung gegen das Mark relativ schon recht deutlich und die Rindenmessung daher keiner so großen Willkür mehr unterworfen, wie bei FA; man vergleiche hierzu die Tafeln II und VII miteinander. Trotzdem sind auch hier tief ins Windungsmark noch Zellen der VI. Schicht hineinversprengt.
Das Verhältnis der einzelnen Schichten der FB zueinander weist eine große Ähnlichkeit mit dem der Formation FA auf. Auffallend im Verhältnis zu FA ist es, daß, trotz der gleichen Breite der III. Schicht, die IIIc-Schicht, die bei beiden recht auffallend ist, bei FB tiefer liegt, d. h. weiter von der Oberfläche entfernt ist. Auf dieses und andere Details kommen wir später bei Besprechung der III. Schicht selbst zurück. Der Umstand, daß die ganze Rinde von FB etwas schmäler ist als von FA, ist hauptsächlich auf eine Verschmälerung der V. und VI. Schicht, insbesondere auch der VIb-Schicht, zurückzuführen. An verschiedenen Stellen und Hirnen messend fanden wir folgende Zahlen (s. S. 112).
Area frontalis agranularis. 297
I | II | III | IV | V | VI | |||
Gesamtdicke am Culmen in der Höhe von F1:3.7 mm | ||||||||
0.22 | (0.06) | 1.54 | 0 | 0.60 | 1.30 | mm | a 0.8 | b 0.5 |
Gesamtdicke am Culmen (F1):3.8 mm | ||||||||
0.24 | (0.06) | 1.40 | 0 | 0.50 | 1.60 | mm | a 1.00 | b 0.60 |
Gesamtdicke am Culmen (F1 weiter frontal) 3.1 mm | ||||||||
0.20 | 0.08 | 1.00 | 0 | 0.45 | 1.37 | mm | a 0.82 | b 0.55 |
An der medianen Hirnfläche nimmt die Windungsoberfläche ein bißchen den Typus der Windungswand an und zeigt eine schärfere Begrenzung gegen das Mark.
I | II | III | IV | V | VI | |||
Gesamtdicke am Culmen an der medianen Hirnfläche: 3.10 mm | ||||||||
0.23 | 0.13 | 1.10 | 0.09 | 0.36 | 1.20 | mm | a 0.80 | b 0.40 |
Gesamtdicke weiter unten an der Konvexität am Culmen in der Höhe von F2: 2.64 mm | ||||||||
0.18 | 0.04 | 0.82 | 0 | 0.50 | 1.10 | mm | a 0.70 | b 0.40 |
Gesamtdicke am Culmen in der Höhe von F3: 2.54 mm | ||||||||
0.18 | 0.09 | 0.82 | 0.09 | 0.36 | 1.00 | mm | a 0.70 | b 0.30 |
In der Windungswand bei einer Gesamtdicke von 2.8 mm | ||||||||
0.22 | 0.22 | 1.10 | 0 | 0.45 | 0.80 | mm | a 0.40 | b 0.40 |
In der Windungswand bei einer Gesamtdicke von 2.6 mm | ||||||||
0.27 | 0.09 | 1.20 | 0.02 | 0.40 | 0.80 | mm | a 0.52 | b 0.28 |
In der Windungswand bei einer Gesamtdicke von 2.3 mm | ||||||||
0.27 | 0.09 | 0.90 | 0.04 | 0.29 | 0.70 | mm | a 0.45 | b 0.25 |
Die Rinde ist also in FB zahlenmäßig sehr breit, besonders in ihrer III., V. und VI. Schicht, d. h. also für alle Zellschichten, aus denen sie eigentlich bestehen. Die Verschmälerung in der Windungswand ist auch hier hauptsächlich auf die Abnahme der VI. Schicht und bloß zum Teil auf die der V. Schicht zurückzuführen, während die III. Schicht absolut nur wenig abnimmt, scheinbar sogar wegen der Abnahme der anderen zellführenden Schichten den Eindruck macht, breiter zu werden.
Die relativen, mittleren, prozentuellen Zahlen der Schichtendicke ohne Einbeziehung von VIb (Proportionalgleichung s. S. 114) sind also:
I | II | III | IV | V | VI | äH:iH |
am Culmen | ||||||
0.06 | (0.02) | 0.48 | 0 | 0.19 | 0.25 | 56:44 |
in der Wand | ||||||
0.11 | 0.03 | 0.48 | 0.01 | 0.16 | 0.21 | 62:38 |
Daraus geht hervor, daß die I. Schicht normal breit ist, die II. äußerst schmal oder ganz fehlt, die III. Schicht ist äußerst breit, zwischen 45 und 50% der ganzen Rindenbreite. V ist ebenfalls normal, die VI. Schicht weist ebenfalls ziemlich hohe Verhältniszahlen auf. Absolut genommen aber ist die III. Schicht ganz besonders breit, da sie bis zu 1.5 mm erreichen kann, also so breit, wie z. B. im Hinterhauptslappen die ganze Rinde ist. Dabei ist auch die V. Schicht absolut genommen noch recht breit. Diese beiden von Pyramidenzellen besetzten Schichten betragen zusammen über 2 mm und machen also die Hälfte bis zwei Drittel der ganzen Rindenbreite aus; sie sind von Pyramidenzellen bevölkert, während die beiden Körnerschichten größtenteils so gut wie ganz fehlen. Auch in der Wand hat das Verhältnis zugunsten der III. Schicht sich verrückt; da jedoch hier die II. und die IV. Schicht zum Teil wenigstens wieder auftreten, sind die Zahlen hier etwas weniger groß als am Culmen. Auch hier zeigt die Molekularschicht relativ eine normale Verhältniszahl, während sie absolut genommen recht hohe Werte aufweist. III und V sind in der Wand ebenfalls breiter als gewöhnlich und machen auch hier ungefähr zwei Drittel der Rindenbreite aus. Es ist möglich, daß diese hohen Ziffern des von den Pyramidenzellen eingenommenen Randes der Hirnrinde mit der Funktion dieser Stellen in irgendeinem Zusammenhang stehen. Die äußere Hauptschicht überwiegt hier die innere um recht viel, das Verhältnis ist 56:44 am Culmen und in der Wand sogar 62:38!
298 Das Stirnhirn.
Daß die Dicke der ganzen Rinde sehr verschieden sein kann in der Area frontalis agranularis, haben wir schon erwähnt, und zwar sind solche Änderungen erstens individueller Art, zweitens finden sie sich bei ein und demselben Individuum auch je nach der untersuchten Stelle (s. §l).
(s. Tafel VI-XI und auch Abb. 68-84).
I. Die Molekularschicht ist hier absolut genommen recht breit, stellenweise vielleicht sogar etwas breiter als bei der FA-Formation, und schwankt zwischen 0.18-0.27 mm; in der Wand und im Tal, besonders in letzterem, erreicht sie regelmäßig bedeutend höhere Werte (s. Tafel VII linke Ecke unten). Bei der großen Dicke der ganzen Rinde aber zeigt sie prozentuell nahezu normale Verhältniszahlen. Frontalwärts wird die I. Schicht allmählich etwas schmäler und kann auf 0.16 mm sinken. An der medialen Hirnwand dagegen bat sie ungefähr dieselben Werte wie an der Konvexität, und sogar etwas höhere. Gegen die Sylvische Grube zu ist absolut nur eine minimale Abnahme der I. Schicht zu verzeichnen, und da die Rinde hier im ganzen genommen schmäler wird, steigt also die relative Zahl für die I. Schicht. Im Windungstal ist die I. sehr dick, kann über 0.6 mm steigen.
Wie sonst läßt sich auch in FB in der I. eine äußere kernreichere, und zwar speziell gliakernreichere Zone von einer tieferen kernärmeren Zone unterscheiden, die sich in ihrer Breite wie I:2 verhalten. Doch ist der Unterschied schon viel weniger deutlich als im Gebiet der Formation FA, so daß wir von einer Unterteilung in Ia und Ib hier absehen wollen; in der Wand der Windung (Tafel VII) ist dieser Unterschied überhaupt kaum merkbar und auch kaum stärker als am ganzen übrigen Gehirn. Zellen des Cajalschen Typus kommen in beiden Teilen der I. Schicht vor, in der tieferen jedoch viel häufiger, sie haben meist eine gestreckt dreieckige Form von 4/8 µ. Auch kleine dreieckige Zellen, mit der Spitze gegen die Oberfläche gerichtet, und ebensolche pyramidenförmige Zellen kommen sporadisch vor. Diese Nervenzellen sind meist ohne Trabantzellen, nur ausnahmsweise findet man in ihrer Begleitung einen Kern. Die kleinen Nervenzellen in der I. Schicht sind im allgemeinen in den caudalen Partien von FB, also nahe an FA größer als weiter frontal. Die Grenze der I. Schicht gegen die II. ist recht unscharf und von kleinen vorspringenden Zellgruppen vielfach unterbrochen.
II. Die äußere Körnerschicht. War es schon bei der FA-Formation recht schwer, eine II Schicht als solche zu unterscheiden, so ist dies bei der FB - Formation noch viel schwerer. Mehr als die FA-Formation verdient die FB-Formation den Namen agranulär, und dort, wo ihr Charakter voll ausgebildet ist, ist eine II Schicht überhaupt nicht zu unterscheiden, besonders nicht an etwas dünneren Schnitten und speziell am Culmen der Windung (Abb. 70). An recht dicken Schnitten, wie die von uns abgebildeten sämtlich 25 µ dicken Schnitte, sieht man wohl eine Verdichtung von Zellen an der Grenze zwischen I und III, dieselbe ist aber mit dieser Bezeichnung einer Verdichtung der obersten Zellage genügend gekennzeichnet; eine Schicht im wahren Sinne des Wortes bildet sie nicht, und ihr Übergang in III ist derart unkenntlich, daß man eine Breite dieser II Schicht nicht messen kann und wir daher auch diesen Teil zur III. rechnen. Außerdem sind die Zellen, die diese Lage bevölkern, wie man ohne weiteres an unseren Tafeln sieht, sämtlich kleine und kleinste Pyramidenzellen, so daß man auch an der Zellform keinen Anhaltspunkt hat, um diese Lage von III zu trennen. Bei dem Zellreichtum der ganzen FB-Formation und besonders bei ihrem Reichtum an großen Zellen verschwindet also diese geringe Verdichtung der obersten Lage vollkommen. Wir müssen aber immerhin erwähnen, daß ihre kleinsten Pyramidenzellen doch etwas kleiner sind als die übrigen der oberen IIIa-Lage und daß ferner die Zellen der IIIa-Lage an vielen Stellen direkt unter die I. Schicht reichen (Tafel VI, Höhe 32, Breite 35 cm), so daß diese Lage allerkleinster Zellen auch vielfach unterbrochen ist. Wir wollen sie daher ebenso wie in der FA- Formation dort, wo sie überhaupt noch sichtbar ist, als III(II) bezeichnen. In der Windungswand jedoch und im Windungstal kommen diese kleinen Zellen zahlreich genug vor, damit man wirklich eine II Schicht abgrenzen kann (Tafel VII). Gegen die Sylvische Grube zu einerseits (Tafel X und Tafel XI), andererseits auch frontalwärts in der Nähe der nächsten frontalen Area FC, ist auch wieder eine Zunahme von Körnerzellen in dieser Schicht (III(II)) zu sehen (Tafel VIII und Tafel IX). Weiter rückwärts jedoch (Tafel VI und obere Partie der Tafel VII) ist die Umwandlung, wie gesagt, des allergrößten Teiles der Zellen dieser Lage zu Pyramidenzellen geradeso in der Wand und im Tal als am Culmen äußerst charakteristisch für die FB-Formation, mehr noch, als dies früher für die FA-Formation der Fall war. Unter 10 Zellen dieser Lage sind höchstens 2 Körnerzellen, und auch die kleinsten Zellen haben hier meist Pyramidenform: ihre Größe beträgt 6-10 / 5-8 µ, d. h. die größten unter ihnen erreichen die Größe der Zellen in IIIa, die kleinsten von ihnen haben trotz ihrer Pyramidenform bloß Körnergroße. Trabantzellen besitzen dieselben nicht. Am Culmen zählen wir in dieser Lage ungefähr 68 Zellen pro 0.1 mm3, in der Wand steigt dagegen ihre Anzahl auf das Doppelte, da haben wir wiederholt bis zu 140 pro 0.1 mm3 gezählt.
Area frontalis agranularis. 299
III. Die Pyramidenschicht ist die Schicht, welche der FB-Formation ihr typisches Gepräge gibt. Würde man ganz ohne Rücksicht auf die schematisierende Einteilung der Rinde in 6 Schichten einen Schnitt der FB-Formation betrachten, so müsste man darüber sagen, daß man von der Molekularschicht nach abwärts bis auf eine eher schmale Partie in der Nähe des Markes lauter Pyramidenzellen wahrnimmt, und daß die Pyramidenzellschicht allein ungefähr 2.5 mm der Rindendicke ausmacht, denn sowohl II, III, IV und V als auch der obere Teil von VI weisen lauter pyramidenförmige Zellen auf, und dies macht ungefähr drei Viertel der ganzen Rindendicke aus. Diese beinahe ausschließliche Zusammensetzung aus Pyramidenzellen ist das Charakteristische für die FB-Formation; nur aus Gründen der Übersichtlichkeit und der leichteren Verständigung müssen wir auch hier diese eigentlich einzige Pyramidenschicht in die konventionellen sechs Schichten einteilen und dieselben gesondert besprechen, und den Namen Pyramidenschicht, wie an den anderen Rindenabschnitten, obschon er hier für alle Schichten passen würde, bloß für die III. Schicht verwenden. Auch in dieser engeren Fassung ist die Pyramidenschicht, zu der wir wenigstens die II. und die IV. Schicht dazuzurechnen gezwungen sind, da sie sich von III nicht recht abtrennen lassen, die bedeutendste und breiteste Schicht der ganzen FB-Formation und mißt 1.4-1.6 mm. Man kann an ihr also fünf Etagen oder Unterschichten unterscheiden, und zwar III(II), IIIa, IIIb, IIIc und III(IV). Die oberste Lage der kleinsten Pyramidenzellen, die III(II), haben wir eben vorher unter II besprochen, darauf folgen die Unterschichten der kleinen, der mittleren und der großen Pyramidenzellen und zuletzt die der IV. Schicht entsprechende Lage III(IV), welche nicht wie in FA von mittleren und kleinen Pyramidenzellen bevölkert ist, sondern von mittleren und großen, so daß sie von der übrigen III. und V. Schicht gar nicht mehr absticht und als eigene Zellage meist nicht mehr erkennbar ist; daher wir sie auf Tafel VI, die die Windungskuppe darstellt, gar nicht, auf Tafel VII, die der Windungswand entspricht, nur in den untersten Talpartien verzeichnen konnten. In der III. Schicht nehmen die Zellen von außen nach der Tiefe zu progressiv an Größe bis inklusive zur IIIc-Lage allmählich zu, doch ist dies ebenso wie in FA nicht so zu verstehen, daß etwa in der Lage IIIc bloß ganz große Zellen vorhanden wären, sondern es kommen neben kleinen und mittleren auch die größten Zellen der ganzen Schicht hier vor und bilden zum Teil die überwiegende Zahl derselben und jedenfalls die auffallendste Sorte der Zellen, die dieser Lage ihr eigentümliches Aussehen gibt. Schon aus dieser Erklärung ergibt sich, daß es keine eigentliche Grenze zwischen IIIa, b und c gibt und auch keine horizontale Schichtung ihrer Lagen, sondern daß sie ganz allmählich ineinander übergehen und daß man daher nur annähernde und etwas willkürliche Angaben über ihr Dickenverhältnis zueinander machen kann. Bei einer Dicke von 1.6 mm für die ganze III messe ich für III(II) 0.06, für IIIa 0.26, für IIIb 0.68 und IIIc 0.40, III(IV) 0.20 mm. Sie verhalten sich also zueinander ungefähr wie 1:4:12:6:3. Verfolgt man die III. Schicht an einem Sagittalschnitte am Übergang der Formation FA in die Formation FB, so fallt es auf, daß die IIIc-Schicht in FB von der Oberfläche aus tiefer liegt als in FA, d. h. während die größten Pyramidenzellen der III in FA ungefähr 1.1 mm von der Rindenoberfläche entfernt sind, sind sie in FB ca. 1.4 mm von der Rindenoberfläche entfernt. (Natürlich sind diese Zahlen keine absolut durchweg geltenden, sondern wohl bei jedem Gehirn verschieden, es kommt bloß auf die Relation an.) Außerdem merkt man an solchen Schnitten sofort, daß FB in seinen an FA angrenzenden Partien, wenn man von den Betzschen Kolossalzellen der FAγ absieht, im allgemeinen doch zellgrößer ist, und somit eigentlich die zellgrößte Rindenpartie der ganzen Hirnoberfläche bildet. Ferner sind alle Pyramidenzellen der III in FB als schlanke oder überschlanke Pyramidenzellen zu bezeichnen, d. h. ihre Höhe ist mehr als dreimal größer als die halbe Basis (s. S. 49, Abb. 35), so daß man gleichsam den Eindruck von lauter Lanzenspitzen vor sich hat. Doch sind betreffs der Zellgröße die individuellen Unterschiede recht ausgesprochene, und auch die Schönheit der Pyramidenform erreicht bei jedem Menschen verschiedene Grade. Ferner werden regelmäßig polarwärts die Zellen auch wieder etwas kleiner. Im allgemeinen sind in FB die Pyramidenzellen auch viel regelmäßiger geformt, ihre Orientierung zur Oberfläche eine durchweg senkrechte, die Abstände der Zellen voneinander viel gleichmäßigere, und die allmähliche Größenzunahme nach der Tiefe ist stufenweise eine viel besser geordnete, als dies in FA der Fall war. Außerdem bemerkt man in FB auch in der III. Schicht, wenn auch nicht so deutlich wie in den tieferen, eine gewisse radiäre Streifung, so daß zellärmere radiäre Züge mit zellreicheren abwechseln und in ihrer Ausbreitung an der Kuppe sogar ein etwas fächerförmiges Aussehen dem ganzen Bilde verleihen; dies ist besonders an den Kuppen (Tafel VI und Tafel IX) gut zu sehen. Durch alle diese Momente erhält die ganze III Schicht ein weit geordneteres Aussehen als irgendwo sonst in der ganzen übrigen Rinde. Diese Gleichmäßigkeit ist für die FB typisch.
300 Das Stirnhirn.
In den rückwärtigen Partien von FB, wo die Zellen am schönsten ausgeprägt sind, haben wir in III(II), wie schon gesagt, eine Größe von 6-10 / 5-8 µ. Die Anzahl pro 0.1 mm3 beträgt am Culmen 70 und in der Wand 144.
Die IIIa Lage, die sich unmittelbar darunter anschließt, besteht aus kleinen Pyramidenzellen, deren Spitzenfortsatz gegen die Oberfläche gerichtet ist. Die Zellen stehen etwas weniger dicht als in III(II), die Zellzahl beträgt ungefähr 50 pro 0.1 mm3, und haben eine Größe von 15-20 / 8-12 µ; sie sind also mittelschlank oder schlank und etwas größer als die Zellen der gleichen Lage in FA. Obschon die Zellzahl geringer ist als in III(II), ist die Zelldichtigkeit ziemlich dieselbe wie dort, wegen der Zunahme der einzelnen Zellindividuen an Volumen. In der Tiefe der Windungswand sind die Zellen schöner pyramidenförmig als am Culmen und mit deutlichen seitlichen Dendriten versehen, und ihre Größe erreicht meist die obere Grenze der früher angeführten Maße. Kern und Kernkörperchen sind stets deutlich rund, von 7-8 µ (resp. 1 µ) Größe. Die Mehrzahl der Zellen hat keinen Trabantkern, doch haben ungefähr jede 5.-6. Zelle 1-2 Kerne in ihrer unmittelbaren Nähe, besonders die größeren unter ihnen.
Die IIIb-Zone geht allmählich aus der IIIa hervor. Sie ist die breiteste der fünf Unterschichten und enthält in großer Anzahl Zellen von 25-35 / 12-20 µ. Die Zellen sind also schlank gebaut (während jene der gleichen Lage in FA bloß mittelschlank waren und bedeutend kleiner, nämlich 15-25 / 10-20 µ). Die größeren Zellen sammeln sich in stärkerer Anzahl natürlich in den tieferen Partien der IIIb. Die Dichte dieser Unterschicht ist nicht überall dieselbe, die Mitte derselben ist am lichtesten und wird gegen IIIa zu einerseits, andererseits gegen IIIc wieder dunkler. In dieser lichten Mitte zähle ich ungefähr 20 Zellen pro 0.1 mm3, darüber und darunter ungefähr 25, in der Wand dagegen etwas mehr, und zwar durchschnittlich 30 pro 0.1 mm3. Alle Pyramidenzellen sind hier wohlentwickelt und geformt und haben einen lang ausgezogenen Spitzenfortsatz, der genau senkrecht zur Oberfläche orientiert ist, an der Zellbasis sind meist vier kleine Fortsätze zu sehen, auch vom cephalen Schafte sieht man in kleinen Abschnitten drei bis vier seitliche Fortsätze abgehen. Ein Trabantzellkern an der Basis kommt recht regelmäßig vor. Hier und da ist noch der eine oder der andere Trabantzellkern an der Abgangsstelle des einen oder anderen Dendriten. Der Zellkern mißt 10-12 µ im Durchmesser, ist rund oder länglichoval, hat ein deutliches Kernkörperchen; er liegt meist in der Mitte des Zelleibes, so daß zwischen ihm und der Basis noch eine deutliche Protoplasmalage zu sehen ist. Das Zellprotoplasma ist an dem natürlich nie ganz frischen Material meist im ganzen tingiert oder zeigt grobe dunkle Krümel, aber keine eigentlichen Nisslschollen. Die IIIb-Schicht kann bis zu 0.7 mm Dicke haben, also beinahe die Hälfte der III. Schicht betragen. Ganz große Pyramidenzellen oder Riesenzellen kommen in ihr so gut wie nicht vor, zum Unterschiede derselben Lage von FA, in welcher dort nicht selten eine Dislokation von ganz großen Zellen und auch von Riesenzellen zu bemerken war. Dies hängt offenbar mit dem, was wir die größere Ordnung der Zellelemente in diesem Bezirke nannten, zusammen. Kleine Pyramidenzellen kommen dagegen natürlich auch in der IIIb-Schicht vor, sie haben die für die IIIa angeführte Größe. Man kann annehmen, daß ungefähr ein Viertel der Zellen der IIIb kleine Pyramidenzellen sind. Körnerzellen dagegen kommen so gut wie nicht oder bloß sehr sporadisch in dieser Schicht vor, zum Unterschiede von FA.
Area frontalis agranularis. 301
IIIc. Diese Lage ist für die FB-Formation die allertypischste, besonders in den hinteren, der Zentralwindung näherstehenden Partien oder besonders dort, wo die FB-Formation in der Höhe der zweiten und dritten Frontalwindung den vorderen Teil der vorderen Zentralwindung selbst überzieht. Hier ist sie für die FB-Formation beinahe ebenso typisch wie die V. Schicht für die FAγ. Sie geht aus der IIIb-Schicht in der Tiefe derselben allmählich hervor und ist charakterisiert durch die mehrzellige Anordnung übereinanderstehender großer Pyramidenzellen, die nach den Riesenzellen zu den allergrößten der ganzen Hirnrinde gehören. Man betrachte die großen Pyramidenzellen Tafel VI, Höhe 24, Breite 22 cm; Tafel VII, Höhe 26, Breite 15 cm; Tafel VIII, Höhe 24, Breite 16 cm und Tafel IX, Höhe 25, Breite 18 cm. Besonders in den rückwärtigen Partien von FB sind die Zellen von ganz außerordentlicher Größe und schönster Pyramidenform, sie erreichen hier beinahe die Höhendurchmesser der Betzschen Riesenzellen, sind aber viel schmäler als diese und entbehren auch der übrigen früher angeführten Charakteristica der Betzschen Riesenzellen (Tafel VIII, Höhe 20 cm, Breite 17 cm). In den weiter polar gelegenen Partien von FB werden auch diese typischen Zellen der IIIc wieder etwas kleiner und weniger zahlreich, doch geschieht dies an der ersten Frontalwindung erst recht weit vorne. Ihre Größe muß man aber danach zwischen sehr variablen Grenzen angeben, von 35-80 / 20-30 µ; ihr cephaler Spitzenfortsatz ist nicht selten gegen die Oberfläche bis auf 100 oder 130 µ noch zu verfolgen. Gehäuft finden sich in IIIc Zellen, welche der Mehrzahl nach die obere Grenze dieser angeführten Maße erreichen, im oberen caudalen Teile von F1 nahe der Mantelkante (Tafel VIII); ferner in der Höhe der zweiten Frontalwindung; doch sind sie hier um ein gutes Stück kleiner, obschon auch recht groß; und schließlich in der Höhe der dritten Frontalwindung, in jenem Teile von FB, der auf der vorderen Zentralwindung liegt. Hier, nahe dem Opercularteile von C. a., kommen - so glauben wir sagen zu können - in größter Häufung die relativ größten Exemplare dieser Pyramidenzellen vor. Über die Zellform selbst läßt sich aus den angeführten Maßen sagen, daß sie alle schlank oder sogar sehr schlank sind; sie haben einen weit ins Gewebe verfolgbaren, senkrecht zur Oberfläche gerichteten cephalen Spitzenfortsatz. Der Zelleib ist protoplasmareich, sehr gut gefärbt, der Kern ist groß, 12-15 µ, rund, blasig, durchsichtig und hat ein 3-4 µ großes, tiefblau gefärbtes Kernkörperchen; er liegt meist in der Mitte der Zelle, überall von Protoplasma umgeben, auch von der Basis durch eine dichte Protoplasmalage getrennt; selten ist der Kern etwas seitlich verschoben. Das Protoplasma der Zelle ist derart chromatophil, daß diese Zellzeile IIIc schon mit bloßem Auge als dunkle Linie an dem gefärbten Zellpräparat zu sehen ist. An der Zellbasis und oberhalb des Kernes sind größere krümelige Massen angeordnet; eigentliche Nisslschollen sind nicht zu sehen, außer an ganz vereinzelten Zellen. Durch das mehrreihige Übereinanderstehen der Zellen und durch ihre lang ausgezogenen Spitzenfortsätze erinnert diese ganze Gruppierung etwas an eine Phalanx. In FA waren die großen Zellen der IIIc weder so groß noch so schlank, noch so regelmäßig in Reihen geordnet. Am allerdeutlichsten ist diese Reihenbildung in der Windungswand (Tafel VII und VIII). Hier sind eigentlich auch die größten und am schönsten geformten Zellen, während am Culmen die Zellen im allgemeinen kleiner und etwas weniger gut geordnet sind. Wo die Zellen in der Wand der Windung am schönsten ausgeprägt sind, kann man deren auch 18-20 pro 0.1 mm3 zählen, von denen 8-10 ganz große Pyramidenzellen sind; die übrigen sind meist mittlere, einzelne von ihnen auch kleine Pyramidenzellen. Die größten Pyramidenzellen haben gewöhnlich zwei, manchmal auch drei Trabantzellen, von denen die eine regelmäßig an der Basis der Zelle sitzt, die übrigen an dem einen oder anderen Dendritenabgang. Mehr als drei Trabantzellen kommen trotz der Größe der Zellen gewöhnlich nicht vor. Die Zellen sind genau in der Richtung der radiären Streifung gestellt, dadurch sind sie auch übereinander wie zu kurzen Reihen oder Zellfolgen manchmal geordnet. Es macht ferner den Eindruck, als ob sie in sagittaler Richtung dichter aneinandergereiht wären als in frontalen Ebenen; denn an Sagittalschnitten ist die IIIc noch auffallender zu sehen, als an Frontalschnitten. Zwischen den großen Pyramidenzellen verstreut kommen auch einzelne Körnerzellen vor.
302 Das Stirnhirn.
III(IV). Diese tiefste Zone der III. Schicht befindet sich an der Stelle, wo sonst die innere Körnerschicht zu finden wäre. In der FB-Formation enthält dieselbe so gut wie gar keine Körner, sondern ihre Zellen haben sich meist zu Pyramidenzellen entwickelt, und zwar meist zu mittelgroßen; einzelne jedoch auch zu kleinen oder zu ganz großen Pyramidenzellen. Wir zählen daher diese Schicht ohne weiteres zur III. Schicht. Meist ist sie in FB als eigene Lage gar nicht erkennbar und von IIIc auf Tafel VI und VII nicht abzutrennen. Unterhalb der großen Pyramidenzellen der IIIc-Lage und oberhalb der ebenfalls großen Pyramidenzellen der V fällt diese Schicht gerade bloß durch die etwas geringere Größe ihrer Zellen und durch deren etwas größere Zahl auf und läßt sich gerade noch auf dem Querschnitte von FB auf Tafel VIII und IX verfolgen, die etwas näher an FC liegen als Tafel VI und VII. Doch reichen stellenweise die großen Pyramidenzellen von IIIc auch hier so weit in sie herab und es sind häufig die großen Pyramidenzellen von V in großer Anzahl so weit hinauf in diese Lage disloziert (Tafel VIII, Höhe 19 cm, Breite 19 cm), oft sogar strahlenweise längs der radiären Streifung ziehend, derart mit den Pyramidenzellen der III direkt verbunden, daß V und III diese Schicht überbrücken und einfach uferlos ineinander übergehen, so daß auf weite Strecken von der III(IV) auch nichts mehr zu erkennen ist. Vielfach sind überhaupt in FB die größten Pyramidenzellen von IIIc derart weit in die Tiefe disloziert, daß sie direkt in die obere Lage der V zu liegen kommen, was den Eindruck der Einheitlichkeit der Pyramidenschicht von I bis VIa, den man ohnehin hier überall hat, noch mehr steigern kann. Immerhin kann man III(IV) auch an solchen Stellen vielleicht daran noch erkennen, daß gerade in dieser Zwischenzone die Zellen ihre schöne reihenweise Ordnung in dieser Lage nicht mehr zeigen, sondern etwas regelloser durcheinander liegen, wodurch sie sich von den wohlgeordneten Lagen IIIc und V immerhin ein bißchen unterscheiden (an Tafel VIII sichtbar). Aus dem Gesagten ist zu entnehmen, daß in solchen Gegenden, wo die III in die V unmittelbar übergeht, der eigentliche Typus der agranulären Bildung zu suchen ist. Dies ist besonders an der Hirnkonvexität am Culmen der großen Windungen der ersten (und teilweise zweiten) Frontalwindung der Fall, besonders an deren caudalsten Partien. In der Tiefe der Windungswände dagegen, ferner an weiter frontal gelegenen Abschnitten der FB sowie an weiter ventral gelegenen Teilen derselben in der Höhe der dritten Frontalwindung und schließlich auch an jenen Teilen der FB, die sich über die Mantelkante auf die mediane Hirnfläche erstrecken, wird die III(IV) wieder deutlicher. Vereinzelt mischen sich in diesen Gegenden unter die Pyramidenzellen auch Körnerzellen, allerdings sind dieselben meist keine kleinen Körner, sondern etwas größere plump dreieckige Gebilde. Im Durchschnitt kann man in III(IV) ca. 35 Zellen pro 0.1 mm3 zählen, von denen 2-3 große dislozierte Pyramidenzellen, ungefähr 12 Pyramidenzellen mittlerer Größe sind, die restlichen 20 Zellen kleine und kleinste Pyramidenzellen und trianguläre Körnerzellen sind. Auch hier haben die mittleren Pyramidenzellen meist eine Trabantzelle. Die streifige Andeutung der Radii zieht auch durch III(IV) durch.
Area frontalis agranularis. 303
IV. Die innere Körnerschicht besteht, wie gesagt, als eigene Körnerschicht hier in FB überhaupt nicht (Abb. 70); denn ihre Zellen sind meist zu Pyramidenzellen umgewandelt, und wir haben ihr Verhalten, wo sie noch eben erkennbar, unter III(IV) besprochen. Eine Aufteilung der Körnerzellen oder eine Verstreuung derselben, wie wir sie in der FA-Formation in den mittleren und tieferen Schichten von III und in den oberen von V gefunden haben, besteht in FB nicht. Gegen die Operculargegend (Tafel X und XI) nimmt aber die Zahl der Körner, wie gesagt, zu, und am Operculum selbst kann man bei manchen Gehirnen wieder eine Körnerschicht ziemlich deutlich sehen.
V. Auch die ganglionäre Schicht wird im Gebiete von FB ebenso wie in FA von schönen Pyramidenzellen gebildet. Die Betzschen Riesenpyramidenzellen kommen jedoch hier nicht mehr vor, doch sind auch in V von FB recht große Zellen vorhanden. Sie sind im allgemeinen kleiner als die ganz großen Zellen von IIIc, doch kommen unter ihnen einzelne auch recht große Zellexemplare vor, die an die Größe der IIIc-Zellen reichen, vereinzelt sogar evtl. dieselben übertreffen können (vgl. Tafel VI, Höhe 22.5, Breite 21.5 cm, und Tafel VIII, Höhe 19.5, Breite 20 cm); der Durchschnitt jedoch ist bestimmt kleiner. Je näher wir der vorderen Zentralwindung uns befinden, um so größer sind auch in der V die Pyramidenzellen, und speziell dort, wo die FB auf die vordere Zentralwindung hinübergreift, geschieht es auch am häufigsten, daß vereinzelte Zellen der V die Zellen der IIIc an Größe übertreffen. Dies ist wohl die letzte Auswirkung des Verhältnisses der angrenzenden FAγ. Je weiter man jedoch frontalwärts zu geht, desto kleiner werden im allgemeinen auch in V alle Zellen, sowohl absolut in ihren Maßen als auch relativ in ihrem Verhältnisse zur Größe der IIIc-Zellen, so daß man schon daran einen Maßstab hat, um die polare Lage eines Schnittes mit FB-Formation mit annähernder Genauigkeit bestimmen zu können. Auch in V läßt sich keine horizontale Schichtung der Zellen erkennen, aber auch keine solche Ordnung der Größe nach in den Tiefendurchmessern, wie dies in III der Fall war, sondern hier liegen große und mittlere Pyramidenzellen etwas regelloser durcheinander. Abgesehen von den größten Pyramidenzellen der IIIc hat man den Eindruck, daß große Pyramidenzellen in V in relativ zahlreicherer Menge vorhanden sind als in III; und V sieht eigentlich zellreicher aus als III, oder wenigstens zelldichter. Die Zellzahl schwankt zwischen 25 und 30 pro 0.1 mm3, wovon ein Drittel große Pyramidenzellen sind, das übrige meist mittlere und nur wenige kleine; die großen Pyramidenzellen kommen, wie gesagt, regellos über die ganze Breite von V verstreut vor, ohne jede Gruppierung oder Reihenbildung; zahlreiche Exemplare davon sind auch nach IV oder sogar hinunter nach VI disloziert, so daß stellenweise die Grenzen dieser Schichten schwer anzugeben sind. Diese großen Pyramidenzellen messen durchschnittlich 30/20 µ, vereinzelte Exemplare jedoch auch 40/30 µ; sie erreichen also im allgemeinen die untere Maßgrenze der IIIc-Zellen; daneben sieht man jedoch ganz sporadisch auch ganz große Pyramidenzellen von 60/30 µ Größe auf einzelnen Schnitten. Ohne jede Größenordnung liegen alle diese Elemente durcheinander, nur ein geringer Teil der Pyramidenzellen hat dieselbe schöne schlanke Form wie in der III. Schicht. Der größte Teil ist etwas plumper, oft bloß dreieckig statt pyramidenförmig; der Schaft ist oft genug nicht gegen die Oberfläche, sondern irgendwie schief gerichtet; hier und da sieht man auch regellose Häufchen größerer Zellen zusammen liegen und daneben wieder einen zellärmeren Fleck im Gewebe. Entsprechend ihrer Größe haben diese Zellen der V. Schicht 1-2 und 3 Trabantkerne. In den Zellen ist der Kern und das Kernkörperchen überall zu sehen. Unter die Zellen der tiefsten Lagen der V mischen sich auch schon vereinzelte Spindelzellen.
Aus dem Gesagten geht schon hervor, daß die V. Schicht in der FB-Formation weder eine Unterschichtung in horizontaler Richtung zeigt, noch nach oben oder nach unten genau abgrenzbar ist. Ihre Breite jedoch ist ziemlich ansehnlich und durchschnittlich mit 0.5 mm zu bemessen, also allerdings um ein gut Teil schmäler als in der FA, wo wir Zahlen bis zu 0.9 mm für dieselbe Schicht finden konnten. In der Windungswand verschmälert sie sich nur allmählich, dagegen sinkt sie im Windungstale rapid auf die Hälfte ihrer Breite herunter (vgl. Tafel VII und Tafel VIII unterer Bildrand), bleibt aber immerhin deutlich erkennbar; ihre Zellen werden flach, bleiben aber auch im Tal von guter Größe, und die radiäre Streifung bleibt auch hier erhalten.
304 Das Stirnhirn.
VI. Die Spindelzellenschicht ist auch in FB überaus breit und verdankt die großen Ziffern für ihren Dickendurchmesser ebenso wie in FA dem weiten Hinabreichen ihrer Zellen in das Windungsmark. Auch hier ist also die VI. Schicht gegen das Mark nicht scharf abgegrenzt, sondern löst sich nur allmählich in demselben auf. Der obere Teil von VI, der die Zellen in dichterer Anordnung enthält, kann als VIa von den tieferen und lockeren VIb getrennt werden, doch ist die Abgrenzung dieser beiden Schichten gegeneinander der Willkür jedes Untersuchers überlassen, wie man am besten an Tafel VI sieht, an der eine wirkliche Grenze im Übergang von VIa zu VIb nicht zu erkennen ist. Die Zellen der VI sind größtenteils spindelförmig, mit ihrer Längsachse senkrecht zur Oberfläche gerichtet, jedoch sieht man an der Grenze von V und VI zahlreiche Zellen, welche mit ihrer eigentümlich gestreckten dreieckigen Form ein Mittelding zwischen Spindelzelle und Pyramidenzelle bilden (Tafel IX, Höhe 15.5 cm, Breite 16.5 cm). Die Größe der Zellen nimmt deutlich progressiv von den oberflächlicheren Lagen gegen das Mark zu stetig ab; am besten ist dies am Culmen zu beobachten, wo die VI. Schicht bei weitem am breitesten ist. Hier sieht man auch am besten, daß die obere Lage dieser Zellen sich in ihrer Form ganz bedeutend der Pyramidenform nähert, also auch der Neigung aller Zellen in der FB-Formation sich pyramidenförmig umzuwandeln, folgt. Dieser Umstand erschwert die Abgrenzung von V gegen VI ganz bedeutend. In diesen obersten Lagen sind die Spindelzellen recht groß und protoplasmareich, von 30/ 10-15 µ Größe mit deutlichem Kern und Kernkörperchen. Der Kern nimmt den größten Teil des Zelleibes ein, oberhalb desselben und unterhalb davon, also an beiden Spitzen der Zellspindel, sitzen krümelige, tiefblau tingierte Massen. Die Zellen sind regelmäßig von mindestens einer Trabantzelle begleitet, nur wenige Zellen haben deren zwei. Es macht den Eindruck, als ob die VI. in FB zelldichter wäre als in FA. Gegen die Tiefe zu werden die Spindelzellen kleiner, bis zu 20/10 µ und 15/8 µ. Die Anzahl beträgt im Durchschnitt 23-29 pro 0.1 mm3, wovon 3-4 ganz große Spindelzellen sind. In der Tiefe jedoch wird die Anzahl stetig eine viel geringerere; die Zellen selbst protoplasmaärmer und in ihrer Spindel dürrer. Diese Abnahme des Protoplasmas der Spindelzellen scheint frontalwärts noch deutlicher zu werden bis zur FD-Formation. Die VI. Schicht ist sehr deutlich radiär gestreift; die Radii setzen sich unmittelbar von hier aus in die V. und die III. Schicht fort. In der Windungswand nimmt VIa ziemlich rasch an Dicke ab und VIb in noch viel auffallenderem Maße zum Unterschiede von FA, wo die VIa-Schicht auch in der Wand recht dick war und bloß die VIb-Schicht sich stark verschmälerte. Die Zellen der tiefen Lagen von VIa und VIb in der Wand von FB ziehen in bogenförmigen geschwungenen Zügen entsprechend der Krümmung der Markstrahlen gegen die Tiefe. Auch in der Tiefe der Wandung behält die VIa noch immer eine gewisse Breite. Im Tal sind ihre Zellen beinahe horizontal, d. h. parallel zur Oberfläche gestellt. Hier ist auch die Abgrenzung gegen das Mark eine viel schärfere als in der FA-Formation, obschon auch hier im Verhältnis zu den übrigen Rindenabschnitten recht viele Spindelzellen noch recht tief im Windungsmarke vorkommen, immerhin bei weitem nicht so viele und nicht so tief wie in der Kuppe.
Nach dem Gesagten ist also die Area frontalis agranularis ebenfalls ausgezeichnet durch ihre ganz besondere Dicke von durchschnittlich 3.5 mm, nach der sie unmittelbar hinter die Area praecentralis, welche die dickste Rinde des ganzen Gehirns ist, einzureihen wäre; nur die temporopolare und einzelne Stellen der mittleren temporalen Formation reichen mit ihren Breitezahlen nahe an diese Ziffer heran. In der Wand nimmt die Dicke zwar rapider ab als in der Formation FA, aber es ist auch hier in FB der Unterschied zwischen Kuppe und Wand ein geringerer als sonst im allgemeinen. Die Formation zeigt keine horizontale Schichtung, sondern einen ziemlich allmählichen Übergang der verschiedenen übereinander liegenden Zellagen ineinander, auch ohne besondere Änderung der Qualität der Zellen der verschiedenen Lagen, da außer der VI. Schicht, welche Spindelformen zeigt, alle übrigen Zellen dieser Area einen mehr oder minder schlanken und überschlanken Pyramidentypus aufweisen. Auffallend ist auf den ersten Blick eine zwar leicht angedeutete, aber immerhin unzweifelhafte radiäre Streifung, die an der Kuppe eine fächerförmige Ausbreitung erfährt und die von der VI. bis in die III. Schicht reicht. Die Grenze gegen das Mark ist auch hier eine unscharfe und der Übergang ein allmählicher, nur in der Wand ist diese Abgrenzung eine etwas schärfere. Die Formation ist mittelzellreich, dabei etwas zellreicher als FA; sie ist zellgroß und, wenn man von den Betzschen Kolossalzellen absieht, zellgrößer auch als selbst die FA, gehört also jedenfalls zu den allerzellgrößten der ganzen Rinde. Auch diese größten Zellen, die sie enthält, sind Pyramidenzellen und sind gleichsam mehrzellig zu einem charakteristischen dunklen Band in der IIIc-Schicht eingeordnet, wie es sonst nirgends in der Rinde vorkommt. Trotz der mangelnden horizontalen Schichtung sind die Zellen der FB-Formation ihrer Größe und ihrer Zahl nach und in Beziehung ihrer Abstände voneinander sowie auch infolge der radiären Streifung sehr wohlgeordnet und geben der ganzen Partie ein äußerst regelmäßiges Aussehen. Dabei ist die FB typisch agranulär (Abb. 70), und zwar fehlt dort, wo sie am schönsten ausgebildet ist, sowohl die äußere als auch die innere Körnerschicht, nur in den tiefsten Abhängen der Wände sowie an allen Grenzpartien der FB-Formation, außer gegen FA, treten Granula in den Körnerschichten wieder auf; sie gehört also zum Rindentypus 1 (Abb. 88).
Area frontalis agranularis. 305
I. 0.22 mm; absolut recht breit, in der Wand und besonders im Tal dicker als am Culmen, Nervenzellen spärlich von 4/8 µ Größe, ca. 5 pro 0.1 mm3.
II. Bloß auf sehr dicken Schnitten als Verdichtung der obersten Lage der III erkennbar, sonst nicht vorhanden.
III. 1.6 mm; absolut und relativ sehr breite Schicht, im Culmen sowohl als in der Wand zu oberst aus allerkleinsten Pyramidenzellen bestehend, die Lage III/II, Zellen 6/5 µ, ca. 70 pro 0.1 mm3, dann IIIa kleine Pyramiden 15/12 µ, ca. 50 pro 0.1 mm3, IIIb mittlere Pyramiden 30/15 µ, ca. 25 pro 0.1 mm3 (lichtere Zone), dann IIIc, mehrzeilig, sehr große, schlanke Pyramidenzellen, 30-60 / 25 µ, ca. 18 pro 0.1 mm3, zuletzt III/IV, mittelgroße und große Pyramidenzellen im Gebiete der IV., ca. 35 Zellen pro 0.1 mm3.
IV. Als eigene Schicht nicht vorhanden, außer an den Randpartien, unterster Teil davon zu V gehörend.
V. 0.60 mm; absolut sehr breit, relativ ungefähr Durchschnittsbreite, mit III unmittelbar zusammenhängend, keine scharfe Grenze; auch gegen VI unscharf begrenzt, mittelgroße Pyramidenzellen, 30/20 µ vereinzelte recht große, aber regellos verteilt zum Unterschiede von III; keine Riesenzellen, keine Unterschichtung der V., ca. 27 Zellen pro 0.1 mm3.
VI. 1.3-1.5 mm; am Culmen sehr breit, in der Wand stark abnehmend, im Tal minimal breit. VIa zellreich, zelldicht, allmählich in zellkleineres, zellärmeres und zellockeres VIb übergehend. Meist Spindelzellen, gegen V zu größeren Kalibers, 30/15 µ, und zwar 25 Zellen pro 0.1 mm3, liegen Mark zu kleiner, 15/8 µ, Grenzen unscharf, Übergang ins Mark allmählich.
Diese derart definierte cytoarchitektonische Formation nimmt einen großen Teil des Frontallappens ein und es ist die FB eine der ausgedehntesten Gehirnformationen; sie überzieht die Konvexität des Gehirns in Form eines Dreieckes, dessen breite Basis an der Mantelkante liegt, dessen abgekappte stumpfe Spitze auf dem Operculum Rolando sich befindet und den vorderen Teil desselben sowie die ventral in die Sylvische Grube blickende untere Kuppe desselben umfassend (Abb. 95), auf dessen hintere Wand in die Fossa Sylvii reicht, bis an den Sulcus marginalis insulae, wo sie unmittelbar mit den vorderen Inselformationen in Berührung kommt (s. Abb. 120, S. 282). Nach rückwärts grenzt sie in ihrer ganzen Ausdehnung sowohl hier am Operculum als an der Konvexität des Gehirns und auch jenseits der oberen Hirnkante, an dessen medianer Fläche, an die vorher besprochene FA-Formation an, d. h. an der medianen Fläche vor dem Parazentralläppchen auch unmittelbar an die FAγ. Sie reicht also in der Höhe der oberen Partie der ersten Frontalwindung nach rückwärts bis an die hintere Gabel des Sulcus praecentralis superior, hält sich jedoch nicht genau an diese Furche, sondern übersetzt sie oben und bekleidet den Fußansatz der ersten Frontalwindung an die vordere Zentralwindung; in der Höhe der zweiten Frontalwindung und auch schon etwas dorsal davon findet sich ihre hintere Grenzlinie in der Wand und unmittelbar weiter unten an der vorderen Windungskante der C. a., um sehr bald über diese hinüber, bis auf die Mitte der Kuppe der Zentralwindung zu reichen, welche sie in der Höhe der II. Frontalfurche erreicht. Vorher aber, dort wo der Fuß der zweiten Frontalwindung sich an die C. a. ansetzt, macht es in jenen Fällen, wo der Fuß ganz oberflächlich liegt, sogar den Eindruck, als ob die Formation FB, diesen Fuß überkleidend, auch auf die Kuppe der Zentralwindung so weit nach hinten sich verschieben würde, daß sie die vordere Grenze der FA einbuchtet (Abb. 92 oberhalb der Stelle, wo die Bezeichnung FA steht; ferner Abb. 133b). In der Höhe der unteren Hälfte der dritten Frontalwindung nimmt die FB dann allmählich den größeren Teil der Kuppe von C. a. ein. 1 cm vor dem unteren Ende der Rolandoschen Furche am Operculum hat die FA-Formation die Kuppe der vorderen Zentralwindung schon ganz geräumt und sich auf die hintere Wand derselben zurückgezogen. Hier nimmt dann FB die ganze Kuppe der vorderen Zentralwindung ein. Auf dem Operculum Rolandi selbst nimmt sie, sobald die Zentralfurche geendet hat, die ganze Fläche desselben ein, da die FA-Formation hier aufhört; es grenzt dann die FB-Formation unmittelbar an die auf das Operculum reichenden Formationen der hinteren Zentralwindung und des Parietallappens an, welche wir gleich noch besprechen werden (s. 10. Kap. C, 1, §5, Abb. 135). Auf der unteren Seite und der hinteren Wand des Operculums schieben sich diese Formationen des Parietallappens etwas vor und drängen die FB-Formation manchmal etwas frontalwärts ab. Trotzdem umhüllt aber, wie schon gesagt, die Formation FB von allen Seiten den vorderen Teil des Operculum Rolando. Bei manchen Hirnen können die parietalen Formationen der hinteren Zentralwindung auch an der Konvexität des Operculums sich, wie gesagt, etwas auf dessen noch der vorderen Zentralwindung entsprechenden frontaleren Teil vorschieben und auch hier die FB-Formation ein bißchen frontalwärts zurückdrängen und sie außerdem beinahe becherförmig von unten her umgreifen. Jedenfalls ist die Abgrenzung hier eine individuell sehr verschiedene und wir kommen später gleich nochmals darauf zurück.
306 Das Stirnhirn.
Ihre vordere Begrenzung gegen FC findet die FB an der Mantelkante, ungefähr 5-6 cm frontalwärts von ihrer rückwärtigen Begrenzung gegen FA. Diese Grenze ist an keine Furche gebunden und übersetzt die erste Frontalwindung quer von vorn dorsal, schief zu nach hinten ventral, so daß bei der Frontalwindung, welche gewöhnlich durch eine Längsfurche in zwei Windungen gespalten ist, die Grenze die zweite dieser Windungen um ein ziemliches Stück weiter caudalwärts übersetzt als die obere. In nicht wenigen Fällen reicht die FB auf der ersten Frontalwindung noch weiter nach vorn, als wir es eben gesagt haben, und zwar derart, daß sie die ganze erste Frontalwindung, soweit als dieselbe einen frontalgestreckten, breiten, dicken Windungszug darstellt, überzieht und ihr vorderes Ende erst an jener Stelle findet, wo sich die erste Frontalwindung in gewundene, mittelbreite, kleinere Windungen auflöst. Nach Übersetzung der ersten Frontalfurche behält die vordere Grenzlinie die Neigung, auf ihrem Wege nach unten sich weiter zurückzuziehen, bei; sie springt sogar ziemlich unvermittelt innerhalb der ersten Frontalfurche um ein gutes Stück stufenförmig zurück, so daß sie die zweite Frontalwindung schon innerhalb ihres caudalsten Abschnittes übersetzt (s. Abb. 92). Allerdings überzieht in dieser Höhe die FB auch schon den vorderen Teil der Zentralwindung; trotzdem beträgt ihr frontocaudaler Durchmesser in dieser Höhe nicht mehr als 3-4 cm an der konvexen Hirnoberfläche. In der Höhe der dritten Frontalwindung schließlich nimmt FB nurmehr die vordere Zentral Windung ein und ihre vordere Begrenzung fällt hier ungefähr mit dem Sulcus praerolandicus inferior zusammen. Wir kehren jetzt zur dorsalen Partie der FB zurück; sie reicht hier über die Mantelkante auf die mediane Hirnfläche und reicht bis in den Sulcus callosomarginalis. Ihre vordere Grenzlinie verlauft von ihrem vorderen Grenzpunkte an der Mantelkante auch an der medianen Hirnwand etwas schief nach hinten, so daß die FB am Sulcus cm. frontocaudal schmäler ist als an der Mantelkante (s. Abb. 93). Dieser Lage entsprechend, überzieht sie gewöhnlich an der medianen Fläche die zwei großen Übergangswindungen, die von der ersten Frontalwindung zum Lobus limbicus gehen.
Area frontalis agranularis. 307
Das Gebiet der FB-Formation ist also ein sehr großes. Die Windungen, die diese Formation tragen, sind meist äußerst breite Gebilde, die selbst oft mehrfach gefurcht sind. Die großen Furchen zwischen diesen Windungen sind äußerst tief. Dieser Umstand bedingt, daß die von der FB-Formation überzogene Oberfläche mindestens doppelt, wenn nicht dreifach, so groß ist als das von ihr an der konvexen äußeren Oberfläche sichtbar eingenommene Gebiet. In dieser ganzen großen Ausdehnung bleibt nun der Charakter der Formation nicht überall derselbe. Schon bei Besprechung der Dicke dieser Rindenbildung haben wir gesagt, daß sie am dicksten in der Nähe der Zentralwindung oder auf dieser selbst ist (s. Tafel IX), und von da nach vorn zu an Dicke allmählich abnimmt. Schon auf der ersten Frontalwindung messen wir z. B. an Hirnen, wo sie an ihrer hinteren Grenze 3.6 mm Dicke beträgt, an ihrer vorderen Begrenzung bloß 3.0 mm im Dickendurchmesser, und diese Verschmälerung frontalwärts ist bei allen Gehirnen konstant. Auch in der Richtung gegen die Sylvische Grube, also ventralwärts zu, wird die FB an der Konvexität zunehmend schmäler. In der Mitte der Höhe der zweiten Frontalwindung messen wir am obengenannten Hirne 3.2 mm und in der Höhe der dritten Frontalwindung bloß nur mehr 2.9 mm. Auch jener Teil von FB, der auf die mediane Hirnwand übergreift, verschmälert sich daselbst auf 3.2-3.0 mm. Auch die entsprechenden regionalen Änderungen der Zellgröße haben wir auf S. 49 und 129 schon besprochen. Und abgesehen davon haben wir auch auf die regionalen Änderungen in dem Baue der Schichten hingewiesen; die FB-Formation ist zwar der Typus der agranulären Formation, bei der sowohl II als IV fehlt, wir haben aber erwähnt, daß in der Windungswand sich besonders in der II. Schicht und ebenso im Windungstale immer wieder Körnerzellen ansammeln und ebenso auch eine Andeutung der IV. Schicht daselbst wieder zu sehen ist. Wir haben auch schon erwähnt, daß in den vorderen frontalen Partien von FB dasselbe Verhalten der Körnerschichten, nämlich ihr allmähliches Deutlichwerden, zu verzeichnen ist, und desto sichtbarer wird, je mehr wir uns der nächsten Formation FC nähern, so daß wir jene Teile von FB, wo man schon eine IV Schicht bemerkt, als Übergangsformation auffassen und als FB(C) bezeichnen (Tafel IX). In diesen Partien bildet die Körneransammlung in IV noch keine kontinuierliche Schicht, sondern bloß einzelne strichweise Ansammlungen von Körnerzellen in dieser Höhe. Die Körnerzellen selbst sind, wie wir schon sagten, meist größere trianguläre Gebilde. Je mehr wir von der Mantelkante ventralwärts gegen die Sylvische Grube vorschreiten, ein desto ausgedehnteres Gebiet in frontocaudaler Richtung nimmt diese Übergangsbildung FBC ein, und zwar hauptsächlich auf Kosten der rein agranulären FB. Auf der ersten Frontalwindung noch nimmt sie bloß ein ganz schmales, strichförmiges Gebiet zwischen FB und FC ein, auf der zweiten Frontalwindung schon mehr, sogar manchmal das ganze vordere Drittel von FB (ist in der Höhe von F2 die vordere Zentralwindung sehr breit und evtl. noch durch den Fußansatz von F2 verbreitert, so kann in dieser Höhe FBC sogar schon auf den vordersten Partien der Zentralwindung erscheinen). In der Höhe der dritten Frontalwindung schließlich nimmt die rein agranuläre Formation oft nur mehr die hintere Partie der Kuppe der C. a. ein, während unmittelbar davor schon von der Umgebung des Sulcus subcentralis anterior an eine dünne Körnerschicht zu sehen ist, also FBC anfängt (Tafel IX) und auch den Fuß der dritten Frontalwindung überkleidet. Bei manchen Hirnen ist die FB - Formation auf der unteren Hälfte dieses letzten Drittels von C. a. überhaupt nur stellenweise agranulär, so daß man sagen könnte, daß FBC in solchen Fällen den ganzen Opercularteil von C. a. überzieht und nach hinten unmittelbar in die granuläre Formation der hinteren Zentralwindung resp. des Parietallappens übergeht. Außerdem schieben sich, wie gesagt, an der unteren und hinteren in der Sylvischen Grube liegenden Seite des Operculum Rolandi diese granulären Formationen aus dem Parietallappen weiter nach vorn auf Kosten der frontalen, was zur Folge hat, daß von den das Dach der Sylvischen Grube bildenden versteckten opercularen Windungen der ganze Gyrus anticentralis (d. h. die Ansatzwindung, die das Operculum Rolandi an die Insula posterior schickt, und durch welche es mit ihr in der Tiefe verbunden ist) von den parietalen granulären Formationen überzogen ist, und erst der Gyrus antipraecentralis von FB resp. FBC oder FCB bekleidet erscheint (vgl. hierzu Abb. 24 und 95).
308 Das Stirnhirn.
Außer dem Granulärwerden der FB-Formation zeigt dieselbe in der Operculargegend (Tafel X und Tafel XI) an dem untersten Teil der Kuppe der C. a. und manchmal auch im nächstvorderen Gebiete eine ähnliche Veränderung, wie wir sie für die Formation FA unmittelbar darüber und etwas dahinter ebenfalls am Operculum als FAop bezeichnet haben, d. h. eine Verschmälerung der Rinde, eine Rarefikation aller Zellen der Kuppe, besonders aber der IIIb und IIIc, ein Kleinerwerden derselben, ein Aufhören der regelmäßigen Orientierung der Pyramiden zur Oberfläche, so daß dieses für FB so charakteristische Zeichen verlorengeht. Auf Tafel X und Tafel XI, besonders auf ersterer, ist das alles sehr gut zu erkennen. In II sowohl als besonders in III sieht man direkt Lücken in der Zellverteilung. Auch die einzelnen Zellformen sind weniger regelmäßig, weniger schön pyramidenförmig; man sieht oft gegabelte Zellen oder verkehrt gestellte mit ihrer Basis nach der Seite oder nach oben gerichtete. Wir wollen diese Variante von FB als FBop (Area frontalis agranularis in operculo sive opercularis), oder wenn, wie es häufig der Fall ist, die IV. Schicht in ihr deutlich vorhanden ist, als FBCop bezeichnen (Area frontalis intermedia-agranularis opercularis). Wenn diese operculare Variante sehr ausgeprägt ist, so sieht man manchmal sogar ganz deutlich zwischen dem leicht granulären FAop und dem deutlich granulären FBCop das agranuläre schmale Gebiet FBop noch deutlich. Doch sind, wie gesagt, in dieser Gegend große, individuelle Unterschiede, und es kann auch vorkommen, daß FBop sowohl als FBCop und FAop gänzlich fehlen und daß an ihrer Stelle ein gut entwickeltes und rein agranuläres FB den ganzen Opercularteil sowohl an der Konvexität als auch seine beiden Flächen, die in der Sylvischen Grube liegen, die untere sowohl als die hintere (innere) Fläche, regelrecht bis zum Margo insularis überzieht. Andererseits kann jedoch auch das andere Extrem vorkommen, daß im Opercularteil an seinen nach unten und nach hinten gerichteten Flächen die für die FB - Formation typischen Attribute zwar nicht an der Konvexität, aber an den versteckten Teilen vollkommen in den Hintergrund treten und eine deutliche II. und IV. Körnerschicht bei einer ganz schlecht entwickelten III. Schicht überall zu sehen sind, so daß man an diesen Stellen eine Partie der Formatio frontalis granularis (FD) vor sich zu haben glauben könnte, oder eigentlich wirklich vor sich hat. Denn unsere opercularen Formationen FBCop setzen sich nach vorn direkt in jenen Teil der granulären Frontalformation, die die Gyri antidiagonales (vgl. Abb. 4 und 95) der Operculargegend überziehen und zur Formation FD gehören, als FDop (Area frontalis granularis opercularis). Es liegt somit in diesen Fällen nichts anderes vor als ein caudalwärts weiterreichendes Vordringen der granulären frontalen Formation bis zum Operculum Rolando. Da ursprünglich im Embryonalleben diese Formation FB doch ebenfalls, wie die ganze homogenetische Rinde, granulär gewesen ist, und da andererseits die schlechte Ausbildung der III. Schicht in den opercularen Gegenden wegen ihrer starken Variabilität eher den Eindruck einer individuell verschieden stark defekten Variante (also einer Minusvariante) macht, neigen wir zur Ansicht, daß die eben beschriebenen opercularen Bildungen FAop, FBop, FBCop auf einen individuell verschieden stark ausgeprägten Defekt der Rinde dieser Gegend am Eingang in die Sylvische Grube zurückzuführen sind.
So that über den Opercularteil von FB; kehren wir nun zurück zum früher Gesagten, daß die vorderen Teile von FB durch das andeutungsweise Auftreten einer aus kleinen Pyramidenzellen oder triangulären Körnerzellen bestehenden IV. Schicht den Übergang zur sog. frontalen intermediären Formation FC liefern, so muß gleich gesagt werden, daß jene Teile der F3, welche zwischen dem Ramus verticalis der Sylvischen Furche und dem Sulcus praerolandicus inferior sich befinden, also der Fuß der dritten Stirnwindung pF3 ebenfalls von dieser Übergangsformation FBC überzogen ist. Doch ist auf dem Fuß der dritten Frontalwindung, also auf der sog. Brocaschen Stelle, die IV. Schicht schon so deutlich, daß wir sie vielleicht lieber bei der frontal-intermediären Area FC besprechen wollen; nur so viel sei hier gesagt, daß ihre großen Pyramidenzellen in IIIc größer sind, als die Zellen in der Höhe der zweiten Frontalwindung oder der ersten und auch größer als die an der unmittelbar hinter ihr liegenden Partie von FB auf dem unteren Teile von C. a., während doch sonst in der Übergangsformation FBC, wie wir schon wiederholt erwähnt haben, sobald eine Körnerzellenschicht sich zeigt, die Pyramidenzellen der IIIc-Schicht kleiner zu werden pflegen. Da wir nun hier auf pF3 trotz des Auftretens der Granula ganz außerordentlich große Zellen in der IIIc-Schicht haben, ist man sicher berechtigt, diesen Gebiet als ein eigenartiges zu bezeichnen; wegen der großen Zellen bezeichnen wir es als FBCm, d. h. Area frontalis intermedio agranularis magnocellularis im Campo Broca. Das Weitere über diese Brocasche Stelle s. S. 354, vgl. Tafel XV.
Area frontalis agranularis. 309
An der medianen Hirnoberfläche im Parazentralläppchen geht die FB ziemlich unvermittelt rückwärts in die FAγ über (da hier die ganze FA Riesenzellen enthält) und nach vorn in die Formation FC (s. Abb. 93). Nach unten reicht sie bis zum Sulcus callosomarginalis und grenzt innerhalb desselben unmittelbar an die hintere Partie der agranulären limbischen Formation, ohne ihren Charakter irgendwie zu ändern; auch die V. Schicht, welche sonst bei der Annäherung an die limbische Formation in den anderen frontalen Areae eine eigentümliche Änderung erfährt, zeigt hier in FB keine Zellverdichtung und keinen sonstigen Wechsel in der Architektur. Ihre caudalsten Partien im Sulcus callosomarginalis grenzen übrigens auch schon an die granulären hinteren limbischen Bildungen.
Betrachten wir das hier über die Formatio frontalis agranularis Gesagte mit den Befunden der früheren Autoren, so sei vor allem erwähnt, daß diese Area FB mit der gleichnamigen Area frontalis agranularis (Feld 6) von BRODMANN beinahe ganz übereinstimmt und sich auch, zum Teile wenigstens, mit der intermediate praecentral Region von CAMPBELL deckt. Soweit aber ihre caudale Begrenzungslinie in Betracht kommt, haben die meisten früheren Autoren, indem sie das riesenzellenlose Gebiet von FA ebenfalls zur Area frontalis agranularis FB rechneten, dieselbe etwas weiter caudal auf der vorderen Zentralwindung verlegt als wir (s. S. 275). Aber schon vor diesen beiden genannten Autoren war die Region schon ziemlich genau definiert worden; denn schon BETZ hat 1881 beschrieben, daß die beiden oberen Frontalwindungen in ihren rückwärtigen Partien agranulär sind, so daß sich die III. und V. Schicht vermengen. Er hat auch betont, daß die III. Schicht äußerst breit ist und große Pyramidenzellen enthält. Auf der ersten Frontalwindung beginne erst recht weit vorn wieder die IV. Schicht, auf der zweiten Frontalwindung beginne sie schon etwas weiter rückwärts. Mit dem Auftreten der IV. Schicht werde die III. wieder schmäler, und auch die Zellgröße derselben nehme wieder ab. Wie wir sehen, stimmt alles dies vollkommen mit unseren Befunden. BETZ meint, bei Gehirnen älterer Personen enthalten die rückwärtigen Partien von F2 manchmal Riesenzellen kleineren Kalibers. Dies kann man nicht bestätigen und es kann sich bei dieser Beobachtung entweder um eine individuelle Variante handeln, die BETZ hier vor Augen hatte, oder hat er die großen Pyramidenzellen in IIIc damit beschreiben wollen. Die dritte Stirnwindung zerfällt nach BETZ auch im Rindenbau in eine Pars opercularis, eine Pars triangularis und eine Pars orbitalis. Wir werden im Laufe der weiteren Beschreibung sehen, daß diese Aufstellung BETZ' vollkommen richtig ist. Die Pars opercularis enthält nach BETZ manchmal Pyramidenzellen in der III. Schicht, die größer sind als sonst im Frontalhirn, und besonders bei Erwachsenen beinahe wie Riesenzellen aussehen können. Auch diese Erwähnung stimmt vollkommen mit dem, was wir über die Brocasche Stelle FBCm später zu sagen haben. BETZ sagt ferner, bei Frauen sei die III. Schicht im allgemeinen schmäler, die Pyramidenzellen seien kleiner, die Riesenzellen spärlicher. Wir haben bisher einen solchen Unterschied nicht finden können.
HAMMARBERG hebt ebenfalls in seinem 1890 geschriebenen Werke hervor, daß die hinteren zwei Drittel der ersten Frontalwindung agranulär seien. Bei Kindern jedoch sei bloß das hinterste Drittel körnerlos, mit anderen Worten, daß sich im Laufe des Wachstums die agranuläre Zone nach vorn ausdehne. Die Beschreibung, die er von der Breite der einzelnen Schichten von ihrer Zellzahl usw. gibt, läßt erkennen, daß er dasselbe Gebiet, das wir mit FB bezeichnen, dabei im Auge gehabt hat und vollkommen korrekt beschrieben hat. Nur die Größe der Zellen in der IIIc-Schicht, die schon BETZ richtig erwähnt hat, scheint ihm entgangen zu sein. Auch er erwähnt ferner, daß die agranulären oder körnchenarmen Partien sich auf der zweiten Frontalwindung auf ihre Teile ganz in der Nähe der vorderen Zentralwindung beschränken, für diesen Teil der FB hebt er auch die Größe der Pyramidenzellen der untersten Lage der III. Schicht richtig hervor und gibt ihre Größe mit 70/30 µ an. Auf der dritten Stirnwindung sei die Pars opercularis (peduncularis wie er sie nennt) schwach granulär. Die Zellen in der tiefsten Lage der III. Schicht seien deutlich groß, doch erwähnt er hier (in FBCm) nicht die überaus auffallende Größe der Zellen, wie es BETZ getan hat und wie wir es bestätigen können, sondern sagt, die Zellen seien bloß 30/22 µ groß.
310 Das Stirnhirn.
Wir wollen kurz noch der Untersuchungen SCHLAPPs gedenken, obwohl sie nicht am Menschenhirn gemacht sind, der auch bei Affen die Gegend vor der Area gigantopyramidalis als agranulär bezeichnet.
CAMPBELL (Abb. 1 und 2) benennt dieses Gebiet, welches unserem FB entspricht, als intermediate precentral area; doch stimmt sie nur zum Teil mit unserer Zone FB überein, denn CAMPBELL rechnet zu seiner Area größere Gebiete dazu, und zwar z. B. auch die ganze dritte Frontalwindung, sogar die Orbitalen Teile derselben. Während nämlich BETZ, HAMMARBERG, BRODMANN und wir Gewicht darauf legen, daß die Hirnrinde der hinteren Partien der Frontalwindungen und der sie rückwärts abschließenden vorderen Zentralwindung so gut wie körnerlos sind, scheint CAMPBELL diesem Umstand offenbar nicht dieselbe Bedeutung beizumessen, sondern mehr den Reichtum an vollentwickelten großen Pyramidenzellen dieser Formationen, und da man solche auf beinahe der ganzen dritten Stirnwindung findet, rechnet er diese in ihrer Gänze zur Area intermediate precentral. Auch er hebt hervor, daß man hier (von den Betzschen Riesenzellen abgesehen) die größten Pyramidenzellen des ganzen Cortex findet, denen man in gleicher Größe bloß noch in gewissen Teilen des postzentralen Gebietes (unsere PC), ferner seiner visuo psychic- und audito temporal-Gegend begegnet. (Betreffs PC hat er recht, betreffs der zwei letzteren Gebiete können wir diese Angabe nur zum Teil bestätigen.) Er erwähnt auch, daß, während sonst im Cortex so große Zellen nur verstreut vorkommen, sie hier eine eigene Schicht bilden, welche nach ihm der Lage nach im Markbilde dem äußeren Baillargerschen Streifen entspricht. CAMPBELL sagt ferner, daß die Körnerschicht zwar durch spärliche Körner vertreten, aber immerhin deutlich genug überall vorhanden sei. Auch diese Angabe können wir nicht bestätigen. Die IV. Schicht befindet sich unterhalb dem äußeren Baillarger. Unsere V Schicht bezeichnet CAMPBELL als innere Pyramidenzellschicht (5), erwähnt die großen Pyramidenzellen in derselben und den Mangel an Betzschen Zellen; in ihr befinde sich der untere Baillargersche Streifen. An der medianen Hirnfläche findet diese Area CAMPBELLs ebenfalls am Sulcus callosomarginalis ihre obere Begrenzung, andererseits ihre ventrale an der Konvexität an dem Inselrand. In der Operculargegend verzeichnet CAMPBELL auf seinem Schema einen schmalen, langgestreckten weiß gelassenen Bezirk, den er jedoch im Text nicht weiter beschrieben hat, woraus wohl zu entnehmen ist, daß er die Änderung der Architektonik dieser Gebiete FAop, FBop usw. wohl gemerkt hat, ohne sich jedoch weiter auf deren Beschreibung einzulassen. Der Unterschied gegenüber unserer Einteilung ist also der, daß CAMPBELL die ganze dritte Stirnwindung auch in ihren frontalsten Partien wegen der Eigentümlichkeit derselben, sehr große Pyramidenzellen zu führen, zur FB rechnet. Da es nun ganz willkürlich ist, nach welchem Prinzipe man die Einteilung der Areae vornimmt, muß man es dem Gutdünken eines jeden überlassen, ob die Einteilung und Unterscheidung derselben in diesem Falle nach dem Vorhandensein oder Fehlen der Körnerschicht oder, nach CAMPBELLs Muster, nach dem Vorkommen der großen Pyramidenzellen praktischer ist.
BRODMANN beschreibt dieselbe Region wie wir als Area frontalis agranularis oder als sein Feld 6 (Abb. 6 und 7). Auch er schildert sie wenigstens bei Affen als sehr breit gegen das Mark unscharf begrenzt, nicht deutlich geschichtet, mit palissadenförmiger Anordnung der Zellen, bei welchen mittelgroße und große Zellformen überwiegen. Die III. Schicht ist breiter als in der Area praecentralis, die IV. Schicht fehlt. Wir sehen nach dieser Beschreibung, daß bei Affen dieselben Verhältnisse für diese Zone in den Hauptpunkten bestehen wie beim Menschen. Leider ist BRODMANN nicht mehr dazugekommen, für den Menschen eine nähere architektonische Beschreibung seines Feldes 6 zu geben. Die Begrenzung, die er jedoch dieser Zone auf seinem Schema gibt, wie es von der medianen Seite, und zwar dem Sulcus callosomarginalis aus in breiter Ausdehnung die Mantelkante und die erste Frontalwindung überzieht und an der lateralen konvexen Hirnfläche sich immer mehr verschmälernd ventralwärts zieht, und zuletzt bloß den unteren Teil der vorderen Zentralwindung bekleidet, zeigt, daß er genau dasselbe Gebiet wie wir zu dieser Area rechnet. Die Übergangsformation FBC berücksichtigt er überhaupt nicht und rechnet die eigentümliche Variante derselben auf dem Fuß der dritten Stirnwindung, also die Brocasche Stelle (unser FBCm) als eigene Area, Feld 44. VOGT hat für die Cytoarchitektonik BRODMANNs areale Einteilung übernommen; er teilt jedoch das Feld 6 in ein oberes 6a und ein unteres 6b, und diese beiden noch in je ein vorderes α und ein rückwärtiges ß. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dochts Bezirk 6aα unserem FA (mit Ausschluß von FAγ) entspricht und bloß 6aβ unserem FB.
Area frontalis agranularis. 311
CAJAL hat, scheint es, bei Beschreibung der motorischen Rinde sich hauptsächlich bloß auf die vordere und hintere Zentralwindung beziehen wollen, obschon einzelne Bilder, die er gibt, doch den Eindruck hervorrufen, als ob sie auch vom hinteren Teile der Frontalwindungen herrührten, zumal auf diesen Bildern die Betzschen Zellen fehlen und sie auch im Texte keine gebührende eindeutige Erwähnung merkwürdigerweise erfahren. Im übrigen verweisen wir auf unsere diesbezüglichen Ausführungen in §6 von FA, S. 285.
Markbild. Was nun die Markfasern in der Rinde der FB anbelangt, so sind einige Autoren bei ihrem Studium von den cytoarchitektonischen Formationen ausgegangen und haben im Gebiete dieser verschiedenen Zellformationen die Markverteilung beschrieben, z. B. MAUS und CAMPBELL; andere Forscher wieder haben ohne Rücksicht auf die durch den Zellbau erhobene Felderung des Gehirns den Markbau der Hirnrinde durchgesehen und danach eine Einteilung der Hirnrinde vorgenommen, unbekümmert, ob diese myeloarchitektonischen Felder sich mit den cytoarchitektonischen decken oder nicht.
MAUS beschreibt beim Affen in der Area frontalis agranularis folgendes: Die I. Schicht ist weniger faserhaltig als an der Area praecentralis. Unter der II. Schicht ist ein Käs-Bechterewscher Streifen vorhanden. Die tiefen Partien der III. Schicht enthalten ein sehr dichtes Markfasergeflecht. In der IV. Schicht ist der äußere Baillargersche Streifen deutlich mittelbreit, nicht scharf begrenzt. Unmittelbar darunter ist die V. Schicht etwas aufgehellt; im tieferen, stark markhaltigen Teile der V. Schicht ist der innere Baillargersche Streifen als solcher nicht erkennbar, weil er mit den dichten Markfasern der VI. Schicht. verschmilzt.
CAMPBELL dagegen sagt, daß man zwei deutliche Baillargersche Streifen sehe. In der I. Schicht sind die dicken Fasern, welche in der Area praecentralis zu sehen waren, auch nach ihm spärlicher geworden und verlieren sich frontalwärts immer mehr. Das superradiäre Geflecht sei faserarm und dünnfaserig im Vergleiche zu dem in der Präzentralregion; immerhin aber noch ziemlich reich im Verhältnis zu den übrigen Hirnregionen. Die radiären Markstrahlen sind von guter Breite, entbehren jedoch der ganz dicken Fasern, die in der vorderen Zentralwindung zu sehen waren. Das interradiäre Geflecht zwischen ihnen bestehe aus feinsten varikösen Fäserchen. Dicke Assoziationsfasern finden sich seltener als in der Präzentralregion, aber noch immer zahlreicher als in anderen Hirnpartien, ausgenommen der postzentralen und der visuopsychischen Area.
ELLIOT SMITH hat (Abb. 3, 4 und 5) ebenfalls das präzentrale Gebiet in verschiedene Felder nach dem Markbilde am frischen Hirnschnitte eingeteilt, doch decken sich seine Felder mit unserem cytoarchitektonischen nur recht ungenau (vgl. Abb. 3 und 19). Der vordere Teil seiner Area praecentralis B, ferner seine Area frontalis superior und frontalis intermedia entsprechen zusammen ungefähr unserer Area FB. Der Ausbreitungsbezirk der FB auf der dritten Stirnwindung, nämlich FBCm, entspricht seiner Area frontalis inferior B, wie man bei einem Vergleich seines Schemas (Abb. 3) und unseres Schemas (Abb. 19) erkennen kann. Auch SMITH sagt, daß an diesen Rindenpartien beide Baillargers zu sehen sind, und zwar sei der obere der breitere und deutlichere. Nach vorn zu nehmen sie beide allmählich wieder ab, also ähnlich wie CAMPBELL es auch beschrieb.
Auch KAES zeichnet im hinteren Frontalhirn zwei Baillargers, von denen der obere deutlicher ist: nach diesem Autor treten sie erst im 6. Lebensjahr auf und sind erst am Ende des 2. Lebensdezenniums voll entwickelt.
312 Das Stirnhirn.
VOGT hat, wie schon erwähnt, myeloarchitektonisch das Stirnhirn (und Parietalhirn) in eine sehr große Anzahl von Feldern eingeteilt und dieselben der Reihe nach mit Zahlen bezeichnet (Abb. 9 und 10). Aus einem Vergleich seines Schemas mit dem unsrigen (Abb. 19 und 20) ergibt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit, daß zu dem von uns als FB bezeichneten Gebiete VOGTs Felder 36, 37, (38), 44, 45, (46), ferner der rückwärtige Teil von 55, der vordere Teil von 40 und 41 auf der vorderen Zentralwindung gehören. Alle diese Teile gehören nach VOGT noch zur großen unistriären Region III oder zur beinahe unistriären Region IV (Areae unistriatae oder propeunistriatae), d. h. VOGT findet entgegen den Angaben von KAES, SMITH und CAMPBELL im Gebiete von FB beinahe durchwegs noch einen einzigen (und zwar den oberen) Baillargerschen Streifen ausgeprägt statt zwei, ähnlich wie auch MAUS für den Affen. Nach rückwärts, gegen die vordere Zentralwindung, wird auch dieser Baillarger wieder undeutlicher (astriäres Gebiet). Aus diesen verschieden lautenden Angaben der verschiedenen Autoren, über die myeloarchitektonischen Grundlagen des Markbildes, müssen wir schließen, daß entweder der bei der Markscheidenfärbung vorgenommene Grad der Differenzierung die äußere Form des Markbildes sehr wesentlich beeinflusst, so daß die Befunde verschiedener Forscher kaum miteinander verglichen werden können, oder daß derart große individuelle Unterschiede des Hirnmaterials vorkommen, daß eine Felderung auf Grund der Myeloarchitektonik noch mehr von unberechenbaren Momenten des Materiales und des Autors abhängen, als dies bei der Cytoarchitektonik der Fall ist. Nach VOGT hat ferner der unserer Area FB entsprechende Hirnteil durchwegs Markstrahlen, welche bis in die IIIb-Schicht hineinreichen, d.h. er ist euradiär. Die Rinde ist faserreich und enthält in der inneren Hauptschicht sehr dicke Einzelfasern.
Nach FLECHSIGs Untersuchungen gehört unsere Area FB mit ihrer caudalen Partie, so weit sie auf der Zentralwindung liegt, zu seinen sog. Primordialgebieten, d. h. zu jenen, deren Projektionsfaserung bei der Geburt schon markreif ist (s. Abb. 90 und 91). Die vorderen Partien unserer FB fallen dagegen zum Teil schon ins Gebiet, welches FLECHSIG zu den intermediären Gebieten zählt, die erst im Laufe des 1. Lebensmonates markreif werden.
Wir haben cytoarchitektonisch ebenfalls verschiedene regionale Unterschiede in den verschiedenen Teilen von FB gefunden. Die Markfaserung und die Markentwicklung zeigen aber schon, daß es offenbar hier außerdem noch andere Unterteilungen gibt, die im Zellbau gar nicht zum Ausdrucke kommen, und die in Zukunft eine weitere Unterteilung dieses Gebietes erfordern werden.
Der eigentümliche Bau der FB-Formation, der ebenfalls dem Pyramidentypus (Typus 1) entspricht, und ihr konstantes Aussehen bei allen Gehirnen beweist, daß dieser Rindenpartie eine allgemeine ganz bestimmte Funktion zufallen muß; ihr Vorkommen auch in der Tierreihe mit der gleichen Zellzusammensetzung wie beim Menschen läßt erhoffen, daß auch das physiologische Experiment mit der Zeit mit Bestimmtheit uns diese Funktion erkennen lassen wird. Bis dahin sind wir auf bloße Vermutungen angewiesen. Ihre Ähnlichkeit mit der Area praecentralis, bis auf das Fehlen der Betzschen Riesenzellen, legt den Gedanken einer ähnlichen, also motorischen Funktion um so näher, als wir uns, wie in §7 von FA auseinandergesetzt, nicht zu der Meinung herbeilassen können, daß die doch ziemlich beschränkte Anzahl Betzscher Riesenzellen die einzigen Ursprungszellen der Pyramidenbahn in der Hirnrinde sein sollen (s. S. 292). Wissen wir doch, daß gerade an jenen Stellen der vorderen Zentralwindung, welche die Impulse für die vielfältigsten und feinsten Bewegungen nach abwärts in das Mark entsenden, die wenigsten und kleinsten Betzschen Zellen vorkommen und der größte Teil der Area praecentralis auf der Kuppe der C. a. keine Riesenzellen enthält. An den unteren Partien der vorderen Zentralwindung, wo die Bewegungen des Gesichtes, des Schlundes, des Kehlkopfes lokalisiert sind, finden wir überhaupt nur ganz vereinzelte Betzsche Zellen, und zwar nur in der Tiefe der Vorderwand der Rolandoschen Furche, und auch die riesenzellenlose FA überzieht nur den hinteren Teil der Kuppe der C. a., während gerade die Oberfläche der Zentralwindung hier größtenteils von der Formation FB überzogen ist. Dieser Umstand einerseits und andererseits das so reichliche Vorkommen ganz großer Pyramidenzellen in der IIIc-Schicht gerade in diesen Gebieten, lassen vermuten, daß die FB-Formation möglicherweise auch direkt als motorisch zu gelten hätte. Vielleicht ist es gut, sich hier auch vor Augen zu halten, daß die größten Pyramidenzellen von IIIc im Gebiete von FB in reichlichster Anzahl zu finden sind: a) auf dem Fuße der ersten Frontalwindung, unmittelbar vor jener Gegend der vorderen Zentralwindung, welche als Zentrum für die Fußbewegungen gilt (Tafel VI und VIII vgl. hierzu Abb. 115a u. 98); b) auf dem Fuße der zweiten Frontalwindung und auf der vorderen Zentralwindung, aber schon im Gebiete von FB, und zwar in jener Gegend, welche dem vermeintlichen Zentrum für die Handbewegungen unmittelbar vorgelagert ist (Tafel V); doch sind diese Zellen nicht so groß wie die ersterwähnten; c) nahe dem Opercularteile auf der vorderen Zentralwindung selbst im Gebiete von FB; hier sind sie von besonderer Größe (Tafel IX). Der Umstand, daß auch in diesem Falle wieder die Zellen in der Nähe des Handzentrums eher etwas weniger schön ausgebildet sind als im entsprechenden Gebiete in der Nähe des Fußzentrums, zeigt, daß es vielleicht doch ein Trugschluß ist, in den man gar zu leicht verfällt, wenn man im allgemeinen nach der Größe der Zellen auch auf ihre Bedeutung und physiologische Dignität schließen zu dürfen glaubt. Daher ziehen wir es vor, an dieser Stelle bloß den anatomischen Befund zu erwähnen, ohne daran zu weitgehende physiologische Schlüsse zu knüpfen, und sind uns ganz wohl bewusst, daß hier zwischen den anatomischen Befunden und unseren physiologischen Kenntnissen geradeso wie bezüglich der Betzschen Riesenzellen in C. a., ein Dilemma besteht, aus dem wir noch keinen Ausweg gefunden haben und verweisen auf das S. 289 Gesagte.
Area frontalis agranularis. 313
Die Versuche von SHERINGTON haben gezeigt, daß man bei unipolarer Reizung mit schwachen elektrischen Strömen bloß von der vorderen Zentralwindung (C. a.) motorische Effekte bekommt; die bipolare schwache faradische Heizung ruft aber auch von der davor gelegenen Zone aus motorische Effekte (BEEVOR und HORSLEY) hervor; dabei muß man sich jedoch gegenwärtig halten, daß man mit stärkeren faradischen Strömen auch von weiter entfernten Stellen und auch sogar von der hinteren Zentralwindung motorische Effekte erhalten kann. In diese komplizierten Verhältnisse haben VOGTs neuere, ganz ausgezeichnete Untersuchungen neues Licht gebracht und es ist zu erhoffen, daß weitere Arbeiten seiner Schule in dieser Richtung uns endlich die erwünschte vollkommene Aufklärung bringen werden. Da dieselben zum leichteren Verständnis zusammenhängend erklärt werden sollen, verweisen wir hier auf deren Besprechung in §7 von FC, S. 333, wo wir die VOGTschen Resultate für die ganze prärolandosche Region anführen.
Wie weit uns die Pathologie über die physiologische Bedeutung der Area frontalis agranularis FB orientiert, lehrt uns ein Blick auf die Abb. 98, S. 234. Danach finden wir auf dem caudalen Teile der ersten Frontalwindung mit Wahrscheinlichkeit ein Zentrum lokalisiert, das für den aufrechten Gang und die zu demselben nötige Kopfstellung von Bedeutung ist; Läsionen dieser Gegend rufen gewisse Erscheinungen von Astasie und Abasie hervor (VOGT). Ins Gebiet von FB auf der zweiten Frontalwindung, also auf den caudalsten Abschnitt derselben, lokalisiert man für gewöhnlich das sog. motorische Schreibzentrum, dessen Läsion eine Agraphie zur Folge hat; von derselben Gegend aus scheint bei krankhaften Prozessen auch eine motorische Amusie hervorgerufen werden zu können (PROBST), die als ein Verlust der Fähigkeit der musikalischen Reproduktion auf mit der Hand ganz oder teilweise zu betätigenden Instrumenten sich darstellt, und individuell sowohl als auch je nach dem Instrument verschieden, bald in der rechten (Geige) und bald in der linken Hemisphäre (Klavier) lokalisiert erscheint (MANN, HENSCHEN, MENDEL). Es werden also, scheint es, durch Verletzung der FB auf F2 bestimmte motorische apraktische Störungen der Hände verursacht. Ventral davon beim Übergange der zweiten in die dritte Frontalwindung gelegene Herde in FB rufen apraktische Störungen der mimischen Muskulatur hervor, sog. Amimie. Weiter ventral den eigentlichen Fuß der dritten Frontalwindung nimmt, wie in §5 erwähnt, nicht mehr die Bildung der Area FB ein, sondern eine eigene Bildung FBCm, die wir erst im nächsten Kapitel besprechen wollen und die das motorische Sprachzentrum beherbergt; die FB dagegen zieht sich in dieser Höhe bekanntlich ganz auf die vordere Zentralwindung zurück. Wie weit die von diesem ventralen Drittel der C. a. bei ihrer Erkrankung bedingte Pseudobulbärparalyse als eine störung im frontalen Bereiche der C. a., also im Gebiete von FB, und wie weit sie als eine Störung der Primärzentren für die bulbären Einzelbewegungen also noch im Gebiete von FA aufzufassen sind, läßt sich heute noch nicht sagen. Ferner muß noch speziell betreffs dieser ventralen Gegend der C. a. betont werden, daß die durch elektrische Reizung derselben eruierten, somatotopisch aneinandergereihten Zentren für Kehle, Schlund, Mund und zum Teil auch fürs Gesicht (Abb. 98) nur zum geringen Teil in das Gebiet der Area FA fallen, welche sich verschmälernd, mehr und mehr in die Tiefe der Rolandoschen Furche zurückweicht, wo sie mit der Elektrode nicht mehr recht verfolgt werden kann, sondern zum großen Teil schon in das Gebiet von FB; ob von hier der elektrische Reiz auf FA radiiert oder wie sich die Beziehungen hier gestalten, ist noch ganz unbestimmt, wird sich aber wohl mit der Zeit durch kombinierte experimentelle und anatomische Untersuchungen ergründen lassen. FOERSTER sagt, daß beim Menschen ein oberflächlicher Schnitt am Culmen der C. a. die vorher im Bereiche von FB auf dem Operculum ausgelöste fokale Reaktion verschwinden lasse; dies spräche allerdings recht eindeutig dafür, daß der Reiz, um zum Effekt zu kommen, erst auf FA durch den Cortex übertragen werden müsste (vgl. noch FC §7, S. 333). In die frontalere Partie des ventralen Teils des Operculum Rolando, noch innerhalb der Area FB, fällt das Zentrum für den Kau- und Schluckackt, d. h. für rhythmische Kaubewegungen, gefolgt von Schluckbewegungen (Freßakt). Die Lage dieses von EXNER und RÉTHI entdeckten Zentrums fällt nach VOGTs Untersuchungen an Affen noch innerhalb der Area frontalis agranularis FB, und wurde auch für den Menschen von FOERSTER mit großer Wahrscheinlichkeit an diese Stelle lokalisiert.
314 Das Stirnhirn.
Aus all dem Gesagten erhellt, daß auch die Pathologie und Physiologie dafür Beweise liefert, daß die Area FB zur Motilität in engster Beziehung steht. Wir sehen auch, daß aus diesen Befunden eine gewisse ähnliche, wenn auch nicht so scharfe somatotopische Gliederung des Gebietes der Area FB sich ergibt, wie für die Area FA. CAMPBELL möchte die Area FB als ein höheres Zentrum, das der rein motorischen Area praecentralis FA superponiert wäre, auffassen, gleichsam als den eigentlichen Ausgangspunkt für die Willkürbewegungen. Abgesehen davon, daß wie schon früher gesagt, CAMPBELL die ganze dritte Stirnwindung (wegen ihrer großen Pyramidenzellen) zur Area frontalis agranularis (FB), und zwar unserer Ansicht nach irrtümlich, zählt, stimmen wir auch mit dieser Anschauung CAMPBELLs nicht recht überein. Die angeführten Befunde berechtigen, scheint uns, nach der Art der von diesem Gebiete aus bedingten Ausfälle zur Annahme, daß, während von FA Einzelbewegungen ausgelöst werden, von FB zusammengesetzte Bewegungen ausgelöst werden, deren eupraktische, sowohl synchrone Synergie, als auch zeitliche Aufeinanderfolge sie zu einem einzigen Bewegungskomplex, zu einem ganzen Akt, einer praxis (πράξίς), einer Handlung zusammengeschmiedet hat; der Ausfall der Fertigkeit zu dieser Handlung bedingt apraktische motorische Störungen; als solche können wir die Amimie, die Agraphie, die motorische instrumentale Amusie, und als ataktische Störung des Ganges und der Haltung, die Astasie und Abasie auffassen. Aber, wenn wir auch vorderhand des Überblicks und der Ähnlichkeit halber in FB diese Bewegungskomplexe und ihren eupraktischen Ablauf lokalisieren möchten, müssen wir dabei doch die reservatio mentalis machen, daß hierdurch weder diese Bewegungskomplexe noch ihre apraktischen Störungen untereinander gleichwertig sind. Die mimische Apraxie ist doch eine Störung anderer Ordnung als die motorische Agraphie. Die Schreibfertigkeit wieder, welche im Leben recht spät erworben wird und aus einer Summe willkürlicher Komponenten besteht, ist sicher etwas anderes als die zwar auch beim Menschen erst willkürlich erlernte Fähigkeit zu stehen und zu gehen, die jedoch eine Menge reflektorischer Bewegungs- und Haltungskomplexe präformiert aus dem Kleinhirn und anderen tiefen Zentren in sich aufnimmt. Der rhythmische Kau- und Schluckakt schließlich ist, wie wir, ECONOMO 1) [footnote p 314 1) Die zentr. Bahnen d. Kau- und Schluckaktes. - Arch. f. d. g. Physiolog. Bd. 91. 1902.], und dann auch BECHTEREW unabhängig voneinander gezeigt haben, in seiner ganzen Bewegungskombination und Sukzession in der Substantia nigra vorgebildet, und als solcher ist er wahrscheinlich schon angeboren. Ob sich diese Unterschiede auch in einer Verschiedenheit des Baues der entsprechenden Teile von FB zum Ausdruck bringen, werden zukünftige Untersuchungen zeigen. Daß die Brocasche Stelle auf dem Fuß der dritten Stirnwindung, also dem „Sitz" der motorischen Sprache, einen eigenen Bau aufweist, der zwar FB ähnlich ist, aber auch von der Area FC einige Charakteristica hat neben anderen Eigentümlichkeiten, die ihm spezifisch zukommen, haben wir kurz erwähnt; die nähere Besprechung desselben erfolgt im nächsten Kapitel S. 326.
Area frontalis intermedia. 315
Außer den oben genannten Lokalisationen im Gebiete der FB auf der ersten und zweiten Frontalwindung findet sich daneben, wahrscheinlich davor, ein Bezirk, von dem man auch beim Menschen nach FOERSTER durch elektrischen Reiz Adversivbewegungen hervorrufen kann, und zwar Drehung des Kopfes nach der Gegenseite und gleichzeitig ebensolche Drehung der Augen mit öffnen derselben und Pupillenerweiterung; bei stärkerem Reiz Drehung des Rumpfes und Massenbewegungen der kontralateralen Extremitäten. Diese Bewegungsimpulse werden, wie VOGT und FOERSTER gezeigt haben und wie wir weiter unten (S. 333) besprechen wollen, auf dem eigenen Stabkranz von FB nach abwärts geleitet.
Wohin die Projektionsfasern aus der Area FB ziehen, ist uns heute größtenteils noch unbekannt (vgl. Abb. 87); wir haben schon bei Besprechung der FA erwähnt, daß sowohl bei der amyotrophischen Lateralsklerose, als bei alten Querschnittsläsionen des Rückenmarkes und bulbären Herden der Pyramidenbahn sich Veränderungen der ganglionären Schicht (V) auch im Gebiete von FB verfolgen lassen (SCHRÖDER). Man kann daraus mit einiger Wahrscheinlichkeit schließen, daß ein kleiner Teil der Pyramidenbahn seinen Ursprung im Gebiete von FB nimmt. Daß ferner corticothalamische Fasern hier wie an der ganzen Hirnkonvexität entspringen, ist ebenfalls zu erwarten. Vor Jahren haben wir (ECONOMO) zeigen können, daß die Projektionsbahnen aus dem Zentrum für die rhythmischen Kau- und Schluckbewegungen, welches im opercularen Teile der FB sich befindet, durch die Corona radiata zum Teil in den mittleren Thalamuskern ziehen, zum Teil durch den Pedunculus in die gleichseitige Substantia nigra gelangen. (Die Dysphagie der postencephalitischen Erkrankungen infolge Läsion der Substantia nigra bestätigt diese Lokalisation.) Auch am Monakowschen Schema (Abb. 87) ist diese Projektionsbahn - allerdings aus dem ganzen Operculum - in die Substantia nigra verzeichnet. Nach FLECHSIG soll die frontopontine (cerebellare) Bahn aus dem hinteren Abschnitt der drei Frontalwindungen entspringen; doch scheint dies nicht ganz richtig; nach DÉJERINE entspringt sie viel weiter frontal (vgl. Abb. 87). Allerdings ziehen aus dem unteren Abschnitt der vorderen Zentralwindung, besonders aus ihrem opercularen Teil, Bahnen zum Pons, centropontine Bahnen, die also vielleicht im hinteren Abschnitt von FB ihren Ursprung haben.
Betreffs weiterer Einzelheiten und der VOGTschen Versuche verweisen wir nochmals auf das folgende Kapitel FC, §7, S. 332.
Unmittelbar vorne an die Area FB schiebt sich (Abb. 92-95) zwischen die typisch agranuläre Stirnhirnformation und die typisch granuläre Stirnhirnformation FD eine Bildung, welche eventuell als Übergang zwischen den beiden gelten könnte, und die wir daher als Area frontalis intermedia FC bezeichnen wollen. BRODMANN bezeichnet sie ebenfalls mit demselben Namen, und offenbar tut er dies aus demselben Grunde wie wir. Als Zwischenformation sollte sie vielleicht nicht als eigene Area im engeren Sinne gelten, doch ist die Einteilung in Areae stets etwas Willkürliches, und es könnte jemand diese Einteilung evtl. auch so treffen wollen, daß er gerade diese Übergangsformationen architektonisch als Typen hinstellt und die Formationen zu beiden Seiten derselben als extreme Varianten dieses Typus definiert. Dies sagen wir bloß des Beispiels wegen, und wir wollen die Area intermedia als eigene Area anführen, weil wir sie konstant an allen Gehirnen in ziemlich gleicher Ausdehnung finden, weil sie auch bei den Tieren (Abb. 100-107) als solche zu sehen ist (BRODMANNs Feld 8) und es daher auch praktischer ist, die schon einmal getroffene Einteilung beizubehalten; ferner aber, weil es bei der Einteilung in Areae vor allem darauf ankommt, möglichst übersichtlich die Architektonik der Rinde, die von Ort zu Ort wechselt, zusammenzufassen, und wir glauben dies am besten durch Hervorhebung dieser an gewissen Stellen recht breiten Mittelformation zu tun.
Zu diesem Gebiete FC gehört außerdem als eine wichtige Variante davon die Formation FBCm auf dem Operculum frontale, die wir kurz schon bei FB (S. 309) angeführt haben und die ebenfalls konstant an dieser Stelle zu finden ist (BRODMANNs Feld 44), so daß wir der Gründe genug haben, dieser Übergangsbildung ein eigenes Kapitel und einen eigenen Namen einzuräumen. Als Übergangsbildung ist sie ausgezeichnet durch die Charakterzeichen beider Areae, zwischen die sie gelagert ist. Sie erinnert im Bau durch die Breite ihrer Rinde, durch die Form und Größe ihrer Pyramidenzellen in III und V sowie auch im Bau ihrer VI Schicht an die FB-Formation; andererseits nähert sie sich der FD dadurch, daß sie doch schon eine innere Körnerschicht am Culmen sowohl als in den Windungswänden aufweist (Abb. 70). Wir haben sie bei der Aufstellung unserer fünf Rindentypen ebenfalls als Übergangstypus zwischen Typus 1 und Typus 2 als Typus 1 (2) bezeichnet, sog. Pyramidenmitteltypus (S. 188 Abb. 88). Auf diese Art gebaut lagert sie sich unmittelbar frontal von der Formation FB in der ganzen Ausdehnung derselben vom Gyrus callosomarginalis bis in die Sylvische Grube, so daß die bisher besprochenen drei Areae wie drei frontal gestellte Segmente konzentrisch hintereinander die Hirnrinde halbkreisförmig umziehen, mit einer Neigung ihrer ventralen Abschnitte, nach hinten unten sich zu verschmälern. Oben an der ersten Frontalwindung reicht das Gebiet, das die FC einnimmt, ungefähr 2.5 cm weit nach vorne von der vorderen Grenze der FB; zwischen erster und zweiter Frontalwindung, also an der lateralen Konvexität des Gehirns, springt sie jedoch mit ihrer vorderen Grenze bedeutend zurück, und zwar noch mehr, als dies schon die Area FB getan hat, so daß sie auf der zweiten Frontalwindung nur ganz schmal ist und hier an der Hirnoberfläche ein Gebiet von bloß 1 cm frontocaudalem Durchmesser einnimmt; schließlich überzieht sie auf der dritten Frontalwindung bloß den Fuß derselben; je nachdem derselbe oberflächlicher liegt oder in der Tiefe des Sulcus versinkt, scheint sie dementsprechend ein größeres oder kleineres, an der konvexen Hirnoberfläche sichtbares Gebiet einzunehmen. Natürlich ist diese Angabe über die Ausdehnung der Area ebenfalls etwas willkürlich, da es sich, wie von vornherein gesagt, um eine Übergangsformation handelt und es einerseits Geschmackssache eines jeden Untersuchers ist, aber andererseits auch starken individuellen Schwankungen der Architektonik der einzelnen Gehirne unterworfen ist, wieweit ein Teil von FB, in dem die Körnerschicht schon etwas angedeutet ist, schon zu FC gehört oder noch zu FB oder aber anderenfalls, ob in einer davorliegenden frontalen Hirnpartie die IV. Schicht weiter frontal oder weiter caudal deutlich genug entwickelt ist, damit dieselbe als Area granularis FD schon gelten könne. Auf einer solchen individuellen Verschiedenheit der Auffassung oder des Materials beruht es wohl, wenn BRODMANN seine Zone 8, welche unserer Area FC entspricht, mitten auf der zweiten Frontalwindung plötzlich ganz aufhören läßt, so daß auf seinem Schema (Abb. 6) ventral unter dieser Stelle die Area granularis FD (Feld 9) und die Area agranularis FB (Feld 6) unmittelbar aneinander angrenzen. Einen derartigen jähen Übergang von agranulär zu granulär gibt es tatsächlich an dieser Stelle nicht, sondern die Wandungen der Furchen dieser Gegend und auch zum Teil die Windungsoberflächen sind von einer Mittelformation überzogen, welche wir eben als FC bezeichnen; nur ist diese Übergangsbildung an dieser Stelle in der Höhe der F2 tatsächlich schmäler. Die Oberflächenausbreitung dieser Übergangsbildung ist jedoch, worauf wir hier nochmals aufmerksam machen, bei verschiedenen Gehirnen eine recht verschiedene, und es scheint hier ein gewisser Zusammenhang zwischen der Rindenarchitektonik einerseits und der Windungsarchitektonik andererseits zu bestehen, deren Wesen wir jedoch heute noch nicht erfassen können. Die Formation FC überzieht nämlich ebenso wie die FB meist breite Windungen, und zwar die FB meist stärker gewölbte Kuppen, während die Gegend, wo man die FC antrifft, meist breite flache Kuppen aufweist. Wo sich ferner in dem Gebiete, das sonst z. B. von FC eingenommen ist, frontalwärts früher, als dies gewöhnlich sonst der Fall ist, etwas schmälere Windungen an Stelle der breiten einstellen, an solchen Hirnen beginnt wieder die FD-Formation weiter caudalwärts auf eben diesen schmalen Windungen; doch ist diese Regel nicht eine ausnahmslos gültige (s. auch S. 227).
316 Das Stirnhirn.
FC erscheint auf dem gefärbten Schnitte (s. Abb. 116, 3) recht breit, und zwar durchschnittlich 3.0 mm auf der ersten Frontalwindung, unmittelbar vor der Area FB (selten 3.5 mm, Tafel XII). Diese Breite von 3.0 mm behält FC auf der ersten Frontalwindung so ziemlich durchweg bei; an der Stelle, wo sich die erste Frontalwindung polarwärts gewöhnlich knapp vor dem Übergange in schmälere Windungen vorher noch einmal verbreitert (Abb. 26 bei b), verzeichnen wir sogar gewöhnlich auch wieder eine gewisse Zunahme der Rindendicke bis auf 3.2 mm, so daß die Rinde hier breiter ist, als weiter rückwärts und die Regel der progredienten Verschmälerung der Rinde beim Vorschreiten gegen den Pol eine kleine Ausnahme erfährt. An der seitlichen Hirnkonvexität nimmt die Breite ventralwärts sogar schon auf der lateralen Kuppe der ersten Frontalwindung um 0.1 - 0.2 mm ab. Auf der zweiten Frontalwindung beträgt die Dicke nur noch 2.7 mm, sie nimmt jedoch auf dem Fuße der dritten Frontalwindung wieder zu und steigt hier auf 3.0 mm an (Tafel XIV). In der Windungswand nimmt die Dicke natürlich ähnlich, jedoch deutlicher als bei FB immer wieder etwas ab und sinkt auf 2.8-2.7 mm und weiter ab (Tafel XIII). Auf dem Fuße der dritten Frontalwindung ist der Unterschied zwischen Culmen und Wand jedoch wieder ein geringerer als sonst in FC (vgl. Tafel XV); es kommt eben darin zum Ausdruck, daß die Rinde hier nicht rein FC ist, sondern eine Zwischenbildung FBC, wie wir gleich später sehen werden. Die Begrenzung gegen das Mark ist in FC ebenfalls unscharf, jedoch deutlich schon schärfer als in FB, und in der Windungswand wieder um ein Stück schärfer als am Culmen.
Area frontalis intermedia. 317
Mit freiem Auge läßt sich gewöhnlich am blaugefärbten Präparate zum Unterschiede von FB schon eine horizontale Schichtung andeutungsweise bemerken, da man ungefähr in der Mitte der Rindenbreite nicht mehr wie in FB bloß einen dünnen blauen Strich, sondern einen schon etwas breiteren, dunkler gefärbten Streifen bemerken kann, welcher zusammen der IIIc, IV und V entspricht. Unmittelbar darunter ist ein etwas lichterer Streifen zu bemerken, der sich in der Tiefe wieder verliert. Diese Andeutung eines lichten Streifens entspricht dem unteren Teile der Schicht, die etwas zellärmer ist als die übrigen Hirnschichten und ist an den Windungswänden besser zu sehen, als an der Kuppe. Man vergleiche hierzu auch Tafel XIII und XV mit Tafel XII und XIV.
Die oben angeführte Rindenbreite charakterisiert die FC als noch immer breite Formation. Der Übergang vom breiteren FB zu FC ist ein sehr allmählicher, so daß die Lage der Grenze zwischen beiden eigentlich dem Gutdünken des Untersuchers überlassen ist. Wie gesagt kommt ihr Typus als Übergangsform zur granulären Bildung augenfällig sofort darin zum Ausdruck, daß in ihr eine IV Schicht zu sehen ist. Besonders bei schwachen Vergrößerungen sieht man zwischen der III. und V. Schicht eine Lage, welche sich durch größere Zelldichtigkeit und durch Zellkleinheit auszeichnet, so daß diese Lage wie eine vollkommen abgeschlossene IV Schicht aussieht. Schaut man jedoch genauer und mit stärkeren Vergrößerungen zu, so bemerkt man, daß diese IV Schicht eigentlich doch keine dichte Lage bildet, sondern aus relativ nicht sehr vielen verstreuten Elementen besteht (Abb. 70), deren größerer Teil kleine Pyramidenzellen und nur ein kleiner Teil Körnerzellen sind. Bei stärkerer Vergrößerung sieht das Gebiet, das auf diese Schicht entfällt, sogar sehr schmal aus, und nur dadurch, daß diese kleinen Elemente sowohl in das Gebiet der III. als in das Gebiet der V. reichen, macht es bei schwächerer Vergrößerung infolge der hierdurch hervorgerufenen Zellverdichtung in der IIIc- und in der oberen Partie der V. Schicht den Eindruck, als ob hier wirklich eine genügend breite IV Schicht vorhanden wäre. Man sieht auch bei stärkerer Vergrößerung, daß der Eindruck, daß diese Schicht eine kontinuierliche sei, ebenfalls unrichtig ist; sie ist sogar vielfach unterbrochen durch Stellen, an welchen die III. und die V. Schicht unmittelbar aneinander grenzen und wo ihre ohnehin ähnlichen Zellen ineinander übergehen (Tafel XII, Höhe 21, Breite 11 cm). Nur im Grenzgebiete frontal gegen die nächst vordere Area FD, welche granulär ist, wird auch in FC die IV. deutlicher und kontinuierlich auch für stärkere Vergrößerungen (Tafel XVIII). Immerhin ist die IV. Schicht, auch sonst in FC sogar in den caudalen Partien, doch schon durchweg ausgesprochen genug, um in der Zone FC, zum Unterschiede von FA und FB, in welch beiden letzteren auch keine Andeutung einer horizontalen Schichtung zu sehen war, hier deutlich eine Unterteilung in horizontale Lagen auffallend zu machen, denn die I. Schicht ist wie immer deutlich, die II. Schicht ist wie in den vorderen Partien von FB gerade angedeutet, und da die IV. Schicht auch in dieser geringen Entwicklung doch genügt, um einen horizontalen Gürtel in der Mitte der Rindendicke zu bilden, ist zwischen den beiden Körnerschichten die dritte als breite, etwas lichtere Lage zu sehen. Ferner ist die V. zwar in ihrer oberen Partie beinahe gleich dicht wie die IV., dagegen in ihrer unteren Partie deutlich genug etwas aufgehellt, wodurch die VI. Schicht, die in ihren oberen Teilen ebenfalls wieder etwas dichter ist, hier besser abgegrenzt erscheint; dadurch erhält man also den Eindruck von fünf oder sechs Schichten bei mikroskopischer Betrachtung, besonders bei schwächeren Vergrößerungen.
318 Das Stirnhirn.
Die vertikale, d. h. radiäre Streifung, welche für die FB-Formation charakteristisch war und dort bis hinauf in die II. Schicht reichte, findet man in FC, wie man auf Tafel XII sieht, kaum mehr (Abb. 45, 46). Schon im Grenzgebiete FBC hat dieselbe bedeutend nachgelassen, nur in der VI. Schicht und vielleicht auch noch in der V. ist eine radiäre Streifung angedeutet und frontalwärts gegen die Area fr. granularis FD zu, hört die radiäre Streifung ganz auf (siehe Tafel XVIII.) Dies gilt aber, wie wir gleich später sehen werden, nicht für die Übergangsformation der FC auf dem Fuß der dritten Stirnwindung, auf der die radiäre Streifung deutlich persistiert (Tafel XIV und XV). Was den Zellreichtum anbelangt, so ist wohl FC etwas zellärmer und im großen und ganzen auch etwas zellkleiner als FB, doch ist es noch immer als mittelzellreich zu bezeichnen und die Zellen noch immer von recht guter Größe. Ebenso überwiegen auch hier noch die schönen, lang ausgezogenen Pyramidenformen, wenn auch dieselben nicht mehr so ausnahmslos wie in FB die große Masse der Zellelemente bilden; Näheres darüber wollen wir bei Beschreibung der einzelnen Schichten noch anführen.
Der Übergang ins Mark ist auch hier kein plötzlicher, sondern besonders am Culmen noch immer ein allmählicher; in der Wand ist die Begrenzung wieder besser und schärfer (Tafel XIII).
Die Verschmälerung der Rinde im Vergleiche zu FB erfolgt bei Zunahme der Maße für die IV. Schicht zum großen Teile auf Kosten der III. und V.
Wir führen hier verschiedene Rindenmessungen der Rinde dieser Areae von verschiedenen Gehirnen an.
Am Culmen
I | II | III | IV | V | VI | |||
auf F1 bei einer Gesamtdicke von 3.30 m | ||||||||
0.30 | 0.20 | 0.90 | 0.20 | 0.50 | 1.20 | mm | a 0.70 | b 0.50 |
auf F1 bei einer Gesamtdicke von 3.20 m | ||||||||
0.20 | 0.10 | 0.90 | 0.15 | 0.35 | 1.50 | mm | a 0.90 | b 0.60 |
auf F2 bei einer Gesamtdicke von 3.30 m | ||||||||
0.24 | 0.16 | 1.10 | 0.20 | 0.50 | 1.10 | mm | a 0.70 | b 0.40 |
auf F2 bei einer Gesamtdicke von 3.15 mm | ||||||||
0.20 | 0.10 | 1.10 | 0.30 | 0.35 | 1.10 | mm | a 0.60 | b 0.50 |
An der medianen Hirnwand, Kuppe bei einer Gesamtdicke von 2.60 mm | ||||||||
0.30 | 0.10 | 0.60 | 0.20 | 0.60 | 0.80 | mm | a 0.40 | b 0.40 |
In der Windungswand: bei einer Gesamtbreite von 3.10 mm | ||||||||
0.40 | 0.20 | 0.80 | 0.30 | 0.50 | 0.90 | mm | a 0.50 | b 0.40, |
in der Nähe des Tales bei einer Gesamtbreite von 2.80 mm | ||||||||
0.60 | 0.20 | 0.70 | 0.20 | 0.40 | 0.70 | mm | a 0.40 | b 0.30 |
bei einer Gesamtbreite von 2.70 mm | ||||||||
0.36 | 0.14 | 1.00 | 0.20 | 0.35 | 0.60 | mm | a 0.40 | b 0.20 |
Im Windungstal selbst bei einer Gesamtbreite von 2.00 mm | ||||||||
0.30 | 0.20 | 0.80 | 0.10 | 0.20 | 0.40 | mm | a 0.30 | b 0.10 |
Area frontalis intermedia. 319
Aus diesen Zahlen ist zu ersehen, daß I sehr breit ist, breiter als in FB sogar; II ist schmal, doch schon immer vorhanden, III ist breit, doch schon um ca. 25% schmäler als in FB; IV ist zwar schmal, doch ebenfalls regelmäßig vorhanden, V ist absolut genommen schmäler als in FB, VI dagegen ist nur unbedeutend verschmälert. Die relativen Verhältniszahlen der Schichten zueinander sind (s. Proportionalgleichung S. 113):
I | II | III | IV | V | VIa | oML:iML | |
am Culmen | 0.09 | 0.04 | 0.36 | 0.07 | 0.16 | 0.28 | 49:61 |
in der Wand | 0.15 | 0.07 | 0.35 | 0.09 | 0.16 | 0.18 | 57:43 |
Die relativen Zahlen zeigen also durchschnittlich mittlere Verhältniszahlen, jedoch ist die I. Schicht, besonders in der Wand, nicht unbedeutend verdickt; die V. und IV. eher etwas verschmälert; es überwiegt aber keine Schicht in auffallender Art. Nur an der medianen Hirnwand erkennt man aus den hier angeführten Messungen, daß an dieser Stelle die V. Schicht relativ recht zunimmt, bei verhältnismäßiger Abnahme aller übrigen und besonders der III. Schicht.
Auch BRODMANN hat für seine Zone recht hohe Werte für die Rindenbreite gefunden, mißt jedoch wahrscheinlich einen viel größeren Teil von VIb als wir, als zur Rinde gehörig mit, da er die Breite mit 3.8 mm angibt.
I. Die Molekularschicht ist bei der FC-Formation absolut genommen recht breit, stellenweise breiter als in FB, und noch viel breiter als in FA (Abb. 68); an der Kuppe schwankt ihre Zahl zwischen 0.20-0.30 mm, steigt in der Wand sogar auf 0.40 mm an (Tafel XIII), und kann manchmal auch höhere Werte erreichen, wie wir sie sonst eigentlich nur selten finden, außer bei jenen Teilen, wo heterogenetische Bildungen vorhanden sind. Auch relativ sind die Werte ungefähr um ein Viertel höher als der Durchschnitt. Wollte man diese Dicke dadurch erklären, daß in der I. Schicht die Schäfte der Pyramidenzellen hineinreichen und sich vielfach verzweigend hier einen dicken Nervenfaserfilz bilden, so müsste man doch erwarten, daß die Molekularschicht gerade in FB und FA noch viel dicker sein sollte; wir müssen also auf eine Erklärung für die Dicke der Molekularschicht hier verzichten. Auf der ersten Frontalwindung behält die Molekularschicht diese Breite bei, auch an der medianen Fläche des Gehirns, ebenso auf der zweiten Frontalwindung; erst auf der dritten Frontalwindung sinken diese hohen Werte und schwanken hier zwischen 0.22 und 0.27 mm. In der Tiefe der Wandungen nimmt die Molekularschicht ganz bedeutend zu und kann im Windungstal zwischen 0.30 und 0.60 mm schwanken. In frontaleren Ebenen wird die Molekularschicht schmäler (vgl. Tafel XVIII).
Betreffs der Zellen wäre zu sagen, daß die in der FB unmittelbar unter der Pia gelagerte kernreiche Zone hier nicht mehr deutlich vorhanden ist, sondern die ganze Molekularschicht eher kernarm erscheint und ziemlich gleichmäßig mit Kernen versehen ist. Alles zusammengenommen (Glia-, Endothel- und Nervenzellkerne) zählt man ungefähr 50 Kerne pro 0.1 mm3, von welchen höchstens 5 Nervenzellen angehören, diese sind meist dreieckig gestreckt von 4/8 µ groß. Nach unten gegen die II. Schicht ist die Molekularschicht schärfer abgegrenzt als in FB.
II. Die äußere Körnerschicht. In der FC-Formation tritt die äußere Körnerschicht sogar am Culmen wieder auf, und zwar noch nicht dicht und noch nicht deutlich und meist noch aus kleinsten Pyramidenzellen bestehend, aber immerhin deutlich, und kontinuierlich genug, um als eigene dünnste Schicht anerkannt zu werden. Ihre oberste Zellage besteht meist aus kleinsten rundlichen oder ovalen Körnerzellen, die aus einem Kerne und etwas Protoplasma bestehen, 3/4 µ bis 5/6 µ groß sind. Ihre tieferen Zellagen vermengen sich mit den kleinen Pyramidenzellen der IIIa-Schicht, die allerdings etwas größer sind und sich etwas dunkler färben, sich aber doch nicht immer genau von denen der II. Schicht unterscheiden lassen, da letztere ebenfalls größtenteils Pyramidenform haben, mit ihrer Spitze gegen die Oberfläche gerichtet sind und eine Größe von 10-12 / 6-8 µ aufweisen. Die Menge der Zellen betragt ungefähr 55 pro 0.1 mm3 in der Wand, und kann an der Kuppe bis auf 40 pro 0.1 mm3 herabsinken. Die Dicke der Schicht beträgt rund 0.15 mm mit geringen Schwankungen, die untere Grenze der Schicht ist nicht genau bestimmbar.
320 Das Stirnhirn.
III. Die Pyramidenschicht ist auch für die Area frontalis intermedia die charakteristische; sie besteht ähnlich wie in FB meist aus mittelgroßen und großen Pyramidenzellen, doch sind dieselben stets individuell relativ weniger groß als in der entsprechenden Höhenlage in FB und halten sich immer an den unteren Grenzen der dort angegebenen möglichen Zahlenwerte. Je näher man sich der Area FB befindet, desto ähnlicher ist ihr auch die III. Schicht von FC und behält den ausgesprochenen pyramidalen Charakter ganz besonders in den Windungskanten bei, wo die Zellen immer den Markstrahlen entlang besser geordnet und auch schlanker, gleichsam mehr in die Länge gezogen sind, als in den übrigen Teilen der Kuppe von FC. Hier kommen noch die typischen überschlanken Pyramidenzellen wie in FB vor, während an der Kuppe und in der Wand die Pyramidenzellen nicht mehr ganz diese schöne Form besitzen; man vergleiche hierzu die Pyramidenzellen auf Tafel VII und auf Tafel XIII miteinander. Die Breite der III. Schicht ist zwar auch hier mit 1.1 mm, absolut genommen, groß genug, aber auch relativ ist sie noch immer recht breit und übersteigt das durchschnittliche Mittelmaß von einem Drittel der gesamten Rindendicke um einiges; aber sie ist doch schon deutlich schmäler als in FB, wo wir Werte bis zu 1.5 mm auffinden konnten. In der Wand nimmt die Breite der III. weniger ab, als die der übrigen Schichten. Von einer radiären Streifung ist in der III. Schicht von FC nichts mehr zu sehen. Der Tiefe zu nehmen die Zellen stetig an Größe zu, ohne jedoch eine solche gleichmäßige Einordnung zu erfahren, wie in der FB und ohne Palisadenstellung. Sie machen aber immerhin noch einen geordneteren Eindruck als an anderen Hirnstellen. Nachdem die Zellen der II. und IV. Schicht sich von denen der III. deutlich trennen lassen und eigene Schichten bilden, unterscheiden wir nach der Zellgroße hier an der III. bloß drei Unterschichten, und zwar die der kleineren Pyramidenzellen IIIa, die der mittleren IIIb, die der großen Pyramidenzellen IIIc, die eine Breite von 0.2 mm, 0.6 mm und 0.3 mm aufweisen. Sie sind, ebensowenig als in FB, nicht als deutliche horizontale Zellagen erkennbar, sondern bloß nach der Zellgröße praktisch so einzuteilen; die Größenunterschiede, die die Zellagen untereinander aufweisen, sind aber keineswegs mehr so große, als dies in FB der Fall war; die Unterteilung ist also weniger in die Augen fallend als dort.
IIIa zeigt die Zellen etwas dichter stehend; in ihrem obersten Teil sind ihre Elemente mit den Zwergpyramiden der II. Schicht etwas vermengt; die Zellgröße beträgt 15-20 / 8-10 µ. Es sind ungefähr 24 Zellen pro 0.1 mm3. Die meisten Zellen haben keinen Trabantkern, sie sind pyramidenförmig mit der Längsachse senkrecht zur Oberfläche gerichtet; wie man sieht, ist diese Zellage zellärmer und zellkleiner als die entsprechende der Area FB.
IIIb geht allmählich aus IIIa durch Größerwerden ihrer Zellelemente, aber auch durch einen Verlust an Zellen hervor. Man zählt in IIIb ungefähr 17 mittelgroße Pyramidenzellen pro 0.1 mm3 (gegen 20-25 in FB); die durchschnittliche Größe beträgt 20-30 / 10-13 µ. Also sind die Zellen als schlank zu bezeichnen, aber meist nicht als überschlank; jede vierte bis fünfte dieser Zellen hat einen Trabantkern.
IIIc besteht aus mehrzellig übereinandergereihten, doch nicht in regelmäßigen Abständen zueinander geordneten großen Pyramidenzellen. Die Schicht ist zelldichter als IIIb, zellreicher und zellgrößer, es sind ca. 29 Zellen pro 0.1 mm3, von denen ungefähr 13 große Pyramidenzellen sind 7 mittlere und 9 kleine, darunter auch einige Körnerzellen. Die mittleren und kleinen haben die in IIIa und IIIb angeführten Dimensionen, die großen Pyramidenzellen zeigen im allgemeinen 20-40 / 10-20 µ Größe, ihr Kern ist 7-10 µ groß, das Kernkörperchen 2- 3 µ. Es sind also schlanke Zellen, aber meist weit entfernt von den überschlanken Formen, mit den langen bis weit über 100 µ verfolgbaren cephalen Fortsätzen der FB-Formation; aber ab und zu findet man auch hier Zellen, welche an diese großen Pyramidenzellen von FB erinnern, und z. B. 50/20 µ Größe haben können, jedoch kommen dieselben nur vereinzelt vor. Nahe an FB findet man besonders in den Windungskanten auch in FC einzelne solcher Zellen, die nahe an Riesenzellengröße herankommen, und ganz vereinzelt kann dies auch noch weiter frontalwärts der Fall sein in der III. Schicht, sogar dort, wo schon das Gebiet von FD deutlich entwickelt ist (s. hierzu auch FC[D] auf Tafel XVIII bei Höhe 24.2 cm, Breite 26 cm Bildrand). Auch individuell zeigt die Schönheit der Entwicklung der Pyramidenzellen große Schwankungen; sogar bei ein und demselben Individuum Unterschiede von einer Hemisphäre zur anderen, ohne daß wir jedoch imstande wären zu sagen, was solche Unterschiede bedeuten mögen und ob irgendeine Regelmäßigkeit in diesem Verhalten besteht (z. B. Alter, Geschlecht usw.). Im allgemeinen kann jedoch gelten, daß in ein und demselben Gehirn, je weiter man polarwärts kommt (Tafel XVII) desto mehr die Pyramidenzellen ihre schöne, schlanke Form verlieren, vorerst unregelmäßiger, dann plumper und kleiner werden und eigentümliche flache Dreiecksformen mit einem breiten Halse am Abgange des cephalen Zelldendriten aufweisen, so daß bei Zellen, welche z.B. 26/17 µ Größe aufweisen, die Breite 17 µ, die Höhe des dunkelgefärbten dreieckigen eigentlichen Zelleibes bloß 13 µ beträgt; an seiner oberen Spitze jedoch noch ein 13 µ großer Halsteil aufsitzt, von dem erst dann der Zellschaft abgeht. Diese Form ist eine in polaren Gegenden sehr häufige recht plumpe Form, die außerdem ein viel kleineres Zellvolumen hat als bei einer schönen Pyramidenform von denselben Breiten- und Höhendimensionen. Nicht selten findet man bei diesen Formen auch Zellen, die die gleiche Höhen- und Breitenmaße aufweisen; die größten dieser flach dreieckigen Zellen sind 26-39 / 13-20 µ; die Mehrzahl davon jedoch bloß 26/20 µ und finden sich hauptsächlich in IIIc. Je weiter polarwärts man vordringt, desto häufiger sind diese Zellformen in der III. Schicht, während die schönen Pyramidenformen an Überzahl in jenen caudalen Ebenen sich finden, wo man sich FB nähert.
Area frontalis intermedia. 321
IV. Innere Körnerschicht. Das Wiederauftreten der inneren Körnerschicht ist für FC charakteristisch. Sie bildet eine 0.15-0.20 mm dicke, nicht zelldichte Schicht, die aus kleinen Pyramidenzellen größtenteils und sonst bloß aus losen, nicht zueinander irgendwie näher geordneten Körnchen verschiedener, doch meist dreieckiger Form besteht. Wie schon gesagt, ist diese Schicht recht verschieden dick, ab und zu sogar unterbrochen (Tafel XII Höhe 23 cm, Breite 26 cm; Tafel XIII Höhe 24 cm, Breite 17 cm; Tafel XVIII Höhe 20 cm, Breite 3 cm). Die Körnchen reichen manchmal nach IIIc und nach V hinein, daher sind ihre Grenzen recht unscharf sowohl nach oben, als auch nach unten. In der Windungswand ist sie etwas dichter als am Culmen, am wenigsten deutlich ist sie an der Windungskante, da hier längs der radiären Strahlung, welche an der Kante gewöhnlich doch noch vorhanden ist, die Pyramidenzellen der V. und der III. Schicht ineinander übergehen und die IV. Schicht gleichsam verwischen. Auch an der Kuppe kommen in der IV. Schicht ziemlich zahlreiche große oder mittlere Pyramidenzellen aus III. oder V. disloziert vor. Ich zähle in der Kuppe gewöhnlich 45 kleinste und 2 größere Zellen pro 0.1 mm3. Dieses Verhältnis bleibt übrigens auch in der Wand so ziemlich dasselbe und sind die Zellformen gerade hier einzeln am besten zu erkennen (Tafel XIII). Die spezifischen Elemente der IV. Schicht sind hier in FC: a) allerkleinste dreieckige und ovale Körnchenzellen, von der Größe 6/5 µ; b) Zwergpyramidenzellen von 8/5 µ und 10/6 µ; c) dreieckige Zellen von 10/10 µ und kleine Pyramidenzellen von 15/8 µ. Es prävalieren die dreieckigen und die Pyramidenformen, nur die allerwenigsten und allerkleinsten Zellen bieten hier und da wirkliche Körnchenformen. Diese Dreiecksformen und Pyramidenformen beinahe aller Elemente der IV. Schicht sind neben der außerordentlichen Schmalheit und partiellen Diskontinuität dieser Schicht das für sie in FC Charakteristische und kommt dieserart bloß noch in der IV., der temporopolaren Formation TG vor.
322 Das Stirnhirn.
V. Die ganglionäre Schicht ist durch die IV. ganz deutlich von der III. getrennt; wenn auch die Grenze der Körnerschicht nicht eine absolut linear scharfe ist, so ist sie immerhin mit ziemlicher Genauigkeit anzugeben, nur an der Windungskante hängen oft, wie schon früher gesagt, längs der Radii die Zellen der V mit jenen der III zusammen, so daß die IV hier unterbrochen sein kann, z. B. Tafel XII, Höhe 23 cm, Breite 26 cm. Außerdem kann man an V sehen, daß die oberflächlichen Lagen derselben nahe an IV zellreicher sind als die tiefsten, welch letztere durch eine gewisse Aufhellung von den ersteren abstechen. Wohl ist der Unterschied nicht stark genug, um die V. in eine Va- und Vb-Schicht zu unterteilen, aber immerhin ausgesprochen genug, um makroskopisch noch bemerkbar zu sein. Ganz unzweideutig sichtbar ist die Aufhellung der unteren Partie von V schon an der Windungswand, z. B. Tafel XIII; ebenso auch in den frontaleren Ebenen, Tafel XVIII, und auf der dritten Frontalwindung, Tafel XV. Je naher wir uns der Formation FD befinden, also je weiter polarwärts wir gehen, desto auffallender noch wird die Aufhellung im unteren Teile von V. Im allgemeinen ist die V nach oben und nach unten ziemlich gut abgrenzbar, zum Unterschiede des Verhaltens von FB, wo die V. Schicht sich nicht scharf von III und VI abtrennen ließ. Die Breite von V ist hier in FC von der abnormen Breite in FB wieder zur Norm zurückgekehrt; entsprechend der allgemeinen Rindendicke weist sie ebenfalls absolut ziemlich hohe Zahlen, von 0.40-0.50 mm, auf. Die relativen Zahlen jedoch zeigen, daß es sich dabei um eine der allgemeinen Rindendicke entsprechende Höhe der Ziffern handelt; die ganz hohen Werte jedoch für den Dickendurchmesser der V, wie in FA, die bis zu 0.70 mm gingen, oder auch die hohen Werte von FB haben also hier aufgehört.
Die Größe der Zellen hat hier in V ebenso wie in III abgenommen, und zwar, wie es scheint, in noch größerem Maße als in der Pyramidenschicht. Ihre Zahl ist jedoch in den oberen Partien von V (nahe der IV) ziemlich hoch. Hier an der Grenze zwischen IV und V sind die Zellen relativ am kleinsten und werden von hier aus gegen die Tiefe zu allmählich größer. In die obere kleinzellige Partie, man kann sie Va nennen, reichen auch noch die Körner aus der IV. in nach abwärts gerichteten Zellschüben herein, wodurch sowohl die Grenze als solche, als auch durch die Vermischung der Elemente der Zelltypus etwas verwischt wird. In diesem obersten Teile von V zählt man am Culmen 30 Zellen pro 0.1 mm3, von denen 13 mittlere Pyramidenzellen sind, die übrige sind kleine und kleinste Elemente, welche zum Teil der IV. Schicht zugehören. Diese kleinen Zellen haben meist trianguläre Formen (Tafel XVIII). Der Hauptteil der Pyramidenzellen der Va weist eine Größe von 20-25 / 10-20 µ; unter denselben ist aber auch hier und da eine größere Zelle von 35/20 µ. In den tieferen Partien von V, also Vb, kommen solche größere Zellen schon zahlreicher vor, auch bis zur Größe von 30-40 / 20 µ. Die Zellzahl ist in dieser lichteren Unterschicht ca. 14 pro 0.1 mm3, von denen ungefähr sieben dieses größere, ebengenannte Kaliber aufweisen, die übrigen sind meist kleinere und mittlere Pyramidenzellen (Tafel XII, besonders aber Tafel XIII). Ganz vereinzelt und noch viel seltener als in III kommt auch in V ab und zu einmal, besonders in der Windungskante, eine überschlanke Zelle von 50-60 / 15-20 µ ausnahmsweise vor (s. Tafel XVIII, Höhe 17.5 cm, Breite 8.5 cm), und in den tiefsten Lagen von V sehen wir neben Pyramidenzellen auch vereinzelte größere Spindelzellen oder gegabelte Zellen von 40/15 µ, die größer sind als die Spindelzellen in VI; auch vereinzelte ganz große Zellen von triangulärem Aussehen, sogar bis zu 40/30 µ Größe, können hier vorkommen. Je weiter man polarwärts vorschreitet, desto mehr begegnet man auch in V den in der III. Schicht besprochenen flach dreieckigen Zellen, meist in dem kleinen Formate von 13/18 µ, aber auch vereinzelte größere von 20/26 µ. In frontaleren Ebenen kann man Va noch in zwei Unterschichten teilen, eine oberflächlichere Va1 und eine tiefere Va2. Die oberflächlichere besteht aus kleinen, dreieckigen, zu Häufchen geordneten, verschieden orientierten Zellen, während Va2 das eigentliche Va darstellt (s. Tafel XVIII und XIX). Diese Unterteilung ist eine der frontaleren Area FD zukommende Eigentümlichkeit, die wir später dort noch besprechen wollen.
Area frontalis intermedia, 323
Alles zusammengenommen sind also die Zellen um ein gutes Stück kleiner als in III. Zum Unterschiede von FB lasst sich in FC eigentlich an den Zellen selbst eine Zunahme an Größe in der V von der Oberfläche gegen die Tiefe zu wahrnehmen. Der Grad der Aufhellung in den tieferen Partien von V ist individuell und lokal sehr verschieden; oft kaum angedeutet, andere Male wieder ganz deutlich; vielleicht ist hier der Ort, darauf aufmerksam zu machen, daß, wie wir Seite 18, 178, 311 beim Markbilde besprochen haben, das Stirnhirn weiter polarwärts bistriär wird; vielleicht ist das Auftreten des zweiten Baillargerschen Streifens mit der Aufhellung in V in irgendeinem Zusammenhang, jedoch ist es nicht immer zutreffend, daß eine Aufhellung einer Verdichtung im Markbild entspricht.
VI. Die Spindelzellenschicht ist absolut genommen mit 1.20-1.50 mm sehr breit und somit die breiteste Schicht am Querschnitte der FC. Relativ genommen ist aber die VI nicht besonders verbreitert. Die Grenze nach oben läßt sich annähernd genau geben, die nach unten gegen das Mark zu ist noch immer recht unscharf, obschon schärfer als in FB. Man kann auch hier eine dichtere VIa von einer lockereren VIb-Schicht trennen. Besonders in der Wand, aber auch in der Windungskuppe geht das dichtere Gefüge der VIa-Schicht etwas rascher in VIb über, als dies in FB der Fall war, so daß man diese zwei Unterschichten besser als dort voneinander trennen kann. An der Windungskuppe ist die Grenze gegen das Mark nicht leicht anzugeben, dagegen in der Wand ohne weiteres, wenn auch nicht ganz scharf. Die ins Mark versprengten Zellen der VIb-Schicht sind hier viel spärlicher, obschon sie auch hier, wie in FA und in FB im ganzen Windungsmarke vorkommen und erst in der Corona radiata aufhören. In der Wand wird die VI. Schicht um mehr als ein Drittel schmäler (vgl. Tafel XII mit Tafel XIII); die Zellen scheinen hier auch besonders in VIa noch dichter aneinander gepreßt, so daß diese Unterschicht in der Wand noch deutlicher ist als am Culmen. Eine radiäre Streifung ist in VI ganz deutlich zu gehen, sie reicht auch, etwas weniger deutlich, nach V herein.
Die Größe der Zellen nimmt, wie immer, in der VI. Schicht von den oberflächlichen Teilen derselben gegen die Tiefe zu ab. In den oberflächlichen Partien sind einzelne Übergangsformen zwischen dreieckigen und Spindelzellen zu sehen, doch in einer so geringen Anzahl, daß sie den Charakter der Schicht nicht ändern. Die Zellgröße in VIa beträgt 30 / 10-15 µ; der Hauptteil ist schön spindelförmig mit der Längsachse gegen die Oberfläche gerichtet und mit deutlichem Kern und Kernkörperchen; die Zellen sind ziemlich breit und protoplasmareich und gut gefärbt, meist von je einer Trabantzelle gefolgt. Gegen die Tiefe zu werden sie immer kleiner, bis zu 20/10 µ und darunter. In VIa zählt man ungefähr 16-24 Zellen pro 0.1 mm3 und in VIb ungefähr 11-15 pro 0.1 mm3; letztere kleinen Kalibers. In der Windungszahl legen sich die Zellen meist in die gebogenen Züge der Markstrahlen hinein, so daß sie zur Oberfläche schief und im Tal sogar horizontal zu liegen kommen.
Die Area FC ist also eine breite Rindenformation, die, zwischen der rein agranulären, prärolandischen und der granulären frontalen Region des Stirnhirns gelegen, eine Übergangszone bildet und sowohl den typischen Pyramidenzellcharakter ihrer Elemente der prärolandischen Region (Typus 1) gewahrt hat, als auch von den frontalen (granulären) Formationen (Typus 2) eine Abnahme dieser Pyramidenzellgröße, eine gewisse Veränderung der Zellform, sowie auch eine, wenn auch dünne und vielfach unterbrochene Körnerschicht übernommen hat. Durch letzteren Umstand und durch eine gewisse Aufhellung infolge relativer Zellarmut der tieferen Lage der V. Schicht ist in FC zum Unterschiede von FA und FB eine horizontale Schichtung schon recht deutlich zu sehen. Sie bildet also den Übergang der heterotypischen Bildungen der Regio praerolandica zu den homotypischen Bildungen der Regio frontalis. Ihre Grenze gegen das Mark ist noch immer etwas unscharf, aber doch schon deutlicher als in den beiden anderen Zonen der Regio praerolandica. Es müsste die Formation FC eigentlich schon homotypisch genannt werden. Für die FC gibt es keine eigenen typischen Zellen, wie es die Betzschen Zellen für die Area praecentralis FA und die übergroßen Pyramidenzellen für die Area frontalis agranularis FB sind. Die radiäre Streifung beschränkt sich hier auf die VI. Schicht (Abb. 45, 46).
324 Das Stirnhirn.
I. 0.2-0.3 mm; sehr breit; gegen II gut abgegrenzt; kernarm; 5 Nervenzellen pro 0.1 mm3, Größe 4/8 µ.
II. 0.1-0.15 mm; schmal, doch deutlich vorhanden; von IIIa nicht scharf abgegrenzt; 55 Zellen pro 0.1 mm3, und zwar 5/6 µ große Körnerzellen und 7/5 µ große Zwergpyramiden.
III. 1.0 mm breit; zerfällt in IIIa, IIIb und IIIc; Zellen nicht wohl geordnet; IIIb etwas lichter; Abgrenzung gegen IV gut; IIIa 24 Zellen pro 0.1 mm3 17/9 µ; IIIb 17 Zellen von 28/12 µ; IIIc 30 Zellen von 30/15 µ.
IV. 0.15 mm, schmal; nicht gut abgegrenzt; an den Windungskanten unterbrochen; meist kleinste Pyramidenzellen und einige Körnerzellen, eher zellarm.
V. 0.50 mm breit; ziemlich zellreich; Va zellreicher, zellkleiner, 20/15 µ, ungefähr 30 Zellen pro 0.1 mm3; Vb zellärmer, zellgrößer, 14 pro 0.1 mm3, 35/20 µ groß; makroskopisch als lichter Streifen sichtbar.
VI. 1.1-1.5 mm; recht breit; VIa zelldicht, 20 pro 0.1 mm3, zellgroß, 30/12 µ; VIb zelllocker, 12 pro 0.1 mm3, zellkleiner, 15 / 20-10 µ. Auflösung ins Mark allmählich.
Diese dermaßen definierte cytoarchitektonische Formation nimmt von dem Sulcus callosomarginalis bis in die Sylvische Grube die ganze vordere Begrenzung der Zone FB ein. Da die IV. Schicht in ihr nicht sehr ausgesprochen ist, kaum mehr als z. B. in den hintersten Partien von FA, rechnen wir sie auch zur Regio praerolandica. An der Mantelkante ist sie im frontocaudalen Durchmesser an der Hirnoberfläche am breitesten, 2.5 cm; ihre vordere Grenze liegt also hier 2.5 cm vor der vorderen Grenze von FB. Von hier aus tritt diese vordere Grenzlinie der FC allmählich zurück; in der Tiefe der ersten Frontalfurche springt die vorderen Grenzlinie um eine ganze Stufe nach rückwärts (Abb. 92), so daß sie auf der zweiten Frontalwindung nurmehr ein ganz schmales Gebiet einnimmt. Auf der dritten Frontalwindung nimmt sie aber wieder den ganzen Fuß derselben in seiner ganzen Ausdehnung ein, ändert aber hier ihren Charakter ganz bedeutend, wie wir auf S. 326 sehen werden. Sie entspricht dem Feld 8 bei Tieren (Abb. 100-107). Jedoch nimmt dieses Feld sogar bei Affen bloß ein kleines Gebiet auf der Konvexität der Hirnoberfläche im Winkel der Frontalfurche ein und reicht nicht weiter dorsal oder ventral, während es beim Menschen von der medianen Hirnfläche bis in die Sylvische Grube reicht, also weit ausgedehnter ist. Auf die verschiedenen regionären Änderungen, die sie bezüglich ihrer Zellgröße und ihrer Rindendicke an den verschiedenen Teilen ihres Gebietes durchmacht, d. h. daß sie z. B. in ihren vordersten Teilen auf der ersten Frontalwindung dicker als weiter caudalwärts ist, daß sie ferner nach abwärts, d. h. ventralwärts schmäler wird, daß ihre Zellen frontalwärts die schöne Pyramidenform immer mehr einbüßen usw., haben wir schon bei Besprechung der einzelnen Schichten genügend aufmerksam gemacht. Frontalwärts in der Nähe der Area frontalis granularis FD nimmt die FC mehrere Eigentümlichkeiten dieser Area an, so z. B. die größere Deutlichkeit der Körnerschichten, die Verschmälerung der ganzen Rinde, die Abnahme der Rinde und besonders der IIIc-Schicht an Zellen, das Kleinerwerden der Pyramidenzellen, die Zunahme der Aufhellung in der Vb, der Zerfall der Va in zwei Zellagen usw. All dies ist auf Tafel XVIII und XIX deutlich zu sehen, verglichen mit Tafel XII und XIII. Außer diesen regionären Unterschieden, welche individuell eine immerhin recht verschiedene Ausprägung zeigen können, finden sich auch größere konstante Abweichungen vom Typus der FC an ganz bestimmten Stellen ihrer Ausbreitung immer wieder, und zwar verhältnismäßig scharf umgrenzt, so daß wir dieselben als Varianten der FC als eigene Subareae bezeichnen können. Wir bleiben jedoch lieber bei dem gewöhnlichen Ausdruck der Area auch für diese kleinen Gebiete, um nicht die Nomenklatur unnötigerweise zu komplizieren. Da es ferner mehr eine Geschmacksache des Untersuchers ist, ob man diese Teile als selbständige Felder bezeichnen will, oder zur leichteren Erklärung der Verhältnisse sowie der individuellen Schwankungen in der Deutlichkeit ihrer Ausprägung als regionale konstante Varianten eines Grundtypus, oder einer größeren Area, in deren Bezirk dann diese kleinere Area hineinfällt, ziehen wir die letztere Art der Einteilung vor und wollen folgende Varianten des Grundtypus FC anführen: die Area frontalis intermedio limbica FCL, die Area frontalis intermedio-agranularis magnocellularis FCBm, die Area frontalis intermedio-insularis FCI und die Area frontalis intermedia opercularis FCop.
Area frontalis intermedia. 325
An der medianen Hirnwand findet sich also eine konstante Änderung FCL, welche die Nähe des Gyrus limbicus erraten läßt und in gewissem Sinne vielleicht einen Übergang zu diesem bildet; denn die Änderung des Typus FC, die wir hier finden, beruht hauptsächlich darin, daß die V. Schicht, welche im Gyrus limbicus stets eine ganz besondere Entwicklung erfährt, auch in dieser Gegend der Area FC in ungewöhnlich starker Ausbildung zu sehen ist, so daß man gleichsam an ein Übergreifen dieser Überentwicklung der V. Schicht aus der limbischen Formation auf die intermediäre denken kann (s. Tafel XVII). Dabei nimmt die Zellzahl in der III. Schicht und in der VI. Schicht etwas ab; in Va dagegen werden die Zellen zu großen dreieckigen Zellen, welche in äußerst großer Anzahl dichte, zellreiche Haufen bilden. Diese dreieckigen Zellen färben sich sehr dunkel, so daß diese Schicht Va die auffallendste im ganzen Zellbilde wird und diesem Teile von FC einen ganz eigenen Typus verleiht; auf Tafel XVII ist diese Bildung von Va sehr gut zu sehen. Nicht die IIIc-Schicht ist hier die auffallendste, sondern die Va-Schicht. Diese Zellen haben eine Größe von 18/18 µ bis 25/25 µ, deutlichen Kern und Kernkörperchen, und kommen in einer Anzahl bis zu 46 pro 0.1 mm3 vor. Wir wollen diese Area als FCL bezeichnen, als Area frontalis intermedio-limbica. Sie weist bei einer Gesamtdicke von 2.8 mm am Culmen folgende Zahlen der einzelnen Schichten auf:
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.34 | 0.10 | 0.66 | 0.10 | 0.56 | a 0.22 | b 0.34 | 1.10 | a 0.50 | b 0.60 | mm |
Es ist demnach hier in FCL die I. Schicht abnorm breit, die II. aus kleinen Pyramidenzellen bestehend, ist gut angedeutet, die III. Schicht ist etwas schmäler und etwas kleinzelliger als sonst in FC, aber relativ regelmäßig und gut geordnet, sowie auch im übrigen FC. Die Pyramidenzellen sind hier auffallend flach, haben also mehr Dreiecks- als Pyramidenform und sind durchschnittlich klein, wie man ohne weiteres aus einem Vergleich der Tafel XVII mit Tafel XII ersieht. Die IV. Schicht ist auch hier sehr schmal und besteht aus ganz kleinen dreieckigen Zellen. Die V. Schicht, die für diese Area charakteristische, zerfällt in eine obere Va und eine untere Vb-Schicht (vgl. Abb. 93 mit 80 u. 82). Die Va-Schicht zeigt die vorher genannte auffallende Anordnung der dreieckigen Zellen zu Haufen, welche beinahe keinen Zwischenraum zwischen sich lassen und dadurch beinahe einen Zellgürtel hervorrufen (ca. 46 Zellen pro 0.1 mm3 von 18-25 / 18-25 µ), in Vb dagegen sind kaum 20 Zellen pro 0.1 mm3, die meist größer sind als in Va und mehr pyramidenförmig, aber weniger gut die Farbe annehmen, daher viel blasser sind. Ihre Größe ist 20-30 / 10-15 µ. Die VI. Schicht ist die breiteste; VIa ist die zellreichere obere Partie derselben; sie besteht aus 30 Zellen pro 0.1 mm3; die Zellen sind weniger spindelförmig als sonst, etwas plumper und runder, ihre Größe von 20-25 / 18-20 µ. Die VIb-Schicht ist zellärmer, schmäler als gewöhnlich, zirka 13 Zellen pro 0.1 mm3 von 15/10 µ Größe. Diese Area FCL nimmt an der medianen Hirnfläche das ganze Gebiet über dem mittleren Teil des Sulcus callosomarginalis ein, während das Gebiet der medianen Hirnfläche über dem hinteren Teil des Sulcus callosomarginalis von den Formationen des Parazentralläppchens eingenommen ist und von der Formation FB, die unverändert im Bau auch auf die mediane obere Hirnwand im Ausmaße ihres Gebietes an der oberen Mantelkante über dieselbe übergreift ohne Änderung ihrer V-Schicht. FCL grenzt also nach hinten unmittelbar an FB, ihre Grenzlinie zieht von der Mantelkante nach abwärts schräg nach hinten. Die Area FCL reicht vom Sulcus callosomarginalis nicht ganz bis an die Mantelkante hinauf, sondern bloß bis ungefähr 1-1.5 cm unter der Mantelkante und geht noch unter der Mantelkante in FC allmählich über. Eine seichte Furche entspricht manchmal dem Übergang. In der Tiefe des Sulcus callosomarginalis dagegen grenzt sie an die Formation des Gyrus limbicus LA1 an. Ist der Gyrus limbicus aber von einem Sulcus intralimbicus in zwei konzentrische Windungen geteilt, wie dies häufig der Fall ist, so nimmt die Area FCL die dorsalere dieser Windungen (pli de passage frontolimbique) in einem frontocaudalen Durchmesser ein, der der Ausdehnung der Area FC auf der ersten Frontalwindung in frontocaudaler Richtung an der Hirnkonvexität entspricht, während der innere Teil des Gyrus limbicus dann von der Formation LA überkleidet ist. Ins Gebiet dieser Area FCL fällt also dann das ganze hintere Drittel dieser frontolimbischen Übergangswindung. In diesem Fall ist dann der Sulcus callosomarginalis die Grenze zwischen FC und FCL. Wie wir gleich bei Besprechung der weiteren frontalen Formationen FD, FE und FH sehen werden, haben auch diese Formationen eine ähnliche Variante an der Grenze gegen den Gyrus limbicus, die die Charakteristica jeder dieser frontalen Areae trägt, gepaart mit der eigentümlichen (limbischen) Entwicklung der V. Schicht (vgl. S. 444). BRODMANN hat alle diese Varianten verschiedener frontaler Bildungen, obschon sie dieselben Differenzen untereinander aufweisen, wie eben diese frontalen Bildungen selbst, zu denen sie gehören, zu einer einzigen Area, seinem Feld 32 zusammengefasst, was uns nicht sehr praktisch scheint.
326 Das Stirnhirn.
Außerdem bildet aber FC noch eine Variante FCBm, die ziemlich auffallend von dem Durchschnittstypus dieser Formation abweicht, und zwar, wie schon früher erwähnt, an der Brocaschen Stelle, dem Fuße der dritten Frontalwindung pF3 und dessen unmittelbarer Umgebung (Abb. 92 und 95). An dieser Stelle kann diese Variante trotz starker individueller Verschiedenheit in ihrer Ausprägung doch als ziemlich konstant bezeichnet werden. Ist die FC eigentlich an und für sich schon eine Übergangsformation zwischen FB und FD, so kann die Formation auf dem Fuße der dritten Frontalwindung nochmals als eine Übergangsformation zwischen FC und FB genannt werden, denn mehr als alle übrigen Teile von FC, die ja immer Anklänge an FB tragen, weist sie diese Eigenschaften von FB auf, so daß wir diese Zone, wie wir schon bei Besprechung der Varianten der FB erwähnt haben, als FCBm oder FBCm bezeichnen wollen, wobei das Suffix „m" die Abkürzung des Wortes magnocellularis bedeuten soll; denn sie beherbergt in der IIIc-Schicht sogar für diese Gegend ganz abnorm große Pyramidenzellen (s. S. 309), sie heißt also Area frontalis intermedioagranularis magnocellularis in Campo Broca oder kurz auch Area (frontalis) Broca. Die Rinde zeigt hier folgende charakteristische Merkmale (Tafel XIV und Tafel XV); sie ist sehr breit, und zwar um ein gutes Stück breiter als FC auf F2 war. Sie überzieht ohne wesentliche Verschmälerung die Wand und die Kuppe des Fußes der dritten Stirnwindung (Tafel XV stellt die Wand und Tafel XIV die Windungskante und die Kuppe des Fußes der dritten Stirnwindung dar). Sie hat also entschieden den breiten Rindentypus von FB. Sie ist auch gegen das Mark ebenso unscharf abgegrenzt und zeigt eine leichte, jedoch deutliche radiäre Streifung, welche an der Kuppe fächerförmig sich entfaltet und bis weit in die III. Schicht hinaufreicht (Abb. 46). Dies sind nebst der gleich zu besprechenden Zellgröße die äußeren Ähnlichkeiten mit FB, wegen welcher man, wie schon bei Besprechung dieser Zone gesagt, diese Variante auch gerade so gut zu FB als zu FC rechnen könnte. Zum Unterschiede von FB und entsprechend ihrer Zugehörigkeit zu FC weist jedoch die Area FBCm eine deutliche dünne II. und IV. Körnerschicht auf (Abb. 70). Während in FB auch an jenen Stellen, wo die IV. Schicht angedeutet ist, dieselbe doch keine eigentliche Schicht bildet und die III. und V. Schicht ohne eigentliche scharfe Grenze ineinander übergehen und man somit in FB eigentlich gar keine horizontale Schichtung der Rinde sieht, ist auf dem Fuße der dritten Stirnwindung die Area frontalis intermedio agranularis magnocellularis in Broca FBCm, dadurch, daß die II. Körnerschicht sichtbar ist und die IV. Körnerschicht zwar dünn, aber doch als überall schon erkennbare Zellage die III von der V trennt, in deutliche horizontale Schichten geteilt. Die V. Schicht zerfällt außerdem noch in eine obere zelldichtere Va und eine untere, etwas lichtere Vb-Schicht. Alles dies wieder sind Charakteristica von FC, die wir auf dem Fuß der dritten Stirnwindung neben den Charakteristica von FB wiederfinden. Die VI. Schicht ist bedeutend schmäler als sonst in FB, auch schmäler als gewöhnlich in FC. Was aber die FBCm besonders auszeichnet, ist, daß in IIIc neben den großen Pyramidenzellen dieser Schicht innerhalb der mehrzelligen zellreichen Reihen derselben ganz auffallend große Pyramidenzellen vorkommen, die sich sehr dunkel färben, so daß sogar makroskopisch noch viel deutlicher als in FB die IIIc-Schicht gemeinsam mit der IV. als ein blauer Streifen am Zellpräparate zu sehen ist. Bei vielen Individuen sind diese Zellen ebenso groß und sogar größer, wie die allergrößten, die sonst in den rückwärtigen Partien von FB vorkommen. Man vergleiche Tafel XIV mit Tafel VI, welche FB darstellt, oder mit Tafel IX, welche aus der Nachbarschaft caudal von Tafel XIV stammt: der Unterschied ist auffallend. Während also sonst in den frontaleren Partien von FB nahe an der Grenze gegen FC große Pyramidenzellen von 30-40 / 15 µ schon seltener vorkommen, finden wir in FiSCin viele Zellen von 35-50-(60) / 25 µ. An einzelnen Gehirnen sind auch Zellen von 60-70 / 25 µ, mit gut entwickelten Nisslschollen in diesem Bezirke keine Seltenheit. Sie sehen beinahe wie Riesenzellen aus. Die Schäfte dieser Zellen sind oft über 100 und mehr µ gegen die Oberfläche verfolgbar, so daß die ganze Zelle bis zu beinahe 200 µ Höhe scheinbar einnimmt (Tafel XIV, Höhe 3.2 cm, Breite 16.5 cm und Tafel XV, Höhe 11 cm, Breite 25.5 cm). Unsere Tafeln stammen von einem Individuum, das eine starke Entwicklung der Pyramidenzellen dieser Gegend besonders gut aufwies. Individuell sind bezüglich der Zellgröße hier scheinbar große Differenzen; aber nicht das vereinzelte Auftreten solcher Zellen charakterisiert den Fuß der dritten Stirnwindung, sondern das Vorkommen dieser Riesenzellen in einer eigenen Zellage und in so großer Menge, Jedenfalls berechtigt diese eigentümliche Bildung, dieses Gebiet als eigene Area anzuführen, besonders auch mit Rücksicht auf die physiologische Dignität dieser Stelle. Die V. Schicht zeigt ebenfalls äußerst große Pyramidenzellen in reichlicher Anzahl, welche den großen Pyramidenzellen der III. Schicht, wenn man von den ganz großen, an Riesenzellen erinnernden, absieht, nahe kommen. So wie auch sonst überhaupt in FC ziehen diese Pyramidenzellen oft durch die dünne IV Schicht durch, und so hängt die V. mit den großen Zellen der IIIc-Schicht vielfach unmittelbar zusammen (Tafel XIV, Höhe 26, Breite 36 cm). Doch ziehen die Körnerzellen der IV. Schicht über diese Verbindungsbrücken gleichsam weiter hinüber. Die V zerfällt auch in FBCm in eine obere zellreichere Va- und eine lichtere Vb-Schicht; an der Kuppe ist dies weniger deutlich, aber in der Wand (Tafel XV) sieht man es ganz gut. Die VI. Schicht ist .sehr breit und ebenfalls recht zellgroß, ungefähr wie FA oder FB, und die Auflösung der Rinde ins Mark eine recht allmähliche. BRODMANN hat dieses Gebiet ebenfalls als eigene architektonische Region, und zwar als Feld 44, bezeichnet. Insofern, als man eigentlich beliebig viele Areae unterscheiden kann, da die Hirnrinde ja von einer Stelle zur anderen ihr Aussehen wechselt, und insofern, als infolgedessen jede Einteilung, abgesehen von wenigen, ganz ungewöhnlich gebauten Stellen, immer eine ziemlich willkürliche Sache ist, kann man ohne weiteres sich für berechtigt halten, auf Grund der recht auffallenden Unterschiede, welche diese Gegend FBCm charakterisieren, aus ihr ein eigenes Gebiet zu machen. Wenn man hinwiederum im Auge behält, daß sie sich doch nicht sehr stark von der Umgebung unterscheidet und daß manchmal viel größere Unterschiede zwischen nebeneinanderliegenden Rindenstellen vorkommen, die weder BRODMANN noch andere Forscher veranlasst haben, solche Stellen als eigene Areae herauszuheben, so mag man wieder vielleicht mit unserem Vorgehen übereinstimmen, daß es besser ist, solche Stellen zwar als Areae, aber speziell als Varianten des sie umgebenden Grundtypus anzuführen und zu besprechen, und sie gerade zum besseren Verständnisse ihres Baues aus dem Zusammenhange mit diesem Grundtypus hervorzuheben, aber nicht loszureißen. Das Wichtige dabei ist, vor allem nachzusehen, ob die anatomischen Merkmale, die uns veranlassen können, eine bestimmte Hirnstelle als eigenartig gebaut hervorzuheben, auch wirklich konstant bei allen oder wenigstens bei der Mehrzahl der Gehirne in derselben Stelle und in derselben Art wiedergefunden werden. Diesbezüglich können wir feststellen, daß auf dem Fuße der dritten Stirnwindung die eine eigenartige Formation FBCm immer wieder zu finden ist bis auf ihre abnorme Größe der Pyramidenzellen in IIIc, welche nicht ebenso konstant ist. Vielmehr sind hier sehr große individuelle Unterschiede zu verzeichnen, deren Ursache wir heute anzugeben noch nicht imstande sind. Die Zellen der IIIc-Schicht sind in den ventralen Partien von FB mit der von deren unteren Zentralwindung immer schon, wie erwähnt, von besonderer Größe und nehmen frontalwärts gewöhnlich vorerst an Größe etwas ab, um dann auf dem Fuße der dritten Stirnwindung wieder in der besagten abnormen Größe vorzukommen, wie wir es für die Brocasche Stelle eben als so charakteristisch angeführt haben. Nun kann, wie gesagt, in manchen Fallen die Großzelligkeit der Brocaschen Stelle die Großzelligkeit der ventralen Partien von FB manchmal auch nicht merklich übertreffen und auch ohne relatives Kleinerwerden der IIIc-Zellen dazwischen unmittelbar in dieselbe übergehen. so daß keine besondere Änderung in der IIIc von FBCm und FB zu merken ist; nur die Zunahme der Körnerzellen in der IV. Schicht auf dem Fuße der dritten Frontalwindung bleibt als Unterschied, und auch diese mag in vielen Fällen recht wenig ausgesprochen sein, wenn es sich um Hirne handelt, wo, wie so oft, die ventraleren Partien von FB nicht ganz agranulär sind. Daß die dritte Stirnwindung ebenso wie die erste schon im allgemeinen relativ große Zellen in der III. Schicht aufweist und daß sich diese nicht, wie auf der ersten Stirnwindung, auf die rückwärtigsten Partien der Stirnwindung beschränken, sondern in F3 so ziemlich auf der ganzen Windung wieder zu finden sind, sogar auf den Orbitalen Teilen derselben, haben wir schon früher (FB §6, S. 310) erwähnt; wir sprachen ja schon davon, daß CAMPBELL, offenbar durch diesen Umstand veranlasst, die ganze dritte Stirnwindung auch dort, wo sie granulär ist, ohne weiteres zu seiner großzelligen Formation, intermediate precentral area, seines Schemas rechnet, welches unserem FB + FC entspricht. Wir ziehen es vor, aus dem Umstände, daß wir hier auf dem Fuße der dritten Stirnwindung schon eine recht deutliche IV Schicht zu verzeichnen haben, sie als eine der FB sehr ähnliche eigene Variante von FC zu bezeichnen, und zwar einerseits, weil dadurch das Verständnis ihres Baues, wie vorher gesagt, leichter begreiflich gemacht wird, andererseits, weil bei Individuen, bei denen die Entwicklung der Pyramidenzellen im Gehirn keine so eminente ist wie bei den von nn« in Tafel XIV und XV abgebildeten Schnitten, diese Stelle von der sonstigen Übergangsbildung TFCfi nicht absonderlich verschieden ist. Wiederholt hat es auch den Anschein, als ob bei vielen Individuen diese ganz großen Zellen nicht den ganzen Fuß der dritten Stirnwindung überziehen würden, sondern bloß stellenweise auf demselben zu finden sind, während der übrige Teil wieder vom gewöhnlichen FCB überzogen ist. Es macht mir also den Eindruck, als ob in der großen Area frontalis intermedia dieses Feld individuell mehr oder weniger ausgeprägt und individuell mehr oder weniger auf pF3 ausgedehnt sich spezifisch aus der Übergangsformation FBC differenzieren würde. Wieweit diese individuelle Verschiedenheit bloß auf reiner Anlage und wieweit sie möglicherweise vielleicht auch auf einer individuell persönlich verschiedenen Entwicklung im Lebenslaufe beruht, läßt sich heute noch nicht sagen. Ebensowenig können wir hier mit Bestimmtheit irgendwelche Unterschiede zwischen der rechten und der linken Hirnseite anführen. Die großen Pyramidenzellen in IIIc kommen in einer Anzahl von 15-25 Stück in einem Millimeter Gesichtsfeldbreite (= 10 cm auf unseren Tafeln) bei 25 µ Schnittdicke vor. Daß auch in V. die Zellen in dieser Region recht groß sind, haben wir schon erwähnt. Auch hier haben die Zellen eine sehr ausgesprochene schöne Pyramidenform von 25-40 / 15 µ, vereinzelte auch von 40/20 µ. Größe.
Area frontalis intermedia. 327
328 Das Stirnhirn.
Die Breite am Culmen beträgt 3.15 mm, an der Wand 2.80 mm, die Maße der einzelnen Schichten sind folgende:
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | ||
am Culmen | 0.20 | 0.18 | 1.00 | 0.15 | 0.45 | a 0.27 | b 0.18 | 1.15 | a 0.70 | b 0.45 | mm |
an der Wand | 0.27 | 0.18 | 1.00 | 0.18 | 0.40 | a 0.22 | b 0.18 | 0.80 | a 0.55 | b 0.25 | mm |
Area frontalis intermedia. 329
Auch diese Maßverhältnisse kennzeichnen die Rinde des pF3 als zur FC-Formation gehörig. Die Begrenzung dieser Area FBCm ist nun caudalwärts und dorsalwärts keine scharfe, nur frontalwärts ist sie von der nächst vorderen Area recht scharf abgetrennt. Ihr Übergang caudalwärts in die ventralen Partien von FB ist ein ganz allmählicher. Nach vorne zu ändert sie ihren Typus etwas, indem die Rinde auf dem vorderen Teile des Fußes der 3. Stirnwindung eine Spur schmäler wird, ebenso die IIIc-Lage an Zellreihen verliert und die Aufhellung in der Vb-Schicht etwas deutlicher wird. Diese Änderung, welche gewöhnlich frontal vom Sulcus diagonalis statt findet, könnte Anlaß geben, das Brocasche Feld cytoarchitektonisch in einen Campus anterior und posterior zu teilen. Weiter frontal in der Gegend des Ramus verticalis der Sylvischen Furche geht die Formation FBCm ziemlich unvermittelt in die Formation FDΓ über, die zur Area frontalis granularis FD gehört, und zwar erfolgt dieser Übergang von FCBm in FDΓ, ohne daß eine Formation reiner FC sich dazwischen einschöbe, sondern ziemlich unvermittelt, indem die Rinde recht plötzlich ca. 0.5 mm ihrer Breite einbüsst; besonders die III. Schicht wird schmäler; die IIIc-Lage, wie wir bei Besprechung dieser Area noch später sehen werden, ändert ihren Typus, die IV. Schicht wird breiter und körnerreicher, die Vb-Schicht tritt als deutlich lichter Streifen besser hervor, und die VI. schließlich zeigt plötzlich eine scharfe Abgrenzung gegen das Mark; lauter Charakterzeichen, welche deutlich das Auftreten einer ganz neuen Formation bekunden. Dorsalwärts reicht die Formation FBCm auch noch in die Wandungen der zweiten Frontalfurche hinein, oft sogar bis auf die Unterwand der zweiten Frontalwindung, und zwar deren caudalsten Abschnitt; doch ist auch hier die IIIc-Schicht schon wieder nicht mehr so charakteristisch, so daß auch hier aus FBCm schon die gewöhnliche Übergangsbildung FBC wieder entstanden ist. Als rückwärtige Grenzlinie für diese Brocasche Formation kann man ungefähr den Sulcus praecentralis inferior angeben, obschon sie selten wirklich bis an ihn heranreicht.
Gegen die Sylvische Grube zu überzieht oft die Übergangsbildung FCB auch das Operculum anterius und den hinteren Ast des Gyrus antidiagonalis (G. ant. d., Abb. 24 und 95) ohne auffallende Änderung seiner Struktur; doch sind dann die Zellen in IIIc nicht mehr sehr groß, und FC oder FCB hat dann seinen gewöhnlichen Charakter. Dagegen werden in der V. Schicht die Pyramidenzellen ihrer oberen Lage, je mehr man in die Tiefe der Sylvischen Grube geht, zahlreicher und dichter aneinander gedrängt, so daß sie der Tiefe der Sylvischen Grube zu allmählich immer mehr ein breites zellreiches Band bilden, welches, je mehr man dem Margo insularis superior sich nähert, an Zellreichtum und Tinktion gewinnt, so daß die V. schließlich am Margo insularis zur auffälligsten Lage dieses Rindenabschnittes wird. Diese Zunahme der V. Schicht ist, wie wir später sehen werden, eine Eigenheit der Inselformationen, welche in der Tiefe der Sylvischen Grube auf die angrenzende Partie der FBC-Bildung etwas übergreift. In diesem Übergangsgebiete hört die Aufhellung in den tiefen Partien der V. Schicht auf. Diese Übergangsformation wollen wir als Area frontalis intermedio-insularis FCI bezeichnen. Jedoch nicht immer ist diese Ausbreitung der beinahe agranulären Formationen bis zum Margo der Insel sichtbar. An der Stelle, wo die Rinde von der lateralen Konvexität der Rindenoberfläche in die Tiefe der Sylvischen Grube umbiegt, um deren oberes operkulares Dach zu überziehen, geschieht es auch am Fuße der dritten Stirnwindung nicht selten, daß in einem breiteren oder schmäleren Gebiet die schöne Ordnung der Zellen aufhört und sich auf dem Gyrus antidiagonalis posterior eine granuläre operculare Formation bildet, ähnlich im Aussehen wie die FBop oder FBCop auf dem Gyrus antipraecentralis und unmittelbar an dieselbe angrenzend (vgl. Tafel XVI) und mit ihr in Verbindung stehend. Die I. Schicht wird sehr breit, die II. deutlich. Es geraten die Zellen der III. Schicht bezüglich ihrer Orientierung zur Oberfläche und der Gleichmäßigkeit ihrer Abstände voneinander etwas in Unordnung, verlieren zum Teil ihre schöne Pyramidenform, werden kleiner und spärlicher, so daß die III. gleichsam Lücken aufweist. Die IV. Schicht wird etwas breiter und kernreicher, die V. und VI. zeigt, wenn auch weniger ausgesprochen, dasselbe Verhalten wie die III.; man hat den Eindruck, gewissermaßen einer Minusvariante der FC-Formation, die wir als FCop bezeichnen wollen (Area frontalis intermedia opercularis). Der Grad der Ausbildung dieser Variante zeigt noch größere individuelle Verschiedenheiten als in der FBop, von der übrigens eine Unterscheidung der FCop nicht leicht möglich ist (Abb. 95). In einzelnen Fällen ist die IV. Schicht und die II. Schicht so ausgesprochen, daß man diesen Teil schon zu den typisch granulären Formationen des Stirnhirns zählen muß, wie gerade in Tafel XVI und somit als FC(D)op Area frontalis intermedia (granularis) opercularis bezeichnen müsste. Frontalwärts hängt in diesen Fällen wirklich diese Bildung mit den opercularen granulären Partien von FD direkt zusammen, und man müsste sagen, daß sich die granuläre Bildung in solchen Fällen bis auf den Gyrus antidiagonalis und sogar antipraecentralis nach rückwärts erstreckt, so daß die agranulären Formationen im Operculum selbst auf ein minimales Gebiet eingeschränkt werden. Wie weit hier die individuellen Unterschiede gehen können, müsste noch durch eingehende Studien festgestellt und ebenso auch untersucht werden, ob hier zwischen der Windungsformation und der Ausbreitung der Areae im Operculum nicht ein besonderer Zusammenhang besteht.
330 Das Stirnhirn.
Als Übergangsformation zwischen agranulärer und granulärer Stirnhirnrinde eingefügt, hat dieses Gebiet bei den meisten Autoren nur wenig Beachtung gefunden bis auf BRODMANN. Wir wollen hier zunächst nochmals auf BETZ' sehr richtige Bemerkungen hinweisen, der betreffs der ersten Frontalwindung sagt, daß in ihr erst recht weit vorn eine Körnerschicht (IV.) auftritt und mit dem Auftreten derselben sowie besonders mit dem Zunehmen ihrer Körner die caudalwärts abnorm breite und zellgroße III. Schicht frontalwärts an Umfang und Zellgröße allmählich abnimmt. Die zweite Frontalwindung dagegen zeigt gleich in der Nähe ihres Ansatzes zur vorderen Zentralwindung nach BETZ das Wiederauftreten der Körnerschicht. Auf der dritten Frontalwindung erwähnt BETZ in ihrer Pars opercularis bei Erwachsenen in der III. Schicht „manchmal" Pyramidenzellen von Riesenzellgroße, die größer sind als sonst irgendwo im Frontalhirn. Diese Bemerkung BETZ', aus der wir das Wort „manchmal" ganz besonders hervorheben möchten, weil implizite darin die individuellen Verschiedenheiten schon betont sind, stimmt ziemlich gut mit dem, was auch wir beobachten konnten und vorher erwähnt haben, überein.
HAMMARBERG hat die Formation FC als solche eigentlich nicht in Betracht gezogen; denn bei seiner Beschreibung der ersten Frontalwindung folgt auf die agranuläre hintere Partie, die unserem FB entspricht, unmittelbar die granuläre, welche unserem FD gleichkommt. Auf der zweiten Frontalwindung dagegen entspricht wohl das Gebiet, welches er mit F2α bezeichnet, unserem Gebiete FC, da er neben den großen Pyramidenzellen von 35/25 µ Größe in III. und von 30/20 µ Größe in V., eine IV Schicht schon erwähnt. Auf dem Fuße der zweiten Frontalwindung selbst erwähnt aber HAMMARBERG das Vorkommen von Riesenzellen von 70/30 µ Größe. Dieser Teil dürfte wohl noch unserem FB auf F2 entsprechen. Die Pars opercularis der dritten Stirnwindung, d. h. den Fuß derselben, beschreibt HAMMARBERG zwar auch als eigenartige Bildung, er erwähnt das Vorkommen der inneren Körnerschicht auf derselben und auch die bedeutende Größe der Zellen in den tiefen Partien der III. Schicht, führt die Größe derselben jedoch merkwürdigerweise bloß mit 30/20 µ an.
Auch in den Auseinandersetzungen CAMPBELLs findet unsere Area frontalis intermedia keine eigene Erwähnung (s. Abb. 1 und 2) und wird, soweit als man aus dem Schema urteilen kann, zum Teil zur Area FB, d. h. zu der Area praecentralis intermedia CAMPBELLs, zum Teil zur granulären Formation des vorderen Stirnhirns gezählt, zwischen denen sie ja liegt.
Erst BRODMANN (Abb. 6 und 7) hat das Feld 8 ungefähr in derselben Ausdehnung, wie wir auf der ersten und zweiten Frontalwindung beschrieben, läßt es jedoch merkwürdigerweise mitten auf der zweiten Frontalwindung aufhören, als ob von hier nach abwärts plötzlich die großzellige agranuläre heterotypische Formation -FB in die granuläre homotypische, deutlich sechsfach geschichtete Frontalformation FD ohne jede Zwischenbildung überginge. Dies entspricht aber, wie wir auseinandergesetzt haben, nicht den tatsächlichen anatomischen Verhältnissen, sondern auch weiter ventralwärts findet man zwischen denselben einen Übergang, der eben durch FC dargestellt ist, wenn, auch zugegeben werden muß, daß diese Übergangsbildung in ventraleren Ebenen ein schmäleres Gebiet einnimmt als dorsal (Abb. 19). Daß er die Variante auf dem Fuße der dritten Stirnwindung offenbar mit Rücksicht auf deren physiologische Dignität als eigene Area opercularis (Feld 44) bezeichnet, habe ich schon bei Besprechung dieser Variante erwähnt. Leider gibt dieser hochverdiente Autor nirgends eine nähere Beschreibung oder Abbildung seiner Felder.
Area frontalis intermedia. 331
Dagegen hat NIESSL VON MAYENDORF die anatomischen Eigentümlichkeiten der Rinde des Fußes der dritten Stirnwindung in ziemlich derselben Art wie wir beschrieben und auch eine gute partielle Abbildung dieser Gegend gegeben.
Bei Tieren wird von BRODMANN (Abb. 100-107) das Feld 8 (unser FC) ebenfalls beschrieben und auch das erste schwache Auftreten einer inneren Körnerschicht erwähnt, sowie die Größe der Pyramidenzellen in III und V und das stellenweise Zusammenhängen dieser beiden Schichten sowie die Breite der VI.
Markbild. MAUS beschreibt beim Affen für das Feld 8 BRODMANNs, welches unserer FC entspricht, in der Mitte der Molekularzone eine sehr faserreiche Tangentialfaserschicht; unter der II. Schicht sei ein deutlicher Kaesscher Streifen sichtbar; die III. Schicht ist reichlich von Radiärbündeln durchzogen, die bis an die II. Schicht reichen sollen. Der äußere Baillargersche Streifen ist im Gebiete der IV. Schicht infolge seines Faserreichtums deutlich sichtbar; Va sei schmal; in Vb sei der innere Baillargersche Streifen bloß sehr schwach angedeutet, für gewöhnlich sogar nicht sichtbar und von den interradiären Markfasern der VI. Schicht nicht zu trennen.
Aus VOGTs myeloarchitektonischer Felderung des Gehirns (s. Abb. 9 und 10) dürften die Areae 47, 46 und 55 zu FC gehören, vielleicht auch noch die Areae 36 und 45; auch diese Felder sind noch alle nach Vogt unistriär oder beinahe unistriär, d.h. es ist bloß der äußere Baillarger zu sehen. Auf dem Fuße der dritten Stirnwindung befindet sich sein Gebiet 56, das seiner Lage nach unserer Area (in Campo) Broca FCBm entspricht; die Rinde ist auch hier noch fast unistriär, weist aber immerhin schon eine Andeutung des inneren Baillargerschen Streifens unter dem äußeren auf, so daß VOGT den Fuß pF3 zur Regio bistriata schon zählt. Die Area 36 bezeichnet VOGT als euradiär, medioradiär, modicoradiär und mixtoradiär, ferner als trizonal, dysfasciär, eutangential, eucingulär, dives, grosso-fibros, unistriär, externo-latior und externo-densior. Sie entspricht vielleicht den hintersten Teilen von FC auf der ersten Frontalwindung, also ungefähr FBC auf F1. Die oben angeführten Bezeichnungen ihrer Bemarkung bedeuten, daß die Markfaserbündel radiär bis an die Aussengrenze von IIIb ziehen und von mittlerer Dicke sind; in der Molekularschicht (I) hebt sich die Tangentialfaserschicht in der Mitte ihrer Schichtdicke gut ab, und man kann an ihr drei Unterschichten unterscheiden; nur der äußere Baillargersche Streifen ist auch nach VOGT allein gut sichtbar, da der innere infolge des Faserreichtums der VI. Schicht sich nicht abhebt. Die übrigen Felder, die in unser FC fallen, sind nicht ebenso genau beschrieben, die oberen davon gehören aber zur Regio propeunistriata, d. h. daß der innere Baillargersche Streifen auch an ihnen kaum zu sehen ist, jedoch frontalwärts zunehmend sichtbarer wird. In der Molekularschicht haben sie alle viele Tangentialfasern. Auch der Fuß der dritten Stirnwindung ist zwar noch propeunistriär, zeigt also ebenfalls neben dem äußeren oben schon angedeutet auch einen inneren Baillargerschen Streifen, so daß VOGT ihn schon zur Regio bistriata zählt. FCL an der Medianfläche entspricht auch myeloarchitektonisch seinem eigenen Bezirk, und zwar VOGTs area 35 ziemlich genau. (Auch myeloarchitektonisch zeigt zum Unterschiede davon FB = VOGTs Feld 36, 37 und evtl. 38 an der Medianfläche keine wesentliche Änderung, sondern zieht als solche bis an die limbischen Formationen heran, während die frontaleren Areae FC, FD usw. eine Änderung zeigen, die auch in der Myeloarchitektonik zum Ausdruck kommt. Vgl. Abb. 10a mit Abb. 20.)
E. SMITH dagegen beschreibt bezüglich der Horizontalstreifen in FC, daß in der mittleren Frontalregion zwei Baillargersche Streifen zu sehen sind, die polarwärts immer dünner werden, ebenso wie die Rinde im ganzen ebenfalls nach vorne zu dünner wird. Zu unserer Area FC dürften seine Area frontalis superior anterior und seine Area frontalis intermedia gehören (s. seine Hirnkarte S. 13, Abb. 3 und 4), ferner auf dem Fuße der dritten Stirnwindung seine Area frontalis inferior B, von letzterer gibt er keine spezielle Beschreibung, und er sagt selbst, daß die Unterschiede dieser einzelnen Areae sehr geringe seien. Aus allen diesen Angaben scheint hervorzugehen, daß das Gebiet von FC auch betreffs der Markfaserung in einige Unterabteilungen eingeteilt werden könnte, daß dasselbe nur den äußeren Baillargerschen Streifen genau erkennen lasst, während der innere sich meist von der Markfaserung der VI. Schicht eben abzuheben beginnt; daß dessen Molekularschicht reich an Tangentialfasern ist und daß die radiären Markbündel bis weit hinauf in die oberen Partien der III. Schicht reichen.
332 Das Stirnhirn.
Nach FLECHSIGs Schema der Markreifung (Abb. 90 und 91, S. 195) gehört auch unser Gebiet FC zu seinem Intermediärgebiet, das erst im Laufe des ersten Monats nach der Geburt betreffs seiner Projektionsfasern markreif wird. Wenn man aus dem Vergleiche unserer Hirnkarte mit der, die FLECHSIG gibt, nähere Schlüsse ziehen darf, so könnte man vermuten, daß der hintere Teil unserer Area FBCm auf dem Fuß der dritten Stirnwindung vielleicht noch zu FLECHSIGs Primordialgebieten gehört, die schon vor der Geburt markreif werden, während der vordere Teil derselben schon zu den intermediären Gebieten gehört. Allerdings haben auch wir (und ebenso auch BRODMANN) einen gewissen Unterschied zwischen vorderem und hinterem Teil der Brocaschen Stelle auch im Zellbilde gefunden, der allerdings nicht sehr bedeutend war; ob dies jedoch mit dem Markreifungsbild in irgendeiner Beziehung steht, wollen wir dahingestellt sein lassen.
Als Rindentypus nimmt FC eine Mittelstellung ein zwischen dem granulären Pyramidentypus 2 und dem agranulären Pyramidentypus 1 ein, die sich frontal und caudal vor ihm ausbreiten und wir bezeichnen diese Formation als Pyramidenmitteltypus 1 (2), s. S. 188 und Abb. 88.
Auch diese dritte Area der Regio praerolandica scheint großenteils motorischen Funktionen vorzustehen, soweit über sie überhaupt etwas bekannt ist. Betreffs ihrer Funktion auf der ersten Frontalwindung läßt sich derzeit noch nichts angeben. Auf der zweiten Frontalwindung jedoch fällt in das Gebiet der Area FC ein Zentrum für Spähbewegungen der Augen (Abb. 98); aus der Pathologie sind vereinzelte Fälle bekannt, in denen Läsionen dieser Stelle Blicklähmungen erzeugten (SAHLI, FREUND, WEISSENBURG, SCHAFFER) oder Nystagmus (KLIEN, FOERSTER); allerdings handelt es sich dabei nur um einzelne und nicht immer um ganz eindeutige Fälle. FOERSTER hat jedoch in letzter Zeit dieses primäre frontale Augenfeld gelegentlich Hirnoperationen beim Menschen elektrisch. einwandfrei nachweisen können und durch Excision der Rinde und mikroskopische Untersuchung feststellen können, daß es sich um einen Teil der Area frontalis intermedia (FC) handelt. FOERSTER konnte sich überzeugen, daß dieses Zentrum auf der zweiten Frontalwindung liegt und von der vorderen Zentralwindung durch eine Zone agranulärer Frontalrinde (FB) getrennt ist, die wieder auf elektrischen Reiz mit Augen- und Kopfdrehung (vgl. Abb. 98) reagiert (s. auch S. 315 FB). Dieses frontale Augenfeld wurde beim Affen von BEEVOR und HORSLEY zuerst nachgewiesen unmittelbar vor dem Sulcus arcuatus, mitten auf der Konvexität des Frontalhirns; diese Stelle ist von BRODMANNs Feld 8 eingenommen, welches beim Menschen einen ganzen, schmalen Sektor der Hirnoberfläche einnimmt (FC), während es beim Affen sich auf einen ganz kleinen Hirnbezirk beschränkt, wie man an Abb. 106, 107 sieht. Dieses Gebiet hat wohl seinen eigenen Stabkranz. Von diesem Gebiete aus konnte VOGT außerdem Denervationsphänomene auslösen, d. h. die Inhibition gerade vor sich gehender Bewegungen hervorrufen, und zwar Inhibition von Kaubewegungen, von Augenbewegungen und der Atmung. Diese Inhibitionswirkung ist für den Menschen noch nicht nachgewiesen.
Die Variante der Formation FC auf dem Fuße der dritten Frontalwindung FCBm nimmt nur den Fuß ein, auf dem nach BROCA die motorische Sprachfähigkeit lokalisiert ist. Sie stellt also auch ein eupraktisches motorisches Zentrum dar, und zwar höchster Ordnung, in welchem die durch Erlernung erworbenen und dann fertig gebildeten funktionellen Schablonen für die motorische Wortgebung lokalisiert sind; diese Bewegungsbilder erfordern wegen der Vielfältigkeit der gleichzeitigen und der zeitlich aufeinanderfolgenden Bewegungskombinationen eine solche Präzision wie kaum irgendein anderer motorischer Ausdruck des Menschen; sie bedürfen offenbar einer eigenartigen Architektonik, die, obschon sie die gleichen gröberen Grundlagen wie die Areae FB und FC aufweisen, doch eine ganz eigenartige Zusammensetzung besitzen, die sie als eigene Area charakterisiert, welche bei Tieren kein Homologon hat, wie ja auch grob anatomisch die Grundlagen hierzu im Tierreich fehlen (rudimentäre oder ganz fehlende dritte Stirnwindung). Die Projektionsfaserung aus dem Fuße der dritten Stirnwindung scheint nach MONAKOW (s. Abb. 87) mit einem Teile der Projektionsfaserung aus dem Opercularteile der vorderen Zentralwindung und aus dem Fuße der zweiten Frontalwindung in den Hirnschenkelfuß zu ziehen, wo sie medial liegen (teilweise mit den frontopontinen Bündeln gemischt), und sie bilden später die Bahnen vom Fuß zur Haube.
Area frontalis intermedia. 333
VOGTs Versuche der letzten Jahre haben nun einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Art des motorischen elektrischen Reizeffektes mit dem architektonischen Zellaufbau der Rinde nachgewiesen; diese Befunde, die an Affen gemacht wurden, sind dann gelegentlich therapeutischer Hirnoperationen von FOERSTER nachgeprüft und somit auch für den Menschen bestätigt worden. Schon SHERINGTON hatte gezeigt, daß man bei der Anwendung schwacher unipolarer Ströme bloß von der vorderen Zentralwindung motorische Effekte bekommt; bei bipolarer faradischer Reizung (BEEVOR und HORSLEY) dagegen erhält man auch von den vor der Zentralwindung gelegenen Hirnpartien motorische Effekte. Auch VOGTs Untersuchungen haben nun erwiesen, daß die elektromotorische Zone weit über die vordere Zentralwindung auf das Stirnhirn hinaufreicht, etwa in der Ausdehnung der bisher besprochenen Regio praerolandica (FA, FB, FC), aber auch noch darüber hinaus, sowohl frontal als auch caudal, z. B. auch noch die hintere Zentralwindung übergreift u. a. m. Doch konnte VOGT mit Hilfe verschiedener Abstufungen des Reizes zeigen, daß die Reizfelder nicht alle die gleiche Wertigkeit haben. Reizt man eine Stelle der elektromotorischen Zone, z. B. der C. a. mit schwächstem unipolaren Reiz, so erhält man einen bestimmten, für diese Stelle typischen motorischen Effekt; denselben motorischen Effekt kann man evtl. auch von einer davon weiter entfernten oder benachbarten Stelle, z. B. vom Frontalhirn, jedoch nur bei stärkerem Reize erhalten; VOGT nennt dann die erste Stelle das Primärfeld für diese spezielle Bewegung, die anderen Sekundärfelder (oder wenn noch stärkere Reize nötig sind, Tertiärfelder). Durchschneidet man unterhalb der Rinde des Primärfeldes die von ihr ausgehende Projektionsfaserung, so hört die von ihr ausgelöste Spezialbewegung auf sowohl bei Reizung dieses Primärfeldes als bei Reizung des Sekundärfeldes, d. h. also, daß der motorische Effekt des Primärfeldes auf dem Wege über dessen eigene Projektionsfaserung direkt nach abwärts gelangt, während der motorische Effekt des Sekundärfeldes erst ebenfalls über das Primärfeld und dessen Projektionsfaserung nach abwärts zieht. Dasselbe kann man auch dadurch erweisen, daß man bei Durchschneidung der Projektionsfaserung des Sekundärfeldes, wenn die Projektionsfaserung des Primärfeldes erhalten ist, doch den entsprechenden motorischen Effekt noch erzielt. Durchtrennt man jedoch die Hirnrinde zwischen Sekundärfeld und Primärfeld (auch bei erhaltener Projektionsfaserung des einen und des anderen), so ist vom Sekundärfeld der entsprechende motorische Effekt nicht mehr zu erzielen, sondern bloß noch vom Primärfeld; es genügt hierzu sogar bloß die oberen drei Rindenschichten zu durchtrennen. Dies beweist, daß die Erregung vom Sekundärfeld erst auf dem Wege der äußeren Hauptschicht der Rinde, also intracortical, zum Primärfeld gelangt und nicht über seine, des Sekundärfeldes, Projektionsfaserung. (Manchmal gelangt die Erregung aus dem Sekundärfelde auch auf anderem Wege, z. B. von der hinteren auf die vordere Zentralwindung auf dem Wege der U-Fasern und nicht intracortical zum Primärfeld.) Es kann nun - und dies ist sogar die Regel - ein und dieselbe Stelle Primärfeld für eine bestimmte Bewegung und Sekundär-(Tertiär-)Feld für eine andere Bewegung sein, d.h. z. B. bei schwächerem Reiz eine Fingerbewegung, bei stärkerem eine Armbewegung auslösen; dann kann man sich überzeugen, daß bei Unterschneidung dieser Stelle (d. h. also bei Durchschneidung ihrer direkten Projektionsfaserung) die Primärbewegung bei dem Reiz entfällt, die Sekundärbewegung jedoch weiter persistiert, und umgekehrt kann man bei erhaltener Projektionsfaserung jedoch bei kreisförmiger Umschneidung der bloßen Rinde dieser Stelle wieder sehen, daß jetzt die Primärbewegung persistiert, aber die Sekundärbewegung entfällt. Mittels dieser Methode nun hat VOGT an Affen nachweisen und FOERSTER großenteils auch für den Menschen bestätigen können, daß auf der vorderen Zentralwindung die leicht erregbaren Primärfelder für die isolierten, tonisch erfolgenden Einzelbewegungen im Gebiete der Area gigantopyramidalis liegen; wir haben schon früher (S. 203 FA) auseinandergesetzt, daß wohl darunter die ganze Area praecentralis FA und nicht bloß FAγ zu verstehen ist. Sie enthält also die Foci für die willkürlichen Einzelbewegungen, nicht aber für zusammengesetzte Bewegungen 1). Diese Foci sind in strenger somatotopischer Gliederung in dieser Area aneinander gereiht (Abb. 98). Die Pyramidenbahn ist die Projektionsbahn dieser Primärfelder der Area FA (Feld 4 von BRODMANN), denn ihre Durchschneidung hebt die isolierten Einzelbewegungen beim Menschen auf 2). Bei Zerstörung der also ausschließlich in FA befindlichen Foci für die willkürlichen Einzelbewegungen erfolgt (deren spastische) Lähmung, jedoch können die gelähmten Teile bei Mitbewegungen doch gerührt werden (von den Sekundärfeldern aus). Von dieser Area FA können epileptische Anfälle ausgelöst werden, welche durch Klonismen ausgezeichnet sind, die in somatotopischer Aufeinanderfolge ablaufen.
[footnote p 334 1) Dies ist natürlich „cum grano salis" zu nehmen, da die Primärfelder ja meist gleichzeitig auch Sekundärfelder sind für andre Bewegungen.]
[footnote p 334 2) Bezüglich der trotz Durchschneidung des ganzen Pes pedunculi bei Tieren noch möglichen Auslösung von Einzelbewegungen auf dem Wege über jenen Teil der Projektionsfaserung, die indirekt d. h. über den Thalamus nach abwärts zieht, siehe unsere Arbeit v. ECONOMO und KARPLUS: Arch. f. Psychiatrie u. Nervenkrankh. Bd. XLVI.]
334 Das Stirnhirn.
Das vor der Area FA gelegene Gebiet FB (identisch mit BRODMANNs Feld 6), Area frontalis agranularis, enthält nach VOGT die Sekundärfelder (und Tertiärfelder) für die isolierten Bewegungen und im Primärfeld Adversivbewegungen; VOGT teilt dieses Feld bei Affen in ein dorsales 6a und ein ventrales 6b ein; das dorsale wieder in ein hinteres an FA grenzendes 6aα und ein frontaleres 6aβ; schwächste elektrische Reize rufen von 6aα keinen motorischen Effekt hervor, erst stärkere Reize rufen isolierte Einzelbewegungen hervor, und noch stärkere rufen Einstellungsbewegungen des Kopfes, Rumpfes nach der Gegenseite, es ist also beim Affen der hintere Teil von FB (6aα) Sekundärfeld für isolierte Bewegungen und Sekundärfeld für Einstellungsbewegungen; der frontalere Teil 6aβ reagiert schon auf schwächere Reize mit den Einstellungsbewegungen und erst auf viel stärkere Reize mit isolierten Spezialbewegungen, es ist also Primärfeld für Einstellungsbewegungen und Tertiärfeld für Einzelbewegungen. Die isolierten Einzelbewegungen, die vom Felde FB (6a) ausgelöst werden können, sistieren, wenn die Area FA zerstört ist oder wenn auch bloß die Rinde zwischen FA und FB in ihrer äußeren Hauptschicht durchtrennt wird; die Einstellungsbewegungen aber nicht. Letztere sistieren erst, wenn die Projektionsfaserung von FB durchtrennt wird, d. h. wenn die Rinde unterschnitten wird. Ist die Projektionsfaserung allein durchtrennt, die Rinde zwischen FA und FB aber intakt, dann persistieren die sekundären und tertiären Einzelbewegungen. 6b teilt VOGT ebenfalls in 6bα und 6bβ; ersteres ist das leicht erregbare (Primär-) Feld für rhythmische Kau-, Leck- und Schluckbewegungen und für Phonation, letzteres ein Feld für Denervation, und zwar Inhibition der Atmung. Das Zentrum für rhythmische Kaubewegungen hat ebenfalls eine eigene Projektionsfaserung (s. S. 314, FB). Die isolierten Einzelbewegungen des ganzen Gebietes von FB (Feld 6) entstehen also durch Überleitung des Reizes auf dem Wege der I.-III. Rindenschicht auf das Primärfeld für Einzelbewegungen in FA. Auch für diese übergeleiteten, also sekundären Einzelbewegungen besteht in FB eine ähnliche, wenn auch nicht so scharfe somatotopische Gliederung wie in FA. Zwischen 6aα und 6aβ konnte VOGT auch cytoarchitektonische Differenzen feststellen. - Auch für den Menschen gelten nach FOERSTER ähnliche Verhältnisse. Ein großer Teil des Culmens der vorderen Zentralwindung ist hier von den caudalen Teilen von FB eingenommen; dieser Teil stellt das Sekundärfeld für isolierte Einzelbewegungen dar, welches beim Menschen eine feinere somatotopische Gliederung aufweist als beim Affen; da die Area gigantopyramidalis beim Menschen größtenteils innerhalb der Furche Rolandi liegt, reizt man beim Menschen gewöhnlich bloß dieses Sekundärfeld bei der elektrischen Untersuchung, und der elektromotorische Effekt bleibt nach FOERSTER aus, wenn man auf der C. a. zwischen FB und FA die Rinde oberflächlich spaltet. Der übrige Teil von FB auf der ersten und zweiten Frontalwindung reagiert vor allem mit Adversivbewegungen, und zwar Drehung des Kopfes und der Augen nach der Gegenseite mit Öffnung der Augen und Pupillenerweiterung, bei stärkerem Reiz auch Drehung des Rumpfes und Massenbewegungen der kontralateralen oberen und unteren Extremitäten. Diese Bewegungseffekte persistieren auch nach Exstirpation der C. a., verlauten also auf einem eigenen Stabkranz nach abwärts. Exstirpation der dorsalen Teile der Area FB bis an die C. a. heran schädigt nicht die willkürliche Motilität, sondern erzeugt bloß eine vorübergehende statische Ataxie (Astasie, Abasie, Abb. 98). Läsionen der ventralen Teile der Area FB bei intakten Primaren Focis dürften nach FOERSTER jene Fälle von Pseudobulbärparalyse erzeugen, sei welchen willkürlich isolierte Bewegungen der Hirnnerven noch recht gut gelingen, aber schwere dysarthrische Störungen, oft sogar Störungen des Kauens und Schluckens bestehen. Der von FB ausgelöste epileptische Anfall zeigt nach FOERSTER von vornherein starke klonische Zuckungen und große Neigung zu weitgehender Irradiation; er wird sehr leicht hervorgerufen (wie auch beim Affen), auch nach Excision des Primärfeldes in C. a, verläuft also ebenfalls auf dem eigenen Stabkranz der FB nach abwärts. Charakteristisch für das in FB gelegene frontale Adversivfeld (6aβ) sind epileptische Anfälle, die mit Drehung des Kopfes und der Augen beginnen, welcher Drehung des Rumpfes und dann klonische Krämpfe der Arme oder Beine oder beider folgen. Wir verweisen hier nochmals auf alles über die physiologische Bedeutung von FB in §7, S. 312 Gesagte; eine Nebeneinanderstellung der Abb. 87, 92 und 98 wird auch unmittelbar eine gute Anschauung über alles hier Gesagte geben; daß man von elektrischen Reizmethoden keine Aufklärung über eupraktische oder apraktische Funktionen bzw. deren Störungen erwarten darf, ist ohne weiteres verständlich.
Area frontalis intermedia. 335
In das Gebiet der Area frontalis intermedia FC, das dem Brodmannschen Felde 8 entspricht, haben wir nach VOGT beim Affen, wo es sich entsprechend Abb. 100 im mittleren Frontalhirn auf die vordere Wand und Lippe des Sulcus arcuatus beschränkt, ein Primärfeld für leicht erregbare Augenbewegungen zu verlegen; ventralere Partien desselben haben außerdem eine inhibitorische Funktion für Atmung, Kauen usw. Während dieses Primärfeld beim Affen beinahe die ganze Area FC einnimmt, ist letztere beim Menschen bedeutend größer; das zu ihr gehörige primäre Feld für Augenbewegungen nimmt bloß ihren auf der zweiten Frontalwindung gelegenen Teil ein, und zwar unmittelbar vor jenem Teil von FB, von dem aus die Adversivbewegungen von Kopf, Rumpf und Augen regiert werden (vgl. Abb. 21, 92 u.98). FOERSTER konnte am Menschen die eben geschilderte Lage dieses Primärfeldes genau mit der Elektrode bestimmen. Dieses hat auch einen eigenen Stabkranz, dessen weiterer Verlauf jedoch noch nicht genügend bekannt ist. Excision des Feldes ruft keine konjugierte Blicklähmung hervor; FOERSTER sah bloß kurzfristigen Nystagmus bei Seitenwendung, doch werden aus der Pathologie einzelne, allerdings nicht reine Fälle von Blicklähmung berichtet. Nach Ansicht der meisten Autoren dient dieses Feld den Spähbewegungen der Augen. Von dieser Gegend ausgelöste Epilepsieanfälle sollen mit klonischen Zuckungen der Bulbi allein beginnen und dann erst weiter irradiieren. Über den übrigen Teil von FC auf der ersten Frontalwindung liegen sonst keine elektrischen Reizversuche vor. Es ist gewissermaßen eigentümlich, daß so weit vor den sonstigen Primärfeldern für Einzelbewegungen sich dieses Spähfeld lokalisiert findet; man könnte daraus vermuten, daß vielleicht auch die übrigen (dorsalen) Teile von FC eine ähnliche motorische oder efferente Funktion hätten, die ähnlich wie eben die Spähbewegungen im Sinne der Aufmerksamkeitsanspannung wirken; doch ist dies, wie gesagt, eine reine Vermutung, die ihren Anlaß in den bei Stirnhirnverletzten häufigen prosektischen Störungen hat. Sehr erwähnenswert ist es auch, daß VOGT und BARANYI nachweisen konnten, daß die durch Reizung des Feldes FC (8) hervorgerufenen Augenbewegungen verschieden sind von denen, die man von den Occipitalfeldern OC, OB, OA oder von dem Temporalfeld TC erhalten kann, und zwar verlaufen die Augenbewegungen des Feldes FC schneller und weniger ruckweise, als die letzteren; auch im Verhältnis zum calorischen Nystagmus verhalten sie sich verschieden und oft geradezu entgegengesetzt in ihrer Wirkung.
VOGTs elektrische Reizversuche an den frontal von FC gelegenen Areae FD und FE, die wir später dort besprechen werden, haben für diese bloß sehr schwer erregbare Adversivbewegungen festgestellt (s. S. 361, 372, 383).
Mit dem Frontalhirn ist aber noch nicht die ganze elektromotorische Zone erschöpft, wie schon aus den kurz vorher erwähnten Augenbewegungszentren des Occipital- und Temporallappens hervorgeht. Auch an der hinteren Zentralwindung hat VOGT Sekundärfelder für Einzelbewegungen und noch andere sog. determinierende Felder bestimmt, ebenso Felder für Adversivbewegungen vor und im oberen Scheitelläppchen. Die Besprechung der elektromotorischen Effekte dieser Gegenden wollen wir in den physiologischen Paragraphen (§7) der betreffenden Areae PA bis PC später vornehmen.
336 Das Stirnhirn.
Erst polarwärts von der Area frontalis intermedia FC, welche wir noch zur Regio praerolandica rechnen, beginnt die innere Körnerschicht eine wirklich ununterbrochene, etwas dichtere Zellage zu bilden und außerdem ein deutlicher lichter Streifen in der Tiefe der V. Schicht aufzutreten (vgl. Tafel XVIII-XXXII). Diese zwei Eigenschaften charakterisieren von der oralen Grenze der Area FC aus das ganze vordere Stirnhirn, und von dieser Grenze an beginnt für uns die Regio frontalis (Abb. 96 und 97 mittelgrün). Erst von da aus verliert die III. Schicht (und z. T. auch die V.) ihr typisches Aussehen (Typus 1 und 1 [2]), welches sie von der Zentralfurche an durch die schlanken und überschlanken, großen, schönen Pyramidenzellen und die Körnerlosigkeit charakterisierte und das wir gemäß der alten Ansicht MEYNERTs auch heute noch mit der Motilität irgendwie in Beziehung zu bringen geneigt sind. Unter dem Namen der Regio frontalis subsummieren wir die granulären Formationen an den vorderen Stirnhirnpartien, an der Konvexität und am Pole und zum Teil an der Medianfläche. Wir trennen jedoch von ihnen, und zwar bloß aus praktischen Übersichtlichkeitsgründen, nicht etwa aus Ursachen der feineren Anatomie, die restlichen, an der Orbitalen Basisfläche und der vorderen unteren Medianfläche des Stirnhirns gelegenen Gebiete, welche wir zu einer dritten Region, zur Regio orbitalis (oder orbitomedialis) des Stirnhirns später zusammenfassen wollen. Zur Regio frontalis zählen wir die große Area frontalis granularis FD mit ihren drei großen Varianten FDΔ, FDΓ, FDL) und mit ihren vielen groß- und kleinzelligen regionären Modifikationen und Übergangsbildungen, außerdem noch die Area frontopolaris FE, welche kappenförmig den Frontalpol überzieht (vgl. Abb. 92-95).
Die Formation erstreckt sich ebenfalls von dem Sulcus callosomarginalis an der medianen Hirnwand über die Mantelkante und die Konvexität des Gehirns bis in die Sylvische Grube und vorne basal sogar teilweise bis an die Orbitalfläche des Stirnhirns, sie bildet also im ganzen noch eine breite gürtelförmige Zone, die unmittelbar polarwärts von der FC-Formation liegt. Der Stirnhirnpol selbst bleibt frei; er ist von einer anderen eigenen Area FE eingenommen, die ihn kappenartig in der Größe ungefähr eines Fünfmarkstückes überzieht. Abgesehen von diesem polaren Teile ist also die ganze vordere Konvexität des Stirnhirns (vgl. Abb. 92) von der FD eingenommen; ihre hintere Grenze fällt mit der vorderen Grenze der FC zusammen, reicht also ebenfalls auf der ersten Frontalwindung weiter nach vorne, auf der zweiten Frontalwindung springt sie nach hinten zurück und auf der dritten Frontalwindung fällt sie zwischen Pars triangularis und Pars opercularis, also ungefähr in den vertikalen Ast der Sylvischen Furche hinein. Die vordere Grenze der FD an der Mantelkante ist dann ungefähr 5 cm weiter polar gelegen als die hintere und zieht von hier in nach vorne konkavem Bogen um den Pol herum bis an die Orbitalfläche. Auf diese Art bildet die Area frontalis granularis von hinten nach vorne gerechnet das vierte Segment, welches das Stirnhirn in frontaler Richtung halbringförmig umgibt (FA, FB, FC, FD) 1). Sie ist aber im frontocaudalen Durchmesser durchweg breiter als die anderen Areae. Auch hier ist jedoch die frontocaudale Ausdehnung des Gürtels dorsal an der Mantelkante größer und ventral in der Gegend der Sylvischen Grube schmäler. Das in der Sylvischen Grube liegende ventrale Ende dieses Ringes liegt auf der Pars triangularis und zieht auf dieser in die Sylvische Grube hinein. Vorn auf der zweiten Frontalwindung sendet sie nach vorn und unten an die Orbitalfläche gewöhnlich noch einen Fortsatz, der bis an den Sulcus orbitalis lateralis heranreicht. In dieser weiten Ausdehnung zeigt die FD verschiedene Abweichungen von ihrem Grundbau, zum Teil kleinere Modifikationen, die hauptsächlich die Größe ihrer Zellen anlangen, oder Übergangsbildungen an der Grenze gegen die benachbarten Areae, zum Teil wirkliche Varianten, die einen konstanten, eigenartigen Bau aufzuweisen haben, wie FDL, FDΔ, FDΓ.
[footnote p 336 1) Man vergleiche hierzu CHR. JAKOBs Sektorenbilder, die wir auf Abb. 17 und 18 wiedergeben.]
Area frontalis granularis. 337
Wenn wir es vorziehen, diese verschiedenen Areae, welche in dieses Gebiet fallen, gleichsam als Unterfelder der Area frontalis granularis FD zu rechnen, statt sie als eigene Areae aufzuzählen, so kommt dies entsprechend unseren Auseinandersetzungen auf S. 224-225 daher, daß sie uns beim Studium sehr vieler Gehirne als aus dem Typus FD ableitbare Varianten vorkommen, die zwar konstant an bestimmten Stellen des Gehirns wiederzufinden sind, aber in individuell sehr verschiedenem Grade der Ausprägung, so daß man an Hirnen, an denen sie nicht eine sehr hohe spezifische Differenzierung erreichen, immer wieder an der entsprechenden Stelle den Grundtypus FD vor sich zu haben glaubt, mit der einen oder der anderen geringgradigen Modifikation; wo sie ferner bloß in einem kleineren Gebiete schön differenziert und spezifisch entwickelt sind, zeigt wiederum ihre unmittelbare, nicht voll entwickelte Umgebung den Grundtypus FD und sie erscheinen somit in diesen Fällen gleichsam als Inseln in dem großen Gebiete der Area frontalis granularis; nur in jenen Fällen, wo sie auffallend stark differenziert und hoch entwickelt sind und auch ihre Grenzen recht weite sind, imponieren sie als ganz verschiedene, selbständige, aneinanderstoßende Areae (Abb. 92). An den meisten Hirnen dagegen wird man auch mit sehr viel gutem Willen und Mühe kaum eine so absolute Unterscheidung treffen können, und wird meist an Schnitten einer Hirnpartie, an der man die charakteristischen Zeichen einer dieser Areae gefunden hat, sehr erstaunt sein, auf den folgenden Schnitten in deren unmittelbarer Nähe diese charakteristischen Zeichen nicht mehr so gut erkennen zu können, um vielleicht auf weiteren Schnitten dieselben nochmals wiederzufinden. Man wird auch immer wieder enttäuscht sein, wenn man z. B. versucht, nach einer der Hirnkarten von SMITH oder von BRODMANN (Abb. 3 oder 6) an einem großen Hirnschnitt, der über mehrere Windungen geht, die einzelnen von diesen Autoren verzeichneten Areae wiederzufinden, und z. B. auf der einen Windung BRODMANNs area 46 sieht und nun auf den nächsten Windungen seine Area 45 zu finden erwartet, tatsächlich aber zwischen der Area 46 und der Area 45 immer wieder die eine oder die andere Windung sehen wird, an der man weder die eine noch die andere Struktureigentümlichkeit dieser Areae erkennen kann, sondern bloß eine einfachere, weniger differenzierte Bildung findet, mit den gemeinsamen Grundzügen, die eben der ganzen Area frontalis granularis FD zukommen. Aus diesem Grunde halten wir es wohl zum Verständnisse des ganzen Zellaufbaues des Gehirns für besser und vor allem auch tatsächlich den anatomischen Verhältnissen besser entsprechend, wenn wir diese Unterareae als Varianten eines Grundtypus FD anführen und vorläufig ohne Rücksicht auf alle die möglichen Abänderungen, den Grundtypus zusammenfassend beschreiben und nachher erst die regionalen Unterschiede, dann die Übergangsbildungen und schließlich die konstanten Varianten, welche „eigene Areae" bilden. Auf diese Art meinen wir am besten die persönliche Willkür, welche in jeder Felderbestimmung liegt, auf das nötige Minimum zu reduzieren.
Das Gebiet des Stirnhirns, welches auf seiner Rinde die FD-Formation aufweist, zeigt im allgemeinen schmälere Windungen als die von den caudaleren Formationen überzogenen Rindenpartien des hinteren Stirnhirns.
Schon mit unbewaffnetem Auge (Abb. 116, 4) merkt man am frischen und am gefärbten Zellpräparate, daß die Rinde in diesem Gebiete viel weniger breit ist; sie weist nicht mehr Werte auf, welche zwischen 3, 3.5 und 4 mm schwanken, wie die bisher besprochenen drei Rindenareale, sondern ihre Werte schwanken zwischen 2.5 mm und 3.0 mm (Abb. 26, 27). Die Rinde muß also bloß als mittelbreit bezeichnet werden, wobei auch hier die allgemeine Regel weiter gilt, daß polarwärts die Verschmälerung der Rinde weiter zunimmt. An der Konvexität auf der ersten Frontalwindung nahe der Mantelkante haben wir zwar noch werte von 3.1 mm gemessen, aber unmittelbar davor und darunter sinken diese Werte rasch auf 2.7 mm Breite an der Kuppe (Abb. 28, 29). Auf der zweiten Frontalwindung geht die Verschmälerung noch rascher und ausgiebiger vor sich, indem hier die Rindenbreite von 3.0 mm sehr rasch auf 2.4 mm heruntersinkt; jedoch findet sich auf der zweiten Frontalwindung ein Areal weiter polarwärts (Abb. 26 bei a), auf dem die Rindenbreite wieder eine stärkere wird (im Gebiete der FDΔ Area frontalis granularis media, Abb. 92), in der wieder Werte von 2.7 mm zu verzeichnen sind. Auf der dritten Frontalwindung schließlich haben wir Werte, die zwischen 2.4 mm und 2.6 mm schwanken, so daß wir hier sogar von einer schmalen Rinde sprechen müssen. Die schmälsten Teile sind wohl auf dem Cap, d. h. der Pars triangularis und unmittelbar davor anzutreffen, auf welchen sich, wie wir sehen werden, eigenartige Varianten der Area FD befinden. Der Unterschied zwischen dem Culmen und der Wand der Windungen ist hier noch auffälliger als in allen früher besprochenen Rindenarealen und die Verschmälerung noch bedeutender. Auch dort, wo die FD-Formation am Culmen ebenso hohe Werte aufweist, wie die FC, z. B. 3.1 mm, nimmt doch die Wand rascher und bedeutender an Dicke ab, als dies in der unmittelbar danebenliegenden FC-Formation der Fall ist.
338 Das Stirnhirn.
Nicht nur die Rinde ist schmäler, sondern, wie gesagt, auch die Windungen, auf denen sich die FD befindet, sind im allgemeinen schmäler als die der Regio praerolandica, was natürlich auch am Schnittpräparate auffällt.
Mit freiem Auge sieht man am gefärbten Schnittpräparate viel deutlicher schon als in der FC eine Schichtung (Abb. 116), und zwar sieht man zu äußerst die lichte Molekularschicht als hellen Saum, darunter ganz deutlich einen dunklen Strich, der der II. Schicht entspricht und dem obersten Teile der III. Darauf einen breiteren, etwas blasseren Streifen, entsprechend dem mittleren und unteren Abschnitte der III. Schicht, dann ein schmäleres dunkles Band, das durch die IV. und die Va dargestellt wird, darauf ein deutliches schmales lichtes Band, Vb, und dann die ziemlich scharf nach oben und nach unten begrenzte VI., etwas dunkle Schicht. Natürlich ist diese feine horizontale Schichtung nur bei guter Färbung und Differenzierung zu sehen, wenn man das Präparat gegen einen lichten Untergrund und bei auffallendem Lichte betrachtet, da die Färbungsunterschiede keine bedeutenden sind. Immerhin ist diese Zeichnung deutlich genug, um auf Schnitten, auf welchen mehrere Windungen getroffen sind, von welchen die einen von der FC-Formation, die anderen von FD überzogen sind, den Unterschied in dem Bilde recht deutlich auch ohne Mikroskop erkennen zu können.
Charakteristisch für diese mittelbreite Rinde ist das Auftreten einer ganz deutlichen ununterbrochenen inneren Körnerschicht (IV) und einer recht deutlichen äußeren Körnerschicht (II). Wenn auch die IV. Schicht bei weitem nicht so deutlich, nicht so breit und nicht so zellreich ist wie im Parietal-, Temporal- und Occipitalhirn, so ist sie immerhin recht gut ausgeprägt und macht die Formation des vorderen Frontalhirns zu einer homotypisch sechsschichtigen und ganz typisch granulären, dem Rindentypus 2 (s. S. 188). Dies ist auch die wichtigste Ursache für die deutliche horizontale Unterschichtung. Die Zellen der IV. Schicht sind hier in der Mehrzahl kleine Pyramiden- und dreieckige Zellen. Dies unterscheidet diese Zone sehr deutlich von den granulären Bildungen hinter der Zentralwindung, welche in IV hauptsächlich echte Körner enthalten. Allerdings mehren sich auch im Frontalhirn, je weiter polarwärts man vorschreitet, die wirklichen Körnchenzellen. Auch die II. Schicht ist, wie gesagt, deutlich als Schicht zu sehen und ihre Abgrenzung gegen die IIIa eine bessere als in der Regio praerolandica. Die III. hat noch immer eine gute Breite, sie ist aber kleinzelliger und zellärmer, also lichter als caudalwärts, und zeigt nicht mehr die schlanken und überschlanken, genau senkrecht zur Oberfläche gerichteten Pyramidenzellen der hinteren Region (vgl. hierzu Tafel XX, FD darstellend, mit Tafel VI von FB). Die V. Schicht zerfällt, was man beim ersten Blicke schon merkt, deutlich in eine zellreichere obere Va und eine zellärmere untere Vb (s. Tafel XVIII, XIX und alle folgenden auch). Die VI. Schicht erscheint viel schmäler als in der Regio praerolandica und gegen das Mark bedeutend besser abgegrenzt; die VIa-Schicht sieht hier viel dichter aus, ihre Zellen sind runder und protoplasmareicher und bilden, da sie dichter aneinandergedrängt stehen, in gewissem Sinne einen Zellstreifen, der nicht nur in der Windungswand, sondern auch an der Kuppe ziemlich deutlich erkennbar ist (vgl., Tafel XIX, XX, XXI, XXIII). Die VIb-Schicht ist dagegen anscheinend zellärmer, als dies in den caudaleren Partien des Stirnhirns der Fall war, so daß die Abgrenzung von VIa eine bessere ist, auch die Abgrenzung gegen das Mark ist für den Lobus frontalis eine relativ recht scharfe, allerdings nie eine so scharfe, wie in den retrozentralen Hirnpartien.
Area frontalis granularis. 339
Durch dieses Verhalten der einzelnen Zonen kommt die sehr deutliche und, wie in §1 erwähnt, sogar makroskopisch gut sichtbare und charakteristische horizontale Schichtung dieser homotypischen Formation zustande (Abb. 116, 4). Von einer radiären Streifung in vertikaler Richtung ist an der FD-Formation im allgemeinen nichts zu bemerken (Abb. 46 und 46), bis auf jenen Teil von FD, der auf F3 liegt. (Vgl. hierzu Tafel XXVIII, XXIX und XXX, die von F3 stammen, mit Tafel XVIII-XXV.)
Die progressive Zellverarmung, die polarwärts im Stirnhirn, von der Area FB angefangen, stetig zunimmt, macht sich eigentlich erst hier in FD sichtlich geltend; besonders in der III. Schicht ist dies der Fall. Es handelt sich hier vor allem um eine Verarmung an Zellsubstanz mehr noch als um die eigentliche Abnahme der Zellzahl, also um eine Abnahme der Zelldichtigkeit. In der III. Schicht der FD bekommt man vielfach den Eindruck einer ganz sichtbaren Zunahme der zellfreien Substanz, die zellosen Zwischenräume sind bedeutend größer als in den caudaleren Regionen (s. Tafel XXI und XXIII). Ob hier evtl. eine entsprechende Verdichtung des Nervenfaserfilzes zwischen den Zellen zu verzeichnen wäre oder ob es sich hier evtl. wirklich um eine Abnahme der spezifischen Nervensubstanz handelt, können wir heute noch nicht sagen. Jedenfalls sind die Zellen im allgemeinen kleiner als in FC und ganz unvergleichlich kleiner als in FB (vgl. Abb. 74, 75); und nur ganz ausnahmsweise erreichen in FD einzelne Pyramidenzellen noch die Größe wie in den caudaleren Partien. Obschon man in FD selbst sehr verschiedene Größen der Pyramidenzellen antrifft, so halten sich dieselben doch immer an der unteren Grenze der gewöhnlichen Formen. Der Übergang von FC in die FD-Formation erfolgt übrigens nicht in allen Schichten gleichzeitig, so behält z. B. die Formation FD an der Mantelkante von F1 ziemlich weit nach vorne in den tieferen Teilen der III. Schicht noch große Pyramidenzellen, welche dieser III Schicht den Typus der Pyramidenschicht der FC geben, obwohl hier die Rinde schon deutlich granulär ist (Tafel XVIII und XIX); und dieses Verhalten der III. Schicht reicht an der Mantelkante bis zum Stirnpol hin, also bis sogar nach FE. Sonst erfolgt der Übergang von FC zu FB derart, daß weiter caudalwärts zuerst die IV. Schicht deutlicher wird (Tafel XVIII), etwas weiter frontal wird die V. Schicht schmäler und kleinzelliger, während die VI. Schicht zellreicher wird und VIa dadurch deutlicher von VIb sich trennen läßt. Dabei bleiben die II. und III. Schicht vorerst ungefähr ziemlich gleich wie in FC. Diese Grenzpartien kann man mit FDC bezeichnen (s. Abb. 92). Erst weiter vorne wird die I. Schicht schmäler und die II. deutlicher und ziemlich unvermittelt wird auch die III. Schicht schmäler (Tafel XX, XXI, XXII, XXIII). In derselben ist dann die schöne Verteilung der Zellen im Tiefendurchmesser nach der Zellgröße auf einmal nicht mehr vorhanden, sondern man sieht bloß kleinere Zellen IIIa und mittelgroße Zellen IIIb, welche aber selbst voneinander nicht richtig getrennt sind (Tafel XXII, XXIII, XXIV). Auch hier kommen noch große Pyramidenzellen vor, jedoch sind dieselben nicht mehr zu einer Schicht oder auch nicht zu einer Lage IIIc vereinigt, sondern kommen bloß vereinzelt und verstreut, allerdings wieder in den tiefsten Partien der III. vor. Hier zerfällt auch die V. deutlich in Va und Vb, und dadurch ist dann der volle Charakter der FD-Formation entwickelt. Ebenso verhält es sich auch auf der zweiten Stirnwindung. Hier ist die hintere Partie der FD-Formation relativ recht großzellig, so daß man beinahe die Hälfte der Ausdehnung als FDC bezeichnen kann. Wir wollen diese Teile von FD, welche relativ große Zellen in der III. Schicht führen, als FDm bezeichnen, d. h. magnocellularis (Tafel XX, XXI) zum Unterschiede der übrigen, wo bloß kleine und mittlere Pyramidenzellen kleineren Kalibers vorkommen, die wir als FDp parvo-cellularis ihnen gegenüberstellen wollen (Tafel XXII). Oft sieht man an einem Schnitte den Übergang des großzelligen in den kleinzelligen Teil (Tafel XXIII ↓) ganz deutlich und scharf. Über die Verteilung dieser verschieden zellgroßen Formen von FD wollen wir später sprechen. Hier wollen wir nur so viel sagen, daß man bei flüchtiger Betrachtung eines Schnittes der FD-Formation mit schwacher Vergrößerung wegen der tieferen Färbung der IV., Va- und VIa-Schicht den Eindruck gewinnt, als ob die innere Hauptschicht zellreicher wäre und das Übergewicht über die äußere Hauptschicht hätte, während die caudaleren, rückwärtigen Areae des Stirnhirns, mit Ausnahme der Gegend der Betzschen Riesenzellen, ein lebhaftes Hervortreten der äußeren Hauptschicht aufzuweisen schienen.
340 Das Stirnhirn.
Wie schon in §1 gesagt, ist die allgemeine Rindendicke eine sehr verschiedene, je nach der Stelle, wo man FD mißt, und ebenso verhält es sich mit der Dicke ihrer einzelnen Schichten. Wir wollen daher, um eine bessere Einsicht in diese Verhältnisse zu geben, von recht verschiedenen Stellen Messungen ausführen, und auch von verschiedenen Gehirnen.
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | |
Kuppenmaße: bei einer Kuppenbreite von 3.3 mm auf der F1 rückwärts FD(C)m |
||||||||||
0.30 | 0.20 | 0.90 | 0.20 | 0.50 | 1.20 | mm | a0.70 | b0.50 | ||
bei einer Kuppenbreite von 3.1 mm auf F1, etwas weiter vorne FD(C)m | ||||||||||
0.22 | 0.18 | 0.90 | 0.14 | 0.63 | a0.45 | b 0.18 | 1.00 | mm | a0.60 | b0.40 |
auf einer flachen Kuppe, Breite 2.7 mm auf F1 Mitte: FD | ||||||||||
0.20 | 0.20 | 0.80 | 0.25 | 0.54 | a0.30 | b0.24 | 0.70 | mm | a0.50 | b0.20 |
auf einer Kuppe recht weit vorne, Gesamtbreite 2.62 mm: FD | ||||||||||
0.20 | 0.17 | 0.80 | 0.25 | 0.30 | 0.90 | mm | a0.50 | b0.40 | ||
auf einer Kuppe nahe der frontopolaren Formation auf F1, Breite 2.60 mm: FD(E)m | ||||||||||
0.20 | 0.18 | 0.70 | 0.25 | 0.45 | 0.85 | mm | a0.45 | b0.40 | ||
auf einer Kuppe in der Mitte der F2, Gesamtbreite 2.7 mm: FDp | ||||||||||
0.25 | 0.18 | 0.80 | 0.23 | 0.40 | 0.85 | mm | a0.45 | b0.40 | ||
auf einer vordersten Kuppe von F2 bei Gesamtbreite 2.5 mm: FD(E)p | ||||||||||
0.15 | 0.15 | 0.60 | 0.14 | 0.45 | 1.00 | mm | a0.60 | b0.40 | ||
Wandmaße: auf F1, bei einer Breite der Wand von 2.4 mm |
||||||||||
0.25 | 0.20 | 0.87 | 0.25 | 0.35 | 0.50 | mm | a0.30 | b0.20 | ||
auf F2 bei einer Breite der Wand von 2.6 mm | ||||||||||
0.25 | 0.20 | 0.85 | 0.30 | 0.40 | 0.60 | mm | a0.40 | b0.20 | ||
auf F3 bei einer Breite der Wand von 2.25 mm | ||||||||||
0.20 | 0.20 | 0.80 | 0.25 | 0.30 | 0.50 | mm | a0.30 | b0.20 | ||
Talmaße im Tal 1.8 mm Gesamtbreite | ||||||||||
0.44 | 0.20 | 0.60 | 0.10 | 0.20 | 0.35 | mm | a0.20 | b0.15 |
Aus diesen Zahlen ersehen wir, daß die verschiedenen Aufstellungen für die Maße am Culmen recht verschiedene Dicken ergeben, die zwischen 3.3 mm an der Grenze neben FC und 2.5 mm schwanken. Hauptsächlich sind es die III. und V. Schicht, welche die großen Schwankungen aufweisen, erstere zwischen 0.60 mm und 0.90 mm, letztere zwischen 0.30-0.63 mm; man sieht, daß die III. Schicht durchweg relativ recht schmal ist und an ihren vorderen Partien ungefähr bloß die Hälfte des Dickendurchmessers der III. in FB erreicht. In der Wand nimmt die III. an Breite sogar eher etwas zu. Auch die V. Schicht ist sehr verschmälert. Nur die IV. ist relativ recht breit. Die Molekularschicht ist ebenfalls verschmälert.
Area frontalis granularis, 341
Als relative Durchschnittswerte der einzelnen Schichten zueinander, prozentuell berechnet, findet man für die Windungskuppe von FD folgende Proportionalgleichung:
I | II | III | IV | V | VIa | |
0.09 | 0.08 | 0.33 | 0.09 | 0.19 | 0.22 | äH:iH = 50:50 |
Auch aus den relativen Werten geht hervor, daß alle Schichten dem ungefähren Durchschnittswerte entsprechen; sie sind eigentlich, auch absolut gemessen, nur schmal, wenn man sie mit den Werten vergleicht, die wir für dieselben in der Regio praerolandica gefunden haben. Die früher abnorm schwach entwickelten oder fehlenden Schichten II und IV haben absolut und relativ beinahe normale Werte erreicht, während die in den vorbesprochenen Areae abnorm stark entwickelte III Schicht zur Norm zurückgekehrt ist. So kann überhaupt die FD als der Durchschnittstypus der homotypischen Rindenbildung gelten, doch ist eine gewisse Zunahme der äußeren Hauptschicht auf Kosten der inneren zu verzeichnen. Für die Wand der FD finden wir folgende relative Durchschnittswerte:
I | II | III | IV | V | VIa | |
0.10 | 0.08 | 0.39 | 0.10 | 0.19 | 0.14 | äH:iH = 57:43 |
Aus diesen Zahlen ersehen wir, daß in der Wand entgegen der für die prärolandische Gegend geltenden Relation, nach der die III. Schicht in der Wand absolut etwas an Breite abzunehmen pflegte, daß wir hier in der FD eine gewisse Zunahme der Breite der III. Schicht in der Windungswand zu verzeichnen haben. Im relativen Zahlenverhältnis finden wir vielleicht speziell infolge der starken Abnahme der VI. Schicht hier über die Norm hohe Verhältniszahlen (39%) für die III. Schicht (vgl. S. 113).
I. Die Molekularschicht ist bei FD absolut genommen recht schmal, und zwar ist dies um so auffallender, als diese Schicht in der unmittelbar nach hinten an sie angrenzende Area FC stellenweise sogar breiter war als irgendwo sonst am Stirnhirn (Abb. 68 und 69). Die Abnahme der Breite der I. erfolgt sehr rasch; während jene Windungen, die noch deutlich neben einer schon gut entwickelten IV. Schicht die Charakterzeichen der Area FC tragen (Tafel XVIII, XIX und XX), die also mit der Formation FCD überkleidet sind, noch gegen 0.30 mm Dicke in der Molekularschicht aufweisen, zeigen die Windungen unmittelbar daneben, in welchen die FD-Formation schon voll entwickelt ist, nur mehr 0.20 mm Dicke der Molekularschicht (Tafel XXIII). In der Wand wird dieselbe wie gewöhnlich wieder etwas dicker (Tafel XXIV), jedoch nur um einen geringen Betrag auf ca. 0.21 bis 0.25 mm; im Tal finden wir wohl gewöhnlich recht hohe Werte (Tafel XXV), bis zu 0.40 mm, die manchmal der Aneinanderlagerung der aufeinanderstoßenden Molekularschichten der beiden Windungen ihre hohen Maße verdanken. Trotz der Verschmälerung der Molekularschicht in ihren absoluten Werten in FD kommt dieselbe bei den relativen Zahlen infolge der allgemeinen Verschmälerung der Rinde nicht zum Ausdruck. Soweit die I. Schicht in den caudaleren Partien von FD recht breit ist, ist sie auch zellärmer. Wo sie sich weiter nach vorn zu verschmälert, zerfällt sie wieder in ein äußeres kernreicheres Drittel, welches alle Kernelemente zusammengenommen ungefähr 80 Kerne pro 0.1 mm3 aufweist, von denen ungefähr 10 Nervenzellen sein könnten, von 4/6 µ Größe. Die tieferen Partien von I sind zellärmer, in ihr befinden sich ganz vereinzelte kleinste Pyramidenzellen von 8-10 / 4-5 µ Größe.
II. Die äußere Körnerschicht tritt in der Area frontalis granularis ganz deutlich auf, wie man auf allen Tafeln XVIII-XXX sieht, und sie zeigt nach oben gegen I eine recht scharfe Begrenzung; auch gegen die III. Schicht läßt sich die Grenzlinie nach der Dichte der Zellen und nach ihrer Form annähernd genau angeben. Allerdings reichen viele kleine Zellen aus der II. hinunter in die IIIa-Schicht und ebenso umgekehrt, aber die Dichtigkeit der II. Schicht im Verhältnis zur III. wird dadurch nicht alteriert. Ihre Breite schwankt zwischen 0.17-0.20 mm und in der Windungswand nimmt sie an Breite etwas zu. Man zählt ungefähr 65- 80, also durchschnittlich 75 Zellen pro 0.1 mm3. Die Dichtigkeit ihrer Stellung zueinander ist jedoch ziemlich unregelmäßig, so daß besonders ihr unterer Rand wiederholt ein ausgefranstes Aussehen bekommt. Unter der II. Schicht sieht man stellenweise einen helleren Streifen (Tafel XX). Ob derselbe einer Markleiste entspricht, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen (Kaesscher Streifen). Die Zellen, welche die II. Schicht bilden, sind sehr klein. Während in FC die meisten Zellen der II. kleine Pyramidenform hatten, sind sie zwar auch hier länglich in der Form und mit ihrer Achse senkrecht zur Oberfläche gestellt, zeigen aber keine deutlich dreieckige oder Pyramidenform, sondern mehr Spindel- oder wirkliche Körnerformen. Besonders gilt dies von der oberflächlichsten Lage derselben, während in der Tiefe gegen IIIa die bekannten Zwergpyramidenzellen etwas zahlreicher auftreten. Die Körnerzellen haben meist 5-7 / 4-6 µ Größe, die Zwergpyramidenzellen 10/5 µ. Eventuell kommen in dieser Höhe auch schon vereinzelte kleine Pyramidenzellen von 12/8 µ vor, jedoch gilt die Regel, daß in II die allerkleinsten Zellen an Zahl überwiegen.
342 Das Stirnhirn.
III. Pyramidenschicht. Auch in FD ist die Pyramidenschicht die bedeutendste, ihre Dicke schwankt je nach dem Durchmesser der Rinde zwischen 0.6 und 0.9 mm. Wohl kann sie im Übergangsgebiet der Area frontalis intermedia FC zur Area frontalis granularis FD, also im Übergange FDC (Tafel XVIII, XX), d. h. in den caudaleren Partien besonders auf der ersten Frontalwindung auch höhere Werte aufweisen, und an der Grenze gegen die frontopolare Formation FC (Tafel XXI) und gegen das Cap (Tafel XXVIII, XXIX), wovon wir noch später sprechen werden, auch kleinere als die angegebenen Werte erreichen, doch ist das nicht die Regel. Auf der ersten Frontalwindung finden wir durchschnittlich die höchsten Werte, und sie übersteigt hier das ideale Maß von 33% der Rindendicke, jedoch hauptsächlich in den Wandungen (über 37 %). Wir haben schon früher erwähnt, daß nicht nur eine relative, sondern auch eine absolute geringe Zunahme der III. Schicht in der Windungswand für die FD sehr charakteristisch ist (s. Allgemeiner Teil, 4. Kap., S. 113).
Eine genaue Beschreibung der Formelemente der Pyramidenschicht zu geben, ist für die FD-Formation nach dem in §2 schon Gesagten recht schwer. Denn anders als in den bisher besprochenen Rindenformationen der Regio praerolandica und zum Unterschiede sogar der meisten Rindenformationen überhaupt, ändert sich das Bild der III im Gebiete von FD ziemlich rasch und vielfach und es weisen kaum je zwei nebeneinanderliegende Windungen genau das gleiche Bild der III. Schicht auf, ganz abgesehen von den typischen Varianten, die wir später noch einzeln in §5 besprechen wollen. Nahe bei FC, also in FDC (Tafel XVIII, XIX, XX), weist die III. Schicht die größte Ähnlichkeit mit FC auf, d. h. daß die Zellen noch recht gut drei verschiedene Lagen der kleinen, mittleren und großen Pyramidenzellen aufweisen (IIIa, IIIb und IIIc), in denen, wenn auch in etwas verkleinertem Formate, so doch die schlanken Pyramidenformen wie in FB und FC überwiegen. Besonders die Kanten der Windungen des Übergangsgebietes FDC weisen noch größere, langgestreckte Pyramidenzellen auf (Tafel XX, rechte Bildhälfte), während die Kuppen schon verändert sind und die folgenden Eigentümlichkeiten der FD aufweisen. Diese Eigentümlichkeiten sind vor allem: 1. die Schmalheit der III. Schicht; 2. daß diese Schicht bedeutend zellkleiner geworden ist und die Zellen polarwärts fortgesetzt an Größe noch abnehmen (Abb. 74 und 75); 3. haben die Zellen nicht mehr die schöne schlanke Pyramidenform, sondern sind meist flach dreieckig oder gleichseitig dreieckig mit einem etwas ausgezogenen flaschenhalsförmigen Spitzenfortsatz, oder auch unregelmäßig dreieckig, manchmal sogar oval; diese ersten drei Charakteristica sieht man am besten gleichsam in einer gewissen Progression, wenn man die Tafeln XVIII, XX, XXI, XXII und XXIII nebeneinanderlegt und ihre Pyramidenzellschichten vergleicht; 4. sind die Zellen vielfach nicht so genau mit ihrer Längsachse senkrecht zur Oberfläche orientiert; 5. ist die ganze Pyramidenschicht zellärmer, besonders in ihren mittleren Partien, so daß sie, wie gesagt, schon makroskopisch eine Aufhellung aufweist, und zwar ist diese Verarmung an Zellen auffallenderweise eher fleckweise ausgesprochen, als durchweg gleichmäßig (Tafel XXI und XXIII); 6. die Regelmäßigkeit der Verteilung der Zellen hat besonders infolge des letzten Umstandes ziemlich gelitten und einer gewissen Unordnung Platz gemacht; 7. kann man, da die Zellen im allgemeinen kleiner geworden sind, auch nicht mehr so deutlich wie früher zwischen IIIa, b und c unterscheiden, sondern die Zellen zeigen geringere Unterschiede untereinander; es bleibt wohl im großen und ganzen richtig, daß die der Oberfläche am nächsten gelegenen Zellen die kleinsten und gegen die tiefsten Partien zu die größeren sind; doch weist in der obersten Schicht die Mehrzahl der Zellen Maße von 20/10 µ auf, während in den tieferen Schichten die Mehrzahl 20-25 / 10-15 µ aufweist; also handelt es sich hier durchweg um Größen, wie wir sie bisher zu den kleinen und mittleren Pyramidenzellen kleineren Kalibers gerechnet haben, so daß der Unterschied zwischen ihnen kein besonders großer ist. (Um sich ein richtiges Bild von der Größenabnahme der Zellen der III. Schicht zu machen, vergleiche man die Zellen auf Tafel XXII mit jenen auf Tafel VI.) Diese ziemlich deutliche Einförmigkeit der Zellgröße der Zellagen der Pyramidenzellen gibt der III. Schicht ein ziemlich monotones Aussehen; dadurch, daß sich in ihr häufiger als in der entsprechenden Höhe anderer Areae auch in IIIa einzelne größere Zellen zeigen, und daß wieder in IIIb mehr kleine Zellen als gewöhnlich vorkommen, hat man noch mehr den Eindruck, daß die Zellen aller Höhen der III. Schicht ziemlich die gleiche Größe aufweisen. Eine IIIc fehlt eigentlich im größten Teile der FD, d. h. es kommen keine zu einer Schicht geordnete, größere Pyramidenzellen vor, sondern auf die Lage der mittleren Pyramidenzellen folgt unmittelbar die IV. Schicht. Verstreut finden sich aber auch hier in den tieferen Partien von III vereinzelte größere Pyramidenzellen, die hier und da ein bißchen schlanker sind als der Durchschnitt der Pyramidenzellen der FD, und 30/15 µ, ausnahmsweise wohl auch 40/20 µ erreichen; aber auch diese relativ großen Pyramidenzellen bewegen sich, wie man sieht, innerhalb jener Grenzen, die wir als obere Grenzen für die mittleren Pyramidenzellgrößen gefunden haben. Von diesen Zellen kommen aber nur vereinzelte Exemplare vor, und zwar ungefähr 1/2 Dutzend auf 1 mm Breite des Präparates (= 10 cm unserer Tafeln) bei einer Schnittdicke von 25 µ. Man ersieht daraus, und bemerkt es auch bei einem Vergleich der Tafel XXII mit Tafel V oder VI auf den ersten Blick, daß die III. Schicht in FD an Breite und Zellgröße kaum der oberen Hälfte der III. Schicht von FB entspricht, daß also hier gleichsam die untere Hälfte der ganzen Pyramidenschicht der prärolandischen Region verlorengegangen ist. Nun ist dieser Typus von FD, den wir bei unserer Besprechung hier aufstellen, wie wir schon einleitend gesagt haben, von Ort zu Ort verschieden, und ist es auch natürlich bezüglich seiner III Schicht. In jenem Grenzbezirke, den wir als FDC (oder FCD) bezeichnen, kommen mehr große Zellen vor als in den weiter frontal gelegenen Partien unmittelbar davor; die III ist breiter und die großen Pyramidenzellen in ihrer Tiefe noch zu Reihen geordnet, und man kann z. B. in FDC mit gutem Willen sogar noch eine IIIc-Schicht unterscheiden (Tafel XIX und XX), während sonst jene (caudaleren) Teile von FD, wo noch große Pyramidenzellen vorkommen, dieselben bloß mehr sporadisch enthalten, ohne daß sie eine eigene Reihe der IIIc-Unterschicht bilden; diese großzelligen Teile von FD, die aber keine eigene Unterschicht haben wie FDC, bezeichnen wir zum Unterschied davon als FDm (Tafel XX, XXI, XXIII), s. auch Abb. 92; in ihnen ist die III auch überhaupt etwas schmäler. Polarwärts ist FD in III kleinzellig (FDp); ganz weit polarwärts, in den vorderen Grenzpartien gegen die Area polaris FE zu, die wir also mit FDE bezeichnen, fehlen die größeren Zellen schon meist ganz und die III sieht da ziemlich einheitlich mittel-kleinzellig aus; nur die Mantelkante von F1 enthält sogar auch hier noch etwas größere Zellen. Im allgemeinen macht es daneben zum Teil den Eindruck, als ob dort, wo die Windungen im ganzen etwas breiter sind, die Rinde auch etwas dicker und die Zellen ebenfalls etwas größer wären; andererseits gibt es aber wieder recht oft kleine Windungslücke (besonders in F1), die zwar mit einer schmalen Rinde überzogen sind, in deren tiefsten Partien von III jedoch auch größere Zellen zahlreicher vorkommen (Tafel XXI), so daß eine absolut fixe Regel diesbezüglich nicht aufzustellen ist. Wie weit hier ein Einfluß des Windungsbaues auf den Rindenbau eine Rolle spielt, und wie weit vielleicht davon ganz unabhängige individuelle Unterschiede im Rindenbau vorkommen, kann ich noch nicht angeben, weil hier so wenig Regelmäßigkeit. besteht, daß oft ganz wesentliche Unterschiede bei ein und demselben Gehirn z. B. zwischen rechts und links vorkommen; jedoch zweifle ich nicht, daß man mit der Zeit imstande sein wird, die Relation, die zwischen Windungs- und Rindenarchitektonik besteht, aufzuklären.
Area frontalis granularis. 343
344 Das Stirnhirn.
In den obersten Schichten von III, also in IIIa, zähle ich durchschnittlich ca. 32 Zellen pro 0.1 mm3; in der zellarmen mittleren Zone von IIIb ca. 10 Zellen und in der wieder zellreicheren tieferen Schicht der mittelgroßen Pyramidenzellen ungefähr 22-28 Zellen pro 0.1 mm3. Von den letzteren hat jede beinahe einen Trabantzellkern, von den übrigen bloß jede dritte oder vierte.
Nach der Größe der in der III. Schicht enthaltenen Zellen kann man, wie wir angedeutet haben und noch später des näheren sehen werden, ein großzelliges FD, nämlich FDm unterscheiden (Tafel XX, XXI, XXIII), und ein kleinzelliges FDp (Tafel XXII und XXIII), in welch letzterem auch in den tieferen Schichten der III. Schicht keine großen Zellen anzutreffen sind. Im allgemeinen kann man sagen, daß der großzellige Teil von FD ganz besonders an der Mantelkante und dann in den rückwärtigen Partien der ersten und zweiten Frontalwindung zu finden ist (Abb. 92). Die kleinzelligen Partien FDp, befinden sich weiter frontalwärts besonders auf der zweiten Frontalwindung und dem vordersten Teil der dritten Frontalwindung, und zwar vor dem Cap, denn das Cap selbst ist, wie wir gleich sehen werden, von einer eigenen großzelligen Variante FDΓ eingenommen. Doch diese Unterschiede wollen wir erst bei §5 nachher sehr eingehend besprechen. Eine radiäre Streifung ist in der III. Schicht in FD im allgemeinen nicht zu sehen (Abb. 45, 46), weder im groß-, noch im kleinzelligen Teile desselben, nur auf der Pars triangularis ist, wie wir später sehen werden, eine radiäre Streifung ganz deutlich vorhanden.
IV. Die innere Körnerschicht tritt in der FD-Formation, wenn man von der Zentralwindung bei der Untersuchung des Gehirns in polarer Richtung weiter geht, zum ersten Male hier deutlich auf, so daß man ziemlich unvermittelt nach FC ein ganz anderes mikroskopisches Bild in FD vor Augen hat als in der Regio praerolandica, und zwar auch als in jenen Stellen derselben, in welchen eine IV Schicht schon angedeutet ist, wie eben in FC, oder in der Tiefe der Windungswände auch im Gebiete von FB und FA. Hier in FD bildet nämlich die innere Körnerschicht stets (Tafel XVIII-XXX) eine zwar schmale, jedoch ununterbrochene, an allen Stellen deutlich sichtbare Lage, welche Zellen enthält, die bloß für diese Schicht typisch sind, und nicht, wie dies in der Regio praerolandica, sogar auch im FC derselben (Tafel XII und XIII) der Fall war, wo bei einer mäßigen Andeutung einer IV Schicht diese Lage meist lückenhaft und doch nur von dislozierten Zellen aus der III. und der V. Schicht und anderen Pyramidenzellen, aber nicht von Körnerzellen gebildet war. Die Zellen der IV. Schicht in FD liegen dagegen relativ- recht dicht beieinander, so daß diese Schicht schon bei unbewaffnetem Auge (Abb. 116) sichtbar ist als ein schmaler dunkler Streifen und sie nimmt polarwärts an Dichtigkeit noch zu. (Abb. 70, 71). Im Vergleich zu der Körnerschicht, wie wir sie in den retrozentralen Partien des Gehirns, also im Scheitel und im Hinterhauptslappen, sehen (Abb. 118, Nr. 6-16), erscheint die IV. Schicht hier zwar schmal und auch nicht sehr zellreich; ihre Zellen sind meist auch in FD noch viel größer und nicht so typische runde Körnerzellen, als wir sie größtenteils in den hinteren Hirnabschnitten (retrozentral) finden. Im Vergleich jedoch zu den bisher besprochenen frontalen Partien ist in FD die IV. Schicht doch äußerst deutlich und auffallend in ihrem Bau. Zwar ist ihre obere Grenze gegen III schwer genau zu ziehen und die untere Grenze gegen V noch schwerer genau anzugeben, da Zellen der V. Schicht in die IV. hineinragen und auch kleine Zellen der IV. wieder in die obersten Partien von V hineinreichen, doch kann man ihre Breite als Zwischen 0.15 und 0.25 mm schwankend, also im Durchschnitt mit 0.20 mm ziemlich genau angeben, so daß sie also etwas weniger als ein Zehntel der ganzen Rindenbreite ausmacht. Mit diesen Zahlenangaben, die zwar nicht ganz genau sind, muß man sich begnügen. Bei schwächeren Vergrößerungen erscheint die IV. Schicht, da man ihre etwas verschwommene obere und untere Grenze notwendigerweise wegen der dunkleren Färbung zu ihr mit einbezieht, deutlicher und breiter als bei starker Vergrößerung; doch wird es immerhin keine Schwierigkeiten bereiten, die Abgrenzung dieser Schicht genügend genau zu treffen, zumal die ziffernmäßige Abgrenzung der Schichten, wie schon im allgemeinen Teile gesagt, doch keinen Anspruch auf absolute mathematische Genauigkeit erheben kann.
Area frontalis granularis. 345
Von einer Struktur der IV. Schicht, d. h. von einer radiären oder horizontalen besonderen Lagerung ihrer Zellen ist nichts zu merken. Die kleinen Zellen, aus denen sie besteht, liegen zu größeren und kleineren regellosen Paketen, Häufchen oder Zügen vereint; zwischen solchen Häufchen sind ebenso unregelmäßige zellärmere Stellen wieder eingestreut. Daher kann man betreffs der Zelldichtigkeit je nach der Stelle, wo man zählt, ziemlich große Schwankungen von 60 bis zu 90 Zellen pro 0.1 mm3 finden. Zählt man größere Teile ab und zieht man den Durchschnitt, so dürfte man mit 80 Zellen pro 0.1 mm3 ein ungefähr richtiges Maß der Zellzahl angeben. Die Zellen, aus denen die IV. besteht, sind sämtlich klein, und zwar bedeutend kleiner, als die Zellen dieser Lage z. B. in FC. Im Verhältnis zu den Zellen der IV. Schicht des Scheitel- oder Hinterhauptlappens dagegen sind sie eher etwas groß, und zwar schwankt ihre Größe von 6/5 µ bis 10/10 µ und nahe an der V. Schicht sogar bis zu 15/15 µ. Unter 100 Zellen haben ca. 70 das kleinste, 20 das mittlere und 10 das größte Kaliber. Es überwiegen also auch hier die kleinsten Zellelemente ganz bedeutend, und besonders ist dies in den oberflächlicheren Partien der Fall. Die Körnerzellen dieser oberflächlichsten Lagen dringen zum Teil auch zwischen die Pyramidenzellen der III. Schicht empor. In den tieferen Teilen von IV sind die mittleren und größeren Zellen etwas reichlicher. Im allgemeinen hat man den Eindruck, daß in den großzelligen Partien von FD, d. h. in jenen Teilen, wo in der III. Schicht große Zellen vorkommen, auch die Zellen der IV. etwas mehr größere Zellelemente aufweisen. Im allgemeinen sind die Zellen der IV. Schicht auch größer als die der II. Schicht.
Was die Zellform anbelangt, so überwiegen bei weitem die dreieckigen und ganz kleinen Pyramidenformen, nur wenige und meist nur unter den kleinsten Exemplaren vorkommende weisen ovale oder polygonal wirkliche Körnerzellformen auf (Tafel XVIII-XXX), während der Hauptteil auch der kleinsten Zellen noch immer dreieckig ist. Diese Dreiecks- und Pyramidenform der „Körner" der IV. Schicht ist neben der relativen Großzelligkeit der V. Schicht das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen den granulären Rindentypen des Stirnhirns und den granulären Rindentypen des Parietal- und Hinterhaupthirns. Gegen V zu finden wir meist bloß dreieckige, sogar etwas größere Zellen, und da die V. Schicht selbst in ihren obersten Lagen neben den für sie typischen größeren Pyramidenzellen auch kleinere, und zwar auch kleinste Zellen enthält, so ist die Grenze zwischen IV und V infolge dieser Übereinstimmung der Zellformen, wie man sie bei starken Vergrößerungen sieht, recht schwer anzugeben; man muß die Grenze nur bei Betrachtung mit schwachen Vergrößerungen ziehen, wo man, und zwar an der verschiedenen Zelldichtigkeit, die beiden Schichten viel besser und genauer voneinander unterscheiden kann. Auf der zweiten (Tafel XXII und XXIII) und besonders auf der dritten Frontalwindung (Tafel XXVIII-XXX) ist die IV. noch deutlicher ausgesprochen als auf der ersten Frontalwindung. Ferner scheinen in den polarwärts gelegenen Schnittebenen (Tafel XXI) im allgemeinen die wirklichen Körnchenformen auf Kosten der dreieckigen und der Pyramidenzellen etwas zuzunehmen, ebenso in Wand und Tal (Tafel XXIV und XXV).
Obschon zu Häufchen und Zügen geordnet, sind die Zellen der inneren Körnerschicht in FD bei ihrer meist dreieckigen Gestalt doch größtenteils mit ihrer oberen Spitze gegen die Rindenoberfläche gerichtet, und obschon sie recht dicht aneinander stehen, zeigen sie weniger stark als an anderen Rindenpartien eine gegenseitige Abkantung und Beeinflussung, d. h. sie sehen mehr als anderswo in IV wie solitäre Elemente aus.
V. Die ganglionäre Schicht ist in FD recht typisch. Was die Zellgröße anbelangt, ist eine gewisse Relation zu der III. Schicht unverkennbar. Zwar sind die Pyramidenzellen der V. durchweg kleiner als die der III., aber dort, wo die Zellen der III. relativ groß sind, z. B. in FDm, dort sind auch die Zellen der V. relativ groß, und umgekehrt. Haben wir weiter schon in FC in den tieferen Teilen von V eine gewisse Aufhellung im Zellbilde bemerken können, so ist diese Aufhellung in FD bereits so deutlich, daß man sie makroskopisch am Zellpräparat als lichten Streifen erkennen kann (Abb. 116 Nr. 4). Mikroskopisch zerfällt V also deutlich in ein zellreiches, Va, und ein zellärmeres, in der Tiefe gelegenes, Vb. (Tafel XIX-XXX) Besonders deutlich ist dieser Zerfall in zwei Unterschichten immer in der Windungswand (Tafel XIX und Tafel XXIV) zu sehen. Die Breite der V. schwankt mit der Breite der ganzen Rinde dieser Gegend; in den caudaleren Partien ist sie breiter als polarwärts (Abb. 77, 78); caudal messe ich 0.50-0.60 mm, polarwärts 0.40-0.30 mm, so daß wir als Durchschnitt 0.40-0.45 mm annehmen können. Im großen und ganzen ist die V schmäler als in den früheren Formationen (s. Abb. 77 und 78), und da die untere Partie derselben lichter und zellärmer ist, so ist im ganzen genommen der Zellreichtum dieser Schicht in FD ein geringerer als sonst (Abb. 79 und 80). Immerhin erscheint aber die Va-Schicht an und für sich ziemlich zelldicht, und zwar zelldichter, als die entsprechende Lage z. B. in FC war. Die relative Breite der V. Schicht entspricht dem normalen Durchschnitt von 20%. Die obere Grenze der Va, obschon erkennbar, ist, wie wir gelegentlich der Besprechung der IV. Schicht schon sagten, nur mit einer gewissen Ungenauigkeit zu ziehen, da der obere Teil von Va aus dichtstehenden, dreieckigen, kleineren Zellen besteht, welche die Größe der Zellen der tiefsten Lagen der IV. Schicht nicht um vieles übertreffen (s. Tafel XX, Höhe 22, Breite 12 cm); erst der tiefere Teil der dichten Va-Schicht enthält daneben auch größere Zellen (Abb. 81 und 82); man könnte die Va demnach sogar nochmals unterteilen in eine oberflächlichere, dichte, zellkleine Lage Va1 und eine tiefere, dichte, zellgrößere Lage Va2 (Tafel XIX, XXI, XXII, XXIV). In der oberen Lage Va1 sehen wir meistens flach dreieckige Zellen, zu Häufchen oder kleinen Säulchen geordnet, manchmal erscheinen die Zellen sogar wie dicht aneinandergepreßt. Ihre Größe beträgt 15-20 / 15-20 µ; nur ganz wenige sind schlank und pyramidenförmig. Es kommen ca. 30 dieser Zellen auf 0.1 mm3. Unmittelbar darunter, also in Va2, sind die Zellen etwas größer und etwas schlanker, so daß man sie schon als pyramidenförmig bezeichnen kann, von 20-30 / 15-20 µ Größe und ca. 16 pro 0.1 mm3. Darunter kommen ganz vereinzelte schlanke wirkliche Pyramidenzellen mit langem Spitzenfortsatz von 30/15 µ Größe, deren Fortsatz man auf weitere 40-45 µ gegen die Oberfläche hin verfolgen kann.
346 Das Stirnhirn.
In Vb endlich ist, wie gesagt, eine deutliche Aufhellung des Gewebes zu bemerken; der ganze Streifen ist zellärmer, ja man findet sogar zellfreie größere Lücken. Durchschnittlich sind 12-16 Zellen pro 0.1 mm3 von meist 20/20 µ Größe und ganz vereinzelt schlanke Pyramidenzellen, wie wir sie für Va2 erwähnt haben, zu sehen. In Vb kommen vereinzelt auch größere Spindelzellen, die die gleiche Größe wie die Pyramidenzellen erreichen, vor; da diese Zellen nur in den tieferen Lagen anzutreffen sind, handelt es sich wohl um dislozierte Zellen aus der VI. Schicht (Tafel XVIII, Höhe 18, Breite 20 cm; Tafel XIX, Höhe 18, Breite 16 cm usw.). Die Zellen in Vb scheinen auch weniger chromaffin zu sein als in Va, was auch zur Auflichtung der Schicht bedeutend beiträgt. Der Eindruck, daß Va noch in zwei Unterschichten a1 und a2 zerfällt, nimmt polarwärts sogar zu. Die größeren Pyramidenzellen von 30/15 µ haben sämtlich einen Trabantzellkern, während von den kleineren bloß auf eine Gruppe von 5-6 Zellen 1-2 solcher Kerne entfallen. In der Windungswand (Tafel XXIV, XXV) nimmt die V. Schicht an Dicke sichtlich ab, bei sonst ziemlich gleichbleibender Struktur und ohne Änderung der Zellgröße.
Obschon die absoluten und relativen Dickenzahlen für die V. in FD keine geringe sind, macht es doch beim Übergange aus der prärolandischen Region in die frontale Region den Eindruck, als ob V sich bedeutend verschmälern würde, und zwar hauptsächlich deswegen, weil der zellreiche Teil von V, nämlich Va, im Vergleich zur ganzen zellreichen V. Schicht von FC um so viel schmäler ist. Dieser Eindruck der Verschmälerung der ganglionären Schicht ist neben dem Auftreten der Körnerschicht das wichtigste Charakteristikum der frontalen Region gegenüber der präzentralen. In ihrer Breite verhält sich Va:Vb wie 3: 2. Nochmals möchte ich darauf aufmerksam machen, daß man die Aufhellung von Vb im Verhältnis zu Va desto besser sieht, bei je schwächerer Vergrößerung man das Präparat betrachtet, am besten sogar mit freiem Auge. Infolgedessen fällt diese Aufhellung an unseren Tafeln, die eine 100fache Vergrößerung zeigen, nicht derart prägnant auf, als es der Natur entsprechen sollte.
Area frontalis granularis. 347
VI. Die Spindelzellenschicht ist in FD ebenfalls für diese Area recht charakteristisch, sie ist absolut genommen schmäler als in den Feldern der hinteren Stirnhirnpartien (Abb. 83 und 84), und auch ihre relativen Zahlen zeigen eine Verschmälerung der Schicht im Verhältnis zu den übrigen Schichten, doch ist sie wegen ihres Zellreichtums, d. h. wegen ihrer Zelldichtigkeit, sogar deutlicher als bisher zu sehen, besonders in ihrer oberen Partie VIa. Sie zerfällt nämlich deutlicher als in der Regio praerolandica in eine oberflächlichere, dichtere VIa und eine tiefer gelegene, lockerere VIb-Schicht. Zwar sind beide Lagen zellreicher als bisher in FA-FC; die VIa jedoch ist in noch viel höherem Maße zelldichter; die Zellen stehen hier oft sogar derart dicht zueinander, daß diese Lage beinahe ein bandförmiges Aussehen bekommt (Tafel XXIV). Da die VIb ebenfalls etwas mehr Zellen als sonst enthält und ihre Grenze gegen das Mark recht scharf ist, sticht sie auch viel mehr von der Marksubstanz ab, als dies in den bisher besprochenen Hirnfeldern der Regio praerolandica der Fall war; sogar an der Kuppe ist diese Abgrenzung eine ziemlich scharfe, und in der Windungswand ist die Abgrenzung gegen die Marksubstanz äußerst scharf und prägnant. Ebenso ist die obere Grenze der VI. Schicht gegen die zellarme Vb eine ziemlich deutliche und bei schwachen Vergrößerungen äußerst auffallend. Die Gesamtbreite schwankt zwischen 0.70 und 1.00 mm, wobei auf VIa drei Fünftel und auf VIb zwei Fünftel der Breite entfällt. Die Zellen sind zum allergrößten Teile Spindelzellen, die sich vielfach ebenfalls der dreieckigen Form nähern, wie man auf allen Photographien Tafel XIX-XXX sehen kann; sie sind protoplasmareich, sogar etwas sulzig und bei weitem nicht mehr so schmal ausgezogen, als sie in FA oder FB waren, und sogar breiter eigentlich als in FC. Kern und Kernkörperchen sind deutlich vorhanden. Im allgemeinen sind die Spindelzellen in FD etwas kleiner in ihren Durchmessern als in der Regio praerolandica. In VIa liegen diese Zellen, wie gesagt, ziemlich dicht, manchmal sogar, was für die VI. Schicht eine Ausnahme ist, so dicht, besonders in den Wänden, daß sie sich gegeneinander abzuschrägen scheinen und ihre Spindeln nicht mehr genau mit der Längsachse gegen die Oberfläche gerichtet sind, wie sonst (Tafel XXIV und XXV). Ihre Zahl beträgt unmittelbar in der Nähe von Vb ungefähr 25 pro 0.1 mm3, wobei eine größere Anzahl größerer Zellen von 20-30 / 15 µ Größe zu sehen ist. Weiter der Tiefe zu, jedoch noch in VIa, nimmt die Zahl bis zu 40 pro 0.1 mm3 zu, also doppelt soviel Zellen, als in der VIa der caudal benachbarten Regionen (vgl. hierzu VIa von FC auf Tafel XII und von FD auf Tafel XXIII), wobei kleinere und sogar kleinste Formen in der Mehrzahl sind, und zwar von 20-15 / 15-10 µ. Diese kleinen Zellen stehen ebenfalls äußerst dicht zusammen. Schon an der Kuppe und noch weiter in der Wand macht VIa infolge dieser Zelldichtigkeit einen bandartigen Eindruck, zumal die Zellen sich auch noch sehr gut färben; dadurch bekommt die ganze Rinde in FD das Aussehen, als ob ihre tiefen Partien bedeutender wären als die äußeren, weil sie auffälliger sind (Abb. 116 Nr. 4). Es ist nämlich auch VIb zellreicher als gewöhnlich; die spindelförmigen Zellen stehen hier wieder deutlicher mit ihrer Längsachse senkrecht zur Oberfläche und sind durch die Markstrahlen in radiär gestellte senkrechte Reihen geordnet (Tafel XX, XXI, XXII); an den Wänden ist allerdings von dieser radiären Streifung wieder nichts zu sehen (Tafel XXIV, XXV). Die Zellen sind zum Teil so groß wie sonst in VIb; also 20/10 µ, doch ist eine sehr große Anzahl kleinerer Zellen von bloß 15/10 µ und darunter; trotz der relativ geringen Größe sind sie doch alle recht protoplasmareich. Die Zellzahl, mit 20 pro 0.1 mm3, übersteigt etwas die gewöhnliche Zahl der Zellen in VIb, wie wir sie in anderen Rindenregionen finden (s. Tabelle V, 14. Kap.). Die VIb weist auch hier nicht mehr den allmählichen Übergang ins Mark auf, sondern sie ist hier ziemlich scharf und unvermittelt abgegrenzt, in der Wand sogar sehr scharf. Es erfährt nämlich sowohl die VIa als ganz besonders die VIb in der Wand eine sehr auffallende Reduktion ihrer absoluten und auch ihrer relativen Maße (s. Tabelle I und II, 14. Kap.); auch die Zellen der ganzen VI. Schicht halten sich in der Wand immer an der unteren Grenze der von uns angegebenen Zellgrößen. Infolge der Schmalheit, Zelldichtigkeit und Zellkleinheit erscheint die VI. Schicht in der Wand noch mehr als ein schmales deutlichen Band, als dies an der Kuppe der Fall war, so daß hier, wo auch die V. Schicht bedeutend abgenommen hat, ein ganz besonderes Überwiegen der III. Schicht in der Wand für FD charakteristisch ist. In den tiefsten Abschnitten der Windungswand und im Windungstale selbst stehen die Zellen der VIa sowohl als der VIb horizontal und schwingen sich in dieser Lage von einer Windung zur anderen hinüber (Tafel XXV). VIa ist hier nur mehr ein 0.18 mm breites dichtes Band; VIb ein sehr zellarmes Band von 0.10 mm, welch letzteres vom darunter befindlichen Mark sich deutlich dadurch abhebt, daß es auch wenig Gliakerne enthält im Verhältnis zum großen Kernreichtum der Marksubstanz. Von den größeren Zellen der VI. Schicht haben durchschnittlich nur jede dritte einen Trabantkern, die kleineren noch weniger.
348 Das Stirnhirn.
Alle diese Charakteristica der VI. Schicht von FD scheinen nicht immer genau mit den übrigen Eigentümlichkeiten, z. B. der Körnelung von FD, zu beginnen, sondern individuell bald weiter caudalwärts, z. B. schon in FC, bald erst weiter polarwärts in weiter frontalen Partien von FD, so daß man recht verschiedene Bilder auch bei Untersuchung scheinbar identischer Stellen bei verschiedenen Individuen diesbezüglich bekommt, zumal auch die Änderungen der anderen Schichten recht verschiedenen individuellen Modifikationen unterworfen sein können. Wir haben manchmal, wie gesagt, das Zelldichterwerden der VI. Schicht und die Änderung ihrer Zellen, die protoplasmareicher zu werden scheinen, schon in der Area FC beginnen sehen, und dann sogar über die ganze frontopolare Area FC hinüber verfolgen können. Andere Male wieder hört diese Eigenheit vor dem Beginne von FC auf und ist auch in FC nicht zu sehen.
Zusammenfassend läßt sich sagen: Die Formation FD ist die typisch granuläre Bildung des Frontallappens, welche unmittelbar frontalwärts von der intermediären Formation FC liegt. Diese Formation hat einen eigenen Typus, den wir wegen der guten Ausbildung von Pyramidenzellen und Körnern den granulären Pyramidentypus oder Rindentypus 2 nennen (s. Abb. 88). Eigentlich könnte man zu ihr die Rinde beinahe des ganzen Frontallappens polarwärts von der vorderen Begrenzung der heterotypischen agranulären Rinde (der Regio praerolandica) rechnen (Abb. 76), und zwar speziell auch die Orbitalen, da auch sie in ihrer Struktur der FD sehr nahe kommen. Doch unterscheiden sich die polare Area sowohl als auch zum Teil die Orbitalen Formationen durch einzelne konstant bleibende Merkmale, die bei den polaren Formationen sogar noch innerhalb FD zu einem anderen Rindentypus (3) zu gehören scheinen (s. Abb. 88). Aus diesem Grunde einerseits und aus praktischen Übersichtlichkeitsgründen andererseits treffen wir also die Einteilung, diese Formationen alle gesondert zu besprechen, während wir als FD die mittelbreite, im Durchschnitt ca. 2.8 mm messende Rindenformation bezeichnen, welche gürtelförmig vom inneren Aste des Sulcus callosomarginalis an in einem frontocaudalen Durchmesser von 4-4.5 cm vor und unmittelbar anschließend an den segmentalen Gürtel der FC die obere Partie der medianen Fläche, dann die Mantelkante und weiter die laterale Konvexität der Stirnhirnoberfläche überzieht und ventral über das Operculum ziehend bis zur Trennungslinie zwischen diesem und der vorderen Insel in der Tiefe des Sulcus circularis insulae (Ramus anterior) geht. Nach vorn ist sie von der kappenförmigen Polformation begrenzt; jedoch schiebt sich die FD oft nach vorn und unten, ventral von der Polformation zungenförmig bis an die Orbitalfläche vor (Abb. 92 FDp), wo sie bis zum lateralen Aste des Sulcus orbitalis (S. or. lt. Abb. 21), d. h. bis zum äußeren Strich des H von BROCA reichen kann. In diesem großen Gebiete der Ausdehnung der FD ist die Rinde außer durch die angeführte mittlere Breite auch durch ihre sehr auffällige horizontale Schichtung deutlich charakterisiert, ferner durch das deutliche Auftreten einer II Schicht, durch die schon makroskopisch sichtbare leichte Aufhellung in der III. und Abnahme der Breite derselben im Verhältnis zur Breite der III. in FA, FB und FC, durch das Fehlen einer großzelligen IIIc-Schicht, durch das sehr deutliche In Erscheinung-Treten einer inneren (IV.) Körnerschicht, durch den Zerfall der V. Schicht in eine obere zellreichere Va- und eine zellärmere lichtere Vb-Zone, und durch den relativen Zellreichtum der VI. Schicht, deren oberer Teil als ein Zellband VIa zu sehen ist, dessen unterer, etwas zellärmerer Teil VIb gegen das Mark eine für das Stirnhirn relativ scharfe Abgrenzung zeigt. Eine radiäre Streifung ist an FD höchstens in der VI. Schicht zu sehen, mit Ausnahme jenes Teiles von FD, der sich, wie wir gleich später noch sehen werden, auf der Pars triangularis befindet.
Area frontalis granularis. 349
I. 0.21 mm, also schmal, etwas zellreicher als gewöhnlich, 10 Zellen pro 0.1 mm3 von 4/8 µ.
II. 0.17-0.20 mm; deutlich zu sehen, aus kleinsten Körnerzellen von 6/4 µ und kleinsten Pyramidenzellen von 10/5 µ, ca. 70 Zellen pro 0.1 mm3.
III. 0.60-0.90 mm; etwas schmal, oberste und unterste Partien etwas zelldichter als die zellärmere Mitte. Zellgroße IIIc-Schicht fehlt; IIIa enthält Zellen von 20/10 µ Größe, 32 Zellen pro 0.1 mm3; IIIb 10 Zellen pro 0.1 mm3 von 25/20 µ Größe, ganz vereinzelt Zellen von 30/20 µ. Zellen meist nicht pyramidenförmig, sondern flach dreieckig.
IV. 0.20 mm; schmale zelldichte, ununterbrochene Schicht von Körnerzellen, ca. 90 pro 0.1 mm3 von 6/5 µ bis 10/10 µ Größe. Körnerzellen meist dreieckig.
V. 0.45 mm; zellreiches Va, meist dreieckige Zellen von 15-30 / 15-20 µ; 30 pro 0.1 mm3; Vb zellärmer, lichter Streifen, 12 Zellen pro 0.1 mm3 von 20-30 / 15-20 µ
VI. 0.70-1.0 mm; VIa zellreiches, zelldichtes Band von 35 Zellen pro 0.1 mm3, von 20-30 / 15 µ; VIb zellärmer, 18 pro 0.1 mm3, 15-20 / 10 µ Größe, gegen das Mark scharf abgegrenzt.
Dies sind die Grundcharaktere der FD-Formation, welche in obengesagter Ausdehnung die mittleren Partien des Stirnhirns einnimmt; doch ist in dieser breiten Ausdehnung die FD-Formation, wie schon eingangs gesagt, nicht überall gleichartig gebaut. Wir haben ebenso wie bei den vorher besprochenen Formationen regionäre Unterschiede bezüglich der Dicke der Rinde und ihrer Zellgröße, die an verschiedenen Teilen der Hirnrinde immer wieder konstant auftreten, abgesehen von den individuellen Unterschieden, die daneben noch jedes Hirn für sich charakterisieren. Dort, wo konstante Unterschiede ziemlich auffallender Art vorhanden sind, ziehen wir es, wie schon gesagt, der Übersichtlichkeit der Einteilung wegen vor, nicht von neuen Formationen zu sprechen, sondern von Varianten der betreffenden Formationen, speziell in jenen Fällen, wo die individuellen Schwankungen den Variantentypus schon mit den geringen Modifikationen, die sie mit sich bringen, dem Grundtypus fallweise derart ähnlich wieder gestalten können, daß man ihn dann nur schwer von demselben unterscheiden kann. Häufig kommt es nämlich vor, daß die Charakteristica einer Variante bei einem Gehirn nicht nur eine viel deutlichere Ausprägung, sondern auch eine viel größere Ausdehnung aufweisen als bei anderen. Ist die spezifische Ausprägung keine deutliche und auch die Ausdehnung derselben nur gering, dann ist der übrige Teil dieses Bezirkes eigentlich in nichts mehr vom umgebenden Grundtypus unterschieden. Wir wissen, daß diese Bemerkung die Freunde einer scharfen, schematischen, landkartenartigen Felderabgrenzung der Rindenoberfläche kränken wird; doch ist unsrer Ansicht nach, ohne der Natur Gewalt anzutun, eine solche haarscharfe Felderabgrenzung nur bei einzelnen, und zwar ganz bestimmten Areae möglich, so besonders bei den allogenetischen und einigen heterotypischen Formationen; bei der Mehrzahl der übrigen ist sie jedoch nicht wirklich durchführbar (s. 5. Kap., S. 224). Zum Unterschiede der Varianten, welche recht auffallende Qualitätsunterschiede in der Rindenarchitektonik aufweisen und die wir gleich später noch besonders eingehend besprechen wollen, haben wir, wie gesagt, auch regionäre Unterschiede hervorzuheben, welche quantitative kleine Änderungen je nach der Gegend, welche von einer Area überzogen wird, bedeuten. Die regionären Unterschiede der Rindendicke im Gebiete der FD haben wir vielfach schon erwähnt; polarwärts sowohl als ventralwärts verschmälert sich die Rinde. Wir rekapitulieren hier, daß z. B. betreffs der Rindendicke bei ein und demselben Gehirn auf der ersten Frontalwindung die Formation FD an der Kuppe Schwankungen zwischen 2.7 mm polar und 3.1 mm caudal aufweist, während sie auf der zweiten. Frontalwindung in den caudalen Partien derselben unmittelbar vor FC bloß Werte von 2.4 mm zeigt und sonderbarerweise hier weiter polarwärts auf derselben zweiten Frontalwindung, wo doch eine (polare) Verschmälerung der Rinde zu erwarten wäre, wieder eine Verbreiterung auf ungefähr 2.7 mm gefunden wird (s. Abb. 26 bei a), und erst weiter polar davon wieder eine rapide Verschmälerung stattfindet (nebenbei sei hier erwähnt, daß diese Verbreiterung der Rinde an dieser Stelle a nicht als eine regionäre Modifikation zu werten ist, sondern einer konstanten Variante dieser Stelle der Area FDΔ entspricht, wovon später Näheres). Auf der dritten Frontalwindung ist dann entsprechend eine Verschmälerung auf 2.4 mm wieder zu konstatieren. Als weitere regionäre Modifikation haben wir ferner schon auf S. 343 das Vorkommen oder Fehlen größerer Pyramidenzellen in den tieferen Lagen der III. Schicht bezeichnet. In FD fehlt nämlich außer an ihren caudalen Grenzgebieten FDC im allgemeinen eine IIIc-Schicht, doch findet sich auf der ersten Frontalwindung im ganzen Gebiete von FD, welches beinahe bis in die Nähe des Frontalpoles sich erstreckt, und besonders an der Mantelkante selbst, in der Nähe der Grenze zwischen III. und IV. Schicht verstreut, regelmäßig größere Pyramidenzellen bald etwas über dieser Grenzlinie, bald auch darunter innerhalb der IV. Schicht, und zwar ungefähr 6-8 solcher Zellen pro 0.1 mm Gesichtsfeldbreite bei 25 µ Schnittdicke (=10 cm an den Tafeln). Die Größe dieser Zellen beträgt meist bloß 30/20 µ, aber oft auch 40-45 / 20 µ. Diese regionäre Eigentümlichkeit bezeichnen wir als FDm, Area frontalis granularis magnocellularis, sie nimmt (s. Abb. 92) beinahe die ganze Ausdehnung von FD auf der ersten Frontalwindung ein, besonders ihren Teil nahe der Mantelkante, und die caudale Partie des Gebietes von FD auf der zweiten Frontalwindung, wie an unserem Schema zu sehen ist (Tafel XIX, XX, XXI, XXIII). In dieser Ausdehnung entspricht unser FDm dem größten Teil des Feldes 9 von BRODMANN, d. i. der Area frontalis granularis BRODMANNs. Zum Unterschiede von der Auffassung dieses Autors erwähnen wir, daß wir diese Area (FDm = 9) caudal auf der zweiten Frontalwindung nicht direkt an die Area frontalis agranularis (unser FB, BRODMANNs Feld 6) angrenzen sehen, sondern überall zwischen diesen beiden die Area intermedia FC (BRODMANNs Feld 8) in größerer oder geringerer frontocaudaler Ausbreitung eingeschoben finden (vgl. hierzu Abb. 6 mit Abb. 19). Weiter ventralwärts an der Konvexität des Gehirns erstreckt sich dann unser Gebiet FDm auch auf das sog. Cap, die Pars triangularis, und überzieht dasselbe und ebenso auch dessen opercularen Teil in der Tiefe bis zum Margo insularis; doch zeigt die Cytoarchitektonik der FDm hier am Cap eine derartige konstante Charakteränderung, daß wir dieses Gebiet als eigene Variante FDΓ erst später eingehend und separat noch besprechen wollen (sie entspricht dem Feld 45 von BRODMANN).
350 Das Stirnhirn.
Die regionäre Eigentümlichkeit der Großzelligkeit der FDm hat ihr Gegenstück darin, daß im übrigen Teil von FD die großen Pyramidenzellen wieder so gut wie ganz fehlen. Man kann diesen Teil als Area frontalis granularis parvocellularis FDp bezeichnen (Abb. 92). Die FDp nimmt an der ersten Frontalwindung bloß die kleinen Übergangswindungen ein (Tafel XXIII), die von ihr in ihrem vorderen Teil zur zweiten Frontalwindung ziehen (Tafel XXIII), ferner den größeren Teil von FD auf den vorderen zwei Dritteln der zweiten Frontalwindung selbst (Tafel XXII). Auf der Tafel XXIII sieht man sehr deutlich, wie in der Breite des cm 20, also gerade in der Mitte der Photographie, die großen Pyramidenzellen der III. (und auch der V.) Schicht ziemlich plötzlich aufhören und sich in der rechten Bildhälfte nur mehr kleine und schwache Zellen mittlerer Größe befinden. Gegen die folgende polare Formation FE sind die Übergänge dieses FDp zu FE derart fließende und die Ähnlichkeit beider Bildungen eine so große, daß wir kaum eine Grenze angeben können und diese Gegend der Rinde als eine Übergangsbildung FDE bezeichnen (Abb. 92).
Auf der zweiten Frontalwindung weist diese kleinzellige regionäre Modifikation der FD, also FDp, ebenfalls eine konstante Variante auf, die der Stelle entspricht, wo wir früher die Dickenzunahme der Rinde trotz der vorgeschritteneren polaren Lage derselben verzeichnet haben (Abb. 26, a). Es handelt sich um die konstante Variante FDΔ, auf deren nähere Besprechung wir ebenfalls erst später genau eingehen werden und die BRODMANNs Feld 40 entsprechen durfte (Abb. 6). Auf die dritte Frontalwindung erstreckt sich FDp als solches frontal nur ganz wenig und zwar auf den Übergangsteil zwischen triangulären und orbitalen Partien in einer Variante, die ein Gemisch der Merkmale von FD und der polaren und Orbitalen Formationen FE und FF aufweist, und die wir deshalb erst später, und zwar erst als Variante von FF besprechen wollen als Area orbitalis praetriangularis FFΦ auf S. 380.
Area frontalis granularis. 351
Haben wir nun die regionären Änderungen bezüglich Rindendicke und Zellgröße in großen Zügen verzeichnet, so kommen wir jetzt zur Besprechung der konstanten bedeutenderen Änderungen in der Architektonik, die uns berechtigen, hier von Varianten zu sprechen, wobei wir gleich bemerken, daß wahrscheinlich feinere Untersuchungen in der Zukunft uns mehr derselben aufdecken lassen werden, wenn erst einmal die Grundlage zu diesen Studien gelegt ist; denn geradeso wie zwei Physiognomien sich nie ganz gleich sehen, so sind sich auch zwei Rindenstellen an ein und demselben Gehirn nie in allen Punkten ganz identisch; bei dem Aufstellen der Varianten handelt es sich nun hauptsächlich darum, sie in ihrem bestimmten und eigenartigen Bau immer wieder konstant an ein und derselben Stelle wiederzufinden, um sie von den individuell wechselnden kleinen Abänderungen unterscheiden zu können.
Solcher Varianten unterscheiden wir an FD vorderhand drei. Die eine (s. Abb. 93) an der medianen Hirnfläche nahe dem Lobus limbicus, FDL, Area frontalis granularis limbica (Tafel XXVI), dann an der lateralen Fläche die Area FDΔ, Area frontalis granularis media (Tafel XXVII) und die FDΓ, Area frontalis granularis triangularis (Tafel XXVIII bis XXX).
An der medianen Hirnfläche findet sich, besonders in deren frontalen Partien, konstant an allen Formationen eine gewisse Änderung, welche auch bei der Formation FD gleichsam die Nahe des Gyrus limbicus erraten läßt; nämlich bei ziemlich gleichbleibender sonstiger Architektonik eine für diesen Bereich typische derartige Zellzunahme an Größe und Zahl in der V. Schicht, daß dieselbe als dunkler Streifen mit freiem Auge am Toluidin-präparat zu sehen ist. Wir haben dieses auffallende band- oder gürtelartige Hervortreten der oberen Lage der V. Schicht schon bei der entsprechenden Variante der Area FC, also für FCL (Tafel XVII) hervorgehoben, von wo es sich auch nach vorn auf FDL oder später auf FEL und FHL fortsetzt; auch auf dem Gyrus limbicus selbst (LA) findet sich diese Eigentümlichkeit, wenn auch eher schwächer als an dessen Grenzzonen. Tafel XXVI zeigt diese typische Zelldichtigkeit sehr auffallend in Va. Abb. 80 und 79 zeigt in Schraffierung die Ausbreitung dieser perilimbischen Gürtelbildung schematisch sehr deutlich (s. auch 4. Kap., S. 165-168). Wir können also hier eine zellreiche, oberflächlichere Va von einer zellärmeren tieferen Vb unterscheiden, und auch hier läßt sich wie sonst im Grundtypus FD eine obere, hart an der IV. Schicht gelegene kleinzelligere Va1 und eine großzelligere Va2 in Va selbst differenzieren (Abb. 81 und 82). In dieser Va2 besonders findet sich eine größere Anzahl recht großer dreieckiger Zellen, die eng aneinanderliegen und auch 30-40 / 20 µ Größe aufweisen können, also zu den größten Zellen in der V von FD gehören; es sind ca. 24 Zellen pro 0.1 mm3. Sie sind eigentümlich zueinander in dichten Gruppen geordnet, und diese eigentümliche dichte Ordnung größerer Zellen als gewöhnlich finden wir nicht nur in Va2, sondern auch in Va1, wo sich 25-30 / 20 µ große Zellen in einer Anzahl von 30-40 pro 0.1 mm3 finden. In beiden Lagen sind also größere Zellen in dichterer Anordnung als sonst in FD. Außerdem färben sich diese Zellen noch viel dunkler als die sonst schon ohnehin in FD sich dunkel färbenden Zellen der V. Schicht, wodurch diese Area infolge dunklerer Färbung der inneren Hauptschicht ein ganz eigentümliches Gepräge bekommt. Es ist nämlich die VI. Schicht auch für FD außergewöhnlich breit und auffallend großzellig; die Spindelzellen sind sogar in der oberen Lage VIa größer als sie in der FA-Formation sind und äußerst protoplasmareich, ihre oberste Lage dreieckig spindelförmig und zellreich, so daß VIa ebenfalls sehr dunkel gefärbt erscheint. Die sonstige Cytoarchitektonik dieser FDL entspricht ungefähr der großzelligen regionären Bildung FDm. Vielleicht sind jedoch in der Tiefe der III. Schicht hier auch etwas mehr große Zellen vorhanden als sonst, ca. 10-12 pro 1 mm Gesichtsfeldbreite bei 25 µ Schnittdicke (= 10 cm unserer Tafeln). Die I ist sehr breit, die Körnerschichten II und IV dagegen sind eher schmal, weniger zellreich als sonst in FD und bestehen beinahe ausschließlich aus triangulären und Pyramidenzellen. Wir zählten bei dieser Variante bei einer totalen Rindenbreite von 2.73 mm folgende Werte für die einzelnen Schichten:
352 Das Stirnhirn.
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.24 | 0.18 | 0.75 | 0.16 | 0.40 | 0.24 | 0.16 | 1.00 | mm | 0.56 | 0.44 |
Die FDL erstreckt sich (Abb. 93) von der oberen Wand des Sulcus callosomarginalis oder des Sulcus limbicus (wenn ein solcher vorhanden ist), in welchem sie dann beginnt an der Oberfläche ca. 2 cm weit dorsalwärts, um allmählich in die gewöhnliche Formation FDm der Mantelkante überzugehen; ventralwärts gegen den Gyrus limbicus geht sie in dessen Formation LA über; caudalwärts geht sie unmittelbar in die Formation FCL über, von der sie sich zwar durch das Auftreten ihrer deutlichen IV. Schicht unterscheidet, mit der sie aber die Eigentümlichkeit des dichten Baues der V. Schicht gemeinsam hat (vgl. Tafel XVII und Tafel XXVI). Polarwärts geht sie in die entsprechende Formation FEL über, von der wir später sprechen werden. Es handelt sich bei ihr also um einen Teil jener dorsalen limbischen Formation, welche BRODMANN als Feld 32 bezeichnet hat und bei dem er die verschiedenen Unterschiede innerhalb dieses Feldes (FCL, FDL, FEL und FHL) näher zu kennzeichnen unterlassen hat (s. diesbezüglich S. 325 und 444).
Eine zweite Variante befindet sich ziemlich konstant in dem von der kleinzelligen Formation FDp eingenommenen vorderen Teile der zweiten Frontalwindung, bevor dieselbe in die polaren Windungen des Stirnpoles übergeht an der Hirnkonvexität, also in den mittleren Partien der zweiten Frontalwindung (Abb. 92 und 94); topographisch kann man sagen, daß sich diese Stelle unmittelbar frontodorsal von der Pars triangularis befindet. Hier zwischen dem hinteren Ende des Sulcus frontomarginalis WERNICKEs (Abb. 21, s. frmg. lt.) und dem vorderen Ende der Längsfurche, die gewöhnlich die zweite Frontalwindung in eine dorsalere und eine ventralere Längswindung teilt, also am frontalen Ende des Sulcus frontalis medius Fm stehen gewöhnlich 2- 3 zur zweiten Frontalwindung gehörende relativ breite Windungen (Abb. 21), die ventrodorsal verlaufen und von denen die vordere gewöhnlich eine Übergangsbildung der zweiten Frontalwindung zum Cap bildet; eine genauere Topographie zu geben ist jedoch wegen der großen Variabilität der Furchen dieser Stelle nicht möglich. Auf diesen Windungen nun, ohne scharfe Grenze zur Umgebung, bald anscheinend etwas weiter polarwärts und bald etwas weiter caudalwärts gelagert, findet man eine Formation, die architektonisch zwar zu FDp, d. h. zur kleinzelligen Formation gehört, sich aber von ihr wieder wesentlich unterscheidet (Abb. 92); wir nennen sie Area frontalis granularis media FDΔ (Tafel XXVII).
Die Rinde ist an ihr dicker als sonst auf der zweiten Frontalwindung im Gebiete von FD (Abb. 26 bei a), wo wir frontal Werte von 2.4-2.5 mm erwarten; während wir hier an dieser Stelle 2.7-2.9 mm messen, die sich folgendermaßen auf die einzelnen Schichten verteilen:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.25 | 0.18 | 0.82 | 0.24 | 0.40 | 0.81 | mm | a0.45 | b0.36 |
in relative Werte umgerechnet ergibt dies die Proportionalgleichung: | ||||||||
0.11 | 0.08 | 0.35 | 0.10 | 0.17 | 0.19 | oML:iML | 54:46 |
Area frontalis granularis. 353
Die I. Schicht ist sehr breit. Die II. Schicht sieht etwas zellärmer als sonst in FD aus. Die III. Schicht erscheint absolut und relativ sichtlich verbreitert; die Zellen in ihr sind gleichmäßiger verteilt und viel zahlreicher vorhanden, so daß in IIIb keine sonderliche Aufhellung mehr zu beobachten ist, sondern die III im ganzen recht gleichmäßig aussieht und wir 30-35 Zellen pro 0.1 mm3 im Durchschnitt zählen. Die Pyramidenzellen sind außerdem im allgemeinen klein und die größten unter ihnen erreichen kaum 20-30 / 10-15 µ. Nur in den Windungskanten sind ganz vereinzelte Zellen, die dieses Maß etwas übersteigen. Dagegen macht es den Eindruck, als ob die Zellen hier im allgemeinen etwas schlanker und etwas mehr pyramidenförmig, ausgezogener als sonst in FD wären (Abb. 74). Auch die IV. Schicht ist auffallend breiter als sonst im Frontallappen und ihre Zellen haben mehr als sonst die Körnerform und sind kleiner. Die V. Schicht unterscheidet sich hauptsächlich dadurch, daß sie hier nicht in eine oberflächlichere dichtere Va und eine hellere Vb zerfällt, sondern ziemlich gleichmäßig mit Zellen besetzt ist, die sich auch hier an der unteren Grenze der sonst für FD üblichen Größenzahlen in der V. halten (Abb. 79); Zellen von mehr als 15-20 / 15 µ sind selten. Durchschnittlich sind 30 Zellen pro 0.1 mm3. Die VI. Schicht zeigt im allgemeinen kleinere und schmälere Zellen als sonst in FD; die Abgrenzung gegen das Mark ist wieder eine weniger scharfe; in VIa sind ca. 37 Zellen pro 0.1 cmm von 20/10 µ. Es unterscheidet sich also diese Variante vom Grundtypus hauptsächlich durch den Zellreichtum und Dichtigkeit, die Zellkleinheit, die weniger deutliche Schichtung infolge des Fehlens der Aufhellung in der IIIb und der Vb und die deutlichere IV Schicht recht wesentlich von der umgebenden FD-Formation. Alle die angeführten Merkmale geben der Area FDΔ ein Aussehen, das, wie wir später sehen werden, an die retrozentralen Formationen des unteren Parietallappens erinnert, an den sog. Rindentypus 3; und es ist wohl recht auffallend, daß eine derartige Umwandlung der Bildung von FD stattfindet. Dieselbe erstreckt sich, wie wir noch sehen werden, auch weiter polarwärts. Die Grenzen der FDΔ sind nicht ganz scharfe, die Unterschiede, die wir eben hervorgehoben, verlieren sich nach hinten allmählich in den gewöhnlichen kleinzelligen Typus FDp, nach vorn in das Übergangsgebiet zur frontopolaren Formation FDE. Makroskopisch zeigt das Gebiet FDΔ infolge seiner Rindendicke, Zelldichtigkeit, Zellkleinheit und der fehlenden Aufhellung in III und V eine gewisse entfernte Ähnlichkeit mit den Formationen des Gyrus supramarginalis. An ungefähr dieselbe Stelle des Gehirns setzt BRODMANN sein Feld 46, seine Area frontalis media; wir wollen aus diesem Grunde diese Variante ebenso benennen: Area frontalis granularis media.
Ventral und etwas nach hinten von dieser Variante greift, wie schon früher gesagt, die großzellige Formation FDm auf die Windungen des Cap (Pars triangularis) über. Hier erfährt sie nun eine zwar konstante, in dem Grade der Ausbildung ihrer Merkmale jedoch individuell ziemlich große Unterschiede aufweisende Modifikation, welche sie zu einer eigenen Variante stempelt, die wir mit FDΓ bezeichnen und nach ihrer Lage Area (frontalis granularis) triangularis benennen wollen (Tafel XXVIII, XXIX, XXX). Sie ist durch vier Merkmale ausgezeichnet: 1. auffallende Schmalheit der Rinde; 2. auffallend gute horizontale Streifung, verursacht durch eine deutliche IIIc-Schicht, sowie durch eine starke Aufhellung der Vb; 3. auffallend große Zellen (Riesenpyramiden) in IIIc; 4. deutliche radiäre Streifung. Diese Rinde zeigt also, und zwar recht unvermittelt, eine nicht unbedeutende Verschmälerung an der Kuppe (Abb. 26), die besonders von der unmittelbar dorsal von ihr liegenden Verbreiterung der FDΔ absticht, und zwar gehört sie zu den schmälsten Partien von FD; besonders fällt dies dann auf, wenn keine deutliche, tiefgehende Incisura capi vorhanden ist und die Kuppe hier eine flache breite Form hat. Die Dickenwerte für die Rinde halten sich hier an der unteren Grenze der Zahlen für mittelbreite Rinden. In extremsten Fällen muß man hier die Rinde direkt als schmal bezeichnen. Die gefundenen Werte für die einzelnen Schichten, an verschiedenen Stellen gemessen, sind:
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | |
bei einer Gesamtdicke an einer flachen Kuppe von 2.52 mm | ||||||||||
0.18 | 0.12 | 0.80 | 0.20 | 0.40 | 0.15 | 0.25 | 0.82 | mm | 0.50 | 0.32 |
bei einer Gesamtdicke an der Kuppe von 2.4 mm | ||||||||||
0.18 | 0.10 | 0.80 | 0.22 | 0.35 | 0.75 | mm | 0.45 | 0.30 | ||
bei einer Gesamtdicke an einer runden Kuppe von 2.5 mm | ||||||||||
0.18 | 0.12 | 0.74 | 0.20 | 0.38 | 0.92 | mm | 0.52 | 0.40 | ||
an der Windungswand bei einer Gesamtdicke von 2.67 mm | ||||||||||
0.20 | 0.16 | 1.00 | 0.24 | 0.44 | 0.63 | mm | 0.38 | 0.25 | ||
an der Windungswand gegenüber pF3, bei einer Gesamtdicke von 2.65 mm | ||||||||||
0.30 | 0.16 | 1.10 | 0.24 | 0.36 | 0.49 | mm | 0.34 | 0.15 |
I | II | III | IV | V | VIa | oML:iML |
Als relative Verhältniszahlen an der Kuppe die Proportionalgleichung: | ||||||
0.08 | 0.06 | 0.36 | 0.09 | 0.18 | 0.23 | 50:50 |
Als relative Verhältniszahlen an der Wand: | ||||||
0.10 | 0.06 | 0.43 | 0.10 | 0.15 | 0.16 | 59:41 |
354 Das Stirnhirn.
Aus diesen Zahlen geht hervor, daß die Schmalheit der Rinde durch eine gewisse Verschmälerung aller Rindenschichten gegenüber den sonst für FD gewöhnlichen Maßen an der Kuppe hervorgerufen ist, nur die III. Schicht ist nicht verschmälert, sowohl absolut nicht, als sogar relativ recht breit (36-43%!). In der Wand der Pars triangularis, welche im Ramus verticalis der Sylvischen Furche liegt, also gegenüber dem Fuß der dritten Stirnwindung, hat die Rinde noch den Charakter der FBCm; hier ist die Pyramidenschicht sogar recht bedeutend. Unmittelbar an der Windungskante wird plötzlich die ganze Rinde und auch die III. Schicht viel schmäler und zeigt auch eine Abnahme der Zellzahl, die doch in FBCm eine recht hohe war; die IV. Schicht wird deutlicher, die V. hellt sich in ihren unteren Lagen auf, kurz, es zeigen sich gegenüber der Rinde des Fußes plötzlich die Merkmale von FD. Die meisten Zellen zeigen ein entsprechend kleineres Kaliber; so sind in IIIa die Zellen meist bloß 10/10 µ, die mittelgroßen Pyramidenzellen in IIIb 20-25 / 15 µ; IIIb ist wieder zum Teil ein bißchen aufgehellt, wir zählen hier bloß 25 Zellen pro 0.1 mm3 usw., was aber das Charakteristischste für die Area triangularis FDΓ speziell ist, ist das Auftreten von ganz großen Pyramidenzellen in solcher Anzahl, daß man wieder von einer IIIc-Schicht sprechen kann (Tafel XXIX und XXX); die Zellen sind in einer oder mehreren Reihen, und zwar nicht alle in gleicher Höhe, sondern in etwas verschiedenen Höhenlagen angeordnet. Nicht selten sind die großen Pyramidenzellen sogar mitten in die IV. Schicht disloziert (Tafel XXVIII, Höhe 27, Breite 27 cm; Tafel XXIX, Höhe 26, Breite 20-21 cm). Die Zellen sind 30-45 / 20-25 µ, bloß mittelschlank, pyramidenförmig, manchmal sogar für ihre Größe recht flach, beinahe dreieckig, mit einem ziemlich langen Spitzenfortsatz versehen, der senkrecht zur Oberfläche ziemlich weit verfolgbar ist. Es finden sich ca. 12-16 derart große Zellen auf 1 mm Breite des Gesichtsfeldes = 10 cm Breite auf unseren Tafeln, bei 25 µ Schnittdicke, also doppelt soviel, wie sonst an großen Zellen in FDm vorzukommen pflegen und ungefähr um die Hälfte weniger als die Zahl der riesengroßen Zellen auf dem Fuße der dritten Stirnwindung im benachbarten FBCm. Nun geschieht es nicht selten, daß einzelne dieser großen Pyramidenzellen von IIIc in FDΓ sich zu wirklichen Riesenzellen entwickeln (Tafel XXVIII, Höhe 27 und 27.5, Breite 27 und 16 cm). Dies ist, wie es scheint, auf den frontaleren Teilen der Pars triangularis häufiger der Fall; doch ist überhaupt die Entwicklung solcher Riesenzellen ein individuell sehr schwankendes Ereignis, das wir nicht regelmäßig bei allen Gehirnen gefunden haben. Es macht oft den Eindruck, als ob dies speziell bei jenen Gehirnen der Fall wäre, die überhaupt im allgemeinen größere Pyramidenzellen aufweisen, also als ob dies mehr auf einer allgemeinen individuellen Baueigentümlichkeit des ganzen Gehirns, als auf einer individuellen Baueigentümlichkeit dieser einen speziellen Stelle beruhen würde. Wir haben hier Zellen von mehr als 40-60 / 35-40 µ Größe gefunden, welche einen etwas plumpen, protoplasmareichen Eindruck machen und ohne langausgezogenen Spitzenfortsatz sind; sie haben einen großen blasigen Kern von ungefähr 12 µ Größe mit einem Kernkörperchen von 4 µ Größe sowie zahlreiche Nisslschollen. Die Fortsätze der Zellen sind recht breit angesetzt. Jede Zelle hat ungefähr 3-4 Trabantzellen. Von diesen Riesenzellen, wie die angeführten in Tafel XXVIII, zählt man höchstens eine bei 1 mm Gesichtsfeldbreite = 10 cm unserer Tafel und bei 25 µ Schnittdicke, während große Pyramidenzellen in sehr großer Anzahl in IIIc sind, wie Tafel XXIX und XXX zeigen. In zahlreichen Hirnen fehlen die Riesenzellen an dieser Stelle, wie gesagt, auch ganz.
Area frontalis granularis. 355
Bezüglich der inneren Körnerschicht (IV) läßt sich sagen, daß dieselbe ebenso eine ununterbrochene Loge bildet und nach oben und unten ebenso gut begrenzt ist, wie sonst in FDΓ, daß aber die kleineren Elemente in ihr überwiegen; sie scheint um eine Spur zellärmer zu sein.
Die V. Schicht zerfällt hier äußerst deutlich in eine zellreiche oberflächlichere Va- und eine zellärmere lichtere, tiefer liegende Vb-Schicht, und diese Trennung ist viel auffallender als sonst in irgendeinem Teile von FB; wie immer ist dies in der Wand (Tafel XXX) besser zu sehen als in der Kuppe. Betreffs der Zellgröße und Anzahl gilt ungefähr das, was wir über FDm diesbezüglich gesagt haben. Die V. Schicht ist in FDΓ etwas schmäler, als sie sonst in FDm zu sein pflegt. Auch die VIa- und VIb-Schicht halten sich bezüglich ihrer Breitenwerte an der unteren Grenze der für FD angegebenen allgemeinen Zahlen, und ihre Zellen sind meist etwas kleiner und schlanker, so daß sich in VIa die Zellen, welche bloß 20/10 µ Größe aufweisen, in der Mehrzahl befinden - ca. 35-40 pro 0.1 mm3. Die Zellen sind auch etwas schmächtiger als sonst in FD, wodurch die VIa-Schicht weniger dicht und infolgedessen weniger bandartig aussieht. Ebenso hat auch VIb aus demselben Grunde seine scharfe Grenze gegen das Mark ein bißchen eingebüßt.
Sehr typisch für FDΓ ist es, daß in allen Schichten eine radiäre Streifung gut sichtbar ist (auf Tafel XXVIII und XXIX, besonders aber Tafel XXX), am besten an den Windungskanten, aber auch in Wand und Kuppe vorhanden; die Streifung ist eine mittelfeine (Abb. 45). In der inneren Hauptschicht ist die radiäre Streifung deutlicher als in der äußeren, doch ist sie auch in letzterer sogar bis in die IIIa-Lage zu sehen.
Die schon für FDm im allgemeinen recht typische Zunahme der III. Schicht an Breite in der Wand im Verhältnis zum übrigen FD gilt für FDΓ in noch bedeutenderem Maße (s. Tabelle III und IV, 14. Kap.), bei ziemlich geringerer Verschmälerung von V und ziemlich bedeutender Verschmälerung von VI (s. Tafel XXX). Der Bau der Area FDΓ (sowie der übrigen FDm) erinnert auffallend an den Bau der Rinde des oberen Parietalläppchens (PE), bis auf die Riesenzellen, die dem letzteren in IIIc fehlen; wir kommen später noch darauf zurück. Dieser Bau ist das beste Beispiel für den Rindentypus 2, d. h, für den granulären Pyramidentypus.
Nicht an allen Hirnen ist aber diese Area triangularis gleich deutlich von FDm differenziert; gar nicht selten, wenn man bei der Verfolgung von Serienschnitten von der zweiten Frontalwindung aus dem Gebiete FDm herabkommt auf das Cap, ist es überhaupt schwer, einen Unterschied zwischen FDm und diesem Bezirk auf der Pars triangularis zu finden, höchstens sind die größeren Pyramidenzellen etwas zahlreicher, als weiter dorsal. Worin diese Differenzen der spezifischen Entwicklung begründet sind, kann ich nicht angeben, und die Ursache und physiologische Auswirkung solcher Verschiedenheiten bleibt einer künftigen Durchforschung vorbehalten. Kommt man dagegen bei der Verfolgung von Schnittserien der dritten Frontalwindung selbst, vom Fuße derselben herüber zum Cap, so ist der Unterschied zwischen FBCm (Tafel XIV und XV) und FDΓ ein sehr bedeutender, denn hier summiert sich der Unterschied, den die Area frontalis BROCAs schon gegenüber der gewöhnlichen FC-Formation hat, dadurch, daß sie die Rindenbreite und sonstige Eigenschaften der FB-Zone noch in sich trägt, zu dem Unterschiede, den an und für sich FDΓ gegenüber dem gewöhnlichen FD hat, nämlich die Verschmälerung, die Aufhellung in Vb usw. Es fällt also, wenn man von pF3 zum Cap kommt, eine gewöhnlich an der hinteren Windungskante des letzteren recht unvermittelt und plötzlich auftretende ganz bedeutende Verschmälerung der Rinde um beinahe einen ganzen Millimeter auf, ferner die plötzliche Aufhellung in Vb, die an dieser Stelle als ein lichter horizontaler Streifen plötzlich beginnt, die ganz bedeutende Verschmälerung der VI. Schicht und ihre relativ scharfe Abgrenzung gegen das Mark, welche gegenüber dem recht undeutlichen Verhältnis zwischen VIb und Windungsmark in der Regio praerolandica frappant absticht. Hier ist also ein recht plötzlicher Übergang der Areae, der nicht zu übersehen ist. Nach vorn erstreckt sich die Area triangularia (Abb. 92, 95) über die ganze Pars triangularis bis zum Ramus horizontalis der Sylvischen Furche (h, Abb. 21). Sie erreicht aber nicht immer diese Furche oder deren hintere Wand, sondern bleibt sehr oft in jener Gegend schon stehen, wo der Sulcus frontomarginalis gegen das Cap einen Ast nach hinten schickt. Dorsal kann man den Sulcus frontalis inferior oder dessen ideale Fortsetzung als obere Grenze dieses Gebietes ansehen. In manchen Hirnen jedoch überschreitet sie diese Grenze dorsalwärts und kann sogar caudalwärts etwas auf die zweite Frontalwindung hinaufreichen in jene Teile, wo sie an FDm dorsal grenzt. Polarwärts grenzt sie mit ihrer dorsalen Grenze auch an FDp und sie zieht sich in diesem Teile mehr auf die ventraleren Partien des vorderen Schenkels des Cap zurück, während die FDp hier vorn auf den polaren und dorsalen Teil des Cap zum Teil übergreift. Auch ventralwärts ist die Grenze der FDΓ recht verschieden, manchmal folgt sie der Pars triangularis in die Tiefe der Sylvischen Grube und überzieht ihre Rinde anscheinend auch in dem der Insel zugekehrten medialen Teile des Operculums der Pars triangularis (!), in anderen Fällen jedoch, und zwar gewöhnlich, macht sie schon an der Konvexität des Cap vor Eintreten in die Sylvische Grube halt und es zeigt dann die Rinde nicht mehr die spezifischen Charakteristica von FDΓ, sondern meist bloß den Durchschnittstypus von FDm auf oder die operculare Bildung FDop (Abb. 95); man kann sich diesbezüglich auch so ausdrücken, daß man sagt, die Formation FDm zeige in diesen Fällen die Differenzierung zur Area triangularis bloß an der lateralen Konvexität des Cap auf. Wie dem auch sei, in solchen Fällen, und dies sind die häufigeren, überzieht dann diese gewöhnliche Formation FDm den vorderen Teil des Gyrus antidiagonalis und den Gyrus subtriangularis (Abb. 24) in der Tiefe der Sylvischen Grube, um im Margo insulae an die vordere Inselformation zu grenzen oder die operculare Modifikation desselben FDop (Abb. 95). Wir haben schon früher erwähnt, daß auf diesen Querwindungen, welche das dorsale Dach der Sylvischen Grube bilden (Abb. 24), die innere Körnerschicht häufig die Tendenz hat, sich caudalwärts über die nächstliegenden Windungen ebenfalls auszubreiten, so daß man diesen granulären Typus oft auch noch über den Gyrus antipraecentralis bis hart an das Operculum Rolandi hin verfolgen kann (Tafel XVI), jedoch ist das Operculum selbst, d. h. der vordere Teil des Gyrus anticentralis, doch anscheinend beinahe immer körnerfrei, Jedoch scheint es mir ferner aus zahlreichen Untersuchungen so ziemlich als Regel gelten zu können, daß die granuläre Formation des Frontallappens in der Gegend der Gyri antidiagonales sich bis zur Insel vorschiebt, so daß eine unmittelbare Verbindung zwischen der präzentralen agranulären Formation FB und der agranulären vorderen Inselformation FI nicht besteht, sondern an dieser Stelle durch die frontale granuläre Rinde in ihrem opercularen Teile unterbrochen ist (Abb. 70 und 76). Dies erwähnen wir speziell deshalb, weil einige Forscher gemeint haben, annehmen zu können, daß die agranuläre Heterotypie einen vollkommen geschlossenen Ring um die Hemisphärenrinde bilde, daß nämlich an der Medianfläche des Gehirns die Area praecentralis agranularis an die agranuläre limbische Formation grenze, daß sie dann die Hirnkonvexität überziehe und daß im Operculum Rolando die agranuläre Formation in die Sylvische Grube gelange, wo sie unmittelbar an die vordere agranuläre Formation der Insel grenze, welch letztere wieder durch die agranuläre Formation der lateralen und medialen Olfactoriuswindungen mit der vorderen agranulären limbischen Bildung wieder zusammenhängt, wodurch ein geschlossener Ring geformt wäre (s. S. 144). Tatsächlich ist nun dieser Ring in der Sylvischen Grube durch die granuläre FDm oder FDop und FDCop unterbrochen; jedoch erscheint uns diese ganze Frage nicht von großer Bedeutung zu sein. Auf diesen opercularen Partien verliert die Formation FD zum Teil die Prägnanz ihres Baues. Die Schichtung tritt etwas zurück infolge einer ziemlich gleichmäßigen Dichtigkeit aller Schichten. Die Zellen der III., aber auch die der V. und VI,, büßen etwas an Größe und an Ordnung ein, die Andeutung einer Stellung in radiären Reihen, die besonders auf der F, gut sichtbar ist, geht verloren; diese Änderung ist im allgemeinen weniger auffallend als die Änderung, welche die FA und FB am Operculum erfahren haben, aber immerhin als regionäre Modifikation der Erwähnung wert; wir bezeichnen sie als FDop, Area frontalis granularis in operculo. Tafel XVI gibt ziemlich gut das Bild wieder, obschon sie von einer etwas weiter caudalwärts befindlichen Stelle herstammt.
356 Das Stirnhirn.
Area frontalis granularis. 357
Vor und etwas dorsal von FDΓ zieht ein Streifen, der die frontopolare Area FE von der Area triangularis trennt und die Bildung FDp aufweist, bis zum Sulcus orbitalis lateralis; nach vorn polarwärts und etwas ventral von der Area triangularis, auf der gegenüberliegenden Wand des Ramus horizontalis der Sylvischen Furche und caudal von der eben genannten Zunge von FDp, zieht nun ein Teil dieser kleinzelligen Formation auf den hinteren Teil der Pars orbitalis der dritten Stirnwindung an der orbitalen Kante, den wir Pars triangularis infolge seiner Lage zum Cap benennen wollen. Hier zeigt nun diese Bildung eine gewisse Modifikation, welche sie gleichsam als Übergangsbildung zwischen FD, FE und FF charakterisiert. Wir wollen sie aus diesem Grunde, obschon sie eigentlich besonders der Bildung ihrer schmalen und zellarmen III. Schicht nach eher zu FD gehören würde, doch zu FF als dessen Variante zahlen, da wir sie erst genau besprechen können, nachdem wir die Area FE frontalis polaris und die Area FF, Area orbitalis, besprochen haben werden, von denen sie einzelne Merkmale hat. Wir nennen sie Area praetriangularis und bezeichnen sie als FFΦ (s. S. 371 und 380 und Tafel XXXIV).
Die frontaleren Partien der Area FD gehen recht allmählich in die frontopolare Formation FE über; die Ähnlichkeit zwischen FDp und der Grenzbildung FDE ist eine derart große, daß man sie überhaupt nicht voneinander unterscheiden kann; doch kann man sich im allgemeinen des Eindruckes nicht erwehren, daß auch hier wieder ein gewisser Zusammenhang zwischen Rindenarchitektonik und Windungsarchitektonik besteht und daß speziell die schmalen Windungen es sind, welche die ausgesprochene Formation FE tragen, während die Bildung FDp sich meist zwar auch auf sehr schmalen, doch trotzdem schon etwas breiteren Windungen befindet. Näheres hierüber muß künftigen Studien vorbehalten bleiben (s. S. 227).
Nicht unerwähnt möchten wir hier lassen, daß FD besonders in jenen Partien, die eine radiäre Streifung aufweisen, speziell also FDΓ eine gewisse äußere Ähnlichkeit mit den Formationen des oberen Parietallappens haben (Area PE); auch VOGT ist diese Ähnlichkeit aufgefallen.
Kurz rekapitulierend können wir an der Bildung FD folgende sieben Übergangsbildungen, regionäre Modifikationen und Varianten voneinander unterscheiden:
FD mit breiter III Schicht und größeren, eine IIIc-Lage bildenden Pyramidenzellen, grenzend an FC = FDC
FD mit relativ schmaler III und größeren Pyramidenzellen . = FDm
FD mit noch schmälerer III und kleinen Pyramidenzellen . . = FDp
FD mit schmaler III und kleinen Pyramidenzellen, angrenzend an FE = FDE
FD mit etwas breiterer III und kleinen Pyramidenzellen . . . = FDΔ
FD mit schmaler III und größten Pyramidenzellen am Cap . = FDΓ
FD am Operculum ohne deutliche Schichtung .......= FDop
Dazu wäre als 8. Modifikation die Area praetriangularis FFΦ eigentlich noch zu rechnen.
Vergleichen wir unsere Area frontalis granularis FD mit den Schilderungen der früheren Autoren, so ist vor allem folgendes zu konstatieren. BETZ hat schon richtig bemerkt, daß der vordere Teil der Frontalwindungen granulär sei und daß der granuläre Teil an der ersten Frontalwindung seine hintere Grenze weiter vorn habe als an der zweiten Frontalwindung. Er hat also die Grenze zwischen granulärem und agranulärem Teil des Frontalhirns ziemlich richtig gezogen. Für die Pars triangularis dagegen (unser FDΓ) bemerkt er, daß die II. und III. Schicht lange Pyramidenzellen enthalten, deren Fortsätze eine schiefe Richtung haben und daß die Zellen durch ihre Fortsätze zu Haufen miteinander verflochten sind. Diese Beschreibung, die wahrscheinlich einem einmaligen zufälligen Befunde entsprechen dürfte, hat HAMMARBERG ebenfalls in seine Beschreibung aufgenommen, ohne jedoch eine Abbildung davon zu geben. Wir haben an keinem Gehirn diesen Befund einer Verflechtung der Fortsätze mit Zellhaufenbildung bestätigen können, und verstehen nicht recht, wieso HAMMARBERG diesen Befund ebenfalls anführt. Jedenfalls geht aber daraus so viel hervor, daß schon den ersten Beobachtern eine gewisse Eigentümlichkeit im Bau dieser Stelle aufgefallen ist. Vom übrigen Frontalhirn beschreibt auch HAMMARBERG richtig, daß die vorderen Partien desselben granulär sind. Er gibt diesbezüglich noch an, daß das granuläre Gebiet bei den Individuen mit Zunahme des Alters zum Vorteile der agranulären Zone kleiner werde; wir haben leider in dieser Richtung keine Untersuchungen bisher anstellen können. In HAMMARBERGs Beschreibung entspricht auf der ersten Frontalwindung sein Gebiet F1β unserer FD. Auf F2 beschreibt er unmittelbar frontal von der C. a. als F2α eine Formation, die unserem FC entsprechen dürfte, und beschränkt sich darauf, zu sagen, daß polarwärts (also in FD auf F2) die äußere und innere Körnerschicht wieder deutlicher werden und alle anderen Schichten, aber besonders die III., an Zellgröße und Zellzahl abnehmen, was ja tatsächlich den von uns beschriebenen Verhältnissen für FD entspricht. Betreffs der dritten Stirnwindung anerkennt auch er, wie gesagt, eine eigene trianguläre Formation F3ß, die unserem FDΓ der Lage nach entspricht. Er erwähnt aber das Auftreten einer eigenen IIIc-Schicht eigentlich nicht näher, gibt aber dagegen wohl richtig an, daß hier große Zellen von 35/25 µ vorkommen und führt außerdem die obenerwähnte „Verflechtung" der Fortsätze an.
358 Das Stirnhirn.
Bei einem Vergleiche mit BRODMANNs Beschreibung dieser Gegend (Abb. 6 und 7) und Betrachtung seines Schemas sieht man, daß unsere Formatio frontalis granularis FD viel größer ist und die Brodmannschen Bezirke 9, 46 und 45 umfaßt, d. h. seine Area frontalis granularis, frontalis media und triangularis. Warum wir uns veranlasst sehen, diese drei Areae zum Teil als regionäre Unterschiede und zum Teil als Varianten eines einzigen frontalen, granulären Grundtypus anzuführen, haben wir S. 225 und 349 auseinandergesetzt. Wir möchten mit dieser anatomischen Zusammenfassung jedoch keinesfalls etwa der Deutung irgendeiner physiologischen Zusammengehörigkeit dieses großen Gebietes Vorschub geleistet haben, sondern wir erklären nochmals, diese Zusammenfassung bloß aus rein praktischen und anatomisch-deskriptiven Gründen zum leichteren Verständnis der Schwankungen in der Intensität der spezifischen Differenzierung dieser einzelnen Bezirke vorgenommen zu haben. Da wir sogar innerhalb des einen großen Areals FD nicht nur verschiedene Modifikationen und Areae angeführt haben, sondern sogar das Vorkommen zweier verschiedener Rindentypen, und zwar des Typus 2 und des Typus 3, besonders betonen, hoffen wir, in diesem Punkte nicht mißverstanden zu werden (Abb. 88). BRODMANNs Einteilung entspricht in folgenden Punkten, so weit man an seiner Hirnkarte sich orientieren kann, der unsrigen: Feld 9 ist ungefähr unser FDm, Feld 46 unser FDΔ und Feld 45 unser FDΓ; er hat leider für das Menschenhirn keine Beschreibung dieser Areae gegeben, sonst hätte wohl auch er sich veranlasst gesehen, für die immerhin auffallenden und verschiedenartig schwankenden übrigen regionären Änderungen betreffs der Zellgröße und des Schichtenbaues über diese einfache Felderung hinaus einige nähere erklärende Ausführungen zu geben. Die Beschreibung, die er von seinem Felde 9 bei Affen gibt, stimmt nur zum Teil mit den Ausführungen, die wir über unsere Area FDm gegeben haben, aber als konstantes Verhalten bei Affen und Halbaffen findet auch er die Spaltung der V. Schicht in eine zelldichtere obere Va- und eine lichte untere Vb-Schicht, so wie wir es ja für den Menschen gefunden haben.
CAMPBELLs Einteilung entspricht auch nur zu einem Teile der unsrigen (Abb. 1 und 2). Den größten Teil unserer Formatio frontalis granularis FD rechnet er ebenfalls zu einem einzigen großen Gebiet, seiner Area frontalis, deren Grenzen ungefähr dieselben, wie die unseres Gebietes FD sind. Er rechnet aber auch die Rinde der Orbitalfläche des Stirnhirns dazu, und zwar in ihrem lateralen mittleren Anteil, während er sonderbarerweise die Rinde der Pars triangularis und der Pars orbitalis der dritten Stirnwindung nicht dazu rechnet, sondern, wie wir schon S. 310 (FB) erwähnt haben, zu seiner Area intermedia praecentralis trotz der deutlichen IV. Schicht, die man an diesen Stellen findet. Wie gesagt, tut er dies wahrscheinlich wegen der großen Pyramidenzellen, die man auch an diesen Stellen (FDΓ) in den tiefen Lagen der III zu sehen bekommt. Die allgemeine cytoarchitektonische Beschreibung, die er von seiner frontalen Formation gibt, entspricht dagegen wieder ziemlich genau unserer Beschreibung des Grundtypus von FD, wobei auch er die polare Abnahme der Größe der Pyramidenzellen der III. Schicht, die Deutlichkeit und Breite der IV., den Zerfall der V. in eine zelldichtere obere und eine lichtere untere Schicht ganz richtig als die charakteristischen Merkmale derselben anführt. Eine Unterteilung dieses großen frontalen Gebietes in Varianten oder regionäre Modifikationen führt er nicht an. Unsere topographische Unterteilung von FD deckt sich also beinahe mit BRODMANNs Einteilung bis auf einzelne Details, die wir hinzugefügt haben. Wir haben auch aus diesem Grunde BRODMANNs Nomenklatur so ziemlich unverändert beibehalten. Abgesehen von dieser feineren Einteilung stimmen aber in großen Zügen auch die Angaben der früheren Autoren von BETZ bis auf CAMPBELL mit den unsrigen überein. CAJAL hat betreffs der Zellformen dieser Gegend besonders auf die feine und komplizierte Struktur derselben im allgemeinen hingewiesen, ohne jedoch nähere Angaben darüber zu machen.
Area frontalis granularis. 359
Markbild. Was nun die Markfaserung der FD Formation anbelangt, so hat MAUS bei Affen im Brodmannschen Felde 9, das dem dorsalen Teile unseres FD, also ungefähr unserem FDm entspricht, folgendes beschrieben: I ist faserarm, II zeigt keinen Kaesschen Streifen; in IV ist der äußere Baillarger gerade noch erkennbar, er ist nicht faserdicht; in Vb ist der innere Baillarger kaum erkennbar, da er allmählich in die Faserung von VI übergeht.
Auch nach CAMPBELL, der beim Menschen diese Gegend auch betreffs ihrer Myeloarchitektonik untersuchte, ist die frontale Region weniger faserreich als die dahinter liegende intermediate Area (FC und FB). Auch er gibt an, daß der äußere Baillarger noch sichtbar sei und scheinbar tiefer liege als in der Area intermedia; der innere Baillarger sei nicht deutlich sichtbar.
Nach ELLIOT SMITH werden (Abb. 3, 4, 5) beide Baillargersche Streifen in der Frontalregion nach vorn zu immer dünner, bis in der präfrontalen Region (unserer FE) nur mehr ein Baillarger vorhanden ist.
Auch KAES zeichnet die beiden Baillargers am vorderen Stirnhirn viel unschärfer ausgeprägt als am hinteren Stirnhirn und zum Teil so undeutlich, daß sie, besonders der untere, ganz verschwinden. Auch hier besteht wiederum zwischen den verschiedenen Autoren bezüglich des Markbildes eine gewisse Diskrepanz, an der vielleicht die Methode schuld hat; während nach den eben genannten Autoren CAMPBELL, E. SMITH, KAES (MAUS) das Stirnhirn in seinen caudalen Partien zwei Baillargers zeigt, welche polarwärts immer undeutlicher werden, ist es nach VOGT eigentlich beinahe gerade umgekehrt; die caudaleren Partien weisen bloß einen Baillarger auf und weiter frontal wird die Area FD, wie wir gleich sehen werden, deutlich bistriär.
Vergleicht man VOGTs Schema (Abb. 9 und 10) mit der Lage unserer Area FD (Abb. 19), so entspricht dieselbe scheinbar keinem myeloarchitektonisch einheitlichen Gebiet, sondern die dorsalen Partien von FD, so weit sie auf F1 liegen, an Mantelkante und medianer Hirnfläche, scheinen zur Regio propeunistriata (Regio IV, Feld 48, 49 und die dorsal-caudalen Teile von Feld 50) zu gehören, d. h, daß bloß der obere Baillarger besser zu sehen ist, der tiefere undeutlich. Auf der ventralen Hälfte der ersten Frontalwindung und auf der zweiten Frontalwindung jedoch scheint unsere FD ziemlich genau das ganze VOGTsche Gebiet der Regio bistriata einzunehmen (Regio V die dorsal-caudalen Teile von Feld 51, dann das ganze Feld 52 und hintere Teile von Feld 54). Die Area FDΔ scheint Feld 53 und den vorderen Teilen von 54 zu entsprechen. Danach wäre nach VOGT das ganze Hauptgebiet von FD bistriär und die dorsalen und polaren Teile auch doppelt gestreift, wenn auch undeutlicher (d. h. propeunistriär). Jene Teile der FD aber, die auf die dritte Stirnwindung fallen, d. h. also vor allem die Pars triangularis, bilden die Regio unitostriata (Regio VI mit den Feldern 57, 58, 59), in der beide Baillargers durch die starke Entwicklung der zwischen den beiden Streifen liegenden Grundfaserung (5a, s. 4. Kap., S. 179) zu einem einzigen dunklen breiten Streifen verbunden sind. Ferner scheint hier ein Kaesscher Markstreifen unter der II. Schicht deutlich ausgesprochen zu sein. Es ist also die Area triangularis FDΓ auch myeloarchitektonisch eigenartig gebaut, und der Unterschied zwischen der gewöhnlichen bistriären Area FD und der unitostriären Pars infrafrontalis (triangularis) FDΓ ist ein sehr auffallender. Der Übergang ist im Markbild ein sehr abrupter, ebenso wie im Zellbild der Übergang von dem bistriären Fuß der dritten Stirnwindung FCBm (= Feld 56) zur Area triangularis FDΓ ebenfalls ein sehr abrupter ist. Abb. 123, aus BRODMANN entnommen, zeigt sehr schön diesen plötzlichen Übergang im Markbild vom bistriären zum unitostriären Frontaltypus. Überhaupt scheint die ganze dritte Stirnwindung sehr faserreich und schon makroskopisch am Markfaser-präparate auffallend dunkel. Auch bei VOGT scheint ferner die Area FDL einem eigenen Markfeld, und zwar Feld 34/33, zu entsprechen, welches (Abb. 10) zur Regio unistriata euradiata grossofibrosa gehört (Region III), wie die vordere Zentralwindung, also bloß einen Baillarger zeigt, zum Unterschied der übrigen FDm.
360 Das Stirnhirn.
Abb. 123. Markbild des Überganges des bistriären Frontaltypus in den unitostriaren Frontaltypus (nach BRODMANN).
Ebenso ist betreffs der Markreifung nach FLECHSIG dieses Gebiet nicht einheitlich, wie ein Blick auf Abb. 90 und 91 und Vergleich mit Abb. 19, 20 lehrt. Die dorsalen und caudalen Partien von FD, sowie die ventralen (auf der dritten Stirnwindung Pars triangularis) scheinen nach dem alten Flechsigschen Schema in das Gebiet 15, 18 und 27 zu fallen, also zu den intermediären Gebieten zu gehören, die bald nach der Geburt ihr Mark erhalten. Die mittleren und polaren Partien der FD jedoch fallen in das Gebiet 35, das also zum großen frontalen Assoziationszentrum FLECHSIGs gehört, zu den sog. Terminalgebieten (Assoziationszentren). Nun muß es als recht auffallend bezeichnet werden, daß in dieses letztere Gebiet unserer Area FD zum Teil jenes Gebiet FDΔ hineinfällt, welches nicht den gewöhnlichen Rindentypus 2 aufweist wie die übrige Area FD, sondern den Rindentypus 3, den sog. parietalen granulären Rindentypus, der auch im Flechsigschen großen parietalen Assoziationszentrum vorkommt. Ein Vergleich der Flechsigschen Abb. 90 und 91 mit unserem Bild unserer fünf Rindentypen (Abb. 88) und dem arealen Schema (Abb. 19 und 20), zeigt deutlich diese Verhältnisse. Wenn hier auch die Grenzen sich nicht genau decken, und wenn auch, entgegen FLECHSIGs Angabe, wie wir noch sehen werden, Projektionsfasern auch aus diesem sog. Assoziationszentrum entspringen (s. Abb. 87), so ist doch der eben besprochene Umstand sehr auffällig. Wir sehen daraus, daß hier Beziehungen bestehen müssen, die wir heute noch nicht verstehen können, und daß dieses Gebiet wahrscheinlich außerdem in noch viel verschiedenere Unterabteilungen bei weiterem eingehenden Studium wird geteilt werden müssen, als wir es ohnehin schon getan haben.
Fragen wir uns nach der Bedeutung von FD, so läßt sich sagen, daß die ziemlich großen Unterschiede im Bau, welche bei der cytoarchitektonischen Untersuchung sich darbieten und uns dazu führten, an ihr mehrere Areae zu unterscheiden, und welche ferner auch mit anderen .Methoden, z. B. der Myeloarchitektonik und der Myelogenese, zutage treten, es ziemlich unwahrscheinlich machen, daß die Area FD eine einheitliche Funktion besitze. Siehe dazu S. 290, 313, 333.
CAMPBELL nimmt an, daß seine frontale Formation ein psychisches, über die Motilität übergeordnetes Zentrum darstelle, während der zu ihr gehörige Teil der dritten Stirnwindung zur motorischen Sprachfunktion in irgendeiner Beziehung stehen soll. Letzteres scheint ganz richtig zu sein, zumal bei motorischen Aphasien meist auch die Pars triangularis lädiert ist neben pF3. HENSCHEN betont aber, daß bei jenen motorischen Aphasien, bei welchen auch die Fähigkeit zu singen verlorengegangen ist, auch die Pars triangularis zerstört ist, und sagt, daß sogar bei bloßer Läsion dieser Gegend die Kranken falsch singen oder überhaupt nicht singen können. Er verlegt in diese Gegend, und zwar an den unteren Rand der Pars triangularis, die stimmliche motorische Amusie. Diese Beobachtungen legen den Gedanken nahe, daß die Area FDΓ gleichsam die Rinde des Gesangzentrums sein könnte.
Area frontalis granularis. 361
CAMPBELLs Ansicht, daß nun die übrige FD auf F1 und F2 ein psychisches, der Motilität übergeordnetes Zentrum wäre, deckt sich ziemlich mit der psychomotorischen Stirnhirntheorie KLEISTs und den akinetischen Störungen, die nach Stirnhirnläsionen beobachtet wurden, doch wollen wir uns hier auf diese interessante Frage nicht zu weit einlassen. Abb. 98 und 99 geben zwar die präsumptiven Lokalisationen für diese Gegend wieder, doch sei nochmals betont, daß es sich hier bloß um Vermutungen handelt. Wir wollen nur zu einer allgemeinen Orientierung hier einiges anführen. Es sei auch hier speziell erwähnt, daß auch Intelligenzstörungen nach Verletzungen der vorderen Stirnhirngegend, welche also von granulärer Formation überzogen ist, wiederholt beschrieben worden sind.
Schon seit GALL ist das Stirnhirn immer wieder mit der Intelligenz in Verbindung gebracht worden, zum Teil aus zweifelhaften äußerlichen, physiognomischen Momenten (hohe Stirne - Intelligenz), zum Teil aus wohlfundierten, vergleichend anatomischen Gründen (Zunahme speziell des Stirnhirns in der Tierreihe aufwärts). Wir haben auch im 5. Kap., S. 246/248, schon kurz darüber gesprochen. Wir nehmen vorderhand die dritte Stirnwindung aus, da sie einer speziellen Funktion, der der Sprache, dient. MEYNERT und HITZIG haben eine eigene Stirnhirntheorie aufgestellt und sahen im Stirnhirn das Organ für das abstrakte Denken, ähnlich dachten STAUB und EDINGER, während BOLTON und besonders FLECHSIG ins Stirnhirn ein bedeutendes Assoziationszentrum verlegten für bewußte körperliche Erlebnisse und insbesondere Willensakte; BIANCHI nennt es das Organ der psychischen Synthese, WUNDT faßt es als „Apperzeptionsorgan" auf, FERRIER als Zentrum für geistige Konzentration; auch als Hemmungszentrum für reflektorische Akte (Freßakt) wird es aufgefaßt (KALISCHER). Charakterveränderung nach Stirnhirnverletzungen wurde zuerst (experimentell) von GOLTZ, dann beim Menschen beschrieben (WOLT); die moriaartige Witzelsucht ist auch ein oft erwähntes psychisches Symptom bei Stirnhirnläsionen. Das Studium der vielen Hirnverletzten im Krieg hat neue Belege für diese Stirnhirnansichten gebracht und auch neue Auffassungen geschaffen. Störungen der Aufmerksamkeit und des Willens sowie der Affekte wurden vielfach bei Stirnhirnverletzten beobachtet und Antriebschwäche und akinetische Zustände beschrieben (POPPELREUTER, KLEIST, PFEIFER). Daß solche Störungen der Intelligenz und psychische Störungen auch bei anderen Hirnverletzten vorkommen, ist richtig; jedoch hat es sich tatsächlich gezeigt, daß unter allen Hirnverletzten die Stirnhirnverletzten bei weitem die größte Einbuße an höheren intellektuellen Qualitäten aufweisen und daß dieser Zustand nicht etwa auf einer Fernwirkung beruhen kann, geht daraus hervor, daß jene Hirnverletzten die geringste intellektuelle Einbusse aufweisen, die unmittelbar hinter dem Stirnhirn verletzt sind, nämlich die Zentralwindungverletzten. Daneben ist das Stirnhirn auch als Organ für gewisse somatische Funktionen beansprucht worden, so für die Motilität von GOLTZ, für die Bewegungskoordination und Erhaltung des Gleichgewichtes in Zusammenhang mit dem Kleinhirn (ANTON und ZINGERLE, MINGAZZINI, GOLDSTEIN usw.). Vor kurzem hat FEUCHTWANGER an einer großen Reihe Hirnverletzter speziell die durch Verletzungen des Stirnhirns bedingten Störungen zusammengestellt. Es zeigt sich dabei, daß Störungen des Merkens, des Lernens, Ermüdbarkeit, Denkstörungen, Bewegungs- und Empfindungsstörungen, Sprachstörungen und Sinnesstörungen in dieser Aneinanderreihung in zunehmender Folge bei anderen als Stirnhirnverletzten häufiger vorkommen, sogar epileptische Anfälle und psychogene Störungen kommen bei anderen Hirnverletzungen häufiger vor; dagegen sind Störungen des Gleichgewichts, Störungen der Aufmerksamkeit, expansive und depressive Affektstörungen, Verlangsamung und Apathie sowie Überlastung und ganz speziell moriaartige Störungen in der hier angeführten Reihenfolge zunehmend für das Stirnhirn typisch; als sonstige psychische Störungen bei Stirnhirnverletzten sind häufig abulische, akinetische Zustände; schizophrenieähnliche, psychopathieähnliche, hysteroide Zustände, ferner Störungen der intellektuellen Leistungen.
362 Das Stirnhirn.
Die somatischen Gleichgewichtsstörungen sind als Störungen der Stirnhirnbrückenbahn aufzufassen (GERSTMANN); gelegentliche vasomotorische Störungen sind noch unbekannter Herkunft; Geruchsstörungen sind peripher bedingt (Bulbus und Tractus olfactorius).
Was die obgenannten psychischen Defektformen anbelangt, so sind dieselben zwar als spezifische Defektzustände nach Stirnhirnschädigungen zu werten und nicht als bloße „Auslösungen" oder „Reaktionen" auf die Verletzung hin, obschon für die Art derselben die psychische Allgemeindisposition der prämorbiden Persönlichkeit mitbestimmend sein dürfte. Aber eine Lokalisation der einzelnen Störungen innerhalb des einzelnen Stirnhirnlappens erscheint zur Zeit FEUCHTWANGER noch nicht möglich, zumal kein Einzelsymptom (Akinese, Witzelsucht usw.) bei irgendeiner bestimmten Läsion obligat ist.
Bei einer feiner fortgeführten Untersuchung, speziell der psychischen und intellektuellen Störungen Stirnhirnverletzter, im richtigen Bestreben aufzudecken, welche Elementarteile des Komplexes von Fähigkeiten und Funktionen, die den Ablauf des intellektuellen und psychischen Geschehens konstituieren, geschädigt sein könnten, kam FEUCHTWANGER zu folgendem Resultat:
Die Störungen der psychischen Leistungen der Stirnhirnkranken sind nicht „inhaltlich gegenständlicher" Natur, d. h. es ist nicht die Wahrnehmung, das Gedächtnis, das Denken als solches gestört, es ist also keine eigentliche Intelligenzstörung vorhanden, sondern es sind die gefühlsmäßigen, emotionalen Leistungsanteile und die tätigkeitsmäßigen, aktuellen Leistungsanteile dieser Funktionen gestört. Es präsentieren sich dann als:
1. Emotionale Störungen: a) Störungen der Grundstimmung, d. h. heitere, depressive oder apathische Verstimmung; b) Störungen der Affekterregbarkeit, d.h. Reizbarkeit oder verringerte affektive Ansprechbarkeit usw.; c) Enthemmung der Triebäußerungen, wie Polyphagie, sexueller Erethismus; d) Störungen der Wertung, z. B. für ethische und ästhetische Dinge, Witzelsucht, Mangel an Takt.
2. Aktuelle Störungen: a) Störungen der Aufmerksamkeitseinstellung, der willkürlichen Konzentration; b) Willensstörungen, und zwar: α) der niederen Willensfunktion, also Mangel an Antrieb, Akinesien, ß) der höheren Willensfunktion, als abulische, hysteriforme, psychopathieähnliche Zustände, γ) Spontaneitätsstörung, z. B. Befehlsautomatie, schizoide Zustände usw.
Diese Affekt- und Willensstörungen bedingen Alterationen, die als Temperaments- oder sogar Charakterveränderungen gelten können, aber nicht als eigentliche Intelligenzstörungen. - Sehr auffallend ist jedenfalls auch die Ähnlichkeit dieser Symptome mit jenen, die wir in noch ausgeprägterem Maße bei striopallidären Erkrankungen finden (JAKOB). Die Erklärung dafür liegt wahrscheinlich darin, daß im Stirnhirn die frontothalamischen Bahnen entspringen, die über dem Thalamus die striären Automatismen in Aktion setzen.
Aus diesen Erfahrungen meint FEUCHTWANGER bloß schließen zu können, daß zum normalen Funktionieren der emotionalen und aktuellen Anteile der strukturierten psychischen Gesamtdisposition - wie er sich ausdrückt - ein Intaktsein des Stirnhirns nötig ist. Mehr könne man nicht sagen, insbesondere geben die Fälle keine Aufklärung über die nähere Lokalisation. GOLDSTEIN meint alle diese Störungen einheitlich erklären zu können aus dem einen Mangel an Fähigkeit, das Wesentliche einer Situation hervortreten und bestimmend wirken zu lassen. (Dies erscheint uns eigentlich eine Umschreibung und geringe Erweiterung des Begriffes der Objektwahl bei der Aufmerksamkeitseinstellung.)
Area frontalis granularis. 363
Wir wollen nun sehen, wie weit uns die Erkenntnis der Anatomie an Hand dieser pathophysiologischen Befunde weiterführen könnte. Für die Areae des caudalen Frontalhirns FA, FB, FC haben wir in den früheren Abschnitten (§7) schon die Funktion derselben ermittelt; es handelt sich bei ihnen, wie wir gesehen haben, um Felder primärer und sekundärer Bewegungen, d. h. sie dienen der unmittelbaren Motilität oder einer Motilität höherer Ordnung (Eupraxie, Sprache usw.). Es bleibt also für die Lokalisation der gerade genannten Stirnhirnstörungen nur der vordere Abschnitt des Frontalhirns vor der FC-Formation, zumal wir ja gerade früher speziell darauf aufmerksam gemacht haben, daß z. B. die Zentralwindungsverletzten diejenigen unter den Hirnverletzten sind, die am allerwenigsten psychische Störungen und intellektuelle Einbußen aufweisen. Es kommen also für letztere die Regio frontalis und orbitalis in Betracht. Davon ist, wie gesagt, auszunehmen jedenfalls die Pars triangularis, die als Teil der dritten Stirnwindung für die Sprache (speziell Gesang) zu beanspruchen ist. Ferner haben wir gesehen, daß im Stirnhirn, abgesehen vom Astasie- Abasiezentrum auf dem Fuß der ersten Frontalwindung (s. Abb. 98 und 99), sich ein Zentrum für die Koordination befinden muß, da Läsionen dieser Gegend Gleichgewichtsstörungen erzeugen; die anatomische Grundlage hierfür scheint in der frontopontocerebellaren Bahn gegeben, die das gekreuzte Kleinhirn auf dem Wege über die Brücke mit dem Stirnhirn verbindet und somit auch die gekreuzten Extremitäten unter die Koordination des Stirnhirns stellen. Der Ursprung dieser Bahn nimmt nach MONAKOW, wie Abb. 87 zeigt, den Pol des Frontalhirns in ziemlich großer Ausdehnung ein, und vorn die orbitale Fläche desselben. Nun haben GERSTMANNs Untersuchungen es sehr wahrscheinlich gemacht, daß speziell die mediale und basale Partie der ersten und. zweiten Frontalwindung am Stirnpol selbst der Teil dieses Ursprungsgebietes sei, welcher für die Gleichgewichtserhaltung als übergeordnetes Zentrum fungiert; diese Partie entspricht dem basalen Teile der später zu besprechenden Area FE und besonders dem vorderen Teile der orbitalen Area FF; in diesen Teilen sind die V. und VI. Schicht auch besonders gut entwickelt. So kommen wir per exclusionem schließlich zu der Ansicht, daß die Störungen auf psychischem und intellektuellem Gebiete, die bei Stirnhirnverletzungen beobachtet werden, hauptsächlich einer Läsion der Area frontalis granularis FD auf der ersten und zweiten Frontalwindung und dem dorsalen Teile von FE am Pol und der Konvexität entsprechen. Von einigen Beobachtern ist behauptet worden, daß Läsionen der Frontalhirnpartien expansive Störungen (Moris, Witzelsucht, erhöhte Reizbarkeit usw.), Läsionen der rückwärtigen Partien dieses Gebietes depressive Störungen zu Folge haben (Abb. 98 und 99); eine Bestätigung dieser Ansicht durch die Kriegserfahrungen ist nicht erfolgt. Halten wir uns an die oben auseinandergesetzte Einteilung der Stirnhirnelementarsymptome FEUCHTWANGERs in aktuelle, tätigkeitsmäßige Störungen und emotionale Störungen, so wäre es naheliegend, die ersteren in ihrer Wirkung der Motilität nahestehenden Funktionen, im Anschluß an die übrigen bekannten Motilitätsfunktionen in den rückwärtigen Teil von FD, die letzteren, die emotionalen Leistungen, in den vorderen Teil von FD und den oberen von FE zu verlegen. Die Eigentümlichkeit, daß der anatomische Bau hier auch eine solche Zweiteilung dieser Gegend zeigt, indem der rückwärtige Teil den Rindentypus 2 aufweist, der vordere Teil den Rindentypus 3 (s. Abb. 88), und daß der Rindentypus 2 tatsächlich als Pyramidentypus einen gewissen motorischen Charakter hat, der den aktuellen Leistungen wirklich leicht entsprechen könnte, der Typus 3 aber, der mehr an die hinteren parietalen Rindenpartien erinnert, vielleicht den emotionalen Leistungen dienen könnte, scheint in gewissem Maße diese Auffassungsart zu bestätigen. Die tätigkeitsmäßigen aktuellen Leistungen des vorderen Stirnhirns sind, wie wir gesehen haben, einerseits Aufmerksamkeitseinstellungen, andererseits Willensäußerungen. Die Aufmerksamkeitseinstellung als eine der motorischen Funktion nahestehende efferente Wirkung anzusehen, ist recht naheliegend; schon in den peripheren Sinnesorganen kennen wir zentrifugale Fasern, die vom Zentralnervensystem aus ins Sinnesorgan ziehen und wohl die Wirkung einer erhöhten Einstellung der Sinneszellen auf den Reiz (einer reflektorischen Sensibilisierung) haben dürften; ein ähnlicher efferenter Vorgang dürfte die Aufmerksamkeitseinstellung überhaupt sein. An der hinteren Grenze der Area FD, auf der zweiten Frontalwindung, noch im Gebiete von FC, befindet sich, wie im früheren Kapitel FC, S. 335, gezeigt, das primäre Augenfeld für Spähbewegungen. Es wäre möglich, daß diese Spähbewegungen schon ein motorischer Ausdruck der allgemeinen Aufmerksamkeitseinstellungsleistungen dieser Hirngegend wären und daß wir unmittelbar davor den Ort für diese Gesamtfunktion, ein Prosexiezentrum, zu suchen hätten; die Willensstörungen im Sinne der Akinese und des Mangels an Antrieb könnten durch Läsionen der Stellen unmittelbar davor hervorgerufen sein, die denselben (motorischen) granulären Pyramidentypus 2 noch aufweisen.
364 Das Stirnhirn.
In dem vorderen Teil dieses frontalen Gebietes FD, in den wir dann die anatomische Grundlage für die Elemente zu den emotionalen Leistungen des Stirnhirns zu verlegen hätten und der den eigenartigen Bau der Unterarea FDΔ aufweist, und weiter vorn den dorsalen Teil von FE um den Sulcus frontomarginalis in sich schließt, hat man wiederholt bei Läsionen dieser Gegend die Ursache für erhöhte Reizbarkeit, Charakter-veränderung, Moris u. dgl. m. annehmen zu dürfen geglaubt. Hierher verlegt FLECHSIG auch sein vorderes Assoziationszentrum, das nach seiner Angabe das Zentrum ist „der Gedächtnisspuren aller bewußten körperlichen Erlebnisse sowie der Gefühle und Willensakte, also der Sitz des Ich". Wir haben schon an anderer Stelle erwähnt, daß wir „Zentren" für die Assoziation schwer annehmen können, daß aber der cytoarchitektonische Aufbau dieser Gegend des Stirnhirns eine gewisse Ähnlichkeit mit den hinteren und mittleren Teilen des Parietalhirns aufweist (in welches FLECHSIG sein anderes großes Assoziationszentrum verlegt), nämlich den Typus 3, und dies läßt doch an gewisse noch unbekannte Beziehungen und Zusammenhänge denken, deren volle Aufklärung vielleicht nicht zu fern liegt. Kurz erwähnen möchten wir hier, daß TAKASE bei zirkulären Psychosen dieses „vordere Flechsigsche Assoziationszentrum" neben dem hinteren Assoziationszentrum besonders stark verändert gefunden haben will. MARBURG glaubt auf Grund dieser Befunde und weiterer Überlegungen, in diesen Gebieten der Rinde keine Assoziationszentren, sondern Zentren für die Affektivität erkennen zu können. Auch ANGLADE macht dieselbe Überlegung und glaubt sogar „melancholische Vorgänge" in diese Gegend des Frontallappens verlegen zu können! Wenn auch die Verhältnisse nicht so einfach liegen dürften, so zeigt sich doch ein gewisser Parallelismus in allen diesen Befunden, mit wie verschiedenen Methoden sie auch gewonnen sein mögen.
VOGTs Reizversuche bei Affen im Gebiete der Area frontalis granularis haben bloß mit stärkeren und sehr starken Strömen Augen- und Einstellungsbewegungen hervorrufen können. Je weiter man frontalwärts vorschreitet, desto schwerer erregbar wird das Gebiet.
Es erübrigt noch kurz, die von FD ausgehenden Projektionsbahnen so weit als bekannt zu besprechen. Vor allem sind es zwei Systeme, die hauptsächlich in den polar gelegenen Teilen von FD ihren Ursprung finden sollen (Abb. 87), die frontopontinen Bahnen, die für die Koordination bestimmt sind, und die corticorubralen Bahnen, die vielleicht für den Tonus wichtig sind; letztere reichen etwas weiter caudal als die ersteren; doch ist nicht nur die Ausdehnung ihres Ursprungsgebietes, sondern überhaupt auch die Lokalisation desselben noch nicht mit voller Sicherheit bestimmt. Auch frontothalamische Bahnen entspringen hier, die wir vorher schon erwähnt haben.
Jedenfalls tut uns nun nach Ermittlung der verschiedenen architektonischen Formationen vor allem not, durch ein genaues Studium die Leitungsbahnen dieser Gegend, ihren Ursprung und ihre Verbindungen zu kennen, sowie ihre Beziehungen zu den einzelnen, sehr verschiedenen Varianten und regionären Modifikationen dieses Bezirkes.
Die Area frontopolaris schließt sich im Gebiete der ersten und zweiten Frontalwindung unmittelbar an die Area frontalis granularis polarwärts an (Abb. 92-95) und überzieht kappenförmig den von diesen beiden Stirnwindungen gebildeten Stirnpol, während sie auf die dritte Stirnwindung im allgemeinen nicht reicht. Sie gehört ihrer feinen Struktur nach als auch grobanatomisch zur Regio frontalis, sie ist deutlich granulär und unterscheidet sich von den sie umgebenden Formationen beinahe bloß durch ihre Schmalheit. Aber auch die Windungen, die sie überzieht, sind meist äußerst schmal und meist bloß durch seichte Furchen voneinander getrennt, bis auf den Sulcus frontomarginalis, der mitten in das Gebiet von FE hineinfällt und recht tief in die Rinde einschneidet. Wir haben schon bei Erwähnung der frontalen Grenzformation von FD erwähnt, daß eine gewisse Beziehung zwischen Windungsarchitektonik und Cytoarchitektonik in den vordersten frontalen Abschnitten zu bestehen scheint, und zwar derart, daß an jenen Hirnen, wo die kleinen schmalen polaren Windungen an der Hirnkonvexität weiter caudalwärts zu reichen scheinen, mit ihnen auch die schmalrindige frontopolare Formation etwas weiter caudalwärts an der Konvexität zu reichen scheint, während je weiter polarwärts die etwas breiteren Windungszüge der ersten und zweiten Frontalwindung ziehen, desto weiter polarwärts auch auf ihnen die Formation FD hinausreicht; doch ist dies keine Regel, die für alle Fälle Geltung hat und die inneren Beziehungen, die hier evtl. bestehen, sind noch unbekannt (s. S. 227, 357).
Area frontopolaris. 365
Die Rinde im frontopolaren Gebiete erscheint recht schmal und gehört zu den ganz schmalen Rinden des Gehirns. Die Breite schwankt zwischen 2.4 und 2.7 mm, kann aber sogar auf der Kuppe auf 2.2-2.4 mm herabgehen; sie sieht jedoch eigentlich sogar noch schmäler aus, da ein Teil ihrer Breite auf VIb entfällt, welches wieder ziemlich undeutlich gegen das Mark abgegrenzt ist zum Unterschiede von FD; am Pole selbst und unmittelbar darunter an der Orbitalfläche sind die geringsten Dickenwerte (s. Abb. 26, 27 und 28, 29), weiter caudal an der Orbitalfläche, sowie auch caudal an der Konvexität, sind die Werte wieder etwas höhere. Im allgemeinen kann man wohl sagen, daß nur die Hinterhauptsrinde noch schmäler ist, und ebenso wie hier sind auch dort nicht nur die Rinde als solche, sondern auch die ganzen Windungen kleiner und schmäler.
Außer der Schmalheit fällt makroskopisch (Abb. 116 Nr. 5) in der Mitte der Rindendicke ein dunklerer Streifen auf, der der IV. Schicht entsprechen dürfte und dem oberen Teile der V., während der tiefere Teil der V. Schicht wieder heller erscheint. Die unscharfe Grenze gegen das Mark gibt schon bei der Betrachtung mit freiem Auge ein Unterscheidungsmittel gegenüber der FD-Formation.
Bei der Betrachtung mit dem Mikroskop fällt neben der Schmalheit sofort die Zellkleinheit dieser Gegend im allgemeinen und speziell in der III. Schicht auf. Dabei ist die Rinde eine homotypische, deutlich sechsfach geschichtete und etwas radiär gestreifte; die in. Schicht erscheint sehr schmal im Vergleich zu den Breitenzahlen, die wir bisher sowohl in der prärolandischen als in der frontalen Region gehabt haben; im Frontalhirn ist nur noch am Gyrus rectus und in der Pars praetriangularis (FG und FFΦ) die Schicht so schmal. Dagegen scheint die IV. Schicht relativ breiter zu sein und ebenso die V. und VI. Schicht, so daß bei der Schmalheit der Rinde diese relative Zunahme der inneren Hauptschicht ziemlich auffällig ist. Auch die wenig scharfe Trennung einer VIa- von einer VIb-Unterschicht, der allmähliche Übergang ins Mark und eine gewissermaßen ziemlich gut ausgeprägte radiäre Streifung (Abb. 45, 46), die vom Mark bis in die IV. Schicht hereinreicht, charakterisieren bei flüchtiger Betrachtung das allgemeine Bild der FE; an der Konvexität des Poles gibt dieselbe dem Zellbild sogar ein fächerförmiges Aussehen. Die Verschmälerung der FE ist an der Konvexität des Poles am stärksten, an der Basis des Stirnhirns nimmt besonders die I. und die III. Schicht wieder zu. Im allgemeinen kann die frontopolare Formation noch als Rindentypus 2 gelten; um den Gyrus supramarginalis herum jedoch nimmt der Zellreichtum der ganzen Rinde und speziell in der IV. Schicht bedeutend zu, damit werden zugleich die Zellen im allgemeinen etwas kleiner und ihre radiäre Streifung deutlicher. Diese Bildung erinnert an den parietalen Rindentypus 3. Die Ausdehnung, in der diese Änderung stattfindet, und die Deutlichkeit ihrer Ausprägung, ist recht verschieden. In Abb. 88 haben wir einen extremsten Fall als Muster genommen. Diese Bildung hängt caudal mit der zellreichen parietalen Variante von FD der Area FDΔ zusammen.
Dieses Zahlenverhältnis ist, je nachdem man die Messungen der Rinde an der Konvexität oder an der Basis oder Medianfläche vornimmt, ein recht verschiedenes. Eine wirkliche, richtige Dickenmessung an Kuppen gibt es außerdem bloß bei etwas breiten, flachen Kuppen, wie sie eben auf breiten Windungen vorkommen. Bei so schmalen Windungen, wie wir es hier haben (s. Abb. 30 B), ist die Kuppe eigentlich durch die beiden unmittelbar aneinanderstoßenden Windungskanten gebildet, die ohne Zwischenstück im spitzen Bogen ineinander übergehen. Dadurch erscheinen eigentlich die Zahlen für die Kuppenmessungen unverhältnismäßig hoch in Beziehung zur Wandmessung. Wir finden nun für FE folgende Werte, an verschiedenen Stellen und Hirnen gemessen:
366 Das Stirnhirn.
I | II | IIII | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) |
An einer schmalen Kuppe bei einer Gesamtbreite von 2.58 mm | |||||||
0.20 | 0.13 | 0.75 | 0.20 | 0.50 | 0.80 | a0.45 | b0.35(0.50) |
An einer Kuppe mit der Gesamtbreite von 2.65 mm | |||||||
0.25 | 0.20 | 0.65 | 0.25 | 0.35 | 0.95 | a0.45 | b0.50 |
On a crest with total width 2.71 mm | |||||||
0.18 | 0.12 | 0.64 | 0.28 | 0.50 | 1.00 | a0.50 | b0.50 |
An einer Kuppe an der Hirnbasis mit einer Gesamtbreite von 2.75 mm | |||||||
0.28 | 0.12 | 0.70 | 0.34 | 0.44 | 0.90 | a0.45 | b0.45 |
On a wall with total width 2.15 mm | |||||||
0.25 | 0.25 | 0.70 | 0.25 | 0.30 | 0.40 | a0.20 | b0.20 |
An einer Wand mit einer Gesamtbreite von 2.00 mm | |||||||
0.25 | 0.20 | 0.55 | 0.20 | 0.35 | 0.45 | a0.25 | b0.20 |
Im Windungstal mit einer Gesamtbreite von 1.60 mm | |||||||
0.32 | 0.12 | 0.54 | 0.18 | 0.26 | 0.18 |
Als relative Verhältniszahlen berechnen wir:
I | II | III | IV | V | VIa | äH:iH | |
für das Culmen | 0.11 | 0.07 | 0.29 | 0.13 | 0.19 | 0.21 | 47:53 |
für die Wand | 0.13 | 0.12 | 0.33 | 0.12 | 0.18 | 0.12 | 58:42 |
Wir sehen also an diesen Zahlen eine ganz bedeutende absolute, als auch relative Abnahme der III. Schicht, besonders am Culmen (man vergleiche bei diesen Werten die Tabellen I-VI, 14. Kap., wo dieselben für alle Areae der Reihe nach zum Überblick notiert sind); die I. Schicht, die bei der Formation FD recht schmal war, nimmt hier wieder sichtlich zu, ganz besonders an der Hirnbasis, ebenso sehen wir eine erhebliche Zunahme der IV. Schicht. Die äußere Hauptschicht nimmt demzufolge, an Breite gegenüber der inneren Hauptschicht deutlich ab und ihr Verhältnis ist 47 zu 53, während in der Wand infolge Zunahme der I. und II. Schicht diese Beziehung der Hauptschichten zueinander wieder etwas verdeckt werden. BRODMANN gibt für sein Feld 10, das unserer frontopolaren Area entspricht, ungefähr 3.07 mm als Rindenbreite an, doch hat BRODMANN bei allen seinen Rindenmessungen bedeutend höhere Zahlen gefunden als wir, da er offenbar die VIb-Schicht viel tiefer ins Mark als zur Rinde gehörig mitgemessen hat. Jedoch auch in seinem Zahlenverhältnis zeigt die frontopolare Formation eine bedeutende relative Abnahme der Rindenbreite.
(Überblicksbilder über das Verhalten der Schichten geben Abb. 68-84.)
I. Die Molekularschicht ist am Pol und an der Konvexität von normaler Breite ungefähr so wie in FD, also gegen 0.18 mm, steigt jedoch gegen die orbitale Hirnfläche zu bis zu einer Dicke von 0.28 mm, was nicht nur relativ für die schmale Rinde, sondern auch absolut eine äußerst hohe Zahl für die I. Schicht bedeutet. Im Tal wird sie dementsprechend ganz besonders breit. Von den bloß 36 Kernen, die man ungefähr pro 0.1 mm3 in ihr sieht, deren Zahl also zeigt, daß diese Schicht nicht sonderlich kernreich ist, gehören höchstens 4-6 Stück zu Nervenzellen von 4-5 / 5-6 µ Größe. Besonderheiten weist die I. Schicht im Zellbilde sonst nicht auf.
II. Die äußere Körnerschicht ist hier äußerst deutlich zu sehen (Abb. 70, 71), deutlicher als in FD, obschon nicht viel breiter als dort, da sie bloß 0.12-0.20 mm mißt; in der Windungswand nimmt sie wie gewöhnlich an Breite sowohl als an Dichtigkeit zu und wird bis zu 0.25 mm breit. Die Grenze nach oben gegen die I ist eine recht scharfe, linienhafte, auch von der oberen Lage der Zellen der III. Schicht ist sie gut abgegrenzt. Die II. ist zellklein, und zwar sind ihre Zellen deutlich kleiner, als sie in FC und FD waren, wie ein Vergleich der Tafel XXXI mit Tafel XII oder XX ohne weiteres ergibt. Es handelt sich hier hauptsächlich um Zwergpyramidenzellen, einige dreieckige Zellen und wenig Körner. Die Zellen haben eine Größe von 5/5 µ bis 10/7 µ, nur selten von 10/10 µ oder sogar 15/10 µ. Wir zählen ungefähr 95 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ca. 15 etwas größeren Kalibers; der Rest sind meist Zwergpyramidenzellen, nur an der Grenze zwischen I und II kommen wirkliche Körnerzellen in etwas größerer Anzahl vor. In der Wand ist die II. Schicht etwas dichter.
Area frontopolaris. 367
III. Die Pyramidenzellschicht ist auch für FE recht charakteristisch, indem sie im Verhältnis zu den übrigen an Breite sichtlich abnimmt. Die absoluten Werte schwanken zwischen 0.6 und 0.7 mm, wobei die unteren Werte die häufigeren sind; die III. Schicht macht weniger als ein Drittel der Rindenbreite aus, sie ist also absolut und relativ recht schmal. In der Wand nimmt die III. Schicht hier wohl etwas ab, doch nur um recht wenig und relativ weniger als die Schichten der inneren Hauptschicht, wodurch ihr relativer Wert in der Wand nicht unbedeutend steigt, wie in der Tabelle §3 zu sehen ist. Die Zellen scheinen ziemlich wohlgeordnet, und zwar geordneter als in FD, von außen nach innen an Größe zunehmend, aber im großen und ganzen auch hier ohne bedeutende Differenzen der Zellgröße, zumal alle Zellen ziemlich klein sind und man dieselben Zellkaliber, die sich in der Nähe der II. Schicht befinden, in größerer Zahl auch in der Nähe der IV. wiederfindet, obschon hier daneben doch auch größere Zellen vorkommen als gegen die Oberfläche. Es macht somit die III. Schicht einen gewissermaßen einheitlicheren Eindruck als in der übrigen Regio frontalis. Eine so sichtliche Aufhellung innerhalb der IIIb, wie wir sie vielfach in FD gesehen haben, kommt hier nicht vor. Auch in FE gibt es keine eigentliche IIIc-Schicht; wohl sind, wie gesagt, die relativ größten sichtlich häufiger in den untersten Partien von III, doch erreichen auch diese kaum die Größe, welche man sonst auch bloß bei mittleren Pyramidenzellen zu sehen gewohnt ist, so daß man von einer IIIc weder der Größe nach noch der Formung einer Lage nach eigentlich sprechen kann (Abb. 74, 75). Die vereinzelten, etwas größeren Zellen, die sehr spärlich vorkommen, finden sich bloß ganz regellos hier und da verstreut, meist sogar in etwas verschiedenen Höhenlagen, und man zählt ihrer ungefähr 3 pro 1 mm Gesichtsfeld, d. i. 10 cm unserer Tafelbilder. Die trotzdem schönere und regelmäßigere Anordnung der Zellen der III in FE kommt daher, daß in ihr wieder eine radiäre Streifung recht deutlich auftritt. Es macht wohl daneben auch den Eindruck, als ob die FE in III, wenn auch nicht zelldichter, so doch etwas zellreicher wäre als die FD. In dem oberen Drittel von III sind in der Überzahl kleine flach-dreieckige Zellen von meist 10/8 µ Größe, nur wenige von 15/10 µ; ungefähr jede 6. bis 10. dieser Zellen hat einen Trabantkern. In den tieferen zwei Dritteln von III sind neben solchen Zellen ziemlich zahlreich auch etwas schlankere von 20/10 µ und auch von 25/15 µ. Größe, von denen ungefähr jede 3. bis 4. einen Trabantkern hat. Infolge des Überwiegens der kleinen Zellen in der ganzen Breite von III ist trotz der Zellzahl die Schicht nicht sehr zelldicht, macht aber einen genügend zellreichen Eindruck. Im unteren Drittel der III, aber nicht gerade an deren Grenze gegen IV, sondern meist etwas weiter oben, findet man auch vereinzelte größere, auch dunkler tingierte Zellen, die kaum die Größe von 30/20 µ je überschreiten, und man findet auf 25 µ dicken Schnitten höchstens 3-5 solcher Zellen pro 1 mm Gesichtsfeld. Diese größeren Zellen haben mindestens je einen Trabantkern. Im oberen Drittel von III, also in IIIa, zählt man gegen 40 Zellen pro 0.1 mm3 und im übrigen IIIb ungefähr 32 bis 35 Zellen pro 0.1 mm3. Ab und zu kommen auch Stellen vor, wo die größeren Zellen etwas zahlreicher sind, und wo in der tiefsten Schicht von III mehrere Zellen die Größe von 35-40 / 20-25 µ erreichen. Dies ist z.B. an der Mantelkante in der direkten Fortsetzung von FDm der Fall, auf der ersten Frontalwindung; da scheinen die großen Zellen gleichsam aus FDm eine gewisse Strecke weit auch in FE sich hinüberzuschieben, und man kann diesen kleinen großzelligen Bezirk als FEm bezeichnen (s. Abb. 92). Auch an der Orbitalen Stirnhirnbasis ist die III. Schicht von FE in ihren tiefsten Partien etwas großzelliger als am Stirnpol oder an der Konvexität. In der Umgebung des Sulcus frontomarginalis ist die III. Schicht gewöhnlich zellreicher und deutlicher radiär gestreift.
368 Das Stirnhirn.
IV. Die innere Körnerschicht zeichnet sich hier durch eine größere Breite aus, durch einen größeren Zellreichtum, so daß sie überhaupt deutlicher als ein tiefblau gefärbter Streifen zu sehen ist als in FD. Der progressive Zuwachs an Körnern dem Pol zu, ist auf Abb. 70 und 71 deutlich zu sehen. Die Breite schwankt von 0.25-0.35 mm, ist also stellenweise beinahe doppelt so breit als in FD, und ist bei der Schmalheit der Rinde der Area frontopolaris nicht nur absolut, sondern auch relativ von sehr guter Breite, die ungefähr 13% der ganzen Rindendicke ausmacht, statt des Durchschnittswertes von 9%. Vielfach zerfällt sie an der Kuppe in eine zellockere, zellärmere und zellkleinere obere Hälfte, in der wir ungefähr 50 Zellen pro 0.1 mm3 rechnen, und eine zelldichtere, und zwar sowohl zellreichere als zellgrößere untere Hälfte von ca. 80 Zellen pro 0.1 mm3; doch ist die Möglichkeit, diese Unterteilung zu treffen, individuell und lokal eine recht verschieden ausgeprägte. Am besten sieht man dies in der Umgebung des Sulcus frontomarginalis, wo die IV. auch am zellreichsten und breitesten ist. In der oberen Partie sind die Zellen meist bloß 5/5 µ oder 6/6 µ, klein, flach-dreieckig oder körnerartig, und nur ca. 8 von den 50 Zellen ungefähr sind 10/10 µ groß. Von den 80 Zellen, welche in der tieferen Partie vorkommen, sind beinahe alle pyramidenförmig, und zwar ungefähr 10 recht groß, von 10/8 µ bis 15/15 µ Größe; die übrigen sind kleinere Zellen, die ebenfalls Pyramidenform haben. Die Grenze der IV. Schicht ist nach oben sowohl als nach unten in FE viel genauer zu ziehen, als dies sonst bisher an den frontalen Formationen möglich war; die untere Grenze ist etwas weniger deutlich als die obere, und zwar dadurch, daß die tiefsten Anteile der IV. Schicht und die obersten der V. sich in ihrer Zellgröße kaum voneinander wesentlich unterscheiden, und sie ja auch beide überwiegend Pyramidenform aufweisen. Die Breite, der Zellreichtum, die Zellkleinheit und die relativ scharfen Grenzen der IV. Schicht erinnern hier an den Bau der IV. Schicht in den retrozentralen Hirnpartien, und FE ist der einzige Teil des Frontalhirns, der eine so deutlich ausgeprägte .innere Körnerschicht zeigt. Auch kommt es manchmal vor, daß die radiäre Streifung sich am Stirnpol auch durch die IV. Schicht hindurch erkennen läßt, besonders im Gebiete des Sulcus frontomarginalis.
V. Die ganglionäre Schicht ist relativ noch zellkleiner geworden als die übrigen und sie ist besonders im Verhältnis zur III. Schicht recht auffallend zellklein. Auch das ist eine Eigentümlichkeit, wie sie mehr den parietalen oder den hinteren Hirnpartien überhaupt entspricht. Immerhin läßt sich diese relative Zellkleinheit nicht auf die gleiche Stufe stellen mit der doch viel ausgeprägteren Zellkleinheit, welche man in der Gegend der Hinterhauptspitze und den sie umgebenden Partien findet, und daran, wie man die Rinde des vorderen Hirnpoles von der des hinteren immer unterscheiden kann. Auch in FE läßt sich eine zellreichere Va- von einer helleren, zellärmeren Vb-Zone unterscheiden (Abb. 81, 82) und stellenweise ist dieser Unterschied sogar viel deutlicher als in FD, doch sind in der Deutlichkeit dieser Unterschichtung individuell große Verschiedenheiten. Während in FD die Größe der Zellen der V. hart an die Grenze der Zellen der III. Schicht heranreichte, ist in FE eine auffällige Abnahme der Zellgröße in V im Verhältnis zu den ohnehin nicht sehr großen Zellen in III zu sehen (Tafel XXXI). Im oberen Teile von Va sind die Zellen ganz flach dreieckig und nur gerade ein bißchen größer als die Zellen der tieferen Lage der inneren Körnerschicht, während im tieferen Teile von Va die Zellen etwas größer schon sind. Man zählt in Va am oberen Rande gegen VI ungefähr 50 Zellen pro 0.1 mm3, von 10-15 / 8-10 µ Größe; in der Tiefe von Va ca. 40 Zellen pro 0.1 mm3, von denen ungefähr 12 die Größe von 15-25 / 10-15 µ haben und der Rest dieselbe Größe wie oben, nämlich 10-15 / 8-10 µ. In Vb sind zirka 28 Zellen pro 0.1 mm3 von meist 10/8 µ und 15/10 µ Größe und nur vereinzelte von 25/10 µ Größe. Nur die größeren Zellen haben einen Trabantkern; wo in Va mehrere Zellen zu einem Häufchen von ca. 1/2 - 1 Dutzend Exemplaren zusammenliegen, sieht man in einer solchen Gruppe auch mehrere Trabantkerne liegen. In der Wand nimmt der Unterschied zwischen Va und Vb zunächst zu, im Tal aber wieder ab. Hier sind alle Zellen von V auffallend flach gedrückt, dreieckig mit einer Basis, die um vieles die Höhe übertrifft. Die Breite der V. Schicht zeigt weit geringere Werte als etwa in FC und FD, d. h. sie nimmt mit der polarwärts zunehmenden Verschmälerung der Rinde in gleichen Maßen ab, behält jedoch im Verhältnis zu den übrigen Schichten doch auch absolut und ganz besonders relativ eine gute Breite bei. Auch in V ist die radiäre Streifung ganz deutlich zu sehen, und die Zellen sind gewissermaßen innerhalb dieser senkrechten Züge angeordnet, besonders über dem Sulcus marginalis.
Area frontopolaris. 369
VI. In der Spindelzellenschicht der frontopolaren Formation FE kann man vorerst in der Nähe von FD noch dieselben Eigentümlichkeiten wie dort finden, nämlich Zellreichtum, gute Abgrenzung gegen das Mark, zellreiches bandförmiges VIa und mittelzellreiches VIb. Je mehr aber FE weiter polarwärts sein eigenes Aussehen entwickelt, desto mehr ändert sich auch die VI. Schicht, welche schließlich die breiteste Schicht von FE wird, und dadurch das Überwiegen der inneren Hauptschicht in starkem Maße mitbedingt. Noch mehr als dies zahlenmäßig in unseren Tabellen zum Ausdrucke kommt, fällt dieses Verhältnis rein optisch auf, weil sich die Zellen von VI sehr gut färben. Auch hier läßt sich wie sonst eine zellreichere VIa- von einer zellärmeren VIb-Unterschicht trennen; doch ist die Grenze zwischen beiden nicht so deutlich wie in FD, aber immerhin noch deutlich genug, dagegen ist der Übergang von VIb ins Mark nicht mehr so scharf abgegrenzt wie in FD, besonders nicht an der Kuppe der Windungen, sondern ist hier wieder ein allmählicher, wodurch VIb an Breite gewinnt und wir für die ganze VI Schicht Zahlen haben, die sich um 1.0 mm bewegen.
Auch in der VI. Schicht von FE ist die allgemeine Zellverkleinerung zu bemerken, jedoch erst, wie gesagt, in der Gegend des Frontalpoles: In VIa zählt man 36-40 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-20-(25) / 10 µ. Größe, deutlich mit Kern und Kernkörperchen versehen, aber erst jede vierte oder fünfte davon hat einen Trabantkern. Die Zellen sind mit ihrer Längsachse gegen die Oberfläche gerichtet und sind ziemlich breit spindelförmig. In VIb zählt man ca. 20 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe 10/5 µ bis 15/7 µ. Auch diese Zellen sind spindelförmig und führen nur selten Trabantkerne, und zwar ungefähr jede zehnte von ihnen, Die VI. ist sehr deutlich radiär gestreift, besonders in ihren unteren Partien. Die Zelldichtigkeit nimmt gegen das Mark infolge der sehr raschen Abnahme der Zellgröße auch sehr rasch ab. In der Wand nimmt die VI. Schicht ganz bedeutend und sehr rapid an Breite ab, und zwar ist es vor allem die VIb-Schicht, die sich so sehr reduziert, daß sie schon in der mittleren Wandhöhe nur einen allerdünnsten Streifen mehr bildet, und im Windungstal kaum zu sehen ist; aber auch VIa nimmt recht bedeutend an Größe ab und schon in der Nähe des Windungstales stellen sich ihre Zellen mit ihrer Längsachse horizontal, d. h. parallel zur Oberfläche.
Die frontopolare Formation in der Area FE ist also die unmittelbare Fortsetzung der Formatio frontalis granularis auf den Stirnpol und die vordere Orbitalfläche des Stirnhirns; sie sieht der FD sehr ähnlich, und der Übergang der einen in die andere erfolgt recht allmählich, so daß eine Grenze nicht angegeben werden kann. Die Bildung FE gehört aber jedenfalls zu den schmalen Rinden, ihre Dicke schwankt zwischen 2.4 und 2.7 mm, doch auch Werte unter 2.4 mm findet man recht häufig, und die hohen Werte, die man evtl. um 2.7 herumfindet, sind mehr durch die unscharfe Abgrenzung gegen das Mark bedingt als durch die Breite des zellreicheren Teiles der Hirnrinde. Typisch ist neben der Schmalheit auch die radiäre Streifung, die bis nach IIIb zu verfolgen ist und in den tieferen Rindenschichten sogar sehr deutlich ist. Unmittelbar auffallend ist das Überwiegen der inneren Hauptschicht. Die Schmalheit der Rinde und die Kleinheit der Windungen ist nicht nur dem Frontalpol, sondern auch dem Occipitalpol eigen, und an manchen Stellen mag die Unterscheidung der Rinde von FE und der von OA oder OB gewisse Schwierigkeiten bieten. Die Hauptunterschiede, an denen man sich immer wieder am Zellbilde richtig orientieren kann ist die bessere Entwicklung an Größe und Form der Gesamtheit der Zellen der V. Schicht und wohl auch der VI. Schicht; im Occipitalpol sind die Zellen der V. Schicht in ihrer Gesamtheit auffallend klein und nur hier und da sieht man sporadisch eine sehr große Zelle deutlich. - Ferner ist die IV im Occipitallappen wieder besser entwickelt und durch große wirkliche Körner charakterisiert, während in IV von FE doch die triangulären Zellen prävalieren. Zusammenfassend läßt sich über die einzelnen Schichten folgendes sagen:
370 Das Stirnhirn.
I. 0.18-0.28 mm; an der Konvexität schmal, an der Orbitalfläche breit; 4-6 kleine Nervenzellen pro 0.1 mm3 von 4-5 / 6-10 µ Größe.
II. 0.12-0.20 mm; deutlicher als sonst im Frontallappen; ca. 90 Zellen pro 0.1 mm3 von 5/5 µ bis 10/7 µ Größe; nach oben und unten recht gut abgegrenzte Zellage.
III. 0.60-0.70 mm; recht schmal, zellklein; IIIc fehlt, auch IIIa von IIIb nicht deutlich zu unterscheiden; Zellen 10/8 µ bis 25/15 µ groß, 30-40 pro 0.1 mm3, untere Grenze scharf.
IV. 0.25-0.35 mm; sehr breit für das Frontalhirn, nach oben und unten scharf abgegrenzt; 90 Zellen pro 0.1 mm3; Mehrzahl davon klein, 5/5 µ bis 6/8 µ, meist dreieckige Zellen.
V. 0.35-0.50 mm; relativ gute Breite, zellklein; Va zelldicht, 40-50 Zellen pro 0.1 mm3 von 10/8 µ bis 15/10 µ Größe, Vb zellarm, 28 Zellen pro 0.1 mm3 von gleicher Größe.
VI. 0.90-1.0 mm; relativ sehr breit, VIa zelldicht, 36 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-20 / 10 µ Größe; Vb 20 Zellen pro 0.1 mm3, von 10-15 / 7 µ Größe; Begrenzung gegen das Mark recht unscharf.
Derart geformt, überzieht die FE den frontalen Pol, d. h. das vorderste Viertel der ersten und zweiten Frontalwindung an der äußeren Hirnoberfläche und die kleinen Windungen um die Incisura supraorbitalis, dann die kleinen Windungen um den vorderen polaren Ast des Sulcus frontomarginalis WERNICKEs; vom Pol selbst aus auf die orbitale Fläche übergreifend, reicht sie bis zum vorderen polaren Ende des Sulcus olfactorius, von da lateralwärts und nach hinten bis zum Querbalken des Sulcus orbitalis (Abb. 92 und 93, 95); dieser Sulcus ist natürlich keine unübersteigbare Barriere, sondern wird bloß als ungefähre Grenze, und zwar sein Querbalken zwischen FE, das sich vor demselben befindet, und der Formation FF, welche sich hinter demselben befindet, während der laterale Seitenast des H-förmigen Sulcus orbitalis als Grenze gegen die von der Konvexität her gewöhnlich auch lateral bis auf die basale Hirnfläche herüberziehende Formation FD gilt (Abb. 95). Bald reicht jedoch die FE-Formation etwas weiter nach rückwärts als hier angegeben, und bald reicht die FF auch über den Querbalken des H des Sulcus orbitalis hinüber, weiter nach vorn. An der medianen Hirnwand reicht die FE ungefähr von der Incisura supraorbitalis (s. sor. Abb. 21, 22) bis knapp vor den Sulcus rostralis inferior (ri), wo sie an die Formation FG grenzt. Gegen den Balken zu reicht die FE-Formation bis zum Sulcus callosomarginalis heran oder bloß bis zum Sulcus rostralis superior. An der Konvexität selbst ist die laterale Ausdehnung von FE eine individuell sehr verschiedene; die Kappe, welche diese Formation auf dem Stirnpol bildet, ist meist klein und reicht nicht weit zurück; auf die dritte Frontalwindung reicht sie gar nicht. Die FD-Formation zieht lateral und ventral von FE auf den orbitalen Teil von F2 zungenförmig über die untere Kante der lateralen Hirnkonvexität auf die orbitale Stirnhirnfläche hinüber (Abb. 92), zwischen den Areae FE und FF durch bis an den lateralen Balken des Sulcus orbitalis auf der Orbitalfläche, gleichsam der FE auf diese Art den Weg zur dritten Frontalwindung absperrend. Es kann jedoch manchmal auch die FE-Formation sich lateralwärts weiter ausdehnen, wenn eben diese zungenförmige basale Fortsetzung der FD-Formation auf die Orbitalfläche nicht zustande kommt und somit dann die FE-Formation direkt bis an die Pars triangularis und praetriangularis der dritten Frontalwindung heranreicht und dann auch hier auf der F3 unmittelbar an FF grenzt. Bei der großen Ähnlichkeit, die alle diese Formationen miteinander allerdings haben, kommt es bei einer derartigen Abgrenzung hauptsächlich darauf an, welche Kriterien man für die ausschlaggebenden hält, um aus ihnen die eine oder die andere Formation zu "diagnostizieren". Wenn man für die FE-Formation die Schmalheit der Rinde, die Kleinzelligkeit derselben und speziell die relativ schlechte Entwicklung der III. Schicht als die charakteristischen Zeichen auffasst, so macht es den Eindruck, als ob diese weite Ausdehnung der FE-Formation weiter lateralwärts bis in die trianguläre und prätrianguläre Gegend besonders an jenen Hirnen sich ausdehnte, welche an dieser lateralen Kante von der Konvexität zur Orbitalfläche besonders kleine und schmale Windungen aufweisen, während jene Hirne, welche an dieser Stelle breitere Windungen tragen, eher die zungenförmige Orbitale Fortsetzung der Formation FD sehen lassen. Im ersteren Falle - bei kleinen Windungen - ist also die frontopolare Formation FE sehr ausgedehnt und umfasst nicht nur die Kappe des Pols, sondern den ganzen Pol und somit auch die Pars praetriangularis der dritten Frontalwindung (unmittelbar vor dem Cap). Diese Pars praetriangularis ist von einer eigenen Formation eingenommen, die der FE sehr ähnlich ist und in diesem Falle als Variante von FE gelten könnte. Nun ist sie aber, wie wir sehen, oft mit FE in keiner kontinuierlichen Verbindung mehr und bleibt dabei mit der FDΓ der Pars triangularis und mit der FF dauernd örtlich in Verbindung; da ihre innere Hauptschicht besonders mit der inneren Hauptschicht von FF Ähnlichkeiten aufweist, wollen wir sie als Variante der FF, als FFΦ anführen und erst später besprechen, und begnügen uns hier, auf den möglichen Zusammenhang mit FE hingewiesen zu haben.
Area frontopolaris. 371
Auch die FE hat, abgesehen von FFΦ, nicht überall die gleiche Struktur. Daß in der Fortsetzung von FDm auf der ersten Frontalwindung in der Gegend um die Incisura supraorbitalis die FE in IIIc größere Pyramidenzellen in reicherer Anzahl aufweist als im übrigen Gebiete des Stirnpoles, haben wir schon erwähnt, und diesen Teil könnte man als FEm bezeichnen. Ferner ändert die FE-Formation regionär auch an der Orbitalfläche ihr Aussehen in sichtbarer Art, da hier die I. Schicht sowohl als auch die VI. nicht unbedeutend an Breite zunehmen, besonders erfolgt dies an den Partien, welche an die nächste Formation FF angrenzen, so daß wir diese Teile als FEF bezeichnen (Abb. 92, 95). An der Medianfläche des Gehirns findet sich ferner regelmäßig eine Variante von FE, welche die Nähe der limbischen Formation erkennen läßt, und welche ebenso wie die auf S. 325 und 351 erwähnten betreffenden Varianten der FC und FD (und zwar FCL und FDL) sich durch das Auftreten einer breiteren, zellreicheren und zelldichteren, gürtelartigen V. Schicht auszeichnet (Tafel XLIV, rechte Bildhälfte). In FE werden in diesem Gebiete von FEL (Area frontopolaris limbica) die großen dreieckigen Zellen in V derart reichlich, daß man nicht mehr ein Vb von einem Va unterscheiden kann, sondern, daß diese dreieckigen, ziemlich dicht und regelmäßig aneinanderliegenden Zellen den ganzen Raum der V. Schicht einnehmen, wobei auch eine Verbreiterung und Verdichtung der IV. Schicht und eine Verschmälerung der III. erfolgt. Die Maße für diese Variante wären bei einer Gesamtdicke von 2.5 mm folgende:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.20 | 0.16 | 0.66 | 0.26 | 0.40 | 0.85 | mm | a0.45 | b0.40 |
Außerdem wollen wir zwar nicht als Variante, aber doch als nicht zu übersehende regionäre Modifikation hier nochmals anführen, daß die Formation FE im Gebiet des Sulcus frontomarginalis noch mehr als sonst vom Pyramidentypus 2 zum Parietaltypus 3 Anklänge aufweist, die sich in einer Zunahme an Zellen überhaupt, Zunahme der IV. Schicht, Zunahme der radiären Streifung, Abnahme der V, ausdrückt. Die Ausdehnung dieses Typus ist sehr verschieden, doch scheint er einerseits an der Konvexität caudal mit der Area FDΔ, die ebenfalls Rindentypus 3 aufweist, zusammenzuhängen, andrerseits an der Basalfläche sich in die Area des Gyrus rectus FG fortzusetzen (Abb. 88).
372 Das Stirnhirn.
Vergleichen wir unsere Befunde mit denen der früheren Forscher, so sehen wir, daß BETZ vollkommen recht gehabt hat mit seinem Ausspruche, daß die Rinde des Frontalhirns bis zum Pol fortschreitend schmäler werde (Fig. 26 und 27), die Pyramidenzellen kleiner (Abb. 74 und 75) und die IV. Schicht deutlicher wird (Abb. 70 und 71). Alles dies gilt vollkommen.
Auch HAMMARBERG sagt betreffs der vordersten granulären Partie von F1, daß dem Pole zu die Pyramidenzellen kleiner und spärlicher und die III. Schicht schmäler werde und auch bei der Besprechung der zweiten Frontalwindung meint er, daß am Hirnpole die II. und IV. Schicht deutlicher und breiter werde, die III. Schicht an Zellgehalt, Zellgroße und an Schichtenbreite abnehme.
CAMPBELL (Abb. 1 und 2) bezeichnet ebenfalls den Stirnpol als eine eigene Area, die er Area praefrontalis nennt. An der Konvexität und Orbitalfläche gibt er ihr dieselbe Ausdehnung wie wir und erwähnt auch dieselben Charakteristica der Zellkleinheit und Zellarmut der III. Schicht und deren Schmalheit, ferner auch die Zellkleinheit der V. Schicht und die deutlichere Ausbreitung der IV. Er gibt auch eine sehr gute Abbildung dieser Rinde. An der Medianfläche jedoch zählt er ein etwas größeres Gebiet als wir zu dieser Area, welches wir, wie wir später sehen werden, als eigene Area FH bezeichnet haben.
Ebenso oder noch genauer stimmt unsere Area FE mit dem Felde 10 von BRODMANN, die er auch Area frontopolaris nennt (Abb. 6 und 7). Leider ist BRODMANN nicht mehr dazugekommen, eine Beschreibung der Architektonik beim Menschen zu geben. Beim Affen nennt sie BRODMANN Area orbitalis externa und erwähnt, daß sie sichtlich schmäler ist als das Feld 9, welches unserem FD entspricht. Bei Halbaffen soll die IV. Schicht sehr schmal (!) sein und stellenweise ganz fehlen. Diese Angabe läßt mich zweifeln, ob man überhaupt die frontopolare Gegend bei Affen und bei Menschen homologisieren darf.
Markbild. Was nun die Markfaserung anbelangt, so beschreibt MAUS bei den Halbaffen, daß beide Baillargers, wenn auch nicht sehr deutlich, immerhin noch zu sehen sind. Der äußere im Gebiete der IV., der innere in Vb. Die Rinde sei mittelfaserreich, die Radiärfasern ziehen bis in die I. Schicht, unter der II. Schicht ist kein Kaesscher Streifen mehr zu sehen.
ELLIOT SMITH (Abb. 3 und 4) lokalisiert ähnlich wie wir, CAMPBELL und BRODMANN eine Regio praefrontalis am Menschenhirn, für die er das Undeutlichwerden beider Baillargers und ihre Verschmelzung zu einem einzigen Streifen als typisch hinstellt. Die Schmalheit der Rinde erwähnt er auch.
Auch KAES gibt das Verschwinden der Baillargers am Pol des Stirnhirns als Norm an.
Nach VOGTs Schema (Abb. 9 und 10) der Felderung der Hirnrinde nach myeloarchitektonischen Kriterien müssten unserer polaren Bildung seine Felder 50, 51 entsprechen. Diese Gegend ist nach VOGT aber bistriär oder beinahe bistriär und enthält dünne Markfasern und ist arm an Grundfasern.
Nach FLECHSIGs Markreifungsschema gehört der Frontalpol samt den ihn unmittelbar benachbarten Partien, welche wir noch zu den vorderen Teilen von FD gerechnet haben und samt FDΔ und den zwischen ihm und dem Lobus limbicus liegenden Teilen zu dem Terminalgebiete, d. h. zu den am spätesten markreifen Partien der Hirnrinde, zu seinem großen frontalen Assoziationsfeld 35. Die Eigentümlichkeit, daß auch cytoarchitektonisch eine gewisse Ähnlichkeit zum Flechsigschen parietalen Assoziationsfeld vorhanden ist, haben wir schon hervorgehoben (S. 363).
Die Bedeutung des Frontalpols ist noch nicht ganz aufgeklärt; wir verweisen hier speziell auf das bezüglich der physiologischen Bedeutung der FD-Formation auf S. 361 Gesagte, wo die Funktionen des Stirnhirns zusammenhängend durchbesprochen wurden. Danach scheint es wohl möglich, daß der orbitobasale Teil von FE ein corticales Gleichgewichtszentrum enthalte (s. Abb. 98 und 99), während der dorsalere Teil an der Konvexität gewisse Elemente emotionaler, psychischer Funktionen bergen könnte. Bei elektrischer Reizung dieser polarsten Partien scheint keine motorische Reaktion zu erfolgen, und welche Verbindungsbahnen vom Pol nach abwärts ziehen, ist heute noch nicht ganz sichergestellt; daß sowohl die frontopontinen als die frontorubralen Bahnen in dieser Area oder einem Teil von ihr entspringen, scheint nach MONAKOWs Feststellungen wahrscheinlich (Abb. 87).
Area orbitalis. 373
Zwischen den zur Regio orbitalis gehörenden Rindenpartien und jenen der Regio frontalis bestehen keine solchen jähen Strukturdifferenzen im allgemeinen wie zwischen der Regio praecentralis und der Regio frontalis, wenn wir von den frontalen Teilen des sog. „Riechhirns" für den Augenblick absehen, die wir aber bei unserer Besprechung aus rein topographisch anatomischen Gründen ebenfalls bei der Regio orbitalis recht eingehend besprechen wollen, da sie mit ihr in unmittelbarem anatomischen Zusammenhange stehen und auf den Hirnschnitten durch diese Gegend anzutreffen sind (s. das im 5. Kap., S. 213 Gesagte). Sonst aber weist die Regio orbitalis größtenteils denselben homotypischen Rindentypus wie die Regio frontalis auf und die Lostrennung derselben von der Regio frontalis erfolgt hauptsächlich bei dieser Besprechung, um die einzelnen Rindenareale praktischer und übersichtlicher zu gruppieren. Andererseits sind doch wieder auch die an der Orbitalfläche liegenden homotypischen Rindenformationen in einem gewissen Sinne eigenartig, und zwar in der topisch raschen Änderung ihrer Struktur; sie zeigen meist nicht eine mehr oder weniger gleichmäßige Bauart in ihrer ganzen Ausdehnung, sondern sie haben auch in ihren relativ geringen Ausbreitungsgebieten etwas Fließendes in ihrer Architektonik, so daß sie von einem Millimeter zum anderen sich stets etwas ändern. Man nähert sich in ihr caudalwärts immer mehr und mehr dem Rindensaum gegen die Substantia perforata, und da ist es eben, als ob die Rinde bis zu ihrem Verschwinden sich schrittweise in dieser Richtung ändern würde.
Die Regio orbitalis (Abb. 96, 97 dunkelgrün) umfaßt an der Orbitalfläche den Orbitalteil der dritten Stirnwindung (s. Abb. 21-24), den Gyrus transversus insulae (g. tr. is.) und den Gyrus rectus, (g. r.) ferner an der Medianfläche den Gyrus rostralis und das parolfactorische Feld BROCAs (AB), sowie die ganzen hinter diesen Gebieten an der Basal- und Medianfläche liegenden Grenzpartien, nämlich die Rindengrenze des Frontalhirns und den Rindensaum samt den daran anstoßenden nicht eigentlich „corticalen" Teilen des sog. Riechhirns (Subst. perforata ant. usw.). Zu der Regio orbitalis gehören (Abb. 92-95) die Area orbitalis FF, die Area gyri recti FG, die Area praefrontalis FH, die Area frontoinsularis FI, die Area pyriformis anterior FK, die Area par-olfactoria FL, die Area geniculata FM und die Area praecomissuralis FN. Nur die ersten drei Gebiete (FF, FH, FG) sind homotypisch gebaut, die übrigen sind zum Teile heterotypisch gebaut und zum Teil sogar allogenetischen Ursprungs (Abb. 56-58). Als Regel für die homotypischen Teile der Regio orbitalis kann man anführen, daß je weiter man sie caudalwärts mikroskopisch verfolgt, die Elemente der III. Schicht sowohl an Färbbarkeit, als auch an Größe abnehmen, die der V. und VI. Schicht dagegen zunehmen. Die V. Schicht zeigt in ihrem oberen Anteil Va in der ganzen Regio orbitalis schon die Nähe des Lob. limbicus durch eine besonders gute Entwicklung ihrer Zellen nach Zahl, Form und Größe an.
Wenn man an der Konvexität aus dem Gebiete von FD nach vorn über die ventrale Kante der polaren Teile des Frontalhirns gegen den Orbitalteil desselben vorgeht (Abb. 92 und 95), kommt man in das Gebiet dieser Formation FF, welche den ganzen Orbitalteil der dritten Stirnwindung überzieht samt dem Operculum Orbitale derselben. Es grenzt also die Area FF caudal-lateralwärts an der Konvexität an FD; frontalwärts an der Orbitalfläche an FE; medianwärts reicht sie an die Area FG, das ist nicht ganz bis an den Gyrus rectus (Sulcus olfactorius) heran; nach rückwärts reicht sie nicht bis an die Substantia perforata, sondern es schiebt sich aus der Sylvischen Grube aufsteigend der Gyrus transversus insulae mit einer heterotypischen Formation dazwischen, an die also die FF anstößt. Es überzieht somit die FF doch von dem Querbalken des Sulcus orbitalis angefangen nach rückwärts den Hauptteil der Orbitalfläche des Stirnhirns. Ein Teil dieses von ihr eingenommenen Gebietes ist, wenn man die Hirnbasis von unten betrachtet, vom Pole des Temporallappens überdeckt (Abb. 95, linke Hälfte). Obgleich nicht genau in ihrer Ausdehnung mit BRODMANN Area orbitalis übereinstimmend, bezeichnen wir sie mit demselben Namen, da sie seinem Felde 47 doch größtenteils entspricht. Sie ist in dieser Ausdehnung jedoch nicht ganz einheitlich gebaut, und es fällt etwas schwer, bei ihrer Beschreibung wirklich genaue Angaben über ihre Zusammensetzung zu machen. Wir werden uns darauf beschränken müssen, ein gewisses Durchschnittsbild von ihr zu geben, und auf die Abweichungen aufmerksam zu machen. Außerdem ist nach vorn zu gegen FE ihre Abgrenzung eine recht ungenaue und der Übergang zu FE ein fließender; derselbe befindet sich gewöhnlich in der Gegend des Querbalkens des Sulcus orbitalis. Auch gegen jenen Teil von FD der zungenförmig von der Konvexität herüber bis an den äußeren Längsbalken des Sulcus orbitalis heranreicht, ist der Übergang ein derart allmählicher, daß man keine genaue Grenze ziehen kann. Als allgemein charakteristisch für das Gebiet von FF läßt sich zur Unterscheidung von seiner Umgebung, wie wir noch näher sehen werden, sagen, daß es sich von ihnen durch eine relativ breite Rinde auszeichnet, daß die Zellen der III. Schicht wieder eine deutlichere Pyramidenform bekommen als in der Regio frontalis, und daß die Zellen der VI. Schicht wieder schlanker werden und die ganze Schicht an Bedeutung gewinnt; während die IV. Schicht an Bedeutung allmählich verliert und je weiter nun caudal geht, immer mehr und mehr verschwindet, so daß bei manchen Hirnen schon der hinterste Teil dieser Formation FF selbst schon beinah agranulär erscheinen kann.
374 Das Stirnhirn.
FF fällt, schon mit freiem Auge besehen, gegenüber FE durch seine Breite auf und auch gegenüber der an sie angrenzenden Teile von FD ist ihre Zunahme recht auffallend (Abb. 26 bis 29). Die Breite schwankt zwischen 2.7 mm und 3.0 mm, kann sogar bis zu 3.2 mm gehen; in der Wand jedoch nimmt sie wieder bedeutend ab. Die Windungen, welche sie überzieht, sind zwar ziemlich breit, aber recht niedrig und die Furchen zwischen denselben meist recht leicht (Abb. 30 E). Die Breite der Rinde nimmt caudalwärts sogar etwas zu. Am Zellpräparate ist ohne Vergrößerung zum Unterschied der frontopolaren und frontalen Areae eine Schichtung nicht zu bemerken. Die Grenze gegen das Mark ist ziemlich unscharf.
Schon bei flüchtiger mikroskopischer Betrachtung fällt gegenüber der FD-Formation auf, daß diese mittelbreite Rinde etwas breiter, etwas zellärmer und etwas weniger gut geschichtet und gegen das Mark etwas weniger scharf abgegrenzt ist als FD. Die weniger deutliche Schichtung beruht hauptsächlich auf einem infolge Zellarmut undeutlicher und Schmälerwerden der II. und IV. Schicht; und je weiter wir an der Stirnhirnbasis caudalwärts gehen, desto mehr verliert sich die innere Körnerschicht. Gegenüber FE gelten dieselben Untersheidungsmerkmale, besonders die Breitenzunahme, in noch erhöhtem Maße. In der Nähe von FE ist die IV. Schicht allerdings noch sehr zellreich, und man könnte diesen vorderen Teil als FFg (Area orbitalis granularis, Tafel XXXII) von den weiter rückwärts gelegenen, immer körnerärmer werdenden Teilen FFa Area orbitalis agranularis oder propeagranularis (Tafel XXXIII) unterscheiden; siehe auch Abb. 70, 71 und 76. Jedoch ist der Körnerverlust ein individuell recht verschiedener und bei vielen Hirnen behält die FF doch in ihrer ganzen Ausdehnung die Körner. Die Deutlichkeit der II. Schicht hält mit der IV. gleichen Schritt. Gegenüber FE und FD fällt auch sofort besonders die Zunahme der III. Schicht an Breite auf; zwar ist sie auch nicht zellreich, sogar vielleicht zellärmer, die Zellen jedoch sind schlanker und größer, besonders als die der an sie grenzenden polaren Partien der Frontalrinde. Auch die Zellen der V. und VI. Schicht sind viel schlanker, mehr in die Länge gezogen und radiär geordnet (Abb. 45 und 46). Außerdem fällt ganz besonders noch die Breitenzunahme von V und VI auf, neben der Abnahme der Zelldichtigkeit in VI und Zunahme der Zelldichtigkeit in V. Die innere Hauptschicht gewinnt also sichtlich. Diese Zunahme ist auch besonders auf die Breite von VIb zurückzuführen. Auch die radiäre Streifung findet sich hier wieder in der ganzen Rindenbreite recht gut angedeutet.
Area orbitalis. 375
Im Verhältnis zu den früheren recht genauen und übersichtlichen Zahlenverhältnissen sind die Werte, die wir für FF angeben können, wie schon gesagt, nicht so genau, da die Unterschiede je nach den gemessenen Stellen viel größere sind als in den übrigen Rindenpartien (Abb. 26 und 27). Wir finden folgende Zahlen:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
An einer Windungskuppe an der Konvexität bei einer Gesamtdicke von 2.6 mm | ||||||||
0.20 | 0.14 | 0.70 | 0.12 | 0.50 | 0.96 | mm | a0.50 | b0.46 |
An einer Windungskuppe an der Basis in der Nähe des S. orb., also FFg, bei einer Gesamtdicke von 3.1 mm | ||||||||
0.20 | 0.16 | 0.74 | 0.20 | 0.58 | 1.22 | mm | a0.52 | b0.70 |
An einer Windungskuppe an der Basis caudalwärts, also FFa, bei einer Gesamtdicke von 3.1 mm | ||||||||
0.30 | (0.06) | 0.80 | (0.05?) | 0.60 | 1.40 | mm | a0.80 | b0.60 |
Ebenso wie oben FFa, bei einer Gesamtdicke von 3.2 mm | ||||||||
0.30 | 0.10 | 1.00 | (0.06?) | 0.64 | 1.10 | mm | a0.60 | b0.50 |
An einer Windungswand von FFa weiter caudal, Gesamtdicke 2.6 mm | ||||||||
0.30 | 0.10 | 1.00 | (0.04?) | 0.60 | 0.65 | mm | a0.40 | b0.25 |
Als relative Zahlen der Schichtenbreiten auf 1.0 mm Gesamtdicke reduziert (Proportionalgleichung S. 113):
I | II | III | IV | V | VIa | äH:iH | |
am Culmen FFg | 0.09 | 0.00 | 0.31 | 0.07 | 0.24 | 0.23 | 46:54 |
am Culmen FFa | 0.11 | 0.04 | 0.35(0.37) | (0.02?) | 0.25 | 0.23 | 50:50 |
an der Wand | 0.12 | 0.04 | 0.41! | (0.01) | 0.25 | 0.17 | 58:42 |
Also zahlenmäßig ist im allgemeinen und besonders caudalwärts im Vergleich zu FE eine Zunahme von III (Abb. 72 und 73), V (Abb. 77, 78) und VI (Abb. 83, 84) und eine Abnahme von II und IV (Abb. 70, 71) auffällig, wo immer man die Dicke der FF mißt. Die agranulären Partien erinnern durch die bedeutende Breite der III. Schicht unmittelbar an die Werte von FC, die granulären vorderen Teile derselben an FDC. Nur ist das gesamte Zellbild doch nicht dasselbe, da die Teile der Regio frontalis und praefrontalis nicht nur zellgrößer, sondern auch zellreicher sind als FF. Neben der absoluten Breite von III und V ist aber auch eine relative Breitenzunahme dieser beiden Schichten, wenigstens in der agranulären Partie, sehr auffällig; während in der granulären bloß V breiter als der Durchschnitt ist, die III. Schicht aber zwar breiter als in den frontopolaren Formationen, aber noch immer im allgemeinen unter dem Durchschnitt bleibt. Infolge des sehr allmählichen Überganges von VIb ins Mark, welcher eine nicht unbedeutende Breitenzunahme von VIb bedingt, hat man den Eindruck, daß die innere Hauptschicht bedeutend breiter ist als die äußere. Sieht man jedoch von VIb ab, so kommt bei unseren relativen Zahlen das Überwiegen der inneren Hauptschicht nicht mehr zur Geltung.
(Zur allgemeinen Übersicht dienen Abb. 68-84.)
I. Die Molekularschicht ist an den vorderen granulären Partien von FF absolut und relativ von normaler Breite, ca. 0.20 mm, an den agranulären hinteren Partien jedoch verbreitert sich dieselbe nicht unbedeutend und ist auch an der Windungswand immer ziemlich breit. Sie enthält ca. 30-40 Kerne pro 0.1 mm3, von denen ungefähr 12 (also recht viele) Nervenzellen entsprechen von 7-9 / 3-4 µ Größe. Es sind meist kleine Zwergpyramidenzellen oder spindelförmige, mit ihrer Längsachse senkrecht zur Oberfläche gerichtete kleinste Zellen; Cajalsche Horizontalzellen sind hier scheinbar nicht zu sehen.
376 Das Stirnhirn.
II. Die äußere Körnerschicht ist äußerst schmal, schon in FFg ist sie schmäler und zellärmer (Tafel XXXII), und in FFa fehlt sie an der Kuppe zum Teil ganz oder weist wenigstens Lücken in ihrer Kontinuität auf (Tafel XXXIII) auf. Ihre Dicke schwankt zwischen 0.10 und 0.16 mm. Die Zellzahl beträgt kaum 70 pro 0.1 mm3; die Zellen sind meist Zwergpyramiden von 7-10-15 / 3-8 µ. In der Wand ist die II. Schicht wieder etwas deutlicher zu sehen als an der Kuppe (vgl. Tafel XXXII links unten).
III. Die Pyramidenzellschicht nimmt in der FF, nachdem sie schon in FD und in FE ihre bedeutende Breite aus der prärolandischen Region eingebüßt hatte, und recht schmal bis zu 0.60 mm geworden war, an Breite nun auf einmal wieder zu, zwar nicht sprungweise, aber immerhin recht rasch, so daß wir schon in FFg 0.80 mm und in FA sogar 1.0 mm messen, also Werte, wie wir sie sonst in der Regio praerolandica gefunden haben. Auch die relativen Zahlen zeigen, besonders in den caudaleren Partien, sogar höhere als Durchschnittswerte, besonders in den caudaleren Abschnitten der Oberfläche. Dies sei besonders zum Unterschiede von FE hervorgehoben. In unmittelbarer Nähe der FE natürlich sind die Werte anfangs noch unter dem Durchschnitte. Bei der Schicht der Furchen ist die Veränderung in der Wandbildung keine bedeutende, besonders nimmt die III. Schicht wenig oder gar nicht an Dicke ab, so daß ihre relativen Zahlen sogar recht hoch werden, bis zu 41% der Rindenbreite dieser Stelle.
Die Zellen sind zwar etwas größer als in FE (vgl. hierzu Tafel XXXI, FC, und Tafel XXXII) obschon sie im allgemeinen noch als klein bezeichnet werden müssen; während sie ferner in FE alle von nicht sehr verschiedener Größe waren und auch nicht der Größe nach regelmäßig geordnet, nehmen sie hier der Tiefe nach recht schön und regelmäßig proportional an Größe zu, so daß in IIIa kleinere und in den Partien über der IV. Schicht die relativ größten Zellen sind; aber trotzdem gibt es eine IIIc-Schicht auch hier nicht, denn die größten Zellen in der tiefsten Lage von IIIb sind nicht um vieles größer als die übrigen in IIIb und sie bilden keine eigene auffallende Zellage. Die ganze III Schicht ist weder so zellreich und so zelldicht wie in FC, noch auch wie in zellärmeren FD, sondern ungefähr wie in FE, doch wird caudalwärts in FF die III. Schicht im allgemeinen zunehmend zellärmer, was man beim Vergleich von Tafel XXXII mit Tafel XXXIII, welche letztere einen caudalwärts gelegenen Schnitt zeigt, ohne weiteres sieht. In IIIa zählt man ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3; sie sind pyramidenförmig von 15-20-25 / 7-10 µ; jede 10. ungefähr hat eine Trabantzelle; die kleinen Pyramidenzellen sind spitz mit ziemlich ausgezogenem cephalen Fortsatz. Im oberen Teile von IIIb zählt man 16-20 Zellen pro 0.1 mm3, die meist 20-25 / 10 µ Größe haben, ebenfalls spitz pyramidenförmig sind und von denen jede 6. eine Trabantzelle besitzt. Im unteren Teile von IIIb zählt man 20-26 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind die meisten 20-25 / 10 µ groß und ungefähr ein Viertel von ihnen ist 25-30 / 10-15 µ groß mit langem Spitzenschaft, den man auch 50 µ und auch noch weiter verfolgen kann. Auch von diesen größeren Zellen hat ungefähr bloß jede 2. einen Trabantkern. Man hat also zum Unterschiede von FD und FE hier wieder zwar nicht sehr große und nicht voluminöse Pyramidenzellen, aber von mittelschlanker und sogar übermittelschlanker Form mit ziemlich weit verfolgbarem Schafte, welche dem Bilde dieser Schicht wieder eine deutliche Ähnlichkeit der III. Schicht der prärolandischen Region geben, wenn auch ihre Zellelemente kleiner sind, so daß trotz der Zellzahl sie doch deutlich weniger zelldicht im allgemeinen in FF ist, als z. B. in FC. Am besten sieht man dies auf Tafel XXXIII. Zum Unterschiede davon sind hinwiederum die Zellen in FE und FD eigentümlich flach dreieckig, was der ganzen III. Schicht dort ein anderes Aussehen gibt, ganz abgesehen von der Zellgröße, die ebenfalls eine geringere ist als in FF. Der mittlere Teil der III. Schicht in FF ist zellärmer und etwas lichter. Alle diese charakteristischen Zeichen der III sind in der Nahe von FE weniger deutlich als weiter caudalwärts. Waren schon in FE die Zellelemente jedoch besser geordnet als in FD, so ist dies in FF noch mehr der Fall, da hier die Zellen sogar auch in ziemlich regelmäßigen Abständen voneinander gestellt sind, und einerseits durch den schlank ausgezogenen Typus der einzelnen Zellen, andererseits durch die radiäre Streifung, welche angedeutet bis in die III. Schicht hinaufreicht, in gewissem Sinne eine Ordnung der Zellen in ziemlich gleichmäßigen vertikalen Zügen Platz greift, die man zwar noch nicht eine palisadenförmige nennen kann, die aber immerhin deutlich genug ist, um den wohlgefälligen Eindruck der Ordnung zu machen und von FE und FD abzustechen.
Area orbitalis. 377
An den hinteren Partien von FFa reicht die IIIa-Schicht infolge der Lückenhaftigkeit der II. stellenweise bis an die I. heran. Weiter nach rückwärts, medial an der Orbitalen Hirnfläche gegen das hintere Ende des Sulcus olfactorius, wo die FFa an das Riechhirn, und zwar an den Gyrus olfactorius lateralis und das Tuberculum olfactorium stößt, wird die Pyramidenschicht wieder bedeutend schmäler; dagegen hinten lateral, wo sie an die Formation FI grenzt, wird die Pyramidenzellschicht wieder bedeutend breiter, und zwar bis zu 1.3 mm. Hier werden die Pyramidenzellen gleichzeitig mit der Zunahme der Schichtenbreite selbst bedeutend größer bis zu 30-40 / 10-15 µ, während sie medial davon, dort wo die Schicht schmäler wird, auch selbst wieder kleiner werden, 15-20 / 10 µ.
IV. Die innere Körnerschicht ist für die Area FF durch ihre Schmalheit, ihre Zellarmut und Zellkleinheit dort, wo der Charakter von FF gut ausgeprägt ist, sehr charakteristisch. Schon beim Übergange von FE in FF nimmt, noch bevor eine Änderung in der III. Schicht zu bemerken ist, die IV. eine anderes Aussehen an. War doch die Dichtigkeit und Breite von IV für FE ganz charakteristisch, so sinkt die Breite von der durchschnittlichen Breite von 0.30 mm in FE rasch auf 0.20, ja 0.12 mm herab, um allmählich ganz rückwärts, zum großen Teile lückenhaft zu werden (Tafel XXXIII) und nur mehr als vereinzelte Körnerhaufen zwischen der III. und V. Schicht noch sichtbar zu sein, so daß auch hier in diesen rückwärtigen Partien von FFa die Zellen der V. und III. Schicht stellenweise ineinander übergehen (Tafel XXXIII, Höhe 23 cm, Breite 35 cm). Bei dieser progressiven, allmählichen Abnahme der IV. Schicht ist es sehr schwer, irgendwelche feste Werte bezüglich ihrer Zellzahl anzugeben. Dort wo dieselbe noch deutlich vorhanden ist und eine Breite zwischen 0.12 mm und 0.20 mm aufweist, zählt man noch ungefähr 80 Zellen pro 0.1 mm3, wovon die meisten 5/5 µ oder 5/6 µ groß sind und meist wirkliche, kleine runde Körnerzellen sind. Weiter rückwärts zählt man bloß 25-40 Zellen pro 0.1 mm3 und hier haben sie auch weniger Körnercharakter, sondern meistens Zwergpyramidenform von 6-7 / 5 µ; am Culmen ist in diesen hinteren Partien die IV. noch weniger deutlich ausgesprochen als in den Wandungen, jedoch muß ich hier nochmals betonen, daß der Grad dieser Abnahme der IV. Schicht in der Area orbitalis ein individuell sehr verschiedener ist. Ich habe Hirne gefunden, und zwar nicht selten, bei denen die IV. beinahe derselben Breite und Dichtigkeit wie in FE nach rückwärts über die ganze FF reichte, ja über diese hinaus bis in die sonst agranuläre Formation FI des Gyrus transversus insulae sich erstreckte. In der IV. Schicht ist keine radiäre Streifung zu konstatieren.
V. Die ganglionäre Schicht zeigt ebenfalls in FF mehrere Besonderheiten, und zwar ist sie breiter als in FE oder in FD; sie schwankt zwischen 0.50 und 0.65 mm, zeigt also für den Frontallappen sehr hohe Werte. Auch die relativen Zahlen übertreffen bei weitem den Durchschnitt, da sie 25% der Rindenbreite ausmacht (!); dabei ist sie im Vergleiche zu dem geringen Zellreichtum der übrigen Schichten der FF relativ ziemlich zellreich und ihre Zellen recht groß und färben sich recht dunkel, so daß sie vielleicht bei flüchtigem Blicke auf ein Präparat am allerauffälligsten in Erscheinung tritt (auf Tafel XXXII besonders gut zu sehen). Diese Eigentümlichkeiten der V. Schicht nehmen von der Konvexität und von der polaren Gegend orbital-, basal- und caudalwärts an Deutlichkeit noch zu und weiter caudalwärts sind die Zellen der V. tatsächlich sogar stellenweise größer als die der III. Diese Eigentümlichkeit zeigt auch hier die Nähe des Riechhirns an und erinnert an dieselbe sogar noch ausgeprägtere Bildung der V. Schicht in der Area FCL, FDL, FEL, in der Nähe des Lob. limbicus; siehe auch Abb. 79 und 80. Auch in FF kann man eine zellreichere oberflächlichere Schicht Va von einer zellärmeren tieferen Schicht Vb unterscheiden, doch ist dieser Unterschied polarwärts deutlicher als caudalwärts (vgl. Tafel XXXII und Tafel XXXIII) und im allgemeinen weniger deutlich in FF als in der Regio frontalis oder gar als in FDΔ. Außerdem ist hier Vb etwas schmäler als Va. Die obere Grenze der V. Schicht ist durch die Gegend der IV. im allgemeinen ziemlich genau gegeben; wo aber die IV. lückenhaft ist, ist sie natürlich sehr schwer zu ziehen (hier reicht (L) Tafel XXXIII vielfach V bis nach III herein. Die untere Grenze ist überhaupt ungenau, da vielfach Spindelzellen aus der VIa-Schicht nach Vb hineinreichen. Eine Ordnung nach der Größe der Pyramidenzellen findet in V nicht statt.
378 Das Stirnhirn.
Die oft zu unregelmäßigen Häufchen gedrängten, ziemlich dichtstehenden Pyramiden- und dreieckigen Zellen der Va weisen alle möglichen Größen auf, ebenso die mehr locker und unregelmäßig verstreuten Zellen der Vb; doch läßt sich im allgemeinen bemerken, daß in Va mehr größere Zellen vorkommen als in den übrigen Teilen der V-Schicht und daß Vb hauptsächlich bloß Zellen mittlerer Größe enthält. Weit rückwärts, wo gegen das Ende des Sulcus olfactorius der Übergang in den Gyrus olfactorius statt findet, zeigt die Va-Schicht auf kurze Strecken eine allgemeine starke Verdichtung und eine palisadenförmige Anordnung ihrer Zellen auf eine kurze Strecke. Im allgemeinen beträgt der Breitendurchmesser von Va zu dem von Vb 2:1; in Va zählt man ungefähr 35 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind 15-20 große Zellen von 20-30 / 10-15 µ, mit lang ausgezogenem Spitzenfortsatz; der Rest meist kleine Zellen von 10/7 µ und nur ganz wenige Zellen mittlerer Größe. In Vb dagegen zählt man weniger als 30 Zellen pro 0.1 mm3 und davon sind ungefähr 15 mittlerer Größe von 10-15 / 10 µ, die übrigen kleine Zellen von 10/7 µ und darunter. Größere Zellen wie in Va von 20-30 / 15 µ kommen nur selten und ganz vereinzelt in Vb vor. Von den großen Zellen hat beinahe jede einen Trabantkern, von den mittleren nur jede 5., von den kleineren kaum jede 10. Eine radiäre Streifung ist in V nur an der Kuppe angedeutet zu sehen.
VI. Die Spindelzellenschicht ist in FF recht breit, die ist schon in ihrem zelldichten oberen Teile mit 0.60 mm breiter als in FD oder FE und wird noch dadurch viel breiter, daß ihr unterer Teil VIb nur recht allmählich ins Mark übergeht, wodurch auch diese Unterschicht ungefähr 0.50 mm mißt. Dadurch erhält die ganze VI Schicht eine Breite, wie wir sie sonst nur in der prärolandischen Region zu verzeichnen haben, wogegen aber der Zellreichtum und die Zellgröße der VI. Schicht der prärolandischen Region von der VI. Schicht der FF nicht annähernd erreicht wird, wodurch jede Verwechslung ausgeschlossen ist. Die Spaltung der VI. Schicht in VIa und VIb ist nicht so sinnfällig wie in FD oder in FE, da weder VIa so zellreich ist wie dort, noch die Zellabnahme von VIa zu VIb eine so schroffe und so ausgesprochene ist wie dort. Hier zählt man in VIa ungefähr 26 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-20 / 7-10 µ Größe; die Zellen sind zum Unterschiede der Spindelzellen der frontalen Region hier wirklich wieder lang ausgezogene, schmale, nicht protoplasmareiche, sondern dürr aussehende Spindelformen. In VIb zählt man 12-15 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die meisten 10-15 / 7 µ Größe haben und ebenfalls schmal und dürr aussehen. Die VI. Schicht ist also in FF zwar breit, aber zellarm, eher zellklein und zellocker, die radiäre Streifung der VI. Schicht ist sehr deutlich. In der Wand nimmt die Spindelzellenschicht rapid an Breite ab, und die starke Verschmälerung der Rinde in der Wand ist hauptsächlich auf die Abnahme der VI. Schicht zurückzuführen.
Die Formatio orbitalis ist also noch weniger als die bisher angeführten Formationen eine einheitliche, sondern zeigt in dem ohnehin nicht sehr ausgedehnten Gebiete, welches sie einnimmt, starke regionäre Unterschiede, die sie von Ort zu Ort sichtlich modifizieren, so daß es nur approximativ möglich ist, ein Bild von ihr zu geben. Vorne zeigt sie den Rindentypus 1 (2), um caudal allmählich sich dem ganz agranulären Typus 1 zu nähern (Abb. 88 und 89). Sie ist im Anschlusse an FE eine granuläre homotypische Formation, die nach rückwärts zu immer mehr ihre Körnerschichten einbüsst und sich immer mehr einem heterotypischen agranulären Bilde nähert, das sie jedoch eigentlich nie ganz erreicht. Sie ist eine mittelbreite Rinde, die im Vergleiche zu den benachbarten Areae FE und FD eine Zunahme der Dicke aufzuweisen hat. Ihre horizontale Schichtung ist, wenn auch nicht so deutlich wie in FE, so doch immerhin sichtbar (Tafel XXXII und XXXIII), und sie zeigt deutlich den Anflug einer radiären Streifung (Abb. 45), welche in den unteren Partien gegen das Mark zu deutlicher ist. Ihre Begrenzung gegen das Mark ist wieder recht unscharf. Ihre Zellen sind im allgemeinen länglich ausgezogen und schlank. Diese Zellform und die radiäre Streifung sowie die geringe horizontale Schichtung und die nicht sehr deutliche Ausprägung der IV. erzeugen ein Bild, welches gewisse Anklänge an die Regio praerolandica hat, von der die FF sich jedoch durch eine gewisse Zellarmut und durch das kleinere Kaliber ihrer Zellen ganz deutlich unterscheidet. Zusammenfassend läßt sich über die Zusammensetzung ihrer einzelnen Schichten folgendes sagen:
Area orbitalis. 379
I. 0.20-0.30 mm; ist ziemlich breit, enthält ziemlich viel Kerne und mehr Nervenzellen als gewöhnlich, ca. 12 pro 0.1 mm3 von 7-9 / 3-4 µ Größe, die meisten davon pyramidenförmig.
II. 0.0-0.16 mm; schmal, caudalwärts schmäler werdend, stellenweise lückenhaft, zellklein, enthält maximal 70 Zellen pro 0.1 mm3 von 7-10 / 3-8 µ, meist Zwergpyramiden.
III. 0.6-1.0 mm; relativ und absolut recht breit, nicht zellreich, nicht zellgroß, die größten 20-25 / 10 µ, durchschnittlich 30 pro 0.1 mm3, Zellen pyramidenförmig und schlank.
IV. 0.0-0.20 mm; sehr schmal, caudalwärts immer undeutlicher, zellarm, zellklein, maximal 80 Zellen pro 0.1 mm3 von 5/5 µ.
V. 0.50-0.65 mm; absolut und relativ recht breit, ziemlich zellreich, ziemlich zelldicht, nicht zellklein, Va und Vb eben noch gut unterscheidbar, Va 35 Zellen pro 0.1 mm3 von 20-30 / 10-15 µ; Vb 30 pro 0.1 mm3, 10/7 µ bis 15/10 µ Größe.
VI. 1.0-1.2 mm; sehr breit. VIa von VIb nicht scharf getrennt, Spindelzellen schmal und dürr, eher zellarm. VIa 26 Zellen pro 0.1 mm3, 15-20 / 7-10 µ; VIb 12 Zellen pro 0.1 mm3, 10-15 / 7 µ, Abgrenzung gegen das Mark unscharf, allmählicher Übergang.
Derart definiert überzieht die Formation FF nach vorn von der Area frontalis granularis triangularis, also nach vorn vom Cap den Rest der dritten Stirnwindung an der Konvexität (Abb. 92), die Pars opercularis intermedia und die ganze dritte Stirnwindung an der Orbitalen Hirnfläche und reicht medial bis hart an den Sulcus olfactorius heran, ohne denselben jedoch ganz zu erreichen, da sich ein schmälster Streifen der Formation FM der medialen Olfactoriuswindung dazwischenschiebt (Abb. 95). Nach vorn zu an der Orbitalfläche weicht sie lateral vom Sulcus olfactorius auch wieder etwas nach außen ab, um der Formation FG, die diesen Sulcus einnimmt, Platz zu machen. Nach vorn zu kann man als ungefähre Grenze den Querbalken des H des Sulcus orbitalis annehmen. Tatsächlich überschreitet jedoch FF meist denselben, wenigstens in seiner Grenzmodifikation FFE, d. h. mit dem Grenzübergang zur frontopolaren Bildung. Am lateralen Längsbalken des H des Sulcus orbitalis ist die Grenze gegen die FD-Formation gelegen, die sich von der Konvexität her an dieser Stelle zwischen FE und FF vorschiebt. Jedoch ist FD an dieser Stelle selbst recht verändert; abgesehen davon, daß es kleinzellig ist, FDp, sieht seine V. und VI. Schicht eher der V. und VI. Schicht von FF ähnlich, als der des übrigen FD, d.h. daß dieselben breiter sind, zellärmer und viel schlankere Zellelemente aufweisen, so daß wir hier von einer Übergangsformation FDF sprechen können.
Hinten medial ist FF auf eine kurze Strecke (s. Schema Abb. 92 und 95) vom Gyrus olfactorius lateralis begrenzt; und hinten lateral ist es wieder durch eine tiefe Furche begrenzt, welche nichts anderes als eine medialwärts sich auf die Hirnbasis erstreckende Fortsetzung des Margo anterior insulae mg. a. ist (vgl. hierzu Abb. 21-24). Diese Furche trennt nach rückwärts eine Windung von der Pars orbitalis von F3 ab, welche die letzte orbitale Windung des Frontalhirnes, den sog. Gyrus transversus insulae (Abb. 24 G. tr. is.), darstellt; dieser Gyrus ist eigentlich eine Übergangswindung zwischen FA und der vorderen Insel. Sie nimmt am medialen Ende des Orbitalteiles der dritten Stirnwindung F,o bogenförmig ihren Ausgang und zieht transversal zum Inselpol hin JP. Diese Brückenwindung ist von einer eigenen heterotypisch gebauten Formation FA eingenommen, die wir später besprechen wollen (Abb. 95); und in der Tiefe der hinteren Wand dieser Furche (Margo anterior insulae), welche den Gyrus transversus vom übrigen Orbitalen Stirnhirn trennt, befindet sich der Übergang zwischen der Formation FF und der Formation FI (Abb. 95). Dies in groben Zügen die Grenzen der FF.
380 Das Stirnhirn.
In diesem genannten Bezirke wechselt sie, wie wir schon wiederholt erwähnt haben, ihr architektonisches Aussehen nicht unerheblich. Man könnte, wenn man wollte, eine Menge Areae in diesem Bezirke abstecken, doch müßte man denselben gar zu schwankende Grenzen einräumen. Wir haben es daher vorgezogen, der Verständlichkeit und Übersichtlichkeit halber, dieselben als kontinuierliche, regionäre Änderungen einer einzigen Area orbitalis FF anzuführen. Als solche haben wir zunächst an der Orbitalfläche polarwärts das Übergangsgebiet FEF besprochen, welches schon gegenüber FE eine breitere Rinde und eine undeutlichere Begrenzung gegen das Mark aufweist. Unmittelbar hinter diesem Bezirke ist der Teil von FF charakterisiert durch die Breite seiner Rinde, die noch eine deutliche IV Schicht und die übrigen in §4 angeführten charakteristischen Zeichen der FF, welche hier als granuläre orbitale Formation FFg sich präsentiert. Noch weiter nach rückwärts und besonders medial nimmt die IV. Schicht immer mehr ab und verschwindet im inneren Winkel des Gebietes von FF schließlich sogar ganz (FFa, Tafel XXXIII). Dieselbe sieht bis auf ihre Zellgröße den Formationen FC und sogar FB recht ähnlich, und dies mag wohl CAMPBELL dazu geführt haben, seine Intermediate precentral area bis zu diesem Teile des Hirns auf der dritten Frontalwindung reichen zu lassen (vgl. Abb. 1 und 2). Überall, wo der Übergang zu einer Formation stattfindet, welche eine starke Entwicklung der V. Schicht aufweist, greift die Zellvermehrung dieser Schicht auch auf das benachbarte Gebiet über, und dies ist auch z. B. an der Grenze gegen die Area FM der Fall, wo die V. sehr zellreich und die Zellen direkt gürtelartig gestellt sind, so daß die V. Schicht hier in diesem medialen Teil von FF noch auffälliger ist, als sie es ohnehin in FF, z. B. auf Tafel XXXII, schon ist (Abb. 79). (Wir geben von dieser Übergangsbildung kein eigenes Bild.) Ebenso ist auch an der Grenze gegen die Formation FI ein Übergreifen der stark entwickelten V. Schicht auf kurze Strecken der FF zu sehen, so daß man hier auch wieder von einer Übergangszone FFI sprechen könnte.
Außer diesen regionären Änderungen und Übergangsbildungen haben wir noch eine Modifikation der Formation FF anzuführen, welche wir zum Teil schon bei Besprechung der Areae FD und FE erwähnt haben (S. 357 und 371), nämlich ihre Bildung auf der Pars praetriangularis (Abb. 21, F3pt), d.h. auf den kleinen Windungen, welche polarwärts. vom vorderen horizontalen Aste h der Sylvischen Furche gelegen sind (Tafel XXXIV). Man findet in der Rinde dieser Stelle FFΦ sowohl Anklänge an FF, welche uns ja auch veranlassen, dieses Gebiet als Variante dieser Area anzuführen, als auch Anklänge an FE und FD. Eigentlich sieht diese Bildung am meisten noch der FE ähnlich, und wenn FE ein sehr ausgedehntes Gebiet einnimmt, so fällt die Pars praetriangularis in das Gebiet von FE herein und unterscheidet sich nur wenig davon in seinem Zellaufbau (s. S. 371). Aber von FE selbst ist das Gebiet gewöhnlich durch das oft besprochene polare, zungenförmige Stück von FD, welches lateral von FE über die laterale Mantelkante an die Orbitalfläche zieht, getrennt. Von FDGamma ist es durch den vorderen horizontalen Ast der Sylvischen Furche ebenfalls deutlich geschieden und auch architektonisch davon verschieden, daher reihen wir es lieber als Variante der FF ein. Die kleinen Windungen, die diese Bildung einnimmt, es sind ihrer eine bis zwei, nennt man gewöhnlich Pars opercularis intermedia der F3, und wir wollen die Formation, die sich auf ihr konstant immer wieder findet, als Area praetriangularis FFΦ bezeichnen. Tafel XXXIV gibt ein gutes Bild davon. Schon bei Besprechung der Area FD haben wir auf Seite 357 und bei Besprechung der FE auf Seite 371 auf diese Formation aufmerksam gemacht. Die Rinde ist an dieser Stelle sehr schmal, und zwar hauptsächlich infolge einer Verschmälerung der I., II. und III., ein Umstand, der an FE erinnert, besonders die III. Schicht ist ganz auffallend schmal; in ihr finden sich oft relativ große Zellen derart, wie in FDm; die IV. Schicht ist schmal und zellarm; die V. und VI. dagegen sind zum Unterschiede von FE und in Anlehnung an FF relativ sehr breit und gegen das Mark unscharf begrenzt, so daß man auch hier wieder wie sonst in FT den Eindruck hat, als ob die innere Hauptschicht bedeutend überwiegen würde. Da dieses Gebiet Anklänge an alle drei Nachbarareae aufweist, müsste man nach dem Gesagten diese Area als FFED bezeichnen, der Kürze halber schrieben wir aber FFΦ. Das Zahlenverhältnis der Schichten zueinander bei einer Gesamtbreite von 2.7 mm an Culmen ist folgendes:
Area orbitalis. 381
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) |
0.18 | 0.12 | 0.50 | 0.16 | 0.54 | 1.20 | a0.55 | b0.65 |
und bei einer Gesamtbreite von 2.36 mm | |||||||
0.16 | 0.12 | 0.46 | 0.16 | 0.54 | 0.96 | a0.50 | b0.46 |
Als relative Zahlen: | |||||||
0.08 | 0.07 | 0.24(!) | 0.08 | 0.27 | 0.26 | oML:iML=39:61! |
Auffallend am Gesamtbilde ist außerdem die Zellarmut und Zellkleinheit und die Lücken in der Zellverteilung (Tafel XXXIV, Höhe 30, Breite 30 cm) in der III., so daß man oft verleitet wäre zu glauben, daß man es hier mit einem Defekt der Rinde zu tun hätte. Die I. Schicht ist schmal, enthält aber ziemlich viel Kerne, die II. Schicht ist ebenfalls schmal und kleinzellig, enthält ungefähr 80 Zellen pro 0.1 mm3; die III. Schicht ist auffallend schmal, macht kaum ein Viertel der Rindenbreite aus; sie beträgt also kaum zwei Drittel der Breite in FD und FF und ist auch hier sogar schmäler als in FE und erreicht beinahe die Minimalwerte wie in FG; IIIa und b sind, wie dies in FE auch gewöhnlich der Fall ist, kaum zu unterscheiden, da die Zellgröße eine durchweg ziemlich gleiche ist und die Zellen ziemlich unregelmäßig geordnet sind. Man zählt durchschnittlich 25 Zellen pro 0.1 mm3 von 20-25 / 20 µ Größe. In der Tiefe der III. an der Grenze gegen IV sieht man jedoch pro 1.0 mm Gesichtsfeldbreite bei 25 µ Schnittdicke ungefähr 12 etwas größere Zellen, welche ungefähr 30-35 / 29 µ Größenmaße aufweisen. Die IV. Schicht ist ebenfalls schmal und zellarm; im Vergleiche zur IV in FD oder FE sieht sie direkt licht aus; es sind auch weniger echte Körnerzellen in ihr, sondern mehr kleinste Pyramiden- und dreieckige Zellen, und zwar ungefähr 60 pro 0.1 mm3; die Begrenzung nach oben und unten ist eine unscharfe. Die V. Schicht ist breit, eher zellarm, und zwar durchweg, so daß man kaum noch Va von Vb trennen kann; die Zellen sind durchweg kleiner als in der III., durchschnittlich zählt man 20 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-20 / 15 µ. Die VI. Schicht ist recht breit und vom Mark nicht scharf getrennt, sondern geht recht allmählich in dasselbe über; auch VIa ist von VIb nicht mehr so deutlich zu trennen, da VIa viel zellockerer gebaut ist. Die Zellen sind spindelförmig und schmal ausgezogen von 15-20 / 7-10 µ Größe und ca. 20-23 pro 0.1 mm3 in VIa und ca. 12 pro 0.1 mm3 in VIb; letzteres erstreckt sich sehr tief ins Mark und kann eigentlich nach unten kaum recht abgegrenzt werden, da zahlreiche Spindelzellen im ganzen Windungsmark zu sehen sind. Eine radiäre Streifung ist an der ganzen Rindenbreite bis hinauf nach IIIb ziemlich deutlich bemerkbar. Alle diese Eigenschaften der inneren Hauptschicht sind für die ganze Area orbitalis (FI) charakteristisch.
Das Gebiet, das diese Bildung einnimmt, beschränkt sich, wie schon gesagt, meist auf 1-2 Windungen. Ihre Grenzen gegenüber den umgebenden Areae sind unscharf; sie geht dorsal an der Konvexität allmählich in die FD über oder eigentlich in FDE, da an diesen polaren Partien die FD schon mehrere Eigentümlichkeiten von FE angenommen hat. Auch BRODMANN hat dieses Gebiet FFΦ als ein eigenes Feld in sein Schema eingezeichnet, in welchem sich die drei hier aneinanderstoßenden Formationen zum Teil überdecken ohne es jedoch weiter hervorzuheben, s. Abb. 6, S. 15.
382 Das Stirnhirn.
Gewisse Eigentümlichkeiten der Orbitalen Fläche des Stirnhirns haben auch die früheren Forscher schon erwähnt. BETZ hatte richtig als wichtigstes Charakteristicum der Pars orbitalis angeführt, daß sie hauptsächlich aus Zellen der unter der IV. Schicht befindlichen Lagen bestehe, womit er unsere V. und VI. meinte. Die auffällige Zunahme der inneren Hauptschicht ist also auch diesem Forscher schon aufgefallen, ebenso daß im vorderen Teile der Orbitalfläche die Körnerschichten noch sehr dicht sind und daß, je weiter man nach hinten kommt, die Körnerzellen an Größe und Zahl abnehmen. Die anderen Bemerkungen, die er über die Orbitalfläche macht, zeigen jedoch, daß er auch die Area FI in seine Betrachtungen mit einbezogen und vom übrigen Teile nicht unterschieden hat.
HAMMARBERG charakterisiert ganz richtig den Orbitalen Teil der zweiten Frontalwindung, den er F2ß nennt, dadurch, daß die Pyramidenzellen der III. Schicht lang ausgezogen und schmal werden, 25/10 µ. In der V. sollen die Zellen spärlich sein [was unserer Ansicht nach nur in Vb(!) richtig ist], die VI. ist sehr mächtig und breit und hat relativ große Zellen, 25/12 µ (die Breite von VI ist richtig beobachtet, besonders groß sind aber die Zellen derselben nicht). Betreffs des Orbitalteiles der dritten Frontalwindung F3γ bemerkt er ganz richtig, daß in der III. und V. Schicht die Pyramidenzellen wieder lang und schmal sind und daß die VI. Schicht sehr breit ist. In dieser Charakterisierung erkennen wir ganz deutlich unsere Area FF wieder.
CAMPBELL (Abb. 1 und 2) rechnet unsere Area FF, die ja größtenteils den Orbitalteil der dritten Frontalwindung überzieht, wie schon gesagt, zu seiner intermediate praecentral Area. Wir haben schon erwähnt, daß CAMPBELL, welcher also zu diesem gleichen Gebiete auch unsere Areae FB und FC rechnet, rein sich an die schöne Entwicklung der Pyramidenzellen zur Abgrenzung dieser Area gehalten haben muß, ohne den Unterschied, der in ihren verschiedenen Teilen infolge des Auftretens der IV. Schicht, der Aufhellung der Vb-Schicht auf der Pars triangularis sichtbar ist und anderes mehr, zu berücksichtigen. Daß er gewissermaßen zu einer solchen Einteilung im Zellbau dieser Gegend wirklich leicht veranlaßt werden konnte, ist verständlich, zumal wir doch selbst auf die Ähnlichkeit zwischen der Area FF mit der Area FC und FB aufmerksam gemacht haben. Wir finden es jedoch vorteilhafter, besonders auf der dritten Stirnwindung, welche in ihrer höchsten Entwicklung doch ein bloß beim Menschen vorkommendes Gebilde ist, durch eine feinere Unterteilung uns einen genaueren Einblick in ihren Bau zu verschaffen. Auf der dritten Stirnwindung allein haben wir von rückwärts nach vorn schreitend außer Area FB auf dem Fuße der dritten Stirnwindung die Area FBCm, auf der Pars triangularis die Area FDΓ gefunden, davor die Area FFΦ und auf dem Orbitalteile die Area FFg und FFa.
BRODMANN bezeichnet das Gebiet, das unserem FF entspricht, ebenfalls als Area orbitalis, und zwar Feld 47; er findet hier eine gewisse tektonische Verwandtschaft mit seinem Feld 46 (unsere Area triangularis) und seinem Feld 44, das unserem FBCm entspricht, und vereinigt diese drei Felder zu einer Subregio subfrontalis, welche die ganze dritte Stirnwindung einnimmt; dies wäre eine Bestätigung der Ansicht CAMPBELLs. Es scheint jedoch die Area FF von dem Gebiete auf dem Fuße der dritten Stirnwindung, besonders in ihrer Variante FFΦ, viel verschiedener zu sein als das übrige FFa etwa von dem Gebiete FB auf der zweiten Frontalwindung, so daß eine solche Zusammenfassung uns eigentlich recht unbegründet erscheint; denn man vergleiche doch Tafel XXXIV mit Tafel XIV und man wird kaum eine Ähnlichkeit sich herauskonstruieren können. Die Umgrenzung seiner Area orbitalis deckt sich ziemlich mit der unserer Area FF um den hinteren Ast des Sulcus orbitalis herum. Unsere Area praetriangularis FFΦ hebt, wie gesagt, BRODMANN im Texte seiner Lokalisationslehre zwar nicht näher hervor, doch zeichnet er auf seinem Schema Abb. 6 in das prätrianguläre Gebiet nebeneinander die Kennzeichen, mit denen er sonst sein Feld 10 (unser FE), sein Feld 46 (unser FDΓ) und sein Feld 47 (unser FF) kenntlich macht, so daß er wahrscheinlich, ebenso wie wir, dieses Gebiet als eigentümliche Übergangszone aller drei aneinandergrenzenden Areae ansah. Bei seinen Rindenmessungen hat BRODMANN ebenso wie wir für die Area orbitalis höhere Zahlen gefunden als für die benachbarten frontalen Gebiete. Leider hat beim Menschen BRODMANN sonst keine näheren Details über den wirklichen Zellaufbau dieser Gegend gegeben, und eine Homologisierung mit gewissen Gebieten des Tierhirns ist an dieser Stelle, da die dritte Frontalwindung bei denselben ganz oder größtenteils fehlt, nicht gut angängig.
Area orbitalis. 383
Markbild. ELLIOT SMITH rechnet den größten Teil unserer Area orbitalis noch zu seiner polaren Area praefrontalis (s. Abb. 3 und 4), die hauptsächlich unserem FE entspricht; letztere bezeichnet er als eine schmale Rinde mit bloß einem deutlichen Baillargerschen Streifen. Im Gebiete, wo unsere Variante Area praetriangularis FFΦ sich befindet, verzeichnet er eine kleine, von ihm Area orbitalis genannte Zone, die er ebenfalls als sehr schmal bezeichnet und die wieder zwei sehr schmale Baillargersche Streifen enthalten soll.
An VOGTs myeloarchitektonischem Schema (Abb. 10c) sieht man, daß diese Gegend nach dem Markbild eine viel reichere Felderung zeigen soll, denn unserer Area orbitalis FF, die ohnehin nicht sehr ausgedehnt ist, entsprechen VOGTs Felder 59, 60, 61, 62, 63, 64, 65 der Regio VI (unitostriata). Wir haben zwar in unserer Area FF von einer Stelle zur anderen kontinuierliche Veränderungen ebenfalls aufweisen können, doch scheint myeloarchitektonisch eine noch viel lebhaftere Änderung der Struktur als cytoarchitektonisch nachweisbar zu sein. Diese ganze Gegend gehört nach VOGT zum Isocortex euradiatus, zeigt also deutliche, bis nach IIIb reichende Markbündel und ist außerdem unitostriär, d. h. daß die beiden Baillargerschen Streifen zu einem einzigen sehr breiten verschmelzen, indem das Gebiet zwischen ihnen so reich an Markfasern wird, daß man sie nicht mehr voneinander trennen kann.
In FLECHSIGs schema (Abb. 90 und 91) schließlich entspricht der hintere Teil unseres Gebietes FF einem Gebiete, das er als Feld 11 bezeichnet, also ein Primordialgebiet ist, welches schon vor der Geburt sein Mark enthält und Projektionsfasern entsendet! Auch diese Feststellung ist interessant, wenn man sich erinnert, daß wir wiederholt die Ähnlichkeit der Area FF, besonders in ihrer caudalen Ausbildung FFa, mit der Regio praerolandica erwähnt haben, die ja ebenfalls ein Primordialgebiet erster Ordnung ist. FLECHSIG bezeichnet seine Felder 9-11, die in der Reihe der Primordialgebiete die spätest markreifen darstellen, als autonome Zonen und hypothetische Sinnesfelder. Wie weit sich nun sein Feld 11 tatsächlich mit unserer Area FFa deckt und wie weit vielleicht das Feld FI des Gyrus transversus oder gar FK, d. h. das Gebiet des Gyrus olfactorius lateralis, hier möglicherweise auch in Betracht zu ziehen wäre, müßte erst durch neuere Untersuchungen festgestellt werden, und es ist überhaupt wünschenswert, daß die wertvollen Aufstellungen FLECHSIGs an Hand der modernen cytoarchitektonischen Forschung einer neuerlichen Revision unterzogen werden, da sich diese Methoden gegenseitig in sehr wertvoller Art ergänzen dürften. Als Projektionsfasern aus dem vorderen Teile der Area FF dürften wir einen Teil der frontopontinen Bahnen ansehen; ob aber dieselben auch aus dem caudalen Teile noch entspringen, ist unsicher.
Auch bezüglich der Area orbitalis können wir keine irgendwie begründeten Angaben über deren physiologische Funktion machen. Wie Abb. 98 und 99 zeigen, soll man bei Verletzungen in dieser Gegend Reizbarkeit und Charakterveränderungen beobachtet haben, und man hat vielfach die initialen ethischen Störungen, welche die Paralytiker aufweisen, auf die frühe Erkrankung dieser Gegend zurückführen wollen. Auch die Verbindungs- und Projektionsbahnen der FF kennen wir noch zu wenig, um daraus Schlüsse ziehen zu können. Wir verweisen hier nur auf die eben in §7 der Area FD S. 361-364 gemachten Bemerkungen über die physiologische Bedeutung des Stirnhirns überhaupt; dort haben wir auch erwähnt, daß die vorderen Teile von FF wahrscheinlich zur Gleichgewichtserhaltung (frontopontine Bahn!) in Beziehung stehen (Abb. 87). FLECHSIGs obige Angabe, daß es beim hinteren Teile dieser Area sich um ein Primordialgebiet (11) mit eigener Projektionsfaserung handelt, läßt an die Möglichkeit denken, daß der hintere Teil von FF, und zwar FFa, vielleicht zum Geruchsinn in irgendeiner näheren Beziehung steht. Doch gehören, wie wir schon in Kapitel IV erwähnt haben, beinahe alle heterotypisch gebauten Rindenteile, auch die rein motorischen, die nichts mit den Sinneszentren zu tun haben, zu den Flechsigschen Primordialgebieten. Da nun FFa als agranuläre Rinde heterotypisch ist, ist es viel wahrscheinlicher, daß sie bloß aus dieser Ursache frühmarkreif ist, ohne irgendein Sinneszentrum darzustellen. Ihrem Bau nach [der FC ähnelnd, Rindentypus 1 (2)] ist es viel wahrscheinlicher, daß sie motorische oder wenigstens efferente Funktionen hat. Die außerordentlich gute Entwicklung von V und VI deutet jedenfalls an, daß sie wahrscheinlich als wichtige Ursprungsstätte von Projektionsbahnen zu gelten hat.
384 Das Stirnhirn.
Durchsucht man einen Frontalschnitt, der senkrecht die ganze Orbitalfläche trifft, von außen lateral nach innen medial, so ändert sich knapp, bevor man zum Sulcus olfactorius kommt, an dessen lateraler Windungskante das Rindenbild ganz plötzlich. Die Rinde wird abnorm schmal, und diese Bildung senkt sich noch schmäler werdend in die Tiefe des Sulcus olfactorius, steigt dann an seiner medialen Wand wieder empor und überzieht zum Teil noch den Gyrus rectus, auf welchem Gyrus, der die Kante zwischen Orbitalfläche und Medianfläche des Stirnhirns bildet, diese schmale Rinde sogar an die Medianfläche des Gehirns kommt und bis ungefähr zum Sulcus rostralis reicht, wo wieder die Rinde ihre normale Durchschnittsbreite findet. Dieses schmalrindige Gebiet um den Sulcus olfactorius herum und in dessen Wänden nennen wir Area gyri recti FG oder kurz Area recta (Abb. 93 und 95). Es ist die schmälste Rinde des ganzen Hirns, nur die Rinde des Occipitallappens und die der hinteren Zentralwindung sind stellenweise noch schmäler. Man vergleiche Tafel XXXV und Tafel LXXXI und Abb. 26-29.
Schon ohne Vergrößerung fällt auf dem Zellpräparate diese Schmalheit ohne weiteres auf, an der Kuppe beträgt die Rindenbreite 2.0-2.3 mm, in der Wand sinkt sie auf 2.0 mm, sogar auf 1.6 mm herab. Es beträgt also die Rindenbreite kaum die Hälfte der Breite in FA oder in FB! Es handelt sich also um eine sehr schmale Rinde, die zu den allerschmalsten Teilen des ganzen Gehirns gehört und an Schmalheit der Calcarinarinde gleichkommt. Auch makroskopisch sieht man schon am Präparat eine deutliche Schichtung, und zwar sind sogar an der Kuppe drei lichte und drei dunkle Streifen sichtbar, und zwar erscheint die I. licht, II. dunkel, III. licht, IV. + Va dunkel, Vb licht, VIa dunkel. Die innere Hauptschicht ist dunkler gefärbt als die äußere. Die Begrenzung gegen das Mark scheint ziemlich scharf zu sein, jedenfalls unvergleichlich schärfer als im Nachbargebiete FF.
Diese schmälste Rinde zeigt einen deutlich granulären Typus, eine sehr deutliche horizontale Schichtung mit Andeutung einer radiären Streifung (Abb. 45 und 46); sie gehört zum polaren Rindentypus 4 (s. S. 189). Wie gesagt, sieht sie der Rinde des Occipitallappens (OA und OB) sehr ähnlich. Sie gehört zum Rindentypus 4 (tenuicorticaler Typus). Die FG ist besser geschichtet als FD und FE. Auffällig ist die Deutlichkeit der II. Schicht, besonders in den Windungswänden, ferner die Aufhellung von III. und die ganz abnorme Schmalheit der III. Die IV. ist sehr deutlich (Abb. 70 und 71); V. zeigt eine zellreiche bandartige obere Va-Schicht und eine sehr lichte untere Vb-Schicht. Auch VI. zerfällt deutlich in VIa und VIb, und die Abgrenzung des letzteren gegen das Mark ist recht scharf. Der Zelleib der meisten Pyramidenzellen ist hier in FG flach dreieckig zum Unterschiede der benachbarten Area FF, welche hauptsächlich schlanke Pyramidenzellen enthält.
Wir wollen auch hier, wie immer, Messungen von verschiedenen Stellen und von verschiedenen Gehirnen wiedergeben, um ein richtigeres Bild der Veränderlichkeit der Zahlen und dessen, was an ihnen wieder konstant bleibt, zu geben.
Area Gyri recti. 385
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | |
Bei einer Gesamtdicke an der Windungskuppe von 2.4 mm | ||||||||||
0.20 | 0.20 | 0.50 | 0.20 | 0.40 | a0.25 | b0.15 | 0.90 | mm | a0.30 | b0.60 |
Bei einer Gesamtdicke an der Windungskuppe von 2.25 mm | ||||||||||
0.20 | 0.20 | 0.40 | 0.20 | 0.35 | a0.20 | b0.15 | 0.90 | mm | a0.50 | b0.40 |
Bei einer Gesamtdicke an der Windungskuppe von 2.00 mm | ||||||||||
0.16 | 0.14 | 0.46 | 0.16 | 0.32 | a0.20 | b0.12 | 0.76 | mm | a0.35 | b0.41 |
Bei einer Gesamtdicke an der Windungskante von 1.80 mm | ||||||||||
0.17 | 0.13 | 0.34 | 0.21 | 0.30 | a0.20 | b0.10 | 0.65 | mm | a0.30 | b0.35 |
In der Windungswand bei einer Gesamtdicke von 1.60 mm | ||||||||||
0.20 | 0.20 | 0.45 | 0.15 | 0.20 | a0.10 | b0.10 | 0.40 | mm | a0.20 | b0.20 |
In der Windungswand bei einer Gesamtdicke von 1.60 mm | ||||||||||
0.30 | 0.12 | 0.56 | 0.10 | 0.24 | a0.12 | b0.12 | 0.36 | mm | a0.16 | b0.20 |
In der Windungswand bei einer Gesamtdicke von 1.90 mm | ||||||||||
0.25 | 0.15 | 0.60 | 0.18 | 0.25 | a0.15 | b0.10 | 0.45 | mm | a0.25 | b0.20 |
Die relativen Zahlen (Proportionalgleichung S. 113) sind:
I | II | III | IV | V | VIa | äH:iH | |
für die Kuppe | 0.11 | 0.10 | 0.26 | 0.11 | 0.21 | 0.22 | 47:53 |
für die Wand | 0.14 | 0.10 | 0.35 | 0.10 | 0.17 | 0.14 | 59:41 |
Auch aus diesen Zahlen ersehen wir also, daß die Formation des Gyrus rectus äußerst schmal ist und daß an dieser Verschmälerung alle Schichten proportional beteiligt sind, bis auf die III. Schicht, die an der Kuppe und Kante eine unproportionale, und zwar ganz aussergewöhnliche Verschmälerung mitmacht, so daß ihre relative Breite stellenweise kaum ein Viertel der ganzen Rindenbreite ausmacht, statt wie gewöhnlich ein Drittel. Man vergleiche hierzu Abb. 26 und 27, Abb. 68, 69, 70, 71, 72 und 73, Abb. 77 und 78, Abb. 83 und 84. In der Windungswand findet dann, wie gewöhnlich, eine weitere Verschmälerung der ganzen Rinde um ca. 20% statt; diese Verschmälerung geht hauptsächlich auf Kosten der V. und ganz besonders der VI. Schicht, welch letztere ganz schmal wird, während die III. Schicht dagegen nicht nur relativ in der Wand nunmehr einen größeren Teil der Rindenbreite einnimmt, sondern sich auch absolut tatsächlich verbreitert, so daß sie in der Wand um gut die Hälfte breiter ist als an der Kuppe und ihre schmälste Stelle sich eigentlich in unmittelbarer Nähe der Windungskante befindet. Auch die I. Schicht verbreitert sich in der Windungswand. Die II. Schicht dagegen zeigt sonderbarerweise absolut und relativ an der Kuppe die höheren Werte. An der medianen Hirnwand (Tafel XXV, linke Bildseite) zeigt die Formatio gyri recti eine gewisse Änderung regionärer Natur, im Vergleich zu ihrem orbitalen Teile; und zwar erfolgt diese Veränderung im Sinne der normalen Rindenänderung in einer Windungswand, obschon dieser Teil der Rinde an der medianen Hirnfläche doch eigentlich als eine Kuppe aufzufassen ist; wir finden aber hier trotzdem eine Verschmälerung der ganzen Rinde, dabei nimmt aber die III. Schicht nicht unbedeutend zu, wie es eben der Windungswand von FG entsprechen würde; die V. Schicht aber, welche in der Windungswand sonst immer abnimmt, zeigt dagegen hier keine Verschmälerung, sogar eher eine gewisse Verbreiterung, während die VI. wieder die typische starke Verschmälerung wie die in einer Windungswand aufweist. Es mischen sich also an der medianen Hirnwand in die Zellarchitektonik Eigentümlichkeiten der Wandbildung mit solchen der Kuppenbildung. Die Gesamtdicke beträgt hier 1.8 mm, die einzelnen Schichten dabei haben folgende Zahlen:
I | II | III | IV | V | Va | Vb | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.20 | 0.14 | 0.52 | 0.16 | 0.38 | a0.18 | b0.20 | 0.40 | mm | a0.20 | b0.20 |
386 Das Stirnhirn.
Obschon die Formatio gyri recti sogar zahlenmäßig sehr auffallende Unterschiede gegenüber den sie von allen Seiten umgebenden Formationen aufweist, haben die meisten Autoren dieses Feld nicht näher beachtet, nur BRODMANN gibt an, daß man von der Area praefrontalis, welche unserem später zu besprechenden Felde FH entspricht, eine eigene Area recta unterscheiden könnte, ohne jedoch sich auf eine nähere Beschreibung ihrer Eigenheiten einzulassen.
I. Die Molekularschicht zeigt mit 0.16-0.20 mm an der Kuppe für die sonstige Schmalheit der Rinde ziemlich hohe Werte, obschon im Vergleiche zu den umgebenden Rindenformationen die Molekularschicht absolut genommen, gleich breit bleibt. Auch für die Wand finden wir relativ hohe Werte, obschon auch hier absolut genommen keine Verdickung dieser Schicht stattfindet; auch ihre Architektonik zeigt bezüglich der Zellen keine auffallende Veränderung im Vergleiche zu ihrer Nachbararea FF. Man zählt ca. 40 Kerne pro 0.1 mm3, von denen ungefähr fünf Nervenzellen von 4/6 µ bis 5/10 µ Größe entsprechen.
II. Die äußere Körnerschicht von FG erscheint breiter als in FE und FF, obwohl sie, absolut genommen, ebenfalls keine besondere Verbreiterung aufweist, 0.14-0.20 mm; doch für die Schmalheit der Rinde sind diese Werte schon recht auffällig und geben relativ hohe Vergleichszahlen sowohl an der Kuppe als in der Wand. Die II. ist sehr deutlich und gut abgegrenzt und macht sogar, da die IIIa unter ihr recht licht ist, einen bandförmigen charakteristischen Eindruck, sie ist nämlich zellreich und zelldicht. Die meisten Zellen haben kleinste Pyramiden- oder Dreiecksform; ganz kleine Kaliber sind dabei in der Überzahl. An der Orbitalen Kuppe zählt man gegen 100 Zellen pro 0.1 mm3 von 5-10 / 5 µ Größe; an der medialen Kuppe (Gyrus rectus) sogar 120 Zellen pro 0.1 mm3, die meisten davon ebenfalls 5-10 / 5 µ Größe; ein Viertel von ihnen erreicht jedoch die Größe von 10-15 / 10 µ; die größeren zeigen meist kleinste Pyramidenform. Dasselbe Verhältnis wie an der medialen Hirnoberfläche findet sich auch in der Windungswand des Sulcus olfactorius.
III. Die Pyramidenschicht ist, wie gesagt, äußerst auffallend durch ihre Schmalheit an der Kuppe sowohl als ganz besonders an der Windungskante, wo sie 0.40-0.50 mm beträgt, also weit unter der absoluten Breite aller übrigen Pyramidenschichten des Frontalhirns (mit Ausnahme der Area FFΦ) zurücksteht, und stellenweise erreicht sie an der Windungskante sogar bloß 0.30 mm, also die Hälfte dessen wie die III. Schicht in FD, wo sie ja ohnehin schon äußerst schmal zu nennen war. In der Wand dagegen erhöhen sich diese Werte auf 0.45 mm und sogar manchmal bis zu 0.60 mm, was die Schmalheit an der Kuppe nur um so auffälliger macht. Die Abgrenzung der III. gegen die II. und die IV. ist eine ziemlich gute, gegen IV aber etwas weniger deutlich als gegen II. Die III. ist etwas zellkleiner und etwas zellärmer als in FE (vgl. hierzu Tafel XXXI und Tafel XXXV); aber bei der Schmalheit der III. Schicht machen die Zellen sogar einen relativ größeren Gesamteindruck. Sie sind nicht schön nach ihrer Größe geordnet, sondern mehr regellos gelagert, so daß die III. bezüglich ihrer Zellverteilung einen ziemlich einheitlichen Eindruck macht und man eigentlich kaum von einer IIIa- und IIIb-Unterschicht sprechen kann, denn schon an der Grenze gegen II sieht man einzelne größere Pyramidenzellen von den gleichen Dimensionen wie die größeren in der Tiefe an der Grenze gegen IV vorkommend, nur daß sie an letzterer Stelle zahlreicher vorkommen. Wir wollen trotzdem an der Unterteilung festhalten, zumal die IIIa-Schicht zelllockerer ist, wenn auch ihre Zellen etwas größer als gewöhnlich in der IIIa sind. Man zählt darin ca. 28 Zellen pro 0.1 mm3; die meisten davon haben 10-20 / 8 µ Größe und nur vereinzelt unter ihnen 20 / 10-15 µ. Im tieferen Teile von III, das man also IIIb nennen kann, sind ungefähr 25 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die Hälfte 20-25 / 10-15 µ Größe haben, die übrigen aber das gleiche Maß wie oben erwähnt in IIIa. In der Wand sind die Zellen in größerer Anzahl vorhanden, durchschnittlich 30 pro 0.1 mm3. An der medianen Windungskante des Gyrus rectus (Tafel XXXV links, Höhe 31 cm, Breite 10-15 cm), wo die mediane Hirnwand in die orbitale Hirnkuppe übergeht, findet man ziemlich regelmäßig in IIIb ganz vereinzelt 3-5 Zellen auf einem 25 µ dicken Schnitte in der Windungskante, welche 30-35 / 20-25 µ Größe zeigen können, auffallend stark tingiert sind und eine eigentümliche, etwas knorrige Pyramidenform aufweisen. Diese Zellen, welche recht unregelmäßig und nicht genau zur Oberfläche orientiert sind, machen bei der Schmalheit der Rinde an dieser Stelle infolge ihrer Größe und Tinktion einen eigentümlichen Eindruck. In der Wand liegen für gewöhnlich die meist dreieckigen Zellen der III. Schicht etwas regelmäßiger als in der Kuppe. Von den größeren Zellen in IIIb hat ungefähr jede vierte von den kleineren in IIIa, jede sechste einen Trabantkern. Eigentümlich ist es, daß die III. Schicht in der Wand im Verhältnis zur Windungskante und sogar zur Kuppe eine ziemlich auffallende Verbreiterung erfährt. Dieses Verhalten ist für FG recht charakteristisch.
Area Gyri recti, 387
IV. Die innere Körnerschicht ist bedeutend schmäler als in FE, immerhin aber deutlich und zellreich genug, um bei der Schmalheit der Windung recht aufzufallen. Ihre Breite schwankt zwischen 0.16 und 0.20 mm an der Kuppe und behält in der Wand ungefähr die gleiche Breite bei. Ihre Grenzen sind ziemlich scharf, und sie zieht daher durch die ganze Rinde der FG als ein deutliches, ziemlich dichtes blaues Band. Man zählt ca. 70-80 Zellen pro 0.1 mm3, davon bilden die große Überzahl kleine dreieckige Zellen, die zu Häufchen von 3-6 Zellen zusammenliegen, von 6/6 µ bis 6/10 µ Zellgröße. Daneben kommen höchstens zehn Pyramidenzellen pro 0.1 mm3 vor, welche die in IIIa angegebene Größe haben. In der Wand (Tafel XXXVI) sind die dreieckigen Zellen der IV. Schicht etwas größer als an der Kuppe, und denselben Eindruck hat man auch an der medianen Hirnoberfläche. Die obere Grenze gegen III ist etwas schärfer als die gegen V.
V. Die ganglionäre Schicht ist, obschon sie in ihren absoluten Maßen nicht breit ist, doch im Verhältnis zu der Schmalheit der ganzen Rinde mit 0.32-0.40 mm von relativ guter Breite. Sie zerfällt sehr deutlich in eine breitere, zelldichtere Oberschicht Va und eine schmälere, lichtere Unterschicht Vb. Die Va enthält vor allem dreieckige Zellen, und zwar an Kuppe und Wand in einer Anzahl von ca. 60 pro 0.1 mm3, von denen ungefähr 25 die Größe von 20/15 µ haben, die übrigen 35 bloß von 10/10 µ. Die Vb-Schicht dagegen enthält bloß 36 Zellen pro 0.1 mm3, sie ist zellkleiner als die Va-Schicht, da die Mehrzahl ihrer Zellen bloß 10/10 µ Größe haben und bloß ein Sechstel von ihnen die Größe von 15-20 / 10-15 µ erreichen. In Vb sieht man schon zahlreiche echte Spindelzellen, die aus VI hereinreichen, sowie spindelig ausgezogene dreieckige Zellen der Vb selbst (Tafel XXXV, Höhe 23 cm, Breite 27.5 cm). In Va stehen die Zellen außerdem ziemlich dicht geordnet zueinander, so daß sie ganz deutlich ein gürtelartiges Aussehen erhält (s. Tafel XXXVI). An der Wand ist dies noch viel deutlicher als an der Kuppe, am deutlichsten aber ist es an der medianen Hirnfläche (Tafel XXXV, links); hier stehen in Va die Zellen auch bedeutend dichter; man zählt hier ungefähr 80 Zellen pro 0.1 mm3", und davon sind 25 von der Größe 20-25 / 15 µ, die übrigen kleiner. Es entspricht diese Bandbildung in Va der Nähe des Riechhirns und des Gyrus limbicus, wie wir es auch in FCL, FDL, FEL, FF bisher gefunden haben und noch wiederholt in der ganzen Umgebung des sog. Riechhirns finden werden; siehe Abb. 79 und 80, auf denen diese Eigentümlichkeit schematisch durch Schraffen dargestellt ist. Auch in Vb ist an der medianen Hirnwand eine zählbare Zellvermehrung zu vermerken, da man hier 50 Zellen pro 0.1 mm3 findet, wovon die meisten zwar kleiner sind, aber ungefähr ein Viertel doch die Größe von 20/15 µ erreichen, so daß im allgemeinen hier an der medianen Hirnwand zwischen Va und Vb ein geringerer Unterschied besteht als sonst in FG. Von den größeren Zellen hat ungefähr jede vierte eine Trabantzelle.
388 Das Stirnhirn.
VI. Die Spindelzellenschicht ist ebenfalls schmal und im Verhältnis zur gleichen Schicht in FD und FE, ganz besonders aber im Verhältnis zu dieser Schicht in FF sogar unansehnlich zu nennen. Ihre Breite beträgt 0.75- 0.90 mm, in der Wand aber 0.40- 0.50 mm. Sie ist nicht besondere zellreich, auch sind ihre Zellen klein, schmal und protoplasmaarm, sie ist infolgedessen auch nicht zelldicht. VIa ist von VIb nicht scharf getrennt, da der Unterschied der Zellzahl in ihnen kein besonders großer ist. Man zählt in VIa bloß 32 spindelförmige Zellen pro 0.1 mm3 von 15/10 µ Größe, also sind die Spindelzellen hier kleiner als in der übrigen VIa-Schicht des Frontallappens; und in VIb findet man ca. 20 Zellen pro 0.1 mm3 von 10-15 / 7 µ Größe. In der Windungswand stellen sich in VIa schon die Zellen beinahe horizontal, und die Schicht ist schmäler als sonstwo im Frontalhirn, da sie nur mehr 0.22 mm mißt. Eine radiäre Streifung ist in der VI. Schicht kaum angedeutet. Gegen das Mark ist die Abgrenzung der VIb in der Wand und auch noch an der Windungskante eine sehr scharfe; an der Kuppe jedoch nicht; hier dringt das Mark eigentümlich pinselförmig in die auffallend spitzbogenförmig gekrümmte Kuppe ein (s. Abb. 30 B).
Die Area gyri recti oder Area recta FG besitzt eine einheitliche Formation, die sowohl gegenüber FE als FF sich ziemlich scharf abgrenzen läßt und ebenso gegen die an der medialen Hirnwand an sie dorsal angrenzende Formation FH, wenn auch hier etwas weniger scharf. Ihre Charakteristica, die sie von der Umgebung unterscheiden, sind vor allem: ihre Schmalheit - sie gehört zu den schmälsten Rindenpartien des ganzen Großhirns (Rindentypus 4) -; die Deutlichkeit der II. Schicht, die bei ihr deutlicher als anderswo im Stirnhirn sich von der Umgebung abhebt; die Schmalheit der III. Schicht, die auch für die allgemeine Rindenschmalheit von FG noch immer abnorm ist; die Prägnanz der IV. Schicht; die Auffälligkeit, mit der die V. zerfällt in eine gürtelförmige zelldichte und relativ zellgroße Va und eine lichte Vb; die gute Abgrenzbarkeit der VI. gegen das Mark. Die Zellformen sind dieselben wie in FE und nicht die schlanken Formen wie in FF. Kurz zusammengefasst stellen sich die einzelnen Schichten folgendermaßen dar:
I. 0.16-0.20 mm; also ungefähr gleich breit wie sonst in der polaren und Orbitalen Stirnhirngegend, für die Schmalheit der Rinde jedoch relativ abnorm breit, ca. 5 Nervenzellen pro 0.1 mm3 von 4/6 µ bis 5/10 µ.
II. 0.14-0.20 mm; breiter als sonst im Frontalhirn, zelldicht, bandartig, 100-120 Zellen pro 0.1 mm3 von 5-10 / 5 µ, meist kleinste Pyramidenformen.
III. 0.30-0.50 mm; abnorm schmal, nicht zelldicht, ziemlich gleichmäßige Zellverteilung, ca. 25 pro 0.1 mm3, 20-30 / 10-15 µ groß, meist flach dreieckige Zellen; III ist am schmälsten in der Windungskante und an der Kuppe, in der Wand wird es etwas breiter.
IV. 0.16-0.20 mm; schmale zellendichte, zellkleine Schicht, 70-80 Zellen pro 0.1 mm3 von 6/6 µ Größe.
V. 0.32-0.40 mm; relativ breite Schicht, auffallendster Teil der Formation FG; Va sehr zelldicht, gürtelartig, 60-80 Zellen pro 0.1 mm3 von 20-25 / 15 µ, dreieckige Zellen; Vb zellärmer, ca. 30 bis 40 Zellen pro 0.1 cmm von 15-20 / 10-15 µ, Aufhellung in Vb nicht bedeutend.
VI. 0.76-0.90 mm; nimmt in der Wand besonders stark ab, und zwar gleich an der Windungskante, schon in der Wand Spindelzellen horizontal gestellt, im allgemeinen zellarm. VIa 32 Zellen pro 0.1 mm3, von 15/10 µ; VIb 20 Zellen pro 0.1 mm3, von 10/7 µ, also zellklein.
Die Schmalheit der ganzen Rinde in FG und sogar in FE und speziell der III. Schicht erinnert an die ähnlich schmalen Rindenpartien des Occipitalpols, die ebenfalls den Rindentypus 4 aufweisen. Vier Unterscheidungsmerkmale werden uns jedoch wohl immer vor einer Verwechslung schützen können: 1. die frontalen Formationen sind durchweg großzelliger, d. h. sowohl die Körnerzellen als Spindelzellen und besonders die Pyramidenzellen in III sind im ganzen genommen größer (obschon vereinzelte große Exemplare auch in der Occipitalrinde vorkommen und solitär sogar einzelne größere Kaliber als frontal); 2. die Körnerschichten II und IV sind im Frontalhirn nie so dicht und breit zugleich wie im Occipitalhirn; 3. die ganglionäre Schicht hat im Frontalhirn in Va immer eine recht dichte Phalanx mittelgroßer, gutgeformter Pyramidenzellen; im Occipitalhirn fehlt diese Bildung, und die V enthält da meist bloß kleine Zellen, sie ist zellocker und licht, und nur solitär kommen in ihr vereinzelte größere gutgeformte Pyramidenzellen vor; 4. die VI. Schicht ist im Frontalhirn - obschon selbst ziemlich zellgroß - doch stets im ganzen zellkleiner als die V. Schicht; occipitalwärts ändert sich dieses Größenverhältnis und vom hinteren unteren Parietalhirn angefangen, nach rückwärts sind die Zellen der VI. im großen ganzen größer als die der V. Die Gesamtheit dieser vier Kriterien läßt sich bei einem Vergleich von Tafel XXXI oder XXXV mit Tafel XCIII-XCV gleich erkennen.
Area Gyri recti. 389
Dieser Art nach Rindentypus 4 (Abb. 88) gebaut, überzieht die Formation FG ziemlich einheitlich den größten Teil der lateralen Wand des Sulcus olfactorius und dessen laterale Lippe, ebenso dessen mediale Wand und dessen mediale Lippe. Ungefähr von dem hinteren Drittel des Sulcus olfactorius aus nach vorn erstreckt sich die Formation über die Wandungen des Sulcus olfactorius, die sie in frontocaudaler Richtung so ziemlich ganz überkleidet, auch auf die mediane Fläche, indem sie über die Kuppe des Gyrus rectus in breiter Ausdehnung hinübersteigt, d. h. also dessen ganzen vorderen Teil überkleidet und an die mediane Hirnfläche gelangt, wo sie dorsalwärts das kleine Gebiet bis zum Sulcus rostralis einnimmt (Abb. 92-95). Sie grenzt also lateral vorn am Rande des Sulcus olfactorius an die Formation FE und die Übergangsbildung FEF-, von der Mitte des Sulcus olfactorius angefangen nach rückwärts, grenzt sie lateral an die Formation FF, weiter rückwärts noch an FFa. Ihr Ausbreitungsbezirk an der medianen Hirnwand grenzt nach vorn an die Formation FE und vorn dorsal an dessen Variante FEL. Hinten dorsal an die Formation FH, welche in der hinteren Hälfte des Sulcus olfactorius, wo die mediale Grenze der FG sich wieder ganz auf den Sulcus olfactorius zurückzieht, ihre mediale Begrenzung bildet. Im caudalsten Abschnitte des Sulcus olfactorius selbst bilden aber in dessen schmälerer Wandzone die hintere Begrenzung der Area FG die heterotypisch gebauten Gebiete des Gyrus olfactorius medialis und lateralis sowie des Tuber olfactorium, auf die wir gleich später zu sprechen kommen (FL, FM, FK, s. S. 397). Tafel XLI Bild 2 zeigt in bloß fünfzigfacher Vergrößerung (!) einen Schnitt, der sagittal geführt, das Tuber oder Trigonium olfactorium im ganzen Durchmesser trifft und weiter in den Sulcus olfactorius fällt, dessen Talboden er trifft, und zwar da, wo derselbe am hinteren, immer seichter werdenden Ende des Sulcus gegen die Oberfläche und also gegen das Trigonum olfactorium emporsteigt. Die rechte Hälfte des Bildes ist vom Trigonum olfactorium eingenommen, die linke vom Rindenboden des Sulcus olfactorius; letzterer bietet die Formation FG dar. Die Begrenzungen gegen die lateralen Gebiete, also gegen FF, sind recht scharfe, jene frontalwärts (FE) und medialwärts (FE, FH) dagegen bilden allmähliche Übergänge.
An der medianen Hirnfläche findet, wie in §3 schon gesagt, eine Änderung der allgemeinen Architektur der Area FG insofern statt, als, wie stets an der medianen Hirnfläche, der Rindenbau zum Teil hier Anklänge an die Änderung bietet, die sonst gewöhnlich in der Windungswand zu sehen ist; andererseits auch wieder doch Eigenheiten des Kuppenbaues hat; durch diese Mischung entsteht eben die regionäre Modifikation der medianen Hirnfläche; also hier z. B. in FG tritt die spezielle Eigentümlichkeit der Wand des Sulcus olfactorius (daß sich nämlich die III in der Wand verbreitert und an der Kuppe verschmälert) auch an der medianen Hirnfläche auf, die sich hier eben wie diese spezielle Wandbildung verhält, und es verbreitert sich hier die III im Vergleich zur Kuppe des Gyrus rectus an der Basalfläche, obwohl die Fläche an der Medianfläche auch eigentlich eine Kuppe ist; sie verhält sich aber diesbezüglich wie die Wandbildung dieser Gegend. Dagegen verbreitert sich die V, wie sonst in der Kuppe dieser Gegend, verhält sich also umgekehrt wie die III. Aus diesem Verhalten heraus könnte man von der Area FG den Teil an der medianen Hirnfläche als eigenartige Modifikation FGi A. gyr. recti pars interna abtrennen.
390 Das Stirnhirn.
Schon BETZ erwähnt, daß die Rinde des Gyrus rectus eine besondere Bildung aufweise, welche der Bildung des Gyrus cinguli ähnlich sehe besonders in seinem hinteren Abschnitte, während der vordere Teil des Gyrus rectus den Stirnhirnbildungen gleicht. Diese Bemerkung BETZ' ist ganz richtig, da er offenbar einerseits damit ausdrücken wollte, daß die vordere Partie FG homotypisch sechsschichtig wie die übrige Stirnhirnrinde sei während die hinteren Partien in die heterotypischen Bildungen der Olfactoriuswurzeln übergehen (FK, FM), andererseits ihm vielleicht die eigenartige Faserung der Va aufgefallen sein mag, die auch im Gyrus cinguli zu finden ist.
HAMMARBERG hebt mit vollem Recht die große Schmalheit der Rinde des Gyrus rectus hervor, die er mit 2 mm richtig angibt; die gute Entwicklung der II. Schicht und die abnorme Schmalheit der III. Schicht sind ihm auch nicht entgangen, und er bezeichnet dieses vorderste orbitale Gebiet der 1. Frontalwindung als F1γ. Nach rückwärts davon schließt sich ein Gebiet F1δ an, das auch nach HAMMARBERG denselben Bau wie der Gyrus cinguli zeigen soll, und von dem das eben von BETZ im oberen Abschnitte (bezüglich FK, FM) Gesagte gilt.
CAMPBELL (Abb. 1 und 2) zählt dieses ganze Gebiet zu seiner Area praefrontalis, welche größtenteils unserer Area frontopolaris unserer FE entspricht, und verzeichnet keine besondere Veränderung am Gyrus rectus.
BRODMANN (Abb. 6 und 7) rechnet dieses Gebiet auch zu seiner Area praefrontalis (Feld 11), welche jedoch nicht der gleichbenannten Area CAMPBELLs sondern unserer ebenso benannten Area FH gleichkommt und trennt von ihr dieses auf den Gyrus rectus und den Sulcus olfactorius entfallende Gebiet insofern ab, als er zugibt, daß man hier am Gyrus rectus und Gyrus orbitalis medialis gewisse Strukturdifferenzen merkt, welche es gestatten würden, eine eigene Area recta und Area orbitalis interna zu unterscheiden. Was die Rinde des Gyrus rectus im Sulcus olfactorius anbelangt, habe ich ebenfalls gefunden, daß es praktisch besser ist, dieselbe als eigenes Feld anzuführen. Der mediale Teil von ihr ist jedoch so wenig vom übrigen FG unterschieden, daß in der geringen Änderung, die jeder Übergang wie hier von FG zu FH hervorruft, die Unterschiede der Architektonik genügend erklärt erscheinen und es mir unpraktisch vorkommt, hier noch einen eigenen Bezirk abzutrennen. Leider hat BRODMANN für den Menschen keine Beschreibung seiner Areae gegeben, und die Beschreibungen, die er für sein Feld 10, 11 und 12 bei Affen und bei Halbaffen gegeben hat, erlauben uns nicht, mit genügender Sicherheit, diese Gebiete mit unseren Areae zu homologisieren, zumal hier wahrscheinlich bei der eigentümlichen Entwicklung, die das Stirnhirn beim Menschen erfährt, von vornherein große Unterschiede zu erwarten sind.
Markbild. Ist schon betreffs des Zellbildes bei den bisherigen Autoren über diese Gegend nur wenig Präzises zu finden gewesen, so gilt dies betreffs der Myeloarchitektonik in noch viel höherem Maße.
ELLIOT SMITH (Abb. 3 und 4) rechnet dieses ganze Gebiet, ähnlich wie CAMPBELL zu seiner Area praefrontalis, die unserem frontopolaren Gebiete (FE) ungefähr entspricht und die nach SMITH bloß einen Baillargerschen Streifen aufweist.
Nur VOGT (Abb. 9 und 10) ist der komplizierte Bau dieser Gegend auch mit der myeloarchitektonischen Methode aufgefallen; hier ist jedoch eine Identifizierung nach dem bloßen Vergleich seines Felderschemas mit dem unsrigen ein bißchen schwer. Am ehesten scheint uns seine Area 4 unserer Area gyri recti zu entsprechen evtl. mit Einschluß einiger medialer Partien seines Feldes 7. Diese Gegend gehört zur Region I von VOGT, die er als Unistriata euradiata tenuifibrosa charakterisiert, d. h. daß an ihr bloß der obere Baillargersche Streifen zu sehen ist (wie bei E. SMITH), da der untere sich von den Grundfasern in der Tiefe der VI. Schicht nicht abhebt; die wohlentwickelten radiären Markbündel ziehen bis in die IIIb-Lage; die Markfasern innerhalb der Rinde sind eher dünn. Außerdem scheint, soweit man aus VOGTs Angaben entnehmen kann, die I. Schicht eine vierfache Lage von Tangentialfasern erkennen zu lassen, die II. Schicht enthält keine Markfasern mehr. Die ganze Rinde dieses Gebiets ist nicht besonders faserreich.
In FLECHSIGs schema findet unsere FG keine eigene Berücksichtigung.
Area Praefrontalis 391
Über die Bedeutung, die Funktion der FG läßt sich heute kaum etwas sagen. Ihre Lage in der Nähe des Tractus olfactorius, der auf ihr liegt, verleitet wohl dazu, sie in irgendeinen Zusammenhang mit dem Geruchssinn zu bringen, jedoch ist diese Annahme total hypothetisch; auch aus ihrem Bautypus (Rindentypus 4) läßt sich kein sicherer Schluß ziehen. Abb. 98 und 99 zeigt, daß bei einzelnen Fällen von Läsionen dieser Gegend Charakter-Veränderungen beobachtet worden sein sollen (?); Geruchstörungen bei hierortiger Verletzung sind wohl der unmittelbaren Läsion des Tractus olfactorius zuzuschreiben. Über den Weg, den die zu- und abführenden Fasern dieser Gegend nehmen, ist ebenfalls nichts bekannt.
An der Medianfläche des Stirnhirns (Abb. 92, 93, 95) befindet sich hinter jenem Teile der Area FE, welcher auf der Medianfläche liegt, und hinter und oberhalb jenes Teiles von FG, der von der Orbitalfläche aus sich dorsalwärts ein kleines Stück auf die Medianfläche ausbreitet, also innerhalb dieses von den beiden Areae gebildeten Winkels einerseits und andererseits unterhalb des vorderen unteren, mit dem Balkenknie konzentrisch umgebogenen Endes des Gyrus limbicus und vor dem Gebiete, welches als Brocasches Riechfeld (Abb. 22 AB) unterhalb des Balkenrostrum liegt, ein ungefähr rechteckiger Rindenbezirk, welchen wir als präfrontales Gebiet bezeichnen wollen. Es wird von einer homotypischen Formation eingenommen, die ebenso wie die Formatio orbitalis FF, in ihrem Baue nicht ganz einheitlich ist, aber immerhin im gleichen Sinne, als wir es bei FF getan haben, als eine eigene Bildung aufgefaßt werden darf, welche in ihrem Verlaufe von vorn nach rückwärts allmählich gewisse Änderungen durchmacht. Sie sieht der Area orbitalis in ihrem Zellaufbau sehr ähnlich und kann an einzelnen Präparaten von ihr rein cytoarchitektonisch kaum unterschieden werden. Da sie jedoch nicht unmittelbar an diese Area orbitalis angrenzt, sondern von derselben vorn durch die dazwischenliegenden Area FE und FG und weiter rückwärts am hintersten Ende des Sulcus olfactorius durch die sich hier vorschiebenden heterotypischen Formationen FL und FM getrennt ist, so ziehen wir es vor, sie als eigene Area anzuführen und nennen sie Area praefrontalis FH. Sie entspricht in großen Zügen ihrer Lage nach der Area praefrontalis (Feld 11) von BRODMANN, und wir haben der Einfachheit halber diesen, wenn auch nicht ganz zutreffenden Namen daher für sie beibehalten.
Mit freiem Auge betrachtet, erscheint die Rinde in FH ziemlich breit, jedenfalls viel breiter, als die auffallend schmale Rinde von FG und die schmale von FE; sie ist aber nicht ganz so breit wie jene von FF. Die Maße (s. Abb. 27) schwanken zwischen 2.6 mm und 2.8 mm an der Kuppe, in der Wand ca. 2.4 mm. An jenen Stellen jedoch, wo eine Windungswand dieser Formation gegen eine Area des Lobus limbicus grenzt oder gegen die Area gyri recti, wird die Rinde dieser Wand noch viel dünner als sonst und beträgt bloß 1.6-2.0 mm; sie nimmt also darin sofort die Eigenschaft der Nachbarformation an. Eine horizontale Schichtung läßt sich mit freiem Auge an ihr kaum erkennen, nur an den polarsten Teilen derselben sieht man die Mitte von einem etwas dunkler gefärbten horizontalen Streifen eingenommen.
Diese mittelbreite Rinde erscheint bei flüchtiger Betrachtung mit schwachen Vergrößerungen eher etwas zellreicher als die Area FF, aber allerdings auch zellkleiner. Ebenso wie diese ist sie nicht sehr deutlich geschichtet, besser noch vielleicht in ihren vorderen Partien, wo sie noch deutlich granulär ist. Nach rückwärts aber nimmt die IV. Schicht an Dichtigkeit ab (Abb. 70 und 71), obschon sie kaum je vollkommen agranulär wird, und da wird auch die horizontale Schichtung undeutlicher. Ebenso wie für die FF ist es auch für die FH charakteristisch, daß ihre Zellen zum Unterschiede der Zellen der FD, FE und FG-Formation nicht mehr flach dreieckig, sondern länger ausgezogen besser pyramidenförmig sind, und zwar sowohl in III als in V und ebenso in VI besser spindelförmig gestreckt, so daß das ganze Übersichtsbild ein etwas regelmäßig längsgestricheltes Aussehen erhält (Tafel XXXVII und XXXVIII). Auch für die FH ist die Zunahme der Breite und der Bedeutung der V. und VI. Schicht charakteristisch (Tafel XXXVII und Tafel XXXVIII), so daß das Hauptgewicht hier auf die innere Hauptschicht fällt. Deutlicher als FF läßt die FH eine radiäre Streifung des ganzen Rindenschnittes erkennen (Abb. 45 und 46), und besser als die FF scheint hier die Va-Schicht noch hervorzutreten, wodurch sich die FH als typische Formation in der Nähe des Riechhirns der medianen Stirnhirnwand präsentiert, an der ja überhaupt, wie wir bei den Areae FCL, FDL, FEL gesehen haben, die V. Schicht eine besonders starke Entwicklung erfährt (Abb. 79, 80).
392 Das Stirnhirn.
Auch hier ist eine genaue Angabe von Maßen, ebenso wie in FF, nicht recht möglich, denn ein eigentliches FH gibt es nach dem Gesagten nicht, sondern eigentlich lauter Übergangsformationen FHE, FHG, FHL, die ineinander übergehen.
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | |
Auf einer Windungskuppe polarwärts, also FH(E), bei einer Gesamtbreite von 2.7 mm | ||||||||||
0.26 | 0.14 | 0.80 | 0.12 | 0.48 | a0.28 | b0.20 | 0.90 | mm | a0.40 | b0.50 |
Auf einer Windungskuppe, ca. in der Mitte des Gebietes FH, bei einer Gesamtbreite von 2.82 mm | ||||||||||
0.20 | 0.12 | 0.72 | 0.24 | 0.54 | a0.24 | b0.30 | 1.00 | mm | a0.56 | b0.44 |
Auf einer Kuppe, wo FH nur wenig granulär (beinahe agranulär) ist. Gesamtbreite 2.70 mm | ||||||||||
0.24 | 0.06 | 0.64 | (0.16?) | 0.40 | a0.20 | b0.20 | 1.20 | mm | a0.60 | b0.60 |
Auf einer Kuppe unmittelbar vor der limbischen Windung, also FHL, Gesamtbreite 2.7 mm | ||||||||||
0.20 | 0.10 | 0.56 | 0.16 | 0.56 | a0.24 | b0.32 | 1.10 | mm | a0.48 | b0.62 |
An der Windungswand FH bei einer Gesamtbreite von 2.4 mm | ||||||||||
0.28 | 0.12 | 0.88 | 0.10 | 0.44 | a0.26 | b0.18 | 0.60 | mm | a0.30 | b0.30 |
An der Windungswand FH, tiefer, bei einer Gesamtbreite von 1.8 mm | ||||||||||
0.30 | 0.10 | 0.60 | 0.15 | 0.25 | 0.40 | mm | a0.20 | b0.20 | ||
Auf der Windungswand, nahe der limbischen Windung, bei einer Gesamtbreite von 2.00 mm | ||||||||||
0.16 | 0.12 | 0.48 | 0.16 | 0.40 | a0.22 | b0.18 | 0.70 | mm | a0.30 | b0.40 |
Im Windungstal bei einer Gesamtbreite von 1.6 mm | ||||||||||
0.55 | 0.15 | 0.40 | 0.10 | 0.15 | 0.25 | mm | a0.10 | b0.15 |
Die relativen Zahlen, für die einzelnen Schichten auf 1.0 reduziert (s. S. 113), sind:
I | II | III | IV | V | VIa | äH:iH | |
für das Culmen | 0.10 | 0.06 | 0.33 | 0.07 | 0.21 | 0.23 | 49:51 |
für die Wand | 0.13 | 0.06 | 0.37 | 0.08 | 0.21 | 0.15 | 56:44 |
Aus diesen Zahlen, wenn sie auch von ganz willkürlich gewählten einzelnen Stellen herstammen, läßt sich wenigstens so viel ersehen, daß wir es mit einer, wie gesagt, mittelbreiten Rinde zu tun haben, bei der die I. Schicht absolut und relativ eine sehr gute Breite hat, wogegen die II. Schicht eher recht schmal ist. Die III. ist wieder um ein gutes Stück breiter als in FE und FG, wenn auch nicht ganz so breit wie in FF; in der Nähe von FG sowohl als gegen die cingulären Bildungen zu sinken diese Breitenwerte der III. Schicht wieder nicht unbedeutend herab. Die IV. dagegen ist im ganzen wenig gut entwickelt, besonders im Vergleiche zu dem angrenzenden FE, wo diese Schicht samt der II. eine so große Rolle gespielt hat. Die V. Schicht hat eine gute Breite, wenn auch geringer als in FF, die Va ist auffallend. Die VI. ist sehr breit, ebenso wie in FF; die Auflösung ins Mark erfolgt auch hier bloß sehr allmählich. Also auch hier in FH haben wir ebenso wie in FF wieder die zahlenmäßig nachweisbare Zunahme der III., V. und VI. Schicht als auffälliges Charakterzeichen; während aber in FF neben den absoluten Zahlen auch die relativen Werte dieser Schichten zugenommen hatten, gilt dies hier nur für die VI., während die III. und V. relativ nur entsprechend der Rindenbreite zugenommen haben.
Area Praefrontalis. 393
I. Die Molekularschicht mit einer Breite von 0.20-0.26 mm zeigt etwas über Durchschnittsverhältnisse. Sie erreicht auf der typischen FH-Formation das Maximum dieser Zahlen beim Übergange zur Area gyri recti, nach vorn zu nimmt sie an Breite wieder ab. Dort, wo sie breit ist (Tafel XXXVIII und XXXIX), erkennt man eine kernreichere äußere Zone Ia, die etwa drei Fünftel ihrer Breite einnimmt, und eine etwas kernärmere innere Ib, die die restlichen zwei Fünftel der Breite ausmacht. Von den ca. 50 Kernen pro 0.1 mm3 sind ungefähr 6-8 Nervenzellen von 6/4 µ bis 8/5 µ; auch hier liegen diese Zellen meist nicht horizontal, sondern sind eher mit der Längsachse gegen die Oberfläche gerichtet.
II. Die äußere Körnerschicht ist mit 0.06-0.15 mm recht schmal und auch relativ unter dem Durchschnitt. In den polaren Partien der Area (Tafel XXXVII) ist sie besser zu sehen als weiter rückwärts (Tafel XXXIX); sie ist weit undeutlicher, als sie in FE oder gar in FG war, und wird nach rückwärts zu immer weniger deutlich und undichter. Im allgemeinen jedoch ist sie etwas besser als in FF zu sehen. Man zählt in ihr ca. 75 Zellen pro 0.1 mm3 von 7-10 / 4-7 µ Größe. Es sind meist Zwergpyramiden, aber auch kleine Körnchen, in der Wand stehen die Zellen vielleicht etwas dichter (Tafel XXXVII links), ebenso polarwärts, während sie caudalwärts immer spärlicher werden (vgl. Tafel XXXVII mit XXXVIII und XXXIX). Gegen I ist die Grenze scharf, nach unten jedoch unscharf, da die Zellen von IIIa vielfach in sie hereinreichen.
III. Die Pyramidenschicht, welche in den polaren Formationen FE und FG so bedeutend an Breite abgenommen hatte, nimmt in der angrenzenden Area FH an Breite ganz auffällig wieder zu, allerdings nicht gar so sehr wie in FF, so daß ihre Dickenmaße zwischen 0.56 mm und 0.90 mm schwanken. Von Windung zu Windung ist die Breite jedoch sehr verschieden; an der Kuppe ist sie am breitesten (s. Tafel XXXVII) und hält mit der ganzen Rindendicke gleichen Schritt; in den Wänden, die gegen die Area gyri recti oder gegen den Gyrus limbicus und dessen Areae abfallen, nimmt die Rindendicke sehr rasch ab, während dort, wo eine Furche zwei Windungen, welche beide die Area praefrontalis tragen, trennt (wie z. B. der Sulcus rostralis superior), die Abnahme der Rindendicke keine so bedeutende ist und die Abnahme der III. Schicht ganz besonders eine viel geringere, so daß der Typus der III. Schicht sich hier gar nicht ändert. Außerdem kann man sagen, daß die III. Schicht im FH-Gebiet dorsalwärts im allgemeinen schmäler wird, caudalwärts aber breiter (vgl. Tafel XXXVII mit XXXVIII, welche ein dorsales und Tafel XXXIX, welche ein caudales Gebiet darstellt). Typisch ist für FH die radiäre Streifung, die so ziemlich in allen Schichten zu sehen ist und gegenüber FF ein Unterscheidungsmerkmal ist. Ebenso wie in FF sind auch hier in FH die Zellen der III. größer als in FE oder in FG; sie sind auch schlanker und haben mehr als sonst in den vorderen Partien des Stirnhirns die typische Pyramidenform. Die Pyramidenzellen werden zwar ziemlich gleichmäßig, von der Oberfläche in die Tiefe zunehmend, in geringem Maße größer, doch ist diese Zunahme eine recht unbedeutende, die kaum genügt, um eine Unterteilung in IIIa und IIIb vorzunehmen (Tafel XXXVII); caudal- und dorsalwärts ist eine solche Unterteilung überhaupt nicht mehr am Platze (Tafel XXXVIII und XXXIX), denn auch in den obersten Teilen in III sind die Pyramidenzellen von beinahe derselben mittleren Größe wie in den tieferen Lagen von III. In den dorsalen Partien von FH wird die III im allgemeinen schmäler (Tafel XXXVIII), in den caudalen Partien bedeutend breiter (Tafel XXXIX). In den oberen Teilen von III zählt man ungefähr 30 Zellen pro 0.1 mm3 von durchschnittlich 20/10 µ und in den tieferen Partien ca. 25 Zellen pro 0.1 mm3 von durchschnittlich 25 / 10-15 µ, und daneben noch kleinere Zellen. So erscheint ganz III mitteldicht und ziemlich gleichmäßig mit Zellen bevölkert; eine IIIc-Schicht existiert nicht; auch vereinzelt kommen keine besondere großen Zellen vor. Die einzelnen Zellelemente sind lang ausgezogen, und oft ist der Spitzenfortsatz weit hinauf zu verfolgen, manchmal bis zu 60 µ und mehr. Wie schon früher erwähnt, gibt die Längsanordnung und das sehr ausgezogene Format der Zellen der ganzen III. Schicht ein eigenes Aussehen, das sich deutlich unterscheidet von dem Aussehen der mit flachen und dreieckigen Zellen besetzten III von FE oder FD; die III der FH sieht wie mit kurzen Strichen schraffiert aus. Vielfach sind die Zellen nicht ganz pyramidenförmig, sondern, da sie auch nach unten etwas in die Länge gezogen sind, werden die etwas spindelförmig. Von den kleineren Zellen in IIIa hat bloß jede sechste einen Trabantkern; von den größeren in IIIb hat ungefähr jede zweite eine Trabantzelle. In der unteren Hälfte von III ist auch eine gewisse radiäre Streifung zu sehen, die in FF nicht vorhanden war. Weiter caudalwärts sowohl als dorsalwärts, wo FH körnchenarm wird, nimmt auch die Zelldichtigkeit in der III. Schicht sichtlich ab, was man bei einem Vergleich der Tafeln XXXVII, XXXVIII und XXXIX miteinander ohne weiteres bemerkt. Das Gebiet, aus dem Tafel XXXVIII entnommen ist, liegt dorsal, und jenes von Tafel XXXIX liegt caudal von der auf Tafel XXXVII abgebildeten Rindenstelle.
394 Das Stirnhirn.
IV. Die innere Körnerschicht ist in FH schmäler und weniger zelldicht, im ganzen also weniger ausgeprägt, als in den frontopolaren Gegenden. Dabei ist ihre Breite sehr wechselnd von 0.24 mm bis auf 0.10 mm herab schwankend, je nachdem wir sie an einem Hirnschnitte zählen, der weiter frontal (Tafel XXXVII) oder caudal (Tafel XXXIX) liegt. Im großen und ganzen ist die Körnerschicht jedoch in FH besser ausgeprägt als in dem sonst so ähnlichen FF, und auch in den rückwärtigen Partien scheint FH nie ganz so körnerlos zu werden wie die Area orbitalis (FFa). In ihren rückwärtigsten Partien ist die Schicht 0.10-0.14 mm breit und enthält neben den Körnerzellen viele Pyramidenzellen mittlerer Größe, die aus der III oder V hineingeraten sind; doch bleibt auch hier die IV so weit unterscheidbar, wie ungefähr im Grenzgebiete FCD. In diesem Teile zählt man bloß 48 Zellen von bloß 0.1 mm3, von denen ungefähr 12 (ein Viertel!) mittelgroße dislozierte Pyramidenzellen sind, also verliert die IV. Schicht hier ihren Charakter. In den vorderen Teilen von FH dagegen enthält die IV. ungefähr 90 Zellen pro 0.1 mm3, die meist dreieckig sind und 6/6 µ bis 10/5 µ Größe haben. Auch in der IV. ist die Andeutung einer radiären Streifung hier zu sehen, was wir sonst im Frontalhirn in der IV. nicht gewohnt sind zu finden. Nach oben und nach unten ist diese Schicht ziemlich scharf begrenzt.
V. Die ganglionäre Schicht zeigt in FH eine gute Breite von 0.40-0.58 mm; nur selten wird sie schmäler. Sie ist absolut und relativ weniger breit als in FF, dagegen deutlich breiter als in FE, an die sie ja grenzt. Die Zellen, die sie enthält, sind ziemlich groß und ziemlich dicht angeordnet. Der Unterschied zwischen dem dichteren Oberteile Va und dem etwas weniger dichten Vb ist hier kein so bedeutender mehr als in den frontopolaren Gegenden; doch merkt man an der Zelldichtigkeit von Va immerhin schon noch recht genau, daß man sich an der medianen Hirnfläche und in der Nähe des Lobus limbicus befindet (Tafel XXXVIII). Die Zellen in Va sind auch recht groß, wenn auch nicht in den mittleren Partien von FH ganz so groß wie das größte Kaliber von III (Tafel XXXVII). Je weiter dorsalwärts und je weiter caudalwärts man im Gebiete von FH vorschreitet, desto größer werden die Zellen in Va (auch desto zahlreicher) und desto mehr zeigen sie die Tendenz, die Zellen der III an Größe und Vollkommenheit der Pyramidenform zu übertreffen, wie man auf Tafel XXXVIII und XXXIX sieht; ersteres Bild stammt vom dorsalen Grenzgebiete der FH, wo sie an den Gyrus limbicus stößt; letzteres vom caudalen Grenzgebiet, wo sie auf dem Brocaschen olfaktorischen Feld in die heterotypischen Formationen FL übergeht. Diese „Hypertrophie" der V. Schicht deutet wie gesagt die Nähe des Riechhirns an. Auch die radiäre Streifung nimmt caudal progressiv in der V. Schicht zu. Wir zählen (in frontalen Abschnitten) in Va durchschnittlich 36-40 Zellen pro 0.1 mm3, sie sind recht groß und meist pyramidenförmig, und zwar sind zirka 16 dieser Zellen 20-25 / 15 µ groß, der Rest besteht aus kleineren Zellen bis herab zu 10/7 µ Größe. Die großen Zellen liegen dicht aneinandergereiht, so daß man wirklich den Eindruck einer gürtelartigen Schichtung vor sich hat, und zwar wird dieser Eindruck desto deutlicher, je mehr man sich einerseits dorsal dem Lobus limbicus (Area LA) oder andererseits caudalwärts der Area FL entfernt. Die Vb-Schicht ist stellenweise nicht viel weniger zelldicht als die Va, nur ist sie nicht so kontinuierlich gleichmäßig dicht, sondern es wechseln Strecken, welche bloß 20 Zellen pro 0.1 mm3 mit Strecken, welche 33 Zellen pro 0.1 mm3 haben; unter diesen Zellen sind jedoch meist bloß je sechs von 20-25 / 15 µ Größe, der Rest lauter kleinere bis herab zu 10/7 µ. Recht zahlreich kommen in Vb auch Spindelzellformen vor, und zwar sind diese vereinzelten Spindelzellen meist um ein gutes Stück größer als die in der VI. Schicht. Dort, wo Vb eine zelldichte Strecke bildet, kann man zwischen ihr und Va kaum noch einen Unterschied finden, sondern man hat den Eindruck einer einzigen breiten Schicht (Tafel XXXVII an Culmen, Höhe 20-26 cm). Sie unterscheidet sich von der V. Schicht der FG-Formation hauptsächlich dadurch, daß ihre Zellen schlanker pyramidenförmig sind mit einem oft weit verfolgbaren Spitzenfortsatz; doch ist gegen FG zu diese schlanke Zellform meist nur an den Kuppen so deutlich zu sehen, während in der Windungswand doch wieder auch mehr dreieckige Zellen auftreten. Die Grenzen der V. Sicht sind nach oben scharf, nach unten gegen die VI. Schicht nicht sehr scharf und bloß bei stärkerer Vergrößerung nach dem Unterschiede in der Zellform genau zu ziehen. Die radiäre Streifung ist in ihr sehr deutlich, die großen Zellen der V. Schicht haben je einen Trabantkern, von den kleinen jedoch nur jede sechste bis achte. In der Wand nimmt die V. Schicht um mehr als ein Fünftel an Dicke ab; Va ist in der Wand scheinbar sogar etwas dichter und deutlicher zu sehen.
Area praefrontalis. 395
VI. Die Spindelzellenschicht ist recht breit, 0.80-1.40 mm, also beinahe so breit wie in FF. Auch hier ist sie weder zellreich noch zellgroß; in FH sind die Zellen der VI viel kleiner und schmäler (dürrer) als sogar in FF, wo wir sie schon viel dürrer und schmäler als in den frontalen Formationen gefunden haben; weiter caudalwärts nimmt im Gebiete von FH selbst diese Eigentümlichkeit noch zu. Man vergleiche z. B. VI auf Tafel XXXVII und auf Tafel XXXVIII. VIa ist in FH etwas zelldichter; VIb löst sich nur recht allmählich ins Mark auf, so daß eine Breitenbestimmung immer recht willkürlich ausfällt, doch ist die Begrenzung schärfer als in FF und nimmt caudalwärts an Schärfe noch zu. Auch in der Windungswand ist VIb auch noch immer relativ breit (Tafel XXXVII links), obschon hier die Grenze gegen das Mark schon eine ziemlich scharfe ist; VIb kann sogar stellenweise auch in der Wand breiter sein als VIa. In VIa zählt man an der Kuppe ungefähr 26 Spindelzellen pro 0.1 mm3; es sind meist schmale, kleine Zellen von 10-15 (20) / 5-7 µ Größe. In der Wand zählt man ungefähr 30 Zellen pro 0.1 mm3; hier sind die Zellen nicht mehr mit der Längsachse senkrecht zur Oberfläche orientiert, sondern schief oder horizontal, und viele haben nicht mehr die Spindelform, sondern sind dreieckig oder oval; auch an Größe haben die Zellen der VIa in der Wand eingebüsst und sind nur mehr 10/10 µ. In VIb zählt man an der Kuppe ungefähr 12 Zellen pro 0.1 mm3 von ebenfalls 10-15 / 5-7 µ; die kleineren Zellen sind in der Mehrzahl. VIb ist in der Wand sichtlich zellärmer; ihre Zellen sind alle horizontal gestellt; caudalwärts und dorsalwärts, wo man sich den heterotypischen Formationen des Gyrus cinguli oder der Area FL nähert, nehmen die Zellen in VIa an Größe und Zahl etwas zu; hier überwiegen Spindelzellen von 15-20 / 15 µ. Die VI. ist im ganzen deutlich radiär gestreift.
Die Formatio praefrontalis ist, ebenso wie die der Area orbitalis (nämlich FF), nicht das, was wir ganz einheitlich eine eigene Formation nennen könnten, da sie sich nach hinten kontinuierlich im Bilde etwas ändert. Die Änderungen sind zum großen Teile durch die Einwirkung der sie umgrenzenden Bildungen bedingt und sind noch im Rahmen dessen, was wir als regionäre Änderungen bezeichnen können. Im ganzen ist die Formation eine granuläre, mittelgut geschichtete, mittelzelldichte und mittelzellbreite, die ziemlich deutlich den Anflug einer radiären Streifung trägt und von den übrigen Formationen der Stirnpolgegend sich durch die länglich ausgezogenen Zellen unterscheidet. Gegen das Mark ist sie an der Kuppe nicht gut abgegrenzt, an den Wandungen jedoch recht scharf. Sie ist dem Rindentypus 1 (2) zuzuzählen, sowie FF und FCF, denen sie in gewissem Sinne ähnlich sieht (Abb. 88).
396 Das Stirnhirn.
I. 0.20-0.26 mm; recht breit, ca. 8 Zellen pro 0.1 mm3, von 6/4 µ bis 8/5 µ.
II. 0.06-0.15 mm; schmal, mitteldeutlich, zellarm, 75 Zellen pro 0.1 mm3, 7-10 / 4-7 µ Größe.
III. 0.60-0.90 mm; breit, mittelzellreich, mittelzellgroß, Zellen schlank, 25-30 pro 0.1 mm3 und von 25-30 / 10-15 µ Größe, gut geordnet, in den unteren Partien radiäre Streifung bemerkbar.
IV. 0.10-0.24 mm; schmal, wenig zelldicht, zellklein. 90 pro 0.1 mm3 von 6/6 µ Größe, caudalwärts wird IV schmäler und zellärmer.
V. 0.40-0.58 mm; gute Breite, zellreich, zelldicht, relativ zellgroß, in Va 40 Zellen pro 0.1 mm3, 20-25 / 15 µ Größe, Vb ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3 von gleicher Größe, daneben auch viele kleinere.
VI. 0.80-1.40 mm; sehr breit, zellklein, zellarm; VIa hat 26 und VIb 12 Zellen pro 0.1 mm3. Zellen schmal und klein, 10-15 / 5-7 µ Größe, in der Wand horizontal gestellt.
Derart gebaut, überzieht die FH die untere mediane Fläche des Stirnhirns vom Gyrus rectus angefangen bis zum Sulcus rostralis superior und zum Sulcus callosomarginalis; dorsal grenzt sie an die limbischen Formationen (LA); caudalwärts an die heterotypischen Bildungen des Brocaschen Riechfeldes (FL) am sog. Sulcus parolfactorius anterior an; frontal grenzt sie an die frontopolare Formation FE, lateral und orbitalwärts an FG, so daß sie lateral caudal bis an den Sulcus olfactorius selbst knapp heranreicht. In den caudalen dorsalen Ebenen hat FH gewisse Ähnlichkeiten mit der Formation FEL infolge der sehr ausgesprochenen V. Schicht, in der die Zellen anfangen dicht zu stehen und größer zu werden als in III und daher deutlicher gürtelartig die ganze Va hervortreten lassen. Hier ist die III. Schicht eher schmal. Wir bezeichnen dieses dorsale Gebiet als FHL als Area praefrontalis limbica (Abb. 93, s. S. 444); sie ist sehr ähnlich, beinahe identisch mit der Area praefrontalis parolfactoria, die FHL, die die Übergangsbildung von FH zur Area parolfactoria FL bildet, was selbstverständlich ist, da FL eigentlich selbst eine Fortsetzung von LA ist. Auch in FHL ist das auffallendste die starke Entwicklung der Va und die Größe ihrer Zellen im Vergleiche zu III, so daß Va die auffallende Schicht der Area ist, immerhin kann man einen Unterschied zwischen FHL (Tafel XXXVIII) und FHL (Tafel XXXIX) finden darin, daß in ersterem die III. schmal ist (0.54 mm), in letzterem breit (0.90-1.00 mm). Weiter rückwärts wird die innere Hauptschicht mit Ausnahme der IV, welche progressiv caudalwärts zellärmer wird, also die V. und VI. zellgrößer und zelldichter, und die FH nähert sich im Zellbilde immer mehr der limbischen Formation. Am Sulcus parolfactorius anterior grenzt sie an den Campus parolfactorius von BROCA, welcher heterotypisch gebaut ist. Dieser Sulcus bildet jedoch keine scharfe Grenze, sondern die FH-Formation findet sich auch jenseits dieses Sulcus, jedoch in einer geringen Variante, welche als Übergangsbildung FHL gelten kann, und weiche wir als Area praefrontalis parolfactoria bezeichnen und, obschon sie in ihrem Bau doch zur FH gehört, später nochmals bei Besprechung der Formation FL genauer analysieren wollen, da es aus praktischen Gründen besser ist, sie mit der Area parolfactoria FL gemeinsam wieder zu erklären.
Daß dieses Gebiet als Übergangsteil zum Gyrus cinguli (Gyrus limbicus) gewisse Eigentümlichkeiten des letzteren schon besitzt, ist auch den frühesten Autoren schon bekannt gewesen (BETZ). Zwar rechnet CAMPBELL (Abb. 1 und 2) alles, was frontal vor und unter dem Gyrus cinguli liegt, noch zu seiner Area praefrontalis, die also unsere Area FE, FG und FH und zum Teil FF umfaßt, doch hat BRODMANN (Abb. 6 und 7) cytoarchitektonisch die Eigentümlichkeit unseres engeren Gebietes FH schon betont und dasselbe als eigene Area praefrontalis bezeichnet und von der frontopolaren Area getrennt; diesen Namen übernehmen wir daher der Einfachheit halber, da sich auch die von uns beschriebenen Gebiete topographisch ziemlich genau decken. Leider gibt er keine Beschreibung der Architektonik dieses von ihm als Feld 11 bezeichneten Areals, sondern erwähnt bloß die Grenzen; er rechnet zu demselben, wie wir schon auf S. 390 erwähnt haben, außer unserer Area praefrontalis FH nach noch das Gebiet FG dazu (Area recta), doch erwähnt er auch selbst, daß hier noch eine weitere Differenzierung möglich ist. Die von ihm dagegen bei Tieren, speziell bei Affen, als Feld 11 bezeichnete Gegend entspricht unserer Ansicht nach nicht der menschlichen Area praefrontalis, sondern gehört, soweit man hier homologisieren darf, schon zu den heterotypischen Formationen der Area parolfactoria, welche sich caudalwärts von unserem Felde FH befindet (dies sei nur nebenbei bemerkt, um späteren Irrtümern vorzugreifen).
Area praefrontalis. 397
Markbild. Bezüglich des Markbildes müssen wir aus dem eben zuletzt angeführten Grunde verzichten, die Untersuchungen von MAUS an Affen in dieser Gegend auf die betreffenden menschlichen Verhältnisse verwenden zu wollen.
ELLIOT SMITH (Abb. 3 und 4) rechnet nach seinen Untersuchungen an frischen Hirnen auch das ganze Gebiet dieser Gegend zu seiner großen Area praefrontalis, die bei ihm, ähnlich wie bei CAMPBELL, auch das Gebiet von FE und FG und noch mehr umfaßt, jedoch trennt er von derselben ein Gebiet als Area praefrontalis B ab, das ungefähr unserer FH entspricht; jedoch beschreibt er dasselbe nicht weiter und gibt auch keine Abbildung davon, so daß man bloß aus dieser Bezeichnung in seiner Hirnkarte den Schluß ziehen darf, daß SMITH auch im Markbild einen Unterschied dieser Gegend gegenüber dem polaren Teile seiner Formation gesehen hat.
An VOGTs Hirnkarte (Abb. 9 und 10) gehört FH zu der Regio I (Unistriata euradiata tenuifibrosa). Unserer Area praefrontalis FH dürften ungefähr VOGTs Felder 10, 11 und 12 entsprechen; dieselben sind nach VOGTs Angabe unistriär, euradiär, tenuifibrös, quadrizonal, ultra- und sub-ultra-tangential, also ähnlich gebaut wie der Gyrus rectus, nur daß hier aus der Molekularschicht, welche ebenfalls vier Schichten Tangentialfasern unterscheiden läßt, noch Faserbündel auch in die II. Schicht hineinreichen. Die Area hat bloß einen Baillargerschen Streifen, da der untere sich von den dichten Grundfasern der VI. Schicht nicht abhebt. Die wohl entwickelten radiären Markbündel ziehen bis in die IIIb-Schicht hinauf. Bedenken wir, daß unmittelbar hinter diesem Gebiete sich VOGTs Feld 13 befindet, welches nach seiner Angabe supraradiär ist, d. h. in welchem die Markbündel bis an die Oberfläche ziehen, was nach VOGT den Beginn des Allocortex bedeutet, so dürfte diese Homologisierung mit unserer Area FH, wie wir sie anführen, ungefähr richtig sein, da unmittelbar caudalwärts von FH auch in unserer Einteilung die heterotypischen und allogenetischen Formationen beginnen. FLECHSIG hat diese Gegend in seinem Schema nicht besonders berücksichtigt.
Die physiologische Bedeutung dieser Gegend ist uns bisher noch unbekannt, geradeso wie die der vorhergehenden Area FG und FF. Doch ist es erwähnenswert, daß vielfach auch diese Gegend des Stirnhirns (mit Teilen von FF usw.) für die Ursprungsstätte der frontopontinen Bahn gehalten wird.
Anatomische Vorbemerkung. Unmittelbar caudal von FH beginnt an der medianen und basalen Hirnfläche das „Riechhirn", das auch in seinem frontalen Abschnitt, den wir jetzt besprechen wollen, durch eigenartige architektonische Strukturen ausgezeichnet ist (Abb. 57, 58). Eigentlich sollte das ganze Riechhirn für sich selbst zusammenhängend besprochen werden, da es doch ganz anders gebaut ist als der übrige Cortex und in allen seinen verschiedenen Teilen ein organisch zusammenhängendes Ganzes bildet. Wir haben auch im allgemeinen Teil dieses Buches bei Besprechung der Entwicklung des allogenetischen Cortex, welcher in großen Zügen dem sog. „Riechhirn" entspricht, auf den entwicklungsgeschichtlichen und den grobanatomischen Zusammenhang aller dieser Teile genügend hingewiesen (S. 93-107). Doch hier verzichten wir auf eine derartige rein wissenschaftlich anatomische Sonderbesprechung mit Rücksicht auf die viel größere Bedeutung, welche den übrigen, meist isogenetischen Großhirnpartien beim Menschen zukommt. Aus praktischen topographischen Rücksichten wollen wir die einzelnen Areae des Riechhirns in ihrem topischen unmittelbaren Zusammenhang mit den übrigen Großhirnpartien der jeweiligen Hirngegend, wo sie sich befinden, besprechen, damit ihr Zusammenhang, wie wir ihn gerade auf den Hirnschnitten immer wirklich vor uns haben, aufgeklärt und nicht ihr Verständnis durch eine Trennung nach anderen Gesichtspunkten (z. B. nach der Funktion oder embryologischen Entwicklung) gestört wird. Wir werden also jetzt jenen Teil des Riechhirns, der sich ventral vom Knie des Corpus callosum befindet und der grobanatomisch zum Frontalhirn gehört, gleich hier beim Frontalhirn besprechen; jenen Teil wieder, der unmittelbar mit dem Lobus limbicus topisch zusammenhängt, bei Besprechung dieses Lobus limbicus, und ferner jenen großen Teil, der mit dem Temporallappen und dem Gyrus hippocampi eng zusammenhängt, nach Beschreibung des Temporallappens und endlich jenen kleinen Teil, der mit der Insel zusammenhängt, bei Besprechung der Insel näher erklären; immer also als einen Teil des entsprechenden Hirnlobus, mit welchem der jeweilige Teil des Riechhirns auf Schnitten durch das Gehirn zusammenhängend gefunden zu werden pflegt. So werden die verschiedenen Areae des Riechhirns natürlich aus ihrer funktionellen und entwicklungsgeschichtlichen Zusammengehörigkeit zwar gerissen und als Areae ganz anderer, ihnen eigentlich fremder Hirnlobi besprochen, mit denen sie großenteils keine andere wesentliche Beziehung haben, sondern nur einen rein äußerlichen örtlichen anatomischen Zusammenhang. Wir werden aber immer bei Besprechung dieser Areae auf ihre Zugehörigkeit zu dem sog. Riechhirn hinweisen und immer wieder auf die Zusammenhänge der verschiedenen Riechhirnareale untereinander auch noch speziell jedesmal wieder aufmerksam machen, damit jener, der das Riechhirn als solches an der Hand unserer Angaben und unserer Tafeln sich rekonstruieren möchte, ohne weiteres in den Stand gesetzt wird, dies auch wirklich zu tun 1).
[footnote p 398 1) Zur Orientierung geben wir folgende Zusammenstellung; Entwicklung des Riechhirns S. 93-107; Allgemeiner Bau S. 202-205; Areae des Riechhirns S. 222; frontaler Riechhirnanteil S. 397-431; limbischer Anteil S. 432-480; insularer Anteil S. 498; temporaler Anteil S. 738; hippocampischer Anteil S. 742-790. Hierzu die 30 Tafeln XXXIX-LII, LVIII, XCVIII-CXII (s. auch Sachverzeichnis am Schluß unter Riechhirn, Subst. perf. usw.).]
398 Das Stirnhirn.
Zum allgemeinen anatomischen Verständnis sei hier wieder auf die Entwicklung des Riechhirns (S. 93) verwiesen. Beim Erwachsenen sind die Verhältnisse an der Orbitalfläche folgende (s. Abb. 24). Der auf dem Sulcus olfactorius lose aufliegende Tractus olfactorius senkt, am caudalen Ende dieses Sulcus (s. ol.) an einer Stelle, die durch eine kleine Eminenz des Rindengraues, des Trigonum (oder Tuber) olfactorium (Tr. o.) markiert ist, seine Markfasern in die Hirnsubstanz, und teilt sich dabei in eine laterale und eine mediale Olfactoriuswurzel. Diese beiden Wurzeln sind von grauer Masse begleitet, die je einen ganz kleinen schmalen gestreckten Gyrus bilden, den Gyr. olf. lat. und den Gyr. olf. med. (g. ol. lt. und ml.), welche beide mit dem übrigen Cortex der Orbitalfläche vorn zusammenhängen, nach hinten aber gegen die Substantia perforata ant. (S. p. a.), welche keine Cortexbildung hat, sich absetzen und also gleichsam dieserart den Saum des Cortex bilden. Der Gyr. olf. lat. zieht lateral zum Inselpol (IP.) biegt hier zuerst nach hinten und dann wieder medial um, so daß er am Inselpol einen spitzen Winkel bildet; der vordere Schenkel dieses medialwärts offenen Winkels bildet also den Saum des Orbitalen Frontalhirns, der Scheitel den Saum des Inselpols, der hintere Schenkel legt sich an den orbitalen Temporalpol an und bildet so den vorderen Saum desselben an seiner vom Temporalpol gedeckten Anwachsungsstelle an der Hirnbasis. Hier endet der Gyr. olf. lat. dann medial im Gyr. semilunaris (g. sml.) des Uncus. Innerhalb dieses Winkels des Gyr. olf. lat. liegt bis zur Mittellinie die Subst. perforata ant., die vorn medial bis an das Trigon. olf. und den medialen Olfactorius Gyrus reicht. Letzterer (g. ol. ml.) zieht vom Trig. olf. (Tr. o.) medialwärts, so vorerst auf diese ganz kurze Strecke an der Orbitalfläche den hinteren schmalen Rindensaum des Gyrus rectus (g. r.) gegen die medialste Partie der Subst. perf. bildend, von ihr durch die seichte Fissura rhinica (s. parolf. post.) getrennt. An der medialen Hirnkante der Orbitalfläche angelangt, biegt er mit der ganzen Rindenoberfläche senkrecht im rechten Winkel auf die mediane Hirnoberfläche in die Höhe (Abb. 22) und bildet an ihr senkrecht bis unterhalb des Balkenrostrums (Rst.) aufsteigend, den hinteren Randwulst (g. ol. m.) des Brocaschen Carrefour olfactif (AB), der also auch hier nach hinten vom Sulc. parolf. post. (s. pol. p.) begrenzt ist. Die Subst. perf. ant. (Abb. 24) geht an der medialen Hirnkante der Orbitalfläche des Gehirns hinten unmittelbar vor dem Opticus in die vordere unpaarige Wand die Lamina terminalis (lt.) über, etwas weiter vorn biegt aber ihre vordere mediale Partie (BB) ebenfalls auf die mediane Hirnwand als sog. Stylus septi über und lagert sich (Abb. 22) in den Sulc. parolf. post., also zwischen hinteren Rindensaum (hinteren Randwulst des Brocaschen Carrefour = Gyr. olf. med.) und eben der Lamina terminalis (und ihrer dorsalen Fortsetzung = Lam. rostralis und Balken) ein, wo sie einen kleinen, parallel zum hinteren Rindensaum des Carrefour verlaufenden gyrusartigen Wulst, den Gyrus subcallosus (g. sc.) bilden kann, der weiter dorsal mit dem Induseum griseum (ig.) zusammenhängt, während das Carrefour olfactif von Broca (AB) mit dem Gyrus cinguli (limbicus) (L) zusammenhängt. Dieser kleine Gyrus subcallosus ist also eigentlich eine Fortsetzung der Substantia perforata und somit kein eigentlicher Cortexanteil, wie wir noch später sehen werden. Vom Cortexsaum ist er, wie gesagt, vom Sulc. parolf. post. getrennt; dort, wo der Gyr. subcallosus stark entwickelt ist, sieht man eine seichte Furche als seine hintere Begrenzung gegen die Lamina rostralis (terminalis), und man könnte dieselbe Sulc. parolf. postremus (s. pol. ps.) nennen. Frontal vom Gyr. subcallosus beginnt im Sulc. parolf. post. der Rindensaum, der dem Gyr. olf. med. entspricht und manchmal ebenfalls als kleiner Wulst in frontocaudaler Richtung ziehend zu sehen ist (Abb. 22); in diesem Falle möchten wir diesen kleinen Randwulst als Gyrus geniculatus (g. g.) bezeichnen - bisher wurde dieser Ausdruck als synonym für den Gyrus subcallosus gebraucht (ZUCKERKANDL), wir möchten zur leichteren arealen Orientierung diese Ausdrücke in der vorgeschlagenen Art trennen -, die seichte Furche, die in diesem Fall diesen Gyrus geniculatus (g. g.) von dem Brocaschen Carrefour trennt, möchten wir zur leichteren Orientierung als Sulcus parolf. medius bezeichnen. So haben wir also in der subrostralen Gegend (Abb. 22) von vorn nach hinten schreitend hintereinander nach dem Ende der medianen Partie der ersten Frontal- (F 1 m.) und der frontolimbischen Windung (g. fl. a.) den Sulc. parolf. ant. (s. pol. a.), das Carrefour olf. von BROCA (AB), den Sulc. parolf. medius (s. pol. m.), den Gyrus geniculatus (g. g.), den Sulcus parolf. posterior (s. pol. p.), den Gyrus subcallosus (g. sc.), den Sulcus parolf. postremus (s. pol. ps.) und die Lamina terminalis (lt.) (rostralis).
Area Parolfactoria. 399
Wenden wir uns nun wieder zur Basalfläche (Abb. 24), von der wir ausgegangen sind! Wir haben den Verlauf des Gyrus olf. med. bis zum Trigonum olfactorium (auch tuber olf. genannt), dann den geknickten Verlauf nach außen des Gyrus olf. lat. beschrieben und gesagt, daß sich die Substantia perforata (S. p. a.) von dem Winkel des Gyrus. olf. lat. nach vorn und medial erstreckt. Ihre vordere Grenze ist der sehr seichte Sulcus arcuatus rhinencephali (s. a. rh.), der die Fortsetzung des oben genannten Sulcus parolf. post. an die Basis darstellt; ihre hintere Grenze ist lateral ebenfalls noch von dem nach hinten medial umbiegenden Endhaken dieses Sulcus und dann hinten und medial vom Tractus opticus und Chiasma gebildet. Auf der rechten Seite der Abb. 24 ist dem Temporalpol und ein Teil des Chiasmas abgetragen, um die topographischen Verhältnisse deutlich sichtbar zu machen. In dieser Ausdehnung hat die Substantia perforata einen frontocaudalen Durchmesser von 7-10 mm und einen größten queren von 16-19 mm. Ihre hintere Grenze gegen den N. opticus wird manchmal ebenfalls als Sulcus parolf. posterior bezeichnet, was vielfach zu Verwechslungen Anlaß gibt; da diese hintere Grenzfurche der Substantia perforata in der Fortsetzung des Sulcus parolfactorius postremus des Gyrus subcallosus der Medianfläche liegt, wollen wir sie lieber ebenso bezeichnen (s. pol. ps.). Nach BECCARI (s. auch 12. Kap. D, 1, §6) unterscheiden wir an der Substantia perforata anterior einen den vorderen und lateralen Teil derselben einnehmenden, unmittelbar hinter dem Trigonum (oder Tuber) gelegenen, manchmal etwas leicht vorgewölbten Teil das sog. Tuberculum olfactorium, auch Colliculus nuclei caudati genannt (Tu. o.), weil hier der Streifenhügelkopf bis hart an die Oberfläche reicht, und einen hinteren größeren Teil, das sog. Planum septale, welcher die ganze übrige Subst. perf. ant. ausmacht, der lateral im Winkel des Gyrus olf. lat. beginnt und medial sich verjüngend nach vorn zieht und als Stylum septi bei BB auf die Medianfläche tritt und im Gyrus subcallosus seine Fortsetzung findet. Eine seichte Furche, der Sulcus diagonalis (s. d.), trennt Tuberculum und Planum voneinander. Das Brocasche Band BB besteht aus einzelnen Markfasern, die in dem Sulcus diagonalis nach hinten zum Hippocampus laufen, doch ist dasselbe gewöhnlich nicht recht zu sehen.
400 Das Stirnhirn.
Nach dieser grobanatomischen Skizze dieser Gegend kehren wir vorerst nun zur mikroanatomischen Charakterisierung der subrostralen Partie der medianen Stirnhirnfläche zurück, auf der wir zuletzt die Area praefrontalis FH als hinter dem Stirnpol und über dem Gyrus rectus und unter dem Gyrus limbicus gelegen beschrieben haben und orientieren uns über die Verteilung der Areae auf diesen anatomischen Gebieten.
Unmittelbar hinter der FH können wir an der medianen Hirnfläche unter dem Balkenknie und dem mit demselben konzentrisch umbiegenden Gyrus limbicus vier Formationen unterscheiden (Abb. 93), die direkt hintereinander gereiht sind und welche eigentlich einen recht allmählichen Übergang ihrer Architektonik ineinander aufweisen. Da es sich dabei um einen schrittweise vor sich gehenden allmählichen Verlust nicht nur an Zellen, sondern an gewissen Schichten handelt und das Bild sich von einer Stelle zur ändern kontinuierlich ändert, ist es am besten, auch den feineren anatomischen Zellaufbau dieses ganzen Gebietes gemeinsam zu besprechen. Wir haben es der Übersichtlichkeit halber in die vier obengenannten Areae eingeteilt, die wir zur leichteren Erklärung der Verhältnisse so bestimmt haben. Es könnte ein nach uns kommender Untersucher finden, daß es vielleicht besser ist, mehr oder weniger Areae in dieser Gegend als Unterteilung einzuführen. Vielleicht wird er damit recht haben; wir glauben aber, daß wir auch mit dieser Einteilung uns ebenfalls genügend verständlich werden machen können.
Unmittelbar nach rückwärts von FH schließt sich, wie Abb. 93 zeigt, die Übergangsformation Area praefrontalis parolfactoria FHL an; auf diese folgt nach hinten die Area parolfactoria FL, an diese schließt sich die Area geniculata FM an und an letztere die Area praecommissuralis FN, die wir so benennen, um ihre ungefähre topographische Lage vor der vorderen Commissur und der Lamina terminalis anzudeuten. Alle diese Formationen befinden sich auf dem flachen Hirnteile an der medianen Hirnfläche, welcher unter dem vorderen Balkenende (Rostrum) bis zum Sulcus olfactorius sich erstreckt. Vorn ist, wie Seite 399 gesagt, dieses Gebiet vom sehr seichten Sulcus parolfactorius anterior, nach rückwärts von der Lamina terminalis (rostralis) begrenzt. Die Lage der nun hier besprochenen Areae hält sich ungefähr, aber nicht genau an die grobanatomischen Verhältnisse (s. Abb. 93 und 32, ferner Tafel XXXIX und XL) (dabei möchten wir auch noch speziell betonen, daß die hier angeführten Grenzen nur eine approximative Geltung haben und daß die einzelnen Areae, zumal sie, wie wir schon gesagt haben, selbst nicht scharf getrennt sind, sich auch an die grobanatomischen Verhältnisse, die wir eben andeuten, nicht genau halten): Die Area FH reicht (Tafel XXXIX, Strich l) nach rückwärts ungefähr bis zum Sulcus parolfactorius anterior (Tafel XXXIX, Pfeil a); annähernd im Gebiete des Sulcus selbst liegt die Übergangsarea FHL als an der Hirnoberfläche ca. 2.5 mm schmaler, dorsoventraler Streifen (von Strich 1 bis Strich 2, Tafel XXXIX); darauf folgt die Area FL nach hinten (im Bilde nach rechts) bis zirka zum sog. Sulcus parolfactorius medius, welche demnach das Brocasche Riechfeld größtenteils einnimmt (von Strich 2, Tafel XXXIX bis Strich 5 der anschließenden Tafel XL). Die Area geniculata FM befindet sich dann unmittelbar caudal davon, also hinter dem Sulcus parolfact. medius (Tafel XL, Pfeil ß) am hinteren Randwulst dieses Brocaschen Riechfeldes, auf dem vorderen Teile der von uns als Gyrus geniculatus bezeichneten Wölbung von Strich 5-6, Tafel XL; zwischen ihr und der Lamina rostralis (lt) befindet sich die Area praecommissuralis FN (von Strich 6 bis 7, Tafel XL), welche hier an dieser Stelle äußerst schmal ist und kaum 0.5 mm in frontocaudaler Ausdehnung ausmacht; bei manchen Gehirnen bildet sie jedoch, speziell unter dem Übergang des Balkenrostrum in die Lamina rostralis (lt) und dann auch wieder weiter ventral an der Umbiegungskante der Medianfläche zur Orbitalfläche einen eigenen, etwas dickeren kleinen Wulst, den wir nach der oben gegebenen anatomischen Auseinandersetzung (S. 399) als Gyrus subcallosus bezeichnen. Es halten sich also, wie man sieht, die Areae ziemlich an die kleinen Furchen und Windungen dieser Gegend 1). [footnote p 401 1) Der Schnitt, der auf Tafel XL abgebildet ist, geht leider außerhalb von der breitesten Stelle dieses Gyrus subcallosus, so daß derselbe hier nicht mehr recht zu sehen ist. Tafel XLI, Bild 1, zeigt aber rechts einen Anschnitt dieses Gyrus in bloß 50facher Vergrößerung an der Umbiegungskante zur Orbitalfläche. Die Größe der Zellen ist für diesen Gyrus typisch.]
Area Parolfactoria. 401
Mit freiem Auge läßt sich an einem sagittalen Schnitte, der dieses Gebiet senkrecht trifft, so daß man auf einem Schnitte hintereinander diese Areae vor sich hat, an ihnen von vorne nach rückwärts ein allmähliches Schmälerwerden der Rinde beobachten (Tafel XXXIX und XL), bis die Area geniculata FM gleichsam in einer kleinen Erhebung endet, jenseits welcher auf einer letzten kleinen Erhebung die Area praecommissuralis folgt, eine Struktur ist mit freiem Auge nicht deutlich zu sehen bis auf einen etwas dunkleren horizontalen Streifen, der in der Tiefe der Rinde von vorn nach rückwärts ziehend zu sehen ist und vielleicht der Va-Schicht entsprechen dürfte. Die I. Schicht erscheint auch mit freiem Auge schon recht breit.
Die Dickenabnahme (s. Abb. 26 und 27) erfolgt ziemlich rapid; von ungefähr 3 mm Gesamtdicke der FH-Formation sinkt das Gebiet hinter dem Sulcus parolfactorius anterior rasch auf 2.6 mm und in der Area parolfactoria des Broca auf 2.2 mm und 1.9 mm, im Gebiete des Gyrus geniculatus auf 1.4 mm und darunter.
Bei Betrachtung mit schwacher Vergrößerung erkennt man, wenn man diese Formationen an einem Präparate der Reihe nach von vorn nach hinten durchsucht, den allmählichen Übergang dieser verschiedenen Areae ineinander. Man bemerkt durchweg eine radiäre Streifung der Rinde (Abb. 46). Tafel XXXIX und XL ergänzen einander; es sind zwei Photographien von einem Schnitte, der von vorn nach hinten durch das Brocasche Riechfeld geführt ist; die erstere ist aus dem frontaleren Anteil in der Gegend des Sulcus parolfactorius anterior aufgenommen, die letztere aus dem caudalsten Teil, so daß auch die Lamina rostralis darauf getroffen ist (rechtes Bildende). Zwischen XXXIX und XL würde ein Gebiet von der Breite der Tafeln (also ca. 4 mm) entfallen, welches cytoarchitektonisch wie das rechte Bildende von XXXIX und das linke Bildende von XL gebaut ist, so daß durch dessen Auslassung nichts am Verständnis dieser Gegend verlorengeht. Schon in den hinteren Partien von FH kommt, wie wir wissen (Abb. 80), eine Verdichtung der Va-Schicht zustande (s. S. 396); noch weiter nach rückwärts (Tafel XXXIX links) wird die I. Schicht breiter; die II. Schicht wird undeutlicher, schmäler, zum Teil lückenhaft, und besteht schließlich nur aus vereinzelten Gruppen etwas größerer Zellen; die III. Schicht wird breit, radiär gestreift, ihre Zellen werden durchweg gleichmäßig schlank und ausgezogen, sind in beinahe allen Tiefenlagen gleich groß; die IV. Schicht ist spärlich bevölkert und schmal; die V. dagegen wird breit, ihr oberer Teil Va dichtzellig und mit vielen Pyramidenzellen besetzt, die größer sind als die Zellen der III. Schicht; ihr unterer Teil Vb wird deutlich lichter und enthält einzelne Zellen von recht auffallender Pyramidenform mit einem lang ausgezogenen Spitzenfortsatz; auch die VI. Schicht wird breit, VIa ist recht dichtzellig, dabei eher kleinzellig; VIb ebenfalls verhältnismäßig recht zellreich, gegen das Mark wird die Abgrenzung wieder eine gute. Diese Beschreibung entspricht der präfrontalen Übergangsbildung FHL. Weiter nach rückwärts (d. h. nach rechts auf der Tafel) schließt sich daran ein Gebiet, welches eigentlich nichts anderes ist als die etwas modifizierte ventrale Fortsetzung des Gyrus limbicus und somit der später zu besprechenden limbischen Formationen LA1, A2 und A3 auf diese mediane Fläche (BROCAs Carrefour) des Frontalhirns, und die auch noch die charakteristische Bauart derselben erkennen läßt (Abb. 93). Es ist dies das Gebiet der eigentlichen Area parolfactoria FL, welches hinter FHL sich im Rindendickendurchmesser allmählich zuspitzend an dasselbe anschließt. Es entwickelt sich aus FHL dadurch, daß sich die I. Schicht noch sehr bedeutend verbreitert, die II. Schicht noch diskontinuierlicher wird und als eigentliche Schicht kaum noch zu erkennen ist, die III. Schicht sich allmählich, doch recht auffällig, wieder verschmälert, die IV. Schicht, die ohnehin schon schmal war, sich ebenfalls nach rückwärts noch zusehends verschmälert und ihre Zellzahl immer mehr und mehr einbüßt, die Va-Schicht dagegen noch zelldichter wird und auch Vb zellreicher wird und allmählich seine deutliche Aufhellung wieder verliert. Es mehren sich gleichzeitig in Vb jedoch jene uns schon aus FH bekannten Pyramidenzellen, welche viel schlanker und mit viel weiteren Spitzenfortsätzen versehen sind als die Zellen in Va; sowohl die Zellen in Va als ganz besonders die in Vb werden caudalwärts viel größer als die in der verschmälerten III. Schicht (s. Tafel XL, linker Bildrand). Die VI. Schicht wird besonders in VIa viel schmäler und etwas zelldichter; VIb wird ebenfalls viel schmäler, verliert jedoch den größten Teil seiner Zellen. Die eben besprochenen Veränderungen gehen in den frontalen drei Vierteln des Carrefour von BROCA vor sich und stellen die Area parolfactoria prima et secunda (FL1 und FL2) dar, von Strich 2, Tafel XXXIX bis Strich 4, Tafel XL. Noch weiter nach hinten hat sich die Rinde noch mehr verschmälert bis auf 1.5 mm Dicke, hier zwischen Strich 4 und 5, Tafel XL, ist die II. Schicht ganz geschwunden und bildet bloß einen rundlichen glomerulösen Haufen größerer Zellen (Tafel XL, Höhe 29 cm, Breite 23 cm), der mit den Zellen der darunterliegenden ganz schmal gewordenen III. Schicht verschmolzen ist; die IV. Schicht ist ganz verschwunden, und die V. Schicht grenzt unmittelbar an die III. Schicht an. Sie ist auch hier deutlich in eine Va-Schicht geteilt, welche dreieckige dunkle Pyramidenzellen besitzt, und eine Vb-Schicht, welche die schlank ausgezogenen, mit langem Spitzenfortsatz versehenen größeren Pyramidenzellen enthält. Die VI. Schicht darunter ist schon sehr schmal und besitzt relativ wenige spindelförmige, zum großen Teile horizontal oder schief gestellte Zellen. Dieses Gebiet entspricht vom hinteren Teile von FHL bis hierher dem Riechfelde BROCAs (Carrefour olfactif) und ist in seiner größten Partie von unserer Area parolfactoria FL eingenommen, welche, wie gesagt, gleichsam die Fortsetzung der limbischen Formation LA auf dieses flache Brocasche Feld bedeutet; sie ist heterotypisch wie diese (s. Abb. 56, 57 und 58); es lassen sich auch an ihr von vorn nach hinten vorschreitend in verkürzter Form die Änderungen der limbischen Formationen LA1, LA2, LA3 erkennen, indem der erste Teil dieser Bildung FL, der noch einzelne Körner in IV enthält, als FL1 ungefähr der Fortsetzung von LA1 entspricht und FL2 ebenso LA2; in seinen letzten Partien FL3, wo die Schichtenstruktur schon nicht mehr deutlich erkennbar ist (Strich 4-5), aber LA3, d. h. der innersten limbischen Formation gleichkommt; FL1 ist von den drei Arealen das breiteste, ca. 6 mm in frontocaudaler Richtung, FL2 und FL3 sind bloß schmal streifenförmig 2 mm und 1 mm breit. In die auffallend breite I Schicht von FL strahlt vorn die Taenia obtecta ein und bildet einen oberflächlichen Markbelag, den man am Zellbilde nicht sieht; doch erkennt man auch hier, daß die oberflächliche Lage der I. Schicht eine andere Grundstruktur aufweist als die tiefere. Hinter FL3, also hinter Strich 5, Tafel XL, d. i. in der Vorgegend des Sulcus parolfactorius posterior, hört die II. Schicht nach der genannten glomerulusartigen Häufchenbildung ganz auf und ebenso die III. Schicht, indem sie sich würzelförmig zuspitzt (in der vertikalen Fortsetzung des Striches 5). Die IV. Schicht hat ja schon, wie gesagt, längst viel weiter frontalwärts aufgehört. Nun hört auch die Va-Schicht an dieser Stelle (Strich 5) scheinbar großenteils auf; im Sulcus parolfactorius medius (Pfeil β, Tafel XL) oder, falls dieser nur ganz seicht oder überhaupt nicht vorhanden ist, an einem Zapfen (Z) der I. Schicht, der hier gegen die Tiefe zieht und auf Tafel XL unmittelbar rechts vom Strich 5 gut zu sehen ist und der gleichsam in verkürztem Maße eine Furchung und ein Windungstal (des Sulcus parolf. medius) andeutet. Caudalwärts von diesem ca. 0.6 mm in die Tiefe springenden Zapfen ziehen die oberen Schichten der Hirnrinde so gut wie gar nicht mehr weiter, sondern es steigt eigentlich bloß die Vb-Schicht mit ihren langen spitzen Zellen hinter dem Zapfen senkrecht wandartig in die Höhe und hinter ihr und mit ihr die Zellen der VI. Schicht. Nur wenige Pyramidenzellstränge aus III und Va scheinen auch hinüberzuziehen. Diese eigentlich nur mehr aus drei Schichten bestehende Rindenpartie (aus der breiten I. Schicht, aus der Vb-Schicht und der VI. Schicht) nimmt den größten (vorderen) Teil des Gyrus geniculatus ein. Daher wollen wir sie Area geniculata FM nennen; diese Formation ist nichts anderes als die Fortsetzung des Gyrus olfactorius medialis, mit dem sie ventral auch zusammenhängt an der Umbiegungskante der Orbitalfläche zur Medianfläche des Gehirns (S. 400). Jenseits derselben finden wir zwischen Strich 6 und 7 auf Tafel XL ein kleines Gebiet, welches nur aus der Molekularschicht und einer regellosen Ansammlung größerer und kleinerer Zellen besteht. Dies ist die Area praecommissuralis FN. Diese schmale Rinde, die unmittelbar an die Lamina rostralis grenzt, hängt dorsal mit dem Induseum griseum corp. callosi zusammen. Tafel XL zeigt gerade den Übergang der FN in das Induseum, und sie hat hier beinahe den einfachen zellarmen Bau desselben. Ventralwärts von dem Schnitt bildet sie jedoch einen eigenen kleinen Wulst, den Gyrus subcallosus, der zwischen Sulcus parolf. post. und Lamin. rostr. parallel zu dieser ventral zieht. Er besteht aus grauer Masse, die aber nicht eigentliche Rindenbildung zeigt, sondern, wie eben gesagt, aus einer breiten Molekularschicht besteht und darunter (besser als auf Tafel XL, die einen Übergang bloß darstellt, zu sehen war) im Grau verstreut recht große Zellen enthält, welche ziemlich weit voneinander abstehen; diese Zellen geben diesem Gebilde ein von wirklicher Rinde ganz verschiedenes Aussehen, das eher an eine ganglionäre Masse erinnert als an eine Cortexbildung. Dieses Gebilde des Gyrus subcallosus, das also eigentlich gar nicht zur Hirnrinde im engeren Sinne gehört, nennen wir, wie gesagt, Area praecommissuralis FN; an der Basis geht sie in die Subst. perforata über. Am besten und schönsten ausgeprägt findet man FN an sagittalen Schnitten in der Nähe der Umbiegungsstelle der medianen Hirnwand in die basale, wie auf Tafel XLI, Bild 1, wo links vom Sulcus parolf. post. der Gyrus olfact. medialis mit seiner Formation FM, rechts der Gyrus subcallosus mit der Formation FN zu sehen ist, die Vergrößerung ist in diesem Bilde bloß eine fünfzigfache. Es ändert sich also der Bau der Hirnrinde hier allmählich; vom homotypischen isogenetischen Cortex, den FH und noch FHL darstellt, kommt man zum heterotypisch gebauten isogenetischen Cortex FL1 und FL2 und dann zu dem schon sehr verschieden gebauten Teil FL3, bei dem man im Zweifel ist, ob man ihn zum heterotypischen isogenetischen Cortex oder schon zum allogenetischen Cortex rechnen soll, von hier zum allogenetischen rudimentären Cortex FM, der noch einzelne Schichten (l, V und VI) des isogenetischen erkennen läßt, und zuletzt zum ganz anders gebauten ganglionären FN, das einen primitiven Cortex darstellt (s. S. 203).
402 Das Stirnhirn.
Area Parolfactoria. 403
Die Verschmälerung der Rinde dieser Teile von vorn nach hinten ist eine kontinuierlich progressive, es ist also, wie schon gesagt, nicht möglich, allgemeingültige Zahlen hier zu geben, sondern bloß die Erfolge der Messungen an willkürlich gewählten cytoarchitektonisch bestimmten Stellen, um ein ungefähres Bild von der progressiven Veränderung der Breite der einzelnen Schichten und ihres Verhaltens zueinander zu geben.
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | |
FHL bei einer Gesamtbreite von 3.2 mm | ||||||||||
0.22 | 0.12 | 1.00 | 0.18 | 0.60 | a0.20 | b0.40 | 1.00 | mm | a0.60 | b0.40 |
FHL bei einer Gesamtbreite von 2.6 nun weiter caudal | ||||||||||
0.22 | 0.10 | 0.70 | 0.12 | 0.66 | a0.32 | b0.34 | 0.84 | mm | a0.44 | b0.40 |
FL1 bei einer Gesamtbreite von 2.2 mm | ||||||||||
0.34 | 0.10 | 0.80 | (0.08?) | 0.46 | a0.26 | b0.20 | 0.50 | mm | a0.23 | b0.27 |
FL2 bei einer Gesamtbreite von 1.99 mm | ||||||||||
0.26 | 0.00 | 0.70 | 0.00 | 0.56 | a0.26 | b0.30 | 0.47 | mm | a0.22 | b0.25 |
FL3 bei einer Gesamtbreite von 1.8 mm | ||||||||||
0.20 | 0.30 glomerul. |
0.50 | 0 | 0.50 | a0.25 | b0.25 | 0.30 | mm | a0.10 | b0.20 |
FM bei einer Gesamtbreite von 1.4 mm | ||||||||||
0.30 | 0 | 0 | 0 | 0.70 | 0 | 0.70 | 0.40 | mm | a0.20 | b0.20 |
FN | ||||||||||
0.50 | (0.30) |
404 Das Stirnhirn.
Relative Zahlen (Proportionalgleichung):
I | II | III | IV | V | VIa | |
FHL | 0.08 | 0.04 | 0.37 | 0.07 | 0.22 | 0.22 |
FL1 | 0.18 | (0.02) | 0.45 | (0.02) | 0.17 | 0.16 |
FM | 0.25 | - | - | - | 0.59 | 0.16 |
Diese Zahlen geben wenigstens einige Anhaltspunkte zur Beurteilung, in welcher Art die Rindenschichten caudalwärts sich verändern und dadurch das Bild der Areae wechselt; man vergleiche hierzu die Abb. 68 und 69, Abb. 72 und 73, Abb. 77 und 78 und Abb. 83 und 84, welche das verschiedene Verhalten in den Dickenverhältnissen der einzelnen Schichten anschaulich wiedergibt.
Wir wollen in diesem Paragraphen dieses ganze Gebiet, da seine verschiedenen Areae fließend ineinander übergehen, einheitlich besprechen, weil es gerade auf diese Art leichter möglich ist, die Übergänge klarzumachen.
Sie ist eigentlich eine Übergangsformation der Area praefrontalis in diese Gebiete unter dem Corpus callosum und hätte eigentlich als Variante bei der Area FH in §5, S. 396 derselben besprochen werden sollen; wir besprechen sie jedoch erst hier, weil dadurch die Übersichtlichkeit der Verhältnisse eine bessere wird.
I. Die Molekularschicht ist 0.22 mm breit, also schon äußerst breit für ihre Dicke und relativ zellreich. In ihren oberen Partien Ia besonders zellreicher, in den unteren Ib dagegen zellärmer. In den oberen Partien zählen wir, alles zusammengenommen, ca. 70 Kerne pro 0.1 mm3, von denen ungefähr 15, also eine recht große Anzahl, Nervenzellen zu sein scheinen, von 8/8 µ bis 10/10 µ Größe, also größer als sonst gewöhnlich in der Molekularschicht.
II. Die äußere Körnerschicht mißt 0.10-0.12 mm, ist also sehr schmal; die Schicht ist nicht kontinuierlich, sondern vielfach unterbrochen, so daß man im Zweifel ist, ob man sie als Schicht werten soll, was wir auf der Tafel so: II? ausdrücken. Die Zellen zeigen eine Neigung zur Zellhäufchenbildung. In so einem Haufen zählen wir gegen 100 Zellen pro 0.1 mm3, während in den lückenhaften Stellen dazwischen höchstens 50 Zellen pro 0.1 mm3 und weniger zu sehen sind. Es handelt sich dabei meist gar nicht um wirkliche Körnerzellen, sondern um dreieckige und polygonale Zellen, welche sehr verschieden orientiert wie durcheinandergewürfelt aussehen; auch sehr verschieden an Größe sind sie; stellenweise finden sich unter ihnen Zellen, die ebenso groß oder größer sind als die Zellen der oberen Lage der III. Schicht; solche größere Zellen können auch zu kleinen Gruppen vereint sein; meist ist die Größe 13/6 µ oder 15/13 µ, auch bis zu 20/12 µ.
III. Die Pyramidenschicht ist 0.80-1.0 mm dick; die Pyramidenschicht ist also recht breit, absolut sowohl als relativ genommen, sie zeigt sogar eine gewisse Zunahme gegenüber FH oder gar gegenüber FE, worin allein schon die Berechtigung liegt, diesen Bezirk als eigene Variante hervorzuheben. Diese Breite der III. Schicht ist mit zum großen Teile die Ursache für die hohen Zahlen der Gesamtbreite, die hier bis zu 3.2 mm betragen kann, was im Vergleiche zur Durchschnittsbreite der FH, die bloß 2.7 mm bis 2.8 mm beträgt, nicht unbedeutend ist. Sobald auch weiter nach rückwärts zu die Rinde an Breite wieder abnimmt (Tafel XXXIX bei Strich 2), geschieht dies zu allererst und am meisten auf Kosten der III. Schicht. Die Zellen sind ziemlich gleich groß in allen Höhenlagen der III., so daß dieselbe ziemlich einförmig aussieht, die Zellen selbst haben Pyramidenform, aber keine besonders ausgeprägte, da die Basis ebenfalls etwas vorgetrieben ist, man könnte beinahe von einer Tropfenform sprechen. In geringem Maße zeigen die Zellen wohl eine minimale Zunahme ihrer Größe in den tieferen Lagen, jedoch finden sich eigentlich alle Zellgrößen in allen Höhenlagen vertreten. Man hat also hier keine Ursache, eine Unterteilung in IIIa und IIIb vorzunehmen. Unterhalb der II. Schicht hat man an manchen Stellen unmittelbar den Eindruck einer gewissen Aufhellung; im obersten Teile von III zählen wir ca. 50 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die Hauptzahl 25/12 µ mißt. Einzelne sind kleiner. In den mittleren Partien von III zählen wir ebenfalls 45-50 Zellen pro 0.1 mm3, von derselben Größe 25/12 µ. Hier finden sich einzelne Zellen, welche diese Größe unbedeutend übersteigen. In den tiefsten Partien von III zählen wir ebenfalls 48 Zellen pro 0.1 mm3 von der gleichen Größe 25/12 µ; ganz vereinzelte davon erreichen auch die Größe von 30/18 µ. Dieses Verhalten gibt also ein ziemlich eintöniges gleichmäßiges Aussehen betreffs Verteilung, Größe und Dichtigkeit des Zellbelages. Dabei ist eine ganz leichte radiäre breite Streifung der Rinde zu bemerken. Von den hier angeführten Zellen haben meist bloß jede zweite oder dritte einen Trabantkern.
Area Parolfactoria. 405
IV. Die innere Körnerschicht ist äußerst schmal, 0.12-0.18 mm; ihre Grenzen sind unscharf, da viele nicht zu ihr gehörige Zellen aus der III. und V. Schicht in sie hineinreichen. Wir zählen in der IV. Schicht ca. 100 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind ungefähr 35 (!) kleine und mittelgroße zu III oder V gehörige Pyramidenzellen und ungefähr 65 Körnerzellen, welche nur zum geringsten Teile wirkliche Körnerform haben, die meisten sind von 7-12 / 7 µ Größe, und sind kleinpyramidenförmig oder dreieckig. Aus dieser Beschreibung ersieht man, daß hier mehr als sonst die IV. Schicht schon kaum mehr eine eigene Schicht im wahren Sinne des Wortes ist, sondern aus einer Ansammlung von Körnern in den aneinandergrenzenden tiefsten Teilen von III und obersten Teilen von V darstellt. Je weiter man nach rückwärts nun vorgeht, desto spärlicher verteilt findet man die kleinen Zellen, bis man schließlich den Eindruck einer eigenen Schicht ganz verliert.
V. Die ganglionäre Schicht ist 0.60-0.70 mm breit, die ganglionäre Schicht ist also absolut und relativ recht dick; sie zerfällt hier deutlich in zwei Unterschichten von ziemlich gleicher Breite; die obere Va ist zelldicht und zellgroß, enthält ungefähr 50 Zellen pro 0.1 mm3, die Zellen sind größer als in III, und zwar 26-32 / 13-20 µ. Sie sind protoplasmareicher als sonst und färben sich viel dunkler und haben einen deutlichen, recht weit ausgezogenen Spitzenfortsatz. Die Vb-Schicht ist nur sehr wenig lichter als die Va (wie wir dies im Grundtypus FH schon erwähnt haben); sie enthält gegen 32 Zellen pro 0.1 mm3, welche eine ganz eigentümlich schlank ausgezogene Pyramidenform haben mit einem sehr weit verfolgbaren Spitzenfortsatz, der auf Strecken, die zwei- bis dreimal die Zellänge betragen, oberflächenwärts noch ziemlich gut gefärbt zu verfolgen ist. Außer diesem Spitzenfortsatz haben die Zellen auch sehr deutliche große Dendriten, die von der Basis der Zelle ausgehen. Die Zellgröße beträgt 39/13 µ; sie sind also schon größer als in FH; sie sind sehr genau senkrecht zur Oberfläche orientiert und durch ihre eigentümliche parallele Aneinanderreihung und ihre spitz ausgezogenen Enden erinnern sie an eine Phalanx. Jede zweite von ihnen hat einen Trabantkern.
VI. Die Spindelzellenschicht ist ebenfalls recht breit, 0.84-1.0 mm, zerfällt in eine zellreiche, zelldichte, relativ recht große, etwas bandförmig aussehende obere VIa-Schicht, deren Zellen meist klein, spindelförmig, jedoch zum Teil auch dreieckig sind; es sind ihrer ca. 60 pro 0.1 mm3 von 26/13 µ Größe. VIb ist zellärmer, ca. 36 Zellen pro 0.1 mm3, von 13-15 / 10-23 µ Größe. Die Zellen sind nur zu einem Teile spindelförmig, eine große Anzahl derselben besonders in den tieferen Partien sind dreieckig und pyramidenförmig. Diese Änderung der Zellform der VI. Schicht ist für diese Gegend recht charakteristisch und nimmt caudalwärts immer mehr zu, so daß schließlich die dreieckigen und Pyramidenformen auch in der VI. Schicht überwiegen, und da sie ebenfalls immer schlanker und ausgezogener werden, von den Zellen der V. Schicht immer weniger unterschieden werden können; doch kommen unter ihnen noch immer recht zahlreich auch Spindelzellen vor. Die Grenze gegen das Mark ist in FHL schon recht scharf, caudalwärts wird sie immer genauer und schärfer.
406 Das Stirnhirn.
Dieses FHL geht nun unmittelbar in die hinter ihr befindliche Area parolfactoria FL über (Tafel XXXIX, Strich 2, und Tafel XL), und zwar durch Zunahme der Molekularschicht an Breite, durch Verlust der II. und IV., durch Verschmälerung der III., durch noch deutlichere Ausprägung der V. (besonders auch der eigentümlichen Zellen der Vb-Schicht, während die Aufhellung der Vb hier eigentlich aufhört) und ferner durch Verschmälerung der VI. Schicht. Wir haben es also nach dem Gesagten mit einer agranulären heterotypischen Formation hier zu tun; der Übergang von der homotypischen FH (und FHL) zur heterotypischen erfolgt hier recht allmählich. Gleichzeitig wird die ganze Rinde hier deutlich schmäler. Den frontalsten Teil der Area parolfactoria bezeichnen wir als Area parolfactoria prima FL1, sie ist eigentlich die ventrale Fortsetzung der Area LA1 (Tafel XXXIX, Strich 2, bis Tafel XL, Strich 3); caudal davon ist die Area parolfactoria secunda FL2 (Tafel XL, Strich 3-4). Diese FL2 könnte man mit der limbischen Formation LA2 homologisieren; jedoch ziehen wir es trotzdem vor, sie gemeinsam mit FL1 zu besprechen, da nur wenige und allmählich sich ergebende Unterschiede zwischen beiden zu verzeichnen sind, die wir bei Besprechung der einzelnen Schichten immer hervorheben wollen.
Sie hat eine Gesamtdicke von 2.6-1.8 mm, d. h. sie verschmälert sich caudalwärts progressiv (s. Tafel XXXIX und XL).
I. Die Molekularschicht ist mit 0.24-0.36 mm (Tafel XL) auffallend breit; besonders breit ist sie in FL2, sie zeigt stellenweise an der Oberfläche Unebenheiten (Tafel XL, Höhe 32-31 cm, Breite 5, 10, 17, 26 cm). Auch hier kann man eine oberflächlichere Lage Ia von einer tieferen Ib unterscheiden; doch kehrt sich hier das Verhältnis bezüglich des Kernreichtums um. Die äußeren Partien werden im mittleren und hinteren Teile des Carrefour zellarm und gewissermaßen homogen aussehend; diese Änderung entspricht vielleicht einer oberflächlichen Auflagerung von Markfasern, die zum Teil von der Stria obtecta herstammen, die sich hier über die frontalen Teile der Oberfläche des Carrefour (Riechfeld) verbreitet und demselben sein weißes Aussehen verleiht, und zum Teil den Fasern der medialen Olfactoriuswurzel, die, von ventral herkommend, in ähnlicher Weise die caudaleren Partien des Carrefour überziehen. Die tieferen Partien sind zellreicher, enthalten zirka alles zusammengenommen 60 Kerne pro 0.1 mm3, von denen eine große Anzahl, und zwar 15-20 Nervenzellen sind und von 5/6 µ zu 10/10 µ Größe aufweisen. Diese Zunahme an Nervenzellen ist recht charakteristisch.
II. Eine äußere Körnerschicht ist kaum angedeutet; sie ist diskontinuierlich, d. h. sie besteht aus schmalen kleinen Häufchen, relativ großer spindelförmiger, pyramidenförmiger oder sternförmiger Zellen von 10/10 µ bis 10/15 µ aber auch bis zu 20/12 µ Größe, die sogar vielfach größer sein können, als die unmittelbar darunter befindliche Zellage der III. Schicht. Dazwischen sind wieder zellose Lücken, so daß der Rand der II wie zerfressen aussieht. (Diese Tendenz zur Häufchenbildung in der II. ist für das ganze Riechhirn ziemlich charakteristisch und kommt von der einfachen Form der Diskontinuität, wie hier, bis zur ausgesprochenen Glomerulusbildung, je nach dem Ort im ganzen Riechhirn vor, s. S. 123). In FL2 sind die Lücken der Zellbildung in II so arg, daß I stellenweise ganz unverhältnismäßig tief gegen III zu reichen scheint (Tafel XL, Höhe 29 cm, Breite 15.5 cm). Andererseits sieht man hier wieder, z. B. vor der durch Strich 4 markierten Stelle, ganz große dunkeltingierte Zellen in ihrer Höhenlage.
III. Die Pyramidenschicht ist 0.70-0.90 mm dick, ist also bedeutend verschmälert im Verhältnis zu der Grenzformation FHL, ist aber von relativ noch ziemlich guter Breite, da die ganze Rindenbreite hier nicht unbedeutend abgenommen hat. Eigentlich reicht die III. Schicht größtenteils bis an die I. heran, da die II. lückenhaft ist. Caudalwärts verschmälert sich die III., wie gesagt, immer mehr und mehr (s. Tafel XL), aber auch ihre Zellanzahl und ihre Zellgröße, also auch die ganze Zelldichtigkeit, nimmt caudalwärts progressiv ziemlich rasch ab. In den vordersten Partien von FL zählen wir (Tafel XXXIX) in III. noch ca. 50 Zellen pro 0.1 mm3, also ungefähr so viel wie in FHL; 2 mm caudalwärts davon zählen wir nur mehr 35 und 3 mm weiter in FL2 nur mehr 26 pro 0.1 mm3. Auch die Zellgröße nimmt caudalwärts ab, von 20-25 / 12 µ in den vorderen Partien sinkt die Größe auf eine Durchschnittsziffer von 18/10 µ in den hinteren Partien. Auch im Gebiete von FL1 und FL2 sind die Zellen in allen Höhen der III. ziemlich gleich groß, und man kann die III. Schicht noch weniger als in FHL in eine IIIa und IIIb unterteilen. Die radiäre Streifung ist auch hier recht deutlich.
Area Parolfactoria. 407
IV. Die innere Körnerschicht als eigene Lage fehlt hier so gut wie ganz, besonders in den caudaleren Partien (ihr Ende ist Tafel XL zwischen Breite 4 und 10 cm zu sehen). Allerdings bemerkt man, wie auch sonst in den meisten agranulären heterotypischen Cortexpartien, in der Höhe, die sonst von der IV. Schicht eingenommen ist, zwischen den ineinandergreifenden Pyramidenzellgruppen der III. und V. zahlreichere kleine Zellen und Körnerzellen als in den übrigen Höhen, so daß die IV. meist doch wenigstens angedeutet bleibt; doch bildet die IV. ebenso wie die II. keine wirkliche eigene Zelletage mehr; in FL2 fehlt sie im caudalsten Abschnitt (Strich 4) wirklich so gut wie ganz.
V. Die ganglionäre Schicht beträgt in den frontaleren Partien noch 0.50 mm Breite, in den caudaleren nur mehr 0.40 mm. Sie zerfällt deutlich in zwei Unterschichten, welche jedoch nicht mehr so sehr Unterschiede der Zelldichtigkeit gegeneinander, sondern solche der Zellform aufweisen. Die Oberschicht Va ist sehr zelldicht, sie ist eigentlich noch immer (wie in FHL) die dichteste Schicht dieser Rindenpartie und gibt ihr auch ihr eigentümliches Aussehen; sie bildet ein dunkles gürtelartiges Band, welches ungefähr die Mitte der Rindenbreite einnimmt, ihre Zellen sind größer als in der III. Schicht, sind pyramidenförmig, protoplasmareich, sehr dunkel tingiert und nicht sehr schlank, ich zähle ungefähr 40-50 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die meisten 20-30 / 10-15 µ Größe haben. Zum Unterschiede von Vb jedoch werden diese Zellen in Va caudalwärts zu progressiv etwas kleiner, so daß man in caudaleren Ebenen unter ihnen vielfach Zellen von bloß 15/10 µ Größe findet; je weiter rückwärts wir vorschreiten (d. h. auf der Tafel nach rechts), desto mehr zeigen diese Zellen auch die Neigung, zu 6 oder 10 Stück vereint mit 2 oder 3 Trabantzellen kleine dichtere Häufchen zu bilden, und so verliert sich eigentlich der bandartige Charakter der Va. Diese Änderung ist für FL2 gegenüber FL1 charakteristisch.
Vb ist noch eigentümlicher als Va und wird es caudalwärts in FL2 zusehends immer mehr. Es besteht ebenfalls aus ungefähr 40 Zellen pro 0.1 mm3, doch sehen dieselben ganz anders aus als die eher gedrungenen Zellen der Va-Schicht. Hier sind die meisten Zellen eigentümliche überschlanke Pyramidenzellen, welche eine Zellkörpergröße von 20-25 / 7-10 µ Größe aufweisen, also äußerst schmal sind, der Protoplasmakörper setzt sich jedoch an der Spitze allmählich in einen äußerst langen, spitzen, gut gefärbten cephalen Fortsatz fort, der über 60 bis 80 µ weit gegen die Oberfläche verfolgt werden kann. Wir haben schon in FHL betont, wie sehr die Zellen der Vb dort schon in die Länge gezogen aussahen. Wir sehen, daß caudalwärts in FL1 dieser Zelltypus seine Eigenschaften in noch höherem Maße zur Entwicklung bringt und in FL2, Tafel XL (Vb), lanzettförmige Gebilde von einer Schlankheit erzeugt, wie wir sie überhaupt nur in jenen Teilen des Gehirns wiederfinden, welche zum sog. "Riechhirn" gehören (s. S. 50, 68). Hier in FL2 stehen diese Zellen in schönen, dichten Reihen neben- und übereinander, so daß wir hier noch viel mehr als in FHL und FL1 den täuschenden Eindruck einer lanzenbespickten Phalanx haben (s. Tafel XL, Höhe 17-18 cm, Breite 8-18 cm); ein so charakteristisches Bild, wie wir ihm später auch in der Subiculargegend und anderen Teilen des Riechhirns noch begegnen werden! Bloß jede zweite oder dritte dieser großen Zellen hat einen Trabantkern.
VI. Die sog. Spindelzellenschicht darunter zerfällt in eine zelldichtere VIa und eine zellärmere VIb-Schicht. Die VIa-Schicht enthält gegen 40 Zellen pro 0.1 mm3 von 20/10 µ Größe. Auch hier erscheinen jedoch sehr viele dieser Zellen nicht mehr spindelförmig, sondern dreieckig, und zwar nimmt die Dreiecksform caudalwärts an Zahl zu, so daß in FL2 dieselben gut die Hälfte der Zellen von VIa ausmachen. Noch weiter caudalwärts sind diese dreieckigen Zellen noch versehen mit eigentümlich in die Länge gezogenen cephalen Fortsätzen, so daß man zwischen der Vb- und der VIa-Schicht, je weiter man caudalwärts schreitet desto weniger unterscheiden kann, da sich die Zellen recht ähnlich sehen und sich miteinander an der Grenze vermengen (siehe diesbezüglich die Grenze von Vb und VI auf Tafel XL in der Verlängerung des Striches 4 an). Was zuletzt an Spindelzellen von der VIa-Schicht noch übrigbleibt, scheint sich in den tieferen Teilen derselben anzusammeln.
408 Das Stirnhirn.
Die VIb-Schicht ist ursprünglich frontal, in FL1, mittelbreit, caudalwärts und besonders in FL2 wird sie sehr schmal, enthält spärliche kleine, meist horizontal ausgezogene dreieckige und schwach spindelförmige, horizontal gelagerte Zellen. Es sind ihrer ungefähr 17 pro 0.1 mm3 von 10-15 / 7 µ Größe. Gegen das Mark ist die VIb-Schicht, caudalwärts zunehmend, scharf abgegrenzt, und da sie infolge ihrer Zellarmut ein etwas eigentümlich homologes Aussehen, ähnlich der Molekularschicht, bekommt, so sticht sie selbst von der Marksubstanz, welche mit den zu horizontalen Reihen geordneten kleinen Gliakernen ganz angefüllt ist, recht deutlich ab.
Das letzte caudalste Stück der Area parolfactoria wollen wir, da es viel besser als FL1 und FL2 sein Homologon in der LA3-Formation des Lobus limbicus hat, als FL3 separat besprechen.
Sie bildet einen 0.6 mm schmalen, dorsoventral ziehenden strichförmigen Rindenbezirk.
I. Die Molekularschicht ist sehr dick, 0.24-0.30 mm (also schmäler als in FL2) und ziemlich reich an Körnern. Dieselben sind hier eher ziemlich gleichförmig über die I. verteilt, so daß man hier nicht mehr von Ia und Ib gut sprechen kann. Wir zählen 75 Zellkerne pro 0.1 mm3, von denen ungefähr acht Nervenzellen entsprechen von 6/8 µ Größe. Nach hinten zu, an der Stelle, wo der Sulcus parolfactorius medius manchmal eine seichte Einsenkung in die Rinde bildet, bleibt auch an jenen Hirnen, an welchen der Sulcus parolfactorius medius nicht zu sehen ist oder kaum angedeutet ist, entsprechend dieser Stelle eine zapfenförmige Vertreibung der I. Schicht gegen die Tiefe der Rinde zu bestehen, als Andeutung der hier zu erwartenden Einsenkung der Rinde. Auf dem Sagittalschnitte macht dies den Eindruck eines gegen die Tiefe zu gerichteten Zapfens der I. Schicht (der auf Tafel XL beim Pfeil β zu sehen ist), ohne daß hier an dieser Stelle eine Einsenkung der Rinde merklich wäre. Der Zapfen (Z) hat hier eine Tiefe von ungefähr 0.8 mm (am Bild also ca. 8 cm); er trennt die Area parolfactoria von den unmittelbar hinter ihr befindlichen Areae geniculata und praecommissuralis.
II. Die äußere Körnerschicht, die schon in den vorher besprochenen Areae FL1, FL2 sich auf einzelne sporadische Zellhäufchen größerer und kleinerer Zellen reduziert hatte, bildet in dem schmalen letzten Teile der Area parolfactoria, den wir mit FL3 bezeichnen, zum Abschluß gleichsam einen kleinen Wulst, der auf dem Querschnitt wie ein Glomerulus von 0.4 mm Durchmesser aussieht, der nach I, und III. hineinragt (Tafel XL, Höhe 29-30 cm, Breite 22-25 cm zwischen Strich 4 und 5). Es ist dies ein lockerer runder Haufen relativ großer Zellen von ganz verschiedenen Maßen und Formen; neben den gewöhnlichen kleinen seltenen Körnerzellen von 6/6 µ Größe sind auch eine große Anzahl dreieckiger spindelförmiger und sternförmiger von 15/10 µ und auch 20/10 µ Größe, die hier tatsächlich also größer sind als die Zellen darunter, welche den Rest der III. Schicht darstellen. In diesem Glomerulus sind die Zellen sogar recht dicht zusammengepreßt, ungefähr zu 80 pro 0.1 mm3. Eigentlich handelt es sich nicht um einen Glomerulus, d. h. nicht um einen annähernd kugelförmigen Körper, sondern um einen Zellwulst, der auf dem Querschnitt rund erscheint. Mit diesem dorsal-ventral verlaufenden Zellwulste endet dann gleichsam die II. Schicht nach hinten zu am Rindensaum wie eingerollt. Hinter ihr befindet sich nur mehr der Zapfen Z der I. Schicht (unter Strich 5), der in die Tiefe geht.
Area Parolfactoria. 409
III. Die Pyramidenschicht ist hier recht zellarm, die Zellen sind nicht mehr irgendwie schön geordnet, auch eine radiäre Streifung läßt sich an ihr nicht mehr erkennen. Die Zellgröße ist auf 10-15 / 7-10 µ herabgesunken; die Zellen sind meist unregelmäßig dreieckig, und bei Toluidinfärbung sind an ihnen kaum noch längere Fortsätze zu bemerken. Ihre Anzahl dürfte kaum 30 pro 0.1 mm3 übertreffen. Die Schichtenbreite ist ungefähr 0.40 mm, und an dem Zapfen, den die I. Schicht in die Tiefe sendet, hört die III. Schicht eigentlich caudalwärts ganz auf.
IV. Eine innere Körnerschicht fehlt hier wirklich vollkommen.
V. Die beiden Unterschichten der ganglionären Schicht verhalten sich ganz verschieden. Die Va-Schicht hat schon in FL2, wie besprochen, ihr bandartiges Aussehen zuletzt eingebüsst und sich auf einzelne Zellhaufen von pyramidenförmigen Zellen an der Grenze gegen FL3 reduziert. Diese Zellhaufen hören nun in FL3 selbst ganz auf und verlieren sich in den untersten Teilen der III., von welchen ihre Zellen, welche caudalwärts, wie schon erwähnt, immer kleiner werden, schon in der Verlängerung des Striches 4, also in Höhe 20-21 cm, Breite 19-23 cm nicht mehr zu unterscheiden sind. Gleichzeitig nun mit der III. Schicht hört jetzt auch die Va-Schicht hier weiter caudalwärts am Zapfen Z in der Verlängerung des Striches 5 in Höhe 31 cm, Breite 26 cm plötzlich vollkommen auf. Die Vb-Schicht dagegen bleibt ziemlich unverändert. Mit ihren überschlanken großen ausgezogenen Pyramidenzellen bleibt sie gleicherart auch in der FL3 bestehen; nur macht es den Eindruck, als ob die Zellen um eine kleine Spur größer und in ihrem Gefüge zueinander lockerer würden. Diese Vb-Schicht zieht unter dem Zapfen Z der Molekularschicht, der allerdings nicht ganz bis zu ihr hinunterreicht, unverändert in schönen Bogen weiter und steigt jenseits dieses Zapfens oberflächenwärts hinauf, um auf der anderen Seite desselben an dem Aufbau der nächsten Area direkt unterhalb der I. Schicht mitzuwirken. (Daß auch einzelne Zellzüge der tieferen III- und Va-Lagen auf die andere Seite des Zapfens gelangen können, ist natürlich nicht ausgeschlossen.)
VI. Auch die Spindelzellenschicht wird in der Gegend von FL3 zellärmer; war schon im Gebiete von FL1 ihre Abgrenzung gegen Vb ziemlich schwierig, so ist in FL3 eine VIa-Schicht von einer VIb-Schicht nicht mehr zu unterscheiden, und zwar deswegen nicht, weil die VIa-Schicht mit ihren meist schon zu dreieckigen, langausgezogenen Zellen umgewandelten Spindeln von den Elementen der Vb-Schicht sich überhaupt nicht mehr unterscheiden läßt, sondern Vb+ VIa nur eine Schicht bilden (Höhe 16.5 cm, Breite 18 cm), so daß man hier unterhalb der Vb-Schicht nur noch eine VIb-Schicht sieht, welche aus wenigen flach ausgezogenen dreieckigen und schmalen, horizontal gestellten oder in der Richtung der Markstrahlen emporsteigenden Spindelzellen besteht, welche eine Größe von 10-15 / 7 µ aufweisen. Auch hier bleibt sie vom eigentlichen Mark scharf trennbar, da das letztere durch seine reihenförmigen Gliakernzüge kenntlich bleibt. Auch die VI. Schicht zieht unterhalb des nach abwärts gerichteten Zapfens Z der Molekularschicht in die jenseitig davon gelegene Rindenformation hinüber, an deren Aufbau sie ebenfalls Anteil nimmt.
In FL3 hat also das eigentliche Gefüge der Rindenschichtung schon aufgehört, und wir haben geradeso, wie wir es später wieder in LA3 sehen werden, nur mehr die Enden einiger Schichten und Schichtenteile der anderen Rindenpartien noch vor Augen. Dasselbe Verhalten, welches wir in den Areae LA1, LA2 und LA3 finden, besteht auch zwischen FL1, FL2 und FL3, und wir glauben berechtigt zu sein, in gewissem Sinne dieses ganze Gebiet FL auf dem Carrefour olfactif von BROCA als das Ende der vorderen limbischen Formationen auf dem medialen Stirnhirn zu betrachten. Was speziell die Einreihung von FL3 in eine Cortex-gruppe anlangt, so haben wir schon darauf hingewiesen, daß dies in gewissem Sinne Geschmackssache ist. FL1 und FL3 sind also heterotypischer isogenetischer Cortex, kurz als heterotypischer Isocortex zu bezeichnen. In FL3 fehlt nicht nur die IV. Körnerschicht, sondern III und Va verschmelzen; ebenso wieder Vb und VIa miteinander, die Zellen in der Lage der II. ballen sich zu einem neuen Gebilde, einem Wulst (Glomerulus) zusammen. Wir erkennen also zwar noch die Entstehung dieses abnormen Baues aus den ursprünglichen 6 Schichten und können annehmen, daß es sich um eine exzessive Heterotypie handelt. Andererseits aber befinden wir uns an der Grenze des allogenetischen Cortex, und wir wissen aus der Entwicklung desselben, daß die Abgrenzung des Allocortex, der beim Embryo keine deutliche Nervenzellschicht bildet, vom Isocortex mit der schönen dichten Zellschicht keine absolut scharfe ist, sondern daß im Zwischenteil eine Lockerung der Nervenzellschicht den Übergang beider zueinander bildet (s. S. 93-107). Wir befinden uns auch hier an der Grenze zum „Riechhirn", also gegen den Allocortex, und zwar gegen den Gyrus olf. medialis, und es ist die Berechtigung nicht von der Hand zu weisen, diese exzessive Heterotypie, die wohl aus dem Übergangsgebiet von Iso- zu Allocortex entstanden ist, wenn man will, auch zu letzterem zu rechnen. Will man also die Area FL3 zum Allocortex rechnen, so wäre sie als Cortex striatus zu bezeichnen, bei dem nach BRODMANN mehrere deutlich ausgebildete Schichten des tektonischen Grundtypus zusammen durch eigentümliche Weiterentwicklung einiger (hier Glomerulus der II) und Verlust anderer Schichten ein eigentümliches Bild ergeben (s. 4. Kap., S. 203).
410 Das Stirnhirn.
Noch ein Wort wollen wir schon gleich hier über das weitere Verhalten der V. und VI. Schicht über die FL3 hinaus in den caudal gelegenen Abschnitten sagen. Wir haben gesehen, wie die sonst zellreiche Va-Schicht hier ebenfalls mit der II., III. und IV. Schicht (Tafel XL in Höhe des Striches 5) ihr plötzliches Ende findet. Die sonst lichtere Vb-Schicht hat in diesem letzten caudalen Rindenabschnitte allmählich an Zellgröße und Dichtigkeit gewonnen und sich mit dem obersten Teile der VI. Schicht, wo ebenfalls die Zellen ihre Spindelform verloren und Pyramidenform angenommen haben, sich derart vermengt, daß sie voneinander nicht zu unterscheiden sind und nun gemeinsam in einen Rindenteil (FM) ziehen, dessen einzige Zellelemente sie bilden. Dieser Rindenteil, den wir gleich besprechen wollen, entbehrt also schon in der Anlage der obersten Zellschichten und ist eine allogenetische Rinde (Allocortex). Einige Forscher meinen, daß am Bau der allogenetischen Rinde allein die VI. Schicht Anteil hat. Wir glauben, daß man auf Tafel XL erkennt, daß dies nicht immer der Fall sein muß und daß auch die Vb-Schicht, und zwar in nicht unwesentlichem Maße, in die heterogenetische Rinde hinüberziehen kann. Die Bilder, die man bei Untersuchung der Übergangsstelle der isogenetischen in die allogenetische Rinde zu sehen bekommt, sind jedoch, je nach der Gegend des Hirns, von der sie stammen, sehr verschieden; meistens scheint mir, so wie hier, die Vb-Schicht und die VI. Schicht mit der allogenetischen Rinde in Zusammenhang zu sein, andere Male wieder macht es den Eindruck, als ob bloß die VI. Schicht in die allogenetische Rinde hinüberziehen würde (z. B. Tafel CVII). Von großer Bedeutung scheint uns die Sache allerdings nicht zu sein, denn es handelt sich hier tatsächlich nur um einen äußerlichen, scheinbaren, vielleicht zufälligen Zusammenhang, da doch die Anlage der Rinde tatsächlich von vornherein eine verschiedene ist und man daher die Schichten der allogenetischen Rinde eigentlich mit jenen der isogenetischen Rinde nicht zu identifizieren versuchen sollte. Jedenfalls weist die allogenetische Rinde häufig z. B. ausschließlich Pyramidenzellen auf, und zwar von so vollkommener Pyramidenform und auch von solcher Größe, daß sie mit den Spindelzellen, die doch sonst das vorherrschende Element der VI. Schicht bilden, in keinen wirklichen genetischen Zusammenhang zu bringen sind; dadurch schon verliert die Frage überhaupt eigentlich jeden Wert. Außerdem haben wir aber auch sonst schon in Tafel XL nicht die Überzeugung gewinnen können, daß die obersten Zellgruppen jenseits des Zapfens Z von den oberen Schichten II und III total verschieden sind und nicht wenigstens doch mit III in direktem Zusammenhang durch einzelne Zellzüge stehen.
Jenseits des Sulcus parolfactorius medius (Tafel XL, Pfeil ß) oder des Zapfens (Z) der I. Schicht, der seine Stelle markiert, steigen also, wie gesagt, die schlanken Pyramidenzellen der Vb- und VIa-Schicht und hinter ihnen vorbei die übrigen Zellen der VI. Schicht in die Höhe bis unter die oberflächliche, gleichmäßig horizontal sich fortsetzende Molekularschicht, zu oberst sieht man jedoch Zellen, die doch zur III. zu gehören scheinen. Nach hinten zu biegt sich dann die Molekularschicht wieder in die Tiefe zum Sulcus parolf. posterior (Tafel XL, Pfeil γ), so daß gleichsam diese Zellen der V. und der VI. Schicht mit der sie überziehenden Molekularschicht einen kleinen Wulst bilden, den von uns dann sog. dorsoventral ziehenden Gyrus geniculatus. Seine Größe und Entwicklung ist sehr variabel (s. S. 399), bald finden wir ihn wirklich als einen kleinen Gyrus schon äußerlich sichtbar, bald bloß als einen caudalen flachen Endwulst des Brocaschen Riechfeldes, der über die übrige Rindenoberfläche kaum hervorragt. Ventral hängt dieser hintere Wulst des Brocaschen Carrefour mit dem Gyrus olfactorius medialis zusammen, dessen unmittelbare Fortsetzung auf die mediane Hirnfläche er bildet (s. S. 399). Tafel XLI, Bild 1, zeigt nun bei bloß 50-facher Vergrößerung einen Schnitt, der diesen Gyrus olfactorius medialis an der medianen orbitalen Hirnkante selbst sagittal trifft. Er bildet den caudalen Rindensaum in dem hier tief eingeschnittenen Sulcus parolfactorius posterior, der ihn von dem Gyrus subcallosus (der die Fortsetzung der Substantia perforata darstellt) trennt; er präsentiert sich auf diesem Bild als hintere Furchenwand und Ende des Cortex. Seine effektive Breite an der Rindenoberfläche schwankt zwischen 2 und 3 mm. An ihm sieht man, daß seine Formation FM in voller Entwicklung aus FL3 doch aus allen Schichten hervorgeht. FL3 zeigt hier die glomerulöse Bildung von II bei G weniger gut als auf Tafel XL, dagegen sieht man, wie unter I in FL3 II + III + Va eigentlich eine Lage und Vb+VI eine zweite Zellage bildet. Die Zellen von FM (Gyrus olf. medialis) hängen nun eigentlich mit diesen beiden Lagen zusammen; die tiefere scheint allerdings die dichtere und schwingt sich am Ende der Area FM, d. h. an der spitz zulaufenden unteren Zellgrenze gleichsam in die andere obere Zellage hinein, so daß dieses Rindenende an der unteren linken Bildhälfte wie ein Konglomerat aller Zellen aussieht. Die letzten Zellen der FM auf Tafel XLI, Bild 1, schließen, wenn wir so sagen können, den Rindensaum ab. Sie scheinen in keiner oder nur in höchst lockerer Verbindung mit den ganz anders gebauten großen Zellen der Area FN des Gyrus subcallosus (im Bilde rechts) zu stehen. Man sieht daraus, daß die Area FM (ebenso wie die vorher beschriebenen FL) keine durchweg ganz gleichbleibende Architektonik bietet, sondern als spitz zulaufender Rindensaum einerseits eine notwendige progressive Änderung der Zellagerung erfährt, ferner im Übergange zum Lobus limbicus als hinterer Wulst des Carrefour olfactif von BROCA wieder eine in frontocaudaler Richtung vor sich gehende Verschmälerung und Einbuße an Zellen erleben muß. Wenn wir trotzdem den ganzen Gyrus olf. medialis als eine „Area" bezeichnen (FM), so ist dies als ein vorläufiger Behelf unserer Einteilung aufzufassen. Jedenfalls ist dieser Rindensaum ein Teil des Allocortex. Aus den gleichen praktischen Gründen rechnen wir als zur Area geniculata FM gehörig auch wieder das andere, das laterale Ende des Gyrus olf. medialis, nämlich das Tuber oder Trigonum olfactorium. Tafel XLI, Bild 2 zeigt dasselbe. Es ist dies ein sagittal geführter Schnitt, der mitten durch das Tuber in frontocaudaler Richtung geht (Abb. 115a) und somit in den Talboden des Sulcus olf. (auf dem Bilde links) hineinfällt. Rechts ist die hügelförmige Eminenz des Trigonum (der Tuber) zu sehen, in dessen Scheitel sich bei Pfeil 4 und 5 Olfactoriusmarkbündel einsenken; weiter rechts davon beginnt die Subst. perforata, und zwar das sog. Tuberculum olfactorium (s. das S. 400 Gesagte). In der linken Bildecke sieht man noch die letzten Ausläufer der Area FG als Talbildung mit der breiten I. Schicht, der deutlichen II.; die III. ist von der V. durch die rückwärtigsten Reste der IV. noch getrennt, die V. zeigt, wie sonst in FG, die dichte bandartige Zellordnung in Va; Vb ist etwas lichter, VIa und VIb deutlich und schmal. Gleich weiter rechts, bei Pfeil 1, hören II und IV auf, V und VI zeigen keine scharfe Grenze mehr. Bei Pfeil 2 bildet sich eine glomerulöse Anhäufung unter I.; wir haben also die Änderung ungefähr wie in FL2 und FL3. Noch weiter nach rechts macht es den Eindruck, als ob im Sinne des im Bilde gezeichneten gestrichelten Pfeiles die V. und VI. Schicht mächtig in Zellreichtum und Breite sich entwickelnd emporsteigen täten, um bei Pfeil 3 die I. Schicht direkt zu erreichen. Doch bleiben sie auch hier scheinbar von I getrennt durch Haufen sternförmiger Zellen, die die Reste von II und III sein könnten, geradeso wie wir dies in FM auf Tafel XL, Höhe 28 cm, Breite 31 cm, gesehen haben. Gegen das Mark in der Tiefe ist diese Cortexbildung frontalwärts gut abgegrenzt. Eine gewisse Ähnlichkeit der Trigonumformation mit der des Gyrus olf. medialis und seinen medianen Endausläufern, dem Randwulst des Carrefour (Gyrus geniculatus), ist jedenfalls vorhanden, und da sie hier ebenfalls den Rindensaum gegen die Substantia perforata bildet, ziehen wir es vor, dieselbe vorläufig auch zur Area geniculata FM dazuzuzählen, bis eingehender Studien hier mehr Licht bringen. Wegen der kleinen Differenzen bezeichnen wir sie aber als FMt, Area geniculata trigoni. Bei Pfeil 3, 4 und Pfeil 5 sieht man dann Markbündel in das Tuberculum einstrahlen. Hier hört auch die Area FM ziemlich jäh bei Pfeil 4 an diesen Markbündeln auf. Zwischen ihnen befinden sich an der Oberfläche unter der weiterziehenden I. Schicht ganglionäre Ansammlungen großer sternförmiger Zellen und in der Tiefe ganglionäre Ansammlungen und streifige Züge kleinerer Zellen; es ist dadurch das Gebiet der Subst. perfor. ant. charakterisiert; die V und VI der FMt ist aber caudalwärts gegen diese tiefen ganglionären Massen nicht ganz scharf abzutrennen, da Züge von V und VI caudalwärts auch tief ins Mark reichen.
Area Parolfactoria. 411
412 Das Stirnhirn.
Man könnte dieses Gebiet der Substantia perforata, welches unmittelbar hinter dem Trigonum olfactorium das Tuberculum olfactorium darstellt (Abb. 24 Tu. o. und Abb. 95) als eigene Area bezeichnen. Die sternförmigen Zellnester an der Oberfläche scheinen mit der Molekularschicht vielleicht die rudimentären Reste des bei Makrosmatikern an dieser Stelle vorkommenden allogenetisch gebauten Lobus parolfactorius zu sein; die Zellen in der Tiefe jedoch, welche ganglionäre Gruppen bilden, stehen durch Zellgruppen und Zellbrücken mit den Zellen des Corpus striatum und in dem lateralen Anteile mit den Zellen des Claustrum in Verbindung. Diese Zellhaufen werden durch die vielen, von der Oberfläche in die Tiefe einstrahlenden Olfactoriusbündel und die eindringenden breiten Gefäßlücken, die der Substantia perforata den Namen geben, stark zerklüftet. Es ist also in der Substantia perforata kein eigentlicher Rindenbau vorhanden, und wir wollen sie auch nicht der Rinde zuzählen und auch ihren Bau daher nicht eingehend beschreiben; bloß zur allgemeinen Orientierung nennen wir das ganze vordere laterale Gebiet die Area substantiae perforatae und bezeichnen es als TK und wollen bei Besprechung des Lobus temporalis 12. Kap. D1, §5, nochmals darauf zurückkommen. Diesen Teil der Substantia perforata könnte man zur Not, da wir seine oberflächlichsten Lagen vielleicht als ein Rudiment einer früheren allogenetischen Bildung anzusehen vermögen, als Rindenrest und somit als wirkliche Area auffassen. Es ist von dem rückwärtigen medialen Teil durch den Sulcus diagonalis (Abb. 24 s. d.) getrennt; letzterer entspricht dem früher (S. 400) erwähnten Planum septale, welches vorn medial mit dem Gyrus subcallosus zusammenhängt (s. Abb. 24), und auf den wir gleich bei Besprechung der Area FN noch zu sprechen kommen. Dieser letztere mediale Teil ist dagegen sicher ganglionären Ursprungs und kein Rindenabkömmling. Nur so viel sei hier noch über die (vordere laterale) Area substantiae perforatae TK gesagt, daß sie nämlich nicht ganz einheitlich gebaut ist; so werden die oberflächlichen Zellnester weiter rückwärts nicht mehr wie in Tafel XII, Bild 2, von sternförmigen Zellen, sondern später mehr von körnigen Zellen gebildet, wie man an Tafel LVIII, Bild 4, sieht; in der Nähe des Inselpols wieder ist die oberflächliche Lage der Substantia perforata überhaupt sehr zellarm (Tafel LVIII, Bild 2). Die Area TK ist vorn, lateral und caudal, von dem Gyrus olfactorius lateralis umgrenzt, der selbst ein rudimentärer Rindenabschnitt ist; nur gehen seine Zellen wenigstens zum Teil überall auch auf TK über. Auch dies spricht dafür, daß TK doch ein Rindenabkömmling sein könnte, während bei FN dies nicht der Fall ist. Im übrigen halten wir mit BECCARI und KRYSPIN-EXNER die Substantia perforata, wie schon gesagt, nicht für einen Rindenanteil und begnügen uns daher mit diesen mehr allgemeinen Andeutungen und gehen nun bloß zu einer kurzen Beschreibung der Area des Gyrus subcallosus und des hinteren medialen Teiles der Substantia perforata über.
Die I. Schicht geht, wie gesagt, immer über den eigentlichen Rindensaum weiter, und zwar dort, wo das Corpus callosum vorhanden ist, in die dünne graue Schicht, welche dasselbe überzieht, nämlich das Induseum; an der caudalen Stelle der Medianfläche des Stirnhirns aber in die Lamina terminalis (resp. rostralis); an der basalen Hirnfläche schließlich in die Substantia perforata. Das Induseum (über das wir später sprechen werden) und die Lamina rostralis (terminalis) bestehen hauptsächlich aus dieser Molekularschicht, soweit sie graue Masse sind. Tafel XL zeigt zwischen Strich 6 und 7 diesen Übergang der Molekularschicht um das Tal des Sulcus parolf. post. herum. In der Tiefe gesellen sich zu der Molekularschicht einzelne Zellen, welche eigentlich keine Rindenzellen sind und in keinem Zusammenhang mit den Zellagen der Nachbarrinde stehen. Ich habe zur leichteren Verständigung dieses Gebiet auch auf Tafel XL als Area praecommissuralis FN bezeichnet, obgleich dieselbe hier noch ganz rudimentär ist. In Tafel XL geht nämlich der Schnitt (Abb. 115b) gerade durch eine Stelle, an der der Gyrus subcallosus nicht gut entwickelt ist, während dorsal davon oder auch ventral davon sich zu den genannten spärlichen Zellen sehr große polygonale ganglionäre Zellen in der Tiefe dazugesellen, durch deren Ansammlung der Boden des Sulcus parolf. post. zu einem kleinen Gyrus (subcallosus) emporgehoben wird (Tafel XLI, Bild 1), so daß der Sulcus gleichsam vor und hinter dem Gyrus weiterläuft; der Teil vor (frontal) dem Gyrus subcallosus heißt weiter Sulcus parolf. posterior, der hinter ihm Sulcus postremus. Am Boden dieses kleinen Sulcus postremus s. pol. ps. liegt die frontal quergestellte Verwachsungsmembran beider Hemisphären Lamina [rostralis] terminalis, deren grauer Oberflächenüberzug bloß aus der Molekularschicht besteht (wie das Stückchen davon auf Tafel XL zwischen Pfeil γ und Strich 7). Wir haben hier, wie gesagt, alles als FN bezeichnet, um nicht gar zu viele Namen für alle diese schrittweisen Änderungen einführen zu müssen. Die eigentliche Area praecommissuralis FN beginnt jedoch erst dort, wo sich auf dem Gyrus subcallosus unter der Molekularschicht zu den isolierten Zellelementen die großen ganglionären Zellen, die von grauer Grundmasse voneinander getrennt sind, dazugesellen (s. Tafel XLI, Bild 1). Regelmäßig zu sehen sind diese ganglionären Ansammlungen, je mehr man sich an der Medianfläche des Hirns der Umbiegungskante an die Orbitalfläche nähert. Diese Zellen sind nicht als corticale Elemente anzusehen, sondern es sind Zellen, die den großen Basalganglien angehören, und zwar in diesem Falle speziell dem Meynertschen Basalganglion, wie KRYSPIN-EXNER gezeigt hat. Auf Tafel XLI, Bild 1, fallen sie trotz der bloß 50fachen Vergrößerung stark auf an der rechten Bildhälfte. Zum Unterschiede der Zellen der oberflächlichen Lagen von TK (der vorderen lateralen Hälfte der Substantia perforata) stehen diese Zellen in keinem Zusammenhang mit den Zellen der rudimentären Rinde des Gyrus olfactorius (medialis). Auch dieser Umstand zeigt, daß dieser Teil der Substantia perforata nicht als Rindenteil zu betrachten ist, auch dann nicht, wenn man den vorderen lateralen Teil (Tuberculum olfactorium) noch zur Rinde zählen möchte. Diese Zellen des Basalganglions der FN sind äußerst groß, wie die Mitralzellen, haben Spindel- oder Dreiecks- oder Sternform; ihre Größe beträgt 30-50-60 / 20-30 µ; sie liegen zu Gruppen beieinander, von einer großen Menge von Gliakernen umgeben, von grauer Grundsubstanz und auch zum Teil von breiten Markstrahlen voneinander getrennt. Oft finden sich unter ihnen auch kleine ganglionäre Ansammlungen, die aus kleineren Spindel- und sternförmigen Zellen von 15-20 / 12 µ Größe bestehen. Diese ganglionären Ansammlungen stehen mit den entsprechenden Zellgruppen der Substantia perforata, in die sie übergehen, in kontinuierlicher Verbindung, und auch mit den Stammganglien. Dieses tatsächlich nicht mehr zur Rinde als solcher gehörige ganglionäre, jedoch von der Molekularschicht überzogene Gebiet bezeichnen wir als eigentliche Area praecommissuralis FN. Das Bild 1 der Tafel XLI stammt von einem sagittalen Schnitte an der Umbiegungskante der medianen auf die orbitale Fläche. In der linken Bildhälfte sehen wir den Rindensaum, der vom Gyrus olf. med. (Area FM) gebildet wird und links in der Tiefe stumpf endet, entsprechend dem Sulcus parolfactorius posterior und der in die Tiefe absteigenden Molekularschicht. Jenseits dieses Sulcus stülpt sich als eigene kleine Windung als ein Gyrus subcallosus die ganglionartig gebaute Area praecommissuralis FN, welche von der Rinde bloß noch die I. Schicht besitzt; darunter ballen sich unmittelbar die Gruppen ganz großer Ganglienzellen des Meynertschen Basalganglions, während in der rechten unteren Bildecke der Schnitt kleine und kleinste Zellen trifft, deren Züge schon mit dem Streifenhügel zusammenhängen. Wie gesagt zählen wir dieses Gebiet nicht zur Rinde, wollte man es wegen der Molekularschicht doch dazu zählen, so müsste man sagen: der Allocortex, der uns in FN entgegentritt, besitzt eine der übrigen Rinde vergleichbare Schichtung überhaupt nicht, muß also nach BRODMANN als Cortex primitivus bezeichnet werden. Diese Bildung der Area praecommissuralis bildet also den Gyrus subcallosus. Wir haben nun S. 399 gesehen, daß derselbe die unmittelbare Fortsetzung der medialen hinteren Partie der Substantia perforata bildet. Diese hintere Partie, welche vom Tuberculum olfactorium (Tu. o.) durch den Sulcus diagonalis (Abb. 24, s. d.) getrennt ist und vor und längs dem Tractus opticus nach hinten zieht, bildet das sog. Planum septale der Substantia perforata. Diese Planum zeigt nun auch in großen Zügen denselben Bau wie der Gyrus subcallosus, wenigstens ist er durch die großen Ganglienzellen des Meynertschen Basalganglions ausgezeichnet. Allerdings sind dieselben hier nicht mehr so groß wie an der medianen Hirnfläche; außerdem ziehen dieselben auch mit dorsal in die Tiefe des Gewebes bis zum Globus pallidus und Putamen. Auch dieses Verhalten zeigt, daß dieser hintere Teil der Substantia perforata noch weniger als der vordere zur Rinde gezählt werden kann, sondern zu den Basal- und Stammganglien in engster Beziehung steht.
Area Parolfactoria. 413
414 Das Stirnhirn.
Diese hier beschriebenen Areae sind also die Formationen, die vor allem an der medianen Hirnwand den hinteren Grenzsaum der Rinde bilden. Wir fassen zum leichteren Verständnis die Area parolfactoria FL als die Fortsetzung der vorderen limbischen Areae LA auf den Lobus frontalis auf. Die Ähnlichkeit im Bau berechtigt wohl zu einer solchen Homologisierung, um uns den Bau dieser Rindenpartien leichter begreiflich zu machen. Auf zwei anscheinend nicht unwichtige Unterschiede bezüglich der Zellformen wollen wir jedoch gleich hier verweisen. Erstens, die großen überschlanken lanzettförmigen Pyramidenzellen der Vb-Schicht finden sich im Lobus limbicus anterior eigentlich nicht; die wenigen Hirngegenden, in welchen wir diese überschlanken Pyramidenzellen wiederfinden, gehören wohl auch zum Riechhirn, und zwar der Gyrus hippocampi (Area pyramidalis), sowie die Ümschlagstelle der hinteren retrosplenialen limbischen Formationen auf den Balken (Area ultracingularis post.), jedoch, wie gesagt, gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft von FL, also in LA, fehlen sie. Zweitens haben wir dagegen im Lobus limbicus wieder eigentümlich große ausgezogene Spindelzellen gefunden, die wir als unsere Stabzellen, Korkzieherzellen usw. bezeichnet haben (s. allgemeiner Teil, S. 67, Abb. 44); ganz besonders typisch als Spezialzellen sind dieselben im Gyrus limbicus anterior in der Area LA2; diese hinwiederum sind im Gebiete von FL nicht wiederzufinden. Man darf also danach die Area parolfactoria nicht ohne weiteres mit den vorderen limbischen Formationen identifizieren, sondern es besteht bloß eine gewisse Ähnlichkeit und ein anatomischer Zusammenhang. Die drei beschriebenen Areae FL, FM und FN sind (Abb. 93) streifenförmig hintereinander gereiht; FL1 ist darin in frontocaudaler Richtung die breiteste von ca. 6 mm, während die anderen FL2, FL3, FM und FN als vier ganz schmale, bloß 2-1 mm breite, dorsoventral laufende, parallele, strichförmige Zonen von dem unteren Balkenknie bis an die Orbitalfläche ziehen. Vorn zeigt diese Gegend den Rindentypus 1 (2), der allmählich caudal in den Rindentypus 1 übergeht (Abb. 88). Die Area praefrontalis parolfactoria FHL nimmt den frontalsten Teil des sog. Carrefour olfactif von BROCA ein; dorsal reicht sie bis an die callosomarginale Furche oder, falls dieselbe früher aufhört, an deren ideelle Fortsetzung; an der Basis reicht sie bis in die Gegend des Sulcus olfactorius. Unmittelbar hinter ihr ist die Area parolfactoria prima FL1, die beinahe das ganze übrige Carrefour einnimmt, in ca. 6 mm Breite, bis in die Nähe des Sulcus parolfactorius posterior, unmittelbar vor diesem Sulcus jedoch legen sich noch streifenförmig die beiden schmalen Nebenareae FL2 und FL3 davor. Die ganze Area parolfactoria FL1,2,3 geht dorsal auf dem letzten Stücke des Gyrus limbicus unter dem Balkenknie in die limbische Formation LA über (Abb. 93); ventralwärts jedoch zieht sie, sich allmählich verjüngend, bis auf die Orbitalfläche, an welche sie ganz schmal anlangt und in den hintersten Teil des Sulcus olfactorius sich senkt, so gleichsam die hintere Grenze der Areae FH und FG bildend. Sie reicht sogar noch mit einer stumpfen Spitze jenseits des Sulcus olfactorius an den hintersten medialen Teil der Area FF heran (Abb. 95). Auch der vordere Teil des Trigonum olfactorium selbst wird eigentlich von dieser Formation begrenzt; in diesem Grenzgebiete sind sogar ihre Pyramidenzellen eigentümlich in die Länge ausgezogen, und in der V. und VI. Schicht die Zellen ebenfalls, so daß man auch hier am Tuberculum oft einzelne Stabzellen vor sich hat. Die Area FM schließlich gelangt ebenfalls von der medialen Hirnwand, an der sie unmittelbar vor dem Sulcus parolfactorius posterior bandförmig liegt, auf die Orbitale Fläche, wo sie unmittelbar hinter der FL zu liegen kommt und den sog. Gyrus olfactorius medialis, welcher den hintersten medialen Rindensaum darstellt, überzieht, sowie mit einer kleinen Modifikation ihres Baues auch das Trigonum selbst. Mit demselben endet die Area FM eigentlich am Trigonum olfactorium, von wo aus wieder die laterale Olfactoriuswindung ebenso als hinterster Rindensaum der lateralen Orbitalrinde nach außen zieht und von der später zu besprechenden Area FK überzogen ist. Caudal von FM zieht schließlich als schmalstes Band die Area praecommissuralis FN; sie ist, wie schon gesagt, oft nicht sehr deutlich entwickelt und dann bloß durch den Übergang der I. Schicht auf die Lamina terminalis dargestellt, andere Male ist die Ansammlung der ganglionären Zellen in ihr eine individuell stärkere, so daß sie auch oberflächlich als eigener Gyrus (subcallosus) erscheinen kann, der dorsalwärts unmittelbar in das Induseum des Balkens übergeht. Ventralwärts findet die Area FN auf der Orbitalfläche unmittelbar in der Substantia perforata anterior ihr Ende oder, besser gesagt, ihre Fortsetzung (s. S. 412). Näheres über den Zusammenhang der Areae des subrostralen Gebietes mit den Areae des Gyrus limbicus findet sich in §5 dieses Lobus, S. 443.
Area Parolfactoria. 415
Obschon das Gebiet, dessen komplizierten Bau wir eben beschrieben haben, grobanatomisch längst bekannt ist und von BROCA, ZUCKERKANDL und vielen anderen behandelt wurde, ist die cytoarchitektonische Untersuchung desselben bis jetzt nicht eingehend vorgenommen worden. Wir haben hier versucht dies zu tun; vollkommen erschöpfend sind auch unsere Untersuchungen nicht; hierzu wäre eine ganz eigene Behandlung des „Riechhirns" mit anatomisch vergleichenden und embryologischen Studien nötig, was außerhalb des Rahmens einer hauptsächlich zu praktischen Zwecken dienenden Cortexanatomie liegt. Speziell die Mikroarchitektonik ist dazu berufen, die komplizierten Verhältnisse dieser Gegenden endgültig zu klären.
Allerdings ist es schon BETZ ganz richtig aufgefallen, daß die Rinde an der Lamina terminalis bloß aus der 1. und der 5. Schicht besteht. Die 5. Schicht von BETZ entspricht nämlich unserer V. und VI. Auch er gibt an, daß diese Zellen sehr groß seien, und auch er führt die Ähnlichkeit des Baues seines Operculum olfactorium mit der Area des Lobus limbicus richtig an.
Auch HAMMARBERG führt in seiner Untersuchung an, daß der rückwärtigste Teil der Orbitalen Partie der ersten Frontalwindung F1 ungefähr dieselbe Formation habe wie der Lobus limbicus, was ja wieder gut damit übereinstimmt, was wir über die Ähnlichkeit von LA und FL gesagt haben.
CAMPBELL zeichnet ebenfalls auf seinem Schema (Abb. 1 und 2) die ganze mediane untere Hirnfläche hinter seiner Area praefrontalis, welche unserer FH und FE entspricht, als zu seinen limbischen Formationen A und B seines Schemas gehörig, wodurch ja ebenfalls dasselbe ausgedrückt ist, was auch wir erwähnt haben, nämlich die Ähnlichkeit von unseren FL und LA.
BRODMANN (Abb. 6 und 7) unterscheidet in diesem Gebiete eine Area praegenualis (Feld 33) und subgenualis (Feld 25), welche er als heterogenetische (allogenetische) Formationen bezeichnet; ferner eine Area praecommissuralis, die unserer gleichnamigen entsprechen dürfte. Leider ist BRODMANN nicht mehr dazugekommen, das Zellbild dieser Felder näher auseinander zu setzen, weswegen wir lieber den Versuch unterlassen wollen, diese Felder mit den unsrigen in eine Parallele zu stellen.
Die Substantia perforata ist von BECCARI und auch von KRYSPIN-EXNER, zum Teil auch cytoarchitektonisch untersucht worden. Wir haben uns bei unserer kurzen Auseinandersetzung zum großen Teil an die von diesen Forschern gegebene Einteilung gehalten, die uns die richtige und übersichtlichste scheint.
Markbild. Das Markbild der subrostralen Gegend ist ebenfalls ein ganz eigenartiges. Auch am frischen Hirnpräparat konnte ELLIOT SMITH mehrere streifenförmige Areae feststellen, und zwar (Abb. 3 und 4) als letztes Ende des Hirnsaumes in dieser Gegend eine Area praecommissuralis unterscheiden, die der unsrigen zu entsprechen scheint; dann eine Area geniculata, die vielleicht unserer gleichnamigen FM entsprechen dürfte, und eine Area callosa, die ungefähr das Gebiet unserer Area parolfactoria FL einnimmt. Die übrigen Forscher bis auf VOGT haben diese Gegend betreffs des Markbildes nicht näher untersucht. Vogt dagegen hat dieselbe ebenfalls sehr genau nach dem Markbild in mehrere Felder geteilt. Unsere Übergangsarea FHL dürfte auf der VOGTschen Hirnkarte (Abb. 10) z. T. der Zone 11 entsprechen, während unsere Areae FL1 und FL2 den Zonen 11 und 12 entsprechen dürfte; FL3 dürfte in VOGTs Feld 13 liegen. Die Gebiete 11 und 12 bezeichnet VOGT als unistriär, euradiär, tenuifibrös und ultratangential, d. h. es ist bloß ein Baillargerscher Streifen zu sehen; eine deutliche radiäre Streifung zieht bis in die IIIb - Schicht; in der I. Schicht sind viele Tangentialfasern, die sogar bis in die II. Schicht herabreichen. Seine Areae 13 und 14 bezeichnet VOGT dagegen als supraradiär, d. h. daß die radiären Markbündel bis über die III. Schicht hinaufziehen bis gegen die II. zu, ein Charakteristikum (das sonst auch dem Lobus limbicus anterior großenteils zukommt und), das VOGT als einen Übergang zum Rudimentärtypus der Rinde auffaßt. VOGT zählt diesen Teil zu seinem Allocortex, was ja auch unserer Auffassung entspricht, da sein Feld 13 und 14 unseren Areae FL3, FM und FN gleichzustellen ist. Abb. 124, die VOGTs Arbeit entnommen ist, zeigt das subrostrale caudale Ende der Frontalrinde im Markbild an einem Horizontalschnitt, der ungefähr unserer Tafel XXXIX und XL gleichkommt. Das Feld 14 entspricht unserer Area FN. Dorsal geht dieselbe nach VOGT in die Striae Lancisi über (unsere Area indusei), ventral biegt sie auch nach VOGT auf die Basalfläche um, wo sie in dem medialen hinteren Teil der Substantia perforata, die sog. Area diagonalis VOGTs bildet, die auch im Markbild anders gebaut ist als die vordere laterale Partie des sog. Tuberculum olfactorium (s. Abb. 10 c und 12). Letzteres, unser TK, ist nach BECCARI arm an Markfasern, ersteres, unser FN, sehr markfaserreich.
416 Das Stirnhirn.
Abb. 124. VOGTs Markbild seiner subrostralen Felder 12, 13, 14 (s. Abb. 10b) an einem Horizontalschnitt der Medianfläche. (Entspricht ungefähr unseren Tafeln XXXIX und XL des Carrefour olfactif von BROCA.)
Area Fronto-insularis. 417
Die Area praecommissuralis FN gehört eigentlich nicht zu dem, was wir in engerem Sinne als Großhirnrinde bezeichnen. Im Bau und anatomischen Zusammenhang steht sie, wie besprochen, einem Teil der Substantia perforata anterior nahe. Die Substantia perforata nun wird im allgemeinen als ein Teil des Riechhirns aufgefaßt. Nun ist es aber merkwürdig, daß, wie KRYSPIN-EXNER festgestellt hat, das Basalganglion (welches sich in jenen Teilen hauptsächlich ausbreitet, die wir an der Oberfläche als FN bezeichnen) bei Mikro- und Anosmatikern und beim Menschen eine viel mächtigere Ausbildung zeigt als bei Makrosmatikern. Dies läßt ihren Zusammenhang mit der Riechfunktion zum mindesten zweifelhaft erscheinen (im Gegensatz zu TK). Im Basalganglion entspringt das basale Längsbündel.
Die frontal von der Area FN befindliche streifenförmige Area geniculata FM überzieht in ihrem Orbitalen Teil den Gyrus olfactorius medialis und an der medianen Hirnwand dessen Fortsetzung auf das Carrefour (Gyrus geniculatus midi). Diese zwei Bildungen finden ihre dorsale Fortsetzung einerseits (FN) in dem Induseum (LB2), das den Balken überzieht, andererseits FM in der Umschlagstelle der Hirnrinde des Gyrus cinguli auf dem Balkenrücken (LB1). Sie finden also ihre Fortsetzung in dem inneren Gyrus intralimbicus oder der sog. Circonvolution godronnée (auch Gyrus dentatus genannt), welche nach rückwärts sich später bis in das Ammonshorn fortsetzt. Die frontal von FN und FM gelegene Area parolfactoria FL schließlich ist die Fortsetzung des Gyrus cinguli selbst; während die FM und FN sowie der ganze Gyrus intralimbicus allogenetische Formationen darstellen, ist dies letztere (FL) eine zwar heterotypische, doch isogenetische Formation, sowie die äußeren Formationen des Gyrus cinguli auch. Dieser Zusammenhang sowohl als auch die Übereinstimmung im Zellbau zeigen, daß es sich hier um Teile des sog. Riechhirns handelt und macht es wahrscheinlich, daß sie auch funktionell in irgendeiner Beziehung zur Riechfunktion stehen; sie sind aber wohl nicht als sensible Zentren aufzufassen, wie wir noch später sehen werden, sobald wir die spezifischen sensorischen Rindenpartien samt ihrem Koniocortex, welche dem Geruch und Geschmackssinn entsprechen (8. Kap. C, l), näher erklären werden. Eher dürften sie, ihrem Baue und Rindentypus nach, eine efferente Funktion haben.
FLECHSIG (Abb. 90 und 91) zählt allerdings dieses Gebiet ebenfalls zu seinen Primordialgebieten, ja es ist sogar eines jener, das zu allererst seine Markfasern erhält, und er bezeichnet es mit der Zahl 4 b, gleich wie die retrospleniale Gegend und die Gegend des Hippocampus.
In der medialen Ecke der Orbitalfläche des Frontalhirns setzt sich noch lateral vom hinteren Ende des Sulcus olfactorius, und gerade caudal von dem Ende des medialen hinteren Astes des Sulcus orbitalis transversus (S. orb. tr. Abb. 24), eine Übergangswindung G. tr. is. an, die von diesem inneren Endstück der dritten Stirnwindung quer nach außen zur Insula anterior zieht. Sie bildet gleichsam einen quergestellten Wall als Abschluß der grauen Orbitalfläche nach hinten. Ihr laterales Ende senkt sich seitwärts steil in beinahe rechtem Winkel in die Tiefe des vorderen Teiles der Sylvischen Grube und bildet in dieser den vordersten Teil der Insula anterior selbst, indem er sich direkt in den Gyrus brevis accessorius insulae fortsetzt (g. br. ac.), der die Kante zwischen Seitenfläche und vorderer Fläche der Insel bildet, so daß die Vorderwand dieses Gyrus transversus insulae gleichzeitig auch die frontale, kleinere, dreieckige Wand der Insel darstellt (Abb. 21). Diese Brückenwindung heißt nach RETZIUS der Gyrus transversus insulae (Abb. 21 und 24 G. tr. is.); häufig ist sie ganz schmal und in die Tiefe versenkt, andere Male wieder ist sie zu einer kleinfingerdicken Windung entwickelt; sie hängt, wie gesagt, medial mit dem Orbitalteile der dritten Stirnwindung zusammen; sonst ist sie aber in ihrem Verlaufe von dem übrigen Teile der Pars orbitalis von F3, zu der sie ja parallel verläuft, durch eine tiefe Furche getrennt; diese Furche ist eigentlich nichts anderes als die Fortsetzung des Margo anterior insulae (mg. a. Abb. 24), der auf die Basalfläche, d. h. Orbitalfläche des Hirns diese Fortsetzung schickt. In der Tiefe dieser Furche hängt also dieser Gyrus transversus frontal mit der hinteren Wand des Orbitalteiles von F3 zusammen. Auf der Vorderwand dieses Gyrus transversus im Sulcus, welche also die Vorderfläche der Insel(-pyramide) ist, wölbt sich meist als sekundäre Windung noch ein (bis zwei) Gyrus brevis accessorius anterior vor (g. br. ac. a. Abb. 24). Caudal vom Gyrus transversus insulae beginnt nicht unmittelbar die Substantia perforata, sondern es zieht, wie S. 399 gesagt, der Gyrus olfactorius lateralis (G. ol. lat.) an ihn gelehnt und von ihm bloß durch eine ganz seichte Rille getrennt, parallel zu ihm, gleichsam als sein hinterer Rindensaum bis zum Inselpol (IP), der vorderste Teil des Inselpols selbst wird aber durch das Beugungsknie gerade des Gyrus transversus gebildet an der Stelle, wo er sich als vorderster Inselteil vor der Orbitalfläche in die Tiefe der Sylvischen Grube stürzt. Der anschließende rückwärtige Teil des Inselpoles, der hier weiter zu der horizontalen Ebene der Basis aus der frontalen Richtung in die sagittale umbiegt, wird vom sog. Pli falciforme (p. f.) gebildet. Diese Biegung nach hinten macht, wie schon wiederholt berichtet, auch der Gyrus olfactorius lateralis mit, und hilft so bei der Bildung des Gyrus falciformis mit. Das Nähere über dieses anatomische Verhalten haben wir schon im Kapitel über die Entwicklung des Riechhirns (3. Kap., S. 93), dann auf S. 398 FM besprochen und kommen nochmals bei Besprechung der Inselareae (9. Kap. A, 3), darauf zurück.
418 Das Stirnhirn.
Dieser Gyrus transversus insulae nun ist in seinem Orbitalen Teil und an seiner vorderen, im medialen Aste des Margo insularis anterior gelegenen Wand sowie weiter auch größtenteils an seiner in die Sylvische Grube hineinfallenden Oberfläche mit einer ganz eigenartigen agranulären Formation überzogen, die wir mit Rücksicht auf ihre Beziehung zur Insel als Area frontoinsularis FI bezeichnen wollen (s. Abb. 92 und 95). Wie alle Areae der Orbitalen Region ist es auch bezüglich ihrer schwer, eine für alle ihre Teile gemeingültige Beschreibung zu geben, da sie ebenfalls fortwährend wenigstens geringe progressive Änderungen ihres Aussehens zeigt. Der Gyrus olfactorius lateralis schließlich bietet ebenso wie schon der Gyrus olfactorius medialis (FM), ebenfalls einen eigenartigen, und zwar ebenfalls allogenetischen Bau, in welchem nur wenige unserer gewöhnlichen Rindenschichten wiederzuerkennen sind. Er bildet somit wieder einen eigenen Bezirk, den wir als Area piriformis frontalis FK gleich nach der Formation FI besprechen wollen.
Die Rinde der Area fronto-insularis ist äußerst dick (s. Abb. 26 und 27) und erreicht Zahlen, wie wir sie sonst nur in FA und in FB wiederfinden, und zwar mißt man an der Kuppe 3.4-3.6 mm, an der Wand 2.9-3.1 mm. Während in der Wand die ganze Rinde ziemlich gleichmäßig gefärbt ist, aber in der Mitte wohl einen dünnen, dunklen Streifen zeigt, der der IV. und obersten Lage der V. entsprechen dürfte, ist an der Kuppe die Rinde durchweg so gleichmäßig und ohne jede sichtbare horizontale Schichtung tingiert wie in FA, und außer der I. Schicht sieht man mit freiem Auge keine andere. Die Grenze gegen das Mark ist auch vollkommen unscharf, sowohl in der Wand als ganz besonders an der Kuppe, so daß man, wollte man hier die VIb-Schicht so weit annehmen, als man noch die Färbung in der Tiefe sieht, auf Zahlen weit über 4.0 mm kommen würde, wie man auf Tafel XLII ohne weiteres ersehen kann. Es macht im großen ganzen ferner, mit freiem Auge betrachtet, den Eindruck, als ob die untere Hälfte der Rinde etwas dunkler gefärbt wäre als die obere.
Bei flüchtiger Betrachtung mit schwacher Vergrößerung fällt vor allem die Breite dieser Rinde auf und die undeutliche Markbegrenzung. An der Kuppe erscheint die I. Schicht äußerst breit, eher kernreich und relativ zellgroß; die II. kaum als Schicht angedeutet, fällt durch die Größe ihrer vereinzelten Zellen auf; es fehlt an der Kuppe die IV. Schicht (Abb. 70 und 71), so daß die III. und die V. unmittelbar ineinander übergehen; da ferner die Zelldichtigkeit eine ziemlich gleichmäßige ist, hat man gleichsam auch hier den Eindruck einer einzigen ununterbrochenen Schicht, die von der Molekularzone bis ins Mark reicht. Man sieht also keine horizontale Schichtung; dagegen fällt sehr deutlich eine streifenförmige, radiäre Anordnung aller Zellen in zur Oberfläche senkrechten Zügen in die Augen (Abb. 45), und zwar nicht so sehr etwa durch breitere radiäre Markstrahlen selbst, welche doch dann zellreichere und zellärmere Streifen abwechselnd aufweisen würden, als vielmehr durch die Längsorientierung aller Zellen senkrecht zur Oberfläche und ihrer unmittelbaren Aneinanderreihung zu schmalen, langen, senkrechten Zügen. Ganz auffallend ist außerdem schon bei schwächster Vergrößerung sichtbar die eigentümlich lang ausgezogene Form der Zellen aller Schichten, die das eigentümliche Bild einer Längsschraffierung des Rindenquerschnittes mit unterbrochenen Stippchenlinien hervorruft (Tafel XLII). Besonders in der V. und VI. Schicht fällt dies ganz besonders auf. Diese beiden Schichten sind auch von besonderer Mächtigkeit und ihre Zellen größtenteils eigentümlich stabförmig. Die Rinde ist im allgemeinen mittelzellreich; in der Wand, welche dem Orbitalteile von F3 zugekehrt ist, ist allerdings die IV. Schicht wieder ziemlich gut angedeutet (Tafel XLIII), und hier läßt sich eine gewisse horizontale Schichtung auch wieder erkennen. Verfolgt man an einem sagittal geführten Schnitte, welcher den Orbitalteil der dritten Stirnwindung und den Gyrus transversus senkrecht trifft, den Übergang von der dritten Stirnwindung in den Gyrus transversus, so findet man natürlich einen allmählichen Übergang der Formation FF in die Formation FI; es ist keine absolut scharfe Grenze zwischen den beiden, aber doch ein ziemlich rascher Übergang, der sich in der Tiefe des Sulcus von Wand zu Wand vollzieht. Die Rinde wird in dieser Übergangspartie rasch breiter. Schon die FF- Formation war ausgezeichnet durch das Auftreten wohlgeformter, schlanker Pyramidenzellen in der III. und lang ausgezogener Zellen von Spindelform in der VI. Schicht. In der Tiefe des besagten Sulcus wird die I. Schicht breiter, die II. Schicht, welche schon in FF nicht sehr deutlich war, wird diskontinuierlich, lückenhaft, enthält einzelne große Zellen und zeigt die Neigung zur Zellhäufchenbildung. Die III. Schicht wird äußerst breit, ihre Zellen jedoch haben nicht mehr die schöne Pyramidenform, obschon sie zum Teile die gleiche Größe behalten, zum Teile größer werden, sondern sie sind meist tropfenförmig; die Zelldichtigkeit, die schon in der FF caudalwärts in stetem Abnehmen begriffen war, hat hier noch mehr eingebüßt, und zwischen den Pyramidenzellen sieht man hier breite Partien von Grundsubstanz ohne jede Nervenzelle. Die IV. Schicht, welche in den hinteren Partien von FF meistens kaum angedeutet ist, bildet auch hier in der Wand, obschon gut sichtbar, doch nur mehr einen schmalen Saum von kleinen Zellen, in den sich auch schon viele Zellen aus III und aus V mengen. Die V. Schicht wird deutlich breiter und zeigt in der Wand auf eine kurze Strecke noch deutlich wie in FF den Unterschied einer zelldichten Va und einer zellärmeren Vb. Die Zellen des letzteren erscheinen aber ganz besonders schlank, schmal und in die Länge gezogen. Die VI. Schicht wird noch viel breiter und hat ebenfalls lange schmale Zellen; ihre Abgrenzung gegen das Mark ist sogar in der Windungswand schon eine recht unscharfe. In der Windungskante jedoch vollzieht sich erst die eigentliche Umwandlung in den Typus der FI, und zwar derart, daß die ganze Rinde wie in der Höhenachse (der Dicke) verzogen, man möchte sagen, perspektivisch verzerrt aussieht (Tafel XLII, rechte Bilderseite). Die I. und II. sind wie vorher; die III. als Schicht war etwas schmäler, die Zellen aber kaum mehr pyramidal oder tropfenförmig, sondern mehr spindelig und stippchenförmig zu nennen; die Va-Schicht zeigt längliche, dichtstehende, kleinere Zellen; die Vb- und die VI. Schicht aber zeigen in ganz auffallendem und unwahrscheinlichem Maße die eben besprochene Verzerrung ihrer Elemente in der radiären Längsrichtung; sie sind auch schon als Schichten an und für sich auffallend breit und außerdem, wie gesagt, ihre Zellen so auffallend lang und zueinander parallel gelagert, so daß sie schon dadurch allein eine Radiärstreifung der Schicht bedingen; außerdem sind die Zellen oft korkzieherartig gewunden und so eigentümlich im Bilde, daß diese Gegend an der Form dieser Zellen allein schon genau zu erkennen ist. Nur in der Gegend der vorderen limbischen Formation, und zwar LA2, sind ähnliche Zellbilder anzutreffen, und manchmal in geringerer Ausprägung auch im Trigonum olfactorium (FMt).
Area Fronto-insularis. 419
In der vorderen Wand des Gyrus transversus bei einer Gesamtbreite von 3.14 mm
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.24 | 0.08 | 1.26 | 0.12 | 0.60 | - | - | 0.84 | mm | a0.40 | b0.44 |
Wand - Gesamtbreite 2.8 mm | ||||||||||
0.30 | 0.06 | 1.26 | 0.08 | 0.50 | - | - | 0.60 | mm | a0.30 | b0.30 |
An der Kuppe des Gyrus transversus bei einer Gesamtbreite von 3.46 mm | ||||||||||
0.28 | 0.08 | 0.00 | 0 | 0.70 | a0.20 | b0.50 | 1.40 | mm | a0.80 | b0.60 |
An der Windungskante des Gyrus transversus bei einer Gesamtbreite von 3.76 mm | ||||||||||
0.25 | 0.08 | 0.00 | 0 | 1.00 | a0.20 | b0.80 | 1.50 | mm | a0.70 | b0.80 |
420 Das Stirnhirn.
Relative Zahlen:
I | II | III | IV | V | VIa | äH:iH | |
für die Kuppe | 0.09 | 0.02 | 0.48 | 0.04 | 0.22 | 0.15 | 59:41 |
für die Wand | 0.10 | 0.03 | 0.32 | - | 0.25 | 0.30 | 45:55 |
Aus diesen Zahlen ergeben sich bei der Rinde der FI ungefähr dieselben Maße wieder wie in FA oder in FB an der Kuppe; wir sehen aber hier in FI ein ganz kolossales Überwiegen der inneren Hauptschicht über die äußere, trotzdem sogar eine dieser inneren Schichten, nämlich die IV., fehlt. Ganz besonders sind also die V. und die VI. Schicht relativ und absolut verbreitert; die III. ist in der Wand absolut genommen sowohl als auch relativ bedeutend breiter als an der Kuppe; sie erreicht in der Wand bis zu 1.26 mm, also eine größere Breite, als wir sie in FA und FB gewöhnlich finden; auch die I. Schicht erscheint absolut und relativ verbreitert zum Unterschiede von FA, wo sie relativ recht schmal war.
I. Die Molekularschicht ist sehr breit, gegen 0.30 mm, und verhältnismäßig reich an Kernen; ihr äußerstes Drittel ist reich an kleinen, in horizontalen Zügen geordneten Körnerreihen, die wahrscheinlich Gliakernzügen zwischen Markfasern entsprechen dürften (Ia); die inneren zwei Drittel der Schicht (Ib) sind ebenfalls reich an Kernen, doch sind diese etwas größer und nicht zu Zügen geordnet. Unter den letzteren sind ziemlich viele Nervenzellen. Man zählt ungefähr 100 kleine Kerne pro 0.1 mm3, von denen die meisten Glia- und Gefäßwandkerne sind, aber ungefähr 16 (also mehr als gewöhnlich) dürften Nervenzellen entsprechen, von denen die meisten 8/10 µ Größe haben; doch fallen vereinzelte große Zellen auf, wie wir sie sonst in I zu sehen nicht gewohnt sind, bis zu 20/10 µ. Alle diese Zellen sind meist horizontal gestellt und dreieckig oder kahnförmig.
II. Die äußere Körnerschicht ist zwar noch vorhanden, doch ist sie äußerst schmal und vielfach unterbrochen, so daß wir ihre Dicke mit 0.0 mm bis zu 0.08 mm angeben müssen. Sie besteht meist nicht aus Körnerzellen, sondern kleineren und auch größeren, polygonalen, dreieckigen und Pyramidenzellen, welche sich außerdem sehr dunkel färben, so daß sie sich von den eher blaß gefärbten Zellen der obersten Teile der III sehr auffällig abheben. Sie liegen zu unregelmäßigen kleinen Häufchen von ca. je 20 Zellen zusammengedrängt. Man kann sagen, daß ungefähr 60 Zellen pro 0.1 mm3 kommen würden, falls diese Häufchen eine kontinuierliche II Schicht bilden würden. Die Größe der Zellen schwankt von 5/5 µ bis zu 10/5 und 20/10 µ, einzelne jedoch können auch 30 / 10-20 µ messen und sehen eigentümlich sternförmig aus, und stechen durch ihre tiefdunkle Färbung von der Umgebung ab. In der Wand und in der Kuppe verhält sich die II. Schicht ziemlich gleich, doch läßt sich sagen, daß gegen die Mitte der Kuppe zu die großen Zellen in den hier noch deutlicher zu Haufen zusammengeballten Schichtenelementen überwiegen, was dieser Schicht beinahe schon ein glomerulöses Aussehen geben kann.
Area Fronto-insularis. 42l
III. Die Pyramidenschicht ist in FI recht breit, und zwar in der Wand, wie wir gesehen haben, sogar ungewöhnlich breit, 1.26 mm; sie beträgt hier 48% der ganzen Rindenbreite, also ein Wert, wie wir ihn kaum noch in FB finden; in der Kuppe ist sie, absolut genommen, mit 0.90 mm recht breit, obschon sie hier relativ nicht das Mittelmaß übersteigt. Die Zelldichtigkeit ist eine geringe, so daß man mehr Grundgewebe als sonst sieht; da die Zellzahl nicht stark abgenommen hat und auch nicht die Zellhöhe, hängt dies offenbar besonders mit der auffallenden Schmalheit der einzelnen Elemente zusammen. Die Zellen sind in ihrer Orientierung zur Oberfläche und in ihrem Abstand zueinander ziemlich regelmäßig verteilt, so daß ein recht gleichmäßiges Zellbild resultiert. Sie sind meint gestreckt pyramidenförmig, tropfenförmig oder flaschenförmig, dabei ziemlich schlank. In ihrer regelmäßigen Anordnung geben sie, wie schon gesagt, den Eindruck einer ziemlich regelmäßigen Schraffierung mit kleinen Stippchen. Eine richtige Unterteilung in IIIa, b und c kann man hier nicht treffen, da weder eine Änderung der Zelldichtigkeit oder eine besondere Zellvermehrung oder eine reihenweise Anordnung größerer Zellen in der Tiefe zu sehen ist. Immerhin kann man eine gewisse Größenzunahme von den oberflächlichsten Partien von III gegen die Tiefe zu ohne weiters konstatieren. Es ist keine wirkliche radiäre Markstreifung zu sehen, und trotzdem sind die Zellen radiär geordnet, was hauptsächlich ihrer gestreckten Form und parallelen Aneinanderreihung zu verdanken ist, welche selbst das Aussehen einer leichten radiären Streifung gibt, die von VI bis hinauf nach II reicht. In den obersten Partien von III zählen wir ungefähr 32 Zellen pro 0.1 mm3, welche 15/5 µ bis 20/8 µ, sogar 30/10 µ Größe aufweisen, und zwar sind ungefähr 10 von den 32 Zellen von größerem Kaliber. In den mittleren Partien zählen wir zwischen 20 und 30 Zellen pro 0.1 mm3 von 15/5 µ bis zu 20/8 µ und 30/10 µ Größe, und ganz vereinzelte hier und da mit 40/10 µ; ungefähr 14 von den 20 bis 30 Zellen haben das größere Kaliber von 20-30 / 5 µ. Die übrigen sind beinahe alle kleiner. Hier ist also die Hälfte der Zellen von größerem Kaliber, während in IIIa kaum ein Drittel der Zellen von größerem Kaliber war. In den tiefsten Partien von III schließlich zählen wir ebenfalls 20-30 Zellen pro 0.1 mm3 von der gleichen Größe wie in der mittleren Partie; hier sind aber ungefähr 17-19 Zellen von größerem Formate, also mehr als die Hälfte große Zellen und außerdem in einer etwas größeren Anzahl ausnahmsweise große Zellen von 40/10 µ. Die Spitzenfortsätze der Zellen sind immer recht weit verfolgbar, 20 µ und 60 µ weit über die eigentliche Zellgröße hinaus. Mitten in der Kuppe wird die III. Schicht nicht nur schmäler, sondern meistens auch zellärmer, 20-25 Zellen pro 0.1 mm3; die Zellen werden auch weniger schlank, so daß man hier besonders zum Unterschiede der Windungskante, wo der Typus von FI seine schönste Ausbildung aufweist, die Zellen etwas plumper findet und höchstens Größen von 20/10 µ oder 20/20 µ begegnet. Die III. Schicht grenzt in der Wand an die IV., so weit dieselbe hier entwickelt ist (Tafel XLIII). In der Kuppe jedoch grenzt sie unmittelbar an die Va (Tafel XLII), von der die Abgrenzung ebenfalls eine ganz gute ist, da die Zellen der Va viel dichter zusammenliegende Pyramidenzellen sind (s. Tafel XLII).
IV. Die innere Körnerschicht existiert in FI bloß in der Wand und ist auch hier schmal, undeutlich und ungefähr bloß 0.10 mm breit (Tafel XLIII); ihre letzten Ausläufer ziehen bis zur Windungskante und sind auf der Kuppe überhaupt nicht mehr zu sehen (Tafel XLII). Es sind ungefähr 50 Zellen pro 0.1 mm3 in der Windungswand vorhanden, von denen die meisten kleine dreieckige und pyramidenförmige Zellen sind, sowie auch einige echte Körnerzellen von 7/7 bis 10/5 µ Größe, aber auch 15/7 µ groß; einzelne Zellen aus der III. und der V. stammend, sind von 20-30 / 10 µ Größe, sie kommen in der IV von FA auch regelmäßig vor. An der Windungskante scheinen die meisten Zellen der IV zu Pyramidenzellen mittlerer Größe zu werden, und sie sind von den mittelgroßen Pyramidenzellen der darunterliegenden Va-Schicht nicht mehr zu trennen (s. Tafel XLIII, Höhe 32 cm, Breite 16 cm).
422 Das Stirnhirn.
V. Die ganglionäre Schicht ist in FI sehr gut entwickelt, weit besser noch als in FF und ist überhaupt hier breiter als sonst irgendwo im Frontallappen; in der Kuppe sind 0.60-0.80 mm Breite, in der Wand 0.50- 0.70 mm. Ihre Zellen sind durchweg von guter Größe und recht gut gefärbt, so daß sie mit der ebenfalls gut gefärbte Zellen enthaltenden VI. Schicht von der eher blaß gefärbten, darüberliegenden III. abstechen. Kann man schon in der angrenzenden Area FF zwischen einer Va- und einer Vb-Schicht unterscheiden, so ist hier der Unterschied stellenweise noch etwas deutlicher; in der Wand mehr als in der Kuppe kann man eine zellreichere und zelldichtere, schmale Va-Schicht von einer zellärmeren, zellgrößeren, zellockeren und etwas breiteren Vb-Schicht gut trennen. In der Wand zählen wir in der Va-Schicht ungefähr 40 Zellen pro 0.1 mm3, welche recht dicht gelagert sind, aus mittelschlanken oder mehr dreieckigen Pyramidenzellen bestehen von 20-25 / 10-20 µ Größe; sie liegen meist zu mehreren in kleinen Gruppen; jede dieser Gruppen enthält einzelne Trabantzellen. Außerdem reichen in der Wand (Tafel XLIII) die Körner der IV. Schicht reichlich in diese Zellgruppen herein. Die Vb-Schicht ist in der Wand ungefähr doppelt so breit als die Va; sie ist bedeutend lichter, so daß sie als heller Streifen zwischen der recht zelldichten Va- und der ebenfalls etwas zelldichteren VIa erscheint. Wir zählen ungefähr 25 Zellen pro 0.1 mm3 in Vb, von denen ungefähr 18 auffallend schlanke, wohlgeformte, in die Länge gezogene Pyramidenzellen sind von 25-30 / 10 µ Größe, deren cephaler Fortsatz über 50 µ weit gegen die Oberfläche verfolgbar ist und durch seinen genau zur Oberfläche gerichteten Lauf der Schicht ein eigentümliches gestricheltes Bild verleiht; jede dieser Zellen hat ihren Trabantkern. In dem untersten Teil von Vb mischen sich auch Spindelzellen herein. In der Kuppe gelten so ziemlich dieselben Verhältnisse (Tafel XLII). Va erscheint hier ebenfalls recht deutlich, es ist sogar etwas zellreicher, wenn auch nicht ganz ebenso dicht, da die Zellen im allgemeinen etwas zellkleiner sind; Va ist hier scheinbar auch schmäler, obschon es absolut nicht dünner ist als in der Wand, da jedoch Vb eine ganz kolossale Verbreiterung erfährt, macht Va einen schmäleren Eindruck. Wir zählen ungefähr 40 Zellen pro 0.1 mm3; sie haben eine weniger ausgesprochene Pyramidenform als in der Wand, erscheinen etwas kleiner und mehr dreieckig,- ungefähr 18-22 / 12-15 µ; sie liegen auch etwas weniger geordnet und etwas weniger dicht als in der Wand. Während in letzterer durch das Vorhandensein der IV. Schicht die obere Grenze von Va eine sehr deutliche war, ist hier die obere Grenze infolge Fehlens der IV. Schicht gegen III eine sehr ungenaue, und die Zellen der Va reichen vielfach in die unteren Partien der III. Schicht herein. Während außerdem in der Wand die Zellen der Va meist größer waren als die der III. Schicht, ist dies an der Kuppe nicht mehr der Fall, so daß Va, welche hier auch an Stelle der IV. Schicht an der Kuppe getreten ist, gleichsam in ihrer obersten Partie zum Teil eine gewisse Ähnlichkeit mit dieser Schicht beibehalten hat, indem ihre oberflächlicheren Zellen etwas kleiner und weniger schön geformt sind als die tieferliegenden und man ein Va1 von einem tieferen Va2 unterscheiden könnte, wobei Va1 auch als V(IV) bezeichnet werden könnte, da es in die Fortsetzung der IV. Schicht fällt (s. Tafel XLII). Stark verändert ist an der Kuppe die Vb-Schicht; dieselbe ist stark in radiärer Richtung verzogen und verbreitert, so daß sie allein gegen 0.60 mm beträgt, so daß bloß 0.20 mm auf Va entfallen; aber besonders auch ihre Zellen als solche sind stark verändert; sie enthält zwar noch zum Teil die schönen, schlanken Pyramidenzellen wie in der Wand; die meisten dieser Zellen sind jedoch sehr verändert, und zwar zu der spezifischen Zellform dieser Area (s. Allgemeiner Teil S. 67); sie sind besonders an der Windungskante derart eigentümlich in die Länge gezogen, in radiärer Richtung, daß man unwillkürlich an das Bild einer perspektivischen Verzerrung gemahnt wird. Sie erhalten dadurch direkt Spindelform oder Stäbchenform, wobei die Breite des Zelleibes bloß 7-10 µ beträgt, die Länge desselben gegen 60 µ und mehr! An ihren beiden Zellpolen zieht in radiärer Richtung nach oben und nach unten ein langer Fortsatz aus, der nicht selten über weitere 80-100 µ verfolgbar ist, so daß man, beide Fortsätze zusammengerechnet, nicht selten zu Längen von 120- 200 µ kommt (Tafel XLII, Höhe 20-23 cm, Breite 23-28 cm). Diese Fortsätze sind meist ebenfalls gut gefärbt, so daß die ganze Zelle bei ihrer Schmalheit strichförmig aussieht mit einer etwas dunkleren Mitte. Nicht selten ist dieses fadenförmige Zellelement auch noch korkzieherartig gewunden, was dann ein ganz eigentümliches Zellbild gibt; solche Zellen liegen meist zu zwei oder mehreren parallel zueinander und übereinander (Tafel XLII, Höhe 16.5 cm, Breite 30.7 cm); wir zählen ungefähr 20 Zellen pro 0.1 mm3. Infolge ihrer parallelen Lagerung und ihrer eigenen Länge rufen sie an und für sich schon das Bild einer parallelen Streifung hervor. Wir nennen sie Stäbchenzellen oder Korkzieherzellen (Abb. 44). Sie sind spezifisch für diese Gegend. Im 2. Kap., S. 67, haben wir ihre Form eingehend besprochen. Am allertypischsten ist diese Bildung in der Windungskante, wo sie dieser Area ihr ganz eigenes, sonst nirgends wiederzufindendes Gepräge geben, wie man es ähnlich höchstens nur noch in der Area LA2 des Gyrus limbicus wiederfindet (s. S. 442). Mehr gegen die Mitte der Kuppe zu verschmälert sich wieder die Vb-Schicht, und ihre Zellen nehmen hier zum Teil wieder den schlanken Pyramidencharakter an, den sie in der Wand hatten, jedoch verschwinden auch an der Kuppenmitte die Stäbchenzellen nicht ganz. Die untere Grenze der V. Schicht ist an der Kuppe recht unscharf, zumal die Zellen der VI. Schicht, wie wir gleich sehen werden, ebenfalls eine gewisse Längenverzerrung erfahren, so daß die echten Spindelzellen und die Stäbchenzellen schwer voneinander zu unterscheiden sind.
Area Fronto-insularis. 423
VI. Die Spindelzellenschicht ist in der Wand von FI recht breit; sie mißt hier schon nicht weniger als 1.0-1.2 mm und zerfällt deutlich in eine 0.50 mm breite, zelldichtere, schöne Spindelzellen enthaltende VIa-Schicht, in der die Spindelzellen 35-50 / 15-20 µ Größe haben und ungefähr 30 pro 0.1 mm3 an Zellzahl ausmachen. Die VIb-Schicht verliert sich nur ganz allmählich ins Mark und könnte beinahe beliebig breit angenommen werden, denn ihre Zellen reichen sehr weit und sind bis ins Claustrum zu verfolgen, obschon dasselbe weitab liegt. Sie enthält ebenfalls Spindelzellen von etwas geringerer Größe, 25-30 / 10-15 µ; ungefähr 15 Zellen sind pro 0.1 mm3, und man kann noch tief im Mark vereinzelte dieser Zellen immer wieder finden. Die radiäre Streifung, welche in der ganzen Wand der FI Formation deutlich zu sehen ist, ist auch in der VI. Schicht in der Wand vorhanden, doch eher weniger auffällig als in der III. An der Kuppe erscheint in FI die VI. Schicht, besonders an der Windungskante, in fast unwahrscheinlichem Maße in radiärer Richtung verbreitert; sie ist ziemlich zellreich; ihre Zellen sind etwas größer, sie färben sich sehr gut, so daß, wie schon gesagt, beim ersten Blick ins Mikroskop die besser gefärbten Zellen der V. und VI. Schicht im Verhältnis zur blasseren III. Schicht das Augenmerk auf sich ziehen. An der Kuppe ist eine Unterteilung in VIa und VIb viel schwieriger, da hier die Zelldichtigkeitsunterschiede viel geringere sind, obwohl nicht zu leugnen ist, daß die oberen Partien von VIa doch etwas zellreicher sind als die unteren von VIb; jedoch findet der Übergang äußerst allmählich statt, so daß man eine Unterteilung nur mit willkürlichen Grenzen formen könnte. Jedenfalls bietet die VIa hier kein so bandartiges Bild wie in der Wand. Die untere Grenze von VIb ist hier noch viel verschwommener als in der Wand und eigentlich noch ungenauer sogar, als dies in FA oder FB der Fall war, da man überhaupt auch ganz tief im Windungsmarke dieser Gegend vereinzelte Spindelzellen in größerer Zahl zwischen den Markfasern findet, tiefer als sonstwo am Großhirn, so daß man die ganze Rindenbreite, wenn man wollte, auch noch viel breiter angeben könnte, als wir dies ohnehin getan haben. In den caudalen Partien von FI hängen diese tiefen Zellzüge von VIb mit den tiefen Zellmassen der Substantia perforata einerseits, mit den Zellzügen des Claustrums andererseits zusammen. Wir zählen in den oberen Partien dieser VI Schicht ungefähr 20-25 Spindelzellen pro 0.1 mm3, welche durchschnittlich 20-30 / 17-20 µ Größe haben, und in den tieferen Schichten ungefähr 15 Zellen pro 0.1 mm3 von 20/10 µ Größe. Nähert man sich jedoch der Windungskante, so merkt man an den Zellen selbst dieselbe Veränderung wieder, die wir an Zellen der Vb-Schicht beobachtet haben, daß sie nämlich viel schmäler und länger werden und Stäbchenform annehmen (Tafel XLII, Höhe 12 cm, Breite 26 cm); wenn dies auch nicht in so starkem Maße wie in der Vb-Schicht stattfindet, so ist es immerhin ausgesprochen genug, um auch diese Schicht der FI zu charakterisieren und um andererseits die genaue Abgrenzung von der Vb-Schicht eigentlich unmöglich zu machen, da die Zellformen sich derart ähnlich sehen und auch die Zelldichtigkeit keine großen Unterschiede in beiden Schichten aufweist.
424 Das Stirnhirn.
Die Area fronto-insularis besitzt also eine ganz eigene heterotypische Formation, welche nicht nur heterotypisch bezüglich des Ausfalles der IV. Schicht ist, sondern auch heterotypisch bezüglich der Form ihrer Zellen; sie gehört zum Rindentypus 1 (Abb. 88); am meisten Ähnlichkeit hat sie noch mit der Formation der Area LA2 auf dem Gyrus cinguli, mit dem sie jedoch in keinem direkten kontinuierlichen anatomischen Zusammenhange steht; sie unterscheidet sich auch von der Area LA2 in verschiedenen Punkten, z. B. ist sie viel breiter (mit 3.0-3.6 mm) als die Area LA2, die nur Breitenmaße von durchschnittlich 2.5-2.8 mm aufweist; die anderen Unterschiede wollen wir bei LA2, S. 441, noch näher ausführen. Außerdem färbt sich die innere Hauptschicht der FI viel dunkler als die äußere und ist derselben auch an Breite, Zellgröße und Zelldichtigkeit überlegen. Die Markgrenze ist eine äußerst unscharfe und verschwommene. Über die einzelnen Schichten läßt sich zusammenfassend folgendes sagen:
I. 0.30 mm; sehr breit, zellreich, 18 Nervenzellen pro 0.1 mm3, zellgroß, 8/10 µ.
II. 0.0-0.08 mm; sehr schmal, diskontinuierlich, an der Kuppe zusammengeballte Häufchen größerer sternförmiger Zellen bildend, ungefähr 60 Zellen pro 0.1 mm3 von 10-20 / 5-10 µ Größe und sehr verschiedener Orientierung, radiäre Streifung reicht bis nach II.
III. 1.0 mm; sehr breit, zellarm, gleichmäßig bevölkert, zerfällt nicht in Unterschichten, radiär deutlich gestreift, 25 Zellen pro 0.1 mm3 von 20-25 / 5-10 µ Größe.
IV. Bloß in der Wand vorhanden, schmal, spärlich bevölkert, in der Kuppe ganz fehlend.
V. 0.60-0.80 mm; sehr breit, Va zelldicht und zellklein, 40 pro 0.1 mm3 von 25-20 / 15-20 µ Größe, meist dreieckige Form, Vb viel breiter, lichter, zellocker, bedeutend zellgroßer, 20 Zellen pro 0.1 mm3, und zwar schöne Pyramidenzellen von 25-30 / 10 µ, außerdem unsere eigenartigen Stabzellen und Korkzieherzellen von 40/7 µ mit Fortsätzen, die über 100 µ weit verfolgbar.
VI. 1.80 mm; äußert breit, nur in der Wand in VIa und VIb zerfallend, sonst nicht; Markübergang ganz allmählich, in VIa 30 Zellen pro 0.1 mm3 von 20-30 / 17-20 µ, in VIb 15 Zellen pro 0.1 mm3 von 20/10 µ, in Windungskante Spindelzellen stark in die Länge gezogen, wie in Vb, Rinde durchweg radiär gestreift, in äußerer Hauptschicht deutlicher als in der inneren. Vereinzelte Zellen ziehen tief ins Mark bis zum Claustrum.
In dieser Form überzieht diese Bildung FI den Gyrus transversus insulae, und zwar den ganzen Teil desselben an der Orbitalfläche des Frontalhirns samt seiner vorderen Wand bis an seinen Ansatz an die dritte Frontalwindung (s. Abb. 92 -95); aber auch jener Teil des Gyrus transversus, der den vorderen Teil des Inselpoles bildet, ist von der Formation FI überzogen und schließlich ebenso auch jener Teil, welcher in die vorderste Partie der Sylvischen Grube sich senkt und dort die allererste der fächerförmig gestellten Windungen der vorderen Insel bildet, d.h. den vorderen Teil des Gyrus brevis primus insulae nach RETZIUS. Sie grenzt somit nach rückwärts in der Sylvischen Grube auf diesem Gyrus brevis an die vordere Inselbildung IA; in der Tiefe erreicht sie aber nicht ganz den oberen Inselrand; weiter medial am Inselpol grenzt die Formation FI nach rückwärts an die Area pyriformis insulae ID und die Area orbitoinsularis IC. An der Orbitalfläche des Hirns grenzt sie nach rückwärts, wie schon gesagt, an den schmalen Gyrus olfactorius lateralis (Tafel XLI, Bild 3), der von der Formation FK überzogen ist und ihre hintere Grenze bis zu der Stelle bildet, wo der Gyrus transversus in die orbitale Partie der dritten Frontalwindung übergeht, so daß sie durch ihn, der ja bis zum Tuber olfactorium reicht, durchweg von der dahinterliegenden Substantia perforata getrennt ist. Nach vorn grenzt die Area FI in ihrer ganzen Ausdehnung an die Area FF in der Tiefe des Ramus orbitalis des Margo anterior insulae, in dessen Tal der Übergang der beiden Formationen ineinander stattfindet. Auf der vordersten Inselwindung selbst grenzt dann die Formation FFΦ nach vorn an die operculare Partie der Area FD. Daß diese agranuläre Formation FI irgendwo direkt an die agranulären Formationen FA oder FB angrenzt, ist nicht richtig (s. auch Abb. 76). Diese Annahme, daß die agranulären prärolandischen Bildungen hier mit dieser agranulären Bildung zusammenhinge und durch sie ein Zusammenhang bestünde mit der an der Orbitalfläche befindlichen agranulären Bildung der Gyri olfactorii (lateralis und medialis und ihren Areae FK, FM und FL) und durch diese wieder an den agranulären vorderen limbischen Rindentypus LA, der selber wieder caudal und dorsal am Parazentralläppchen mit den agranulären präzentralen Formationen FA und FB in Berührung ist, und daß somit ein Ring agranulärer Bildung manschettenförmig um das ganze Stirnhirn gelegt, hier auf dem vorderen Teil der Insel in der Area FI derselben ihren Zusammenschluß fände, ist nicht richtig, wenn auch diese agranulären Formationen FI, FA und FB aneinander nahe herankommen (s. S. 145). Der die Hemisphäre umfassende agranuläre Ring ist hier, an der Konvexität eben in der Tiefe der Insel und auf dem Opercularteile offen, da sich stets die granulären opercularen Formationen FDop, FCop und FBop dazwischen einschieben, zumal auch die vordere Inselformation IA, wie wir noch später sehen werden, auch nicht rein agranulär ist.
Area Fronto-insularis. 425
Diese Area fronto-insularis scheint bisher, zum Teil wenigstens, übersehen worden zu sein; allerdings erwähnt auch BRODMANN vorübergehend, daß vor der Formation der Insula anterior (also vor unserer Area IA), gegen die Orbitalfläche zu, eine eigene Rindenformation sich zu befinden scheint, die er sich vorbehielt, gleichzeitig mit dem Inselpol der Pars olfactoria insulae (unserem ID) von der Inselformation in späterer Zeit abzutrennen, aber in seiner Hirnkarte (Abb. 6, 7 und 8) verzeichnet er dies nicht. Schon ELLIOT SMITH (Abb. 3 und 4) hat eigentlich in seine Area pyriformis anterior nicht nur den Lobus olfactorius lateralis (unsere Area FK), sondern scheinbar auch diese frontoinsuläre Partie mit einbezogen. Es dürfte also wohl auch den anderen Forschern, denken wir, schon aufgefallen sein, daß an dieser Stelle ein eigentümlicher Rindenbau vorhanden ist; sie haben bloß ihre Untersuchungen dieser Gegend nicht weit genug fortgesetzt, um dieselbe von dem Gyrus olfactorius zu differenzieren, denn die Formation ist so auffallend in ihrem Bau, daß man sie eigentlich nicht übersehen kann. Das Feld 16 von BRODMANN, welches er beim Affen als Area insularis oralis bezeichnet, scheint der Beschreibung nach, die er davon gibt, einige Ähnlichkeit mit unserem FI zu haben; danach soll bei Affen diese Gegend folgende Merkmale tragen: I. breit; II. keine Körner-, sondern kleine Pyramidenzellen in nesterförmiger Anordnung; III. schmal, zellarm, bloß mittelgroße Pyramidenzellen; IV. fehlt; V. zerfällt in Va zellarm und Vb zellreich; VI. nicht scharf von Vb getrennt, hängt vorn mit dem Claustrum zusammen. Es wäre möglich, daß sich FI beim Affen dieser Art präsentiert.
Das Markbild dieser Gegend ist überhaupt bisher noch nicht näher untersucht worden bis auf VOGT, der in dieser Gegend (Abb. 12) scheinbar sein Feld ai1 einzeichnet (?), ohne jedoch bisher noch eine nähere Beschreibung davon gegeben zu haben. FLECHSIG (Abb. 90 und 91) bezeichnet die Wandpartie des Operculum orbitale und die vorderste Inselpartie als ein Primordialgebiet und belegt es mit der Ziffer 11; es wäre nicht unmöglich, daß dieses Gebiet unserer Area FI entspräche, da wir doch immer wieder die Erfahrung gemacht haben, daß die meisten von FLECHSIG als Primordialfelder erkannten Gebiete sich im Zellbilde als verschieden im tektonischen Bau von der gewöhnlichen Rinde, also als heterotypische oder gar als allogenetische Formationen immer wieder erweisen, und FI ist eben eine heterotypische Bildung.
Über die Bedeutung dieser Gegend läßt sich heute gar nichts sagen; die Ähnlichkeit ihres Baues mit der limbischen Formation LA, die zum sog. Riechhirn gehört, und ihre grobanatomisch nahe Beziehung zum Gyrus olfactorius lateralis, läßt den Verdacht berechtigt erscheinen, daß es sich auch hier wieder um einen Teil des sog. „Riechhirns" handeln könnte. Zur Area pyriformis FK des Gyrus olfactorius lateralis verhält sie sich ungefähr so wie die Area parolfactoria FL zur Area geniculata FM des Gyrus olfactorius medius, wie wir gleich später sehen werden. Wir verweisen weiter diesbezüglich speziell auf unsere Besprechung bezüglich der eventuellen physiologischen Bedeutung der Insel (9. Kap. A, 3, §7). Ihr Bautypus 1 ließe vielleicht an eine efferente Funktion dieser Gegend denken.
426 Das Stirnhirn.
An der Orbitalfläche des Frontalhirns (Abb. 24), unmittelbar hinter dem Gyrus transversus insulae (g. tr. is.), zieht seitlich vom Trigonum olfactorium (Tr. o.) nach außen der Gyrus olfactorius lateralis (g. ol. lt.), dessen Pars anterior sich zwischen den Gyrus transversus insulae und die Substantia perforata anterior legt; am Inselpole angelangt, bildet dieser Gyrus olfactorius lateralis zusammen mit dem Knie des Gyrus transversus den Inselpol selbst und biegt in spitzem Winkelbogen die innere Begrenzung des Pli falciforme (p. f.) bildend, zuerst nach hinten, und dann nach hinten und wieder zurück medialwärts um, so daß er auf der Gegenseite die hintere laterale Begrenzung der Substantia perforata bildet. Diesen hinteren Schenkel nennen wir Gyrus olfactorius lateralis posterior; er geht zum vorderen Temporalpole und endet am Uncusteile desselben medial im Gyrus semilunaris. Der Gyrus olfactorius lateralis gehört also in seiner Pars anterior topographisch zum Frontalhirn bis dorthin, wo er lateral als Teil des Pli falciforme (des Inselpols) nach hinten umbiegt, und wir wollen ihn daher, wie schon früher auch den Gyrus olfactorius medialis (FM), hier beim Frontalhirn besprechen, während sein mittlerer Teil bei Besprechung der Insel und seine Pars posterior bei Besprechung des Temporallappens noch berücksichtigt werden wird. Seine innere Begrenzung gegen die Substantia perforata bildet eine seichte Furche, die dem Sulcus arcuatus rhinencephali des RETZIUS entspricht. Der Gyrus olfactorius lateralis ist von einer dünnen grauen Rindenformation überzogen, die eine Defektrinde darstellt, die den gewöhnlichen Rindenbau eigentlich kaum mehr erkennen läßt; sie ist allogenetischen Ursprungs (s. S. 106). Wir haben es also hier mit einer allogenetischen Cortexformation zu tun, die wir im Gebiete des ganzen Gyrus olfactorius lateralis als Area pyriformis bezeichnen wollen. Ihr Ausbreitungsgebiet auf dem vorderen frontalen Schenkel des Gyrus olfactorius lateralis nennen wir Area piriformis frontalis FK; sie zeigt einige Baudifferenzen gegenüber dem Scheitelstück des lateralen Winkels des Gyrus olfactorius lateralis, der sog. Areae piriformis insulae ID (S. 496 und Tafel LVIII, Bild 1 und 2), oder dem hinteren Schenkel derselben, Area piriformis temporalis TI (12. Kap. D, 1, §5 und Tafel LVIII, Bild 3 und 4.).
An Sagittalschnitten erkennt man dieses Gebiet als spitz zulaufenden und hinten endenden weißen Rindensaum auch mit unbewaffnetem Auge; auch ohne jede Vergrößerung bemerkt man am gefärbten Präparat eine äußerst breite Molekularschicht, darunter eine einzige, ziemlich gleichmäßig dunkelgefärbte Schicht von ungefähr 2.2 mm Dickendurchmesser an seiner breitesten Stelle, während hinten, vor seinem Ende, dieser Rindensaum nur 0.60 mm mißt. Der frontocaudale Durchmesser der ganzen Area FK, der identisch ist mit dem frontocaudalen Durchmesser des Gyrus olfactorius lateralis, beträgt kaum mehr als 1-l.5 mm.
(Tafel XLI, Bild 3, linke Hälfte, und Bild 4, rechte Hälfte. Vergrößerung 50fach.)
Bild 3 und 4 sind zwei aneinanderschließende Photographien von einem (beinahe) sagittalen Schnitte der Orbitalfläche, ein gutes Stück lateral vom Tuberculum olfactorium. In der rechten oberen Ecke von Bild 3 sieht man das hintere Ende des Gyrus transversus insulae mit der Area FI, erkennbar an den langen Stabzellen der Vb; nach links erstreckt sich der Gyrus olfactorius lateralis, der bei Strich / endet auf Bild 4, während links davon die Substantia perforata anterior beginnt. Da hier Übersichtsbilder wichtiger sind als Einzelbilder, haben wir für diese Gegend die bloß 50fache Vergrößerung vorgezogen.
Area piriformis frontalis. 427
Schon bei schwacher Vergrößerung fällt hier vor allem die abnorme Dicke der Molekularschicht auf, die die ungewöhnliche Ziffer von 0.5 mm und mehr erreicht. Ihr oberflächlicher Teil muß, nach der eigentümlichen, zur Oberfläche parallelen reihenweisen Anordnung der Gliakernzüge zu urteilen, offenbar eine breite Markfaserschicht beherbergen. Unter der Molekularschicht ist eigentlich eine einzige, ziemlich zellreiche und ziemlich zellgroße Schicht zu sehen, welche allein die ganze zellführende Rindenbreite einnimmt. Wir haben es also hier mit einem vollständig anderen Bau des Cortex zu tun. Es handelt sich also um eine allogenetische Rinde. Diese hat an der Grenzpartie von FI (in der rechten Ecke des Bildes 3) einen Dickendurchmesser von 2.7 mm, der plötzlich auf 2 mm herabsinkt und sich zusehends, je mehr man dem hinteren Rindensaume der Orbitalfläche der Rinde sich nähert (s. Bild 4, linke Ecke), verschmälert. Ihr hinteres Ende bei Strich 1 ist stumpf kegelförmig, während die Molekularschicht mit ihrer mächtigen Breite unverändert auf die Substantia perforata anterior weiterzieht. An dem stumpfen, kegelförmigen Querschnittsende des zellführenden Teiles hat man den Eindruck, daß derselbe von dicken Markfaserstreifen (des Nervus olfactorius), die sich von der Oberfläche schief nach vorn (auf dem Bilde nach rechts) in die Tiefe senken, gleichsam abgeschnitten wird, wobei die Markfaserstreifen scheinbar ganze Zellzüge mit sich in die Tiefe reißen. Die Zellen der Rinde sind im allgemeinen recht groß, zum Teil recht unregelmäßig geformt; man kann an der Rinde auf dem Bilde 3 ein oberes, etwas lockeres, von einem tieferen etwas dichteren Zellager unterscheiden. Das obere scheint der II. und der III. Schicht zu entsprechen, wenigstens hat man diesen Eindruck, wenn man auf Tafel XLI, Bild 3 und 4, von der rechten oberen Ecke, in der noch die Formation FI zu erkennen ist, nach links zu die einzelnen Schichten verfolgt; da macht es sogar den Eindruck, als ob die II. Schicht hier sogar etwas zellreicher und zellgrößer würde als in FI (Tafel XLI hat bloß eine 50fache Vergrößerung), wo sie bedeutend an Breite eingebüßt hatte, während die Fortsetzung der III. Schicht ebenso zellarm wie diese erscheint. Das tiefere Zellager scheint dagegen der großzelligen V. und VI. Schicht zu entsprechen, die sich hier wieder bedeutend verschmälern. Eine V Schicht gibt es hier nicht. Sehr auffällig ist ferner, daß die tiefste Zellage hier nicht am Marke wirklich aufhört, sondern daß sich in der Tiefe des Markes weiterhin äußerst zahlreiche, meist horizontal gestellte Zellen finden, in kontinuierlichem lockeren Zusammenhange mit den im tiefsten Marklager der FI-Formation befindlichen Zellen; diese hängen letzten Endes mit den Zellen des Claustrums (Bild 3, rechte untere Ecke Cl) einerseits und mit den Zellen der Substantia perforata andererseits, wie man an Bild 3 und 4 sieht, zusammen. Am hintersten Rindensaum (Bild 4, Strich 1), also am Übergang zu der Substantia perforata anterior, wird die I. Schicht ganz besonders breit, über 0.6 mm (!); die II. Schicht bildet hier einen eigentümlichen, dem queren (mediolateralen) Verlaufe des Gyrus olfactorius lateralis (anterior) parallel gestellten, dichteren Zellwulst, der am Querschnitt wie ein kleinzelliger Glomerulus aussieht. Die darunterliegende, der III. Schicht entsprechende, zellarme, obere Lage hört hier an den Markbündeln des Nervus olfactorius, die in die Tiefe ziehen, ganz auf. Die Zellen der V. und VI. Schicht, d. h. der ihr entsprechenden unteren Lage, scheinen zum Teil mit diesen Markzügen in die Tiefe zu gehen und sich weiter caudal mit den multipolaren Zellen der Ganglien dieser Gegend der Substantia perforata zu vermengen. Dieser Bau der Area piriformis anterior entspricht mit geringen Änderungen, wie wir sehen werden, auch dem übrigen Rindensaum der Area piriformis insulae und temporalis, nur daß in den rückwärtigen Partien die zellführende Schicht im allgemeinen noch großzelliger erscheint als in den vorderen (s. S. 496). Auch hier wieder sehen wir, daß nicht etwa bloß die VI. Schicht ihre Fortsetzung in der allogenetischen Rinde findet; doch sind jene Schichten die man hereinverfolgen kann, verändert und verkümmert; wir haben es also mit einem Cortex rudimentarius (BRODMANN) zu tun (S. 203, ferner Abb. 56, 57 und 58).
Ein wirkliches Zahlenverhältnis hier zu geben, wo die Rinde sich nach rückwärts oder innen fortschreitend verschmälert, ist nicht möglich, zumal auch einzelne Schichten sich gar nicht recht hier gegeneinander abgrenzen lassen; wir geben also bloß von willkürlich gewählten Stellen die ungefähren ermittelten Werte, damit man sich annähernd eine Vorstellung der Verhältnisse hier überhaupt machen kann. Da die Rinde in die Tiefe zu keine deutliche Abgrenzung gegen das Mark, das Claustrum usw. hat, so ist schon diese Gesamtdickenangabe eine willkürliche. Wenn wir außerdem hier von einer I., II., III. usw. Schichte sprechen, so machen wir selbst vor allem darauf aufmerksam, daß man hier von solchen Schichten eigentlich gar nicht sprechen kann, und daß wir dies bloß in diesem Sinne tun, als sich diese Zellagen, die wir hier bei FK besprechen, in der Fortsetzung und im Zusammenhange mit den entsprechenden Schichten der an sie grenzenden heterotypischen Formation FI zu befinden scheinen.
428 Das Stirnhirn.
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
Bei einer Gesamtdicke von 2.4 mm | ||||||||
0.60 | 0-(0.12) | 0.44 | 0 | 0.38 | 0.90 | mm | a0.60 | b0.30 |
Bei einer Gesamtdicke von 2.1 mm | ||||||||
0.50 | 0-(0.16) | 0.50 | 0 | 0.30 | 0.90 | mm | a0.60 | b0.30 |
Relative Zahlen:
I | II | III | IV | V | VIa | äH:iH |
0.26 | 0.06 | 0.23 | - | 0.17 | 0.28 | 55:45 |
I. Nur die Molekularschicht kann hier als solche angesprochen werden; sie ist von ganz außerordentlicher Breite (0.5-0.6 mm), beinahe doppelt so breit als in FI und dreimal so breit als sonst im Durchschnitte auf der Hirnrinde.
Diese Breite hat sie auf dem ganzen Gyrus olfactorius lateralis, auch in dessen hinterer, zum Temporallappen von uns gezählten Partie (TI). Diese außerordentliche Breite ist zum Teil durch die Auflagerung von horizontalen, tangential verlaufenden Markfaserzügen der Olfactoriusfaserung auf die I. Schicht bedingt, was am Nisslbilde durch die reihenweise horizontale Anordnung von kleinsten Gliakernen zu parallelen Zügen zu erkennen ist. Dieselben nehmen das äußere Drittel Ia der Molekularschicht ein. Im mittleren und unteren Drittel sind auch sonst zahlreiche Glia- und Gefäßwandkerne. Im ganzen zählen wir ungefähr 66 Kerne pro 0.1 mm3; darunter sind jedoch höchstens 2-3 Nervenzellen von 5/10 µ Größe; nur am Rande, nahe der II. sieht man mehr Zellen und einzelne davon von bedeutend stärkeren Dimensionen, welche aber wohl nichts anderes sind als dislozierte größere Sternzellen aus der darunterliegenden II. Schicht.
II. Als eigentliche äußere Körnerschicht kann diese Lage gar nicht aufgefaßt werden; sie ist bloß die unmittelbare Fortsetzung jener Zellage, welche wir in FI als II. Schicht bezeichnet haben, welche jedoch auch dort schon weder eine kontinuierliche Schicht mehr dargestellt hat, noch aus den für diese Zellage sonst charakteristischen Körner- und kleinen Pyramidenzellen, sondern meist schon aus größeren, polymorph gebauten Zellen bestanden hat. Hier in FK ist dieser eigentümliche Bau noch stärker ausgeprägt; noch weniger als früher bilden hier die Zellen eine Schicht, sondern man sieht Gruppen von großen sternförmigen, kahnförmigen und dreieckigen, verschiedenst orientierten Zellen, welche zwar noch keine eigentlichen Glomeruli bilden, aber ganz unregelmäßige Zellanhäufungen dichterer und lockerer Art bald kleinerer und bald größerer unregelmäßiger Zellen (Bild 3: Höhe 17, Breite 31.5, cm, Höhe 17, Breite 21.5 cm; Bild 4: Höhe 16, Breite 16 cm, Höhe 16.5, Breite 11.5 cm). Zwischen diesen grenzen die mehr pyramidenförmig aussehenden Zellen der darunter befindlichen Lage unmittelbar an die I. Schicht, sofern nicht auch zwischen diesen Häufchen solche unregelmäßig geformte sternförmige Zellen noch dazwischen liegen. Vielfach reichen diese Häufchen als solche in die I. Schicht hinein (Bild 4: Höhe 17, Breite 17 cm, Höhe 17.5, Breite 10 cm), und vielfach findet man die für sie charakteristischen Zellen sogar isoliert in die unteren Partien der I. Schicht hineinversprengt. Danach kann man die Dicke dieser sog. II. Zellage mit 0.0-0.16 mm angeben. Die Zellen selbst sind recht groß, zum Teil sogar größer als die Zellen der darunterliegenden Pyramidenschicht, und sie färben sich auch meist viel dunkler. Sie sind meist polygonal sternförmig oder kahnförmig, von ganz unregelmäßigem Aussehen und mit vielen Fortsätzen versehen; ihre Größe schwankt von 10/10 µ bis 25/10 µ; es sind durchschnittlich ihrer 30 pro 0.1 mm3. In den Zellhäufchen finden sich auch immer recht viele Trabantzellen; Häufchen größerer Zellen wechseln mit solchen kleinerer Zellen ab. An der hinteren Grenze der Rinde, gegen die Substantia perforata zu (Tafel XLI, Bild 4 bei Strich 1), findet sich, wie gesagt, ein großer, ziemlich dichter Zellhaufen von ovaler Form, dessen Durchmesser 0.40 und 0.60 mm beträgt. In diesem großen Glomerulus liegen aber viel kleinere Zellen als in dem übrigen Teile dieser Zellage II dicht beieinander zu 120-150 pro 0.1 mm3; die Zellen sind im Glomerulus meist bloß 5/7 µ groß, selten 10/10 µ; der Glomerulus ist nach allen Seiten ziemlich scharf umgrenzt. Der Glomerulus bildet das stumpf verjüngte Ende der ganzen zellführenden Partie des Gyrus olfactorius lateralis.
Area piriformis frontalis. 429
III. Die Pyramidenzellschicht. Diese Schicht bildet die direkte Fortsetzung der Pyramidenzellschicht der FI. Sie ist absolut und relativ mit 0.40-0.60 mm recht schmal und nicht zellreich, 5-16 Zellen pro 0.1 mm3; die Zellen haben überall die gleiche Größe, zwischen 30-35 / 15-20 µ, nur in den hintersten Partien, nahe dem Rindensaum, werden die Zellen zusehends allmählich kleiner, bis zu 20/10 µ; es handelt sich meist um etwas unregelmäßig geformte Pyramidenzellen, zwischen denen stellenweise auch größere zellose oder sehr zellarme Lücken zu sehen sind. Zwischen den Zellhäufchen der Lage II grenzen diese Zellen unmittelbar an die I. Schicht (Bild 4: Höhe 16, Breite 19 cm). Beinahe jede dieser Pyramidenzellen hat eine Trabantzelle. Im allgemeinen sind die Pyramidenzellen ganz gut gefärbt, wenn auch meist nicht so gut als die Zellen der oberen Zellage. Die Zellarmut dieser Schicht ist in den hinteren Partien des Gyrus olfactorius weniger ausgesprochen als in den vorderen. In den hinteren Partien haben wir bis zu 22 Zellen pro 0.1 mm3 gezählt; an der Stelle, wo die Zellen der Lage II den Endglomerulus bilden, scheinen auch die Zellen der Pyramidenlage sich etwas zusammenzuballen, um dann ganz aufzuhören.
IV. Fehlt vollkommen.
V. Die ganglionäre Zellschicht der FI-Formation, welche durch unsere typischen Stabzellen in ihrem unteren Teile charakterisiert ist und die man auf Bild 3 in der rechten oberen Ecke ganz deutlich sieht, setzt sich ebenfalls auf die untere Zellage des Gyrus olfactorius lateralis fort; sie hat ungefähr eine Breite von 0.30-0.40 mm. Die Zellelemente stehen hier auch nicht sehr dicht; sie sind im allgemeinen etwas größer als in der oberen Lage und sind weniger deutlich pyramidenförmig; viele von ihnen sind sogar ganz deutlich spindelig von einer Größe von 20-25-(30) / 15-20 µ. Wir zählen ungefähr 15-20 solcher Zellen pro 0.1 mm3; nach hinten zu, gegen den Rindensaum, zeigen diese Zellen die Tendenz, sich mehr und mehr in horizontale Richtung zu stellen. Die Schicht hört in der Gegend, wo die Olfactoriusmarkbündel in die Tiefe ziehen, ebenfalls ganz auf. In diesem letzten Abschnitte stehen die meisten Zellen dieser Lage schon ganz horizontal, d. h. sie zeigen flache Dreiecksform oder Kahnform oder horizontal liegende Spindelform, doch ist ihre Orientierung nicht rein parallel zur Oberfläche, sondern eine recht unregelmäßige.
VI. (Die Spindelzellschicht.) Die unterste Zellage schließlich ist recht zelldicht, vielleicht die dichteste der Area FK; man kann ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3 rechnen von meist 30/10 µ Größe; die wenigsten Zellen davon sind wirkliche Spindelformen, sondern auch hier handelt es sich um meist flach ausgedehnte Dreiecksformen oder Kahnformen. Die Breite dieser Schicht kann man sehr verschiedentlich messen, da die Abgrenzung gegen das Mark vollständig unscharf ist; zwischen den hier horizontal verlaufenden Bündeln der Markstrahlung befinden sich in ungeheuer großer Menge gleich große und gleich geformte, horizontal gestellte Zellen in langen Zügen, die in die Tiefe reichen, wo sie schließlich mit den Zellen des Claustrum (Bild 3, Cl) und auch mit denen der Substantia perforata (Bild 4, S. p.) zusammenhängen. Stellenweise ist der Zusammenhang ein so dichter, daß eine untere Grenze der Rinde überhaupt nicht angegeben werden kann.
430 Das Stirnhirn.
Die Area piriformis anterior ist somit eine Rudimentärrinde allogenetischen Ursprunges. Sie wird eigentlich unter einer abnorm breiten I. Schicht von einer einzigen Zellage gebildet, in der man wohl die Fortsetzung der verschiedenen Schichten, welche ihre Nachbararea, die heterotypische Area FI, zusammensetzen, noch erblicken kann, die aber eigentlich nicht mehr die charakteristische Zusammensetzung der Schichten der homotypischen oder der heterotypischen isogenetischen Rinde hat. Nach rückwärts verschmälert sich diese Area allmählich bis zu ihrem vollständigen Aufhören an ihrer Grenze gegen die Substantia perforata. Kurz zusammengefaßt läßt sich über ihre Schichten folgendes sagen:
I. Abnorm breit; 0.60 mm und mehr, enthält oberflächlich Markfasern, nur wenige Nervenzellen, 2-3 pro 0.1 mm3 von 5/10 µ Größe.
II. Dargestellt durch vielfach unterbrochene Haufen größerer und kleinerer sternförmiger und polygonaler, dunkelgefärbter Zellen von 10/10 µ bis 20/10 µ Größe, gegen Substantia perforata Abschluß der Schicht durch eine glomerulöse Ansammlung dichtstehender kleinster Zellen.
III. 0.50-0.60 mm breit; zellarm, 16 Zellen pro 0.1 mm3 von 30/15 µ, meist pyramidenförmig ohne Unterschichtung.
IV. Fehlt.
V. 0.30-0.40 mm Breite; nicht sehr deutliche Schicht, 20 Zellen pro 0.1 mm3 von 20-30 / 15-20 µ, meist kahnförmige, sternförmige und Spindelzellen größtenteils horizontal gestellt.
VI. Ins Mark undeutlich übergehend. Breite zwischen 0.40 und 0.90 mm meßbar; zellklein, ziemlich zelldicht, 30 Zellen pro 0.1 mm3, 20/10 µ groß, meist horizontal liegend.
III., V. und VI. hören an den Markstrahlen der in die Tiefe ziehenden Olfactoriuswurzel auf.
In dieser Art gebaut, als hinterer Rindensaum der Orbitalen Hirnfläche, überzieht die Area FK den Gyrus olfactorius lateralis (Abb. 92 und 95) und endet nach hinten an den Markstrahlen des Nervus olfactorius in der Substantia perforata.
Die vordere Begrenzung findet dieselbe in der seichten Furchung, welche den Gyrus transversus insulae vom Gyrus olfactorius trennt. Medialwärts reicht diese Area mit dem Gyrus olfactorius lateralis bis an das Trigonum olfactorium heran und tritt hier in Berührung mit der Area geniculata FM des Gyrus olfactorius medialis und der Area parolfactoria FL. Doch sind die Areae des medialen Gyrus olfactorius und die des lateralen voneinander gewöhnlich durch die Markmasse des Nervus olfactorius selbst getrennt. Ein Vergleich beider Gyri olfactorii miteinander ergibt, daß der mediale sichtlich schmäler und kleinzelliger ist als der laterale. Im allgemeinen ist aber ihre Bauart ähnlich. An der lateralen Ecke des Gyrus olfactorius lateralis, dort wo derselbe mit dem Pli falciforme nach hinten umbiegt, geht die Area FK in die Area piriformis insulae ID über, welche nur eine geringe Modifikation des Baues im Verhältnis zu dem hier besprochenen aufweist, indem dort die der III. Schicht entsprechende Zellage zellreicher und mit Zellen mehr gleichmäßig bevölkert erscheint, so daß die drei Lagen III, V und VI noch mehr als hier eine einzige Zellage zu bilden scheinen; doch wollen wir die nähere Besprechung dieser Area ID für später aufbewahren. Nach hinten zu grenzt die Area FK an die Substantia perforata, welche, wie man auf Bild 4 (linke Ecke) sieht, aus größeren und kleineren ganglionären Zellinseln besteht, die dreieckige und sternförmige Zellen, bald recht großen Kalibers und bald kleineren Kalibers, enthalten, die durch Markfaserzüge voneinander getrennt sind und die wieder in einem lockeren Zusammenhange mit den untersten Lagen der VI. Schicht und mit dem Claustrum zusammenhängen. Es handelt sich hier um jenen Teil der Substantia perforata, der als Tuberculum olfactorium (Tu. o.) bezeichnet wird (Abb. 24) und der, wie S. 412 gesagt, den Bau TK aufweist, d.h. unter der Molekularschicht sog. parolfactorische Inseln von Körnerzellen oder kleinen und größeren Sternzellen, in der Tiefe ganglionäre Massen größerer und kleinerer Zellen aufweist, die mit den Stammganglien zusammenhängen. Die äußersten Zellen des Gyrus olfactorius sind mit diesen Zellen dieses Teiles der Substantia perforata, wie wir gesagt haben, in lockerem Zusammenhang. Möglicherweise ist dieser Teil TK der Substantia perforata in seinen obersten Zellagen als Rest einer rudimentären Rinde an Stelle des Lobus parolfactorius der Makrosmatiker aufzufassen, während der mediale Teil FN der Substantia perforata wohl nicht als Cortexabkömmling angesehen werden soll.
Area piriformis frontalis. 431
Soweit ich es übersehe, haben die bisherigen Autoren diese Gegend nicht näher beschrieben, und ich verweise diesbezüglich wieder auf das S. 426 Gesagte. ELLIOT SMITH faßt das ganze Gebiet des Gyrus olfactorius lateralis als eine eigene Area piriformis zusammen, zahlt aber zu ihr auch den ganzen Uncus. Er ist wahrscheinlich wohl dazu verleitet worden durch den Umstand, daß weiße Markbündel sich in der I. Schicht dieses ganzen großen Riechgebiets befinden und der Rinde dieser Gegend von der Oberfläche her ein eigenes weißes Aussehen verleihen, andererseits wohl auch noch durch die Tendenz der Zellen der II. Schicht, Häufchen glomerulöser Art zu bilden, eine Eigenschaft, welche wir in der Rinde des ganzen Riechhirns, besonders in ihren allogenetischen Teilen, immer wieder finden und die im Uncus am allerdeutlichsten ausgeprägt ist. Auch VOGT trennt (Abb. 12) richtig dieses Gebiet des Gyrus olfactorius lateralis als seine Zonen ai2-7 von der übrigen Hirnrinde ab, ohne jedoch bisher eine eingehende Beschreibung des Markbaues dieses Teiles seines Allocortex gegeben zu haben. Nur CALLEJA und CAJAL haben bisher mittels der Golgimethode diese Gegend genauer untersucht, und letzterer gibt eine gute Abbildung zur Illustrierung des Gyrus olfactorius lateralis (CAJAL, Riechrinde des Menschen, S. 29, Fig. 10). Dort entspricht A + B unserer I Schicht (Ia + Ib), G unserer II., D unserer III, und E unserer V. + VI. In A ziehen die Olfactoriusfasern horizontal und geben Kollateralen ab, die sich hauptsächlich in der Molekularschicht (Ib) verzweigen, in der die Endbüschel der Pyramidenzellen der D (III) hereinreichen. Einzelne Kollateralen reichen auch nach C (II) herein. Die Schicht der polymorphen Zellen C zeigt sehr schön die Dreieck-, Spindel- und Sternform der sich zu glomerulösen Haufen ballenden größeren Zellen unserer II. Die Achsenzylinder der Pyramidenzellen der III sollen durch den Kopf des Corpus striatum in den Stabkranz ziehen. Andere Markfasern aus der Rinde sollen die vordere Commissur erreichen.
Daß die Area FK, welche den Gyrus olfactorius lateralis überzieht und mit der lateralen Olfactoriuswurzel in innigster Verbindung steht, auch zu der physiologischen Funktion des Riechens in irgendeiner Beziehung steht, ist wohl nach dieser Auseinandersetzung ganz sicher; welcherart jedoch ihre Funktion ist und ob die FK hier tatsächlich die Rolle der Hirnrinde spielt, aus deren Anlage sie sich ja eigentlich auch entwickelt, oder evtl. jene Rolle übernimmt, die sonst bei anderen Hirnnerven von subcorticalen Zentren erfüllt wird, ist noch ganz unbestimmt; letzteres ist jedoch sehr wahrscheinlich.
Regio limbica anterior (agranularis): Area praecingularis LA1; Area cingularis anterior agranularis LA2; Area cingularis limitans anterior LA3; Area ultracingularis anterior LB1; Area indusei LB2.
Regio limbica posterior (granularis): Area cingularis posterior dorsalis LC1; Area cingularis posterior ventralis LC2; Area cingularis limitans posterior LC3.
Regio retrosplenialis: Area retrosplenialis agranularis LD; Area retrosplenialis granulosa superior LE1; Area retrosplenialis granulosa inferior LE2; Area ultracingularis posterior LF1; Area obtecta LF2.
Als Lobus limbicus beschrieb BROCA 1878 die große Bogenwindung, welche an der inneren und unteren Hemisphärenfläche das Corpus callosum und den Hirnschenkel umfaßt und sich nach vorn in den Lobus olfactorius fortsetzt (DÉJERINE) (s. Abb. 97 blau gefärbt in verschiedenen Schattierungen). Er besteht aus zwei Teilen, aus dem Gyrus limbicus superior, der um das ganze Corpus callosum herumzieht, auch Gyrus fornicatus oder Gyrus cinguli genannt (auf Abb. 97 mit L bezeichnet und durch drei mittel- und lichtblaue Färbungen kenntlich gemacht), und dem Gyrus limbicus inferior, der den Hirnschenkel umfaßt und auch Gyrus hippocampi genannt wird (auf Abb. 97 mit H bezeichnet und tiefblau gefärbt). Die äußeren Grenzen sind (s. Schema Abb. 22 und 24) die Sulci: callosomarginalis (cmg) anfangs, dann intralimbicus (l) dann wieder callosomarginalis (cmg), dann subparietalis (s. sp.), der Truncus des S. parietooccipitalis und der Calcarina (Tr), der S. occipitotemporalis (ot) und die Fissura rhinica (rh). Die innere Grenze bilden der Sulcus corpus callosi (s. cc.) und der Sulcus hippocampi (hi), diese zwei letzten Sulci trennen den Lobus limbicus nicht unmittelbar vom Corpus callosum (C. c.) resp. dem Fornixschenkel (Fimbria) (Fi.), sondern es schiebt sich dazwischen ein in seiner Entwicklung zurückgebliebener Windungszug, das sog. Corps godronnée DÉJERINEs (g. il. und g. dt.) oder auch Gyrus intralimbicus oder Gyrus dentatus oder annularis, oder auch supracallosus genannt, der ringförmig den ganzen Gyrus fornicatus und hippocampi auf seiner Innenseite konzentrisch von vorn nach hinten begleitet; derselbe fängt vorn am Gyrus subcallosus (g. sc.) (ZUCKERKANDL) an, setzt sich als Induseum griseum (i. g.) über den Rücken des Corpus callosum nach hinten fort (die Stria Lancisi und die Taenia tecta in sich bergend) und setzt sich am Splenium corporis callosi fort in die Fasciola cinerea (fs. c.), dann in die Fascia dentata (f. dt.) Tarini, übersetzt als Bandelette de Giacomini (BG) den Uncus (U) und geht schließlich auf im Velum terminale Aeby (Ae.). Daß der Gyrus limbicus und Gyrus intralimbicus, das „Riechhirn", wie man dieses ganze Gebiet samt einigen (S. 397-431 besprochenen) Teilen des Frontalhirns nennt, architektonisch sich vom übrigen Gehirn unterscheidet, ist schon längst bekannt; Abb. 61 zeigt schraffiert das sog. Riechhirn, und zwar doppelt schraffiert die Substantia perforata, dunkel schraffiert den sog. Gyrus intralimbicus (Circonvolution godronnée) und einfach lichtschraffiert das übrige sog. Riechhirn. Seine eigenartige Entstehung aus den dünnsten Teilen der medialen Wandung der Großhirnbläschen, welche von allem Anfang an eine andere Entwicklung nehmen, gibt die anschauliche ontogenetische Erklärung für diese Sonderstellung (s. S. 93 Allgem. Teil, 3. Kap.); doch wollen wir absichtlich an dieser Stelle nicht nochmals darauf näher eingehen. Man hat diesen Teil des Großhirns, und zwar besonders den sog. Gyrus intralimbicus und die Ammonsformation - als phylogenetisch älteren - vom übrigen Großhirnmantel, den man Neopallium nennt, als Archipallium (KAPPERS und EDINGER) gesondert, und VOGT nennt diesen Teil - da er auch myeloarchitektonische Eigenheiten aufweist - Allocortex, im Vergleich zur übrigen Rinde, die er als Isocortex bezeichnet. Auch wir stellen ihn als größtenteils allogenetischen Cortex dem gewöhnlichen sechsschichtigen isogenetischen Cortex gegenüber. Alle diese Bezeichnungen, wie Archipallium, Allocortex usw. decken sich nicht vollkommen, da jede einer Einteilung des Cortex nach einem anderen Prinzip entspricht; doch sollen sie alle die eigenartige Entstehung und den eigenartigen Bau kennzeichnen. Man vergleiche auch gleich Abb. 61 mit Abb. 57 und 58. Letztere stellen den Allocortex (allogenetischen Cortex) rot dar, und man sieht daraus sofort anschaulich, daß der Gyrus intralimbicus, der auf Abb. 61 dunkel schraffiert ist, nur einen Teil des (roten) Allocortex ausmacht, während der größte Teil des übrigen sog. „Riechhirns" den Rest des Allocortex und bloß den limbischen Teil des heterotypischen Isocortex (lichtblau) einnimmt, jedoch im dorsocaudalen Teil des Gyrus limbicus sogar auf einen Teil des homotypischen Isocortex sich erstreckt. Vorn an der medialen und basalen Fläche des Frontalhirns gehört eigentlich zum Lobus limbicus noch das ganze parolfactorische Feld BROCAs und der Gyrus olfactorius lateralis et medialis, und zum Gyrus dentatus gehört hier noch frontal der Gyrus subcallosus hinzu, evtl. auch die Substantia perforata anterior. Alle diese vier letzteren Gebilde haben wir aus topographischen Rücksichten gemeinsam mit den anderen Formationen des Frontalhirns schon besprochen, obschon sie engstens zum Riechhirn gehören und großenteils allogenetisch gebaut sind, wie aus unserer Beschreibung S. 397-431 zu ersehen war. Wir verweisen hier auch speziell noch, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Abb. 56-66, welche speziell die Ausbreitung und Entwicklung des „Riechhirns" und des Allocortex wiedergeben, sowie auf die für unsere Zwecke hinlänglichen Ausführungen im 3. Kapitel über dieses Thema; dort wird man über die gemeinsame Entstehung und den Zusammenhang dieser Teile sich hinlänglich orientieren können. Aber hier ist es unsere Aufgabe, feine anatomische Details der örtlich zusammenhängenden Hirnpartien auch zusammenhängend aufzuzeigen und nicht Windungsbeschreibungen zu geben. Daher haben wir, wie schon oft gesagt, diese subrostralen Formationen in ihren Übergängen und Zusammenhängen mit dem Frontalhirn besprochen, wie man sie eben an den Hirnschnitten im Zusammenhang vor sich hat, und hoffen und glauben der leichteren Übersichtsmöglichkeit dadurch nur genützt zu haben. Aus demselben Grunde der besseren Übersicht wollen wir jetzt vom Gyrus limbicus vorerst nur den Gyrus limbicus superior, den sog. Gyrus fornicatus besprechen, der vom Balkenknie bis zum Isthmus unter dem Splenium corpus callosi reicht, samt Gyr. intralimbicus, und die Beschreibung des zweiten Teiles des Gyrus limbicus, d. h. des Gyrus hippocampi auf später aufschieben, bis die an ihn grenzenden Gebiete des Temporallappens, mit welchen er auf den Hirnschnitten erscheint, beschrieben sein werden. Die zu diesem Gebiet gehörigen architektonischen Formationen wollen wir, als zum Lobus limbicus superior gehörig, mit dem Vorzeichen L (Limbicus) versehen, wie vorher F den Lobus frontalis anzeigte.
Lobus limbicus superior. 433
Auch der Gyrus limbicus superior zeigt trotz seiner relativen Schmalheit und nicht sonderlichen Längenausdehnung mehrere voneinander unterscheidbare architektonische Bildungen, und der konzentrische Gyrus intralimbicus hat auch seinen eigenen Bau. Vorerst lassen sich schon zwei Regionen unterscheiden, eine vordere, die Regio limbica superior anterior, der die IV. Schicht fehlt, die also agranulär ist, eine hintere granuläre (IV. Schicht aufweisende) Region. Die Grenze zwischen vorderer und hinterer Region liegt in der ungefähren idealen Fortsetzung des Sulcus Rolando auf die Medianfläche des Gehirns. Die vordere Regio limbica anterior (superior, agranularis) ist auf Abb. 97 lichter blau, die rückwärtige Regio limbica posterior (superior, granularis) mitteldunkelblau gefärbt.
Die vordere agranuläre Region des Gyrus limbicus trägt, wie ein Vergleich von Abb. 97 mit Abb. 57 zeigt, zwei Arten von Formationen, die im Bau voneinander sehr verschieden sind, und zwar die des Gyrus limbicus (vordere Hälfte) (blau, Abb. 57) und die des Gyrus intralimbicus (vordere Hälfte) der sog. Circonvolution godronnée (rot, Abb. 57). Die hintere granuläre Region des Gyrus limbicus zeigt ebenfalls diese zwei sehr verschiedenen Arten von Formationen, zu innerst die des Gyrus intralimbicus und außen davon die des eigentlichen Gyrus limbicus: von den letzteren kann man als eigene (Sub-) Regio retrosplenialis ein Gebiet unterscheiden (Abb. 97, ganz hellblau), welches hinter dem Splenium corporis-callosi die innere Wand des Gyrus limbicus überkleidet und durch eine ganz eigenartige Architektonik von allen anderen Bildungen absticht. Wir müssen bei Beschreibung der architektonischen Gebilde des Lobus limbicus von unserer sonst überall geübten Methode, jede Area für sich einzeln zu beschreiben, etwas abweichen; es gehen nämlich die Areae sowohl in dorsoventraler, als auch zum Teil sogar in frontocaudaler Richtung schrittweise allmählich solche Änderungen ein, daß man gar nicht genug Areae in die Einteilung einführen kann, um den tatsächlichen fließenden Verhältnissen vollkommen gerecht zu werden. Wir haben daher immer ganze Gruppen von Areae als zusammengehörige Formationen gleichzeitig beschrieben.
434 Lobus limbicus superior.
An dieser agranulären Regio superior anterior kann man zwei Hauptformationen unterscheiden, LA und LB, oder die Formation des vorderen Gyrus limbicus und die des intralimbicus, welche (s. Abb. 93) parallel konzentrisch nebeneinander von vorn nach hinten laufen und die wir ihres Zusammenhanges wegen gewissermaßen gemeinsam behandeln wollen. Die vordere Formation, der Gyrus limbicus LA, die man Area limbica anterior agranularis nennen könnte, zerfällt selbst in drei voneinander etwas verschiedene, streifenförmige, zueinander parallel von vorn nach hinten ziehende Areae LA1, LA2, LA3, welche auf dem eigentlichen Gyrus limbicus liegen. LB ist die Formation des Gyrus intralimbicus und zerfällt ebenso in LB1 und LB2. Wir nennen LA1 Area praecingularis, LA2 Area cingularis anterior, LA3 area cinguli limitans, LB1 Area ultracingularis anterior (LB2 Area indusei). Es sind alles dies Bildungen, welche sich vom übrigen Cortex unterscheiden. Zu LA gehören die besagten drei Areae, deren Rindentypen sich aus dem sechsschichtigen Typus ableiten lassen durch Entfall und Verschmelzung von Schichten, sie können also als isogenetisch und heterotypisch bezeichnet werden, zumal ihr Übergang in die dorsal und außen angrenzenden isogenetischen homotypischen (sechsschichtigen) Formationen der Umgebung ein allmählicher und deutlich verfolgbarer ist, d. h. daß z. B. die III. Schicht von LA sich unmittelbar in die III. Schicht von FD oder FE oder, besser gesagt, deren Übergangsvarianten FDL und FEL verfolgen läßt. LB dagegen, auf dem Gyrus intralimbicus (supracallosus), ist eine anders gebaute Bildung, die aus dem sechsschichtigen Typus sich nicht ohne weiteres erklären läßt; sie ist rudimentär und auch anders angelegt, sie ist also nicht heterotypisch, sondern sogar allogenetisch. Immerhin läßt sich ein Zusammenhang der Zellagen auch von LA zu LB noch finden; und wenn man nun die Rinde LB als rudimentäre Rinde bezeichnet wegen der starken Einbuße, die sie in ihrem Schichtenaufbau aufweist, so ist es zum mindesten fraglich, ob man das Fehlen oder die Verschmelzung von Schichten in LA als „höhere" Differenzierung aus dem sechsschichtigen Typus oder ebenfalls bloß als eine Folge rudimentärer Anlage ansprechen soll. Wir haben diese Frage schon wiederholt S. 87, 410 angeschnitten, zuletzt bei der Erwägung, ob die an die allogenetischen Formationen FM und FN angrenzenden Teile FL3 des medianen Stirnhirns als isogenetisch, heterotypisch oder ebenfalls als allogenetisch aufzufassen sind. Die Entwicklungsgeschichte und vergleichende Cytoarchitektonik dürften hier vielleicht später einmal die richtige Auskunft geben, vorausgesetzt, daß man mit genügender Genauigkeit die Stellen, die einander entsprechen, durch die Embryonenreihen hindurch nach abwärts verfolgen kann. Für uns aber - rein morphologisch genommen - ist es für den Augenblick nur wichtig festzustellen, daß die Rinde der ganzen vorderen Region des Gyrus cinguli (limbicus superior, fornicatus) entweder heterotypisch oder sogar allogenetisch, jedenfalls aber durchaus anders gebaut ist als die des größten Teiles der übrigen Großhirnrinde.
Diese agranulären Formationen LA nehmen den ganzen vorderen Teil des Gyrus cinguli ein; die Formatio ultracingularis LB den vorderen und mittleren Gyrus intralimbicus. Viele bezeichnen das ganze Gebiet des Gyrus cinguli (anterior) als eine einzige Area, so z.B. BRODMANN als Area cinguli anterior, Feld 24, das unserem ganzen Gebiet entspricht; da es aber in konzentrischer Richtung vom Sulcus callosomarginalis gegen den Balken zu seinen Bau fortwährend ändert, haben wir es vorgezogen, zur besseren Erklärung dieses Gebiet in diese drei konzentrische Areae LA1, LA2, LA3 einzuteilen. (Auch für das Gebiet LA des Gyrus intralimbicus, das wir in zwei konzentrische Areae LB1 und LB2 teilen, gibt BRODMANN eine einzige Area praegenualis, Feld 33, an.) Die Orientierung der verschiedenen Varianten von LA zueinander erfolgt (Abb. 93) derart, daß LA1 die vordere resp. obere Wand des Gyrus fornicatus einnimmt, die sich in den Sulcus callosomarginalis (Abb. 22 cmg.) oder, falls dieser durch eine gut ausgebildete frontolimbische Brückenwindung entzweigeteilt ist, in den konzentrisch nach innen davon gelegenen Sulcus intralimbicus (Abb. 22, l.) senkt und in demselben bis gegen das Parazentralläppchen läuft; LA2 nimmt die Kuppenbreite samt Windungskanten des Gyrus fornicatus ein, soweit die Regio anterior eben reicht, also ebenfalls bis zur Gegend des Parazentralläppchens, und LA3 zieht in der Tiefe der dem Corpus callosum zugewendeten Wand des Gyrus fornicatus. - LB endlich bildet dagegen hier nichts als einen grauen Belag im Tale und auf dem Corpus callosum, das Induseum. Tafel XLIV, XLV, XLVI und XLVII schließen sich aneinander ungefähr an, wie auf Abb. 125 zu sehen.
Area praecingularis. 435
Abb. 125. Schematischer Frontalschnitt durch den frontalen Teil des Gyrus limbicus (superior), um die Lage unserer Tafeln XLIV bis XLVII zu zeigen. Cc Balken, g. fl. a. vordere frontolimbische Übergangswindung, ig Induseum, Lsa Gyri limbici (superioris) pars anterior. (Betreffs der Schnittführung siehe Abb. 115b.)
Es fällt am blaugefärbten Schnitt schon mit unbewaffnetem Auge auf, daß die Rinde des Gyrus limbicus superior nur mittelbreit ist (Abb. 27) und auch schmäler meist als die nach außen an sie angrenzenden Rindenpartien des medianen Frontalhirns (FCL, FDL, FEL und FHL), und zwar ca. 2.3 mm im Sulcus callosomarginalis (LA1), 2.6 (bis 2.9) mm an der Kuppe (LA2) und 1.6 mm (LA3) im S. callosus beträgt; vorn, wo der Gyrus limbicus gewöhnlich am Rostrum noch besonders schmal wird, bevor er sich in die Area parolfactoria eröffnet, wird auch die Rinde selbst gewöhnlich sehr schmal und überschreitet nicht 1.5 mm (siehe Tafel LII Bild 4). Makroskopisch ist ferner die Verschmälerung von LA gegen das Corpus callosum gut sichtbar, da sich die ganze Rinde hier zuspitzt zum Saum (s. Tafel XLVII); eine Schichtung ist mit freiem Auge nicht zu bemerken, nur außen in der Wand des Sulcus callosomarginalis (also LA1, s. Tafel XLIV und XLV) sieht man einen schmalen, etwas dunklen Streifen von Va und lichten von Vb ungefähr in der Mitte der Rinde, also relativ hoch gelegen (!). Sonst ist keine Schichtung zu sehen (Tafel XLVI und XLVII); die Rinde der Kuppe geht allmählich ohne ganz scharfe Grenzen ins Mark über. Gegen das Corpus callosum zu wird die Rinde rasch schmäler und endet mit einem runden stumpfen Bogen (Tafel XLVII).
Verfolgt man einen Schnitt des Gyrus limbicus, der die dorsal vom Gyrus limbicus gelegene Formation, z. B. FEL auch trifft, gegen den Gyrus limbicus zu, so sieht man im Tal des Sulcus intralimbicus (oder callosomarginalis) plötzlich die IV. Schicht aufhören, (Tafel XLIV), während die V. Schicht dicht und zellreich weiterzieht, noch deutlicher wird und sich noch verbreitert; die ganze Rinde ändert hier recht rasch ihren Typus, es fällt an der Formation des Gyrus limbicus (cingularis anterior agranularis LA1-3) auf neben der dicken I. Schicht und dem Fehlen der IV. Schicht (agranulärer Typus, Abb. 71 und 76) und somit dem Mangel einer wirklichen horizontalen Schichtung, vor allem anderen die Breite, der Zellreichtum und die starke Farbstoffaufnahme der Zellen der inneren Hauptschicht gegenüber den frontalen Nebenareae, also der V. und VI. Schicht, und zwar besonders der V. Schicht, die dadurch die auffälligste des ganzen Gebietes wird (s. Abb. 80). Die V. Schicht ist das Charakteristische für diese Formation, und zwar sowohl in LA1 als in LA2 aber ganz besonders in letzterem, wo sie auch durch besondere Zellen (Stabzellen) ausgezeichnet ist. Diese besondere Bedeutung der V. Schicht kennen wir auch schon aus den Grenzgebieten zwischen den Areae des Lobus frontalis und des Lobus limbicus. Überall machte sich in FCL, FDL, FEL, FHL, dann in FL1-3 die Nähe und der Einfluß des Lobus limbicus bemerkbar durch die Prägnanz, die hier allmählich der V. Schicht zuteil wurde; in den limbischen Formationen selbst ist also diese Bedeutung ebenfalls ersichtlich, wie man an Tafel XLV, XLVI und XLVII sieht. Allerdings muß man sich hüten, hier etwa die obere Lage der V als zur III. gehörig anzusehen, ein Fehler in den man leicht verfallen kann, da die IV. fehlt. Die III. Schicht ist dagegen sehr schmal und relativ zellärmer, ebenso die II., die streckenweise sogar ganz fehlt. Alle Zellen dieser ganzen vorderen limbischen Rindenpartie sind in radiärer Richtung in die Länge gezogen eigentümlich spitz und lang. Die Rinde erscheint hierdurch, d. h., durch die vielen schmalen lang ausgezogenen, dunkel tingierten Zellen bei der maßgebenden horizontalen Schichtung leicht längsgestreift (Abb. 46), auch ohne daß eine eigentliche säulenförmige Anordnung der Zellen vorhanden wäre. Es ist sehr schwer, die Schichten hier noch voneinander zu trennen, da die ganze Rinde recht gleichförmig aussieht, also gleichsam ungeschichtet und man tut deshalb gut, sie von den homotypisch gebauten Nachbarwindungen (FEL, FDL usw.) herüber zu verfolgen (s. auch Abb. 57) ähnlich wie FI, mit dem überhaupt eine starke Ähnlichkeit besteht. In LA3, d. h. also dem Corpus callosum zu, kann man in vielen Hirnen eigentlich zwischen III und V überhaupt kaum unterscheiden, auch zwischen VI und V kaum; es scheint alles gleichsam ineinander überzugehen und regellos durcheinander zu liegen. - LB ist bloß eine kleine Zellansammlung im Tal des Sulcus corporis callosi Tafel XLVII (Näheres weiter unten), und 0.6 mm breit.
436 Lobus limbicus superior.
Auch hier haben die angeführten Zahlen nur einen relativen Vergleichswert, nachdem die Rinde nach innen zu progressiv abnimmt und dort, wo der Gyrus limbicus sich frontal verschmälert, auf unter zwei Drittel ihres Maßes zurückgeht, wie sub §1 gesagt. Aber doch gibt der Vergleich der Dicke der einzelnen Schichten gewisse Anhaltspunkte. Es hat also keinen Wert, für die Formationen LA Zahlen anzuführen, sondern bloß für ihre Varianten, die sich in den drei Areae befinden. Ebenso ist zu berücksichtigen, daß von den drei in Betracht kommenden Areae auf dem Gyrus limbicus sich jede entweder an der Kuppe oder ausschließlich in der Wand der einen limbischen Windung befindet, daß man also keine wirklichen Vergleichswerte für die Areae untereinander haben kann. Abb. 69, 73, 78, 84 zeigen schematisch, wie sich die Dicke der einzelnen Schichten verhält 1). Immerhin seien folgende Messungen angeführt:
Absolute Messungen:
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | |
LA1, Gesamtdicke 2.5 mm (Area praecingularis) | ||||||||||
0.30 | 0.10 | 0.60 | 0 | 0.70 | a0.30 | b0.40 | 0.80 | mm | a0.50 | b0.30 |
LA1 Gesamtdicke 2.25 mm | ||||||||||
0.25 | (0.10?) | 0.60 | 0 | 0.50 | - | - | 0.80 | mm | a0.40 | b0.40 |
LA1, im Windungstal vorn 1.5 mm | ||||||||||
0.26 | (0.06?) | 0.40 | 0 | 0.44 | - | - | 0.34 | mm | a0.24 | b0.10 |
LA2, Gesamtdicke 2.7 mm (Area cingularis anterior) | ||||||||||
0.34 | 0 | 0.66 | 0 | 0.80 | a0.40 | b0.40 | 0.90 | mm | a0.60 | b0.30 |
0.32 | 0 | 0.90 | 0 | 0.80 | a0.30 | b0.50 | 0.70 | mm | a0.50 | b0.20 |
LA2, Gesamtdicke 2.93 mm | ||||||||||
0.20 | 0 | 0.90 | 0 | 0.80 | - | - | 1.20 | mm | a0.60 | b0.60 |
LA3, Gesamtdicke 1.6 mm (Area cingularis anterior limitans) | ||||||||||
0.30 | (0.06?) | III+Va 0.64 | - | - | - | 0.30 | 0.30 | mm | a0.20 | b0.10 |
LA3, Gesamtdicke 1.8 mm | ||||||||||
0.20 | 0 | III+Va 1.00 | - | - | - | - | 0.60 | mm | a0.40 | b0.20 |
1) Deswegen finden wir in den Tabellen im 14. Kap, die Formation LA1 in der Tabelle der Windungswandungen und bloß LA2 in der Tabelle der Windungskuppen angeführt.
Area praecingularis. 437
Proportionalgleichung:
I | II | III | IV | V | VIa | äH:iH | |
LA1 | 0.13 | (0.05) | 0.30 | 0 | 0.30 | 0.22 | 48:52 |
LA2 | 0.11 | 0 | 0.33 | 0 | 0.32 | 0.23 | 45:55 |
Auch aus diesen Zahlen sehen wir also das starke absolute und relative Zunehmen der inneren Hauptschicht. Die V. Schicht erreicht absolut und relativ beinahe den doppelten Wert wie sonst in der Rinde; eine Auffälligkeit, die sehr charakteristisch ist für das ganze (vordere) Riechhirn, die Area parolfactoria, Gyrus olfactorius und Area fronto-insularis usw. mit inbegriffen!
LB hat keine eigentliche Schichtung, so daß sich jede Maßangabe darüber erübrigt.
I. Die Molekularschicht wird bedeutend breiter als sonst 0.25-0.30 mm, auch relativ ist die Breite über dem Mittelmaß. Außerdem sind in L sehr viel Körner enthalten, und zwar in ihrer untersten Hälfte Ib mehr als in der oberen Ia. Nach unten ist die Grenze etwas weniger scharf als gewöhnlich, da die Zellgruppen der darunterliegenden Schicht, unregelmäßig geformt und geordnet, bald weiter vorreichen, bald tiefer liegen und scheinbar Zellen aus denselben nach I disloziert erscheinen. Von den ca. 80 Kernen, die in der oberen Hälfte, Ia, pro 0.1 mm3 vorkommen, sind kaum 4-6 Nervenzellen. Von den ungefähr 100 der unteren Hälfte von Ib, zirka 15-20 Nervenzellen von der Größe 5/5 µ bis 5/10 µ, meist in die Breite gezogene kleine dreieckige Zellen; man vergleiche diesen Zellreichtum, den auch FL aufweist und FI, mit der Zellarmut der I. Schicht aller übrigen Gegenden, so fällt auf, daß dieser für das „Riechhirn" charakteristisch zu sein scheint.
II. Die äußere Körnerschicht ist eigentlich in LA1 gar nicht vorhanden. Verfolgt man auf einem Schnitt, der die nach außen angrenzenden homotypischen Rindenpartien trifft, den Übergang zu LA (Tafel XLIV), so sieht man, wie die dort deutlich ausgeprägte II Schicht meist unmittelbar nach dem Windungstal, in dem der Übergang meist stattfindet, so gut wie aufhört, wenigstens was ihren körnerhaltigen Bestand anbelangt; nur Häufchen von größeren Zellen dreieckiger Form bleiben in dem Saum der Rinde zwischen III und II, die, unregelmäßig verteilt, keine kontinuierliche Schicht bilden, sondern einen lückenhaften Band, der wie zerfranst aussieht und bald weiter, bald weniger nach I hineinreicht (Tafel XLIV, Höhe 35-38 cm, Breite 9-11 cm). Es besteht also eigentlich keine II Schicht, nur dadurch, daß in der Tiefe der Windungswand die II. Schicht der Nebenformation, schmal angedeutet, allmählich aufhört und daß an ihre Stelle dichter gelagerte kleine Pyramiden der obersten Lage der III. Schicht sich einschieben, kann man ideell eine fragliche Breite der II. Schicht angeben mit z.B. 0.10 mm; auch die gehört jedoch de jure zur III. Schicht (Tafel XLV).
III. Die Pyramidenschicht ist schmal, absolut und relativ genommen für eine Wandformation, ca. 0.60 mm. Die Verschmälerung ist beim Übergang aus den homotypischen Grenzbildungen ziemlich auffallend; ebenso die Verminderung der Zelldichtigkeit (Tafel XLIV). Nur in der obersten Partie, die wir mit IIIa bezeichnen wollen (Tafel XLV obere rechte Ecke) und die an Stelle der II. Schicht (III(II), Tafel XLV untere rechte Bildecke) getreten ist, stehen die Zellen ziemlich dicht, ca. 50 pro 0.1 mm3, von denen die obersten meist 10/7 µ, die tiefsten 15(-20) / 7-10(-15) µ haben; sie machen einen länglichen Eindruck; 2-3 von den größeren zusammen haben einen Trabantzellkern. Sie sind alle dreieckig oder pyramidenförmig und können, wie schon gesagt, eine II Schicht vortäuschen, besonders durch einige obere kleinere Zellen, die manchmal weiter nach I hineinreichen, meist aber gar nicht vorhanden sind, so daß der Rand fransig aussieht. Unterhalb der IIIa befindet sich der übrige Teil der III. Schicht, der lichter ist und den wir als IIIb bezeichnen können; hier sind die Zellen in allen Höhenlagen ziemlich gleich groß, ca. 20 Zellen durchschnittlich pro 0.1 mm3 von 15-20(-25) / 10-15 µ Größe, pyramidenförmig, von denen ca. 12 etwas größere Zellen sind; jede zweite mindestens hat einen Trabantzellkern. Die Pyramidenzellen sind also in IIIb von LA1 noch nicht in die Länge ausgezogen; hier läßt sich also auch noch keine Längsstreifung erkennen, erst an der Windungskante beginnt sie; man sieht sie auch auf Tafel XLV in der rechten oberen Bildecke schon beginnen. Wie gesagt sind in IIIb alle Zellen ziemlich gleich groß; in jeder Höhe sind größere und etwas kleinere ungefähr in gleicher Menge beieinander. Eine IIIc-Schicht gibt es nicht, obwohl wir unter IIIb eine Schicht dichter liegender größerer Pyramidenzellen bemerken, so ist dieselbe doch nicht als zu III gehörig aufzufassen; denn verfolgt man dieselbe von der Übergangsstelle der homotypischen Rindenformation aus (Tafel XLIV), so erkennt man, daß dieselbe die Fortsetzung der Va-Schicht ist und bei dem Übergang in die homotypische Rinde unter die IV. Schicht gerät, also zur V gehört, und nur, weil in LA die IV. Schicht fehlt, grenzt sie hier unmittelbar an III an, und scheint gleichsam bei flüchtiger Beobachtung die tiefste Lage derselben zu sein.
438 Lobus limbicus superior.
IV. Die innere Körnerschicht fehlt, wie gesagt, vollkommen. Kaum einige Körnchen sind in der tiefsten Reihe der III. Schicht im Übergangsteil noch zu sehen [Tafel XLV unten rechts III(IV)]. Auf Tafel XLIV sieht man bei Pfeil 1 noch die IV angedeutet, die jenseits des Talgrundes in der Richtung des Pfeiles 2 schon ganz aufhört.
V. Die ganglionäre Schicht ist, wie gesagt, äußerst breit, wenn auch in der Area praecingularis (LA1) noch nicht, so doch schon an der Kuppe in der Area cingularis anterior (LA2). Aber mit Werten bis zu 0.7 mm und relativen Werten von 0.30 mm erreicht sie das Ein-einhalbfache von den Maßen, die sie sonst in der Rinde (speziell in der Wand!) erreicht. Wie gesagt, kann man an ihr eine äußere dichtere und eine innere lichtere Zone unterscheiden; beim Übergang in die homotypische Rindenformation der Umgebung setzen sich diese auch in die Va- und die lichtere Vb-Schicht derselben unmittelbar fort (Tafel XLIV). Die Va-Schicht ist etwas weniger breit als die Vb-Schicht und besteht aus typischen recht dicht aneinander und in mehrfachen Lagen übereinander, manchmal gürtelartig geordneten mittelschlanken Pyramidenzellen meist von der Größe 25-30 / 15-20 µ mit gut sichtbarem cephalen Fortsatz. Es sind ca. 32 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die größere Zahl (ca. 20) die angegebenen Maße haben, die anderen etwas kleiner sind. Beinahe jede oder jede zweite Zelle hat einen Trabantkern, manche Zellen sogar ihrer zwei. Die Vb-Schicht ist etwas lichter, d. h. weniger zelldicht und breiter als Va. Sie besteht aus großen, meist schmalen, in die Länge gezogenen Pyramidenzellen von 20-30 / 10-15 µ mit schlankem, dreieckigem Leib und weithin verfolgbarem cephalen Fortsatz, der den Zellen ein eigentümliches lanzettförmiges überschlankes Aussehen gibt, ähnlich wie wir es bereits in FL beobachtet haben; daneben finden wir vereinzelt sehr schmale, lang ausgezogene Spindelzellen, die bei einer auffallenden Schmalheit von 7-10 µ weit nach oben und unten verfolgbare Fortsätze haben, die auf Strecken von 30 µ und mehr dunkel tingiert sind. Je näher wir der Windungskante kommen (Tafel XLV, Höhe 30 cm, Breite 22 cm), desto mehr sieht man diese überschlanken schönen Pyramidenformen sich verzerren und zu längsausgezogenen spindelförmigen Stäbchenzellen werden, diese unsere Stab- und Korkzieherzellen von FA gemahnen (Abb. 44) und die für die anschließende Kuppenformation LA2 ebenfalls charakteristisch sind, während die überschlanke schöne Pyramidenform das eigentliche Element der LA1 ist. Die Zellzahl in Vb beträgt ca. 22 pro 0.1 mm3. Die überschlanken Pyramidenzellen der Area praecingularis erinnern, wie gesagt, an die eigentümlich lanzettförmigen Pyramidenzellen der Vb-Schicht, die wir schon in der Area parolfactoria FL gefunden haben. In der V. Schicht ist die Anordnung der mittelschlanken Pyramidenzellen in Va und der überschlanken Pyramidenzellen in Vb eine solche, daß diese Schicht schon etwas längsgestreift aussieht (Tafel XLV). Die obere und die untere Grenze der V. Schicht ist unscharf, da die Va-Schicht gleichgeformte Elemente enthält wie die angrenzende III Schicht; gegen VI ist dann die Grenze ebenfalls etwas unscharf, da sich auch spindelförmige Elemente aus VIa in Vb befinden.
Area cingularis anterior. 439
VI. Die Spindelzellenschicht ist ebenfalls von äußerster Breite, 0.80 mm; an ihr läßt sich auch eine VIa und VIb unterscheiden; in VIa sind die Spindelzellen dichter zueinander gelagert und etwas größer als in VIb; VIa ist auch breiter. Doch sind die Zellen in beiden eigentlich eher etwas klein und schmal. In VIa sind ca. 38 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-20 / 7-10 µ Größe, alle zwar spindelförmig, aber etwas plump; ferner recht unregelmäßig orientiert, zwar größtenteils wie immer mit ihrer Längsachse gegen die Oberfläche, aber viele auch schief oder horizontal gerichtet; auch in der Größe ist eine ausgesprochene Unregelmäßigkeit, so daß die Schicht kein sehr geordnetes Aussehen hat. In VIb sind ca. 20 Zellen pro 0.1 mm3; dieselben sind sehr viel kleiner als in VIa, sie haben ca. 10-15 / 5-7 µ. Die Grenze gegen das Mark ist ein wenig unscharf; es läßt sich aber doch mit einiger Genauigkeit die Grenzlinie zum Mark ziehen. Die VI. Schicht erscheint ebenfalls leicht längsgestreift. VI sieht aus wie ungefähr in FF, gegen die Windungskante jedoch erfahren die meisten Zellen wieder eine unerwartete Verzerrung ihrer Längsachse in radiärer Richtung, die als Charakteristicum der anschließenden Kuppenformation LA2 bei Besprechung dieser näher berücksichtigt werden soll (s. Tafel XLV, Höhe 28 cm, Breite 20 cm).
Sehr auffallend ist die große Breite von V + VI, die zusammen gerade zweimal so breit sind wie III (+II). Dieses starke Überwiegen der inneren Schichten bei einer Wandbildung ist jedenfalls sehr auffallend.
LA1 könnte man als Wandformation von LA2 auffassen, da sie sehr viel Ähnlichkeit miteinander haben und da einige der Unterschiede (Schichtenbreite usw.) sich aus dem überall vorhandenen Unterschied zwischen Wand und Kuppe ergeben. Doch sind wieder einzelne Unterschiede da, welche doch die Kuppe des Gyrus limbicus zu einer eigenartigen stempeln, so daß wir - die Willkürlichkeit jeder Einteilung in Areae vorderhand zugegeben - es vorziehen, sie gesondert zu betrachten. LA2 ist noch typischer agranulär als LA1, es fehlt hier auch durchweg die Andeutung zur II. Schicht und zur IV. Schicht. In Vb finden sich unsere typischen großen Stab- und Korkzieherzellen. Es ist eine mittelbreite Rinde, 2.6-2.9 mm, und sie ist mittelzellreich. Sie ist nicht horizontal geschichtet, sondern längsgestreift.
I. Die Molekularschicht ist sehr breit, bis zu 0.34 mm, gehört relativ zu den breitesten Molekularschichten (Abb. 69). Sie enthält ebenso wie in LA recht viel Körner, besonders in ihrem tieferen Anteil, von denen recht viele Nervenzellen sind; in den unteren Partien von Ib sind ca. 100 Kerne pro 0.1 mm3, von denen ca. 25 Nervenzellen entsprechen, die hier an der Kuppe meist dreieckig mit nach oben gewandter Spitze sind, von 5/5 µ bis 10/7 µ; horizontal gestellt sind bloß wenige.
II. Die äußere Körnerschicht fehlt vollständig; auch nicht durch eine Verdichtung der Zellen der IIIa-Schicht vorgetäuscht, wie in LA1; nur gegen die äußere und gegen die innere Windungskante zu (Tafel XLVI, Höhe 35 cm, Breite 15-40 cm; Tafel LII, Bild 3, Höhe 10, Breite 10 cm) ist doch wieder eine Ansammlung kleinerer Zellen zu merken.
III. Die Pyramidenschicht ist breiter als in LA1; mit ca. 0.66-0.90 mm macht sie ein Drittel der Rindendicke an der Kuppe aus, also ungefähr normal als Verhältniszahl. Sie grenzt unmittelbar an I, indem die II. Schicht fehlt und die kleinen Pyramidenzellen ihrer obersten Schicht bei der Grenze sogar dann eine Randverdichtung wie sonst zu erfahren aufhören. Von hier nach innen nehmen sie allmählich an Größe etwas zu, doch bleibt ihre Größe eine mäßigere: in den obersten Partien (IIIa) sind ca. 33 Zellen pro 0.1 mm3 von ca. 15-20 / 10-15 µ, also kleine bis mittelgroße und weniger als mittelschlanke Zellen; in den tieferen Lagen (IIIb) 22 Zellen pro 0.1 mm3 von ca. 20-25 / 15 µ, also mittelschlanke Zellen mittlerer Größe, etwas schlanker als in LA1; die III. Schicht erscheint durch ihre parallele Aneinanderreihung und ihre Reihung senkrecht übereinander wie leicht längsgestreift, sonst ist III ziemlich einheitlich. Nur erscheinen oft die unteren Lagen von III recht zellarm, entweder als zellarme Lage (z. B. Tafel XLVI, Höhe 32 cm, Breite 18 cm) oder als große Lücken, in welchen wenig Pyramidenzellen sind. Gegen die innere Windungskante zu wird die III ganz auffallend schmal, beinahe 0.50 mm! (Tafel LII Bild 3).
440 Lobus limbicus superior.
IV. Die innere Körnerschicht fehlt vollkommen.
V. Die ganglionäre Schicht hat in LA2 eine ganz außerordentliche Breite, ca. 0.80 mm, also ca. ein Drittel der Rinde; dies ist mehr als 1.5 mal soviel, als ihr sonst im Durchschnitt zukommt. Unterhalb der III. Schicht, an sie anschließend, als wäre es unmittelbar ein Teil von ihr, schließt sich die aus schlanken mittelgroßen und übermittelgroßen dichtstehenden Pyramidenzellen bestehende Va, die man für IIIc halten könnte, wenn sie nicht über LA1 hinaus sich in Va von FEL usw. unter die IV. Schicht verfolgen ließe (s. Tafel XLIV). Sie hat ca. 20 Zellen pro 0.1 mm3 von meist 30/15 µ (also schlanke und eher große Pyramidenzellen). Die Va-Schicht bildet zwar auch hier eine bandförmige Schicht, doch ist sie weniger deutlich bandförmig als in LA1. Unterhalb Va ist Vb. Trotz dieser Unterschichtung macht die V keinen horizontal geschichteten, sondern einen radiär gestreiften Eindruck. Am auffallendsten und für das Cingularisfeld typisch ist gerade diese Vb-Schicht. Sie ist breiter als die Va. Ihre Grundelemente sind wohl ursprünglich Pyramidenzellen, doch sind sie alle eigentümlich verändert zu den spezifischen Zellen dieser Gegend, den sog. Stäbchen- und Korkzieherzellen (s. S. 67 Abb. 44), ähnlich wie wir sie schon in FI kennengelernt haben (s. S. 423). Sie sind verschmälert und in die Länge gezogen, und zwar ein Teil von ihnen so sehr, daß sie wie optisch verzerrt aussehen. Einzelne haben noch Pyramidenform und bei ihnen ist dann bloß der cephale Fortsatz und das obere Ende der Zelle in die Länge gezogen (Tafel XLVI, Höhe 24 cm, Breite 17 cm); bei den meisten jedoch ist auch die sonst horizontale Basis der Zelle nach unten vorgewölbt oder gar nach abwärts so weit ausgezogen, daß die Zellen spindelig aussehen; ein ganz großer Teil der Zellen ist derartig spindelig in die Länge gezogen und der Zelleib derart schmal, daß man ganz dünne Stäbchen mit langausgezogenen Spitzen vor sich hat, und man an die „Fliegerpfeile" erinnert wird. Wir wollen sie, wie in FI, Stabzellen nennen. Ganz besonders lang erscheinen die Zellen und gleichzeitig am zahlreichsten an den Windungskanten, und zwar an beiden an der gegen LA1 zu sowohl als ganz besonders an der gegen das Corpus callosum zugewendeten (Tafel XLVI, linke Bildseite), aber auch an der Kuppe selbst sind sie deutlich! Vielfach sind die langen Ausläufer nicht geradlinig, sondern spiralig gewunden, oft direkt korkzieherartig (Tafel XLVI, Höhe 24.5 cm, Breite 13-15 cm), und zwar nicht bloß an den spindelförmig ausgezogenen Zellen, sondern auch, was den cephalen Fortsatz anlangt, an Zellen, die noch die Form überschlanker Pyramidenzellen vor sich haben. Das Bild ist vielfach so eigentümlich, daß man es für pathologisch halten könnte, wenn es nicht hier regelmäßig vorkäme in der Formatio cingularis anterior agranularis (LA1-3) und nicht uns auch schon von der Vb-Schicht von FI her (Area fronto-insularis) bekannt wäre. Es handelt sich wahrscheinlich um eine dem sog. vorderen „Riechhirn" spezifische Formation, da wir sie sonst bisher nirgends gefunden haben. Die Maße dieser „Stabzellen" sind sehr verschieden; die Breite schwankt zwischen 7 und 10 µ, ihre Länge ist über 30 µ; jedoch sind die Fortsätze nach oben und unten, ob geradlinig oder korkzieherartig, noch sehr weit zu verfolgen, und kaum viel schmäler als der Zelleib, so daß man zu Längen von 60- 80 µ und mehr kommt. (Die Stabzellen in FI sind noch größer, bis zu 80 und 120 µ und sogar 200 µ Länge!) Die Zellzahl und Größe und Form in Vb stellt sich in folgender Art dar: es sind durchschnittlich 16 Zellen pro 0.1 mm3; darin sind 5 kleine meist dreieckig oder pyramidenförmig, 10/15 µ oder 15/10 µ, und 11 große; von den letzteren sind ca. 4 Stabzellen von 7-10 µ Breite des Zelleibes und 50-60 µ Länge des Zelleibes, wobei der obere und untere Fortsatz um je 20-30 µ oder mehr noch weiter verfolgt werden kann; die übrigen 7 großen Zellen sind überschlanke Pyramidenzellen von10-15 µ Breite bei 40 µ Länge des Zelleibes, der cephale Fortsatz (oft gewunden!) ist auf weitere 20-30 µ oberflächenwärts verfolgbar. Im Kuppenwinkel, besonders gegen das Corpus callosum zu, nimmt die Anzahl der Stabzellen zu. Hier sind sie immer am längsten und am zahlreichsten, und sie reichen auch weit hinauf nach Va, und in die Tiefe disloziert nach VIa! Von diesen großen Zellen hat jede mindestens einen, oft zwei Trabantzellen. In den pyramidenförmigen Zellen sind Kern und Kernkörperchen genau erkennbar; in den Stabzellen ist der Kern ebenfalls stabförmig, meist ist er gar nicht deutlich erkennbar, sondern der ganze Zelleib ist mehr einheitlich dunkel tingiert (s. S. 67).
Area cingularis anterior. 441
Die V. Schicht erscheint durch die parallele Aneinander- und Übereinanderreihung dieser langausgezogenen Zellen längsgestreift, ohne eine säulenförmige Anordnung erkennen zu lassen (keine blassen Markstreifen zwischen den Zellen). Nun müssen wir aber gleich hier erwähnen, daß es Gehirne gibt, in denen diese Bildung von Stäbchen- und Korkzieherzellen nicht so ausgeprägt ist, als wir es hier beschrieben haben. Ganz fehlen dürften sie zwar nirgends, aber das Maß ihrer Entwicklung scheint recht verschieden; in Fällen, wo sie seltener sind, findet man sie doch wenigstens an der unteren Kuppenkante, also gegen LA3 (Tafel LII, Bild 3).
Die Grenzen der V. Schicht nach oben und nach unten und auch die zwischen Va und Vb sind nicht scharf gezogen; es ist also auch durch V keine horizontale Schichtung in LA2 zu erkennen, sondern man erkennt die einzelnen Schichten erst bei näherer Betrachtung mehr an der Form ihrer Elemente, als an dem Dichtigkeitsverhältnis der Schichten.
VI. Die Spindelzellenschicht mit ca. 1.0 mm Breite hält sich innerhalb der Durchschnittsgrenze. Im großen ganzen scheint die VI. Schicht nicht sehr bedeutend; auch die Zellzahl ist im Vergleich zu LA1 geringer und scheint gegen das Corpus callosum zu noch abzunehmen. Sie zerfällt sichtlich in zwei Abschnitte, eine zellreichere, zellgrößere und breitere obere VIa- und in eine relativ schmale VIb-Schicht. Die VIa-Schicht macht ähnlich wie die Vb-Schicht, wenn auch nicht im gleichen Maße, beim Übergang von LA2 in LA1 am äußeren Kuppenwinkel die Zerrung ihrer Elemente in die Länge mit (s. Tafel XLV obere Bildhälfte und Tafel XLVI linke Bildhälfte); dadurch ist ihre genaue Abgrenzung gegen V sehr schwierig oder gar nicht möglich, da doch die Vb voller spindelförmiger Zellen ist, wie wir gesehen haben, doch sind die Spindelzellen in der VIa-Schicht im Durchschnitt trotz der Streckung in die Länge noch immer viel kleiner und dadurch doch zu erkennen. Es sind zu zählen ca. 24 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ca. 6 größere Spindelzellen von 10-15 µ Breite bei 30-40 µ Zellänge, mit beiderseitigen langen Fortsätzen; die übrigen 18 Zellen sind bloß 5-7 (-10) µ breit mit 20 µ Länge und ebensoweit verfolgbaren Fortsätzen. Die größeren Zellen werden in der Tiefe rarer.
Die Zellen von VIb machen die Dehnung in die Länge nur wenig oder gar nicht mit, sie sind überhaupt spärlich und klein und verlieren noch mehr im Kuppenwinkel gegen das Corpus callosum zu. Es sind zum Teil kleine Spindelzellen, aber eigentlich mehr kleine dreieckige und selbst Pyramidenzellen von 15/10 µ Durchschnittsgröße und ca. 15 pro 0.1 mm3. Die Grenze gegen das Mark ist nicht sehr scharf, doch reicht VIb nicht sehr weit in das Mark hinein.
LA2 nimmt, wie gesagt, die Kuppe des Gyrus limbicus (ant. sup.) ein und auch die beiden Windungskanten; an der oberen äußeren Windungskante findet der Übergang zu LA1 statt, über die innere (dem Corpus callosum zugewendete) Windungskante reicht jedoch LA2 meist ein ziemliches Stück hinüber auf die innere Windungswand nach abwärts und wird in ihrem Aussehen gerade hier noch typischer eigentlich am oberen Ende dieser Wand als an der Kuppe selbst, indem die typischen Stabzellen und Korkzieherzellen noch zahlreicher hier vorkommen (Tafel LII, Bild 3, und Tafel XLVI, linke Bildseite, Höhe 34 cm, Breite 13 cm und Höhe 29 cm, Breite 11 cm). Wäre LA1 bloß die Wandformation von LA2, so könnte man eher erwarten, daß auch wieder an der inneren Windungswand LA1 wieder auftritt, was aber nicht der Fall ist, sondern hier tritt eine neue Area LA3 auf; daher haben wir es vorgezogen, sie vorläufig als verschiedene Varianten des Grundtypus LA und als drei eigene Areae gesondert zu besprechen. Die LA2 überzieht die Kuppe des Gyrus limbicus anterior und die obere Hälfte der vorderen und dorsalen Wand des Sulcus corporis callosi; erst in der unteren Hälfte dieser Wand (Tafel XLVII vom Pfeil -> nach abwärts) nehmen die Schichten alle plötzlich rasch an Breite ab, und die Rinde verschmälert sich, bis sie im Durchschnitt stumpf konisch im Tal des Sulcus callosus ganz aufhört; dieses verschmälerte Rindenstück nennen wir Area cinguli limitans LA3; sie nimmt die untere Hälfte der besagten Wand ein (s. Tafel XLVII).
442 Lobus limbicus superior.
In LA3 bemerken wir eine breite I Schicht, die nur um weniges schmäler ist, als die von LA1 und LA2 und ebenso kern- und zellreich ist wie diese, eher etwas mehr; am Grunde der Wand sendet die I. Schicht gleichsam einen Zapfen (Z) (Tafel XLVII, Höhe 11 cm, Breite 4 cm) in die Tiefe der Rinde, der bis zur V. Schicht reicht und ziemlich regelmäßig zu sehen ist; oft kann er allerdings auch fehlen; an der Oberfläche ist keine Änderung zu sehen. Dieser Fortsatz der I. Schicht zeigt das Ende der „Rinde" an, ähnlich wie dies in FL (Tafel XL) der Fall war bei Strich 5. Eine II. (äußere Körner-) Schicht fehlt, doch tritt an ihre Stelle eine 0.06 mm breite Verdichtung der kleinen Pyramidenzellen der obersten Lage der III. Schicht zu ca. 80 Zellen pro 0.1 mm3 von flacher Pyramidenform 10/10 µ, wir bezeichnen sie als III(II). Gegen die Tiefe der Wand zu zeigen dieselben die im ganzen „Riechhirn" in der II. Schicht vorhandene Tendenz, sich zu kleineren und größeren Gruppen zusammenzuballen. Dort, wo am Rindenende die I. Schicht ihren Zapfen nach unten schickt, findet sich ein größerer Haufen dieser Zellen (Tafel XLVII, Höhe 11-14 cm Breite 4-6 cm), unter diesem, wir wollen sagen III(II)-Streifen (der die II. Schicht vortäuscht) ist in LA3 die III. Schicht schmal und verschmälert sich progressiv noch rasch dem Rindenende zu. Dabei wird III zellarm (Tafel XLVII, Höhe 18 cm, Breite 9 cm) oder, besser gesagt, enthält auch Lücken, in denen gar keine Zellen vorkommen, wie dies auch schon in LA2 der Fall war; sonst sind die Pyramidenzellen von gleicher Form und Größe wie in LA2; am Zapfen (Z) von I hören sie ganz auf. Hier hat III nur mehr eine Breite von kaum 0.4 mm. Darunter ist Va ebenfalls zellärmer, mit Zellücken und seinen 20/20 µ großen Pyramidenzellen, die ebenfalls am Zapfen von I aufhören; doch sind die Zellen bald nach oben, bald nach unten disloziert, ungeordnet und wie durcheinander geraten; darunter ist Vb, bloß aus wenigen lanzettförmigen, überschlanken Pyramidenzellen von 25-40 / 10-15 µ Größe bestehend und hier nur mehr ganz vereinzelte Stab- und Korkenzieherzellen aufweisend. VI ist recht schmal; VIa aus kleinen dreieckigen und einzelnen kleinen Spindelzellen bestehend, und VIb aus nur ganz wenigen Zellen. Auch Vb und VI verschmälern sich am Zapfen (Z) ganz bedeutend.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Sulcus callosus zieht die Faserung des Corpus callosum und in der Tiefe des Tales schwingt sich ein Teil der grauen Rinde auf den Rücken des Balkens hinüber, was zur Bildung des sog. Gyrus supracallosus (= Gyrus intralimbicus der Circonvolution godronnée DÉJERINEs) führt mit den Areae ultracingularis anterior und indusei. Auf Tafel XLVII ist derselbe ganz schmal, andere Male ist er wieder besser entwickelt.
§5, §6 und §7 werden gemeinsam für die ganze Regio limbica anterior auf S. 443, 446 und 448 besprochen.
Diese beiden Areae sind die architektonischen Bildungen des vorderen Teiles des Gyrus intralimbicus.
Area ultracingularis und indusei. 443
Unter dem Zapfen (Z) von I ziehen auf Tafel XLVII einzelne Zellen von IIIa und Va, besonders aber von Vb und VI durch und reihen sich in unordentlichen kleinen Häufchen und Gruppen von Zellen, die spindelförmig oder dreieckig sind, einzelne schlank pyramidenförmig, zwischen dem Rindenende und der Balkenstrahlung im Winkel unten im Tal des Sulcus callosus unter der I. Schicht. Die Molekularschicht reicht als solche bis in die Tiefe des Sulcus; hier verschmälert sie sich zu einem ganz dünnen Häutchen und springt auf den Balkenrücken hinüber als Induseum griseum. Einzelne Zellen aus dem verlorenen Zellhäufchen dieser Gegend ziehen in den Talwinkel, manche befinden sich auch im Häutchen, das den Balken selbst überzieht; letztere messen 7/12 µ oder 10/15 µ und sind meist oval. Man könnte die Zellen im Induseum als eigene Area indusei (LB2) denen im Tal des Sulcus callosus als der Area ultracingularis anterior (LB1) gegenüberstellen. Dieses ganze Gebiet jenseits des Zapfens der I. Schicht gehört, wie schon wiederholt gesagt, zur sog. Circonvolution godronnée von DÉJERINE und umfaßt also das Induseum samt den darin enthaltenen Zellhäufchen und außerdem die Umbiegungsstelle selbst mit ihren verlorenen Zellhaufen, wo das Induseum in das Rindenende umbiegt. Auch hier gibt es aber starke individuelle Variationen. Nicht selten biegt in größerer Ausdehnung die Rindenbildung auf den Balken über (Tafel LII, Bild 3) als ein im Querschnitt zungenförmiges Läppchen, das dann meist aus I. Schicht, Fortsetzung der III., V. und VI., besteht, wobei alle Zellen ohne richtige Schichtung ziemlich zahlreich vorhanden sind; meist haben sie flach dreieckige Form, nur die schlanken Pyramidenzellen der Vb-Schicht behalten ihren lanzettförmigen Charakter, und darunter ziehen, horizontal gestellt, schmal und langgestreckt die Zellen der VI. Schicht. Dieses zugehörige Läppchen auf dem Balken ist dann die Area ultracingularis anterior (s. Tafel LII, Bild 3), an die sich weiter medial die Area indusei anschließt.
Die architektonische Formation von LA3 und LB ist in verschiedenen Gehirnen recht verschieden und die Verhältnisse nicht immer so klar, wie wir sie hier beschrieben haben und wie sie an unseren Tafeln zu sehen sind. Es ist gar nicht selten, daß die Reduzierung der Rinde viel summarischer, regelloser und rascher erfolgt und daß schon in LA3 einfach eine Vermischung aller Schichtenelemente vor sich geht, und daß zwischen LB und LA3 nicht der Zapfensaum der I. Schicht die „Rinden"grenze markiert. Eine genauere Einteilung ist in diesen Fällen dann kaum möglich. Wir haben die hier geschilderten Verhältnisse nur deshalb als typisch beschrieben, weil sich von ihnen aus die vielen verschiedenen individuellen Abweichungen am leichtesten erklären lassen dürften (vgl. S. 233).
Die Formatio cingularis anterior agranularis geht mit ihren drei Areae (LA1-3) und den intralimbischen Formationen in die frontolimbischen Formationen FL unter dem Balkenknie über in BROCAs parolfactorisches Feld. Derartig nach außen um den Balken konzentrisch-schalenartig sich aneinanderreihend (LB2, LB1, LA3, LA2, LA1) umgreifen diese fünf Areae den vorderen Balkenanteil auf dem Gyrus cinguli (s. Abb. 93). Unterhalb dem vorderen Balkenende biegen sie mit dem Gyrus konzentrisch um das Balkenknie herum; wo der Gyrus cinguli unter dem Balken aufhört und gleichsam in das breite Brocasche Riechfeld der medianen Hirnwand, also in das hinterste Ende des medianen Stirnhirns mündet, grenzen die genannten cingulären Areae an die Area parolfactoria des Frontalhirns FL oder, besser gesagt, sie grenzen nicht so sehr an dieselbe, als sie sich in dieselbe mit geringen Modifikationen fortsetzen; gehören doch, wie schon ausdrücklich betont, diese Gebiete der Area parolfactoria entwicklungsgeschichtlich, architektonisch usw. zum „Riechhirn" und nur rein topographisch-praktisch zum Frontalhirn. Die LA1 (Area praecingularis) setzt sich unmittelbar in die vorderste Partie der Area parolfactoria fort, also in die Area parolfactoria prima FL1 (Tafel XXXIX), die an der Oberfläche ein breiteres Gebiet einnimmt, als vorher LA1; betreffs der Charakteristica derselben s. S. 406. Die Area cingularis (LA2) ist eigentlich als solche auf der Area parolfactoria nicht zu finden, da sie hier ihre charakteristischen Korkzieher- und Stabzellen verliert; doch weist ihre Fortsetzung, die FL2 auffallend gut entwickelte überschlanke Pyramidenzellen der Vb auf (Tafel XL). Die Area cinguli limitans anterior (LA3) schließlich setzt sich unmittelbar in die FL3 fort (Area parolfactoria tertia, Tafel XL). Die Area ultracingularis LB1 findet ihre Fortsetzung in der FM, der Area geniculata, die auch bloß die Fortsetzung der unteren Hirnrindenschichten unter der I. enthält (Tafel XL). Die Area praecommissuralis des Frontalhirns (FN), die eigentlich keine Hirnrindenbildung mehr ist, sondern unter der I. Schicht Zellen enthält, die wohl zur Art jener der Substantia perforata gehören (also ganglionäre Zellen) - hat keine direkte zellige Fortsetzung in der vorderen limbischen Region, es wäre denn, daß man die verstreuten Zellengruppen im Induseum selbst, die wir oben erwähnt haben, als Area indusei (LB2), ideell als Fortsetzung der Area praecommissuralis FN ansprechen wollte, zumal diese sporadischen Zellen des Induseum weiter caudalwärts wirklich an Bedeutung gewinnen. (Betreffs der weiteren Zusammenhänge der Area parolfactoria mit dem basalen Riechhirn s. S. 399.) Am vorderen unteren Ende des Gyrus cinguli erfährt derselbe bei vielen Gehirnen eine bedeutende Verschmälerung, und zwar dann, wenn der innere Ast des Sulcus callosomarginalis (den DÉJERINE Sulcus intralimbicus nennt) nicht wie gewöhnlich in der Höhe des Balkenknies aufhört, sondern konzentrisch mit der Balkenwölbung und dem Sulcus callosomarginalis in der Mitte zwischen beiden ventral umbiegt und den Gyrus cinguli zwischen sich und Sulcus corporis callosi einschnürt. In diesen Fällen kann es nun geschehen, daß die ganze Formatio limbica anterior agranularis (LA) sich ebenfalls verschmälert und nur das Gebiet des so eingeengten Gyrus cinguli einnimmt, wie dies in Tafel LII, Bild 4, zu sehen ist, während jenseits des Sulcus intralimbicus schon die homotypische granuläre Außenformation anfängt (FHL). In diesem Falle reduziert sich die Formatio cingularis anterior agranularis (LA) scheinbar beinahe auf eine einzige Area, auf ihre bloße Area cinguli limitans (LA3), die vom Windungstal bis zur Windungskuppe reicht; während jenseits der Kuppe die Area ultracingularis LB1 schon beginnt (diesmal also auf dem Cingulum), bestehend bloß aus I. Schicht, Vb und VI, während wieder jenseits des Sulcus corporis callosi das Induseum griseum (LB2) auf den Balken selbst zieht. In anderen Fällen hinwiederum hält sich die LA Formatio cingularis anterior agranularis an ihrem vorderen Ende gar nicht an den inneren Ast des Sulcus callosomarginalis, sondern breitet sich, gleichgültig ob derselbe ventral weiterzieht oder ob er aufhört, vorn bis an den äußeren Ast oder die eigentliche Furche des Sulcus callosomarginalis aus. In diesem Falle ist die Area LA1 in der inneren Wand des Sulcus callosomarginalis, LA2 auf der Kuppe des Gyrus cinguli und LA3 an der Wand des Sulcus corpus callosi; läuft aber in solchen Fällen ein Sulcus intralimbicus doch ventral weiter, so haben wir Fälle gesehen, wo LA1, LA2, LA3 konzentrisch sich auf der dadurch entstehenden innersten Windung befinden, auf der äußeren aber bloß LA1, doch nimmt dasselbe auf der Kuppe der äußeren Windung doch wieder etwas LA2-Charakter an (d. h. die Schichtung wird undeutlicher und es treten Korkzieher- und Stabzellen auf); in solchen Fällen ist auch die äußere Windung nicht mehr so ganz agranulär, sondern in der Gegend zwischen III. und V. Schicht treten Körnerzellen auf. Es sind auch noch andere regionäre Änderungen in dieser Gegend möglich, als die verschiedenen hier angeführten, da sie überhaupt starke individuelle Schwankungen zeigt und wohl später einmal noch ein genaueres Studium erfordern wird, besonders bezüglich der Relation zwischen der Furchenbildung und der Ausbreitungsart der Areae, die in irgendeiner, uns noch nicht klaren Art zueinander in Beziehung stehen (vgl. S. 225.233).
444 Lobus limbicus superior.
Konzentrisch nach außen gelagert von der Formatio cingularis anterior agranularis (LA1-3) ist die normale sechsschichtige homotypische Rinde des Frontallappens in seiner jeweiligen medianen Variante. Die Formatio cingularis anterior reicht vom Corpus callosum bis zum inneren Ast der Callosomarginalis (den sog. Sulcus intralimbicus); nach außen davon, also zwischen innerem und äußerem Ast der Callosomarginalis, findet sich entsprechend der jeweiligen Frontalformation die entsprechende Variante, die gleichsam eine Übergangsbildung zwischen limbischer und jeder benachbarten frontalen Formation darstellt, also FHL, FEL, FDL, FCL. BRODMANN hat alle diese Bildungen zusammengefaßt und als Area cingularis anterior dorsalis (Feld 32) bezeichnet; doch ist dies unserer Ansicht nach nicht praktisch, denn die vorderen Partien dieses Feldes 32, z. B. FEL, unterscheiden sich von den rückwärtigen, z. B. FCL, beinahe in gleichem Maße wie FE (Feld 10) und FC (Feld 8). Wir haben diese einzelnen Areae schon bei den frontalen Formationen als deren Varianten genau besprochen und verweisen hier auf das S. 325 über FCL (Area frontalis intermedio limbica, Tafel XVII), S. 351 über FDL (Area frontogranularis limbica, Tafel XXVI), S. 371 über FEL (Area frontopolaris limbica, Tafel XLIV) und S. 396 über FHL (Area praefrontalis limbica, Tafel XXXVIII) Gesagte. Wir möchten hier nur über das, was sie gemeinsam haben, und über die Grenzen etwas hinzufügen. Das Charakteristicum, das die Formatio cingularis anterior agranularis (LA1-3) (abgesehen von der fehlenden Körnerschicht) unterschiedlich macht, ist die V. Schicht, und zwar die Breite derselben sowohl als ihr Zellreichtum in ihren äußeren Partien an dreieckig pyramidalen Zellen, die eine Va-Schicht von einer lichten Vb-Schicht unterscheiden läßt (s. Abb. 80). Am deutlichsten ist diese Va-Schicht der Formatio cingularis anterior agranularis in ihrer äußeren Area (LA1 Area praecingularis), welche an die homotypischen äußeren Rindenpartien des Frontalhirns grenzt. Von hier aus geht diese Überentwicklung der V. Schicht auch auf diese angrenzenden Rindenpartien über mit ihrer Zelldichtigkeit und zum Teil auch ihren Zellformen, ohne jedoch die anderen Charakteristica der entsprechenden Frontalformation sonderlich zu ändern, so daß z. B. FCL (Tafel XVII) so ziemlich alle Charakteristika von FC, enthält plus der veränderten gürtelartigen V. Schicht, die einzelne Charakteristika vom Lobus limbicus mit sich führt; hier ist also II und IV schlecht entwickelt oder kaum, und besteht nicht aus wirklichen Körnerzellen, sondern meist aus kleinpyramidalen Zellen, wie sonst in FC; III besteht aus relativ großen Pyramidenzellen; V besteht jedoch nicht wie sonst in FC aus einer einheitlichen mitteldichten Pyramidenschicht, sondern unmittelbar unter IV findet sich die obere Lage von V, bestehend aus dicht aneinander zu größeren Haufen angelagerten mehr dreieckigen Pyramidenzellen, die stellenweise, man könnte mit geringer Übertreibung sagen, beinahe eine epitheloide Aneinanderreihung zeigen; diese Zellverdichtung nimmt etwa zwei Fünftel von V ein; die tieferen drei Fünftel sind lichter, so daß man doch, was sonst in FC nicht der Fall ist, zwischen Va und Vb unterscheiden kann. Dieselbe Änderung findet auch an den anderen Frontalformationen mit den entsprechenden kleinen lokalen Modifikationen statt. FCL hat eine schmale und kaum angedeutete Körnerschicht; FDL (Tafel XXVI) hat eine schon viel deutlichere IV. Körnerschicht und außerdem die zelldichte Va; FEL zeigt schon allgemeine Kleinzelligkeit, deutliche II. und breite IV. Körnerschicht neben dichter großzelliger Va-Schicht. Die FEL (Tafel XLIV) reicht an der medianen Hirnfläche weit nach vorn bis nahe an die Mantelkante; FHL (Tafel XXXVIII) ist auch vom übrigen FH durch die deutliche Va-Schicht, die einen sichtbaren Streifen bildet, unterschieden. Der Übergang von FEL zu FDL und zu FHL ist ein allmählicher. Sehr ähnlich der Bildung FEL ist wohl im allgemeinen die ganze Bildung FG mit seiner ausgesprochenen Va-Schicht, die es von den übrigen Frontalformationen nebst seiner Schmalheit charakterisiert; wir sind noch lange nicht so weit, aus bloßen cytoarchitektonischen Ähnlichkeiten irgendeinen Schluß ziehen zu können; doch erwähnen wir dies hier, um auf diese kleine Tatsache aufmerksam zu machen.
Area ultracingularis und indusei. 445
Der Übergang von der vorderen körnerlosen limbischen Formation zu den homotypischen granulären frontolimbischen erfolgt meist in der Tiefe, d. h. im Tal des inneren Astes des Sulcus callosomarginalis (in dem sog. Sulcus intralimbicus). Wie dies auf Tafel XLIV zu sehen ist, wo der Übergang zwischen FEL und LA zu sehen ist. Unmittelbar vor Erreichung der Talsohle hört die II. und die IV. Schicht, sich allmählich verdünnend und zellärmer werdend, auf. Den Übergang der dichten, aus dreieckigen Pyramidenzellen bestehenden Va der FEL in die Va der LA, ist hier sehr schön zu sehen. An der im Innenast des Sulcus callosomarginalis gelegenen Wand dieser Formationen kann man hier und da auch bis zur Kuppe in den tieferen Partien der V. Schicht ab und zu die eine oder andere Stabzelle sehen, die die unmittelbare Nähe des Riechhirns verrät.
Caudalwärts schließt sich an FCL keine ähnliche limbische Übergangsvariante der FB (Area frontalis agranularis) an (s. Schema Abb. 93), sondern es grenzt die FB an der Medianfläche des Gehirns ventral unverändert breit direkt an das ebenfalls agranuläre LA an: nur an ihrem vordersten Zipfel schiebt sich zwischen sie und LA ein immer schmäler werdender Zipfel von FCL auf eine ganz kurze Strecke ein. Es hört also die Formation FCL gewöhnlich schon auf dem hinteren frontolimbischen Pli de passage auf.
In dieser Gegend, ventral von FB, findet auch die Formatio limbica anterior agranularis LA1-3 ihre hintere Grenze und geht über in die rückwärtigen granulären limbischen Formationen (LC), welche wieder eine innere und äußere Körnerschicht haben. Die Begrenzungslinie geht etwas schief von hinten oben nach vorn unten, und zwar reicht LA1 scheinbar noch am weitesten nach hinten und LA3 am wenigsten weit, doch macht der Unterschied nur 1-2 cm aus. Es treten also zuerst in der Unterwand des Gyrus cinguli nahe dem Tal den Sulcus corporis callosi, in der der IV. Schicht entsprechenden Höhe die ersten Körnchenzellen auf. Die Grenze ist ungefähr in der Verlängerung des Sulcus Rolando über die Mantelkante auf die Medianfläche schief nach vorn oder besser noch des Sulcus praerolandicus zu finden; denn die an das Parazentralläppchen selbst grenzende limbische Formation ist schon durchweg granulär; und unmittelbar frontal davon grenzt noch die frontale agranuläre Formation FB direkt an die vordere agranuläre limbische Formation LA (Abb. 93). Insofern ist es auch richtig, daß eine agranuläre Zone, das Gehirn gürtelartig umfassend, dasselbe in eine vordere und hintere Partie teilt (s. Abb. 76), als ein agranulärer Streifen vom Operculum Rolandi aus über die vordere Zentralwindung und die daran grenzenden Teile der ersten Frontalwindung anschließend auf dem Wege des vorderen Gyrus limbicus, dann der Area parolfactoria und der medialen und der lateralen olfactorius Gyri und des Gyrus transversus insulae, bis in die Tiefe der Fossa Sylvii reicht; da die jedoch hier unmittelbar angrenzenden opercularen frontalen Formationen der Fossa Sylvii aber nicht agranulär sind (FDop, FCop) und auch schon die sog. vordere Insel größtenteils nicht agranulär ist, so ist dieser Ring nicht vollständig geschlossen, wie VOGT und BRODMANN behaupten, aber doch so ziemlich (s. diesbezüglich auch S. 144, und 424).
446 Lobus limbicus superior.
LA1 und LA2 sind als heterotypischer isogenetischer Cortex zu bezeichnen; sie weisen den Rindentypus 1 auf (Abb. 89). LB1 und LB2 sind allogenetischer Cortex. Bei LA dagegen ist die Frage wieder wie früher bei FL3 (S. 410), ob man es zum iso- oder zum allogenetischen Cortex rechnen soll, da er ein Mittelding zwischen beiden bildet. Wir werden in §6 sehen, daß er, was seine Markbildung anbelangt, als infraradiärer Allocortex im VOGTschen Sinne sich präsentiert. Der Cortex der frontolimbischen Übergangswindung mit seinen Areae FCL, FDL, FEL weist den Rindentypus 2 auf (Abb. 89).
Schon BETZ wußte genau, daß der Gyrus cinguli einen besonderen Bau habe; daß nahe am Corpus callosum die Rinde bloß aus 1. und 5. Schicht besteht (BETZ' 5. Schicht entspricht den seit BEVAN LEWIS V. und VI. Schicht genannten Zellagen), hat er ganz richtig erwähnt und somit die Area ultracingularis LB richtig charakterisiert (BRODMANNs Feld 33). Gegen die Mitte der Windung zu treten die 2., 3. und später 4. Schicht wieder auf. Ebenso wußte er, daß der Gyrus hippocampi eine ganz andere Architektonik aufweist. Daß das Tuber olfactorium und die Inselrinde zum Teil eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Bau des Gyrus cinguli aufweisen, und sogar den Gyrus rectus erwähnt er auch bereits.
HAMMARBERG wußte außerdem schon, daß der Gyrus cinguli vorn agranulär ist, d. h. daß ihm die IV. Schicht fehlt und daß er in seiner rückwärtigen Hälfte wieder eine IV. Körnerschicht enthält. Die Verdünnung aller Schichten gegen das Corpus callosum zu erwähnt er auch und daß hier zuletzt nur I., III. und VI. Schicht noch bestehen. Ebenso erwähnt er das Übergehen der I. Schicht auf den Balken und daß in der Gegend der Striae longitudinales sich einzelne Zellen in dieser I Schicht zeigen (unsere Area indusei, LB2).
CAMPBELL dagegen übersah scheinbar (Abb. 2), daß der vordere Teil des Gyrus cinguli agranulär ist und verzeichnet nur eine einzige Formation am ganzen Gyrus cinguli, vorn und rückwärts, seine Area limbica A; den Übergang derselben in das Carrefour olfactif von BROCA zeichnet er richtig; ebenso daß der hinterste Teil des Carrefour olfactif eine eigene Area bildet, seine Area limbica B, die in die Formation des sog. Gyrus intralimbicus (C. godronnée) übergeht (also entsprechend unseren Area praecommissuralis FN und Area geniculata FM zusammen, die in die Area ultracingularis und indusei LB1, LB2 übergehen) und zählt sie auch zu den cingulären Formationen, wogegen nichts zu sagen ist.
BRODMANNs Einteilung (s. sein Schema Abb. 7) stimmt mit der unsrigen gut überein; er hebt hervor, daß der vordere Teil des Cingulums zum Unterschied vom hinteren agranulär ist (was ja schon HAMMARBERG gesagt hatte); seine Area cingularis anterior ventralis (Feld 24) entspricht unserer Formatio limbica anterior agranularis (LA1-3); er unterscheidet nicht, wie wir, an ihr drei konzentrische Gebiete. Seine Area praegenualis (Feld 33) entspricht unserer Area ultracingularis; auch der Übergang dieser Areae in die Formation des Carrefour olfactif von BROCA in die Area subgenualis (Feld 11) und in die Area praecommissuralis ist ungefähr auf seinem Schema so wiedergegeben, wie wir es für unsere Fälle auch fanden für unsere Area parolfactoria FL und Area geniculata FM und Area praecommissuralis FN; nur daß wir es für gut halten, wie gesagt, hier die Einteilung etwas detaillierter vorzunehmen. Nicht übereinstimmen können wir mit der Angabe BRODMANNs über seine Area cingularis anterior dorsalis (Feld 32), diese ist unserer Auffassung nach kein einheitliches Gebilde, sondern besteht, wie wir S. 444 gezeigt haben, aus vier verschiedenen frontolimbischen Übergangsbildungen.
Area ultracingularis und indusei. 447
An Äffen und Halbaffen beschreibt BRODMANN sein Feld 24 (unser LA1-3), das er hier „Area limbica anterior" nennt, als ähnlich mit dem Feld 6 (unsere FB) Area frontalis agranularis, nur daß sie schmäler ist und daß die unteren Rindenpartien überwiegen, was beides auch dem Verhalten beim Menschen, wie wir gezeigt haben, entspricht. II und III, sagt er, sind schmal und gehen ineinander über, IV fehlt. V sehr breit, VI zeigt zu innerst oft tangentialgestellte Zellen. Nähere Angaben macht er nicht, und für die menschliche Architektonik hat er keine Bilder und keine Beschreibung hinterlassen.
Markbild. Was nun die Markfaserbildung dieser Hirngegend anlangt, sagt MAUSS beim Affen für BRODMANNs Feld 24, das unserer LA(1-3) entspricht: die Rinde ist faserarm, besonders ist die äußere Hauptschicht sehr faserarm. Die übrige Beschreibung gibt keine deutlichen Unterscheidungsmerkmale gegenüber der Umgebung. In ELLIOT SMITHs Einteilung (s. Schema Abb. 4) entspricht unsere Formatio limbica anterior agranularis der Area callosa B und C von ELLIOT SMITH, seine Area callosa D unserer Area parolfactoria FL und ihrem Übergang in LA. Er zeichnet sie (s. Abb. 5) als ca. 2 mm breite Rinde mit doppeltem, aber äußerst schmalem Baillargerschen Streifen; die Rinde ist faserarm.
VOGTs Angabe nach ist der Gyrus cinguli (Abb. 10), soweit als er von unserer Formatio limbica anterior agranularis LA(1-3) eingenommen, wo BRODMANN bloß zwei Areae und wir vier bis fünf unterscheiden, von nicht weniger als von 18 Areae eingenommen. Es kommt darin deutlich zum Ausdruck, was wir vorher gesagt haben, daß die Rinde des Gyrus cinguli sowohl in dorsoventraler als in frontocaudaler Richtung fortwährend seinen Bau schrittweise ändert, so daß man eine große Anzahl Areae unterscheiden kann. Sie gehören alle zur Regio II unistriata infraradiata von VOGT, d. h, es ist bloß der obere Baillarger noch zu sehen, da der untere durch Faserzunahme in der 6(a-α)-Schicht mit dem tiefen Mark verbunden ist und nicht frei hervortritt; doch sei hier gleich erwähnt, daß die Baillargers in 4 sowohl als 5b überhaupt kaum deutlich zu sehen sind. Typisch ist, daß die Markstrahlen gar nicht über die 5. Schicht hinausgelangen, also nicht wie sonst hoch hinauf in die 3.! (d. h, also infraradiär, s. 4. Kap., S. 178). An der gegen das Corpus callosum gerichteten Wand ist die Bildung außerdem ultratangential, d. h. die Tangentialfasern der 1. Schicht reichen ziemlich tief bis in die 2. Schicht hinein (LA3, Abb. 128). An der Kuppe gegen den äußeren Kuppenwinkel zu werden die Bildungen mehr medioradiär, d. h. daß die Markstrahlen doch bis gegen die unteren Partien der 3. Schicht reichen (LA2, Abb. 127), um an der äußeren Wand im (inneren) Ast der Callosomarginalis prope-euradiär zu sein, d.h. daß hier die Markstrahlen wieder in die 3. Schicht hineinreichen (LA1) ähnlich wie im Gebiete FL1, für welches Abb. 126 ein Beispiel gibt. Dem LA3 (und evtl. LA2) entsprechen in VOGTs allgemeinen Ergebnissen S. 321 seine Fig. 20 und 23 (Fig. 20 entspricht FL1 oder FHL). Er nennt die Bildung LA3 auf Fig. 22 (unsere Abb. 128) infra-, medio-, modico-, finoradiär; quadrizonal, crasso- und multifibrös, ultratangential, interne dyscingulär, pauper- und singulofibrös, separatus tenuiintrastriatus, intimoaequalis, tenuilimitatus! Diese Charakterisierung ist sehr vollkommen, aber - sehr kompliziert. Wir sehen jedoch, daß in LA2 und LA3, und zwar besonders im ersteren, die beiden Baillargers kaum noch zu sehen sind; in LA1 sieht man den äußeren (in 4) und den inneren (in 5b) gerade noch.
FLECHSIG (Abb. 91) bezeichnet unsere präcommissurale Area FN und Area geniculata FM und Area parolfactoria FL mit der Zahl 4b als eines der frühesten Primordialfelder, während der ganze übrige Gyrus cinguli anterior als 15a zu den Intermediärfeldern oder gar zum Terminalgebiet gehört, was um so mehr wundernimmt, als LA doch die Fortsetzung von LL ist und FM und FN die Fortsetzung von LB sind. Außerdem erfährt hier die Regel, daß FLECHSIGs Primordialfelder dem Allocortex oder dem heterotypischen Teil unseres Isocortex entsprechen, eine wichtige Ausnahme, denn der vordere Gyrus limbicus (LA1 und LA2) ist heterotypisch gebaut und dort bei FLECHSIG Intermediärfeld. Hier müssten wohl neuere Untersuchungen, welche speziell darauf ausgehen würden zu untersuchen, wie weit FLECHSIGs Felder mit den architektonischen zusammenfallen, aufklärend wirken (s. S. 194).
448
Abb. 126. VOGTs Markbild seines Feldes 12 (s. Abb. 10a); entspricht wahrscheinlich unserer Area FL1 und zum Teil LA1.
449
Abb. 127. VOGTs Markbild seines Feldes 17 (s. Abb. 10a); entspricht wahrscheinlich unserer Area LA2. (Infraradiärer Rindentypus, d.h. die radiären Markbündel enden schon an der Grenze von 5b und 5a; in 4 und 5b ist die Horizontalfaserung, d. h. der Baillargersche Streifen rudimentär; in der Molekularschicht I sind vier verschiedene Lagen von Tangentialfasern zu unterscheiden.)
Abb. 128. VOGTs Markbild seines Feldes 19 (s. Abb. 10a); entspricht wahrscheinlich der dorsalen Partie unserer Area LA3. (Infraradiärer Rindentypus wie Abb. 127; in 4 und 5b Baillargersche Streifen deutlicher als in Abb. 127 infolge stärkerer Einzelfasern und Vermehrung der Grundfasern; in der Molekularschicht I vier Lagen von Tangentialfasern deutlich.)
450 Lobus limbicus superior.
Wir verweisen hier nur flüchtig auf die ausführlichen Studien CAJALs über das Riechhirn mittels der Silberimprägnationsmethode; es lassen sich seine Resultate für den Lobus limbicus anterior leider nicht ohne weiteres verwerten, da an dieser Stelle die Homologisierung mit unseren Areae schwer ist.
Was die physiologische Funktion des Gyrus limbicus, der Areae praecingularis, cingularis anterior und cingularis limitans anbetrifft, so gehören sie zum sog. Riechhirn (Abb. 99) mit allen den anderen angrenzenden und vorher genannten Formationen. Wieweit sie jedoch funktionell wirklich mit der Riechfunktion etwas zu tun haben, ist noch ganz unaufgeklärt. Der Gyrus cinguli ist auch bei Anosmatikern gut entwickelt, was doch zu denken gibt und es fraglich erscheinen läßt, ob er wirklich in irgendeinem Zusammenhang zur Riechfunktion steht. Daß sein Bau an die doch sicher mit der Motilität irgendwie verknüpfte FB-Formation erinnert und er denselben (motorischen?, effektorischen?) Rindentypus 1 aufweist (Abb. 88), ist bereits gesagt worden. Reizversuche des Gyrus cinguli liegen bis jetzt, soweit uns bekannt, nicht vor; möglich wäre es immerhin, daß die Motilität, soweit dieselbe in einem Zusammenhang oder in einer Abhängigkeit von der Riechfunktion steht, hier eine Repräsentant hat. Mit Rücksicht auf die engen Zusammenhänge, welche der Geruchsinn mit dem sympathischen Nervensystem aufweist, und bei Berücksichtigung, daß der Gyrus limbicus eben auch bei Mikrosmatikern noch gut entwickelt ist, wäre die Hypothese plausibel, daß wir in dieser efferenten Rinde vielleicht eine corticale Repräsentant für den Sympathicus zu suchen hätten. Experimente in dieser Richtung wären leicht anzustellen. Auch an dieser Stelle möchten wir wieder auf die große Variabilität hinweisen, die man betreffs der Architektonik und der Ausdehnung der Areae LA1, LA2, LA3 gegeneinander findet.
Von ebenso großen und sogar größeren individuellen Schwankungen scheint die Ausdehnung der Area LB auf dem Balken an verschiedenen Gehirnen zu sein, und die vielleicht nicht ohne größere Bedeutung ist. Jedenfalls erfährt die Area ultracingularis und indusei (also der Gyrus intralimbicus) bei Makrosmatikern eine starke Entwicklung, und wenn es nach obigem zweifelhaft ist, ob der Gyrus limbicus mit der Riechfunktion in irgendeiner Korrelation steht, so gilt dies jedenfalls nicht für den Gyrus intralimbicus, der jedenfalls durch Beherbergung der Striae und durch seinen Zusammenhang schon seine Bedeutung für den Geruchsinn erweist.
Die Regio limbica superior posterior reicht (Abb. 97, mitteldunkelblau) vom hinteren Ende der Regio limbica superior anterior, d. h. also von ungefähr 2 cm vor der idealen Fortsetzung des Sulcus Rolando über die Mantelkante, auf den Gyrus limbicus, bis nach hinten zum Isthmus desselben, d. h. bis dorthin, wo der Zusammentritt von Sulcus parietooccipitalis und Fissura calcarina zum Truncus den Gyrus limbicus am unteren hinteren Ende des Balkens gleichsam einschnürt. Es gehört also eigentlich auch die (Sub-) Regio retrosplenialis zu ihr [Abb. 97, ganz hellblau 1)]. Sie weist mehrere architektonische Grundformationen auf, und zwar haben wir auf dem Gyrus limbicus als solchem die Formatio limbica posterior granularis LC, die Formationen der Subregio retrosplenialis LD, LE, ferner auf dem Gyrus intralimbicus vorerst noch die ultracingulären Bildungen LB2 und dann LF1-2. Diese Formationen ziehen meist von vorn nach rückwärts (Abb. 93) und sind somit langgestreckte Areae, weil sie Teile des Gyrus limbicus und intralimbicus darstellen. Es ändert nämlich die Rinde des Gyrus cinguli ihren Charakter in der Breitenrichtung zwar allmählich, aber doch gradatim sehr deutlich, so daß wir, um diese Änderungen beschreiben zu können, dieses schmale Gebiet doch mehr oder weniger willkürlich noch in längliche, streifenförmige Areae einteilen müssen. Nach hinten von den Formationen LA der Regio limbica superior anterior (agranularis) schließt sich auf dem Gyrus limbicus unmittelbar eine granuläre Formation an, die man Area limbica posterior granularis LC nennen könnte. Sie zerfällt, wie wir gleich sehen werden, selbst in mehrere kleinere Areae. Sie nimmt ebenfalls die ganze Gyrusoberfläche ein und die Wände bis ungefähr zum Isthmus; nur in der Retrosplenialgegend wird sie im Sulcus callosus von der vorderen (unteren) Wand des Gyrus durch die hier auftretenden retrosplenialen Formationen LD und LE verdrängt; während die caudalen ultracingulären Formationen LB2 und LF ihren Weg nach hinten auf den Gyrus intralimbicus, also im Talwinkel des Sulcus callosus und auf dem Rindengrau, das auf dem Corpus callosum liegt, weiter fortsetzen und sich als schmale, von vorn nach hinten gerichtete Streifen ausdehnen. Aus Übersichtlichkeitsmomenten wollen wir auch hier wieder ausnahmsweise wie beim Gyrus limbicus anterior zuerst das Aussehen der einzelnen Formationen und Areae besprechen und dann erst gemeinsam die Ausdehnung derselben, ihre Grenzen und ihre physiologische Bedeutung unter einem besprechen.
[footnote p 450 1) Auf allen unseren Schemen der medialen Hirnfläche ist, um die im Sulcus callosus gelegene retrospleniale Partie des Gyrus limbicus gut sichtbar zu machen, dieser hintere Teil des Gyrus vom Balken abgehoben gezeichnet, so daß man in die Tiefe zwischen Balken und Gyrus limbicus hineinschaut.]
Area cingularis posterior. 451
Die Areae LC schließen, wie gesagt, unmittelbar an die agranuläre LA caudal an (Abb. 93); zum Unterschiede von ihnen sind sie homotypisch (s. Abb. 57), d.h. sie weisen sechs Schichten auf. Der Übergang von der agranulären in die granuläre Formation ist kein plötzlicher, sondern mehr ein allmählicher und findet unterhalb und etwas nach vorn vom Parazentralläppchen statt. (Die Übergangszone könnte man nach BRODMANNs Vorschlag Area cingularis intermedia benennen, LCA, doch ist sie nicht irgendwie besonders charakterisiert.) In dorsoventraler Richtung kann man die LC in drei Areae einteilen, die konzentrisch zueinander liegen. Von außen nach innen aufgezählt sind es: die Area cingularis posterior dorsalis LC1, die Area cingularis posterior ventralis LC2 und die Area cingularis limitans posterior LC3 (s. Schema Abb. 93). Wir wollen nun bei der Besprechung die Details dieser drei Areae gleichzeitig durchgehen, da sie ineinander übergehen und nur künstlich geschieden werden können und, wie gesagt, eigentlich ein Gebiet bilden.
Der Gyrus limbicus wird caudal und dorsal insofern breiter, als zum Ausbreitungsbezirke seiner Areae auch der unterste Teil der medianen Fläche des oberen Scheitelläppchens von unten bis zum Sulcus subparietalis gehört. Dieses Gebiet bildet auch nur selten einen einzigen glatten Gyrus, sondern ist meist von sekundären Furchen durchzogen, die zur Bildung meist mehrerer kleiner Gyri in dieser Gegend führen. LC1 liegt auf dem dorsalen Teile, LC2 auf der ventraleren Hälfte dieses Gyruskomplexes und überdecken dabei ganze kleine Gyri samt Tälern, Wänden und Kuppen; die innerste Kuppe, auf welche LC2 sich erstreckt, ist der Gyrus limbicus selbst. LC3 jedoch bekleidet ausschließlich die innere untere Wand dieses Gyrus, und zwar bloß den vorderen Anteil, und reicht darüber nie hinaus (Abb. 93).
Die Rinde ist in dem hinteren Abschnitt des Gyrus limbicus ebenfalls schmal bis höchstens mittelbreit; im allgemeinen wohl etwas breiter als die vordere Formation. Die dorsalste Area LC1 mißt in der Wand ca. 2.2 mm, an der Kuppe 2.6-2.9 mm; LC2 mißt an der Kuppe 2.6-2.9 mm, dort, wo diese Area auf einer Windungswand sich befindet, mißt sie ebenfalls 2.2-2.3 mm; an der Wand im Sulcus callosus mißt die Rindendicke von LC3 1.9 mm, und rasch abnehmend, bis zu 0.8 und 0.6 mm und darunter (s. Abb. 27). Diese Verschmälerung ist natürlich ohne weiteres makroskopisch zu sehen und auch für den ganzen übrigen Gyrus limbicus charakteristisch. Makroskopisch sieht man außerdem schon an dem mit Toluidinblau gefärbten Präparat eine Schichtung infolge des dunkleren Streifens von IV und des lichteren von Vb, das hier wieder auftritt, zum manifesten Unterschied vom vorderen Gyrus limbicus, der keine Schichtung der V aufweist. Der lichte Streifen läßt sich bis in die Umbiegungsstelle der Rinde aufs Corpus callosum hin verfolgen. Vor der Umbiegungsstelle macht es bei schwächster Vergrößerung den Eindruck, als ob die lichte V direkt in die Markstrahlung münden würde und VI darunter frei enden täte. Dieses mikroskopische Detail ist für die hinteren limbischen Teile typisch (s. auch Tafel L Höhe 1 Breite 63 cm).
452 Lobus limbicus superior.
Es fällt zum Unterschied von der Formatio limbica anterior vor allem auf, daß die posterior eine innere Körnerschicht enthält, und zwar beginnt dieselbe am weitesten vorn an der Wand im Sulcus callosus, also in LC3, während sie in den dorsalen Partien des Gyrus limbicus erst etwas weiter rückwärts beginnt (Abb. 71); weiter vorn ist sie weniger dicht und nimmt nach rückwärts an Dichte zu, doch bleibt sie gewöhnlich weniger dicht als an den angrenzenden Teilen des medialen Parietalhirns (oberes Scheitelläppchen) (vgl. hierzu LC2 Tafel XLIX und PE Tafel LXVIII), also ähnlich der IV. Schicht, wie wir sie in der Formatio frontalis granularis FD gefunden haben; an diese FD erinnert im ganzen diese Formation LC2 (vgl. hierzu LC2 Tafel XLIX und FD Tafel XXI), und sie ist, wenn man bloß gewisse Stellen betrachtet, von ihr schwer zu unterscheiden, obschon LC im ganzen zellreicher und zelldichter ist.
Ferner fällt gegenüber den agranulären vorderen limbischen Formationen (LA) auf, daß eine lichte Vb-Schicht durchweg in LC angedeutet ist, und zwar eigentlich in LC3 noch deutlicher als nach außen zu (vgl. LC3 Tafel L und LC2 Tafel XLIX). Ferner sind die Zellen in LC durchweg besser geformt als in LA; während in LA die meisten Zellen etwas schmal und in die Länge gezogen erschienen, und zwar besonders im Sulcus callosus also in LA3 auch eine Unordnung in der Anordnung der Zellelemente zueinander auffallend war, ist in LC die Zellform in allen Schichten und in allen drei Areae eine deutliche und besser ausgeprägte. Die V. Schicht (und VI. Schicht) sind in LC nicht mehr die wichtigsten, zellgrößten und zelldichtesten, wie sie es in LA waren, und wenn dieses Merkmal noch in den vorderen Partien von LC gut angedeutet ist, so verliert es sich rasch nach hinten zu, obschon, wohlgemerkt, auch in LC und besonders in LC2 die V. Schicht sehr prägnant ist, prägnanter als an der Hirnkonvexität (Abb. 80). Gegenüber den dorsal angrenzenden Partien des Parazentralläppchens ist der architektonische Unterschied durch die Riesenzellen des letzteren und die überhaupt größeren Zellen desselben ein bedeutender; nach hinten davon grenzt LC aber dorsal an den Praecuneus des oberen Scheitelläppchens PE; und wenn man Schnitte, welche senkrecht zur Bogentangente des Corpus callosum (oder besser gesagt, in der Verlängerung des Krümmungsradius desselben) geführt sind, von der Formation des Scheitelläppchens nach abwärts zum Gyrus cinguli durchexaminiert, so sieht man, daß hier die Ähnlichkeit des oberen Scheitellappens und der rückwärtigen cingulären Formation eine recht große ist und der Übergang zueinander bloß ein ganz allmählicher. LC1 (Tafel XLVIII) sieht der Formation des oberen Scheitelläppchens (PE Tafel LXVIII) recht ähnlich. Doch scheint diese Formation des hinteren Gyrus limbicus wieder zellreicher zu sein und gerade an der Grenze auch zellkleiner, besonders in der III. Schicht, als die des Scheitelläppchens, welch letzterer außerdem eine recht deutliche radiäre Streifung aufweist, die man in LC1 vermißt (s. Abb. 46). Doch hat LC1 einige Charakteristica, die auch dem oberen Scheitelläppchen eigen sind, so z. B. eine gut ausgeprägte, aus Körnerzellen bestehende II Schicht, ferner eine aus zwei Zellgefügen bestehende IV Schicht, nämlich eine obere zelldichtere aus kleinen Körnern zusammengesetzte IVa und eine tiefere, aus dichteren, etwas größeren, dreieckigen Zellen (IVb), die mit der darunter liegenden, ebenfalls nicht sehr großzelligen Va-Schicht sich vermengt; die Vb-Schicht zeigt keine ganz so deutliche Aufhellung wie die Formation des oberen Scheitelläppchens (PE). Weiter ventral entsteht aus LC1 allmählich LC2 (Tafel XLIX), und zwar dadurch, daß die II. Schicht lockerer wird und weniger Körner enthält, und weiter ventral zuletzt bloß noch aus kleinen Pyramidenzellen besteht (also II verschwindet gleichsam in IIIa), ferner dadurch, daß III wieder großzelliger wird, IV wieder einschichtig wird und schmäler und bloß noch Körnerzellen enthält. Dagegen wird dann die V. Schicht sehr zellgroß; die Va-Schicht enthält zahlreiche größere Pyramidenzellen und die Vb-Schicht vereinzelte, aber ebenfalls sehr große; die VI. Schicht wird jedoch anscheinend etwas zellkleiner; in dem Übergangsstück von LC1 zu LC2 finden sich jedoch diese extremen Merkmale, die wir auf Tafel XLVIII und XLIX wiedergeben, bald in einer, bald in der anderen Art mehr vermischt, vielleicht auch sonst nicht in ganz gleichmäßigem Übergang von dem einen Typus kontinuierlich zum anderen Typus führend, sondern oft auch diskontinuierlich, so daß die Bilder der einzelnen Stellen recht verschieden aussehen können (Näheres s. S. 457). In LC3 schließlich findet man die rasche allgemeine Verschmälerung bis zum Maximum im Tal des Sulcus callosus.
Area cingularis posterior. 453
Auch für die hintere limbische Formation gilt das von der vorderen früher Gesagte, daß man bloß die Zahlenverhältnisse ihrer Varianten in den einzelnen Areae anführen kann, da ja auch diese Formationen sich nicht über weite Oberflächenteile erstrecken, sondern an den Gyrus limbicus als solchen gebunden sind. Dort, wo der Sulcus callosomarginalis mit seinem Endstück dorsal zur Mantelkante rechtwinklig umbiegt, ist die Formation LC nicht mehr im engeren Sinne auf den Gyrus cinguli beschränkt, sondern sie greift hier auf die Windungen der nächsten Umgebung über, die meist relativ schmal sind. Unter dem Parazentralläppchen finden sich meist ein bis zwei zum Corpus callosum senkrecht gestellte kleine Sulci, welche ebenfalls kleine, senkrecht gestellte Nebenwindungen des Gyrus limbicus bedingen; ventral vom medianen oberen Scheitelläppchen findet man außer dem ungefähr parallel zum Balken gestellten, H-förmigen Grenzsulcus subparietalis, meist auch noch einen zweiten solchen kleinen parallel gestellten Sulcus; dadurch sind manchmal zahlreiche kleine Windungen im Bereiche des hinteren Gyrus limbicus, was die Übersichtlichkeitsverhältnisse etwas kompliziert, so daß LC1 und LC2 außer Kuppen- auch Wand- und Talbildungen aufweisen, zum Unterschied von LA1.2; nur LC3 ist immer bloß auf die untere Wand des Gyrus limbicus beschränkt.
Absolute Messungen:
I | II | III | IV | IVa | IVb | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) |
LC1 Wand, Gesamtdicke 2.2 mm | |||||||||||
0.24 | 0.20 | 0.68 | 0.24 | a0.18 | b0.06 | 0.36 | a0.14 | b0.22 | 0.44 | a0.34 | b0.10 |
LC1 Wand am Übergang in LC2, 2.5 mm Gesamtdicke | |||||||||||
0.24 | 0.25 | 0.62 | 0.24 | a0.12 | b0.12 | 0.50 | - | - | 0.60 | a0.40 | b0.20 |
LC1 Kuppe, Gesamtdicke 2.8 mm | |||||||||||
0.24 | 0.26 | 0.73 | 0.32 | a0.18 | b0.14 | 0.46 | a0.16 | b0.30 | 0.70 | a0.40 | b0.30 |
LC1 Kuppe, Gesamtdicke 2.74 mm | |||||||||||
0.24 | 0.26 | 0.60 | 0.34 | a0.20 | b0.14 | 0.50 | - | - | 0.80 | a0.40 | b0.40 |
LC2 Wand am Übergang in LC1, 2.5 mm Gesamtdicke | |||||||||||
0.25 | 0.18 | 0.52 | 0.24 | - | - | 0.44 | a0.22 | b0.22 | 0.80 | a0.45 | b0.35 |
LC2, (Wand) Kuppe, 2.56 mm Gesamtdicke | |||||||||||
0.23 | (0.04) | 0.84 | 0.18 | - | - | 0.44 | a0.16 | b0.28 | 0.80 | a0.60 | b0.20 |
LC2, Kuppe(nwinkel), 3.3 mm Gesamtdicke | |||||||||||
0.23 | 0 | 0.96 | 0.20 | - | - | 0.70 | a0.30 | b0.40 | 1.20 | a0.80 | b0.40 |
LC3, Kuppe, 3.0 mm Gesamtdicke | |||||||||||
0.25 | 0 | 1.00 | 0.25 | - | - | 0.58 | a0.24 | b0.34 | 0.90 | a0.60 | b0.30 |
LC3, innere Wand, 2.4 mm Gesamtdicke | |||||||||||
0.30 | 0 | 0.90 | 0.10 | - | - | 0.50 | - | - | 0.60 | a0.40 | b0.20 |
0.24 | 0 | 0.80 | 0.20 | - | - | 0.50 | a0.20 | b0.30 | 0.60 | a0.40 | b0.20 |
454 Lobus limbicus superior.
Die relativen Durchschnittszahlen (Proportionalgleichung) sind für:
I | II | III | IV | V | VI | äH:iH | |
LC1 Wand | 0.11 | 0.11 | 0.30 | 0.11 | 0.20 | 0.17 | 52:48 |
LC1 Kuppe | 0.10 | 0.11 | 0.28 | 0.14 | 0.20 | 0.17 | 49:51 |
LC2 Wand | 0.11 | 0.09 | 0.26 | 0.11 | 0.21 | 0.22 | 40:54 |
LC2 Kuppe | 0.12 | - | 0.36 | 0.09 | 0.20 | 0.23 | 48:52 |
LC3 (Wand) | 0.12 | - | 0.40 | 0.07 | 0.23 | 0.18 | 52:48 |
Wir sehen also an diesen Zahlen schon, daß für die Formatio limbica posterior granularis das Überwiegen der inneren Hauptschicht, das besonders auf die starke Entwicklung der V. Schicht in der LA zurückzuführen war und für die vordere limbische Partie charakteristisch war, für die hinteren limbischen Partien nicht mehr besteht. Zahlenmäßig ist auch das Wiederauftreten der II. Körnerschicht in der Formatio limbica posterior granularis sowie auch der IV. Körnerschicht, und zwar speziell die Zunahme dieser beiden Körnerschichten, in der Richtung von innen nach außen zu sehen, so daß die nahe dem Corpus callosum gelegenen Areae cingularis posterior limitans und posterior ventralis noch keine II. und nur eine schwach angedeutete IV Schicht haben, die äußere Area cingularis posterior dorsalis aber eine sehr dichte II Schicht und eine sogar doppelt unterteilte IV Schicht aufweist.
LC1 präsentiert sich als mittelbreite, zellreiche, zelldichte, mittelzellgroße bis zellkleine Rinde, die sehr deutlich geschichtet ist und deren III-. Schicht scheinbar durch einen lichten Streifen von der IV. gleichsam abgehoben erscheint; daß dieses Verhalten bloß ein scheinbares ist, wird weiter unten gleich ausgeführt; sie zeigt keinerlei radiäre Streifung und keine Säulchenanordnung (zum Unterschied der angrenzenden oberen Parietalformationen).
I. Die Molekularschicht ist mit 0.24-0.28 mm ziemlich breit, auch relativ zeigt sie eine gute Breite. Sie ist im Durchschnitt ziemlich gleichmäßig und ziemlich spärlich mit Kernen versehen, alles zusammengenommen, Glia-, Blutgefäß- und Nervenzellkerne, sind ungefähr 60 pro 0.1 mm3, und davon sind ungefähr sechs Nervenzellen, die schmal sind und meist mehr oder minder senkrecht zur Oberfläche gestellt in 7/4 µ (also keine eigentlichen Horizontalzellen CAJALs); dies gilt für Wand und Kuppe. Sehr auffallend ist die Kernarmut überhaupt sowie die Nervenzellarmut im speziellen gegenüber den vorderen limbischen Formationen oder den vorderen „Riechhirn"formationen überhaupt. Die Abgrenzung gegenüber der darunter liegenden II. Schicht ist eine recht scharfe.
II. Die äußere Körnerschicht ist, absolut und relativ genommen, äußerst breit, sogar breiter als die I. Schicht, 0.26 mm an der Kuppe und 0.23 mm in der Wand, und man kann daraus schon die Zugehörigkeit dieser Area zu den hinter der Zentralwindung gelegenen architektonischen Formationen erkennen. Sie ist zellreich und zelldicht, zellklein, und ist gegen I sehr scharf, gegen die darunter liegende III Schicht etwas weniger scharf abgegrenzt. Sie enthält 120-160 Zellen pro 0.1 mm3, zwar verschiedener Größe und Form, doch läßt sich im allgemeinen folgendes sagen: mehr zur Oberfläche sind die kleinsten Zellen in der Mehrzahl, die auch richtige Körnerzellenform haben, d. h. mehr ovale oder spitzovale Form; der Tiefe zu werden die Zellen etwas größer und nehmen mehr die dreieckige bis Pyramidenform an, so daß sie großenteils als Zwergpyramidenzellen bezeichnet werden können; ferner, je mehr wir uns in LC1 dem Parietallappen nähern, desto mehr nehmen die wirklichen Körnerzellen an Zahl den anderen gegenüber im allgemeinen zu; je mehr wir uns dagegen dem Corpus callosum nähern, desto mehr nehmen die dreieckigen Zellen an Zahl zu, und desto spärlicher werden die Zellen der II. Schicht überhaupt, bis in LC, zuletzt nur mehr locker nebeneinander stehende kleinste Pyramidenzellen der IIIa-Oberschicht vorhanden sind, also die II. Schicht in LC2 eigentlich wieder aufzuhören beginnt. Ferner ist die II. Schicht im allgemeinen zelldichter in den Windungswänden als an der Windungskuppe. Die Körnerzellen sind 5-7-10 / 3-4-5 µ, die dreieckigen 10-15-(20) / 7-10 µ; nach abwärts zu reichen diese Zellen auch in die III. Schicht hinunter, wie auch einzelne größere pyramidenförmige aus der III. Schicht in die II. disloziert sein können, so daß man ab und zu einer Pyramidenzelle von 20/10 µ auch in II begegnet; dadurch ist die Grenze eine wenig scharfe, aber immerhin besonders mit schwachen Vergrößerungen deutlich genug sichtbar, infolge der größeren Zelldichtigkeit in II, die von der geringeren in III sich gut abhebt.
Area cingularis posterior. 455
III. Die Pyramidenschicht ist infolge der Breite der II. Schicht relativ und absolut recht schmal, ca. 0.66 mm in Wand und Kuppe; sie bildet bloß etwas über ein Viertel der ganzen Rindenbreite und ist zwar weniger zelldicht natürlich als II, aber immerhin relativ ziemlich zellreich, mittelzellgroß oder eher zellklein, besonders in der Wand; die Zellen sind meist nicht besonders schlank und zeigen, ohne regellos zu liegen, auch keine besondere Anordnung, weder radiär noch in Schichten. Auch ist ihre Orientierung zur Oberfläche eine recht verschiedene, so daß man nicht den Eindruck einer geordneten Achsenrichtung derselben hat. Sie nehmen zwar von oben in die Tiefe an Größe zu, aber man kann kaum eine IIIa- und IIIb-Schicht unterscheiden, denn die Größenzunahme ist eine recht allmähliche und erfolgt ohne besondere Dichtigkeitsänderung. Von IV erscheint die III. Schicht wie durch eine lichte Zwischenschicht abgehoben. In den oberen Partien der III. Schicht sind ca. 33 Zellen pro 0.1 mm3 von Pyramidenform 15-(20) / 10-15 µ, also bloß mittelschlanke und flache Pyramidenzellen; die größeren Kaliber sind in der Minderzahl. In den tiefen Partien der III. Schicht sind ca. 24 Zellen pro 0.1 mm3 von Pyramidenform 20-(25) / 15-20 µ, auch hier also mittelschlanke und flache Pyramidenzellen; auch hier sind nur ca. 5 Zellen von größerer Dimension auf 20 von mittleren. Eine IIIc-Schicht ist nicht vorhanden, doch kann man sagen, daß auf ein Feld von ca. 1 mm wirklicher Breite (= 10 cm der Tafel) ca. 2-3 größere Zellen von 30/20 µ (evtl. 35/25 µ) an der Grenze von IV und III oder schon innerhalb IV disloziert zu sehen sind. Von den kleineren Zellen in den oberen Partien von III haben jede zweite oder dritte einen Trabantzellkern; von den größeren in den tieferen Lagen beinahe jede Pyramidenzelle einen Trabantzellkern. Aus den angeführten Zahlen ist ebenfalls zu ersehen, daß die III mehr Zellen enthält in LC1 als in LA1, aber ungefähr gleich viel wie die Kuppenbildung LA2. Die ganze untere Hälfte der III. Schicht enthält außerdem in LC1 verstreut kleinste Körnchen von runder oder ovaler Form, 4/4 und 5/5 µ, und zwar neben den Pyramidenzellen, zwischen denselben, zu zweit oder dritt beieinanderliegend, ungefähr 20 solcher Körnchen pro 0.1 mm3 außer den Pyramidenzellen! Diese große Zahl gibt den tieferen Teilen von III ein gekörntes Aussehen, und es ist oft schwer, die Trabantzellen von den Körnerzellen zu unterscheiden.
Gegen den Parietallappen zu werden die Pyramidenzellen etwas größer, besonders schlanker und die III. Schicht bekommt mit der ganzen übrigen Rinde ein etwas radiär gestreiftes Aussehen (man könnte einen Übergang LC1P bezeichnen oder PEL). Gegen LC2 (das Corpus callosum) zu werden die Zellen von III in LC1 eher kleiner (vgl. Tafel XLVIII mit Tafel XLIX).
Gegen die II. Schicht ist die Begrenzung eine ziemlich scharfe. Gegen die IV. Schicht eine etwas weniger scharfe, weil Körner in die tiefen Partien von III hineinreichen und weil einzelne größere Pyramidenzellen nach der Tiefe zu disloziert sind. Immerhin ist bei schwacher Vergrößerung die Grenze ziemlich gut sichtbar, weil die lockere IVa-Schicht darunter undicht und licht aussieht, so daß III wie „abgehoben" erscheint.
IV. Die innere Körnerschicht ist in LC1 auffallend breit, absolut sowohl als relativ, und besteht so wie im oberen Parietallappen aus zwei Schichten, einer oberen, sehr zellockeren, aus richtigen runden und ovalen Körnchenzellen bestehenden IVa-Schicht und einer viel zelldichteren, zellgrößeren aus kleinsten Pyramidenzellen und vor allem dreieckigen Zellen bestehenden Zona triangularis = IVb-Schicht. Reichen die Körnchen der IVa auch weit hinein nach III, so ist doch die Grenze infolge der größeren Dichtigkeit der III. Schicht ziemlich gut zu ziehen, und die IVa-Schicht erscheint als lichter, etwas gekörnter Streifen. Dagegen ist die Grenze der IVb-Schicht nach unten gegen V nicht scharf zu ziehen, weil die Zellen der oberen Partien der V. Schicht zum Teil zwar größer sind als die der triangulären Zone, aber immerhin unter sich auch recht viele trianguläre Zellen enthalten. Doch dies sind Dinge, die die Grenzen, je nach dem Beobachter, doch nur bloß um ein paar Linien weiter hinauf oder hinunter anscheinend verschieben würden; tatsächlich ist es auch hier nicht allzu schwer, die untere Grenze von IVb anzugeben, wenn man sich an das Größerwerden der Zellen in Va hält. Die beiden Unterschichten IVa und IVb sind ungefähr gleich breit, gewöhnlich ist die IVa etwas breiter. Sie besteht, wie gesagt, aus Körnchenzellen von 4/4 und 5/5 µ, die zu kleinen Haufen oder Zügen locker geordnet sind; nur einzelne darunter sind oval oder sogar kleinste Pyramiden von 7/5 µ u. ä. m. Es sind ca. 120-150 kleinste Zellen pro 0.1 mm3 in IVa, also wohl bei der Kleinheit der Zellen eine sehr geringe Dichtigkeit. Die darunter befindliche IVb-Schicht enthält neben kleinen Körnchenzellen ca. 120 trianguläre Zellen von ca. 7/7 bis 10/10 µ Größe, selten darüber; diese Zellen haben meistens die Form beinahe gleichseitiger Dreiecke; sie sind zu ziemlich gut geordneten Haufen aneinandergeschichtet und geben infolge ihrer relativen Größe der tiefen IVb-Schicht ein viel dichteres, dunkler tingiertes Aussehen. Vereinzelte, jedoch relativ nicht seltene dislozierte größere Zellen aus Va von 15/10 µ Größe oder sogar aus III mit Pyramidenform von 20/10 µ bringen etwas Unordnung in das Bild, das sonst ein recht regelmäßiges Aussehen bieten könnte. Gegen die dorsalliegende Parietalformation nimmt diese Doppelunterschichtung der IV. Schicht zu und zeigt sogar eine Andeutung von radiärer Säulchenstellung (LC1P); gegen LC2 zu aber verdünnt sich IVb auf einmal recht rasch dort, wo der Übergang stattfindet, während einerseits IVa unverändert weiterzieht, andererseits aber die Zellen von Va pyramidenförmig und größer werden und unter IVa eine Stufe heraufziehen. Diese Unterteilung von IV in zwei Schichten ist ein Charakteristikum der oberen Parietalformation, die also auf die dorsale cinguläre Formation übergegangen ist und sich ventralwärts wieder verliert.
456 Lobus limbicus superior.
V. Die ganglionäre Schicht ist in LC1, wie überhaupt in allen Areae der hinteren limbischen Formation, im Vergleich zu der kolossalen Entwicklung, die sie in den vorderen limbischen Formationen hatte, so gut wie ganz zur Norm wieder zurückgekehrt und hat mit ihrer Kuppenbreite von 0.48 mm und Wandbreite von 0.41 mm nur ein gutes Durchschnittsmaß. Im Verhältnis jedoch zu den sonstigen Hirnformationen, also z. B. zu der an sie angrenzenden Area parietalis superior PE, zeigt sie doch in ihrer allerobersten Zelllage eine Zunahme der Zelldichtigkeit, die doch wieder den Charakter des Lobus limbicus entsprechend zeigt (Abb. 79 und 80). Sie zerfällt nämlich eigentlich nicht sehr auffallend in zwei Schichten Va und Vb; sondern wir finden statt Va eine schmale, dichte Zellage, und die übrige ganglionäre Schicht ist im ganzen weniger zelldicht als IV und als VI, so daß sie als etwas lichterer breiter Streifen zwischen diesen beiden erscheint; die Zellen in ihr liegen sehr unregelmäßig, bald in lockerem, regellosem Durcheinander, bald als größere Zellansammlung die ganze Breite von V oder Teile derselben einnehmend; sie sind auch in ihrer Größe sehr verschieden. Man kann aber, wie gesagt, feststellen, daß unmittelbar unter IV (d. h. also unmittelbar an IVb) sich als nach unten unregelmäßig begrenzte Lage in V eine dichtere Ansammlung von Pyramiden- und dreieckigen Zellen anlegt, in ungefähr 0.15-0.20 mm Dicke. Diese Zellage besteht aus Zellen, die deutlich größer sind als die Zellen in IVb; aber sie sind meist kleiner als die Zellen der unteren Partien von III (was gegenüber LC2 von Bedeutung ist); wir wollen diese schmale Zellage der Übersichtlichkeit halber doch auch mit Va bezeichnen, obschon sie keine richtige Schicht bildet (Tafel XLVIII). Sie enthält ca. 70 Zellen pro 0.1 mm3, von denen ein Drittel, also ca. 23, von der Größe von 20-25 / 15-20 µ, pyramidenförmig mit etwas dickem, plumpem Leib sind, mit Kern, Kernkörperchen und einer Trabantzelle; die übrigen Zellen sind zum Teil dreieckige kleine Zellen, ähnlich wie in IVb; etwas weiter unten jedoch sind wieder meist schlankere, kleine pyramidenförmige Zellen von 15/10 µ u.ä.m. Im übrigen tieferen Teile von V, den wir Vb bezeichnen wollen, obwohl - wir betonen es nochmals - keine eigentliche Unterschichtung besteht, sind die Zellen viel weniger dicht; obwohl die Dichtigkeit sehr unregelmäßig hier ist, kann man im Durchschnitt vielleicht 30 Zellen pro 0.1 mm3 annehmen, davon sind es 13 schlank pyramidenförmig, 25/12 µ, und ca. 3-5 größere Pyramiden von 30/15 µ; die übrigen sind kleine und kleinste Pyramidenzellen und ovale oder Spindelzellen, sogar Körnchenzellen; im allgemeinen aber überwiegen natürlich die ziemlich schlanken Pyramidenzellen in dieser ganzen Schicht, und man muß als charakteristisch also anführen, daß während in Va recht dicht kleinere und mittlere Pyramidenzellen vorhanden sind, in Vb mittlere und einzelne größere Zellen in mehr lockerer Verteilung liegen (Abb. 81-82); von einer Schichtung, Streifung oder sonst einer Ordnung der zelligen Elemente ist in V eigentlich nichts zu bemerken (zum Unterschied von LC2 s. S. 459).
Area cingularis posterior. 457
VI. Die Spindelzellenschicht ist eigentlich schmal, 0.75 mm an der Kuppe (!) ziemlich zelldicht und zellklein; gegen das Mark ist sie ziemlich scharf begrenzt, ohne daß die Zellen von VIb tief ins Mark hineinreichten, so daß VIb im Verhältnis zu VIa noch schmäler ist. VIa ist auch nach oben zu ziemlich gut begrenzt, doch findet man in den tieferen Teilen von Vb schon zahlreiche Spindelzellen, so daß die Grenze dort etwas verwischt ist, aber mit schwachen Vergrößerungen sieht man doch an der größeren Zelldichtigkeit der VIa-Schicht relativ genau genug noch die Grenze. Die VIa-Schicht besteht aus kleinen Spindelzellen, welche ca. 35-40 pro 0.1 mm3 an Zahl die Größe 15-20 / 7-10 µ erreichen, bei der jedoch die schmalen, kleinen Formen überwiegen. Zwar sind die Zellen spindelförmig, doch meist mit Anklang an die Dreiecksform, und sie sind nicht lang ausgezogen, nicht gleichmäßig senkrecht zur Oberfläche orientiert und nicht protoplasmareich. In der Wand sind die Zellen dichter, ca. 60 pro 0.1 mm3, im Durchschnitt kleiner als an der Kuppe. In VIb sind bloß ca. 15 pro 0.1 mm3 und höchstens 15/7 µ große Zellen, die in der Wand meist horizontal gestellt sind.
Auch diese geringe Entwicklung der VI. Schicht, sowohl was ihre Breite als ihre Zelldichte und Größe anlangt, weist eine große Verschiedenheit gegenüber der vorderen limbischen Formation auf. Sie erweist auch hierin, daß die äußere Area cingularis posterior dorsalis viel Ähnlichkeit mit der Parietalbildung hat. Sie unterscheidet sich von letzterer aber schon durch die geringere Rolle, die bei ihr (LC1) die IV. Schicht spielt, die weder so breit noch so zelldicht usw. ist; ferner auch dadurch, daß die Trennung in Va und Vb in den oberen Parietalläppchen schon viel auffälliger ist u. a. m. LC1 ist in seiner sechsschichtigen Bildung als homotypischer isogenetischer Cortex zu bezeichnen vom Rindentypus 2 (Abb. 88).
Unmittelbar nach innen und unter der Area cingularis posterior dorsalis LC1, konzentrisch mit ihr um den Rücken und das Splenium des Corpus callosum verlaufend, schließt sich die LC2 an (Schema Abb. 93); sie nimmt, vom Kuppenwinkel des Sulcus callosus angefangen (mit LC1 zum Teil und zum Teil allein), die ganze Oberfläche des rückwärtigen Teiles des Gyrus cinguli ein und, wo derselbe durch einen parallelen Zwischensulcus entzweigeteilt ist, auch noch Wand und Tal der nächsten kleinen Windung oder mehr ein. Dort, wo die spezielle Architektonik dieser Area nahe dem Sulcus corporis callosi am deutlichsten ausgeprägt ist, unterscheidet sie sich von der Area dorsalis dadurch, daß sie eigentlich eine obere Körnerschicht II nicht hat, sondern daß dieselbe von kleinen Pyramidenzellen III(II) eingenommen ist; daß die Zellen der III. Schicht etwas größer sind; daß die IV. Schicht schmäler ist und nur aus einer Körnerschicht besteht und keine trianguläre Unterschicht besitzt; daß V deutlich in Va und Vb zerfällt, daß Va aus großen, dichtstehenden Pyramidenzellen besteht, die ungefähr so groß sind wie in der Tiefe von III; daß Vb sogar größere Pyramidenzellen vereinzelt enthält als III. Durch diese bessere Ausbildung der V. Schicht erinnert diese Area cingularis posterior ventralis LC2 wieder an den Charakter der vorderen limbischen und überhaupt „Riechhirn"partien. Sonst sehen sich LC1 und LC2, was Breite, Zellgröße. Schichtencharakter, mangelnde Streifung, Zelldichtigkeit usw. anbelangt, ziemlich Ähnlich; nur die Eigenheiten, die LC1 von der angrenzenden Parietalformation übernommen hat, unterscheiden sie von LC2, und man könnte beinahe sagen, daß LC1 eine Übergangsformation zwischen LC2 und den Parietalbildungen ist. Aber diese Charaktere von LC1 gehen LC2 gegenüber nicht plötzlich an einer irgendwie scharfen Grenze verloren, sondern nur recht allmählich, und es ist an vielen Stellen des Überganges kaum zu sagen, ob wir LC2 oder LC1 vor uns haben; auch ist stellenweise schon Typus LC2 zu sehen, nachher aber wieder mehr LC1, so daß gleichsam ein unterbrochener Übergang auch stattfindet. LC2 ist deutlich horizontal geschichtet zum Unterschied von LA2, an das es vorn grenzt (wenn auch vielleicht etwas weniger gut geschichtet als LC1). LC2 erinnert in seinem architektonischen Aufbau ziemlich an die frontale granuläre Formation, besonders wo die letztere auf die mediane Hirnfläche übertritt, also z. B. an FDL (Tafel XXVI), bei welchem ja ebenfalls eine stärkere Entwicklung der V. Schicht regelrecht die Nähe der vorderen limbischen Formation anzeigt, nur macht es den Eindruck, als ob die hinteren limbischen Formationen zellkleiner und zellreicher als die frontalen wären, die sich ja überhaupt vor dem ganzen Hirn durch schönere und größere Pyramidenzellformen auszeichnen.
458 Lobus limbicus superior.
I. Die Molekularschicht ist mit 0.23-0.25 mm ziemlich breit (etwas schmaler als in LC1), auch relativ von guter Breite. Auch hier ist sie nicht sehr kernreich, ungefähr wie in LC1. Unter den ca. 65 Kernen kleinster Größe, die pro 0.1 mm3 gezählt werden können, sind ca. 4-5 Nervenzellen von ca. 3/7 µ Größe einzeln in den äußeren Partien horizontal gestellt mit ihrer Längsachse und strichförmig, in den tieferen Partien meist vertikal gestellt mit etwas Pyramidenform. Gegen die untere Wand des Gyrus limbicus zeigt die I. Schicht eine kernreichere Oberzone Ia und eine kernärmere Ib. Dorsalwärts verliert sich dies immer mehr, ventralwärts gegen LC3 wird es deutlicher (s. Tafel XLIX. linke obere Ecke).
II. Die äußere Körnerschicht, welche in den äußeren dorsalen Partien von LC2 noch wie in LC1 besteht, wird gegen das Corpus callosum zu immer ärmer an Körnerzellen; sie wird zellgrößer, und die Zellen werden mehr pyramidenförmig, so daß man sie schließlich als eine III(II)-Schicht betrachten müsste. Es erübrigt sich daher irgendein genaueres Breitenmaß geben zu wollen (0.00-0.18 mm). Näher bei LC1 zählen wir gegen 100 Zellen pro 0.1 mm3 und gegen LC3 75 Zellen; die Zellgröße beträgt 10-15 / 5-7-10 µ. Die Zellen sind beinahe ausschließlich kleine, senkrecht gestellte Pyramidenzellen, von denen nicht einmal jede zehnte einen Trabantzellkern hat. In der Wand tritt eine II wieder deutlich auf (Tafel XLIX, rechte untere Ecke).
III. Die Pyramidenschicht ist an der Kuppe relativ und absolut recht breit, zumal wenn man die II. Schicht zur IIIa dazuzählt, dann mißt man 1.0 mm und mehr. In der Wand dagegen verschmälert sie sich bedeutend, so daß sie auch relativ schmal wird, einerseits, weil, wie oben gesagt, hier doch II wegen seiner größeren Dichtigkeit wieder als eigene Schicht sich präsentiert, andererseits wird die III. Schicht auch an und für sich in der Wand schmal.
Die Zellen der III sind etwas weniger zahlreich, dagegen sichtlich etwas größer und voluminöser als in LC1. Sie nehmen ebenfalls, wie immer, von außen nach innen an Größe zu. Die Zellen der III(II) Schicht mit ihrer Größe von 10-15 / 5-7-10 µ rechnen wir zur IIIa-Schicht, deren tiefere Lagen pro 0.1 mm3 ca. 22 Zellen von plumper Pyramidenform von 18/18 µ beherbergen; in den tieferen Partien, im sog. IIIb, zählen wir pro 0.1 mm3 ca. 20 Zellen, von 25/22 µ (vereinzelt auch 30/22 µ), alle mit deutlich großem Kern und Kernkörperchen und meist je einer Trabantzelle; außer diesen etwas plumpen und relativ großen Pyramidenzellen kommen kleine unregelmäßige Zellen, ca. 10 pro 0.1 mm3, von ungefähr 10/7 µ Größe vor. Also wir sehen zum Unterschied der III. Schicht in LC1 die größeren Zellen hier in der überwiegenden Mehrzahl, was dieser Schicht ein charakteristisches Aussehen gibt und die LC2 ähnlich den granulären Frontalformationen macht, während LC1, wo in III die kleinen Zellen in der Mehrzahl waren, mehr Ähnlichkeit mit den granulären Parietalformationen aufwies. Eine eigentliche IIIc-Schicht ist in LC2 auch nicht vorhanden. Auch in LC2 ist keine radiäre Streifung und Ordnung der Zellen zu sehen (Abb. 46), sie sind zwar meist etwas besser als in LC1 mit ihrer Spitze gegen die Oberfläche gerichtet, ohne jedoch eine größere Regelmäßigkeit in ihren Abständen und Größenverhältnissen aufzuweisen. Die Körner der IV. Schicht reichen nicht nach III so hoch hinauf wie bei LC1, und es ist überhaupt die untere Grenze gegen IV eine ziemlich scharfe und besser gezeichnete als in LC1.
Area cingularis posterior. 459
IV. Die innere Körnerschicht besteht ausschließlich aus Körnerzellen und kleinsten dreieckigen, die nicht sehr dicht zu kleinen und größeren Haufen beieinander liegen. Es sind ca. 120 solche Zellen pro 0.1 mm3, von der Größe von 4/4 µ bis einzelne 10/10 µ, doch ist die Mehrzahl 4-5-6 / 4-5-6 µ. Nur vereinzelt treten größere Zellen, die zu III oder V gehören, in IV auf und sind als dislozierte Elemente leicht zu erkennen. Die IV. Schicht ist von guter mittlerer Breite und mit ihrem Maß von ca. 0.25 mm überall gut und deutlich sichtbar, obwohl die verhältnismäßig lockere Zellanordnung ihrer kleinen Elemente sie eher zu einem „lichten" Streifen stempelt, der nach oben und unten gut abgegrenzt ist.
V. Die ganglionäre Schicht ist in LC2 recht breit und in ihrem Zellaufbau recht typisch. Mit ihrer Breite, die zwischen 0.50 und 0.70 mm schwankt, und mit der relativen Zahl von 0.23 übersteigt sie das Durchschnittsmaß deutlich, und wenn sie auch nicht solche Werte erreicht wie in LA2, wo die V. Schicht ungefähr ein Drittel der ganzen Rindenbreite ausmachen konnte, so macht sie doch mehr als ein Fünftel der Rindenbreite aus, beinahe ein Viertel, was für die V. Schicht ziemlich viel ist. Sie zerfällt, zum Unterschied der V. bei LC1, auffallend deutlich in zwei Unterschichten, in eine etwas schmälere, zelldichte und relativ zellgroße, tiefblau sich färbende Va-Schicht und eine etwas breitere, lockerere und noch größere Pyramidenzellen enthaltende lichtere Vb-Schicht, wobei gleich bemerkt sei, daß die meisten Zellen in Va dieselbe Größe ungefähr haben oder gar größer sind als die größeren Zellen in III, und daß die großen Pyramidenzellen in Vb entschieden größer sind als die größeren Zellen in III. Dieses Charakteristicum unterscheidet ebenfalls LC2 gut von LC1, und gleichzeitig stimmt die starke Entwicklung von V mit dem, was auch sonst frontal sowie caudal für den Gyrus limbicus typisch ist. Die Zellen in Va sind dreieckig oder flach-pyramidenförmig, liegen dicht aneinander häufen- und reihenweise, ca. 43 pro 0.1 mm3, von der Größe 20/20 µ oder darunter einige schlankere Pyramidenzellen auch von 30/15 µ mit deutlichem Kern und Kernkörperchen und Trabantzellen, sie sind nicht alle ganz senkrecht zur Oberfläche orientiert, sondern liegen zum Teil auch mehr verschieden durcheinander geschoben und aneinander gepreßt, so daß sie eine deutliche, beinahe bandartige Lage bilden. Im lichten Vb liegen viel weniger Zellen und spärlicher; besonders aber ist es lichter, weil die meisten von ihnen klein sind und nur wenig Zellen ganz groß (Abb. 81 und 82); man zählt ca. 35 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind bloß 12 ganz große schlanke Pyramidenzellen, die aber sind mit langen Fortsätzen ausgestattet, die schön senkrecht zur Oberfläche gerichtet sind, und von der Basis zieht der Achsenzylinder senkrecht wieder nach abwärts (s. Tafel XLIX, Höhe 21-23 cm, Breite 19-23 cm, und rechts unten); diese Zellen haben eine Größe von 30-40 / 15-(20) µ, mit großem blasigen Kern und Kernkörperchen und Trabantzelle. Die übrigen Zellen sind meist ganz kleine und mittlere Pyramidenzellen von meist 10-15-(20) / 7-10 µ. Stäbchen- und Korkzieherzellen finden sich hier nicht, nur in den frontalsten Partien der Area cingul. post. ventralis findet sich ab und zu in V eine auffallend stark in die Länge gezogene Zelle als Anklang an diese Zellgebilde der vorderen limbischen Formationen (also in der evtl. Area cingul. intermedia zu nennenden Zwischenzone LAC). Große Ähnlichkeit hat LC2 auch in der Bildung seiner V Schicht mit FDL und FEL, doch sind hier in FDL(EL) die betreffenden Zellen in Va kleiner als in LC2, und es fehlt auch in den frontalen medianen Formationen diese so starke Aufhellung der Vb sowie die großen schlanken Pyramidenzellen darin.
460 Lobus limbicus superior.
Gegen VI ist die Begrenzung wegen der großen Dichtigkeit von VIa gegenüber der hellen Vb schichtweise eine sehr gute, doch reichen zahlreiche, evtl. auch größere Spindelzellen auch nach Vb hinein.
VI. Die Spindelzellenschicht ist recht breit, besonders im Vergleich zur VI. Schicht von LC1. Sie erscheint sowohl in ihrer dichteren oberen Partie VIa breiter und etwas zellgrößer als auch so in ihrer tieferen Partie VIb. Ihre Abgrenzung gegen das Mark ist weniger scharf als sonst. VI ist 0.80-0.90 mm breit in Kuppe und Wand. Die VIa-Schicht ist besonders breit ca. zwei Drittel der Breite der VI, zelldicht, ca. 40 Zellen pro 0.1 mm3, also beinahe so zellreich wie VIa in FE (sonst ist es gewöhnlich zellärmer). Die Zellgröße beträgt 20-30 / 12-15 µ, es sind breite, eher protoplasmareiche, vielfach auch dreieckige Spindelzellen, während VIb sehr kleine Zellen, 15-20 / 7 µ, in spärlicher Anzahl von ca. 18 pro 0.1 mm3 enthält; letztere sind meist dürre, protoplasmaarme Spindelzellen.
LC2 ist als sechsschichtiger homotypischer, isogenetischer Cortex zu bezeichnen.
Als LC3 bezeichnen wir den Rindenteil der hinteren limbischen granulären Formation, der die innere Wand des Gyrus limbicus im Sulcus callosus bedeckt und sich, rasch im Dickendurchmesser verschmälernd, bis zum Tal des Sulcus zieht, wo er spitz zuläuft. Er enthält keine eigenen Elemente, bloß die Verschmälerung - von außen in die Tiefe zu - ist sein Charakteristicum.
I. Die erste Molekularschicht enthält nach außen zu eine mehrfache Lage von parallel zur Oberfläche gestellten Gliakernen als Zeichen, daß hier wahrscheinlich zahlreiche Markfasern tangential verlaufen (Ia).
II. Eine eigentliche äußere Körnerschicht besteht in LC3 nicht, sondern es befinden sich hier wie in LC2, jedoch in noch geringerer Anzahl, kleine Pyramidenzellen, die zwar etwas dichter stehen als in IIIa; sie haben nicht auffallend die Tendenz wie in der Area cing. anterior limitans, sich zu Gruppen zu ballen, sondern bleiben schön geordnet; Größe und Zahl ist ungefähr wie in LC2.
III. Die Pyramidenschicht enthält Pyramidenzellen, die kleiner sind als die in LC2, sie übertreffen nicht oder kaum die Größe von 15-20 / 7-10 µ, und man kann keine IIIa von einer IIIb richtig unterscheiden.
IV. Die innere Körnerschicht ist bei weitem nicht so dicht als in LC2; sie enthält schon zahlreiche Pyramidenzellen aus III und V, so daß man sie nicht so einwandfrei bestimmen kann; sie reicht bis ins Windungstal hinunter und hört hier allmählich auf, ohne auf die intralimbischen Bildungen überzugehen. Im großen ganzen muß man sagen, daß obschon in LC3 die IV. Schicht am weitesten frontal im Gyrus limbicus beginnt, sie doch nur wenig ausgeprägt bleibt und ihre obere und untere Grenze gar nicht genau zu sehen ist (Tafel L bei IV(III)).
Die V. Schicht besteht auch hier aus der zelldichteren und zellkleineren Va-Schicht, deren Zellen kaum die Größe von 10/10 µ. übersteigen, und der helleren breiteren Zellkörner und vereinzelte überschlanke größere Pyramidenzellen enthaltenden Vb, deren größte Zellen auch noch die Größe von 40/15 µ ab und zu einmal erreichen können.
VI ist auffallend schmal und zellklein, gegen das Mark scharf abschneidend und verdünnt sich derart, daß das lichte markreiche Vb beinahe allein ohne VI auf den Balken weiterzuziehen scheint; dadurch erhält man, besonders bei schwacher Vergrößerung, den Eindruck recht oft, als ob hier die lichte Vb-Schicht direkt ins Mark münden würde, ohne von VI umsäumt zu sein (Tafel L, Breite 28-30 cm, Höhe 2 cm), doch kann man bei näherem Zusehen und mit stärkeren Vergrößerungen auch eine dünne strichförmige Lage horizontalgestellter dünner, schmaler Zellen von VI auf die Balkenrinde umbiegen sehen; ebenso auch Zellen aus III unter der I. Schicht. Nur die IV. bleibt ganz zurück, ohne auf LB zu ziehen.
Area retrosplenialis. 461
LC3 kann trotz der geringen Entwicklung der IV. Schicht noch als homotypischer isogenetischer Cortex bezeichnet werden, obschon er evtl. auch schon als heterotypisch und agranulär aufgefaßt werden könnte (s. Abb. 57, Gebiet a, und 93). LC3, Area cingul. limit. post. beginnt von den drei Areae der Formatio limbica post. granularis am weitesten frontal oder, anders gesagt: die IV., Körnerschicht, tritt im Gyrus limbicus von vorn nach hinten betrachtet zuerst an der Innenwand am weitesten vorn, obschon recht schütter, auf; sie hört dafür auch caudalwärts an dieser Innenwand früher auf. Während auf den Culmen des Gyrus cinguli und auf seinen äußeren Nebenwindungen die Areae LC1 und LC2 in konzentrischen Bögen ums Splenium corporis callosi umbiegen, hört dagegen die LC3 schon vor der Krümmung dieses Bogens ganz auf und macht den retrosplenialen Formationen (LD und LE) Platz, die dann ihre Stelle an der dem Corp. call. zugekehrten Wand des Gyrus limbicus nach rückwärts zu einnehmen und deren Bau wir später bald besprechen wollen (Abb. 93).
Medial von LC3 befindet sich die allogenetische Area ultracingularis LB auf dem sog. Gyrus intralimbicus, der als schmaler grauer Belag auf dem Balkenrücken liegt (s. S. 442). Diese Area ultracingularis beschränkt sich, wie gesagt, im vorderen Teile des Gyrus limbicus (Tafel XLVII, linke Bildecke) auf eine Zellansammlung aus (III), Va und VI (ohne sichtbaren architektonischen Aufbau) im Talwinkel des Sulcus callosus. In einigen Fällen (s. Tafel LII, Bild 3) bildet aber diese Area auch schon in den vorderen limbischen Partien ein zungenförmiges Läppchen (LB1), das sich auf den Rücken des Corp. callos. legt in variierender Breite von 0.5-3 mm und dann weiter medial sich verdünnt, so daß bloß die I. Schicht als Induseum (LB2) (einzelne sporadische ovale Zellen einschließend) auf dem Balken weiter zieht. Dieses eben beschriebene zungenförmige Läppchen entwickelt sich aber gewöhnlich deutlich erst im Gebiet der hinteren limbischen Formation, dort, wo die Körnerschicht aufzutreten beginnt, also hinter der Linie einer idealen Fortsetzung der Zentralfurche bis zum Balken; es zieht von hier nach rückwärts weiter, architektonisch als Area ultracingularis anterior LB1 (Tafel L, Strich 1 -2), zusammengesetzt aus I und darunter Zellen von (III), V und VI, und weiter medial als Area indusei anterior LB2, wie auf Tafel L zu sehen ist. Erst in der Gegend nun, wo an Stelle von LC3 die Formation LE auftritt (Abb. 93), ändert sich auch der architektonische Aufbau des Gyrus intralimbicus zur Area LF, welche weiter unten S. 468 erst genauer besprochen werden soll nach Erläuterung der retrosplenialen Bildungen.
§5.6.7 werden gemeinsam mit diesen Kapiteln der retrosplenialen Formation besprochen (S. 473, 475, 478).
Wir wollen jetzt, bevor wir weiter die Ausdehnung und Grenzen usw. (§5, §6 und §7) der Areae cingul. post (LC) und ultracingularis (LF, LB) besprechen, hier die Besprechung der retrosplenialen Gebilde einfügen, welche die Innenwand des splenialen Teiles des Gyrus cinguli einnehmen unmittelbar caudal von der Area cinguli limitans posterior LC3, dieselbe gleichsam fortsetzend an der Stelle, wo das hintere Ende des Balkens (Splenium) vom Gyrus cinguli im Bogen von oben nach unten umgriffen wird, Abb. 97 (hellblau) und Abb. 93.
462 Lobus limbicus superior.
Es sind dies zwei Formationen von heterotypischem Bau, die hier (Abb. 57) caudal von der Area cingul. post. ventr. LC3 in die Innenwand des Gyr. limb. konzentrisch eingefügt sind und deren eine, die granulär ist, die unteren zwei Drittel der Wand (vom Talwinkel bis ungefähr dort, wo der Kuppenwinkel beginnt) überzieht (Abb. 57, dunkelblau), die andere agranuläre schmälere, das obere Drittel mitsamt dem Kuppenwinkel selbst einnimmt (Abb. 57, hellblau). Die agranuläre nimmt also ein auffallend enges Gebiet ein, das an der Oberfläche der Wand- und Kuppenrinde eine Breite von höchstens 2 mm ausmacht, aber einen von vorn nach rückwärts gestreckten ca. 6 cm langen, schmalen Streifen bildet, der speziell dadurch auffällt, daß er als schmälstes agranuläres Gebiet zwischen zwei granulären Areae, die LC2 und die granulöse retrospleniale LE1, eingekeilt ist (Abb. 76 und Abb. 71); da diese Format. retrospl. agranularis in keine Unterabteilungen mehr zerfällt, nennen wir ihr Gebiet Area retrosplenialis agranularis LD (Abb. 93); diese Area biegt sich halbkreisförmig mit den Areae cingul. post., deren innere Begrenzung gleichsam bildend, um das hintere Balkenende und endet auf dem Isthmus im Truncus occipitoparietocalcarinus. Nach innen von ihr liegt in der unteren inneren Wand des Gyrus limbicus im Sulcus corp. callosi noch die Formatio retrosplenialis granulosa LE, die ausgezeichnet ist durch eine relativ auffallend breite und dichte Körnerschicht; diese nicht nur granuläre sondern, wie wir noch sehen werden, granulöse Formation (Koniocortex) zieht also ebenfalls konzentrisch in der Wand des Gyrus cinguli um das Balkensplenium herum und gerät am Isthmus in unmittelbare Berührung mit der hippocampischen Formation (Abb. 93). Die Körnerschicht, die die retrospleniale granulöse Formation auszeichnet, entspricht nicht bloß der IV. Schicht, sondern auch den unteren Partien der III. Schicht, worauf wir noch später zurückkommen. Sie ist dadurch besonders auffällig, daß je tiefer wir in dieser Wand gegen das Tal des Sulc. corp. call. gehen, sie durch eine progrediente Verschmälerung der II. und der restlichen oberen III. Schicht immer näher an die Oberfläche reicht (s. Tafel LII, Bild 1 und 2, LE1, LE2), so daß sie im unteren Drittel der Wand nach Verlust von II und III selbst unmittelbar unter I zu liegen kommt (Höhe 12 cm, Breite 27 cm). Obschon diese Änderung in der Format. granulosa eine in der Windungswand von oben nach unten schrittweise vor sich gehende ist, können wir der Übersichtlichkeit halber an ihr eine in der Wand dorsalere Hälfte Area retrosplenialis granulosa superior LE1 unterscheiden, welche noch zwischen der Körnerschicht und der Molekularschicht eine Pyramidenschicht besitzt und somit noch den homotypischen Bau wenigstens leidlich erkennen läßt, und eine ventral von ihr in der Wand gelegene Area retrosplenialis granulosa inferior LE2, bei der die Körnerschicht schon an die Oberfläche unmittelbar unter I getreten ist und also eine ganz heterotypische Architektonik aufweist. Die Area retrosplenialis granulosa superior reicht (Abb. 93) etwas weiter frontal als die inferior, und sie bildet die Grenze und den Übergang zu der LC3, deren Stelle in der Wand des Gyrus cinguli sie einnimmt. Nach unten und hinten tritt die granulöse retrosplenische Formation am Isthmus unmittelbar in Berührung (beim Menschen) mit der granulösen Formation des Hippocampus (Abb. 93, HD), was wir dann später an dieser Stelle nochmals besprechen wollen. Die retrosplenialen Areae LD, LE1, LE2, werden nämlich hier am Isthmus von den in der Tiefe nachrückenden hippocampischen Formationen gleichsam in die Höhe geschoben und geraten (bei manchen Hirnen, wo sie stark entwickelt sind und weit nach vorn und nach hinten reichen) schließlich ganz auf die Oberfläche des Isthmus, auf dessen Kuppe und jenseitiger Wand, während die innere Wand schon von hippocampischen Bildungen eingenommen wird; doch davon später (s. Tafel CIX und Schema Abb. 93).
So umgeben also die Areae des rückwärtigen und retrosplenialen Gyrus cinguli in fünffacher Lage das Balkensplenium von außen nach innen aufgezählt: als LC1, LC2, LD, LE1 und LE2. Nach innen von LE2 legt sich noch als sechste Lage die rückwärtigen Bildungen des Gyrus intralimbicus auf das Balkensplenium selbst, an denen man weiter von außen nach innen eine Area LF1 und LF2 und zu innerst noch die frühere LB2 unterscheiden kann, so daß das Balkensplenium eigentlich sogar von acht schalenförmig hintereinanderliegenden Areae umgeben ist!
Die Formationen retrospleniales weisen nichts Typisches auf; unter der relativ breiten Molekularschicht erscheinen die übrigen gleichmäßig gefärbt ohne sichtbare Schichtung und gegen die Tiefe des Sulcus callosus zu sich rasch verjüngend und hier als schmaler blauer Streifen des Gyrus intralimbicus auf den Rücken des Corpus callosum umbiegend.
Areae retrospleniales. 463
Tafel LI stellt bei 100facher Vergrößerung einen Schnitt der retrosplenialen Gegend dar, der noch dorsal vom Balkenende liegt, und Tafel LII (Bild 1 und 2), der besseren Übersichtlichkeit halber bei bloß 50facher Vergrößerung einen Schnitt der retrosplenialen Gegend, der schon unmittelbar am Balkenende, also caudal und ventral davon, den Gyrus limbicus trifft. Tafel LI ist also ein gutes Stück weiter frontal als Tafel LII, Bild 1-2; Tafel LI stammt aus einer Gegend, wo die retrospleniale Formation LE1 eben hinter LC3 sich zu entwickeln beginnt und noch nicht die volle Dichtigkeit ihrer Körnerlage erreicht hat (vgl. Abb. 93 und Abb. 115b).
Wenn man die innere Wand des Gyrus cinguli an Schnitten, welche radiär zum Corpus callos. geführt sind, serienweise durchsieht und von vorn (dorsal vom Balken) vom Gebiete LC3 weiter nach rückwärts und ventral schreitet, fällt auf, daß die in LC3 immerhin lockere IV Schicht recht rasch an Dichte der Körnerelemente sprunghaft zunimmt (Abb. 71 und Tafel L und Tafel LI) und daß diese Körnerschicht auch gleichsam um eine Stufe höher im Rindenquerschnitt steigt, d. h. daß sie nicht in der direkten Fortsetzung der IV. Schicht liegt, sondern eigentlich zum Teil wenigstens in der Fortsetzung der unteren Partien von III (s. Tafel LI, Höhe 20 cm, Breite 14 cm). An Übergangsschnitten aus dem mittleren ins hintere Drittel des Gyrus cinguli, auf welchen die retrospleniale granulöse Formation anfängt und die agranuläre noch nicht ganz entwickelt ist, merkt man diesen Niveauunterschied der Körnerschicht der LC2 und LE1 sehr deutlich; man hat stellenweise sogar den Eindruck von zwei inneren (IV) Körnerschichten, die übereinander liegen, von der die obere aus LE1 ihre Fortsetzung in der Pyramidenzellschicht (IIIc) von LC2 hat und die tiefere erst in der eigentlichen IV. Schicht. Dies ist sogar auch noch auf Tafel LII, Bild 1, zu sehen, obschon dieses Bild viel weiter caudal entnommen ist. Die IV. Schicht der LE, die wir zur Fixierung dieses Verhaltens als IV (III) bezeichnet haben, findet gegen den Kuppenwinkel seine Fortsetzung in die als III(IV) bezeichnete untere Lage der Pyramidenschicht der Area LD, die hier nicht ganz agranulär ist. An dem linken Bildrand des Bildes I beginnt schon die Area LC2, die eine deutliche IV Schicht führt. Diese nun setzt sich nach rechts nicht etwa in die als III(IV) bezeichnete Lage der LD und somit in die Körnerschicht der LE fort, sondern unter dieselbe, d. h. ihre Körner verlieren sich gegen LD zu in der Gegend der oberen Lagen der V. Schicht und die IV(III) der LE steigt gleichsam um eine Stufe höher zur Oberfläche. Letztere Körnerschicht macht ferner einen eigentümlichen Eindruck, indem sie besonders wohlgeordnet aussieht, die Elemente schön rund und nur wenig mit anderen Zellen untermischt sind. Die II. Schicht besteht hier scheinbar überhaupt nicht mehr, und die Reste der III. Schicht, die diese Körnerschicht von der Molekularschicht trennen, sind ebenfalls von eigentümlichem Aussehen. Vollends überraschend ist das baldige totale Verschwinden dieser III Schicht, so daß die Körner bloß von I bedeckt an der Oberfläche liegen als breite und wichtigste Schicht. Darunter ist bloß noch die V. und VI. Schicht, welche sich aber auch rasch verjüngen, obschon die Körnerschicht bis in die Tiefe des Sulcus sich gleichbleibt und sich dadurch gleichsam als die Hauptschicht dieser Bildung dokumentiert. Diese anatomische Eigenart deutet an, daß offenbar auch funktionell diese Gegend als etwas Eigenartiges zu gelten hat (sensible Riechzone). Eigentümlich ist dieses vollkommene Verschwinden der äußeren Hauptschicht. Ganz in der Tiefe des Tales erfolgt dies am weitesten frontalwärts (Tafel LI); weiter nach rückwärts werden immer höhere Abschnitte der Wand frei von der äußeren Hauptschicht, bis ungefähr etwas über die Wandmitte (Tafel LII, Bild 1 und 2, LE2).
Die agranuläre Area LD, die sich nach außen und dorsal von ihr anlegt, ist auch recht eigentümlich mitten in diese granulären Bildungen eingekeilt. Sie zeigt so gut wie keine Schichtung. Sie ist so schmal, daß sie leicht überhaupt übersehen werden könnte, doch ist sie regelmäßig vorhanden; ganz agranulär ist sie bei ihrer Schmalheit wohl kaum, da doch sowohl von LC2 einerseits als andererseits von LE1 her immer einzelne Körnerzüge in sie hineinreichen. Gegen das Mark sind beide Formationen recht gut begrenzt.
464 Lobus limbicus superior.
Da es sich hier um Areae handelt, die in der inneren Windungswand des Gyrus cinguli liegen und die sich daher gegen das Windungstal zu auffallend rasch verschmälern, ist die Angabe von Zahlen eigentlich hier besonders eine ganz willkürliche Sache, die nur einen Wert insofern hat, als sie approximativ das Verhältnis der Schichten zueinander ungefähr aufzeigt. Jeder Beobachter wird hier wohl anders messen und je nach der Stelle, die er mißt, andere Ziffern aufstellen.
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | |
LD Für die Area retrosplenialis agranularis bei einer Gesamtbreite von 2.2 mm |
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0.30 | 0 | 0 | 0 | 0.60 | - | - | 0.50 | mm | a0.30 | b0.20 |
Gesamtbreite 2.3 mm | ||||||||||
0.30 | 0 | 0.80 | 0 | 0.70 | a0.40 | b0.30 | 0.50 | mm | a0.30 | b0.20 |
LE1 Area granulosa retrosplenialis sup. Gesamtbreite 2.36 mm |
||||||||||
0.26 | 0 | 0.38 | 0.36 | 0.80 | a0.50 | b0.30 | 0.56 | mm | a0.36 | b0.20 |
Gesamtbreite 2.4 mm | ||||||||||
0.36 | 0 | 0.44 | 0.40 | 0.60 | a0.30 | b0.30 | 0.60 | mm | a0.40 | b0.20 |
Gesamtbreite 2.1 mm | ||||||||||
0.30 | 0 | 0.30 | 0.30 | 0.60 | a0.40 | b0.20 | 0.60 | mm | a0.40 | b0.20 |
LE2 Area granulosa retrosplenialis inf. Gesamtbreite 1.8 mm nahe der Talsohle |
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0.40 | 0 | 0 | 0.30 | 0.50 | - | - | 0.60 | mm | - | - |
Gesamtbreite 2.0 mm, wo sie beim Isthmus die Kuppe einnimmt | ||||||||||
0.36 | 0 | 0 | 0.34 | 0.70 | - | - | 0.60 | mm | a0.40 | b0.20 |
Wenn wir nun die relativen Zahlen daraus berechnen, so erhalten wir:
I | II | III | IV | V | VI | äH:iH | |
LD | 0.15 | 0 | 0.40 | 0 | 0.30 | 0.15 | 55:45 |
LE1 | 0.14 | 0 | 0.19 | 0.16 | 0.33 | 0.18 | 38:67! |
LE2 | 0.20 | 0 | 0 | 0.19 | 0.39 | 0.22 | 20:80! |
Wir sehen also aus diesen Zahlen, wie eine bedeutende Zunahme absolut und relativ zur Molekularschicht erfolgt. Eigentlich fehlt eine zweite Schicht überhaupt, während die V. Schicht wieder ganz hohe Werte erreicht, ähnlich wie für die vorderen limbischen Formationen! Also auch in der Retrosplenialgegend kommt dieses Charakteristicum des „Riechhirns" wieder zum Vorschein (s. Abb. 78, 80, 82). Im Gebiete der Area retrospl. agranularis ist III noch sehr breit, relativ und absolut, um aber gegen das Tal zu rasch um die Hälfte abzunehmen und dann in der Area granulosa inf. ganz zu verschwinden. Die VI. Schicht spielt dagegen in allen retrosplenialen Formationen keine große Rolle.
Wir fangen zuerst mit der Area retrosplenialis agranularis LD an (Tafel LII, Bild 1). Die ganze Breite dieser Area umfaßt kaum mehr als 1.5-2 mm. Man vergesse nicht, daß Tafel LII bei bloß 50facher Vergrößerung dargestellt ist, daß man also die hier gemessenen Werte mit 2 multiplizieren und dann erst durch 100 dividieren muß, um die richtigen Größenmaße zu bekommen. Die Area LD reicht auf Bild 1 von Strich 1, 1', bis 2, 2'.
Area retrosplenialis agranularis. 465
I. Die Molekularschicht ist absolut und auch relativ recht breit; sie ist ziemlich kernreich, doch sind es beinahe bloß Gliazellen. Von den ca. 75 Kernen, die pro 0.1 mm3 zu zählen .sind, sind kaum 3-4 Nervenzellen von 6/8 µ Größe. Gegen die II. Schicht ist die Grenze ziemlich scharf.
II. Eine äußere Körnerschicht fehlt eigentlich; es ist nur an ihrer Stelle eine geringe Verdichtung der obersten Zellagen der Pyramidenschicht zu sehen.
III. Die Pyramidenschicht ist in dieser Area an Breite recht bedeutend, da sie einerseits auch die II. Schicht einnimmt, d., h. da die IIIa-Schicht bis an die Molekularschicht reicht; andererseits ist die III. Schicht auch nach der Tiefe zu nicht genau begrenzt, da sie mit den ähnlich geformten Zellen der V. Schicht zusammenfließen, so daß man nur ziemlich willkürlich (in der Fortsetzung der IV. Schicht der angrenzenden Area cingul. post. ventral., LC2) die Grenze annehmen muß. Außerdem aber sind gerade in dieser Tiefe einzelne relativ große Pyramidenzellen, die zwar keine eigene IIIc-Lage bilden, aber immerhin die größte Tiefe der III. Schicht anzeigen. In derselben finden sich ziemlich viel verstreute kleine Körnerzellen, besonders gegen die Grenze der nächsten Area LE1 zu, so daß wir sie dort als III(IV) bezeichnet haben, obwohl es sich bloß um III handelt.
Nahe an der Molekularschicht sind kleine, ziemlich dicht stehende, schlanke Pyramidenzellen in vielen Zeilen übereinanderstehend zu ca. 55 pro 0.1 mm3 von 15-20 / 7-10 µ Größe; tiefer, also in IIIb, sind ca. 36 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe 20-25 / 15-20 µ stark pyramidenförmig, mit deutlichem Kern und Kernkörperchen und meist einer Trabantzelle. An den tiefsten Stellen kommen größere Zellen vor von schlankerer Pyramidenform 30-(40) / 20-25 µ, es sind auf einer horizontalen Strecke von 0.5 mm (= 2.5 cm auf Tafel LII) ca. drei solcher Zellen. Die III. Schicht ist also mittelzellgroß und ziemlich zelldicht, zeigt keine Schichtung und keine Streifung.
IV. Eine innere Körnerschicht fehlt; an ihre Stelle tritt eine Va-Schicht; nur ganz vereinzelte Körner setzen die IV. Schicht der LC2 fort.
V. Die ganglionäre Schicht ist absolut und relativ außerordentlich breit; zwischen 0.60 und 0.70 mm. Man kann an ihr einen oberen zellkleineren und zelldichten Teil Va von einem lichteren zellgrößeren und zellärmeren Vb unterscheiden. Die Va-Schicht enthält ca. 50 Zellen pro 0.1 mm3 von 15/10 bis 20/15 µ Größe, die ziemlich dicht aneinander gelagert sind; außerdem sind auch ziemlich viele kleinste Zellen verstreut; je weiter caudal wir gehen, desto schlanker scheinen die Pyramidenzellen zu werden. Die Vb-Schicht enthält ca. 16 Zellen pro 0.1 mm3 derselben Größe, darunter jedoch 4-5 Zellen von 30-40 / 20 µ. Die außerordentliche Breite der V. Schicht und die Größe dieser Zellen der Vb-Schicht, die relative Dichtigkeit der Va gibt der V. Schicht hier eine Bedeutung, die an die in den vorderen cingulären Areae erinnert. Nur ist eben die ganze Area LD so schmal, daß man sie überhaupt leicht übersehen könnte und mit ihr ihre V Schicht.
VI. Die Spindelzellenschicht ist verhältnismäßig nicht sehr zelldicht. Sie enthält ca. 36 Zellen pro 0.1 mm3 von 20/15 µ Größe; sie ist also weder zellreich noch zellgroß, immerhin ist sie etwas zelldichter als die Vb-Schicht, von der sie durch ihre dunklere Färbung absticht. Die Zellen der VI. Schicht sind in ihrem oberen Teil meist dreieckig und pyramidenförmig und erst in dem tieferen spindelförmig!
VIb stellt einen relativ schmalen Streifen dar, der kaum 15 Zellen von 12/8 µ Größe horizontalgestellt enthält. Die Grenze gegen das Mark ist eine recht scharfe.
Die Area retrosplenialis agranularis LD läßt zwar zur Not noch ihre Entstehung aus dem sechsschichtigen Grundtypus erkennen, doch sind die II. und IV. Schicht, d. h. beide Körnerschichten, in ihr kaum entwickelt; es handelt sich also um eine heterotypische, isogenetische Cortexpartie, welche, losgetrennt vom übrigen sonst zusammenhängenden agranulären Cortex (s. Abb. 76), ganz isoliert dort in der Retrosplenialgegend zwischen granulären Formationen (s. Abb. 71) kommaförmig sich um das Balkenende herum legt.
466 Lobus limbicus superior.
Unmittelbar nach innen von der LD schließt sich die LE1 an, indem (Tafel LII, Bild 1) an Stelle der unteren Partie von III Körner zahlreich und dicht auftreten und die Pyramidenzellen verdrängen. Der Übergang geht recht rasch auf einer kurzen Strecke vor sich. (LE1 reicht auf Tafel LII von Strich 2,2', bis Strich 3.)
I. Die Molekularschicht ist absolut recht breit (0.26-0.36 mm). Sie ist ziemlich kernreich, besonders in ihren äußeren Partien (Ia) und wird es der Tiefe zu zusehends mehr (Ib); es handelt sich jedoch in der Hauptsache um Gliakerne, von denen wir 110 pro 0.1 cm3 rechnen; von den Kernen sind höchstens sechs zu Nervenzellen gehörig, die großenteils nicht horizontal stehen, sondern verschieden orientiert und ca. 5-6 / 6-10 µ messen. Die Membrana limitans der Molekularschicht scheint nach außen verdickt zu sein. Nach unten ist die I. Schicht gut begrenzt.
II. Die äußere Körnerschicht fehlt ganz oder ist mit III unzertrennlich verschmolzen.
III. Die Pyramidenschicht, soweit man damit die ganz schmale Pyramidenzellschicht bezeichnen kann, ist auffallend niedrig, kaum die Hälfte der Breite, die sie daneben in der Area retrosp. agranularis gehabt hat und wird nach der Taltiefe der Wand zu immer schmäler, bis sie in LE2 ganz verschwindet, so daß man ihre Breite als zwischen 0.40 mm und 0.0 (?) mm angeben muß. Sie besteht aus phalanxartig geordneten kleinen Pyramidenzellen, die ziemlich dicht stehen und ziemlich die gleiche Größe haben, ca. 65 pro 0.1 mm3, und zwar meist 15 / 7-10 µ (vereinzelt 20/10 µ). In ihren tieferen Lagen sind die größeren Zellen. Doch fallen an der Grenze gegen die I. Schicht immer wieder einzelne auffallend dunkel tingierte und weniger schön pyramidenförmige Zellen auf, welche die Tendenz auch zeigen, stellenweise kleine Häufchen zu bilden (z. B. Tafel LI, Höhe 17-19 cm, Breite 22-24 cm). Es handelt sich hier wahrscheinlich um Zellen, die sich im Golgibild nach CAJAL als Sternzellen präsentieren (s. §6) und die dem Windungstal zu noch zahlreicher werden (s. S. 476).
IV. Als innere Körnerschicht bezeichnen wir die Körnerschicht, die sich nach innen anschließt und ungefähr dieselbe Breite von 0.40 mm hat als die III. Schicht. Wie schon gesagt, entspricht dieselbe aber nicht bloß der sonstigen inneren Körnerschicht, sondern sie ist großenteils eine körnige Modifikation der unteren Partie der III. Schicht, wie S. 137 schon eingehend besprochen und was wir so zum Ausdruck bringen, daß wir sie als IV(III) bezeichnen. Weiter gegen die Talsohle zu ist sie natürlich relativ breiter als die III.; absolut behält sie jedoch so ziemlich die ganze Zeit über allerorts diese Breite, die über 0.45 mm kaum hinausgeht, auch nicht dort, wo die III. Schicht über ihr verschwindet. Sie bildet eine schön gleichmäßig gekörnte Schicht, wie man an Tafel LII, Bild 1 und 2 auf der langen Strecke von Strich 2 bis Strich 4 sieht, und zwar nicht wie sonst die Körnerschichten sind, mit zu unregelmäßigen Häufchen zusammengeballten Zellen, sondern schön gleichmäßig über die Fläche verteilt und ziemlich dicht; es sind ungefähr 160 Zellchen pro 0.1 mm3, meist wirkliche ovale oder rund-dreieckige Körner von meist 6/6 µ Größe. Es kommen wohl auch größere und kleinere, auch pyramidenförmige kleine Zellen, jedoch nur in geringer Minderzahl und speziell an den Grenzen in der Nähe der Nachbarareae (LD und LC) und in frontaleren Ebenen, wo die LE1 und LD aus der LC3 entsteht und sich an sie anschließt; Tafel LI gibt ein Bild einer solchen frontalen Partie. Größere Pyramidenzellen kommen in IV nur selten vor, und zwar ca. 2-3 pro 0.1 mm3, die 20/20 µ Größe haben. Nach oben und nach unten ist die Körnerschicht recht scharf begrenzt, was das geordnete gürtelförmige Aussehen dieser Schicht noch erhöht. Weiter vorn im Gyrus limbicus, wo die Area LE1 beginnt, sind die Körner etwas weniger zahlreich. Doch ist sie auch da noch gut genug ausgeprägt, um mit der abnorm schmalen III. Schicht zusammen diese Area vollkommen zu charakterisieren (s. S. 463, §2).
Area retrospleniales granulosae, 467
V. Die ganglionäre Schicht ist äußerst breit (0.60-0.80 mm), mißt also mehr als ein Drittel der ganzen Rindenbreite, ein Umstand, der für die cingulären Bildungen ja überhaupt besonders bezeichnend ist. Man kann eine breitere, dichtere, obere, zellreichere und zellkleinere Va-Schicht von einer schmäleren, lockeren, zellgrößeren und zellärmeren tieferen Vb-Schicht unterscheiden; doch ist der Unterschied auch hier nicht mehr so auffallend wie in den LC-Formationen. Die Va-Schicht besteht aus meist etwas flachen, 15/15 µ großen Pyramidenzellen, von denen 50-60 pro 0.1 mm3 zu zählen sind, die Vb-Schicht ist licht, enthält ca. 10 Zellen pro 0.1 mm3, die schlanken Pyramiden sind von 20/10 und 30/15 µ (40/15 µ ) und daneben ca. 15 Zellen, die kleine Pyramiden und Spindelzellen von ca. 10/7 µ Größe sind. An der Va-Schicht wird in der Richtung gegen die Talsohle die alleroberste Lage zunehmend lichter und dadurch die Abgrenzung gegen IV zunehmend schärfer; man könnte direkt eine Unterteilung a1 und a2 vornehmen, besonders in caudaleren ventraleren Ebenen (Tafel LII, Bild 1 und 2). Auch der tiefste Teil von Vb weist eine stärkere Aufhellung auf als der obere, so daß man eine b1- und b2-Lage unterscheiden könnte. Je tiefer gegen das Tal wir dann in der Wand gehen und je weiter caudalwärts gelegene Schnitte wir untersuchen, desto zahlreicher werden die großen Pyramidenzellen und desto mehr verändert auch Va (eigentlich Va2) seinen Charakter in der Art der oberen Lagen von Vb (Vb1), so daß wir mehr und mehr nur eine einzige und etwas lockerer gebaute und mehr große Pyramidenzellen enthaltende V Schicht vor uns haben, die gleichsam nach oben gegen IV und nach unten gegen VI durch eine Lichtung ihrer beiden Grenzlagen Va1 und Vb2 ausgezeichnet ist.
VI. Die Spindelzellenschicht ist nicht sehr stark entwickelt und nimmt an Breite und Zellreichtum gegen das Windungstal stetig ab (von 0.60 auf 0.10 mm). Die VIa-Schicht die etwas dichter ist als die Vb und daher von ihr absticht, hat ca. 33 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe von 15/10 µ, jedoch sind die wenigsten davon schön spindelförmig, nur wenige mit ihrer Längsachse senkrecht zur Oberfläche orientiert; die meisten sind unregelmäßig dreieckig und liegen vielfach schief oder horizontal, VIb ist ein ganz schmaler zellarmer Streifen von etwa 10 Zellen pro 0.1 mm3 von 12/8 µ. Gegen das Windungstal zu (Tafel LI, Breite 15 cm) nimmt die Dichtigkeit der VI. Schicht recht plötzlich und auffallend ab, während die V. Schicht darüber vorerst noch ganz dichtzellig genug ist und selbst erst caudalwärts und erst in LE2 ebenfalls zellärmer wird (Tafel LII, Bild 2, Höhe 7 cm, Breite 26 cm).
Die Area granulosa retrosplenii superior LE1 ist zwar durch das Wiederauftreten einer IV Schicht granulär, und man könnte verleitet sein, sie als homotypisch zu bezeichnen. Doch lehrt uns die Verfolgung dieser sog. IV. Schicht in die Nachbarformationen LD und LC2, wie wir gesehen haben, daß dieselbe nur einer körnigen Umwandlung der Elemente der III. Schicht entspricht, deren nicht körnig umgewandelte Elemente dem Windungstale zu progressiv weiter abnehmen, bis sie ganz verschwinden. Es handelt sich also um jenen Prozeß, den wir im allgemeinen Teil als eine granulöse Umwandlung der Rinde bezeichnet haben; nur ist im Gebiete von LE1 die granulöse Umwandlung noch nicht zum Extrem wie in LE2 vorgeschritten. Auch die II. Schicht ist merkwürdigerweise hier so gut wie verlorengegangen, und ihre Reste sind in ganz ungewöhnliche, oberflächlich gelegene Sternzellen umgewandelt, die nur noch die Silbermethode uns zeigen kann. Aus allen diesen Gründen müssen wir die Rindenarea als einen heterotypischen isogenetischen Cortex bezeichnen, sie ist der Beginn des Koniocortex retrosplenii (Abb. 57).
In ihrer größten Breite nimmt die LE1 eine Breite von 4.0 mm an der Oberfläche ein. Dort, wo frontal unmittelbar hinter LC3 die Formation LE beginnt, tritt die Area LE1 zuerst an dem tiefsten Punkt der Windungswand ganz nah der Talsohle auf; hier in der Talsohle beginnt auch zuerst weiter caudal LE2, sobald LE1 weiter auf die Wand der Gyrus cinguli hinaufgerückt ist, d. h. mit anderen Worten, hier an der Talsohle geht zuerst auch der Rest der Pyramidenschicht, der die Körnerschicht bedeckt, verloren (s. Tafel LI, Höhe 8 cm, Breite 26 cm). LE2 breitet sich dann talwärts von LE1 (Tafel LII, Bild 1 und 2) über das untere Drittel der Windungswand aus und überzieht diesen unteren Wandteil. solange der Gyrus cinguli das Splenium corp. callos. schalenförmig umfaßt. Erst beim Isthmus, wo von untenher wieder aus dem Windungstal auf die innere Windungswand die Formationen des Hippocampus heraufrücken, werden LE2 und LE1 ganz nach oben auf die Kuppe abgedrängt (s. auch Abb. 129 b).
468 Lobus limbicus superior.
In ihrer größten Ausdehnung an der Oberfläche nimmt diese Area ca. 3.0 mm an der Oberfläche ein (Tafel LII, Bild 2 von Breite 24 cm bis 35 cm). Von ihren Schichten ist nicht viel zu sagen, denn mit Ausnahme der (II. und) III. Schicht, die an ihr scheinbar vollkommen fehlt (da sie granulös umgewandelt mit IV verschmilzt), gilt für die übrigen zum großen Teil das bei LE1 Gesagte.
I. Die Molekularschicht ist absolut und relativ sehr breit. Sie ist bis zu 0.40 mm breit. Dabei sehr gliakernreich. Nervenzellen sind spärlich, so wie in LE1; doch in den untersten Lagen von I sieht man vereinzelte größere dislozierte Zellen von 15/15 µ Größe, die zu der obersten Partie der darunterliegenden Zellschicht eigentlich gehören.
II. und III. Unmittelbar unter der breiten Molekularschicht und scharf von ihr abgegrenzt fängt eigentlich schon die innere Körnerschicht (IV.) an, da II und III scheinbar vollkommen als selbständige Schichten fehlen und nur durch vereinzelte dreieckige Zellen repräsentiert sind, die in Abständen voneinander an der Grenze von I und IV liegen. Es sind dies die tief tingierten 15/15 bis 20/20 µ großen Zellen, die nicht deutliche Pyramidenform haben und die wir bei LE1 schon erwähnt haben; sie liegen an der Oberfläche der inneren Körnerschicht an ihrer Grenze gegen die Molekularschicht; einzelne von ihnen sind auch schon innerhalb der Molekularschicht (Tafel LII, Bild 2, Höhe 13 cm, Breite 27 cm). Es handelt sich hier höchstwahrscheinlich um die Lage von Sternzellen CAJALs (s. §6, s. S. 476).
IV. Die sog. innere Körnerschicht ist hier ganz oberflächlich unter I; sie ist beinahe ebenso breit wie die Molekularschicht (0.40 mm); sie ist genau so gebaut bezüglich Dichtigkeit, Zellzahl- und -große wie die sog. IV. in der Area LE1, und ist diesbezüglich nichts mehr hinzuzufügen (s. S. 463 u. 467). Unmittelbar vor dem tiefsten Punkte der Wand hört sie stumpf abgerundet auf; manchmal liegt nach ihrem Abschluß in ihrer Fortsetzung noch ein kleiner glomerulöser Haufen Körnchenzellen (s. Tafel LII, Bild 2 bei Strich 4-4').
V. Die ganglionäre Schicht, unterhalb der Körnerschicht, hat an Zellzahl, besonders in der Grenzlage Va enorm eingebüßt, an Zellgröße jedoch gewonnen, so daß sie unter IV wie ein lichterer Streifen zu sehen ist, der fleckweise sogar beinahe ohne Zellen sein kann (Tafel LII, Bild 2, Höhe 8 cm, Breite 32 cm). Es läßt sich, besonders je weiter man am Gyrus limbicus caudal-ventral kommt, desto weniger eine Va- von einer Vb-Schicht unterscheiden. (Vgl. hierzu trotz der verschiedenen Vergrößerung Tafel LI mit Tafel LII, Bild 2.) Man sieht Va und Vb sind zum Teil vermengt und nach oben und unten durch je einen lichteren Streifen Va1 und Vb2 abgegrenzt gegen IV und VI. Es sind in der Mitte der V ca. 25 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind ungefähr zwölf schlanke Pyramidenzellen von 30 / 10-15 µ Länge; einzelne davon sind jedoch überschlank mit lang ausgezogenem lanzettförmigen cephalen Fortsatz, der oft um 30 und 50 µ weiter gegen die Oberfläche verfolgt werden kann; die übrigen 13 Zellen sind kleinere und plumpere von 15/15 µ usw. Je weiter man auch caudal gegen das Windungstal kommt, desto spärlicher werden die Zellen auch in der Mitte der V. Schicht überhaupt, so daß man am tiefsten Punkt manchmal sogar zellose Lücken sieht; doch nicht etwa so, daß die V. Schicht als solche ganz verschwinden würde. Im Windungstal selbst verschmälert sich die V. Schicht zusehends bis zu einem Streifen von 0.2- 0.3 mm Breite, der aus den meist überschlanken Pyramidenzellen besteht, der dann, wenn die Körnerschicht (IV) aufgehört hat, unter der Talsohle weiterzieht in die Formationen des Gyrus intralimbicus.
Areae retrosplenialis granulosae. 469
Weiter gegen den Isthmus zu, wo die LE2-Area durch die unten nachrückenden hippocampischen Bildungen auf die Oberfläche hinaufgedrängt wird (s. Tafel CIX Pfeil 2 bis 4), ist die V. Schicht sogar sehr gut entwickelt, bis zu 0.90 mm breit mit ca. 30-35 Zellen pro 0.1 mm3, und die Zellen sind alle überschlanke lanzettförmige Pyramiden von 30-40 / (10)-15 µ. An diesen Stellen besteht die LE2 beinahe bloß aus der Körner- und der ganglionären Schicht (Tafel LII, Bild 2, Höhe 9 cm, Breite 33 cm).
VI. Die Spindelzellenschicht ist auch hier nicht stark entwickelt und nimmt gegen die Tiefe der Windung ganz rapid ab, wie man auf Tafel LII Bild 2 sieht. Sie ist auch zellarmer als in LE1, und zwar enthält sie kaum 27 Zellen pro 0.1 mm3, die unregelmäßig dreieckig sind, ca. 15/10 µ groß; VIb ist ebenfalls als zellarmer Streifen angedeutet. Dort, wo die IV. Schicht aufhört, ziehen nur vereinzelte schwache, die kontinuierlichen Zellzüge der spitz verjüngten VI. Schicht unter dem Windungstal durch zu der Formation des Gyrus intralimbicus. Bei wenig genauer Betrachtung macht es jedoch auch auf Tafel LII, Bild 2, leicht den Eindruck, als ob die lichtere (markfaserführende) untere Lage der V. Schicht, da die VI. scheinbar aufhört, frei in die große Markmasse des Windungsmarkes münden würde. Besonders hat man bei starken Vergrößerungen diesen täuschenden Eindruck, der für die ganze hintere Region ziemlich typisch ist (Tafel LII, Bild 2, Höhe 6 cm, Breite 34 c m).
Als Ganzes betrachtet hat diese Area LE2 mit ihrer dicken I., ihrer auffallend zellgroßen und dicken Körnerschicht und ihrer breiten und relativ zellgroßen V. Schicht ein recht eigentümliches Aussehen. Die Körnerschicht ist jedenfalls das Auffallendste an ihr und gibt der Area LE2 (sowie auch der Area LE1) ihr ganz eigenartiges Aussehen, das nicht mehr dem gewöhnlichen Bilde der homotypischen sechsschichtigen Rinde entspricht, bei der die Lamina granularis interna (IV) deutlich ausgeprägt ist, sondern die Körnerschicht drängt sich hier als eine ganz besondere Bildung auf, die offenbar auch eine ganz besondere physiologische Bedeutung haben muß. Sie ist sichtlich die wichtigste Zellansammlung dieses Feldes. Am Endrande dieses Feldes im Tal des Sulcus callosus ist sie (Höhe 9 cm, Breite 32 cm) beinahe die einzige Schicht dieser Area! Deshalb haben wir diese beiden Areae LE1 und LE2 als Area retrosplenii granulosa (sup. und inf.) bezeichnet, während wir ja bekanntlich sonst als „granularis" jede Area bezeichnen, die eine IV Schicht enthält. LE2 ist demnach als zum mindesten heterotypischer Cortex, und zwar als Koniocortex, zu bezeichnen. Doch läßt sich eigentlich auch bei noch so kunstvoller Deduktion eine Rückführung auf den sechsschichtigen Grundtypus kaum vornehmen, besonders nicht für die dem Tale zunächst liegenden Teile. Wir sind hier also an der Grenze des isogenetischen und des allogenetischen Cortex, und wir neigen dazu, LE2 schon zu letzteren zu rechnen, und zwar als Cortex allogeneticus striatus (s. S. 202). Weiteres über Ausdehnung und mutmaßliche Funktion s. §5 und 6, S. 473. §5, 6 und 7 werden gemeinsam für die ganze Regio limbica posterior besprochen.
In der Tiefe des Sulcus corp. callosi biegt dorsal vom Balken die Rinde auf den Balken um und bildet, wie wir es schon wiederholt besprochen haben, im Tal und auf dem Balkenrücken den Gyrus intralimbicus, der konzentrisch mit dem Gyrus limbicus den ganzen Balken von vorn, oben und hinten umschließt (Abb. 22, 61 und 129 a). Dasselbe besteht in der Gegend der vorderen Hälfte des Cingulums architektonisch, wie schon S. 442 u. 460 auseinandergesetzt (Abb. 93), 1. aus der in der Tiefe des Tales unter der Molekularschicht sich zusammenballenden Ansammlung von Zellen, der Umschlagstelle der (III.), V. und VI. Schicht, die, ziemlich ungeordnet durcheinanderliegend, die LB1 Area ultracingularis anterior bilden (s. Tafel XLVII, Tafel L und Tafel LII, Bild 3 und 4) und 2. aus dem Induseum griseum, das als meist recht schmale Schicht - der Fortsetzung der bloßen (I) Molekularschicht - auf die Balkenoberfläche selbst zieht und ab und zu einzelne ovale Zellen enthält (LB2 Area indusei). Betreffs der Area LB1 haben wir schon Seite 443 auseinandergesetzt, daß bei manchen Gehirnen dieselbe nicht immer bloß im Talwinkel liegen bleibt, sondern auch manchmal eine stärkere Entwicklung erfahren kann und dann als schmaler zungenförmiger, medialwärts spitz zulaufender flacher Gyrus medialwärts auf die Oberfläche des Corp. callosum für ein kurzes Stückchen sich erstrecken kann (Tafel LII, Bild 3 rechts). Diese zungenförmige Überentwicklung der LB1 nun, die für die Regio limbica anterior eine Ausnahme ist, ist jedoch eine Regel im Gebiete der hinteren limbischen Formationen (Regio limbica posterior). Soweit die LC3 Area cinguli limitans post. reicht, überzieht auch noch die LB1 als kleiner im Querschnitt zungenförmiger Lappen von kaum 2 mm Breite den Balken (Abb. 93). Man kann also auch an Schnitten aus der Regio limbica posterior, die senkrecht zum Balken geführt sind (Tafel L) sehr schön beobachten, wie in der Tiefe des Sulcus aus der Area cinguli post. limitans LC3 die I. Schicht glatt auf den Balken hinüberzieht; von den oberen Partien der III. Schicht ziehen kleine zum Teil unterbrochene Zellzüge unter der I. Schicht in Bogen hinüber, während die IV. Schicht schon vor Erreichung der tiefsten Stelle des Sulcus gestoppt hat und keine Körner weiter sendet (Tafel L, Höhe 16 cm, Breite 24 cm beim quergetroffenen Blutgefäß); dagegen schwingt sich die V. Schicht in schönen konkaven Bogen unentwegt hinüber auf die Balkenoberfläche, wobei ihre schlanken Pyramidenzellen im Tale selbst die flachgedrückten Formen der Talformationen annehmen, um an der Oberfläche des Balkens wieder als schlanke und überschlanke (lanzettförmige) Pyramiden sich in die Höhe zu strecken; ferner beteiligt sich auch die VI. Schicht - aber nur mit wenigen Zellzügen - an der Bildung der Area ultracingularis anterior (LB1).
470 Lobus limbicus superior.
Im Induseum dieser rückwärtigen Gegend (Partie median von LC3) kommen regelmäßig einzelne Zellstreifen ovaler, längsgestellter Zellen von 10/20 µ Größe vor (Area indusei LB2, Tafel L, Höhe 15-22 cm, Breite 38.5 cm; auch Tafel LI bei LB2, Höhe 29-39 cm, breite 10-34 cm).
Wo nun weiter hinten die Area cinguli limitans post. (LC3) aufhört und an ihre Stelle die Areae granulosae des Retrospleniums (LE) auftreten, ändern auch die Formationen des Gyrus intralimbicus ihr Aussehen, und zwar folgendermaßen 1) [footnote p 470 1) Abb. 129a gibt halbschematisch und perspektivisch an einem Medianschnitt durch den hinteren Teil des Corpus callosum den Übergang des Gyrus limbicus (L) in den Gyrus hippocampi (H) oder, besser gesagt, den Übergang des Sulcus callosus und der in ihm sichtbaren Gebilde des Retrospleniums in die Fissura hippocampi und die in ihr verborgenen kleinen Windungen der Subiculargegend. Abb. 129 b gibt auf genau demselben Grundriß die Lage der verschiedenen Areae dieser Gegend, ihren Übergang ineinander und ihre Aufeinanderfolge.] (Abb. 129 a u. b): 1. das Induseum zieht vorderhand caudalwärts über das Splenium corporis callosi in seiner Architektonik ziemlich unverändert als Area indusei LB2 weiter, wie wir es gleich später noch besprechen wollen; 2. die architektonische Formation der Area ultracingularis anterior LB1 jedoch ändert ihren Charakter nicht unwesentlich, und zwar spaltet sie sich anscheinend in zwei parallele Areae, indem einerseits der früher zungenförmige Teil derselben auf dem Balkenrücken caudalwärts (Tafel LI) weiterzieht, in seinen Zellen, wie wir gleich sehen werden, allerdings etwas verändert und verdichtet (als Area obtecta LF2), während andererseits die Zellbrücke, welche vom Gyrus limbicus im Furchental selbst herüberzieht (da LC3 keine II. und III. Schicht mehr besitzt und die Körnerschicht am Talrande auch aufhört), nunmehr aus Zellen der V. und VI. Schicht besteht und ein ganz eigenes Aussehen bietet. Diese Zellbrücke bildet die Area LF1 oder Area ultracingularis posterior (Tafel LI). Dieses Verhalten sieht man sehr schön auf Tafel LII, Bild 1 und 2, wo wir, wie schon besprochen, im Sulcus corpor. callos. der Reihe nach die Areae LD, LE1 und LE2 sehen. Unmittelbar vor der Talsohle zieht gleich unter der Molekularschicht (I) eine Zellbildung hinüber, die wir als Fortsetzung der V. und VI. Schicht ansehen können (Tafel LII, Strich 4 bis 5). Wir sehen in ihr einzelne Zellen zu oberst unter I, die als Ausläufer der Körnerschicht der LE2 gelten können; darunter eine 0.2 mm breite Schicht aus überschlanken, spitz zulaufenden, 25-40 / 10-12 µ großen, radiär gestellten, lanzettförmigen Pyramidenzellen (V) in einer Zahl von 35 pro 0.1 mm3; darunter ist eine 0.15 mm breite Schicht (VI) von kleinen, meist horizontalgestellten Spindel- und dreieckförmigen Zellen von 10-12 / 15-18 µ Größe und ca. 28 an Zahl pro 0.12 mm3. Dieser Art ist LF1, d. i. die schmale sagittalverlaufende Area ultracingularis posterior gebaut. Wir wollen hier verzeichnen, daß diese überschlanken, schmalen, spitz zulaufenden Pyramidenzellen uns schon einmal, und zwar in BROCAs parolfactorischem Feld, an der medianen Frontalhirnfläche begegnet sind in unseren Areae FL und FM (Area parolfactoria und Area geniculata S. 397 und Tafel XL), und wir verweisen hier auch auf ihre Ähnlichkeit mit den entsprechenden Zellen der Subiculargegend, wie man an der Übergangsstelle der LE in die hippocampischen Bildungen sehen kann (s. Bild 161, Tafel CIII); sie scheinen also typisch zu sein für den ganzen als „Riechhirn" bezeichneten Hirnteil. Soweit bezüglich LF1; was nun aber die Area LF2, die ebenfalls in der Fortsetzung von LB1 liegt, betrifft, so sieht man in der retrosplenialen Gegend auf der dem Gyrus limbicus gegenüberliegenden Wand des Gyrus intralimbicus auf Bild 2 der Tafel LII die im Querschnitt zungenförmige Fortsetzung der LB1 ähnlich, wie wir sie von Bild 3 der Tafel LII kennen, das von der Regio limb. ant. herrührt, nur daß hier in der retrosplenialen Gegend ihre Zellen viel dichter zueinander stehen; diesen Teil nennen wir also LF2 Area obtecta. Die Deutlichkeit dieser architektonischen Gebilde ist übrigens recht verschieden; durch das Schmälerwerden der zelligen Verbindungsbrücke zwischen den Formationen der inneren Wand des Gyrus limbicus und den schon auf dem Balkenrücken liegenden Formationen erhält diese sonst im Querschnitt zungenförmige Bildung oft einen mandelförmig ovalen Querschnitt. Besonders gut ist dies auf Tafel LI (Bild 54) zu sehen. Hier bildet die LF2 ein ovales ganglionähnliches Gebilde im Querschnitt, das sich von den umgebenden Formationen scharf absetzt. Diese Zellaglomeration zieht von vorn nach rückwärts als flach walzenförmiges Gebilde auf dem Balkenrücken um das Splenium herum, wie es aus dem Schema 120 a u. b zu sehen ist. (Über ihre Fortsetzung auf die hippocampischen Bildungen als Fasciola cinerea, deren Beginn sich schon Tafel LII, Bild 2 rechte obere Ecke, zeigt, Gyrus fasciolaris und Gyrus dentatus, siehe S. 94 und besonders S. 474, 775.) Tafel LI zeigt nämlich einen weiter frontal gelegenen Schnitt als Tafel LII, Bild 1 und 2, und zwar von der Gegend, wo die retrosplenialen Formationen caudal von LC3, das auf Tafel L wiedergegeben ist, eben aufzutreten beginnen und noch nicht ganz deutlich formiert sind! Man sieht Tafel L in der linken Ecke die Area retrosplenialis agranularis LD beginnend und weiter rechts davon die Area retrosplenialis granulosa superior LE1. Sie bekleiden die Innenwand des Gyrus limbicus; ihnen gegenüber, durch den Sulcus callosus getrennt, ist das Corpus callosum, das vom Gyrus intralimbicus, und zwar dessen Formationen LB2 und LF2 überzogen ist, während im Furchental LF1 noch bloß angedeutet ist. Auf diesem Schnitte ist LE2 die Area retrosplenialis granulosa inferior, da sie erst caudal von diesem Schnitte beginnt, nicht zu sehen. Ebenso aber wie die Area LD und LE1 hier noch nicht ihren vollen Charakter zeigen, sondern noch Anklänge an LC3 (Tafel L) aufweisen, da wir uns in einer Übergangsgegend mit diesem Schnitte (Tafel LI) befinden und erst der nächste Schnitt (Tafel LII, Bild 1 und 2) die volle Entwicklung der retrosplenialen Bildungen zeigt (s. auch Abb. 115b), ebenso zeigt hier auch LF1 nicht ihre volle Entwicklung, d. h. ihre Zusammensetzung aus hauptsächlich überschlanken lanzettförmigen Pyramidenzellen (wie in Tafel LII), sondern einen vielfach an die plumperen Formen von LB1 erinnernden Übergangscharakter, den wir zum Teil noch als LB1 bezeichnet haben. Die Area obtecta jedoch LF2 weist hier auf Tafel LI sogar eine schönere Entwicklung als auf Tafel LII, Bild 2, auf.
Area obtecta und ultracingularis posterior. 471
Abb. 129a. Retrosplenium. Schema des Überganges der Gebilde des Gyrus limbicus in die Gebilde des Gyrus hippocampi in der Gegend des Isthmus. - A. R. Gyrus Andreae Retzii; C Fissura calcarina; Cc Corpus callosum; Cu Cuneus; F Fimbria; fdt. Fascia dentata; fs. c. Fasciola cinerea; g. dt. Gyrus dentatus; g. fs. Gyrus fasciolaris; H Gyrus hippocampi; Ig. Induseum griseum; Is Isthmus; L Gyrus limbicus; Pcu Praecuneus; po Sulcus parietooccipitalis; T. o. Taenia tecta; to. Sulcus occipitotemporalis; u Umschlagstelle der Rinde auf den Balkenrücken.
Abb. 129b. Eintragung der entsprechenden Areae in das obige anatomische Schema: LB2 Area indusei, LF2 Area ultracingularis obtecta, LF2 Area ultracingularis posterior, LE Area retrosplenii granulosa, LD Area retrosplenii agranularis, LC Area cingularis posterior, HE2 Area pyramidalis ammonica, HF Area fasc. dentatae, HE1 Area pyramidalis subiculi, HD Area praesubicularis granulosa.
472 Lobus limbicus superior.
Die LF2 mißt in ihrer größten Gesamtdicke 0.70-0.80 mm, und zwar ist die I. Schicht 0.35 mm, ist ziemlich gliakernreich und zellarm. Die Zellschicht ist ungefähr 0.35 mm und besteht aus einer oberen sehr zelldichten Lage ovaler protoplasmareicher Zellen von 20-25 / 10-15 µ Größe und ca. 50-60 Zellen pro 0.1 mm3 (Fortsetzung der III. Schicht [?]) und einer unteren zellärmeren von ungefähr 35 Zellen pro 0.1 mm3 von 30-(40) / 12-18 µ mit Kern und Kernkörperchen, entsprechend den Zellen der V. Schicht; darunter ist eine 0.10 mm breite, graue, dichte Schicht, ähnlich der Molekularschicht, die flachgedrückte schmale 10/15 µ große, zum Teil flach horizontal gestellte Zellen als Fortsetzung der VI. Schicht enthält. Weiter rückwärts (Tafel LII, Bild 2) läßt sich LF1 und LF2 weniger gut auseinanderhalten, und sie zeigen bloß geringe lokale Übergangsunterschiede gegeneinander.
Das Induseum selbst (LB2) hat hier (Tafel LI) eine Dicke von ca. 0.16 mm; im unteren Drittel seines Dickendurchmessers zieht ein ein- bis zweireihiger schmaler (0.05 mm) linienförmiger Zellzug von 7-10 / 30-40 µ Größe dunkeltingierten, flachen, ovalen, langen Zellen. Diese Struktur charakterisiert die Area indusei LB2. Je weiter sich dieselbe gegen die Mittellinie erstreckt, desto zellärmer wird sie, ebenso je weiter frontalwärts man in ihr vorrückt, so daß man auch an ihr eine Pars anterior von einer Pars posterior unterscheiden könnte (s. S. 442, 460).
Jedenfalls ist sowohl an der Area ultracingularis posterior LF1 als auch an der Area obtecta LF2 als an der Area indusei (posterior) LB2 weder von einer Sechsschichtung etwas zu bemerken, noch zeigt die Entwicklungsgeschichte eine solche Anlage, da sie sich (siehe Schema S. 100, Allgemeiner Teil) in anderer Art als der übrige Cortex anlegt, wir rechnen sie also alle drei zum allogenetischen Cortex, und zwar die beiden ersteren zum rudimentären, letztere zum primitiven.
Area obtecta und ultracingularis posterior. 473
Von den vorderen limbischen unterscheiden sich die hinteren limbischen Bildungen dadurch, daß sie granulär sind, d. h. eine IV. innere Körnerschicht (zum Teil auch eine II. äußere Körnerschicht) aufweisen. Die für den Gyrus cinguli typische starke Entwicklung der V. Schicht bleibt zum Teil wenigstens auch hier bestehen, außer in LC1. Die Grenze zwischen vorderen limbischen Formationen und hinteren limbischen Formationen liegt etwa 2 cm vor der idealen Verlängerung des Sulcus Rolando nach vorn und unten an der medianen Hirnfläche bis auf den Lob. limbicus. Der Übergang ist kein plötzlicher, sondern ein allmählicher, und man könnte die Übergangsstrecke LAC nach dem Vorschlag BRODMANNs als Area cingularis intermedia abtrennen, falls sich dies mit dem Fortschreiten unserer Kenntnisse als notwendig erwiese. Vorderhand ist dies vielleicht nicht nötig, denn solche Übergangsbildungen sind ziemlich allgemein zwischen benachbarten Gebieten, da, wie schon oft betont, die „haarscharfen" Grenzen die Ausnahme sind.
Auch die Formatio limbicus posterior granularis zerfällt (wie die anterior agranularis) in drei Areae, die konzentrisch um den Balken ziehen; von innen nach außen sind es die Area cinguli limitans posterior LC3, die schmal bloß den unteren Teil der dem Corpus callosum zugewendeten Innenwand des Gyrus cinguli bedeckt, dann die Area cingularis posterior ventralis LC2 und die Area cingularis posterior dorsalis LC1, welch letztere in ihrer Struktur Anklänge an die Parietalformationen zeigt, an die sie angrenzt (wir verweisen diesbezüglich auf das S. 450-460 Gesagte). Die Areae LC1 und LC2 weisen ebenfalls den Rindentypus 2 auf, d. i. der granuläre Pyramidentypus (s. Abb. 88), wie ihn auch der obere Parietallappen und im Frontallappen die Area FD aufweist, mit welchen man sie auch leicht verwechseln könnte. Auf die Unterschiede haben wir schon am Schluß des §2 bei Beschreibung der LC aufmerksam gemacht. Während die beiden letzten Areae (LC1 und LC2) im geschwungenem Bogen konzentrisch übereinander um das Corpus callosum ziehen und rückwärts bis in die Wand der Parietooccipital-Furche reichen, findet die erstere LC3 schon vorher ihr Ende, und zwar wo das Splenium corp. callosi beginnt; von da aus wird sie ersetzt durch die retrosplenialen Formationen, über die wir gleich sprechen wollen. Dorsal reicht die Area cingularis post. dorsalis bis an den Sulcus callosomarginalis, in welchem sie an die Bildungen des Parazentralläppchens an die FAγ PAγ angrenzt; hinter dem aufsteigenden Ende des S. callosomarginalis greift sie ziemlich weit auf den Praecuneus. Sie geht ohne scharfe Grenze hier in die Formation des oberen Parietalläppchens über, von dem sie sich ohnehin nicht stark unterscheidet, bis auf die ausgesprochenere radiäre Streifung der Parietalformation und die im allgemeinen etwas größere Dicke der Parietalrinde (besonders ihrer III Schicht); der Sulcus subparietalis auf dem Praecuneus liegt ungefähr in der Übergangszone. Die Areae cingularis post. dorsalis et ventralis nehmen die Kuppe und die obere Wand der rückwärtigen Hälfte des Gyrus cinguli ein. Diese rückwärtige Partie ist nur selten so einfach gebaut wie die vordere. Sie ist durch radiär gestellte sekundäre kleine Sulci in mehrere Gyri geteilt, und auch gegen den Praecuneus zu finden sich gewöhnlich kleine sekundäre Windungen, so daß wir hier wegen der Modifikationen, die jede Rindenformation als Culmen- und als Wand- und Talbildung durchmacht und infolge des Überganges, der zwischen LC1 und LC2 selbst wieder bloß ein allmählicher ist, ein ziemlich buntes architektonisches Bild vor uns haben, bei welchem es manchmal recht schwer ist, die charakteristischen Züge einwandfrei wieder zu finden. LC1, LC2 und auch LC3 sind als homotypischer isogenetischer Cortex aufzufassen, da sie in ziemlich unveränderter Art die sechs Grundschichten erkennen lassen, obschon wir zugeben müssen, daß in LC3 die IV. Schicht recht wenig prägnant zu sehen ist, so daß man letztere auch als heterotypisch ansprechen könnte.
Wo LC3 an der Innenwand aufhört, wird die Innenwand des Gyrus cinguli von den Formationen retrospleniales eingenommen. Bezüglich der Details ihres anatomischen Baues verweisen wir auf das S. 464-469 Gesagte, hier wollen wir bloß erwähnen, daß sie aus drei konzentrisch übereinanderliegenden Areae bestehen; zu innerst LE2, dann LE1 und außen LD, die alle drei zunächst bloß in der Wand des Gyrus cinguli liegen. Die dorsalste davon, LD, die unmittelbar an die homotypische isogenetische Rindenbildung LC2 stößt, ist agranulär und demnach als heterotypisch zu bezeichnen (s. Abb. 37). Sie weist den Rindentypus 1 auf (Abb. 88). Ventral davon ist die Area LE1, die wieder Granula enthält, wenigstens in der IV., die aber ebenso wie die LE2 als granulöse Heterotypie (Abb. 57) zu bezeichnen ist, da die III. Schicht eine körnige Umwandlung erfährt und, soweit dies nicht geschieht, allmählich überhaupt aufhört. Es handelt sich hier um einen Koniocortex, d. h. um den sog. sensiblen Rindentypus 5, wenn derselbe auch nicht voll ausgeprägt ist (s. Abb. 88 und 4. Kapitel, S. 190). Am weitesten nach vorn reicht scheinbar die mittlere Area LE1, Area granulosa retrosplenii superior, und zwar fängt sie am tiefsten Punkt der Innenwand des Gyrus cinguli im Sulcus corporis callosi an (s. Schema Abb. 93 u. S. 471). Der vorderste Punkt, wo wir ihren Beginn gefunden haben, liegt ungefähr in der ideellen Verbindungslinie der hinteren Grenze des Parazentralläppchens mit dem Corpus callosum durch eine zu ihm in dieser Richtung senkrecht geführten Linie; also doch recht weit frontal - doch ist dies individuell ziemlich verschieden! Gewöhnlich beginnt sie jedoch erst dort, wo der Balkenrücken sich zur Bildung des Splenium stark ventralwärts biegt. Etwas weiter rückwärts davon fängt ebenfalls an dem tiefsten Punkte der Wand die LE2 die Area granulosa inf. an und drängt dabei zugleich die LE1 weiter hinauf an die Wand. Gleichzeitig entsteht dorsal die LD, die Area retrosplenii agranularis, die bis zur Windungskante reicht, wo sie an LC2 angrenzt. Diese drei Areae ziehen parallel zueinander in der Wand übereinander liegend, nach rückwärts um das Splenium corporis callosi zum Isthmus. Dort, wo die Parietooccipital- (Calcarina-) Furche das Cingulum einschnürt, hören diese Formationen allmählich auf. Es grenzt ihr Gebiet unmittelbar an die subiculären Bildungen des Hippocampus, und zwar speziell ebenfalls an die Area granulosa praesubicularis HD derselben, die vom Isthmus aus manchmal über die subiculären und die hippocampischen Bildungen recht weit dorsal und nach vorn ziehen kann, so daß manchmal sogar in einer schmalen Berührungszone beider auf eine kurze Strecke eine Überlagerung bestehen kann (s. diesbezüglich HCD, S. 759 und Tafel CIII). Die Grenzen der retrosplenialen Formationen sind also sehr verschieden; vorerst kann schon der Beginn vorn bei vielen Gehirnen sehr viel weiter nach vorn reichen als gewöhnlich, so daß, wie gesagt, manches Mal schon sehr bald ca. 1-2 cm hinter der Grenze zwischen agranulosen und granulären limbischen Formationen die retrospleniale granulöse Area in der Tiefe der inneren Wand des Cingulums beginnt; sie kann auch, wenn die Wand des Cingulums sehr hoch ist, ein viel breiteres Gebiet bei solchen Gehirnen einnehmen; doch sahen wir sie beim Menschen vor dem hinteren unteren Balkenende nie auf das Culmen des Cingulums steigen, sondern erst weiter ventral am Isthmus. Wo diese Retrosplenialformation stark entwickelt ist, liegt auch ihr unteres Ende weiter gegen den Hippocampus ventral und nun wieder nach vorn geschoben, und da geschieht es nicht selten, daß die in der Tiefe nachrückenden Subicularformationen speziell, wie gesagt, die granulöse sich ihr in der Tiefe des Gyrus limbicus anlagern und sie in der Wand nach oben verdrängen, so daß die Area retrosplenialis granulosa ihr Ende nicht mehr in der Wand, sondern oben auf dem Culmen des Isthmus unmittelbar unter dem Splenium des Corpus callosum finden kann (Abb. 93). Bei sehr vielen Gehirnen wiederum ist das Gebiet der LE ein sehr geringes. Nicht gar so selten beschränkt es sich auf die Teile am Isthmus, die die Konstanten sind, in unmittelbarem Anschluß an die hier endende präsubiculäre granulöse Formation und ziehen kaum bis zum wirklichen Retrosplenium, hören also schon beim Balkenende auf, so daß man auf dem Gyrus limbicus, dort wo er auf dem Balkenrücken liegt, nichts mehr von der granulösen Formation sieht. Es ist also die Ausdehnung nach vorn variabel, und der Anfang am Isthmus scheint uns der fixe Punkt zu sein, von dem aus die Area sich individuell mehr oder weniger weit dorsofrontal erstreckt. Es ist wichtig, diese starken individuellen Abweichungen zu betonen, und es wäre wertvoll, in späteren Untersuchungen einmal festzustellen, wieweit dieselben mit der großen Verschiedenheit der Windungsbildungen der Splenialgegend zusammenhängen und wieweit sie davon unabhängig sind.
474 Lobus limbicus superior.
Betreffs des Gyrus intralimbicus, der konzentrisch innerhalb des Limbicus um den Balken läuft, ist folgendes zusammenfassend zu bemerken:
Die Area indusei LB2 beginnt vorn, wie schon gesagt, an der Area FN (A. praecommissuralis, die an der Basis in die Subst. perfor. ant. übergeht) sie überzieht den Balken vorn zellarm, rückwärts etwas zellreicher, ganz rückwärts in der Hippocampusgegend wird sie zur Fasciola dentata, die kappenförmig auf die Ammonsformation sich legt (s. Abb. 129 b, Area HF).
Area obtecta und ultracingularis posterior. 475
Die Area ultracingularis ant. LB1, die vorn in der Area geniculata FM beginnt (die selbst zum Gyrus olf. medial. führt, Abb. 93), setzt sich nach hinten fort in die medialere Area obtecta LF2 und in die lateralere Area ultracingularis post. LF1. Auch diese beiden finden ihre Fortsetzung im Hippocampus (Abb. 129), erstere in der Area pyramidal. Ammonica (HE2), letztere in der Area pyramidalis subiculi (HE1). Dieser Art ist der Zusammenhang der Area des Gyrus intralimbicus (Circonvolution godronnée von DÉJERINE) frontal und caudal und ventral klargestellt; alle diese allogenetischen Formationen des Gyrus intralimbicus hängen untereinander zusammen (Abb. 56, 57, 58).
BETZ hat über den rückwärtigen Teil des Gyrus cinguli nur ungenau berichtet; HAMMARBERG hat dagegen schon erwähnt, daß der rückwärtige Teil eine (IV.) Körnerschicht hat zum Unterschied vom vorderen. CAMPBELL (Abb. 1 und 2) hat merkwürdigerweise diesen Unterschied zwischen vorderer und hinterer limbischer Partie nicht gemerkt; er hat bloß den hinteren Gyrus intralimbicus als Area C des Gyrus limbicus unterschieden - und die vordere Partie desselben vor der Genu corp. callos. als Area B; der ganze übrige Gyrus limbicus bildet nach CAMPBELL eine einzige Area A. Auf die feineren Untersuchungen von CAJAL komme ich später zu sprechen. - BRODMANN gibt dagegen in seinen Hirnkarten (Abb. 6 und 7) so ziemlich die gleiche Einteilung, die wir geben (betreffs der vorderen Hälfte des Gyrus limbicus s. S. 446); unsere Area cingularis post dorsalis LC1 haben wir absichtlich ebenso genannt wie er; sie entspricht seiner Area cingul. post. dors. Feld 31; und ebenso unsere A.c. p. ventralis LC2 seiner A.c. p. ventralis Feld 23. BRODMANN trennt jedoch nicht die A. cing. post. limitans LC3 so wie wir ab. Auch er trennt dagegen eine eigene „regio" retrosplenialis von der Regio posterior ab und unterscheidet an ihr, ähnlich wie wir, eine Area retrolimbica granularis Feld 29, die unseren beiden Areae retrospleniales granulosae superior und inferior LE1, LE2 entspricht, ab von einer Area retrolimbica agranularis, Feld 30, die wieder unserer Area retrosplenialis agranularis LD entspricht. Sein Feld 26, Area ectosplenialis dürfte wahrscheinlich unserer Area ultracingularis post. LF1 entsprechen, während er auf die Area obtecta LF2 und Area indusei LB2 nicht weiter eingeht. Leider hat BRODMANN keine Beschreibung vom Menschen gegeben, sondern bloß von Tieren; hier allerdings ziemlich ausführlich; auch für Affen und Halbaffen wird die Area retrolimbica granularis so beschrieben, daß die II. und III. Schicht so schmal werden, daß die IV. nahe an die I. gerät; Va ist zellarm und hell, dagegen Vb zellreich! Wir sehen, daß diese Beschreibung an Tieren so ziemlich (wenn auch nicht ganz) zu der unserigen am Menschen paßt und daher wohl diese Areae homologisiert werden dürfen. Bei Nagetieren ist diese Area ganz besonders entwickelt und reicht vom Balken aufwärts sogar über die mediane Mantelkante hinüber und kann in verschiedene Unterabteilungen eingeteilt werden (s. hierzu Abb. 100 und 101, Feld 29 a, b, c, d), während wir beim Menschen bloß zwei Felder unterscheiden konnten (LE1 und LE2).
Sehr eingehend hat CAJAL dieses ganze Gebiet mittels seiner Silbermethode durchuntersucht speziell bei Mäusen, Ratten, Kaninchen und Katzen. Wir können hier nur auf seine große Arbeit über „die Riechrinde beim Menschen und Säugetier", Leipzig 1903, verweisen. In letzter Zeit hat er speziell beim Kaninchen und der Ratte die retrosplenialen, granulösen Gebiete, also den retrosplenialen Koniocortex (Area intersplenialis granulosa), unsere LE1, LE2 (s. Abb. 130 und 131, Feld 29 BRODMANNs) untersucht. Er unterscheidet an dieser Rinde sieben Schichten. Wir bringen zwei seiner ausgezeichneten Bilder wieder (Abb. 130 und 131), welche unserer Area LE1 entsprechen, wovon das erstere etwas weiter dorsal als das letztere zu liegen scheint nach der größeren Breite, die hier die II. Schicht hat. Das erste Bild zeigt mit der Silberimprägnation die reinen Zellformen der oberen drei Zellschichten, das zweite Bild mehr die Faserzüge und daneben die Zellform der unteren Schichten. Auch CAJAL unterscheidet eine I. Schicht = plexiforme Schicht, die, wie man an Abb. 131 sieht, äußerst reich an markhaltigen Tangentialfasern ist und reiche Dendritengeflechte aus allen Schichten enthält, sie entspricht unserer Molekularschicht I. Darauf folgt eine schmale Schicht größerer Sternzellen II (Abb. 130 und 131). Die Dendriten derselben verfilzen sich in der Molekularschicht, die Achsenzylinder a jedoch ziehen nur zum Teil in die Molekularschicht (Abb. 130, Zelle A) größtenteils aber hinab ins Mark (Abb. 130, Zellen B). Wir haben S. 466 und 468 bei Besprechung der äußeren Körnerschicht der LE1 und LE2 erwähnt, daß äußere Körnerzellen hier unter I überhaupt fehlen, daß aber die oberste Lage der Zellen der III aus eigentümlich gebauten, polygonalen, tief-tingierten Zellen besteht; es scheint nun, daß diese Zellen diesen Sternzellen CAJALs, die er als II. Schicht bezeichnet, entsprechen. Darunter verzeichnet CAJAL ebenfalls seine III Schicht (Abb. 130 und 131), die aus vertikalen Spindelzellen besteht, E, F, D, deren Achsenzylinder ebenfalls ins Mark ziehen; sie entspricht wohl unserer III. Schicht. Darunter ist die IV. Schicht nach CAJAL ausgezeichnet durch ein dichtes Nervenfasergeflecht in welchem Körnerzellen zahlreich eingeschlossen sind, er nennt sie innere plexiforme Schicht (Abb. 131 Ci); diese entspricht unserer IV(III) Schicht; ihre von uns aus gröberen anatomischen Gründen angenommene Abstammung von der III. Schicht tut sich im Cajalschen Zellbilde auch insoweit kund, als sie auch da sich als senkrecht gestellte Spindelzellen (Abb. 130, I, K) präsentieren, deren Achsenzylinder ebenfalls nach abwärts ins Mark zieht, also sich anders verhält, als sonst bei Körnerzellen einer wirklichen IV. Schicht zu erwarten wären; der obere Schaft dieser Zellen geht ebenso wie bei den Zellen der III. ebenfalls bis in die (I.) Molekularschicht. Darunter entspricht CAJALs V. und VI. Schicht von mittleren und großen Pyramidenzellen unserer Va- und Vb-Schicht (Abb. 131), und unsere VI Schicht entspricht CAJALs Schicht der polymorphen Zellen, die er als VII. Schicht bezeichnet.
476 Lobus limbicus superior.
Abb. 130. CAJALs Bild der sog. retrosplenialen (suboccipitalen) Rinde des Kaninchens, BRODMANNs Feld 20, unsere Area LE1 (Coniocortex retrosplenialis), bei Silberimprägnation.
Aus der Darstellung CAJALs kann man zum Teil entnehmen, daß wir mit unserer Annahme, daß die sog. (IV.) Körnerschicht der LE nur in ihrem unteren Abschnitte den sonstigen inneren Körnerschichten (IV.) entspricht, in ihren oberen aber einer modifizierten III. Schicht, wahrscheinlich recht hatten, da die feineren Untersuchungen mittels der Silbermethode diese Annahme zu bestätigen scheinen. Ferner geht daraus hervor, daß ein dichtes Fasergeflecht sich im unteren Teil dieser Körnerschicht befindet. Auch ISENSCHMID (Abhandl. d. Königl.-Preuß. Akad. d. Wiss. 1911), ZUNINO (Journ. f. Psychol. u. Neurol. Bd. 14, 1909), FLORES (Journ. f. Psychol. u. Neurol. Bd. 17 1911) u.a. haben unter BRODMANNs Anleitung (zum Teil myeloarchitektonisch) diese Gegend studiert. Auch aus all diesen Arbeiten geht immer wieder hervor, daß es sich um eine ganz eigentümlich gebaute körnerreiche und faserreiche eigene Area handelt, die eine besondere physiologische Dignität haben muß.
Area obtecta und ultracingularis posterior 477
Abb. 131. CAJALs Bild der sog. retrosplenialen (suboccipitalen) Rinde des Kaninchens, BRODMANNs Feld 29, unsere Area LE2 (Koniocortex retrosplenialis), bei Silberimprägnation.
Markbild. Was die Untersuchungen über die Myeloarchitektonik dieser Gegend beim Menschen anlangt, so ist darüber leider noch nicht viel zu sagen. ELLIOT SMITH (Abb. 3, 4, 5) bezeichnet als Area callosa A im hinteren Teil des Gyrus limbicus ein Gebiet, das vielleicht unserer LC1 und LC2 entsprechen könnte, und als Area parasplenialis am Splenium ein kleines Dreieck, welches unseren retrosplenialen Formationen entsprechen konnte. Letztere enthält nach SMITH bloß einen Baillargerstreifen. In VOGTs schema (Abb. 10) entsprechen wahrscheinlich (soweit man sich aus seinem Schema ein Urteil bilden darf) seine Felder 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82 unseren Areae cingulares post. dorsal. et ventralis und die Felder 91, 92, 93, 94, 95, 96 möglicherweise unseren Formationen retrospleniales. Erstere sind euradiär, d. h. die Markstrahlen reichen zum Unterschied des vorderen Gyrus limbicus wieder bis in die IIIb-Schicht; hinten, in der Nähe der Parietooccipitalfurche, ist bloß ein Baillarger, da der untere Baillarger mit der tieferen Markschicht vereint ist; nach vorn zu und besonders dorsal wird die Bildung mehr bistriär, d. h. es treten beide Baillargers schon als Streifen hervor, u.zw. besonders im LC1. Feinere Details müssen wohl im Original nachgelesen werden. Leider hat VOGT bisher noch keine nähere Abbildung dieser Areae gegeben. Die retrospleniale Gegend dagegen (Feld 91-96) ist „supraradiär", d. h. daß die Markstrahlen über die III. Schicht hinausreichen, ferner sind sie sehr reich an tangentialen Markfasern in der I. Schicht, die mehrere Streifen hier bilden, bis zu drei! Was die Markfasern dieser Gegend bei den Nagern anbelangt, so verweisen wir auf die Arbeiten von FLORES und ZUNINO, die wir vorher erwähnt haben.
478 Lobus limbicus superior.
BRODMANN gibt ein gutes Markfaserbild unserer Area LE2, welches wir in Abb. 132 reproduzieren. FLECHSIGs Markreifungsuntersuchungen (Abb. 90 und 91) haben ergeben, daß dieses retrospleniale Gebiet eines der frühest markreifen ist; es ist mit der Zahl 6 auf seinem Schema bezeichnet. Er zeichnet es in Form und Aussehen ganz ähnlich wie wir und deutet auf den Zusammenhang, den dasselbe mit den frühmarkreifen Subicularstreifen 4b hat. Es gehört zu den primordialen Sinnesfeldern FLECHSIGS im engeren Sinne. Während die übrigen Partien der hinteren limbischen Formation unsere Areae LC1, C2, C3 mit der Zahl 33 bei FLECHSIG bezeichnet, zu den spätmarkreifen Assoziationsfeldern gehören.
Abb. 132. Markfaserbild der Area retrosplenialis granulosa inferior, LE2 (nach BRODMANN). Die arabischen Ziffern bedeuten in gleicher Reihenfolge die Nummern unserer Rindenschichten I-VI.
Fragen wir uns nun nach der physiologischen Dignität dieser Partien, so wollen wir zuerst unser Augenmerk auf die auffallenden heterotypischen granulösen, retrosplenialen Areae LE1, LE2 richten; wir haben hier eine architektonische Formation, in der die Körnerschicht nicht nur die auffallendste Schicht ist sondern auch stellenweise (Ende von LE2) abgesehen von der nur wenige Nervenzellen führenden I. Schicht und den eher spärlichen Zellen der V. Schicht gleichsam mit den Körnerformen die ganglionäre Hauptmasse der Rinde bilden; diese Körnerschicht entspricht nicht oder nur zum Teil der (IV.) gewöhnlichen inneren Körnerschicht, sondern wie die Verfolgung der Schnitte sowohl ergibt als auch zum Teil die Ergebnisse der Silberimprägnation CAJALs, auch aus Zellen der eigentlich III. Schicht, die sich zu Körnern modifiziert haben, s. CAJALs Bild (unsere Abb. 130) seine Schicht III und IV, die keine Pyramidenzellen enthalten! Wir werden nun im Laufe unserer feineren Untersuchungen die Erfahrung wiederholt machen, daß ein derartiges überwiegen der Körnerelemente in einem Rindenfeld über alle anderen Formelemente (Abb. 70 und 71) oder eine Verkörnelung sonst andersgeformter Schichten ein Zeichen dafür ist, daß dieses Feld als ein primär sensorisches Feld aufzufassen ist (s. Allgemeiner Teil, 4. Kapitel S. 190); seit MEYNERT dies für die Area striata der Calcarinarinde mit genialer Intuition behauptet hat und es .sich später gezeigt hat, daß wir in dieser architektonisch eigentümlichen Area der calcarina (die hauptsächlich aus Körnern besteht, die eine zweifache Körnerschicht hat, wo aber auch die III. und VI. Schicht so kleinzellig ist, daß auch diese Zellen beinahe wie Körner imponieren, so daß MEYNERT eine dreifache Körnerschicht annahm) die corticale Endigung der Sehbahn zu suchen haben und dies eine unwiderlegliche Tatsache geworden ist, haben wir diese kleinzellige Umwandlung von sonst anders geformten Zellschichten zu Körnchengröße und das starke Überwiegen der Körnchenzellen im architektonischen Bilde, kurz den sog. Koniocortex, als ein typisches Charakteristikum für ein sensibles corticales Zentrum anzusehen gelernt. Wir glauben nun, daß die Area granulosa retrosplenii daher auch als eine primäre corticale Endigungsstätte von sensible Sinnesfasern zu gelten hat, wofür auch sowohl noch die dichteren Fasergeflechte sprechen, die man mit der Silbermethode hier aufdecken kann (Abb. 131), als auch die von FLECHSIG (Abb. 90, 91) erwiesene frühe Markreife. FLECHSIG ist auch der erste, der dieses Gebiet LE als ein Sinneszentrum auffaßte. Es stellt sich nun die Frage, als welches Sinneszentrum wir die Area granulosa retrosplenii aufzufassen haben. Bevor wir uns in diese Erörterung einlassen, müssen wir zuerst weit vorgreifend unseren späteren anatomischen Auseinandersetzungen erwähnen, daß sich ventral an die retrospleniale Formation LE auf dem Isthmus und dann dem Gyrus hippocampi (Abb. 129 b) eine andere lange, streifenförmige, ebenfalls granulöse Area anschließt, die bis zum Uncus reicht, die Area praesubicularis granulosa HD. Mit Rücksicht darauf, daß die Area granulosa retrosplenialis auf dem Gyrus cinguli liegt, ist die Annahme, daß sie die sensible corticale Endigung der Riechfasern, also das corticale Riechzentrum sei, die nächstliegende, da ja seit langem und besonders seit ZUCKERKANDL dieses ganze Gebiet als zum „Riechhirn" gehörig angesehen wird. CAJAL nimmt dies auch ohne weiteres für seine Suboccipitalregion an (so nennt er die retrospleniale Gegend). Nun müssen wir aber bedenken, daß sich, wie gesagt, nach vorn davon auf den Gyrus hippocampi noch eine zweite ähnliche granulöse Formation HD erstreckt (s. Abb. 71, 89, 93), es wäre ohne weiteres möglich, daß beide Zonen ein und demselben Sinne dienen, daß also beide corticale Riechzentren seien und z. B. das obere retrospleniale für die mediale Olfactoriuswurzel, mit der es durch die oberen cingulären Bildungen zusammenhängt, das untere praesubiculare für die laterale Olfactoriuswurzel, die in dessen Nachbarschaft am Uncus endet. FLECHSIG wieder hat diese beiden Gegenden, die retrospleniale und die präsubiculare, für den Geschmackssinn in Anspruch genommen. Andererseits ist es wahrscheinlicher anzunehmen, daß wir es hier doch mit zwei verschiedenen Sinneszentren zu tun haben, von denen das eine das primäre, corticale, sensible Feld für den Geruch, das andere das primäre sensible Feld für den Geschmack darstellen könnte. Dafür, daß die retrospleniale Formation mit dem Geruchszentrum identisch ist, spräche die starke Entwicklung, die dasselbe bei Makrosmatikern gewinnt (s. Feld 29 auf Abb. 100 und 101 Kaninchen von BRODMANN) und die minimale Entwicklung, die wir für dieses Gebiet beim Menschen im allgemeinen finden, entsprechend der geringen Ausbildungen, die der Geruchsinn beim Menschen hat. Ferner sehen wir betreffs der Ausdehnung und der Entwicklung dieses Feldes bei den einzelnen Menschen, wie wir dies in §5 gezeigt haben, sehr große individuelle Verschiedenheiten, was mit der tatsächlich starken individuellen Verschiedenheit der Entwicklung des Geruchsinnes bei den verschiedenen Menschen wieder übereinstimmt. Ist also die retrospleniale Gegend das „Geruchzentrum", dann könnte man im Koniocortex des Hippocampus das Zentrum des Geruchsinns erwarten. HENSCHEN hat seine klinischen Erfahrungen bezüglich Geruchstörungen und Geschmackstörung bei Gehirnen mit Erweichungen zusammengetragen, und es ergab sich, daß unilaterale Zerstörung von Gyrus hippocampi, Uncus und Cornu Ammonis nicht notwendig eine Geruchsstörung zur Folge haben muß, da die Geruchzentren vollständig bilateral innerviert zu sein scheinen. Doch scheinen beiderseitige Läsionen des Uncus, Hippocampus und Ammonshorns gewisse Geruchstörungen bedingen zu können, dagegen nicht Geschmackstörungen. Dies spräche wieder dafür, daß in der Hippocampusgegend der Geruchsinn sein Zentrum hat und der Geschmacksinn vielleicht in der Retrosplenialgegend lokalisiert ist; und man müßte wohl zum Verständnis der starken Entwicklung der LE-Formationen bei Nagetieren sich vorstellen, daß Makrosmatiker wahrscheinlich neben einem gut entwickelten Geruchsinn auch daneben noch ohnehin eine gute Entwicklung des Geschmackssinnes haben dürften, und daß sich dadurch auch daneben noch die stärkere Ausbildung dieses Feldes bei ihnen erklären ließe.
Area obtecta und ultracingularis posterior. 479
Wir sehen also, daß wir weder mit der Klinik noch der vergleichenden Anatomie zu einem bindenden Schlüsse vorläufig kommen. Es wäre sowohl möglich, daß die Regio retrosplenialis Geruchzentrum und im Hippocampus das Geschmackzentrum wäre, als auch daß die Regio retrosplenialis Geschmackzentrum und der Hippocampus das Geruchzentrum wären, als auch schließlich daß Retrosplenial- und Hippocampusgegend beide Teile bloß den Geruchsinn allein beherbergen. In diesem Falle müßte man für den Geschmackssinn anderswo ein Zentrum suchen. Wir haben die ganze Rinde vieler Hirne untersucht, sind aber bis jetzt auf keinen anderen Koniocortex gestoßen, der mit Wahrscheinlichkeit zum Geschmackssinn in Zusammenhang stände, so daß wir doch wieder mit Wahrscheinlichkeit im Gyrus limbicus (und Hippocampus) die Lokalisation dieser beiden Sinne annehmen müssen; und wir verweisen hier schon auf die Überlegungen, die wir später bei Besprechung eben des Koniocortex des Hippocampus machen werden (s. S. 788-790) und die uns, wie wir sehen werden, doch zur Überzeugung führen, daß wir im Koniocortex des Retrospleniums LE das primäre Geruchszentrum und im Praesubiculum HD mit großer Wahrscheinlichkeit ein Geschmackzentrum zu sehen haben (s. Abb. 98 und 99). Wir hätten dann wohl in den Striae Lancisii die zuführenden Fasern für die Area LE zu suchen. Allerdings könnte ein Teil des Geschmackssinnes mit der übrigen Trigeminussensibilität seine Lokalisation auch am ventralen (opercularen) Ende der hinteren Zentralwindung in dem Koniocortex der Rückwand der Zentralfurche, haben. BÖRNSTEIN hat bei Kriegsverletzungen in der Gegend des Operculums ausgesprochene Geschmackstörungen gesehen, und wir erinnern uns Ähnliches manchmal bei motorisch Aphasischen gesehen zu haben.
480 Lobus limbicus superior.
Die Area cingularis posterior LC könnte vielleicht für den entsprechenden Sinn ein kommemoratives und assoziatives, evtl. gnostisches Zentrum darstellen. Die agranuläre, also vielleicht motorische und höchstwahrscheinlich effektorische LD könnte unmittelbaren Einstellungsakten des entsprechenden Sinnesorgans vorstehen.
Über die Projektionsbahnen aus dem Lobus limbicus ist nichts Sicheres noch bekannt. Ein großer Teil der cortico-thalamischen Bahnen soll von der Medianfläche der ersten Frontalwindung und dem Gyrus limbicus entspringen; es könnte möglich sein, daß die abnorm starke Entwicklung der oberen Partien der V. Schicht dieser Teile (LA, LC, FCL, FDL, FEL) mit dem Ursprung derselben in irgendeinen Zusammenhang zu bringen wären.
Die zur Area LE kommenden Fasern scheinen nach den Studien CAJALs auf dem Wege des Cingulums hin zu gelangen.
Die Striae (Lancisi und obtecta) scheinen nach CAJAL im Induseum (ferner in der Fasciola cinerea und Fascia dentata) zu entspringen und nach vorn zu ziehen, über das Balkenknie an die Oberfläche zu gelangen und durch die Subst. perforata ins Corpus striatum zu ziehen.
481
Regio insularis: Area insularis praecentralis dorsalis IA1; Area insularis praecentralis ventralis IA2; Area insularis postcentralis IB; Area orbito-insularis IC; Area piriformis insulae ID.
Die Insel läßt sich als eigener Lobus, mit nach oben fächerförmig auseinanderstrebenden Gyri abgrenzen (Abb. 96 violettgefärbt). Er ist von den Opercularteilen des umgebenden Gehirns durch den tiefen Sulcus circularis insulae getrennt; dieser Sulcus hat natürlich einen zickzackartigen Verlauf, da er zwischen den Füßen der Opercular- und Inselwindungen hin und her läuft, in dem die Gyri der Opercula beinahe zahnradartig in die Sulci der Insel und umgekehrt eingreifen. Man kann am S. circularis i. drei Teile unterscheiden, einen Margo anterior (mg. a.), der den Insellobus vom Operculum Orbitale trennt, einen Margo superior (mg. s.), der gegen das Operculum frontoparietale die Grenze bildet und einen Margo posterior oder inferior (mg. p.), der die Insel vom Operculum temporale, d. h. von der Dorsalfläche der T1 scheidet. Durch den von vorn unten nach hinten oben verlaufenden regelmäßig vorhandenen Sulcus centralis insulae (GOLDBERGs) (s. c. is.) wird die Insel in einen größeren Lobulus anterior und einen kleineren Lobulus posterior geteilt. Der Lobulus posterior insulae wird wieder durch den Sulcus postcentralis insulae (longitudinalis) (s. po. is.) in einen Gyrus centralis posterior primus und secundus (g. po. is. I und II) getrennt, die beide oben dorsal wieder miteinander verschmelzen. Im Lobus anterior insulae wird zunächst durch den ebenfalls ziemlich ausgeprägten Sulcus praecentralis (s. pr. is.) der knapp vor dem Sulcus centralis läuft, ein breiter Gyrus praecentralis (g. pr. is.) (Gyrus centralis ant. insulae) abgegrenzt, während das Gebiet vor diesem Sulcus praecentralis von mehreren kleinen fächerförmig gestellten Windungen Gyri breves insulae, und zwar meist zwei bis drei an der Zahl, eingenommen wird, die durch seichte radiäre Furchen, Sulci breves insulae, voneinander getrennt werden; der vorderste davon heißt Gyrus brevis primus (g. br. I), der hintere Gyrus brevis secundus (g. br. II) und der mittlere, falls ein solcher vorhanden, Gyrus brevis intermedius (g. br. imd. RETZIUS); zwischen dem vorderen Gyrus brevis primus und dem Margo anterior (mg. a.) des Sulcus circularis insulae liegt die frontal blickende Vorderfläche der Insel, die zur übrigen Inselfläche, welche in der Ebene der Hirnkonvexität liegt, beinahe einen rechten Winkel bildet; an dieser Vorderfläche (der Insel oder ihres Gyrus br. primus) kann ein (oder zwei) kleiner Gyrus durch eine seichte Furchung unterschieden werden, der dann Gyrus brevis accessorius (g. br. ac.) (EBERSTALLER) (und Gyrus brevis accessorius anterior) genannt wird. Der Gyrus transversus primus operculi parietalis (Abb. 24, g. tr. op. I) entspricht in der Lage dem Sulcus postcentralis insulae (s. po. is.), während dem Sulcus centralis insulae (s. c. is.) das Operculum Rolando (op. R.) entspricht, so daß der Sulcus centralis insulae gleichsam ideell als Fortsetzung der großen Zentralfurche R des Gehirns von vielen angesehen wird. Dem Sulcus praecentralis insulae (s. pr. is.) entspricht im Operculum die hinterste Windung des Operculum frontale, Gyrus anticentralis und antipraecentralis (g. ant. c. und g. ant. pr. c.); dem Gyrus brevis secundus (g. br. II) der Sulcus praecentralis (s. fr. i.) lobi frontalis; dem Gyrus brevis primus der Ramus verticalis der Fissura Sylvii (v.), also ist sein Ansatz unmittelbar an der Pars triangularis (F3t); der Gyrus brevis accessorius (g. br. ac. und g. br. ac. a.) setzt sich unmittelbar an die Pars orbitalis an und ist eigentlich am besten sichtbar von der Orbitalbasis des Gehirns aus (Abb. 24), wenn man die Insel vom Orbitalhirn nach hinten abdrängt, da sieht man die (oder den) Gyrus accessorius aus der Tiefe, wo sie mit den Windungen der Pars orbitalis anastomosieren, heraufziehen an die basale Oberfläche, wo sie sich am Gyrus transversus insulae (g. tr. is.) ansetzen.
482 Lobus insulae.
HOLL teilt die Insel anders, und zwar in 3 Teile ein, in eine vordere, mittlere und hintere. Letztere ist identisch mit der eben von uns besprochenen hinteren Insel, d. h. sie ist rückwärts vom Sulcus circularis ramus posterior begrenzt und reicht bis zum Sulcus centralis; den Gyrus centralis, den Gyrus brevis secundus und Gyrus brevis intermedius bezeichnet er als mittlere Insel, sie ist vorn durch den Sulcus brevis secundus (HOLL) begrenzt und von hier nach vorn bis zum Ramus anterior reicht die vordere Insel, die also den Gyrus brevis primus (RETZIUS) und brevis accessorius in sich schließt. Doch wollen wir bei unserer früheren Einteilung bleiben. - Die Sulci der Insel erreichen meist nicht den unteren Rand der Insel. Der untere freie Rand derselben wird von einer Randwindung gebildet, die man Gyrus polaris insulae (Inselpol) nennen kann (I P). Zum Verständnis dieser Stellen und ihrer Cytoarchitektonik ist ein ganz kurzes Zurückgreifen auf Phylo- und Ontogenie nötig, wobei wir einiges S. 96 und S. 397-430 schon Gesagte wiederholen müssen. Bei den tieferstehenden Säugetierklassen zieht an der Basalfläche des Gehirns vom frontalgelegenen Bulbus (und Tractus olfactorius) angefangen, das Riechhirn als breiter, innen und außen von einem Sulcus rhinalis umgrenzter Lobus in leicht lateral konvexen Bogen von vorn nach hinten. In der Tierreihe aufwärts erfährt dieses Rhinencephalon eine stärkere, nach außen konvexe Knickung; lateral von dieser Knickstelle entwickelt sich die Sylvische Grube - die Inselbildung an der Hirnkonvexität; beim menschlichen Foetus vom 5. Monat sind diese Verhältnisse noch gut zu sehen (Abb. 62); der Tractus olfactorius (Trc. olf.) teilt sich am Tuber olfactorium (Tr. olf.) in einen medialen und einen lateralen schmalen Gyrus (g. ol. ml. und lt.), während der mediale zum Gyrus subcallosus (g. sc.) zieht und so mit dem Gyrus limbicus in Verbindung tritt, zieht der laterale Gyrus seitwärts und erfährt am äußeren Rande der Basalfläche des Großhirns eine spitzwinkelige scharfe Knickung (Angulus olfactorius, Abb. 64a), so daß er in einen Gyrus olfactorius lateralis anterior und posterior (g. ol. lt. ant. und p.) eingeteilt werden kann (Abb. 62). Der Gyrus olfactorius lateralis posterior zieht mit der Knickung zurück medialwärts zum Gyrus ambiens (g. amb.) und Gyrus semilunatus (g. sml.) am Uncus (U) und tritt damit grobanatomisch in Verbindung zu den Gebilden des Hippocampus; unmittelbar lateral jedoch von der Knickungsstelle des Gyrus olfactorius lateralis a finden wir hier eine Vertiefung der lateralen Hirnoberfläche, und zwar zur Sylvische Grube (S), d. h. zur Bildung der Insel, die später erst von allen Seiten überlagert - opercularisiert - wird. Abb. 63 und 64 zeigen diese Verhältnisse beim Embryo in natürlicher Größe (nach RETZIUS). Beim Erwachsenen ist der Gyrus olfactorius lateralis so schmal, daß er kaum bemerkt wird, doch ist er immer vorhanden und cytoarchitektonisch nachweisbar, manchmal sogar makroskopisch als weißer Rindensaum sichtbar, der sogar durch eine seichte Furche (Rest der Fissura rhinalis externa) von den übrigen Hirnpartien abgegrenzt sein kann. Am Orbitalrande der Frontallappen legt er sich aber dem (schon S. 417 FI) erwähnten Gyrus transversus insulae (g. tr. is.) (Gyrus orbitoinsularis?) an und weiter lateral und hinten nimmt er teil an der Formation des Inselrandes (Gyrus polaris insulae) wie folgt. Betrachten wir das Cerebrum und speziell die Inselgegend von der Hirnbasis aus (Abb. 24), so fällt an Gehirnen, wo diese Gegend besonders gut entwickelt ist, folgendes auf:
Der Margo anterior des Sulcus circularis insulae tritt mit seinem medialen Ende aus den opercularen Tiefen der Sylvischen Grube in querer Richtung an die basale Oberfläche und trennt von der Orbitalfläche der dritten Stirnwindung eine Windung an der Stirnhirnbasis ab, den eben genannten Gyrus transversus insulae (g. tr. is.) (EBERSTALLER) (s. S. 399 u. 417); derselbe hängt medial an seiner Wurzel, unmittelbar lateral vom Trigonum olfactorium mit der dritten Stirnwindung nahe zusammen. Er verläuft quer an der Basis nach außen zum Inselpol und bildet also gleichsam einen Pli de passage zwischen orbitaler dritter Stirnwindung und Insel (den Brückenteil nennt RETZIUS Gyrus olfactorioorbitalis posterior). Unmittelbar hinter diesem Gyrus transversus - gleichsam als sein rückwärtige Saum gegen die Substantia perforata - von ihm bloß durch eine kaum angedeutete seichte Furche (Rest der Fissura rhinalis externa) getrennt, läuft der Gyrus olfactorius lateralis (g. ol. lt.). Am Inselpol angekommen, teilt sich der Gyrus transversus in zwei Teile, in einen lateral und einen caudal verlaufenden, oder besser gesagt: am Rande der Sylvischen Grube, die hier von der horizontalen Hirnbasis beinahe senkrecht in die Tiefe geht, senkt sich ein Teil des Gyrus transversus, ohne seine quere Richtung zu ändern, senkrecht sich abknickend in die Tiefe, dabei bleibt er vorn auch weiterhin vom Margo anterior begrenzt und wird so zu dem aller vordersten Teile der vorderen Inselhälfte, und wäre somit in diesem Abschnitt identisch mit dem oben erwähnten Gyrus brevis accessorius (RETZIUS). Der andere Teil des Gyrus transversus mit dem ihm anliegenden Gyrus olfactorius lateralis liegt horizontal weiter verlaufend in nach außen konvexen Bogen (Angulus olfactorius!) seitlich und dann nach hinten und medial ab; das ganz schmale Ende des hinteren Schenkels dieses Bogens liegt an der vorderen Anwachsungsstelle des Temporallappens an die orbitalen Inselteile; das nach außen konvexe Bogenstück wird also mit seiner in die Sylvische Grube auch etwas hineinreichenden Randfläche zum Inselpol (I P) und das nach rückwärts sich umbiegende zum sog. Pli falciforme (p f). Die architektonische Formation des Gyrus transversus, welche große Ähnlichkeit mit dem Bau der vorderen Hälfte des Lobus limbicus (LA2) hat, haben wir schon S. 425 besprochen und die architektonische Formation mit FI als Area fronto-insularis bezeichnet; während wir die Formation des Gyrus olfactorius lateralis als FK - Area piriformis frontalis beschrieben haben (s. Abb. 95 und 92).
Anatomische Vorbemerkung. 483
Hier wollen wir von den bei Besprechung des Frontalhirns schon erwähnten Verhältnissen nur wieder daran erinnern, daß die Area FI sich am Gyrus transversus insulae nicht nur bis zum polaren Inselrande ausbreitet, sondern auch zum großen Teil den Inselpol überkleidet und über dessen vordere Randpartie hinüber zum Teile auf die Insel selbst übergeht, und zwar auf deren vorderste Fläche, also auf die Fortsetzung des Gyrus transversus insulae, d. h. auf den Gyrus brevis accessorius, während FK an der Orbitalfläche der Hirnbasis bleibt.
Als typischer Bestandteil der Inselformation wird schon seit jeher das „Claustrum" angeführt; es ist auch richtig, daß das Claustrum als eine schmale Wand von grauer Substanz die ganze Inselrinde, von ihr bloß durch die schmälste Capsula extrema und das Windungsmark getrennt, begleitet. Nach MEYNERT hat das Claustrum dieselbe fächerförmige Gestalt wie die Insel, der Rand des Fächers ist an allen drei Seiten nach außen umgekrempelt. Der Stiel des Fächers ist der Mandelkern, der medial und hinter dem Fuß der Insel mit dem Claustrum stets durch Zellstreifen in Verbindung ist und seinen Sitz im Uncus hat. MEYNERT will das Claustrum zur tiefsten Rindenschicht rechnen, weil es angeblich aus denselben Spindelzellen besteht und weil es mit dem Fibrae propriae der Rinde zusammenhängt (MEYNERT, Psychiatrie S. 67). Bei Tieren, bei denen die Insel nicht so stark opercularisiert ist wie beim Menschen, d. h. bei denen nur wenige Windungen in die Tiefe gesunken und von den umgebenden Hirnpartien äußerlich verdeckt sind, die wirkliche „Insel" also kleiner ist, reicht das Claustrum über die „Insel" hinaus, besonders weit in die frontalen Partien des Gyrus orbitalis, aber auch ins Rhinencephalon. Beim Menschen jedoch begleitet es zwar die ganze Inselrinde, ragt aber nur wenig darüber hinaus; es hängt jedoch nirgends mit der Inselrinde als solcher direkt zusammen. Dagegen hängt das Claustrum vorn und basal, wo der Gyrus olfactorius lateralis mit seinen tiefsten Zellagen in Verbindung mit den ganglionären Kernen der Substantia perforata anterior zusammenhängt, ebenfalls durch lockere Zellmassen mit der Substantia perforata und den lockeren tiefsten Zellschichten des Gyrus olfactorius lateralis, deren Rindemarkbegrenzung hier eine sehr ungenaue ist, zusammen. Das Claustrum liegt im übrigen zwischen Putamen und Inselrinde; es lehnt sich ziemlich glatt und in einem gewissen Abstande, parallel an die gebogene konvexe Oberfläche des Putamens an und macht die Faltungen (Gyri und Sulci) der Inselrinde eigentlich nicht mit, sondern zeigt nur an einzelnen Stellen kleine Verbreiterungen, entsprechend den Inselgyri. Aus dem Umstand, daß das Claustrum die Inselrinde begleitet, haben nun MEYNERT und WERNICKE und in Anlehnung an sie schließlich auch BRODMANN das Claustrum als einen integrierenden Teil der Inselrinde angesprochen, und BRODMANN hat die Behauptung aufgestellt, das Claustrum sei ein Teil der VI. Schicht der Inselrinde, der von ihr durch die Capsula extrema abgetrennt sei. Warum er zu dieser Ansicht kam, ist nicht ganz verständlich, da die Inselrinde doch überall ihre VI Schicht ohnehin im Zusammenhang mit den übrigen Schichten hat (s. Tafel LIV und LVII), und der Umstand, daß die VIb-Schicht der Inselrinde sehr tief ins Mark reicht, d. h. daß die vereinzelnd im Mark liegenden tiefsten Zellen derselben bis zum Claustrum reichen, genügt nicht zu einer solchen Behauptung, daß das Claustrum direkt eine Rindenschicht sei; auch embryologisch ist eine Abspaltung eines Teiles der Rinde zur Bildung des Claustrums bisher nicht nachgewiesen. Aus der Matrix der Hirnbläschen entwickeln sich in diesem Gebiete zu innerst die Stammganglien und weiter außen das Claustrum und noch weiter die Hirnrindenschicht der Insel (s. allgemeiner Teil Abb. 66) aber aus dem Grund dieses gemeinsamen Ursprungs darf nicht eine Identifikation dieser Teile vorgenommen werden. Auch SPIEGEL und ZWEIG weisen dem Claustrum eine eigene Stellung zu, unabhängig von der Rinde und unabhängig vom Striatum. In letzter Zeit hat LANDAU sich mit der frage der Zugehörigkeit des Claustrums eingehend befaßt und kommt auch zur Ansicht, daß das Claustrum nicht ein Bestandteil der Inselrinde sei; er rechnet das Claustrum wie auch der Nucleus amygdalae, mit dem das Claustrum durch lockere Zellmassen zusammenhängt (was wir jedenfalls bestätigen können), zu den Basalganglien und führt als Argumente gegen die Ansicht BRODMANNs drei Punkte an. 1. Die Inselrinde weist einen gut ausgebildeten sechsschichtigen Rindentypus auf, ohne daß das Claustrum dazu gezählt wird. 2. Embryologisch hängt die innerste Schicht der Inselrinde niemals mit dem Claustrum zusammen; im Gegenteil, wie man an Präparaten sehen kann, liegt das embryonale Claustrum viel weiter von der inneren Rindenschicht entfernt als beim Erwachsenen. 3. Die Inselrinde ist nicht nur durch die Capsula externa, sondern zuweilen noch durch den Fasciculus uncinatus vom Claustrum getrennt.
484 Lobus insulae.
Zu diesen drei Punkten LANDAUs wäre noch als vierter hinzuzufügen, daß das Claustrum nicht die Faltungen der Inselrinde mitmacht, wie zu erwarten wäre, falls er eine Rindenschicht darstellte, sondern am Putamen angelehnt bleibt und seine mediale Grenze parallel mit dem äußeren Rande des Putamens läuft; wo sich ihm gegenüber die Inselwindungen nach außen vorwölben, folgt nicht etwa das Claustrum diesen Wellenlinien, sondern seine innere Wand bleibt glatt und parallel zum Putamen, während seine Außenfläche sich entsprechend den Inselkuppen etwas vorwölbt, so daß es an diesen Stellen gleichsam etwas breiter wird; und als fünftes Merkmal kann man dazufügen, daß das Claustrum aus schmalen, flachen Zellen und nicht aus spindelförmigen (wie die VI.) besteht. Obschon wir also das Claustrum nicht zur Inselrinde als solcher (oder Rindenschicht) zählen, so ist es doch wieder sicherlich in einem engen anatomischen Zusammenhang mit derselben und wird als leichtes Erkennungsmerkmal für die Inselformation auch weiterhin gelten. Jedenfalls ist die Entwicklung dieser Gegend eine eigenartige, und man könnte die Insel in gewissem Sinne zum allogenetischen Cortex rechnen (am besten zum sog. Cortex striatus) (s. diesbezüglich S. 202). BRODMANN jedoch hat die Bildung des Claustrums als eine Heterotypie des isogenetischen Cortex aufgefaßt, da es nach ihm durch eine Spaltung der VI. Schicht entstanden sein sollte. Wir wollen trotz der vollen Geltung unserer obigen Bemerkungen doch die Inselrinde wegen ihrer vollen sechs Schichten aus praktischen Gründen zum homotypischen Isocortex zählen.
Das Claustrum (s. Tafel LIV und LVII, Cl.) zieht als ein 0.6-0.8 mm breiter grauer Zellstreifen in einer Tiefe von ungefähr 1.0-1.5 mm u. m. von der unteren Rindenmarkgrenze der Windungstäler hin. Es sind ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3, sie sind alle horizontal gestellt, flachgedrückt, stabförmig, und zwar 8-10 / 25-30 µ groß und von vielen Trabantzellen, 1 -3 Trabantzellen und mehr pro Zelle, begleitet; das Claustrum ändert seinen Charakter im ganzen Verlaufe nicht wesentlich. Zwischen den Zellen ist eine graue Grundsubstanz vorhanden, wodurch das Claustrum sich als „Ganglienmasse" präsentiert und von den sonst in der Markmasse verstreuten tiefsten Zellen der VIb absolut unterscheidet. Dieses „Grau" des Claustrums hängt nun auch nicht mit dem Rindengrau der VIa- und oberen VIb-Schicht zusammen - ein Umstand mehr, der ebenfalls gegen die Identifizierung des Claustrums mit der VI. Schicht zu sprechen scheint.
Anatomische Vorbemerkung. 485
Die Kleinheit des Lobulus insulae erübrigt es, denselben in verschiedene Regionen einzuteilen. Mit Rücksicht auf das Studium ihres architektonischen Rindenaufbaues fassen wir also den größten Teil der Insel als eine einzige Region, und zwar als Regio insularis (Abb. 96, I, violett) mit Abzug ihrer vorderen Fläche, die wir aus cytoarchitektonischen Gründen zum Stirnhirn gerechnet haben; die zu ihr gehörigen Areae wollen wir mit dem Vorzeichen I versehen (Abb. 92 und 95). Nicht wieder anführen wollen wir bei Besprechung der Areae dieser Region die Area fronto-insularis FI (Tafel XLII und XLIII und S. 417-426), die wir schon bei Besprechung der Areae des Orbitalen Frontalhirns genau als agranuläre Formation besprochen haben und die auf dem Weg über den Gyrus transversus insulae auch auf die vordere Fläche der Inselpyramide reicht und also den unteren Abschnitt des Gyrus brevis accessorius (RETZIUS) überzieht, sowie einen Teil der ihm gegenüberliegenden orbitalen Opercularwand des Ramus anterior sulci circularis insulae (hier als Übergangsbildung leicht granuliert FIF); da sie aber eben mit diesem Teile eigentlich auch zu den Inselformationen gehört, machen wir an dieser Stelle hier nochmals auf sie aufmerksam und verweisen bezüglich der Details auf das auf Seite 424 Gesagte (wahrscheinlich entspricht diese Area dem Feld 16 von BRODMANN). Sie reicht am Gyrus brevis accessorius dorsal nicht ganz bis zum Margo superior des Sulcus circularis insulae. HOLL bezeichnet den Gyrus brevis accessorius und den Gyrus brevis primus als vordere Insel; von hier aus bis zum Sulcus ventralis insulae erstreckt sich für ihn die mittlere Insel, hinter dem Sulcus aber die hintere Insel. Nach dieser Einteilung müßte man sagen, daß die Area FI den vorderen Teil der vorderen Insel bekleidet. Den übrigen Teil der Inselregion finden wir aber noch von drei Formationen eingenommen, und zwar eine ventrale, die den hinteren Teil des Inselpols einnimmt, die Formation der Area orbitoinsularis IC, und zwei dorsale, IA und IB, welche die übrige Insel einnehmen (Abb. 95 und 92) und durch den Sulcus centralis insulae getrennt werden. Der Sulcus centralis bildet die ziemlich genaue Grenze zwischen diesen beiden letzten Formationen. Typisch für diese zwei den Hauptteil der Insel bedeckenden Bildungen ist die ungewöhnlich große Dichtigkeit, die die Va-Schicht und im rückwärtigen Teil teilweise auch die IV. Schicht annimmt, so daß ein ungewöhnlich tiefgefärbter Gürtel in der Mitte der Rinde das Charakteristikum der Inselrinde am Querschnitt ist, durch das sie sich von jeder anderen Rinde unterscheidet; an etwas dickeren Schnitten ist das ganz besonders auffallend (Abb. 79). Gleich hier möchten wir erwähnen, daß BRODMANN die Inselpartien vor dem Sulcus centralis als agranuläre, die hinter dem Sulcus als granuläre bezeichnet. Wir finden zwischen vorderer (oder mittlerer) Insel und hinterer Insel wohl verschiedene sichtbare Unterschiede, speziell bezüglich der V. Schicht, auch bezüglich der IV. (inneren) Körnerschicht sowie der III. Schicht, doch ist es nicht richtig, daß die vordere Partie agranulär ist (s. Abb. 70); wenigstens haben die von uns untersuchten zahlreichen menschlichen Gehirne dies nicht aufgewiesen, auch die vorderen Inselpartien (mit Ausnahme von FI und IC) sind granulär, d. h. sie haben eine deutliche innere (IV.) Körnerschicht. BRODMANN ging in dem Bestreben, den Sulcus praecentralis insulae als Fortsetzung des Sulcus Rolando zu deuten, zu weit; er nahm sogar an, daß vor diesem Sulcus centralis und seiner Fortsetzung sich ein Band agranulärer Rindenformation um das ganze Gehirn zu einem geschlossenen Ringe legt, der von der Area praecentralis gigantopyramidalis (FAγ) um die mediane obere Mantelkante und über die vorderen agranulären limbischen Formationen (LA), die Area parolfactoria FL, geniculata FM, praecommissuralis FN und die medialen sowie lateralen Gyri olfactorii (FM und FK) und die vorderste Insel (FI) zur Area praecentralis gigantopyramidalis zurückführt. Vielleicht finden sich individuelle Ausnahmen, für die diese Brodmannsche Annahme stimmt; für den größten Teil der Fälle jedoch ist dieser agranuläre Ring gerade in dem Gebiete der Insel offen (s. Abb. 76), denn die Inselteile unmittelbar vor dem Sulcus centralis insulae sind ebenfalls granulär; außerdem sind die Opercularteile, von FA und von FB, an und für sich schon bei sehr vielen Menschen, wenn nicht zu sagen bei den meisten, ebenfalls granulär und die von FC sogar immer (s. S. 425). Dieses Bestreben, den Sulcus centralis (Rolando) als Scheidung zwischen zwei ganz differenten Hirnpartien erscheinen zu lassen, ist ja ursprünglich auf BETZ zurückzuführen (s. S. 241), der, wie wir schon im Allgemeinen Teil auseinandergesetzt haben, den Sulcus centralis gleichsam als Homologon der Einschnürung zwischen Rückenmarksvorderhorn und -hinterhorn ansah und das vor dem Sulcus Rolando gelegene Großhirn mit dem Vorderhorn homologisierte und als motorisch ansah, und den dahintergelegenen Großhirnteil mit dem sensiblen Hinterhorn gleichstellte. Heuristisch ist diese Annahme ganz wertvoll gewesen und hat insofern etwas Richtiges an sich, als alle „sensiblen" Rindenpartien sich tatsächlich in den Hirnlobi, die hinter der Rolandoschen Furche gruppiert sind, befinden. Tatsächlich ist außerdem die Rinde der caudal von der Zentralfurche gelegenen Lobi im großen ganzen sehr verschieden von den frontal vom Sulcus centralis gelegenen Hirnpartien; und wir haben auch noch bei Besprechung des Lobus limbicus gesehen, wie er, entsprechend der idealen Fortsetzung der Rolandoschen Furche, in eine Regio anterior und eine posterior zerfällt, von der erstere viele Charakteristica des Frontalhirns (große Pyramidenzellen, Überwiegen der III. und V. Schicht, geringe Entwicklung der Körnerschichten usw.) an sich trägt, während die Regio posterior einen parietalen Charakter (starke Entwicklung der Körnerschichten usw.) aufweist. Gerade dieselben Unterschiede finden sich nun auch im Lobus der Insel dies- und jenseits ihres Sulcus centralis insulae. Trotzdem beide eine Körnerschicht aufweisen, so hat doch die ganze Struktur der vorderen Insel frontalen Charakter, die Struktur der hinteren Insel, wie wir später erkennen werden, mehr parietalen Charakter, trotz und neben den Zügen, die beiden Teilen außerdem noch gemeinsam sind.
486 Lobus insulae.
Der vor dem Sulcus centralis gelegene Teil der Insel wird, bis auf den unteren Teil des vordersten Gyrus (Gyrus brevis accessorius), der von der heterotypischen Formation FI überzogen ist, von einem homotypischen sechsschichtigen breiten Rindentypus überkleidet. Wichtig ist, daß die Sulci nicht zwischen die einzelnen Windungen tief einschneiden, sondern ganz seicht sind, so daß es zwischen den Kuppen zu flachen, seichten Talübergängen ohne eigentliche Wandbildung kommt. Das auffallendste Charakteristicum der vorderen Inselformation ist die gürtelartige Va-Zone (Abb. 79). Die Formation IA ist granulär; die vierte Schicht ist deutlich überall vorhanden, doch ist ihre Dichtigkeit nicht überall gleich; im oberen Teil der vorderen Insel ist sie weniger dicht als im unteren, und danach können wir in ihr zwei Areae unterscheiden: eine Area insularis praecentralis dorsalis IA1 die körnchenärmer, und eine Area insularis praecentralis ventralis IA2, die körnchenreicher ist; die untere hat die weitere Ausdehnung und umfaßt auch vorn und hinten halbmondförmig die obere (Abb. 92), welche entsprechend ihrer Nachbarschaft zur FB und FC auch im allgemeinen etwas größere Zellen in III aufweist; die geringe Änderung der architektonischen Details ist in keinem sichtbaren Zusammenhang mit der Windungsbildung der Insel. Da die dorsale und ventrale Area sonst jedoch ganz gleich sind und nur geringe Varianten einer Bildung darstellen, deren Grenzen gegeneinander sehr variabel sind, wollen wir sie gemeinsam als eine Area (IA) besprechen.
Die IA erscheint recht breit, mit einer durchschnittlichen Breite von 3.2-3.0 mm an der Kuppe, die auf den flachen Kuppen der Gyri breves bis auf 2.8 mm herabgehen kann. Es kann aber auf einzelnen Kuppen infolge der schlechten Abgrenzung der Rinde gegen das Mark die Rinde einen viel breiteren Eindruck machen, und man kann, je nach der Art und der Stelle der Messung, auch Werte von 3.8 mm und mehr für die Kuppe bekommen (Abb. 26). Diese ziemlich breite Rinde ist gleichmäßig tingiert und verliert sich gegen das Mark nur allmählich. Mitten in der Rindenbreite zieht ein tiefblau tingierter, 0.2 mm breiter Gürtel, der weit auffallender ist, als z. B. sonst die IV. Schicht erscheint, und der sich ohne Unterbrechung durch die ganze Inselrinde zieht; besonders auffallend ist er eben in dem vorderen Tal, so daß man an ihm allein auch ohne Vergrößerung eine vordere Inselrinde erkennen kann, ganz besonders an einem etwas dickeren Schnitte.
Die Rinde macht einen architektonisch wohlgeordneten Eindruck mit schwächster Andeutung, von senkrechter Zellreihung, jedoch ohne direkt eine radiäre Streifung aufzuweisen (Abb. 46), ähnlich wie FB; eine horizontale Schichtung ist ebenfalls nicht sehr auffällig bis auf den dichten Gürtel in Va. Die Zellen im allgemeinen sind eher groß, schön pyramidal geformt und schlank. Die Rinde ist ziemlich zellreich; die obere Hälfte derselben, die über der Va gelegene, erscheint bedeutend zelldichter als die untere. Die Körnerschicht ist vorhanden, sie ist aber recht locker und erscheint infolgedessen zwischen der dichten IIIc und der sehr dichten Va eher als lichter Streifen, statt wie sonst als dunkler, zum Unterschied der übrigen granulären Hirnformationen. Ganz auffallend ist der schon makroskopisch sichtbare zelldichte und zellgroße Streifen von Va, dessen Details später besprochen werden und der wie ein breiter Gürtel das ganze Bild durchzieht. Vb ist lichter, und VI ist eher zellklein und nicht zellreich und verliert sich allmählich ins Mark, das nach abwärts bis zum Claustrum nicht frei von Zellen wird, sondern mehr oder weniger spindelförmige Zellen in recht reicher Anzahl enthält, mehr noch, als wir in FA dies zu sehen gewöhnt waren (s. Tafel LIV).
Area praecentralis insulae. 487
An verschiedenen Hirnen und an verschiedenen Stellen gemessen, fanden wir folgende Zahlen:
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | Gesamtdicke | Stelle |
0.25 | 0.06 | 0.86 | 0.12 | 0.68 | a0.28 | b0.40 | 1.00 | a0.56 | b0.44 | 2.97 | Kuppe |
0.22 | 0.10 | 0.60 | 0.10 | 0.60 | a0.24 | b0.36 | 1.40 | a1.00 | b0.40 | 3.02 | " |
0.22 | 0.10 | 0.70 | 0.20 | 0.60 | a0.20 | b0.40 | 1.10 | a0.80 | b0.30 | 2.92 | " |
0.22 | 0.10 | 0.70 | 0.18 | 0.70 | a0.26 | b0.44 | 1.20 | a0.70 | b0.50 | 3.10 | " |
0.24 | 0.08 | 0.84 | 0.16 | 0.54 | a0.24 | b0.30 | 1.20 | a0.80 | b0.40 | 3.06 | " |
0.24 | 0.16 | 0.80 | 0.24 | 0.60 | a0.30 | b0.30 | 0.60 | a0.40 | b0.20 | 2.64 | Kuppenwand |
0.20 | 0.12 | 0.88 | 0.20 | 0.60 | a0.20 | b0.40 | 0.74 | a0.50 | b0.24 | 2.54 | " |
Als relative Zählen ergibt dies:
I | II | III | IV | V | VIa | Stelle | äH:iH |
0.09 | 0.03 | 0.29 | 0.05 | 0.24 | 0.30 | Kuppe | 41:59! |
0.09 | 0.06 | 0.34 | 0.09 | 0.24 | 0.18 | Kuppenwand | 49:51 |
Aus diesen Zahlen geht schon hervor, daß die äußere Hauptschicht im Verhältnis zur inneren an Breite recht stark zurückbleibt. Das Überwiegen der inneren Hauptschicht ist zum größten Teil auf die äußerst starke Breitenentwicklung der VI. Schicht zurückzuführen, was um so mehr auffällt, als sie in Größe und Zahl der Zellen im Verhältnis zu den darüberliegenden Schichten eigentlich zurückbleibt, wie wir in §2 gesehen haben. Auch die V. Schicht zeigt eine durchschnittlich recht gute Breite, während II und IV sehr schmal sind und auch III eine untermittelmäßige Breite aufweist. I weist relativ keine Breitenzunahme sondern Durchschnittsbreite auf. Bedenkt man jedoch, daß die I. Schicht in breiten Rinden meist an relativer Dicke verliert, da sie nicht die proportionale Verdickung der übrigen Schichten gewöhnlich mitmacht, während hier die I. Schicht, obschon die Rinde im ganzen recht dick ist, doch ihre proportionale Zahl von 9% der Rindendicke beibehält, so müssen wir sagen, daß I doch absolut dick ist, ein Eindruck, den man bei Betrachtung der Rinde auch sofort hat.
Alle diese Verhältniszahlen sind ziemlich die gleichen, ob es sich um IA1 oder IA2 handelt.
Betrachten wir die einzelnen Schichten, so ist folgendes bemerkenswert.
I. Die Molekularschicht ist absolut breit und relativ von durchschnittlich guter Breite; im Verhältnis zu der ganz kolossal breiten Molekularschicht der unmittelbar vor IA gelegenen Area frontoinsularis, auf dem Gyrus brevis accessorius ist aber die Molekularschicht der Area insularis praecentralis als verschmälert zu bezeichnen, da sie dort 0.30 mm betrug; ebenso im Verhältnis zu der I. Schicht der Area postcentralis insularis IB, die ebenfalls absolut sehr breit ist, obschon sonst die ganze Rinde in IB eher schmäler ist. Die Molekularschicht ist nicht kernreich, ca. 70, meist Gliakerne pro 0.1 mm3, von denen ca. 7 bis 8 Nervenzellen entsprechen, die meist dreieckig sind und 5/5 µ bis 10/10 µ messen. Eine Schichtung in I ist nicht zu bemerken.
488 Lobus insulae.
II. Die äußere Körnerschicht ist hier nur schwach angedeutet. Besonders in den dorsalen Partien der Area insularis praecentralis, näher gegen den Sulcus circularis insulae besteht sie meist aus kleinen Pyramidenzellen, die, in zwei- bis vierfacher Reihen stehend einen schmalen, nach oben scharf, nach unten aber unscharf begrenzten Saum bilden. In den ventralen Partien (IA2 Tafel LV), d. h. mehr dem Inselpol zu gelegen, ist II etwas breiter und es nehmen darin auch die Körnerzellen an Zahl zu. Es schwankt also die Breite von II zwischen 0.06 und 0.16 mm. Auch seine höheren Ziffern zeigen also, daß die obere Körnerschicht in der IA immer recht schmal ist. Auch in den ventralen Partien sind die Mehrzahl der Zellen der II. Schicht kleinste Pyramiden, von 10/7 µ, daneben Körnerzellen von 5/5 µ und darunter, und zwar ca. 112 Zellen pro 0.1 mm3 in den ventralen und caudalen Partien IA2 (Tafel LV), in den dorsalen (IA1, Tafel LIII) Teilen dagegen nur ca. 80 Zellen pro 0.1 mm3. Ganz vereinzelte größere Zellen von ca. 15/10 µ, die dann meist besonders tief tingiert sind und im Bilde dadurch auffallen, sieht man nicht selten. Nach der Tiefe zu ist die Grenze von II gegen III eine allmähliche, doch ist wohl im allgemeinen die Zelldichtigkeit von III eine deutlich geringere, so daß man eher daran als an den Zellen selbst die Grenze merkt.
III. Die Pyramidenschicht der vorderen Inselformationen hat nichts besonders Charakteristisches; sie hat im allgemeinen den Charakter der Pyramidenschicht in den mittleren Partien des Frontalhirns. Sie ist aber im allgemeinen relativ schmal, zwischen ein Viertel und ein Drittel der Rindenbreite und schwankt zwischen 0.60 und 0.86 mm Breite. Sie macht einen wohlgeordneten Eindruck, d. h. die Abstände und Größe der Zellen sind ziemlich gleichmäßig; an Größe nehmen die Zellen mit der Tiefe zu; es sind meist recht schlanke und wohlgeformte Zellen. Sie zerfällt nicht in Unterschichten und hat ein ziemlich gleichdichtes Aussehen in allen Tiefen, obschon die Zellgröße sich nach abwärts stetig mindert; dadurch kommt es, daß man an ihr eigentlich eine IIIa-, IIIb-, und IIIc-Schicht nur der Größe der Zellen nach unterscheiden kann, obschon auch hier die Änderungen nur schrittweise vor sich gehen und eine eigentliche Schicht großer Zellen IIIc nicht besteht, sondern bloß vereinzelt die größten Zellen hier vorkommen.
In den oberen Partien von III (IIIa) sind ca. 35 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe von 15-20 / 12-15 µ pyramidenförmig untermittelschlank.
In den mittleren Partien von III (IIIb) sind ca. 26 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe 20-25 / 15-20 µ pyramidenförmig mittelschlank mit langem, cephalem Fortsatz, jede zweite bis dritte hat eine Trabantzelle.
In den tieferen Partien von III sind ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ca. 10 recht groß, 30-40 / 15 µ, sehr schlank, mit langem, cephalem Fortsatz, der noch ca. 20 µ weiter verfolgt werden kann und mit einer bis zwei Trabantzellen; die übrigen 20 Zellen sind echt klein, 15-20 / 10-15 µ.
In den tieferen Partien von III finden sich schon ziemlich zahlreich kleine Körnerzellen zerstreut.
Im allgemeinen kann man sagen, daß IA1 etwas zellgrößer ist als IA2, d. h. daß sich in IA1 der größere Teil der Zellen an den oberen Grenzwerten befindet, in IA2 und an den unteren. Vgl. hierzu besonders Tafel LIII mit Tafel LIV und LV.
Area praecentralis insulae 489
IV. Die innere Körnerschicht zieht unter der III. Schicht regelmäßig dahin; sie ist meist recht schmal und nicht zellreich, und daher erscheint sie als ein lichter Streifen zwischen III und V eingeschoben, während doch sonst die IV. Schicht einen dunklen Eindruck macht. Besonders ist dies in IA1 der Fall (Tafel LIII und auch noch LIV), während caudal in IA2 (Tafel LV) man die IV schon dunkler sieht als die III. Es sind ca. 70 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ca. 24 pyramidenförmig 10-15 / 7 µ und die übrigen 4/5 µ meist auch pyramidenförmig, wenigstens zur Hälfte, und zur Hälfte bloß Körner von 4/4 bis 6/6 µ Größe. Dieser Bau und diese Zellzahl entspricht so ziemlich dem Bau und der Zusammensetzung der IV. Schicht im mittleren Frontalhirn, wo die IV. Schicht aufzutreten beginnt, also z. B. FDC. Die Körner und die kleinsten Pyramiden mit wenigen der größeren Pyramidenzellen dazwischen liegen zwar ziemlich locker und regellos, doch bildet die IV. Schicht trotzdem eine ununterbrochene Schicht, und nirgends gehen die Zellen der III. Schicht direkt in die der IV. über. Gegen die dorsaleren Inselpartien zu wird IV schmäler und etwas zellärmer, ebenso verliert es sich gegen FI zu nach und nach ganz. Von einer Streifung oder Paketbildung usw. ist nichts zu sehen. Nun scheinen individuelle Unterschiede und lokale Unterschiede bezüglich der Zusammensetzung der IV zu bestehen derart, daß im allgemeinen in der Area dorsalis mehr pyramidenförmige Zellen, dagegen in der Area ventralis mehr körnerartige vorkommen, und ebenso auch gegen die Area postcentralis zu. Doch gibt es da auch individuelle Unterschiede, z. B. bei einigen Gehirnen scheinen überhaupt die pyramidenförmigen Zellen von vornherein in der Majorität zu sein und besonders schöne Formen aufzuweisen. Die Breite von IV schwankt zwischen 0.12 und 0.16 mm, es ist also immer recht schmal. Die Grenzen nach oben und unten sind unscharf. Auch wenn IV schmal und nicht zelldicht ist, so ist sie doch als Scheidung zwischen III und V überall vorhanden, und es hängen hier die Pyramidenzellen der III. Schicht mit denen der V. Schicht kaum irgendwo direkt zusammen und gehen nicht ineinander über, so daß IA diesbezüglich ungefähr wie FDC sich verhält oder wie die Orbitalen Formationen FF.
V. Die ganglionäre Schicht ist 0.60- 0.70 mm breit. Für die Area insularis praecentralis (dorsalis und ventralis) birgt sie das typische Charakteristicum in ihrer Va-Unterschicht (s. Tafel LIII und Tafel LV, aber ganz besonders Tafel LIV; siehe auch Abb. 77-82). Diese bildet ein 0.20-0.28 mm breites, zelldichtes, zellgroßes, dunkel tingiertes Band von solcher Zelldichtigkeit, daß stellenweise auf einem Schnitt von z. B. 80 µ Dicke kein Zwischenraum mehr zwischen den Zellen zu sehen ist, sondern bloß eine bandartige dichte Zellmasse; sie bildet den für die vordere Inselarea auch an dünnen Schnitten sichtbaren charakteristischen Inselgürtel, der an Schnitten, die z. B. durch die ganze Hemisphäre sehen, schon makroskopisch als typischer blauer Streifen der Insel zu sehen ist. Er ist relativ gut begrenzt, und zwar durch seine Dichtigkeit sich von der Umgebung scharf abhebend, ohne daß wirklich eine ganz scharfe Grenze vorhanden wäre, da einerseits viele Zellen aus Va auch in IV sich befinden und andererseits auch in Vb die Zellen in der Nähe von Va etwas dichter liegen als in den tieferen Partien. In dem Inselgürtel zählen wir ca. 50 Zellen pro 0.1 mm3, von meist 25-30 / 20 µ Größe und darüber auch 30-(40) / 20 µ mit deutlichem Kern und Kernkörperchen und mit Trabantzellen; es sind protoplasmareiche, etwas flaschenförmige Pyramidenzellen, die meist recht gut mit ihrer Längsachse senkrecht zur Oberfläche orientiert sind und in mehrfachen Zeilen übereinander liegen. In IA1 sind die Zellen von Va größer als ventral und caudal davon. (Würde man hier den Dichtigkeitskoeffizienten nach der im Allgemeinen Teile S. 76 angegebenen Methode, so würde man im Inselgürtel einen Dichtigkeitskoeffizienten von 1.2 errechnen, während er in III bloß 0.4 und in Vb bloß 0.25 beträgt. Also stehen die Zellen im Gürtel drei- bis fünfmal so dicht als in den anderen Schichten.)
Unterhalb Va ist das viel lichtere Vb. Es ist meist um die Hälfte breiter als Va, also 0.30-0.44 mm, viel weniger zelldicht, enthält in seinen obersten Partien Zellen, die gleich groß sind wie in Va, jedoch bloß in geringer Anzahl; der Tiefe zu werden die Zellen bedeutend kleiner. Es sind im Durchschnitt 25 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind durchschnittlich nur 4-5 von 25/20 µ Größe, die übrigen 20 von 15-20 / 7-10 µ große Pyramidenzellen. Die tiefsten Lagen von Vb enthalten auch schon viele Spindelzellen, große und kleine, so daß es schwer fällt, die richtige Grenze gegen VI zu ziehen. Man muß sich diesbezüglich nicht nur an die Form der Zellen, sondern auch an die Dichtigkeit halten, die in VI wiederum größer ist als in Vb.
490 Lobus insulae.
Gegen FI zu geht Va in das ebenfalls zellreiche Va von FI über, das ja dort ein Charakteristicum des „Riechhirns" ist. Gegen IB zu mischen sich viele Körner in Va, und die Zellen werden kleiner und IV wird dichter, so daß der Gürtel der Insel dann nicht mehr aus Va allein, sondern aus IV und Va besteht; dieses Verhalten sieht man auch schon an der Area IA2 auf dem Gyrus centralis anterior insulae, Tafel LV (Übergang zu IB).
Gegen das Operculum zu setzt sich die Zellverdichtung der V. Schicht über den Sulcus circularis insulae auf die Hinter- und Unterfläche der Operculum Rolandi und frontale manchmal fort, der FB-Formation dieser Gegend ein eigentümliches Gepräge gebend.
VI. Die Spindelzellenschicht ist in der vorderen Inselarea sehr breit; zwischen 1 mm und 1.5 mm an der Kuppe schwankend, ist sie die Ursache des starken Überwiegens der inneren Hauptschicht in der Rindenbreite. Wir haben schon S. 483 erwähnt, daß einige Autoren (BRODMANN) das Claustrum als abgesprengten Teil der VI. Schicht ansehen möchten und außer VIa noch die VIb-Schicht als bis zum Claustrum gehend annehmen und dies Claustrum selbst als VIc-Schicht bezeichnen. Schon dort haben wir auseinandergesetzt, was alles gegen eine solche Annahme spricht, und brauchen es daher nicht zu wiederholen. Hier sei bloß hinzugefügt, daß die VI. Schicht der Insel sich ebenso wie die VI. Schicht jeder anderen Rindenarea verhält, d. h. daß sie ebenso aus einer dichten VIa und einer lockeren im Mark sich allmählich auflösenden VIb-Schicht besteht. Daß das Mark zwischen VIb und dem Claustrum verstreute Zellen durchweg enthält, ist erwähnenswert. Doch reicht VIb keineswegs bis zum Claustrum; denn VIb ist ja an keiner Rindenpartie bis dorthin zu zählen, wo keine Zellen mehr zwischen den Markfasern zu finden wären, sonst müßte man in der Gegend des Gyrus centralis anterior (FA) die VIb-Schicht bis zur Corona radiata reichen lassen (!), was doch niemandem einfällt. Die VIb-Schicht enthält, wie man an etwas überfärbten Präparaten und in Tafel LIV und LVII sehen kann, zwischen den Zellen außer Rindengrau auch Zellen und Markfasern, und nur soweit dieses Rindengrau reicht, ist VIb als „Rindenschicht" zurechnen. Nun reicht das Rindengrau nicht bis zum Claustrum, sondern ist von der grauen Grundschicht des Claustrums durch eine reine Marklamelle getrennt. Da das Claustrum die Wölbungen der Rinde nicht mitmacht, ist es auf den Bildern, die Kuppen darstellen, meist nicht zu sehen, da es zumeist in der Tiefe liegt. Betreffs des Zellaufbaues des Claustrums selbst ist S. 484 alles Nötige schon gesagt worden.
Die VIa-Schicht ist im allgemeinen sichtlich weniger dicht als sonst; jedenfalls macht sie in der vorderen Insel den Eindruck lichter zu sein, so daß, obschon sie breiter ist, die Rindenschichten oberhalb von ihr dunkler gefärbt erscheinen. Trotzdem ist die VIa-Schicht im Verhältnis zu Vb gut zu erkennen, da sie noch immer bedeutend dichter und zellreicher und auch im allgemeinen zellgrößer ist. Sie besteht aus Spindelzellen, welche in der Höhe von VIb größer sind als weiter in der Tiefe. Auch reichen die Spindelzellen mitten unter die Pyramidenzellen von Vb ziemlich weit herein. Wir zählen durchschnittlich 25 (22-33) Zellen pro 0.1 mm3 von 20-(25) / 12-(15) µ Größe, Spindelform mit Kern und Kernkörperchen und je einer Trabantzelle. Man sieht aus diesen Zahlen, daß der Eindruck der größeren Dichtigkeit der VI gegenüber der III wahrscheinlich mehr durch die geringere Färbbarkeit als durch die wirklich geringere Dichtigkeit hervorgerufen ist. Vielfach sind die Zellen von VIa, besonders in den seichten Talübergängen von IA, dreieckig und sogar pyramidenförmig statt spindelig, siehe z. B. Tafel LIV.
VIb ist lockerer, enthält ebenfalls Spindelzellen von 12-15 / 10 µ Größe, und zwar ca. 12 pro 0.1 mm3. Nirgends in der VI. Schicht ist eine solche flache Form von Zellen zu sehen, wie es an den Zellen des Claustrums typisch ist. Der Übergang ins Mark ist ein allmählicher, doch läßt sich VIb noch gut abgrenzen. Auch über VIb hinaus finden sich im Mark isolierte Spindelzellen in ziemlicher Anzahl.
Area praecentralis insulae. 491
Die VI. Schicht ist die einzige der IA, die eine leichte radiäre Streifung andeutungsweise aufzeigt.
Die Formatio praecentralis insulae IA nimmt also die ganzen, vor dem Sulcus ins. central. gelegenen Gyri (G. centralis ant. und G. brev. ins.) der vorderen (oder nach HOLL der mittleren und vorderen) Insel ein, bis auf den vordersten, dem Gyrus brevis accessorius und bis auf die Wände des Margo anterior der Sulcus circularis insulae, welche Teile von der agranulären Areae frontoinsularis FI eingenommen werden (Abb. 92 und 95). Die IA ist ihrem Wesen nach eine leicht granuläre Formation von frontalem Typus, und zwar Typus 1 und Typus 1 (2), Abb. 88; von guter Breite (3.0 mm) und wohlgeordneter Form ist sie mit schönen schlanken Pyramidenzellen versehen. Ihre V Schicht zerfällt in eine schmälere obere Va und eine breitere lichtere Vb. Ihr wesentliches Charakteristicum ist die äußerst zelldichte und zellgroße Va-Schicht, welche den für die Insel typischen Inselgürtel bildet, ein 0.2-0.2.5 mm breites Zellband, das auch makroskopisch deutlich zu sehen ist, besonders bei etwas dickeren Schnitten.
Die Größe der Schichten ist durchschnittlich:
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | |
0.23 | 0.08 | 0.74 | 0.15 | 0.63 | a0.24 | b0.39 | 1.18 |
das Verhältnis also von
I | II | III | IV | V | VIa | äH:iH | |
0.09 | 0.03 | 0.29 | 0.05 | 0.24 | 0.30 | 41:59 | äH < iH |
I. 0.23 mm von guter Breite; nicht kernreich, ca. 7-8 Zellen pro 0.1 mm3, 5/5 bis 10/7 µ.
II. 0.08 mm sehr schmal, teilweise bloß aus kleinen Pyramidenzellen bestehend, auch Körnerzellen, ca. 80-112 Zellen von 5/5 bis 10/7 µ.
III. 0.74 mm eher relativ schmal, obschon von guter Breite, wohl geordnet, schöne Zellen; IIIa außer kleinen 35 pro 0.1 mm3 15-20 / 12-15 µ, IIIb 26 pro 0.1 mm3 20-25 / 15-20 µ, IIIc 30 pro 0.1 mm3 15-20 / 10-15 µ, einzelne 30-40 / 15 µ; schlanke Pyramidenzellen mit langem Fortsatz. Keine Streifung, keine Schichtung.
IV. 0.15 mm sehr schmal, nicht dicht, kleinzellig, 5/5 (10-15 / 7) µ, ca. 70 Zellen pro 0.1 mm3; in IA2 etwas dichter.
V. Va typisch dichter Inselgürtel, 0.24 mm breit, 50 Zellen pro 0.1 mm3, 25-30 / 20 Pyramidenzellen; Vb locker, 15-20 / 7-10 µ, 25 pro 0.1 mm3. Breite 0.34 mm.
VI. 1.18 mm sehr breit, nicht zelldicht, allmählich ins Mark übergehend, leicht radiär gestreift; VIa 20-25 / 12-15 µ, Spindelzellen, 25 pro 0.1 mm3; VIb 12-15 / 8-10 µ, Spindelzellen, 12 pro 0.1 mm3.
Das Claustrum gehört nicht zur VI. Schicht, und ist überhaupt nicht eine Schicht der Rinde, ist jedoch mit ihr in steter Begleitung und in Zusammenhang.
Derart gebaut überzieht also die IA den gesamten vorderen Teil der Insel; im Sulcus circularis insulae, und zwar im Ramus superior, greift die Formation zum Teil auf die der Insel zugekehrte innere Wand des Operculums 1) [footnote p 491 1) Über die verschiedenen Beziehungen des Operculums siehe am Schluß im Sachverzeichnis unter „Operculum".], wenigstens sendet, wie schon erwähnt, die Va-Schicht gleichsam eine Vorhut ihrer zelldichten Reihen auch auf das benachbarte FBop und FCop, und ebenso, wie ja auch die schönen großen Zellformen der Pyramidenzellen dieser frontalen Formation nicht absolut am Operculum abschneiden, sondern eine Fortsetzung auch wiederum auf die Insel schicken, so daß man von einer Übergangszone FBI und FCI sprechen könnte, wenn auch hier individuell sehr große Verschiedenheiten zu sehen sind. Jedenfalls ist das eine wohl regelmäßig, daß die dorsalen Partien der vorderen Inselformation im allgemeinen, was die Pyramidenzellen anlangt, etwas zellgrößer sind als die ventraler gelegenen, welch letztere wieder deutlicher ausgeprägte Körnerschichten (II. und IV.) aufweisen; in diesem Sinne kann man zwei Areae hier unterscheiden, die Area insularis praecentralis dorsalis IA1 und die Area insularis praecentralis ventralis IA2. Die erstere erstreckt sich breit zungenförmig von oben nach unten in die letztere hinein so daß sie auf den Seiten zum Teil von letzterer umgeben ist (s. Schema 95); das Ausbreitungsgebiet entspricht ungefähr dem der Partie des Gyrus brevis primus und secundus, sowie des zwischen beiden liegenden intermedius. Der Übergang über den Sulcus centralis insulae zur Area postcentralis erfolgt auch allmählich, und zwar erfolgt er etwas schroffer und plötzlicher weiter dorsal, während ventral eine Art Zwischenzone IAB Area praecentralis insulae ventralis in limine insulae posterioris (Tafel LV) besteht, zumal die hier auf dem Gyrus central. ant. insulae liegende Area IA2 durch ihre ausgesprochene Körnerbildung ohnehin der IB etwas ähnlicher ist. Die IAB hat noch eine Eigentümlichkeit von IB, sie ist im allgemeinen etwas schmäler als IA, und die I. Schicht ist etwas breiter und die ganze Rindenbreite etwas zellreicher. Ich messe an einer Stelle 2.7 mm Gesamtbreite dabei:
492 Lobus insulae.
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) |
0.26 | 0.14 | 0.64 | 0.20 | 0.44 | a0.20 | b0.24 | 1.00 | a0.50 | b0.50 |
Relative Zahlen: | äH:iH | ||||||||
0.11 | 0.07 | 0.30 | 0.09 | 0.20 | - | - | 0.23 | 48:52 |
Dabei ist die Va weniger zelldicht und etwas zellkleiner und ihre Zellen mit den Zellen von IV mehr vermischt.
Ferner ist in IAB die III. Schicht kleinzelliger als in IA. Die Area IAB befindet sich zum großen Teil auf dem Gyrus centralis ant. insulae besonders an seiner hinteren Wand. Nach unten zu endlich reicht die IA nicht ganz bis zur basalen Fläche der Insel, die den Gyrus polaris bildet und von der Area IC eingenommen wird.
§6 und §7, d.h. Überblick über die Untersuchungen anderer Autoren und über die Markbildung sowie die eventuelle physiologische Bedeutung dieser Areae erfolgt gemeinsam mit der diesbezüglichen Besprechung der §6 und §7 der Area postcentralis insulae.
Die hinter dem Sulcus centralis insulae gelegene, und bis zur Ramus temporalis des Sulcus circularis insulae reichende hintere Insel (RETZIUS und HOLL) ist von einer Formation überzogen, die in dem kleinen Gebiete, das die hintere Insel überhaupt darstellt (meist bloß zwei Windungen) überall ziemlich gleichmäßig aussieht und daher eine einzige Area bildet, die Area insularis postcentralis IB. Sie ist zum Unterschied von der der Stirnhirnformation ähnlichen praecentralis (IA) eine Formation vom Typus eher parietaler oder caudal sogar temporaler Bildungen und sehr ausgesprochen granulär, relativ kleinzellig, deutlich radiär gestreift und im ganzen eher schmäler als die Rinde der vorderen Insel.
Die Rinde der Area insularis postcentralis erscheint schmäler als die der praecentralis; 2.7-2.8 mm ist die durchschnittliche Breite, doch kann sie wohl auch stellenweise 3.0 mm erreichen (Abb. 26). Auch an ihr sieht man makroskopisch als dunkelblauen Streifen die Fortsetzung des Inselgürtels in der Mitte der Rindenbreite; doch erscheint er etwas breiter und etwas blasser als in IA.
Es fällt sofort die bessere horizontale Schichtung der Rinde auf, ihre feine, doch ausgesprochene radiäre Streifung besonders der äußeren Hauptschicht (Abb. 45), ferner die größere Breite der äußeren Hauptschicht und das kleinzelligere zellreichere Aussehen der ganzen Rinde, besonders der III. Schicht; alles das sind Momente, die an den Bau des Lobus parietalis inferior (s. S. 563) erinnern. Der Inselgürtel ist zwar hier ebenfalls noch deutlich (Abb. 79), doch ist er breiter und besteht (Tafel LVI) aus einer deutlichen mittelgroßzelligen IIIc-Schicht, einer breiten dichten IV. Körnerschicht und einer dichten, aber relativ kleinzelligen V. Schicht. Die Vb-Schicht ist lichter als in IA, die VI. Schicht ist weniger mächtig; die I. dagegen ist viel breiter; die Begrenzung gegen das Mark scheint schärfer als in der vorderen Insel.
Area postcentralis insulae. 493
Die Schichtenmessung in der Wand versagt, da der Sulcus centralis sowohl als der Sulcus longitudinalis nur seicht einschneidet und die kuppelförmigen Windungsquerschnitte keine eigentliche Wandbildung aufweisen.
An der Kuppe messen wir an verschiedenen Stellen folgendes:
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) | Gesamtbreite an der Kuppe | |
0.26 | 0.14 | 0.76 | 0.28 | 0.50 | a0.20 | b0.30 | 0.80 | a0.40 | b0.40 | 2.74 | mm |
0.40 | 0.20 | 0.84 | 0.36 | 0.60 | a0.25 | b0.35 | 0.60 | a0.40 | b0.20 | 3.00 | mm |
0.30 | 0.20 | 0.74 | 0.30 | 0.50 | a0.18 | b0.32 | 0.80 | a0.50 | b0.30 | 2.84 | mm |
durchschnittlich also: | (Durchschnittsbreite) | ||||||||||
0.32 | 0.18 | 0.78 | 0.31 | 0.53 | - | - | 0.73 | a0.43 | b0.30 | 2.85 | mm |
Relative Verhältniszahlen (Proportionalgleichung) | |||||||||||
0.12 | 0.07 | 0.31 | 0.12 | 0.21 | - | - | 0.17 | - | - | äH:iH=50:50 |
Aus diesen Zahlen sieht man, daß die I. und IV. Schicht an Breite über dem Durchschnitt stehen, die VI. dagegen unter dem Durchschnitt. Im Vergleiche zu IA hat die äußere Hauptschicht wieder bedeutend zugenommen; die innere Hauptschicht hat besonders bezüglich der VI. abgenommen. Zum Unterschied von IA, wo die innere Hauptschicht breiter war als die äußere, ist sie hier in IB gleich.
I. Die Molekularschicht ist mit ihrem zwischen 0.20 mm und 0.40 mm schwankenden Maßen äußerst breit absolut und relativ und noch besonders im Vergleiche zur vorderen Insel. Die Molekularschicht ist nicht kernreich, auch nicht an Gliazellen; es sind alles zusammen ca. 70 Kerne pro 0.1 mm3, davon sind bloß ca. 4-5 Nervenzellen, in den äußeren Partien einige Horizontalzellen von 4/10 µ, sonst 7/5 µ große Zellen.
Eine Unterschichtung der I ist im Zellbild nicht zu sehen. Besonders gegen die temporale Grenze zu wird I besonders breit (s. Tafel LVII).
II. Die äußere Körnerschicht ist überall deutlich zu sehen, obschon sie in ihrer Breite zwischen 0.14 mm und 0.20 mm schwankt, also relativ und absolut keinen besonderen Breitendurchmesser hat; sie hat eine Breite wie sonst auch in den Hirnlobi, die sich hinter der Rolandoschen Furche gruppieren; im Vergleich zur Insula anterior dagegen ist die Breite der II ganz bedeutend. (Vgl. z. B. Tafel LIII diesbezüglich mit Tafel LVII.) Die Grenze der Körnerschicht ist nach oben und unten unscharf und etwas wie zerfranst. Es sind ca. 120 Zellen pro 0.1 mm3 zu zählen, und zwar sind dieselben von verschiedener Größe; am Rande der Molekularschicht finden sich hier eher größere kahn-, sternförmige oder dreieckige Zellen von besonders dunkler Tinktion und von ca. 14/14 µ Größe in unregelmäßigen Abständen voneinander, während nach der Tiefe zu die gewohnten Körnerzellen und kleinsten Pyramidenzellen wieder die Hauptmasse bilden mit 7/5 µ und 6/6 µ und 4/5 µ Größe usw. Was die relativ größeren polymorphen Zellen am Rande zu bedeuten haben, wissen wir noch nicht, doch scheint es uns, daß sie regelmäßig auch in IA und noch mehr in IB zu finden sind (im sog. „Riechhirn" fanden wir vielerorts ähnliche Zellen); von ihnen abgesehen, sind die Zellen der II. Schicht kleiner als die derselben Schicht in IA. Mancherorts scheint es, als ob die radiäre Streifung, die die ganze Rinde durchzieht, auch bis in die II. Schicht reichen würde.
494 Lobus insulae.
III. Die Pyramidenzellschicht ist von guter Breite; zwar macht sie auch in der hinteren Insel noch nicht ein Drittel der Rindenbreite (s. §3) aus, aber doch beinahe und schwankt zwischen 0.76 und 0.84 mm und erreicht wohl auch höhere Werte. Sie sind deutlich fein radiär gestreift, zwischen ein- und mehrreihigen radiären Zellstreifen finden sich etwa gleich feine, zellose oder zellarme radiäre Streifen. Dabei ist die III. Schicht zwar recht zellreich, jedoch zellklein; die Zellen sind meist ziemlich schlank pyramidenförmig und nehmen von außen nach innen an Größe zu, wenn auch nicht sonderlich. Zu innerst oberhalb der IV. Schicht bilden die relativ größeren Zellen eine deutliche IIIc-Schicht; zwischen ihr und der ebenfalls etwas dichteren IIIa-Schicht, die unmittelbar aus II hervorgeht, macht IIIb den Eindruck, blasser zu sein. Die Breite von IIIa:b:c verhält sich ungefähr wie 2:3:1.
In IIIa sind ca. 35 Zellen von pyramidenförmiger und dreieckiger Gestalt von 12-15 / 7 µ Größe; in IIIb sind ca. 32 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind die meisten nur 15/10 µ groß; in IIIc endlich ca. 26 Zellen pro 0.1 mm3 davon sind ca. 10 Zellen von 25-40-(50) / 15-18 µ schlanke und sehr schlanke Pyramidenzellen, die recht schmal sind; den Rest bilden kleine dreieckige und pyramidenförmige Zellen von 10/15 und 15/10 µ. Die großen haben meist eine Trabantzelle. Man ersieht aus diesen Zahlen, daß eigentlich die III. Schicht kleinzellig ist, da auch die großen Zellen in IIIc nur mittelgroße Zellen sind, und wenn sie durch ihren langen Fortsatz und ihre spitz ausgezogene Form auch große Höhenindices aufweisen, sie doch für diese Höhe äußerst schmal bleiben. Der scheinbare Zellreichtum beschränkt sich beim Zählen auf mittlere Werte und der Eindruck des Zellreichtums, der durch die ziemlich dichte Aneinanderreihung hervorgerufen wird, wird offenbar durch die zellosen radiären Streifen wieder beeinträchtigt (s. Tafel LVI und LVII).
IV. Die innere Körnerschicht weist eine außerordentliche Breite auf, die zwischen 0.30 und 0.36 mm schwankt und auch Werte um 0.40 mm aufweisen kann. Sie besteht meist aus kleinen Körnerzellen, und zwar sind ca. 140 Zellen pro 0.1 mm3, von denen ca. 6 die Größe von 14/12 µ haben und dreieckig sind, die übrigen aber meist eine Größe 4/4 µ, 5/5 µ, 6/6 µ u.a.m. haben. Unmittelbar unter IIIc stehen die Körnerzellen etwas lockerer zueinander, mehr in der Tiefe dagegen dichter. Gegen V zu reichen die Zellen nach Va herein. Auffallend ist es, daß die radiäre Streifung auch in der IV. Schicht sichtbar ist, so daß die zellarmen oder zellfreien Radii durch IV hindurchziehen; ein Verhalten, wie es eigentlich den Temporalformationen entspricht (s. Tafel LVI, Höhe 20 cm, Breite 13 cm, und LVII).
V. Die ganglionäre Schicht zerfällt auch in IB in eine Va und Vb und erreicht mit ihrer 0.50-0.60 mm betragenden Breite etwas über Mittelwerte. Wenn auch die Va-Schicht hier nicht diese Entwicklung hat wie in der vorderen Insel, so ist sie immerhin auch von ansehnlicher Klarheit und Dichtigkeit gegenüber Vb, das heller ist. Die Zellen von Va reichen in die unterste Reihe von IV hinauf und die Körner von IV wieder nach Va, so daß keine genaue Grenze zu ziehen möglich ist und die beiden Schichten ganz dicht aneinander liegen und ineinander übergehen. Die Zellen von Va liegen ziemlich dicht, und zwar bei einer Größe von durchschnittlich 20 / 12-15 µ liegen sie zirka zu 40 in 0.1 mm3, die meisten sind pyramidenförmig, und zwar untermittelschlank bis flach, einzelne liegen sogar in die Breite gestreckt da 8/14 µ. Jede sechste bis achte hat einen Trabantzellkern. Ist auch die Dichtigkeit der Va-Schicht viel geringer als die der vorderen Insel, so ist sie immerhin groß genug, um mit der IV. Schicht, die zellreich ist, und mit der deutlich dunkeltingierten IIIc-Schicht eine Fortsetzung des Inselgürtels auf die IB darzustellen (Abb. 79); auffallend ist nun, um wieviel kleiner die Zellen der Va von der vorderen Insel angefangen, gegen die hinteren zu werden. Man vergleiche diesbezüglich nacheinander die Tafeln LIII, LIV, LV, LVI und LVII. Die Vb-Schicht ist breiter, lichter, zellockerer als die Va-Schicht, sie enthält, ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3 von denen 12 von 20 / 12-15 µ und 18 von 10/7 µ Größe untermittelschlanke pyramidenförmige Zellen sind. Va und Vb sind nicht scharf voneinander geschieden, und an manchen Gehirnen ist auch Vb ziemlich zellreich. In V ist die radiäre Streifung kaum zu bemerken.
Area postcentralis insulae. 495
VI. Die Schicht der Spindelzellen ist mit ihrer 0.60-0.80 mm Breite relativ und absolut schmal und unter dem Durchschnitt, ganz besonders im Vergleich zur Area ins. praecentralis, die eine äußerst stark entwickelte VI Schicht hatte, die beinahe zweimal so hohe Werte erreichte. Die VI. Schicht weist gar keine radiäre Streifungen auf; VIa ist ziemlich dichtzellig, 35 Zellen pro 0.1 mm3 von 20/8 µ Größe und guter Spindelform; VIb ist relativ auch noch zellreich, ca. 20 Zellen pro 0.1 mm3 und von 15/8 µ Größe. Gegen das Mark ist die Abgrenzung eine ziemlich scharfe, so daß zwischen VIb und dem Claustrum (s. Tafel LVII) nur wenige Zellen im Mark verloren herumliegen, zum Unterschied von IA.
Die Formation der Area insularis postcentralis ist also eine granuläre, relativ schmale (2.8 mm) Formation von parietalem Typus, mit feiner radiärer Streifung der äußeren Hauptschicht, mit sehr guter, horizontaler Schichtung, mit relativ kleinen Zellen, scheinbar zellreich, abgesehen von den zellarmen Radiärstreifen, mit schwach ausgeprägtem Inselgürtel (Abb. 79) und mit breiter Molekularschicht; die Rinde hat den Typus 3, d. h. denselben Rindentypus wie das untere Parietalläppchen (s. Abb. 88); sie unterscheidet sich also recht wesentlich von der vorderen Insel, die den Rindentypus 1 oder 1 (2) aufweist; d. h. also die vordere Insel hat frontalen, die hintere parietalen Typus.
I. ist über das Mittel breit, 0.32 mm, kern- und zellarm, 4-5 Zellen pro 0.1 mm3, 4/5 µ.
II. ist schmal, 0.18 mm, aber deutlich zellreich, 120 pro 0.1 mm3, meist 4/5 bis 6/6 µ, jedoch am oberen Rand einzelne größere sternförmige Zellen, 14/14 µ.
III. ist von guter Breite, 0.78 mm, zerfällt in IIIa, b und c, mit 35, 32 und 26 Zellen pro 0.1 mm3, und zwar in a 12-15 / 7 µ, in b 15/10 µ, in c 15/10 µ und ca. 10 Zellen von 25-40 / 15-18 µ, die eine deutliche IIIc charakterisieren. Bis auf diese Zellen in IIIc ist III zellklein; es ist deutlich radiär fein gestreift.
IV. ist zellreich und sehr breit, 0.31 mm, 140 Zellen pro 0.1 mm3 von 4/4 bis 5/5 bis 6/6 µ Größe. Körner.
V. hat eine zellreiche Va, 20 / 12-15 µ große Pyramidenzellen, 40 pro 0.1 mm3 und zellarme Vb mit 10/7 µ großen Zellen, 30 pro 0.1 mm3. V ist von guter Breite, 0.53 mm.
VI. ist recht schmal, 0.73 mm, ziemlich zellreich; in VIa 35 Zellen pro 0.1 mm3 von 20/8 µ, Spindelform, und VIb etwas zellreicher als gewöhnlich, ca. 20 pro 0.1 mm3 von 15/8 µ Größe und Spindelform; gegen das Mark gut begrenzt.
Derart geformt, überzieht IB die beiden Windungen der hinteren Insel; ihre Charakteristika überschreiten nach vorn nur wenig den Sulcus centralis der Insel und gehen wie gesagt auf einen geringen Teil von IA über (IA2[B]). Dorsal gegen den Ramus superior des Sulcus circularis insulae geht sie in das Operculum parietale allmählich über, dessen Formation sie ohnehin sehr ähnlich sieht. Gegen den Ramus temporalis zeigt sich eine gewisse Änderung, welche als Zeichen der Nähe der Temporalformation (s. Tafel LVII) eine größere Breite der zellarmen Radii, also eine deutlichere radiäre Streifung aufweist und zugleich eine Verschmälerung der ganzen Rinde bedingt; man kann diese Formation als IBT bezeichnen, Area postcentralis insulae in limine temporale. Sehr auffallend ist an ihr der Zerfall der IV. Schicht durch die starke radiäre Streifung in lauter einzelne radiäre Säulchen, eine Eigenheit, die, wie wir später im 12. Kap. sehen werden, den temporalen Bildungen zukommt. BRODMANN sieht dieses Übergangsgebiet als eigene Area an wegen der ebengenannten Zeichen, die sie von der IB unterscheiden (Feld 52, Area parinsularis), ob man sie als eigene Area rechnen will oder nicht, ist, wie gesagt, vorderhand noch Geschmackssache. Nach unten ventral gegen den Inselpol zu verschmälern sich die beiden Windungen der hinteren Insel bedeutend. Die Area IB reicht nicht bis zur Umbiegungskante auf die Basalfläche, sondern hört auf, wo die Knickung zum Bogen, um auf die Orbitalfläche zu kommen, an der Lateralfläche gerade anfängt, und sie grenzt hier unmittelbar an die agranuläre piriforme Area des Randgyrus (Gyrus posterior oder Gyrus falciformis).
496 Lobus insulae.
§6 und §7 wird gemeinsam mit den §6 und §7 der IA am Ende von IC und ID, S. 499, 501, besprochen, um Wiederholungen zu vermeiden.
Der Umknickungsrand der hinteren Hälfte der Insel von der Lateralfläche des Gehirns auf die ventrale Orbitalfläche bildet einen leichten Wulst, der als Gyrus polaris (pli falciformis, Abb. 24 p. f.) bekannt ist und den man als einen Gyrus auffassen kann, dessen Kuppe an der Bildung des Inselpols teilnimmt und dessen laterale Wand zur Insel abfällt, während dessen mediale Wand sehr kurz ist und eigentlich horizontal an der Orbitalfläche verläuft. Von der Hirnbasis aus gesehen entspricht der Gyrus falciformis der äußeren Umrahmung der Umbiegung von dem vorderen in den hinteren Schenkel des lateralen Gyrus olfactorius. An dieser orbitalen medialen Wand verschmälert sich das Rindengrau medialwärts sehr rasch und hört medial an der unmittelbar an den Gyrus olfactorius lateralis angrenzenden Substantia perforata auf. Der Teil, der zur Insel als solcher gehört, also die Kuppe des Inselpols und die laterale Wand ist von der agranulären Formation der Area orbitoinsularis IC eingenommen, während der schmale Gyrus olfactorius medial davon an der medialen Wand die Area pyriformis (FK) = ID trägt. Eine Furche oder sonstige grobanatomische Begrenzung zwischen diesen beiden Gebieten ist äußerlich nicht zu sehen. Der Gyrus olfactorius, hier an der Basisoberfläche gemessen, ist ca. 4.0 mm breit. Bild 1 und 2 auf Tafel LVIII stellen zwei aufeinanderfolgende Stellen eines senkrecht zum Gyrus falciformis geführten Schnittes dar. Auf Bild 1 sieht man die orbitoinsuläre, heterotypische, agranuläre Polformation der hinteren (und mittleren) Insel IC, an die sich als Rindensaum der Gyrus olfactorius lateralis ID als Abschluß gegen die Substantia perforata S. p. (Tafel LVIII, Bild 2 links von Strich 2) anschließt.
In der Area orbitoinsularis IC ist die Rinde noch 2.7 mm breit und ziemlich gleichmäßig, nicht dunkel tingiert; außer der breiten I. Schicht ist dann makroskopisch keine Zeichnung zu sehen; man sieht, wie an der Medialseite die lichte Molekularschicht sich noch auf das Doppelte verdickt und die tingierte Rinde darunter rasch schmäler wird, dieser zweite Abschnitt entspricht dem Gyrus olfactorius lat., d.h. der Area piriformis (ID).
Es fällt zunächst die Breite der Molekularschicht auf, die gegen das mediale Ende der Rinde noch dicker wird. Von Schichtung oder Streifung ist sonst nichts zu bemerken. Der Rindentypus ist agranulär. Die Zellen sind nicht schön geordnet, sondern liegen ziemlich ungeordnet durcheinander, jedoch kann man auch an IC, sogar noch an ID, die einzelnen Schichten mit einiger Aufmerksamkeit auseinanderhalten. Im Gebiete von ID (welches Tafel LVIII, Bild 1 beim Strich 1, beginnt) wird weiter die III. Schicht auffallend zellarm, so daß bloß I, II Schicht V und VI übrigbleiben und zwischen II und V eine zellarme breite Lage III sich befindet; am Rande des Gyrus olfactorius hört die II. Schicht plötzlich mit einer glomerulösen Verdickung auf; III ist schon zellos; V und VI verschmälern sich, und es ist so, als ob ihre Zellen zerflattern würden und in lockere Verbindung träten mit den tiefen, großzelligen, ganglionären Massen der Substantia perforata, während darüber die Molekularschicht verdickt und markfaserführend weiterzieht.
Area orbitoinsularis und piriformis. 497
I | II | III | IV | V | VI | Gesamtdicke | |
In IC: | |||||||
0.30 | 0.10 | 1.00 | 0 | 0.50 | 0.80 | 2.7 | mm |
In ID: | |||||||
0.45 | 0.10 | 0.50 | 0 | 0.25 | 0.80 | 2.1 | mm |
ID an dem Ende des Gyr. olf. | |||||||
0.60 | 0.20 (Glomerulus) |
0.50 | - | 0.70 | 1.9 | mm |
I. Die Molekularschicht ist im Gebiete von IC recht breit, 0.30 mm, nicht besonders kernreich, ca. 70 Glia- und sonstige Kerne pro 0.1 mm3, davon 4-5 Nervenzellen von 7/5 µ. Beim Übergang in ID wird die erste Schicht beinahe doppelt so breit, ihre oberste Partie enthält lange, tangentiale dichte Zellzüge von Gliazellen (Ia), entsprechend Markfasereinlagerungen in diese Schicht; in der Tiefe von I sind hier ganz große, horizontalgestellte Zellen, ca. 8-10 pro 0.1 mm3 von 5/18 µ.
II. Die äußere Körnerschicht ist im Gebiete von IC äußerst schmal, 0.10 mm; sie hat auch nicht mehr Körnchencharakter, sondern es sind dreieckige und sternförmige und kahnförmige Zellen; letztere besonders münden am Rand gegen I, die von verschiedener Größe sind, meist 12/10 µ groß, dreieckig in unregelmäßigen Abständen voneinander, ca. 40 pro 0.1 mm3. Im Gebiete von ID wird diese Schicht noch unregelmäßiger, bildet kleine, nur wenig zusammenhängende Häufchen von meist größeren Zellen. In der äußersten Lage gegen I sind hauptsächlich unregelmäßig kahnförmige und sternförmige Zellen von 7/20 µ mit mehreren Fortsätzen, in den Lagen darunter meist größere dreieckige Zellen von 14/14 µ, und zwar ungefähr 50-60 Zellen pro 0.1 mm3, dort wo Häufchen vorhanden sind, dazwischen aber Zwischenräume mit nur spärlichen Zellen. Vor dem Ende von ID wird II sehr zellarm und zeigt größere, beinahe zellose Zwischenräume (Tafel LVIII, Bild 2, Höhe 35 cm. Breite 18 cm); wo II aufhört, bildet dieselbe einen 0.6 mm langen und 0.2 mm breiten Glomerulus von 60 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe der größeren Zellen von II, also meist sternförmige und dreieckige unregelmäßig geformte Zellen von 10/20 µ und 15/15 µ . Jenseits des Glomerulus hört II mit vereinzelten letzten Zellen ganz auf. Dieses Verhalten erinnert ganz an die Art, wie die Area FK, die ebenfalls den Gyrus olfactorius lateralis bildet, gegen die dahinter liegende Substantia perforata aufhört. Vgl. hierzu Tafel XLI, Bild 4 bei Strich 1. - Auch die relative Größe der Zellen der II. Schicht, ihre Stern- und Kahnform, ihre Tendenz, kleine Gruppen und Häufchen zu bilden, sind echt typische Zeichen für die Teile des sog. Riechhirns und seiner nächsten Umgebung überhaupt (s. 4. Kapitel, S. 122).
III. Die Pyramidenschicht zeigt im Gebiete von IC auf der Wand der Insel noch eine gute Breite von 1.0 mm. Sie weist weder eine radiäre Streifung noch eine Unterschichtung auf. Sie ist sehr wenig zelldicht und nicht zellgroß, ca. 20 Zellen pro 0.1 mm3, von 15/10 µ in der äußeren Lage, und ca. 16 Zellen pro 0.1 mm3 von 20/10 µ Größe in der tiefen Lage von III. Die Zellen sind pyramidenförmig, mittelschlank, liegen sehr unregelmäßig und sind schlecht orientiert, indem ihre Spitze nicht immer direkt gegen die Oberfläche zeigt, sondern in sehr verschieden schiefe Richtungen kommt. Die obere Grenze gegen II ist nicht scharf; ebenso ist die untere Grenze nur annähernd anzugeben, da keine IV Schicht besteht und die III. Schicht direkt in die ebenfalls Pyramidenzellen führende V Schicht übergeht.
498 Lobus insulae.
Weiter medial verliert die III. Schicht immer mehr an Zellen, bis sie im Gebiete von ID ganz zellarm, fleckenweise sogar zellos wird; oft zählt man bloß 2-3 Zellen pro 0.1 mm3 daneben wieder 12-14 Zellen pro 0.1 mm3. Die Zellen sind dreieckig und flach Pyramidenförmig, 20/15 µ und 15/15 µ.
Unterhalb des Endes von II, wo die glomerulöse Anschwellung sich befindet, hört auch III vollkommen auf.
IV. Eine innere Körnerschicht besteht überhaupt nicht oder in IC (Area orbitoinsularis) nur in Resten von kleinen Zellhäufchen von losen Körnerzellen.
V. Die ganglionäre Schicht ist in IC noch von guter Breite, 0.5 mm, ziemlich zellreich an mittelgroßen und übermittelgroßen, schlanken Pyramidenzellen von 20-30 / 12-15 µ in einer Anzahl von ca. 25 pro 0.1 mm3; dieselben machen zum Unterschied der Zellen der III. Schicht einen wohlgeordneten Eindruck, sie sind alle gut senkrecht zur Oberfläche orientiert. Man kann an der V. Schicht keine Unterschichten in der Area orbitoinsularis erkennen. Gegen III ist die Schicht inselwärts mit den letzten Ausläufern der inneren Körnerschicht abgegrenzt, doch weiter ventral nicht mehr, da gehen die Zellen von III und V ineinander über. Gegen ID zu verschmälert sich V zusehends auf die Hälfte seiner Breite bei sonst ziemlich gleichbleibender Struktur und Zellgröße, nur geraten noch gegen das Ende von ID auch hier die Pyramidenzellen in Unordnung, haben nicht mehr ihre schöne aufrechte Stellung, sondern liegen ein bißchen ordnungslos im Gewebe herum (Tafel LVIII, Bild 2, wo das Zeichen V steht).
Wo II und III aufhören, hört größtenteils unter Strich 2 auch V auf; nur lockere, im Gewebe verlorene Zellen ziehen in der horizontalen Richtung noch im Gewebe weiter.
VI. Die Spindelzellenschicht ist im Gebiete von IC auch nicht sehr breit, 0.80 mm. VIa ist relativ dicht, ca. 35 Zellen pro 0.1 mm3, es sind spindelförmige und dreieckige Zellen, arg durcheinander gemischt von 20/10 µ Größe. Auch VIb ist nicht zellarm, ca. 20 Zellen. von 15/8 µ. Gegen das Mark ist die Grenze ziemlich unscharf.
Gegen ID zu werden die Zellen in VI scheinbar etwas größer. Es sind hier ca. 26 Zellen pro 0.1 mm3 und davon sind viele nicht spindelförmig, sondern dreieckig und schlank pyramidenförmig nach allen möglichen Richtungen schief und horizontal orientiert, von der Größe von 25-30-40 / 10 µ und 20/10 µ und noch kleinere darunter. VIb ist nicht mehr zu erkennen. Die unteren Partien von V und die ganze VI Schicht zieht nun dort, wo die II., III. und der obere Teil der V. Schicht aufhört (Tafel LVIII, Bild 2 unter Strich 2) ruhig horizontal 1.6 mm unterhalb der Oberfläche der Molekularschicht weiter und vereinigt sich oder tritt in Verbindung mit der großzelligen ganglionären Masse der Substantia perforata in Tafel LVIII, Bild 2, Höhe 30 cm, Breite 5 cm.
Die Area orbitoinsularis IC ist eine heterotypische (agranuläre) isogenetische Cortexformation. Die Area piriformis insulae ID, die eigentlich identisch ist und bloß die Fortsetzung nach hinten ist der Area piriformis frontalis FK des Gyrus olfactorius lateralis, ist eine allogenetische rudimentäre Cortexformation wie diese.
Derart geformt überziehen also die heterotypische Area orbitoinsularis und die allogenetische piriformis insularis den Gyrus polaris und die untere laterale Inselpartie sowie auch den Gyrus olfactorius lateralis an seiner Umbiegungsstelle (Abb. 95). Nach vorn geht die Area orbitoinsularis IC in die Area frontoinsularis FI (ebenfalls agranulär) über (siehe Abb. 70, 71, 76); sie weist wie diese den Pyramiden-Rindentypus 1 auf (Abb. 88); die Area piriformis insularis geht vorn unmittelbar in die ganz ähnlich gebaute (bis auf den Zellverlust in III) Area piriformis frontalis FK. Nach oben lateral geht die Area orbitoinsularis in die Area praecentralis insulae (IA2 und IAB) und mit einem Teil in die Area postcentralis (IB und IBT) über. Gegen die temporale Oberfläche der Fissura Sylvii geht die Area orbitoinsularis in die agranuläre Partie, die Area temporopolaris TGa über. Die Area piriformis insularis ID geht hinten in die ähnlich gebaute Area pyriformis temporalis (TI) über. Medial nach innen von ID hört die Rinde auf, und nur ihre tiefsten Lagen gehen lose Verbindungen mit den Zellverbänden der mehr oder weniger großzelligen ganglionären tiefen Massen der Substantia perforata ein (S. p. Tafel LVIII, Bild 2). Die Area piriformis insularis entspricht, wie gesagt, dem mittleren Teil des Gyrus olfactorius lateralis und gehört jedenfalls zum „Riechhirn". Es ist nun höchstwahrscheinlich, daß die ebenfalls heterotypisch gebaute Area orbitoinsularis, in der der eigentümliche deffektuöse Zellaufbau des Gyrus olfactorius sich vorbereitet, ebenfalls zum Riechhirn gehört. IC verhält sich zu ID ganz ähnlich wie FI zu FK.
Area orbitoinsularis und piriformis. 499
Medial von der Area piriformis befindet sich die Substantia perforata anterior (lateralis) (Abb. 1 und 2, Tafel LVIII S. p.), die aus einer der Molekularschicht entsprechenden Grundsubstanz besteht. In ihr sind vielfach recht große Zellen mit dreieckiger, meist spindelförmiger oder sternförmiger Gestalt, die in größeren und kleineren Zellzügen geordnet sind, welche Zellzüge vielfach durch dicke Markfaserzüge voneinander getrennt sind. Diese Zellzüge hängen einerseits mit der inneren Hauptschicht der Rinde (V + VI) zusammen, als deren Fortsetzung sie dann erscheinen, trotz der Modifikation, die in gewissem Sinne ihre Zellformen erfahren, andererseits hängen sie in der Tiefe vielfach zusammen mit anderen ganglionären Zellzügen g, die sich so bis zu den Stammganglien und nach vorn zu frontal bis zum Claustrum der Insel verfolgen lassen. Näher der Oberfläche zu sind in den lateralen Teilen der Substantia perforata anterior vielfach kleinere Zellen zu glomeruli-ähnlichen Häufchen geordnet. Die Substantia perforata weist also hier den Bau auf, den wir als Area TK bezeichnen und bei Beschreibung des Temporallappens näher besprechen wollen (S. 413 u. 430, siehe auch 12, Kap. D, 1, §5); es wäre nur hier die Eigenheit zu vermerken, daß ihre oberflächliche Lage in der Nähe der Insel sehr zellarm ist.
MEYNERT war wohl der erste, der das Claustrum als eine besondere Bildung der Hirnrinde der Inselformation ansah; Seite 103 und 483 haben wir schon alles Diesbezügliche gesagt und bezüglich der groben Anatomie alle für uns nötigen Einzelheiten angeführt. Näheres über den Zellaufbau der Inselrinde hat MEYNERT nicht angeführt, außer daß sie die gleichen (5) Schichten wie die übrige Großhirnrinde besitzt. Er legte der Insel besondere Wichtigkeit bei und nahm wegen ihren starken Entwicklungen beim Menschen an, daß sie mit der Sprachfunktion in irgendeinem Zusammenhang stehe.
BETZ hat äußerst richtig beobachtet, daß die Zellen der V. Schicht in der Insel äußerst stark entwickelt sind, „ebenso", sagt er, „wie im Gyrus cinguli"! Der Vergleich ist zum Teil, wie wir gesehen haben, sehr treffend. Den Unterschied zwischen vorderer und hinterer Insel erwähnt er nicht.
HAMMARBERG führt diesen Betzschen Befund an, ohne ihn scheinbar weiter zu bestätigen. Er beschreibt selbst bloß die Rinde der vorderen Insel und erwähnt richtig die Mächtigkeit der VI. Schicht; auch er beschreibt eine schmale IV Schicht, doch hat er den „Inselgürtel" übersehen, obschon er durch BETZ' Untersuchungen darauf aufmerksam gemacht worden war.
CAMPBELL unterscheidet cytoarchitektonisch schon eine durch den Sulcus centralis insulae geteilte Area insularis anterior und eine Area posterior.
BRODMANN (Abb. 8) teilt ebenfalls die Insel in eine Area insularis praecentralis und Area insularis postcentralis ein. Leider hat er für die menschliche Insel keine architektonische Beschreibung und keine Bilder gegeben. So daß man bezüglich der Details auf seine Untersuchungen an Affen und Halbaffen angewiesen ist. Nach BRODMANN ist die Area insularis praecentralis agranulär, d. h. sie enthält keine (IV.) innere Körnerschicht. Wir haben schon Seite 485, 489 darauf aufmerksam gemacht, daß dies für den Menschen nicht ganz stimmt. Immerhin können wir unsere Area IA, Area praecentralis insularis mit der Area insularis anterior BRODMANNs, d. i. Feld 14, identifizieren, obschon scheinbar auch er nicht den Inselgürtel der V. Schicht bemerkt hat; seine Area insulae posterior = Feld 13 entspricht unserer Area insularis postcentralis IB. Außerdem unterscheidet BRODMANN in der Regio insularis noch zwei Areae, und zwar eine Area insularis ventralis (orbitalis) Feld 15, die unserer Area orbitoinsularis IC zu entsprechen scheint, da sie ebenfalls als agranulär angeführt wird, und eine Area insularis oralis (oder olfactoria) Feld 16, die vielleicht unserer Area frontalis piriformis FK entspricht oder evtl. Teilen unserer Area frontoinsularis FI. Jedoch ist es nach der Beschreibung, die er von Affen und Halbaffen gibt, nicht möglich, diese Gegenden genau zu identifizieren. Vielmehr glauben wir, daß bei Beschreibung seiner Area ant. ins. Feld 14, die agranulär sein soll, BRODMANN vielleicht Präparate des vordersten Gyrus brevis accessorius mit der Formation FI vor sich gehabt haben dürfte, und im übrigen scheinen hier bei Tier und Mensch in der vorderen Insel verschiedene Verhältnisse vorzuliegen.
500 Lobus insulae.
CAJAL hat mittels seiner Silberimprägnationsmethoden auch einen besonderen Bau für die Inselrinde nachweisen können. Das Claustrum sieht er ebenfalls nicht als zur Inselrinde gehörig an, da die Dendriten seiner Zellen nicht zur Rinde ziehen und die Achsenzylinder ins Mark gehen. Auch zum Corpus striatum gehört nach CAJAL das Claustrum nicht, sondern es ist eine Bildung für sich. Die übrige Inselrinde teilt CAJAL nicht in weitere Unterbezirke ein; er unterscheidet an ihr 7 Schichten: 1. plexiforme Schicht = unsere I; 2. kleine Pyramidenzellen = unsere II; 3. mittelgroße Pyramidenzellen = unsere III; 4. Körner = unsere IV, von der er sagt, daß sie in der Jugend besser angedeutet ist als im Alter; 5. große Pyramiden- und Spindelzellen = unsere V, enthalten größere Pyramidenzellen als III, sind äußerst schmal und schlank; außer diesen auch von uns mittels Toluidinblau gesehenen Zellen beschreibt er auch große Spindelzellen, deren Schäfte zwei- und dreifach geteilt sind; 6. dreieckige und kleine Spindelzellenschicht = unsere VIa- und b-Schicht, die Zellen dieser Schicht haben nach CAJAL bis zu 16 Trabantzellen, außerdem enthält diese Schicht auch spezifische akustische Zellen (s. S. 65) mit langem horizontalen Fortsatz; 7. Substantia fibrocellularis = Capsula extrema, 2-2.5 mm breit.
Die Inselrinde sieht nach CAJAL der Temporalrinde ähnlich und enthält auch die "spezifischen akustischen" Zellen derselben! Wahrscheinlich hat CAJAL bloß die hinteren Inselpartien untersucht, und seine ausführlichen und schönen Befunde sind aus diesem Grunde bis auf weiteres für uns nicht unmittelbar verwertbar.
Markbild. Auch die Studien, die über die Myeloarchitektonik der Inselrinde bisher geführt worden sind, haben zu keinem Abschluß noch geführt. Mit den Untersuchungen von KAES können wir vorderhand nichts anfangen trotz der schönen Bilder, die er gibt, weil wir nicht wissen, aus welchen Teilen der Insel seine Bilder entnommen sind. Die Untersuchungen CAMPBELLs und die ELLIOT SMITHs haben auch mittels der myeloarchitektonischen Untersuchungen der Inselgegend eine Area praecentralis von einer Area postcentralis unterscheiden können; letzterer unterscheidet auch noch eine Area insularis inferior, die unserer Area orbitoinsularis IC entsprechen dürfte, sowie eine Area piriformis (wohl unser ID). Nach SMITH hat die Area insularis praecentralis zwei gut sichtbare schmale Baillarger Streifen (s. Abb. 5, Nr. 17).
MAUSS hat an Affen die Insel myeloarchitektonisch untersucht und sagt, in der Area insularis anterior (unser IA) sei die Rinde breit, faserarm, auch myeloarchitektonisch nicht deutlich geschichtet. I. Schicht sehr arm an Tangentialfasern; II. faserarm, kein Kaesscher Streifen; III. faserarm, wenig Radiärfasern; IV. zarter Baillarger (stellenweise verdoppelt). In der Tiefe kein zweiter Baillarger; Va etwas aufgehellt, Radiärfasern aus dünnsten Bündeln, weitständig, vielfach geschlängelt. Auch die Area insularis posterior (unsere IB) sei faserarm; I arm an Tangentialfasern, II ohne Kaesschen Streifen, III ebenfalls faserarm; in III sind zwar Bündelchen von Radiärfasern, die jedoch nicht genügend erklären, woher dann die deutlich radiäre Streifung im Zellbild stammt; in der inneren Hauptschicht sind alle Fasern schief angeschnitten wegen offenbar gewundenen Verlaufs.
VOGT hat seine myeloarchitektonischen Studien über die Inselrinde, von denen wir endlich eine gründliche Aufklärung der Markverhältnisse erwarten, leider noch nicht veröffentlicht. So schließen wir mit der traurigen Beobachtung, daß wir über die Myeloarchitektonik der Inselrinde noch nicht genügende Kenntnisse besitzen und daß die tierische Myeloarchitektonik, soweit sie bekannt ist, uns nur wenige Anhaltspunkte gibt, um an Hand derselben mit der menschlichen Cytoarchitektonik die Bilder in Einklang bringen zu können. FLECHSIGs schema (Abb. 90 und 91) weist den hinteren Teil der Insel (22) zu den spätreifenden Intermediärzonen; seine Zone II mag in irgendeiner Verbindung zu unserer FI sein, die mit dem Gyrus olfactorius lateralis in engem Zusammenhang ist, während er die Zone IC als Terminalgebiet 32 bezeichnet, ein Umstand, der uns in bezug auf das, was wir S. 194 erwähnt haben, sehr auffällig erscheint, da diese Gegend doch heterotypisch gebaut ist. Jedenfalls wird es nötig sein, diesbezüglich noch Nachforschungen anzustellen (s. S. 448).
Area orbitoinsularis und piriformis. 501
Was die physiologische Dignität der Insel als solche anlangt, hat die Meynertsche Ansicht, daß die Insel mit der Sprache in Verbindung stehe, klinisch viel für sich. MEYNERT war allerdings auf anderem Wege als die heutige Pathologie zu dieser Meinung gekommen, und zwar dadurch, daß ihm die stärkere Entwicklung der Insel bei gleichzeitiger Opercularisierung beim Menschen zum Unterschiede vom Tier aufgefallen war. Allerdings müssen wir gleich erwähnen, daß die Inselrinde in der ganzen Säugetierreihe ebenfalls gut entwickelt ist und bei niederen Sippen nach BRODMANN sogar relativ eine viel größere Ausdehnung besitzt als beim Menschen. Daß Herde dieser Gegend Aphasie erzeugen, und daß man daher sogar von Inselaphasien spricht, ist allgemein bekannt (Abb. 98); solche Inselaphasien lassen das Sprachverständnis intakt, während mehr die expressive Sprache geschädigt ist, und zwar nicht im Sinne einer Wortstummheit, sondern bloß im Sinne von Paraphasien und erschwertem Nachsprechen; man nimmt infolgedessen an, daß dabei bloß die Leitung zwischen motorischem und sensorischem Sprachzentrum unterbrochen ist durch Störung der Verbindungsbahnen, die im Mark unterhalb der Inselrinde vorbeilaufen. Es gilt also diese Störung heute nicht mehr als eine durch Läsion des Cortex der Insel hervorgerufene, und man sieht nicht mehr die Sprache als in irgendeiner Beziehung zu der corticalen Funktion der Insel stehend an.
CAMPBELL wollte in der Insel das Geschmackszentrum suchen. Soweit dieses „Zentrum" die primäre Endigung der sensiblen Fasern des Geschmackes im Cortex sein sollen, müssen wir das als sehr unwahrscheinlich erklären, da die Cytoarchitektonik gar nicht dafür spricht, und wir verweisen diesbezüglich auf das Seite 479 Gesagte, wo wir speziell auf die granulöse Verwandlung bedeutender Partien der Rinde zu einem Koniocortex als Anzeichen der primären, corticalen, sensorischen Zentren hinwiesen. Einfach weil wir für das Geschmackszentrum noch keine Lokalisation und für die Insel noch keine Funktion haben, dieselben zusammenzulegen, ist ein unstatthafter Versuch.
Wir möchten hier jedoch unpräjudizierlich auf eine starke anatomische Analogie aufmerksam machen, die vielleicht von heuristischem Werte sein kann. Wir haben schon erwähnt, welch große Ähnlichkeit die Formation FI, die Area frontoinsularis, welche den Gyrus olfactorius lateralis begleitet, mit der vorderen cingulären Formation LA (und ihrer frontalen Fortsetzung FL) hat, welche zur Radix und zum Gyrus olfactorius medialis in Verbindung steht, sogar die Formelemente der großen Stäbchen- und Korkzieherzellen, die man sonst nirgends in der normalen Rinde findet, sind in LA und FI dieselben (die Area IC ist z. T. bloß die Fortsetzung von FI caudalwärts). Ferner ist der ganze Gyrus cinguli und seine Übergangspartien zum Frontalhirn, ob agranulär oder granulär, durch eine starke V Schicht (Dichtigkeit sowohl als Zellgröße dieser Schicht sind auffallend) ausgezeichnet; nicht nur die Area frontoinsularis FI, die den vordersten Gyrus der vorderen Insel bekleidet, hat auch diese Charakteristica, sondern auch die Area insularis praecentralis IA in der Form des Inselgürtels, der sich übrigens auch auf die hintere Insel zum Teil erstreckt; wir haben hier in der Insula praecentralis (und sogar in der Insula postcentralis) dasselbe Verhalten, wie wir es in FCL, FDL, FEL haben, also auch in IA, nur in letzterem deutlicher ausgesprochen, nämlich den Typus einer frontalen Formation mit der der limbischen oder, besser gesagt, der olfactorischen Formation eigenen Überentwicklung der V. Schicht (s. Abb. 79 und 80), und ebenso ist es zum Teil auch in der hinteren Insel, IB (man vergleiche hierzu die frappante Ähnlichkeit zwischen IA(2)(B) und LC1, wie sie sich aus einer Nebeneinanderstellung der Tafeln LV und XLVIII ergibt; nur das Claustrum der Insel markiert hier den Unterschied), die sich diesbezüglich wie LC verhält (die granuläre limbische Formation), die ebenso wie IB nicht mehr den frontalen Typus der architektonischen Formation, sondern beide eher den parietalen Formationstypus aufweisen. Beachtet man nun, daß sich der Lobus limbicus in engstem Zusammenhang mit dem Gyrus olfactorius medialis befindet und bedenkt man wieder, daß die Insel sich an ihrem Pol in engem Anschluß an der lateralen Seite des Lobus piriformis oder an seinem phylogenetischen Rest den Gyrus olfactorius lateralis entwickelt (Abb. 61, 62 und 63) und derselbe (auf dem Wege zum Uncus) mit seiner Area piriformis ID als Inselpol zeitlebens mit ihr in Verbindung bleibt, so fällt die Analogie in die Augen, daß die durch ihre starke Entwicklung der V. Schicht und durch andere cytoarchitektonische Merkmale (den Wechsel agranulärer und granulärer.Partien, ferner Korkzieherzellen usw.) verwandten Formationen der Insel und des Lobus limbicus, beide in Zusammenhang mit je einer der Olfactoriuswurzeln oder, besser gesagt, dem medialen oder dem lateralen Gyrus olfactorius stehen. Sie bilden also gleichsam nicht nur architektonisch, sondern auch topographisch zwei analoge Seitenstücke, denn ebenso wie der Gyrus cinguli (limbicus) sich zum Gyrus olfactorius medialis an der medianen Hirnwand verhält, ebenso verhält sich auch die architektonisch ähnlich gebaute Insel an der lateralen Hirnwand zum Gyrus olfactorius lateralis. Diese topographische Analogie und die cytoarchitektonische Analogie sind in die Augen springend. Daraus einen physiologischen Schluß zu ziehen, ist vielleicht noch verfrüht, immerhin aber ist dieses Verhalten ein Fingerzeig, in welcher Richtung weitere Aufschlüsse zu suchen sein werden, nämlich ob nicht die Insel oder wenigstens wichtige Teile derselben eigentlich auch zum sog. „Riechhirn" gehören. Ob die granulären Teile mit dem Parietaltypus 3 der Rinde der Insel (IB) als zur sensorischen Assoziationssphäre des Geruchsinnes zu zählen wären, die granulären vom frontalen Rindentypus 2 (evtl. 1 [2]) FCL, FDL, FEL und IA als motorisch assoziative Sphären dieses Sinnes, die rein agranulären vom Pyramidentypus 1 wieder (FI und IC und LA) als motorisch oder wenigstens unmittelbar efferente Stellen zu werten wären, möchten wir vorderhand bloß als Möglichkeiten zu weiterer Forschung angedeutet haben, ohne einer solchen Hypothese noch einen anderen Wert beizumessen, da uns ja bisher alle festen Grundlagen zu einer solchen Einteilung fehlen und wir in unseren Studien heutzutage in der Architektonik noch zu wenig weit fortgeschritten sind, um mit größerer Wahrscheinlichkeit solchen Gedanken nachhängen zu können. Ähnliche Überlegungen auf der späten Markreifung eines Teiles der Insel (der unserem IAB und IA2 vielleicht entsprechen mag) mögen auch FLECHSIG veranlasst haben, hier ein insulares Assoziationsfeld 32 für die Verwertung der Geschmacks- und Geruchseindrücke anzunehmen. Allerdings ist die Bezeichnung der Insel auf dem Flechsigschen Bilde so schematisch, daß dieses Feld 32 auch der heterotypisch, gebauten Area IC entsprechen könnte, was dann alle Versuche, Resultate der myelogenetischen Methode mit denen der cytoarchitektonischen zu vergleichen, durchkreuzen würde.
Über die Projektionsfasern aus der Insel ist bisher noch nichts Sicheres bekannt.
502 Lobus insulae.
503
Regio postcentralis (parietalis anterior): Area postcentralis gigantopyramidalis PA1; Area postparacentralis gigantopyramidalis PA2; Area postcentralis oralis granulosa PB1; Area postcentralis oralis simplex PB2; Area postcentralis intermedia PC; Area postcentralis caudalis PD.
Regio parietalis superior: Area parietalis superior (magno- et parvocellularis) PE(m,p); Area parietalis superior gigantocellularis PEγ.
Regio parietalis inferior et basalis: Area supramarginalis PF; (Area supramarginalis tenuicorticalis PFt); (Area supramarginalis opercularis PFop); (Area supramarginalis columnata PFc); Area angularis PG; Area parietalis basalis PH.
BETZ war wohl der erste, der im Jahre 1874 den Gedanken aussprach, der Sulcus Rolando teile die Großhirnoberfläche in zwei ganz verschiedene Gebiete, ein vorderes, in welchem die großen Pyramidenzellen vorwalten, und ein hinteres (samt Schläfelappen), in welchem wieder die „Kernschichten" am meisten auffallen. In Anlehnung an MEYNERT, der die Kernschichten für sensible architektonische Gebilde hielt, und gestützt auf seine eigene Entdeckung der (Betzschen) Riesenpyramidenzellen in der vorderen Zentralwindung, bezeichnete er den Teil vor der Rolandoschen Furche als motorisch, den Teil dahinter als sensibel und stellte das Großhirn sogar in Parallele zum Rückenmark, indem er die Rolandosche Spalte mit dem seitlichen Einschnitt zwischen dem Vorder- und dem Hinterhorn verglich und das Großhirn vor dieser Zentralfurche mit dem motorischen Rückenmarksvorderhorn, und die hinter der Zentralfurche gelegenen Partien des Großhirns mit dem sensiblen Hinterhorn des Rückenmarks gleichstellen wollte. Zwar wußte BETZ damals schon ganz gut (1874), daß sich auch im Stirnhirn „Kernschichten" und auch in den hinteren Partien des Großhirns stellenweise große Zellen (sog. Riesenzellen) vorfinden, doch behielt er diesen Leitgedanken, den er auch bei den Tierhirnen bestätigt gefunden hatte, bei. Die kurz darauf gemachten Fritscheschen und Hitzigschen Entdeckungen von elektrisch erregbaren motorischen Reizpunkten im vorderen Teil des Großhirns waren ihm bald ein Beweis für die Begründetheit seiner Annahme, und wenn dieser Vergleich des Präzentralhirns mit dem Vorderhorn und des Retrozentralhirns mit dem Hinterhorn uns heute etwas sonderbar anmutet, so müssen wir dieser alten Idee doch mehr als einen bloß heuristischen Wert zubilligen, zumal es sich als richtig gezeigt hat, daß zwar nicht die ganze vor der Zentralfurche gelegene Großhirnpartie „motorisch" und noch weniger die ganze hinter der Zentralfurche gelegene Partie „sensibel" ist, daß aber andrerseits wohl umgekehrt, im großen ganzen genommen, wenigstens der allergrößte Teil von alledem, was motorisches Zentrum ist, tatsächlich vor der Zentralfurche sich befindet, und wiederum alles, was sicher sensibles Zentrum ist, hinter der Zentralfurche zu liegen kommt, wenn auch in weiten Abständen voneinander; insoweit teilt also die Rolandosche Furche das Gehirn tatsächlich in zwei, vielleicht prinzipiell verschiedene Teile. Wir wissen heute, daß keineswegs eine mit Körnerschichten versehene Rindenpartie deshalb schon sensibel sein muß, und daß auch große Teile des Frontalhirns (FC, FD, FE, FF, FH, FG usw.) ihre Körnerschichten besitzen. Obschon nun auch diese Regionen des vor der Rolandoschen Furche gelegenen Hirns zum Teil eine äußere und innere Körnerschicht aufweisen, so ist es doch wieder auch richtig, daß die Regionen hinter der Zentralfurche samt und besonders granulär sind 1) [footnote p 504 1) Die Ausnahme der retrosplenialen Area LD haben wir schon erwähnt (S. 465), und hinzuzufügen wären bloß noch gewisse Teile des Allocortex (Ammonshorn).] und daß die Körnerschichten in diesen Regionen hinter der Zentralfurche um so viel deutlicher ausgeprägt sind als im Frontalhirn (Abb. 70 und 71), und zwar sowohl was ihren Zellreichtum und ihre Zellform (als richtige Körner) als auch ihre Breite als Schicht anlangt, so daß auf den ersten Blick nach diesem Kriterium ein Hirnrindenschnitt als zu den vorderen oder hinteren Partien gehörig agnosziert werden kann. Und dieser Betzsche Gedanke findet sich bei allen Autoren, die sich mit der Cytoarchitektonik des Gehirns befaßt haben, immer wieder angeführt und angewendet, wohl auch vielfach ohne Erwähnung seiner Herkunft.
504 Lobus parietalis.
Der Lobus parietalis ist nun, wie aus dem Gesagten schon hervorgeht, durchaus granulär. Grobanatomisch gehört zu ihm die hintere Zentralwindung, der obere und der untere Parietallappen. Wir haben jedoch schon im 5. Kap., S. 215, erwähnt, daß die cytoarchitektonische Umgrenzung dem Parietallappen weitere Grenzen gewährt als die grobanatomische. Letztere verlegt seine hintere Grenze in eine ideale Verbindungslinie des Hakens der Parietooccipitalfurche an der oberen Mantelkante mit der Incisura praeoccipitalis (Abb. 21, po-ipo) an der unteren Mantelkante; wir verlegen dagegen (mit EBERSTALLER) auf Grund des Zellbaues der Rinde diese hintere Grenze bis zum Sulcus interoccipitalis (so1); während man ferner die untere Grenze an der Konvexität in einer Linie sucht, die die Sylvische Furche nach hinten fortsetzen würde, hat uns der Zellbau gelehrt, daß das breite Zwischengebiet zwischen Occipital- und Temporallappen über die ventrale Konvexität und Basalfläche hinüber bis an den Truncus der Calcarina und Parietooccipitalfurche zum unteren Scheitellappen zu zählen ist, als sog. Regio parietalis basalis. Cytoarchitektonisch weist dieses ganze große Gebiet des so erweiterten Scheitellappens viele verschiedene Felder auf (Abb. 96 und 97 rot); bei der symbolischen Buchstabenbezeichnung desselben wollen wir den großen Anfangsbuchstaben P den einzelnen Felderbezeichnungen zur Kennzeichnung ihrer Zugehörigkeit zum Parietallappen vorsetzen.
Der grobanatomischen Einteilung des Lobus parietalis in drei Gebiete entspricht auch in großen Zügen so ziemlich die cytoarchitektonische - wenn auch nicht ganz genau. Wir können eine Regio parietalis postcentralis unterscheiden (auf Abb. 96 und 97 ziegelrot), die der hinteren Zentralwindung entspricht, eine Regio parietalis superior (mittelrot), und eine Regio parietalis inferior (lichtrot), zu welch letzterer die neu hinzugekommene Regio parietalis basalis (dunkelrot) dazugehört.
Da die Formationen, welche die hintere Zentralwindung überziehen, zum Teil eine gewisse Ähnlichkeit mit denen des oberen Parietalläppchens haben, wollen wir letzteres unmittelbar im Anschluß an die hintere Zentralwindung besprechen. Die Formationen des oberen Scheitelläppchens und der hinteren Zentralwindung sind, wie gesagt, alle granulär und zeigen außerdem einige gemeinsame Charakteristica, zu denen gehört eine sehr deutliche Schichtung, eine äußerst lichte V Schicht, eine wenn auch nicht starke, so doch merkbare breitradiäre Streifung (s. Abb. 45 und 46) und eine relative Schmalheit der Rinde (Abb. 26 und 27); innerhalb dieser granulären Formationen sticht in der vorderen Wand der hinteren Zentralwindung eine granulöse, äußerst dünne Area ab, die eine hochgradig sensibel differenzierte Zone darstellt und das architektonische, homotypische, gewöhnliche, sechsschichtige Bild des Lobus unterbricht. Auch in dem myeloarchitektonischen Bild sind sowohl die Formationen der hinteren Zentralwindung als die des oberen Parietalläppchens bistriär (d.h. daß beide Baillargers gut zu sehen sind); sie zeigen also eine nähere Verwandtschaft zueinander als zum unteren Scheitelläppchen, das astriär ist (s. S. 583 und Abb. 9b).
Die Formationen der Regio parietalis inferior dagegen haben cytoarchitektonisch im allgemeinen einen etwas breiteren Rindentypus, der feinst radiär und sehr deutlich und auffallend gestreift ist (Abb. 45 und 46), kleinzelliger ist (Abb. 74, 75 und Abb. 79, 80), keine so prägnante Aufhellung der V. Schicht aufweist (Abb. 81, 82), obwohl auch hier, besonders infolge der breiten IV. Schicht, die horizontale Schichtung eine sehr deutliche ist. Auch ist im myeloarchitektonischen Bild, diesem Verhalten der V. Schicht im Zellbild entsprechend, kein Baillargerscher Streifen zu sehen; sie ist, wie gesagt, beinahe astriär. Ferner ist die VI. Schicht relativ recht breit (Abb. 83 und 84). Die Formation des Lobus parietalis inferior ist nicht so einheitlich, wie die des superior, aber immerhin hat sie für sich ein typisches Gesamtaussehen, das, wie gesagt, recht verschieden ist vom Typus des Lobulus parietalis superior. Sie sieht gewissen Temporalformationen viel ähnlicher als etwa dem oberen Scheitelläppchen und es ist auch ihr Übergang zu diesen Temporalformationen ein recht allmählicher (Abb. 88). Außerdem bleibt die Formation des unteren Parietallappens, wie gesagt, nicht auf den grobanatomischen Begriff des unteren Parietallappens beschränkt, sondern schickt zwischen Occipital- und Temporallappen ein breites Zwischenfeld, das an die Hirnbasis und mediane Fläche gelangt (siehe diesbezüglich Allgemeinen Teil, 5. Kap., S. 215; Näheres darüber ist noch auf S. 587 nachzusehen).
Regio postcentralis. 505
Die hintere Zentralwindung ist von vier (eigentlich fünf) verschiedenen Formationen eingenommen, die parallel nebeneinander der Länge nach vom Operculum Rolando bis hinauf zum Parazentralläppchen reichend, die Rindenoberfläche des Gyrus centralis posterior als streifenförmige Areae überziehen. Hier wie sonst wollen wir uns, soweit eine Homologisierung unsrer Areae mit denen von CAMPBELL und BRODMANN usw. möglich ist, an die von diesen früheren Forschern gegebene Nomenklatur halten. In der Talsohle der großen Rolandoschen Zentralfurche selbst zieht als erster dieser Streifen eine Formation, die einige Charakteristica der Parietalformation mit solchen der Area praecentralis verbindet und die wir als Area postcentralis gigantopyramidalis PA bezeichnen wollen (s. Abb. 92 und 133a und 133b); teilweise reicht sie manchmal auch etwas auf die hintere Wand der vorderen Zentralwindung über, größtenteils nimmt sie aber bloß den Talgrund und die untersten Partien der vorderen Wand der hinteren Zentralwindung ein. Sie bleibt also dauernd in der Tiefe versteckt; erst oben, dorsal jenseits der medianen oberen Mantelkante, gelangt sie auf dem Parazentralläppchen an die Oberfläche. Parallel zu ihr, ebenfalls auf die vordere Wand der hinteren Zentralwindung im Sulcus Rolando beschränkt, läuft als zweiter Streifen die Formatio der Area postcentralis oralis PB, welche in ihrem Bau nicht ganz einheitlich ist, so daß man an ihr einen mehr in der Tiefe gelegenen Teil und einen oberflächlichen, bis zum vorderen Windungsrand (Lippe der hinteren Zentralwindung) reichenden Teil unterscheiden kann, also zwei Areae, und zwar die tiefergelegene Wandformation Area postcentralis oralis granulosa PB1 und die etwas oberflächlichere Wandformation Area postcentralis oralis simplex PB2, welche beide zusammen den Hauptteil der vorderen Wand der C. p. einnehmen und bis ins Parazentralläppchen reichen, wo sie zum Teil ebenfalls dann an die Oberfläche gelangen. Die Kuppe der hinteren Zentralwindung ist dann ebenfalls in ihrer ganzen ventro-dorsalen Ausdehnung vom Opercularteil bis hinauf zum Parazentralläppchen von einer streifenförmigen Formation eingenommen, die man als eigenes Feld Area postcentralis intermedia PC bezeichnen kann. Die hintere Wand der hinteren Zentralfurche endlich ist ebenfalls in ihrer ganzen Ausdehnung bandförmig von einer Formation eingenommen, die wir als eigene Area postcentralis caudalis PD bezeichnen werden, obschon wir sie eigentlich von den Wandformationen des weiteren oberen Parietallappens kaum immer als eigene Area wirklich unterscheiden können; die Berechtigung, sie als eigene Area anzuführen, ist daher eine recht zweifelhafte, wie wir noch weiter unten besprechen wollen. Tafel LIX, Bild 1, dann Tafel LX, Bild 1, und Tafel LX, Bild 2, stellen (Abb. 115a) der Reihe nach von der Tiefe gegen die Oberfläche aufeinanderfolgende Partien der Vorderwand der hinteren Zentralwindung dar, so daß LIX, Bild 1, nächst dem Tal und LX, Bild 2, nächst der Windungskante liegt. Tafel LXIII und LXIV stellen Windungskante und Kuppe der hinteren Zentralwindung dar, und Tafel LXV, Bild 1, die hintere Wand der hinteren Zentralwindung, so daß man sich durch Über- resp. Nebeneinanderstellung dieser Bilder unsres Atlas die Aufeinanderfolge ungefähr rekonstruieren kann. Was nun ganz auffallend ist, ist die ganz kolossale und plötzliche Verschmälerung, welche schon die Vorderwand der hinteren Zentralwindung im Vergleich zur Hinterwand der vorderen Zentralwindung trotz der unmittelbaren Nachbarschaft zeigt (man vgl. Tafel LX, Bild 2 mit Tafel II). Auf Abb. 26, 27 ist dies durch die Tönung schematisch dargestellt.
506 Lobus parietalis.
Wir gehen nun zur Besprechung dieser einzelnen Areae und Formationen über.
Unmittelbar an die Area praecentralis gigantopyramidalis FAγ, caudal von ihr, also hinter ihr, in der Tiefe der Rolandoschen Furche (Abb. 92), schließt sich die Area postcentralis gigantopyramidalis PA an, in der ganzen dorsoventralen Länge der Rolandoschen Furche und sogar dorsal über sie hinaus. Den Teil davon, der im Tal der Zentralfurche bleibt, könnte man als Area postcentralis gigantopyramidalis (in valle) PA1 bezeichnen zum Unterschied des am Parazentralläppchen auf die Oberfläche gelangenden Teiles PA2 Area post(para)centralis gigantopyramidalis. Die Talbildung PA1 interessiert uns hier zunächst (Tafel LIX, Bild 1). Die Grenze im Tal gegen die FAγ ist eine ziemlich scharfe, denn von dem Breitendurchmesser von ca. 3.0 mm und mehr, den die FAγ auch in der Rolandoschen Furche hat, sinkt die Rindendicke am Grunde der Furche ziemlich rasch auf ca. 2.0 mm herab, und wenn auch stets jede Rinde in der Wand und im Tal an Dicke abnimmt, so ist diese so bedeutende Abnahme an dieser Stelle eine doch ziemlich auffallend plötzliche und auch für das Talgebiet ungewohnte [s. Abb. 25 Cp u. Abb. 119 (7)]; aus diesem Grunde wäre es verfehlt, in der Formatio PA bloß eine Übergangsformation sehen zu wollen, da sie eben keinen allmählichen Übergang vermittelt, obschon sie Charakteristica des Parietalhirns und des Präzentralhirns in sich vereinigt und vom ersteren die Körnerschicht und radiäre Streifung, vom letzteren die großen Zellen in der V. Schicht hat. Der Streifen, den diese Formation an der Rindenoberfläche der Wand und des Tales der Zentralfurche einnimmt, hat eine Oberflächenbreite von ca. 0.5-0.9 cm, und er bildet gewöhnlich in der Tiefe der Rolandoschen Furche einen kleinen Wulst, welcher der Länge nach am Grunde dorsoventral verläuft und manchmal sogar mit dieser Formation auch etwas auf die hintere Wand der vorderen Zentralwindung hinaufgeht. Bezüglich ihrer an die Oberfläche gelangenden Partie des Parazentrallappens und der Mantelkante s. das Nähere S. 511.
Es fällt gegenüber der Breite und der strukturellen Gleichmäßigkeit der Formation der vorderen Zentralwindung am gefärbten Rindenquerschnitt bei dieser Talwandformation der allertiefsten Abschnitte der vorderen und des tiefsten Drittels der hinteren Zentralwindung auf, daß die Rinde äußerst schmal ist, und zwar 1.8-2.2 mm! Ferner ist auch makroskopisch an ihr schon eine horizontale Schichtung deutlich zu sehen, und zwar unterhalb der Mitte der Rindenbreite ein dunkeltingierter Streifen (IIIc- und IV-Schicht), und darunter ein schmaler lichter Streifen (der V. Schicht entsprechend). Wie gesagt, bildet diese Formation an der Wand der hinteren Zentralwindung oder im Windungstal manchmal eine kleine Vorwölbung, gleichsam den Ansatz zu einer versenkten Windung. In diesem Falle ist an der Kuppe dieser flachen Vorwölbung die Rinde ein paar Zehntelmillimeter breiter, ohne jedoch den Talcharakter der Formation zu verlieren.
Zum Unterschiede der Formation der vorderen Zentralwindung FA ist ferner die Abgrenzung gegen das Mark eine recht scharfe, was bei FA nie der Fall ist, auch nicht im Tal.
Es fällt neben der schon erwähnten Schmalheit die sehr gute Schichtung auf, die hervorgerufen ist dadurch, daß unter der I. Schicht sich nunmehr zum Unterschied von FAγ eine deutliche Körnerschicht (II. Schicht) entwickelt hat; in die Augen fallend ist ferner in III eine mehrseilige, aus größeren Pyramidenzellen bestehende deutliche tiefe IIIc-Schicht, darunter endlich die breite zellreiche innere Körnerschicht (IV), darunter wieder sehr kontrastreich die zellarme lichte V Schicht, in der ganz vereinzelte tiefblau tingierte Betzsche Riesenzellen (kleineren Kalibers) zu sehen sind, und unter der lichten V. Schicht, wieder mit ihr kontrastierend, die bandartige, ebenfalls ziemlich dunkeltingierte schmale VI Schicht.
Area postcentralis gigantopyramidalis. 507
Die ganze Rinde zeigt zwar eine bedeutende Abnahme der Zellgröße gegenüber der Formation der benachbarten vorderen Zentralwindung FAγ, sie muß aber in bezug auf das übrige Großhirn doch als ziemlich zellgroß bezeichnet werden, besonders im Vergleich zu den übrigen Formationen der hinteren Zentralwindung; außerdem noch als ziemlich zellreich, wie alle die übrigen Formationen der hinteren Zentralwindung übrigens auch.
Neben der auffallend guten Schichtung fällt eine sehr deutliche, hierzu senkrechte, breitradiäre Streifung auf (Abb. 45, 46), welche vom Mark gegen die Oberfläche durchweg bis in die Mitte der III. Schicht reicht, dabei auch die VI. Schicht deutlich durchzieht und sogar innerhalb der IV. auch zu sehen ist, wenn auch weniger deutlich als über und unter ihr. Es handelt sich dabei um wirkliche zellarme Streifen, die mit zellreichen breiteren abwechseln und eine Streifenbreite von ca. 0.02-0.03 mm haben (Abb. 45).
Die äußere Hauptschicht ist sichtlich breiter als die innere, was zum Teil wohl auf Kosten der Talformation als solcher zu setzen ist, aber doch dieses gewöhnliche Charakteristikum der Talbildungen noch etwas zu übertreffen scheint.
Um das richtige durchschnittliche Zahlenverhältnis zu geben, ist es gut, nicht im Tal selbst zu messen, sondern in der Wand der hinteren Zentralwindung. Hier finden wir folgende Werte bei einer Gesamtdicke von 2.0 mm:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.23 | 0.20 | 0.64 | 0.26 | 0.22 | 0.45 | mm | a0.27 | b0.18 |
Relative Zahlen: | VIa | |||||||
0.13 | 0.11 | 0.35 | 0.14 | 0.12 | 0.15 | äH:iH = 59:41 |
Diese Zahlen weisen schon auf eine relativ recht breite II. und IV. Schicht, d. h. auf eine starke Entwicklung der beiden Körnerschichten bei gut entwickelter Pyramidenschicht hin, während V. und VI. auch für eine Wandbildung unter dem Durchschnittswert bleiben. Dadurch ist die äußere Hauptschicht mehr als sonst entwickelt im Verhältnis zur inneren, trotz der Breite der inneren Körnerschicht.
Im Windungstal selbst fand ich 2.1 mm Gesamtdicke dabei:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.30 | 0.20 | 0.80 | 0.14 | 0.23 | 0.40 | mm | a0.22 | b0.18 |
In der Breite von I und der Schmalheit von V und VI kommt hier die Talformation zum Ausdruck, daher ist auf der tabellarischen Verzeichnung der Areae die Area PA1 betreffs ihrer Dickendurchmesser auf Tabelle III, Kap. 14, angeführt, d. h. neben den anderen Wand(Tal)-Formationen.
I. Die Molekularschicht ist von entsprechender Breite (0.23 mm), nicht zellreich, eher zellarm und zellklein, und weist überhaupt keine Besonderheiten auf. Im Tal selbst wird sie wie immer viel breiter, da gleichsam eine Aneinanderklebung der beiden Wände hier auf eine kurze Strecke erfolgt. Die I. Schicht zeigt im Zellbild keine Unterteilung, hat auch an der Oberfläche keine besondere Gliakernansammlung. Im ganzen sind in 0.1 mm3 bloß ca. 35 Kerne, alles mit einbegriffen: Gliakerne, Gefäßkerne und Nervenzellkerne. Davon sind 8-10, also ein hoher Prozentsatz, Nervenzellen, und zwar entweder dreieckige oder ovale, sehr verschieden gelagerte, nicht bloß horizontale Zellen von der Größe von 6/4 µ und etwas darunter oder etwas darüber. Die meisten Zellen befinden sich ungefähr in der Mitte der Schichtenbreite, so daß man dieselbe als eine eigene, sehr lockere Zellage auffassen könnte. Gegen die II. Schicht ist die Molekularschicht scharf abgegrenzt.
508 Lobus parietalis.
II. Die äußere Körnerschicht ist recht auffallend in der PA. An und für sich schon recht breit (0.20 mm), absolut und auch relativ, macht sie eigentlich noch einen noch viel breiteren Eindruck als hier angerechnet, denn ihre untere Grenze gegen IIIa ist nicht so scharf wie die obere gegen I, sondern die Körnerzellen der II. Schicht reichen zwischen die Pyramidenzellen der III. Schicht noch tief hinein, so daß man die untere Grenze ziemlich willkürlich annehmen muß.
Zum Unterschiede der II. Schicht, die ja schon in FA, besonders in deren Partien der hinteren Wand der vorderen Zentralwindung, also der vorderen Wand der Zentralfurche, auftritt und die dort meist doch aus kleinen Pyramidenzellen bestand, besteht die äußere Körnerschicht hier zumeist aus allerkleinsten Körnerzellen von 4/4 bis 6/6 µ, die zu kleinen Gruppen beieinander liegen und erst in ihren tiefen Partien auch viele kleine dreieckige Zellen von 8/5 µ Größe enthalten. Es sind ca. 115 solcher Zellen pro 0.1 mm3. Das Verhältnis der dreieckigen oder Pyramidenzellen zu den Körnchenzellen ist ungefähr 1:1, und entfernt sich von diesem Mittel dem Tale zu zugunsten der Pyramidenzellen, den oberen Wandpartien zu, zugunsten der Körnchenzellen.
Körnchenzellen sowie kleinste Pyramidenzellen reichen aber weit nach III herein, so daß besonders an dicken Schnitten die II. Schicht viel tiefer zu reichen scheint, als wir es hier angegeben haben.
III. Die Pyramidenzellschicht ist von größerer Breite (0.64 mm) und guter Zellentwicklung und nimmt mit 35% relativer Breite mehr als ein Drittel der Rindenbreite ein. Zum Unterschiede von FA als auch der sonstigen Nachbarschaft, z. B. PB1 und PB2, sind in PA die Zellen der III. Schicht relativ sehr gut geordnet, sowohl was die Abstände der einzelnen Zellen als auch ihre Einreihung nach der Größe und ihre Richtung zur Oberfläche anbelangt. Von außen nach innen nehmen die Pyramidenzellen an Größe deutlich zu, und man kann eine IIIa-, IIIb- und IIIc-Schicht deutlich unterscheiden, wobei IIIb nicht etwa, wie sonst so oft bei anderen Rindenfeldern, lichter wäre als die übrigen, sondern die durchschnittliche Zelldichtigkeit scheint für alle Teile von III ziemlich die gleiche zu sein. Der Zellübergang von einer Größe zur anderen ist ein allmählicher, so daß kein Zerfall in Unterschichten ohne weiteres sichtbar wäre; dagegen ist die untere Hälfte von III deutlich durch zellarme Zwischen-,,Radien" eigentümlich senkrecht gestreift. Auffallend ist außerdem, daß in den tiefsten Lagen von III große Pyramidenzellen mehrzeilig in 2-3 übereinander liegenden Reihen ziemlich zahlreich angeordnet sind zu einer Schicht IIIc, so daß man darin etwas an diese Ordnung der großen Pyramidenzellen von FB erinnert wird, die aber in „FA" zum Unterschied davon nicht vorhanden ist, und nun hier wieder auch in PA zu finden ist, wenn auch die Zellen nicht diese Größe erreichen wie in FB und auch nicht die Größe der - nicht in Zeilen geordneten - großen Pyramidenzellen in FA.
In IIIa sind ca. 100 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind ca. 64 dreieckige und flache Pyramidenzellen von 10-15 / 10 µ und 36 Körner oder kleinste Pyramidenzellen.
In IIIb sind ca. 40 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die meisten 20 / 12-15 µ Größe aufweisen.
In IIIc sind wohl ca. 50 Zellen pro 0.1 mm3, doch sind von diesen nur 30 Pyramidenzellen und von den letzteren nur 11 große Pyramidenzellen von 30-40 / 15-20 µ Größe mit großem Kern und Kernkörperchen und meist mit zwei Trabantzellen. Die übrigen 19 Pyramidenzellen sind kleiner oder mittlerer Größe, meist 15-20 / 10 µ, von denen bloß jede vierte bis fünfte eine Trabantzelle hat. Die übrigen 20 Zellen sind meist kleinste Körner- oder dreieckige Zellen, die oft zu Häufchen in der Nähe der größeren Pyramidenzellen liegen und wohl Elemente darstellen, die eigentlich zur IV. Schicht gehören. Vereinzelt erreichen einzelne große Pyramidenzellen der IIIc-Schicht auch eine ganz besondere Größe, z. B. von 60/30 µ, die sie nahe an Riesenzellen bringen, und die man als ein Herüberreichen so großer Zellen aus FA auf die hintere Zentralwindung auffassen kann (Tafel LIX, Bild 1, Höhe 14.5 cm, Breite 10.5 cm). Die großen Zellen der IIIc sind also im allgemeinen mittelgroße und übermittelgroße Pyramidenzellen; sie sind sehr dunkel tingiert, und ihre Schichtung ist daher schon makroskopisch erkennbar. Durch das Hineinreichen von Körnerzellen aus der IV. Schicht in die IIIc-Schicht wäre die untere Grenze der III. Schicht ebenso verwischt wie ihre obere, wenn die großen Zellen der IIIc-Schicht nicht schon genügend den Grund der Pyramidenschicht gegen die innere Körnerschicht charakterisieren würden.
Area postcentralis gigantopyramidalis. 509
IV. Die innere Körnerschicht bildet in der PA-Formation eine breite Schicht von ca. 0.26 mm Dicke, die sehr zellreich und ziemlich zelldicht ist; die Zellen sind in einer Anzahl von ca. 160 pro 0.1 mm3; der überaus größte Teil derselben besteht aus wirklichen runden oder ovalen kleinen Zellen, die zu Häufchen vereint sind und eine Zellgröße von 5/5 bis 6/6 µ aufweisen; vereinzelt findet man unter ihnen versprengt auch Elemente aus den Pyramidenschichten, d.h. aus der III. oder V. Schicht, und zwar kleine, mittelgroße und hier und da mal auch eine große Pyramidenzelle; doch ändert dies nicht weiter den Charakter der Schicht, der der einer typischen Körnerschicht bleibt, deren Elemente, wie gesagt, zum überwiegenden Teil eben aus Körnern besteht.
Obschon nun die innere Körnerschicht in PA eine kontinuierliche Schicht darstellt, so ist es doch bemerkenswert, daß sie von den zellarmen Radien (aus der Markstrahlung) durchzogen wird, so daß in Abständen die zelldichten Strahlen mit schmäleren, zellarmen, senkrechten Streifen alterieren, welche die breiten, zellreichen Lagen der IV. immer wieder quer unterbrechen, ein Verhalten, das, wenn auch hier weniger deutlich, an eine ähnliche, nur viel ausgesprochenere Bildung im Temporallappen erinnert; die zellarmen Streifen setzen sich, wie schon gesagt, in die III. Schicht fort (Tafel LIX1, Höhe 4 cm, Breite 12 cm); nicht selten sieht man zwischen zwei solchen zellarmen Streifen einen Haufen von Körnchenzellen ziemlich weit hinauf in die III. Schicht hineinsprudeln (Höhe 15 cm, Breite 10 cm).
Die Begrenzung der IV. Schicht nach der Tiefe zu gegen die V. Schicht ist keine linear scharfe, doch immerhin eine genügend deutliche, speziell wegen der auffallend geringen Zelldichtigkeit, welche die V. Schicht aufweist und die dieselbe als lichten, sehr zellarmen Streifen erscheinen läßt.
V. Die Ganglienzellenschicht ist sehr schmal (0.12 mm) und sehr zellarm und locker gebaut, enthält aber als Charakteristicum vereinzelte Betzsche Riesenzellen. Auch relativ ist die V. Schicht für eine Wandformation sehr schmal. Ihr lichter Streifen ist makroskopisch schon sichtbar. Sie enthält zwar 45 Zellen pro 0.1 mm3, von denen jedoch kaum 20 die Größe von mittelkleinen Pyramidenzellen haben, 15/10 µ, die übrigen sind ganz kleine dreieckige oder unregelmäßig geformte Zellen von 6/7 µ u.a.m., welche unregelmäßig bald zu Häufchen geballt und bald ganz isoliert herumliegen, so daß ganz zellose Lücken mit zellreicheren Partien abwechseln (Tafel LIX, Bild 1, Höhe 26, Breite 12, Höhe 32.5, Breite 14). Diese relativ so große Anzahl kleiner Zellen in V ist ein Charakteristicum, das sich zum Unterschied der präzentralen Hirnpartien in fast allen postzentralen wiederfindet. Vielleicht ist nahe an der IV. Schicht die Anhäufung der Zellen der V. Schicht auch etwas dichter, jedoch derart, daß man ohne weiters eine Unterteilung in eine zellreichere obere Va und zellärmere tiefere Vb-Schicht vornehmen könnte, ist dieser Unterschied wohl nicht.
In diese zellarme lichte V Schicht nun sind in weiteren und kürzeren Abständen voneinander Betzsche Riesenzellen eingestreut; nahe der FAγ-Formation sind sie zahlreicher, weiter entfernt von ihr weniger zahlreich (Höhe 1.5 cm, Breite 13.5 cm; Höhe 16.5 cm, Breite 13 cm). Durchschnittlich kann man sagen, daß bei einer Schnittdicke von 25 µ auf ein Gesichtsfeld von 1 mm Breite, d. i. 10 cm auf unserer Tafel, ca. 1(-2) Betzsche Zellen fallen dürften. Sie befinden sich meist in den oberen Partien von V, d. h. näher der IV. Schicht zu. Diese Betzschen Riesenzellen sind meist viel kleineren Kaliberg als die der FAγ, sie haben wohl deutliche Tigroidschollen, aber meist keine solche Fett- und Pigmentansammlung im Zelleib; ihre Fortsätze sind meist nicht ganz so knorrig wurzelartig wie bei den Betzschen Zellen in FAγ, sondern mehr wie die Fortsätze der größten Pyramidenzellen; die ganze Zelle ist auch gewöhnlich nicht so flaschenförmig gebaucht, sondern dort, wo wir sie in der Wand sehen, etwas schlanker, im Tal selbst jedoch ganz flach-dreieckig und viel weitergestreckt als hoch. Die Größe ist oft 40-50 / 25-30 µ. Kern und Kernkörperchen sind stets äußerst groß und deutlich; der Kern liegt meist etwas über der Mitte des Zelleibes; 2-4 Trabantzellen sind in der Regel vorhanden; sehr oft befindet sich in unmittelbarer Nähe einer Betzschen Zelle eine zweite oder dritte, viel kleinere, ebenfalls dunkeltingierte Betzsche Zelle, gleichsam in Miniatur. Man kann an einem Übersichtsschnitt ohne weiteres die Kontinuität des Vorkommens der Betzschen Zellen aus der hinteren Wand der vorderen Zentralwindung über das Tal in die vordere Wand der hinteren Zentralwindung ununterbrochen verfolgen.
510 Lobus parietalis.
Nach unten zu, gegen VI, ist die V. Schicht nicht sehr scharf abgegrenzt, aber immerhin auch schon durch die größere Dichte der VI. Schicht deutlich genug.
VI. Die Spindelzellenschicht verdient diesen Namen bei der PA-Formation durchaus nicht, da sie nur zum allergeringsten Teil aus spindelförmigen Zellen, meist nur aus Zellen mit Dreiecks- oder Pyramidenform besteht, wie man an Bild 1 der Tafel LIX sehr schön sieht. Sie ist ca. 0.40-0.45 mm breit und ist auch für eine Wandbildung relativ schmal.
Sie zerfällt deutlich in eine oberflächlichere, zelldichte, zellreiche, nicht zellgroße VIa-Schicht, die etwas breiter ist als die lockerere und ebenfalls zellkleine VIb-Schicht.
Die VIa-Schicht bildet ein deutliches, ca. 0.27 mm breites, recht dunkel tingiertes Band, das durchschnittlich 50 Zellen pro 0.1 mm3 enthält, und zwar von der Größe meist 15/15 µ von dreieckiger Form, vereinzelte Zellen sind 20/10 µ und pyramidenförmig und einzelne spindelzellenförmig auch in dieser Größe, jedoch meist horizontal oder schief orientiert. Unter 6-8 Zellen ist eine spindelförmig.
Die VIb-Schicht bildet darunter einen lichteren, ca. 0.18 mm breiten zellarmen Streifen, der durch den relativen Mangel an Reihen von Gliakernen von der Marksubstanz absticht, von der sie übrigens recht scharf sich abgrenzen läßt. Sie enthält 16-20 Zellen pro 0.1 mm3 von meist 15/10 µ Größe (vereinzelt auch 20-25 / 10-15 µ), von denen bloß ca. ein Viertel spindelförmig, meist horizontal oder schief orientiert sind mit ihren Längsachsen; die übrigen drei Viertel sind dreieckig, einzelne sogar schlank pyramidenförmig. Die Zellen in VIb sind weniger chromatophil als in VIa.
Derart definiert ist die Formation der Area postcentralis gigantopyramidalis eine Wandtalformation (Abb. 133b), die als ca. nur 0.5 - 0.75 cm breiter Streifen das Tal der Rolandoschen Furche und den untersten Abschnitt ihrer im ganzen 2-2.5 cm hohen hinteren Wand in ihrer ganzen dorsoventralen Länge von über 12 cm bekleidet, gleichsam als deren unterer Saum. Sie bleibt auch in dieser Lage, soweit als die Rolandosche Furche besteht; manchmal greift sie dabei auf den untersten Abschnitt der hinteren Wand der vorderen Zentralwindung stellenweise etwas über; am Operculum Rolandi selbst tritt die Formation mehr und mehr auf die hintere Wand der vorderen Zentralwindung über (s. Abb. 92, Abb. 133b und 135) und kann mit ihrem unteren Ende - denn hier am opercularen Ende der Zentralfurche hört diese Bildung schließlich ganz auf - sogar mit einem kleinen Zipfel bis auf die Oberfläche des Operculums reichen. Dies ist das ventrale stumpfe Ende der PA.
Area postparacentralis. 511
Anders verhält es sich mit dem dorsalen Abschluß dieser Formation an der Mantelkante; sie endet hier nicht am oberen Ende der Rolandoschen Furche, sowie sie am unteren Ende derselben auch ihr eigenes Ende fand, sondern sie tritt am oberen Ende der Rolandoschen Furche an die Oberfläche des Parazentralläppchens, und zwar über den vorderen Lippenrand des hier nunmehr seicht gewordenen Einschnittes der Zentralfurche in die Mantelkante, und zieht direkt nach unten und etwas frontal gegen den vom Sulcus callosomarginalis begrenzten unteren Teil des Parazentralläppchens auf diese Art, so wie früher im Sulcus Rolando, auch hier an der medianen Hirnoberfläche die hintere Begrenzung der Area praecentralis gigantopyramidalis (FAγ), bis in den Sulcus callosomarginalis hinein bildend (s. Abb. 133b, 92, 93 an der oberen Hirnkante bei PA2); von der Mitte des Parazentralläppchens an verbreitert sich die Area postcentralis gigantopyramidalis sehr stark und biegt auch nach hinten ab, und überzieht caudalwärts die ganze untere Hälfte des Parazentralläppchens und dessen hinteren Teil bis in den vertikal aufsteigenden Ast des Sulcus callosomarginalis hinein und biegt auch noch parallel zu diesem nach hinten und nach oben halbkreisförmig um und gelangt so wieder auf die Mantelkante und über diese hinüber nochmals auf die konvexe Hirnoberfläche (Abb. 92) unmittelbar vor der „Encoche", welche die Callosomarginalis in die Mantelkante einschneidet. In dieser Richtung greift sie an der konvexen Oberfläche auf dem Gyrus hinter dem oberen Ende des Sulcus postcentralis superior noch einige Zentimeter nach abwärts. Auf diesem nach hinten hakenförmig umgebogenen Verlauf auf der Oberfläche des Parazentralläppchens vom Ende der Rolandofurche zum Sulcus callosomarginalis nimmt die Area PA in der schalenförmigen Buchtung, die sie auf der oberen Hälfte des Parazentralläppchens nach oben offen läßt (Abb. 93 und 133b), das obere Ende der übrigen Formationen der hinteren Zentralwindung auf (PB und PC), an dieselben sich selbst eng anschmiegend und gleichsam wie eine Halskrause sich über sie wieder auf die Konvexität schlingend. Doch hält sich, wie es scheint, die PA nicht immer an den Sulcus callosomarginalis als hintere Grenze; es scheint, als ob dieselbe individuell recht verschieden wäre und sowohl vor als hinter den Sulcus callosomarginalis fallen könnte. Die Breite, welche die Formation an der Oberfläche der Konvexität unter der Mantelkante einnimmt, dürfte 1-1.5 cm betragen.
Durch ihren Übertritt auf die freie Windungsoberfläche des Parazentrallappens ändert die PA natürlich etwas ihren Charakter und man kann, wie gesagt, wenn man die Einteilung in Areae noch weiter treiben will, den Teil von PA im Sulcus Rolando als PA1 und den Teil auf dem Parazentralläppchen als PA2 bezeichnen und als Area postparacentralis gigantopyramidalis benennen = Area praeparietalis BRODMANNs, Feld 5. Derzeit finden wir eigentlich diese Trennung noch nicht nötig, zumal auch auf dem Parazentralläppchen die PA ihre wichtigsten Charakteristica, die sie von der Area praecentralis sowohl als von den übrigen Areae postcentrales unterscheiden, beibehält und sich eigentlich nicht mehr ändert, als jeder Übergang von der Wand zur Kuppe es eo ipso bedingt. Auch hier (Tafel LXVI und Tafel LXVII) sind ihre dominierenden Eigenschaften einerseits gegenüber FA die relative Schmalheit, die deutliche Schichtung, das Auftreten der deutlichen inneren und äußeren Körnerschicht, die Aufhellung der V. Schicht und die starke radiäre Streifung; andererseits gegenüber den postzentralen Bildungen vor allem die Betzschen Riesenzellen. Tafel LXVI zeigt in der Richtung des Pfeiles die Grenzen und den Übergang vom beinahe agranulären FAγ zum granulären PA(2). - Auch makroskopisch ist die Schmalheit und die Aufhellung in V schon zu sehen, doch ist dieselbe der PA gemeinsam mit den übrigen postzentralen und oberen Parietalformationen. Die Rindenbreite der Area postcentralis gigantopyramidalis auf dem Parazentralläppchen ist 2.6 bis 2.8 mm.
Die einzelnen Schichten verhalten sich wie folgt:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.28 | 0.26 | 0.76 | 0.32 | 0.30 | 0.70 | mm | a0.40 | b0.30 |
0.26 | 0.24 | 0.80 | 0.30 | 0.40 | 0.80 | mm | a0.50 | b0.30 |
als Proportionalgleichung ergibt das: | VIa | |||||||
0.11 | 0.10 | 0.32 | 0.13 | 0.15 | 0.19 | äH:iH = 53:47 |
512 Lobus parietalis.
Auch am Parazentralläppchen (Tafel LXVI und Tafel LXVII) sind also die V. und VI. Schicht auch für die Kuppe recht schmal, während die anderen Schichten eher von guter Breite sind; es ist also dasselbe Verhalten, wie wir es auch für PA in der Rolandoschen Furche schon gefunden hatten. Die äußere Hauptschicht überwiegt über die innere. Die Schichten weisen bezüglich ihrer Zusammensetzung ebenfalls ziemlich gleiche Verhältnisse wie die schon beschriebenen auf.
I ist relativ nicht sehr kernreich, enthält jedoch gegen 10 kleinste Nervenzellen pro 0.1 mm3, gegen die äußere Körnerschicht ist es gut abgegrenzt. Man kann nicht mehr so gut wie in FA eine Ia von einer Ib unterscheiden.
II ist relativ recht breit; besteht, je näher wir nach vorn zu gehen, mehr aus Pyramidenzellen, je weiter wir caudalwärts gehen, mehr aus Körnchenzellen von kleinem und kleinstem Kaliber. Jedenfalls ist es eine echte Körnerschicht mit 120 Zellen pro 0.1 mm3.
III ist von guter Breite, hat schöne wohlgeformte und wohlgeordnete Pyramidenzellen die der Größe nach IIIa, IIIb und IIIc erkennen lassen. IIIc zeigt große Pyramidenzellen in mehrfachen Zeilen übereinander gereiht von 20-30-40 / 15-20-25 µ Größe, die dunkel tingiert sind und deren cephaler Fortsatz noch weit verfolgbar ist; sie sind etwas größer als in dem Wandteil von PA. Radiäre Streifung ist bis nach IIIb hinauf gut zu sehen.
IV ist sehr breit, zum größten Teil aus Körnchenzellen kleinen Kalibers bestehend, die äußerst zahlreich sind, zu dichten Haufen geordnet sind und durch die zellarmen Radii, die sich nach III fortsetzen, streifenartig vielfach unterbrochen.
V ist licht und zellarm und nicht sehr breit; allerdings sind etwas mehr Zellen da als in der Wandformation, doch bleibt V deutlich licht im Verhältnis zu IV und zu VI. Die Betzschen Zellen finden sich in den oberflächlicheren Partien von V und in den tieferen. Die Betzschen Zellen sind vielleicht auch etwas zellreicher (aber nicht viel) als in der Wandformation, jedenfalls aber zum Teil größer als dort, meist jedoch bloß von 35/20 µ Größe, vereinzelt aber auch 40-60 / 20-30 µ und mit cephalem Fortsatz, der bis 100 µ weit verfolgt werden kann; daneben auch kleine dunkel tingierte Zellen, die wie ganz kleine Betzsche Zellen aussehen, und außerdem noch einzelne schlanke mittelgroße Pyramidenzellen von 30 / 15-20 µ, während das Gros der Zellen 20 / 10-15 µ nicht übersteigt. (Man vergleiche daneben Tafel III und IV, die das Parazentralläppchen vorn im Gebiet von FAγ zeigen. Der Unterschied in der Größe, Entwicklung und Reihung der Betzschen Zellen ist frappant.)
VI ist zwar ebenfalls für eine Kuppenbildung eher schmal und auch nicht so zellreich wie sonst, weist auch eine deutliche breitrandige Streifung auf. Sie zerfällt, wenn auch weniger deutlich als in der Wand, in eine zellreichere und etwas breitere VIa und eine zellärmere VIb; die Begrenzung gegen das Mark ist auch im Parazentralläppchen eine ziemlich scharfe. VIa ist weniger zellreich als in der Wand, da es hier bloß wenig über 30 Zellen pro 0.1 mm3 hat, auch hier sind dreieckige und pyramidenförmige Zellen in der Überzahl, gegenüber den spindelförmigen.
Im allgemeinen läßt sich über die Bildung PA, im Parazentralläppchen (PA2), sagen, daß die radiäre Streifung desto schmäler und undeutlicher ist, je weiter man frontalwärts geht, dagegen desto breiter und deutlicher, je weiter man caudalwärts kommt (Abb. 46); man vergleiche hierzu Tafel LXVI, welche die frontale Partie von PA(2) an der Grenze gegen FAγ zeigt mit Tafel LXVII, welche die caudalere Partie gegen den Parietallappen wiedergibt; auch die Körnerschichten werden caudalwärts deutlicher, breiter (Abb. 71) und enthalten mehr wirkliche Körnchenelemente, wie an Tafel LXVII zu sehen. In den Partien von PA, die am Parazentralläppchen nahe den anderen Formationen der hinteren Zentralwindung liegen, also in der oberen (dorsalen) Hälfte des Parazentralläppchens nahe an dem Gyrus centralis posterior, werden alle Schichten etwas zellreicher und es verliert das so geordnete Zellbild der PA an Prägnanz und Übersichtlichkeit für eine schmale Übergangsstrecke; während wieder caudal gegen den Parietallappen zu die III, und besonders IIIc, schöner und geordneter erscheint (Tafel LXVI).
Jener Teil von PA(2), der vom Parazentralläppchen nach rückwärts wieder auf die Konvexität der Hirnoberfläche gelangt, nimmt zu einem kleinen Teil auch die vordere obere Partie des Gyrus arcuatus anterior lobuli parietalis superioris (Retzius) ein, d. h. des Gyrus hinter dem Gyrus centralis posterior, der sich um das Mantelkantenende des Sulcus callosomarginalis windet (Abb. 21 gaa). Sie nimmt also an der Konvexität bloß ein Gebiet von einigen Quadratzentimetern ein und reicht bloß wenige Zentimeter nach abwärts zwischen hinterer Zentralwindungskuppe und oberem Scheitelläppchen. Jedoch sei hier gleich erwähnt - und wir werden es noch bei Besprechung der übrigen Formationen der hinteren Zentralwindung wiederholen -, daß nicht selten diese Area postcentralis gigantopyramidalis an der Konvexität, was ihre Riesenzellen der V. Schicht anbelangt, in kontinuierlichem Zusammenhang mit den Riesenzellen der FAγ der vorderen Zentralwindung steht, und zwar nicht nur am Parazentralläppchen selbst, wo sie ja unmittelbar an die FAγ grenzt, sondern auch der Mantelkante und der Konvexität des Gehirns (Abb. 80), und zwar so, daß die Betzschen Riesenzellen in größeren oder kleineren Abständen sich in der V. Schicht aller an der Konvexität dazwischen liegender Formationen der hinteren Zentralwindung finden (PA1, PB, PC, PD, PA2). Dieser Umstand war sogar schon BETZ selbst bekannt, der auf das hin sogar die allerdings nicht ganz zutreffende Bemerkung machte, daß in ihren obersten Partien die hintere Zentralwindung gleich gebaut sei mit der vorderen!
Area postparacentralis. 513
§6 und §7 der PA werden gemeinsam mit §6 und §7 der übrigen Formation der hinteren Zentralwindung besprochen werden (s. S. 532 und 538).
In der Tiefe des Sulcus Rolando, und zwar in der vorderen Wand der hinteren Zentralwindung, oberhalb der eben besprochenen Area postcentralis gigantopyramidalis PA, zieht parallel zu ihr der ganzen Rolandoschen Furche entlang, vom Opercularteil bis zum Parazentralläppchen reichend, als ein durchschnittlich 2 cm breites Band die Formatio postcentralis oralis. Sie nimmt oberhalb der Area PA beinahe die ganze übrige Wand der hinteren Zentralwindung in der Zentralfurche ein, ohne jedoch die vordere Lippe der hinteren Zentralwindung an der Konvexität ganz zu erreichen; sie bleibt also an der Hirnkonvexität eine reine Wandformation, wie es auch PA war und tritt nicht aus dem Sulcus centralis heraus an die Oberfläche. Erst an der medialen oberen Mantelkante tritt auch sie an die Oberfläche auf das Parazentralläppchen (Abb. 92, 93 a, 133b).
Was auch besonders für die Formatio postcentralis oralis charakteristisch ist, ist die auffallende Schmalheit der Rinde (Abb. 26, 27), die besonders im Verhältnis zu der gegenüberliegenden Wand der vorderen Zentralwindung in stark in die Augen springender Weise kontrastiert; sie hat eine Rindendicke, die 2.0 mm kaum erreicht, oft nur 1.8 mm und darunter mißt; sie zählt also zu den allerdünnsten Rindenteilen der Hirnrinde wie die Wand der Calcarina. Bedenken wir, daß die rückwärtige Wand der vorderen Zentralwindung leicht auch bis zu 3.6 mm zählt, so sehen wir, daß wir ihr gegenüber auf der hinteren Seite des Sulcus centralis eine kaum halb so breite Rindenwand haben als auf der vorderen. Auch im Verhältnis zu den übrigen Formationen der hinteren Zentralwindung ist die Schmalheit, man könnte sagen, abnorm. Und noch ein Charakteristicum zeichnet die Formatio postcentralis oralis aus, der Zellreichtum, gepaart mit Zellkleinheit. Außerdem ist die radiäre Streifung eine nicht so deutliche wie in der PA-Formation.
514 Lobus parietalis
Nun ist die Formatio postcentralis oralis keine ganz einheitliche; um dies näher erklären zu können, müssen wir vorerst etwas schematisch vorgehen. Die Formatio PB kann man sich am besten aus dem Zellaufbau der Formatio PA so erklären (vgl. Tafel LIX, Bild 1, und Tafel LX, Bild 2), daß die Rinde in der Vorderwand der C. p. vom Tal nach aufwärts im ganzen etwas schmäler wird, daß die Zellen im allgemeinen etwas kleiner werden; besonders in IIIc entfallen die ganz großen Pyramidenzellen oder kommen nur ganz vereinzelt vor; dagegen wird die III. Schicht sonst zellreicher, und zwar in genügendem Maße, um trotz der zunehmenden Kleinheit ihrer Zellen doch auch noch zelldichter auszusehen als die III. Schicht der PA. In der V. Schicht kommen nur ganz selten - so gut wie gar nicht mehr - Betzsche Riesenzellen vor und auch große Pyramidenzellen nur ganz vereinzelt, die V. Schicht wird sehr licht und zellarm. Die VI. ist schmal und auch sonst ähnlich wie in PA. Die Rinde zeigt keine breite radiäre Streifung, sondern eine nicht deutliche und ganz schmale Streifung. Von diesem eben gegebenen Grundbilde der PB gibt es nun zwei Varianten; die eine, die diese Hauptzüge, so wie eben geschildert, zeigt und die wir daher als Area postcentralis oralis simplex (PB2) bezeichnen wollen und eine andere Variante, welche die Schichtung und Streifung verliert und die dadurch besonders ausgezeichnet ist, daß in der III. Schicht die Pyramidenzellen im allgemeinen so klein werden (Tafel LIX, Bild 2), daß sie stellenweise sogar kaum über Körnergröße haben (Tafel LX, Bild 1) und so zahlreich werden, daß man bei schwächeren Vergrößerungen den Eindruck hat, als bildeten die II., III. und IV. Schicht nur eine einzige kontinuierliche breite Schicht allerkleinster (Körner-)Zellen (Tafel LX, Bild 1); aus diesem Grunde nennen wir diese Bildung, welche diese Verkörnelung der oberen Schichten zeigt, Area postcentralis oralis granulosa (PB1). Es ist dies der Koniocortex der hinteren Zentralwindung (s. 5. Kap. S. 190-192, Rindentypus 5). Wie nun diese beiden Areae sich zueinander verhalten, ist recht verschieden, und diesbezüglich wollen wir in §5 noch Näheres ausführen (S. 521). Sieht man viele Hirne diesbezüglich durch, so gewinnt man den Eindruck, als wäre die Area postcentralis oralis simplex PB2 sozusagen der Grundtypus und als wäre die Area postcentralis oralis granulosa PB1 eine spezifische höhere Differenzierung derselben zum Körnertypus 5, die sowohl in ein und derselben hinteren Zentralwindung lokal im Grade ihrer Differenzierung wechselt (s. Abb. 133b), als auch eben individuell starken Unterschieden unterworfen zu sein scheint. Manchmal findet man z. B. die Area granulosa nicht als eigene kontinuierliche, streifenförmige Area, sondern die ganze vordere Wand der C. p. (mit Ausnahme des von PA eingenommenen Talgrundes zeigt einen Übergangstypus zwischen PB1 und PB2 (ähnlich wie Tafel LIX, Bild 2), oder es sind in dem Grundtypus der Area postcentralis oralis simplex (PB2) streckenweise Flecken eingestreut, die PB1-Typus haben oder sich dem Typus nähern, wie Tafel LXI bei Höhe 12 cm bis Höhe 24 cm; oft ist wieder auf weiten Strecken PB1 und PB2 deutlich voneinander getrennt und PB1 in der Vorderwand der C. p. dorsal von PA und PB2, weiter dorsal von PB1; andererseits kann wieder streckenweise zuerst PB2 an PA grenzen, dann dorsal davon erst PB1 und dann wieder PB2, das direkt in PC übergeht. Da sowohl lokale als individuelle Schwankungen vorkommen, wird wohl ein eigenes näheres und ganz spezielles Studium dieser Gegend diese komplizierten Verhältnisse später einmal ganz genau aufklären müssen; so viel läßt sich jetzt schon sagen, daß in den ventralen zwei Dritteln der hinteren Zentralwindung, d. h. in der Höhe der 3. und 2. Frontalwindungen, (die Differenzierung von) PB1 deutlicher ist und einen größeren Teil der Windungswand einnimmt (als PB2); gegenüber der ersten Frontalwindung aber einen geringeren Teil, daß aber wieder der Mantelkante zu PB1 abermals an Ausprägung zunimmt (s. Schema Abb. 133b). Im allgemeinen läßt sich wohl sagen, daß die Area postcentralis oralis granulosa PB1 in der Vorderwand von C. p. unmittelbar dorsal von der PA liegt und daß die Area postcentralis oralis simplex PB2 größtenteils noch weiter dorsal in dieser Wand der hinteren Zentralwindung bis nahe an den vorderen Lippenrand der Windung (C. p.) zu liegen kommt, ferner daß PB1 im allgemeinen ein breiteres Feld einnimmt als PB2. So ziehen diese drei Areae PA, PB1 und PB2 übereinander in der vorderen Wand der hinteren Zentralwindung im Sulcus Rolando vom Operculum hinauf gegen das Parazentralläppchen. PB1 gelangt auch auf das Parazentralläppchen und kann so für eine kurze Strecke auch als Kuppenbildung sich präsentieren (Tafel LXII).
Sie ist auffallend durch ihre Schmalheit, die ca. 1.8 mm und darunter bloß mißt; der obere Teil sieht gleichmäßig aus; in ihrem unteren Teil ist ein schmaler, lichter Streifen (V) zu sehen, darunter ein schmaler dunkler (die VI. Schicht). Gegen das Mark ist die Abgrenzung scharf.
Area postcentralis oralis granulosa. 515
Das Prägnante an ihr ist der Zellreichtum und die Zellkleinheit, die der Rinde ein bestäubtes Aussehen gibt; große Zellen findet man nur ganz vereinzelt (Tafel LX, Bild 1, Höhe 22.5 cm, Breite 13 cm); es ist also, wie oben gesagt, eine typisch granulöse Formation. Ferner fallt an ihr die Schmalheit noch mehr auf als an PA, da die zellführenden Partien, die tingiert sind, also II, III, IV, V und VIa, kaum 1.4 mm ausmachen, also einen Streifen ausmachen, der kaum so breit ist, als z. B. die III. Schicht allein in FA. Tafel LIX, Bild 2, von derselben Stelle eines andern Gehirns stammend, zeigt, daß der Grad der „Verkörnelung" individuell etwas verschieden ist; bei starker Vergrößerung sieht man hier noch, daß alle Körner noch immer kleinste Pyramidenform aufweisen; von Schichtung ist außerdem nicht viel zu sehen, denn unter der I. Schicht bis zum lichten Streifen der V. Schicht sieht man bei schwacher Vergrößerung ein ziemlich gleichmäßig zelldichtes Gebiet, das wie eine einzige Körnerschicht aussieht (s. besonders Tafel LX, Bild 1); darunter ist die schmale lichte Linie der V. und darunter das schmale blaue Band der VI. Schicht zu sehen, das scharf gegen das Mark als gerader Strich abschneidet. Auch von radiärer Streifung ist nichts zu sehen. Man hat hier in Tafel LX, Bild 1, direkt den Eindruck, als ob die äußere Körnerschicht sich über die Pyramidenschicht (III), deren größere Zellen man nur vereinzelt noch in den tiefsten Lagen sieht, herab ergösse bis über die innere Körnerschicht (IV) (Koniocortex).
Man kann trotzdem bei stärkerer Vergrößerung an den Formunterschieden der Zellen die einzelnen Schichten doch noch zur Not unterscheiden und findet in der Wand der hinteren Zentralwindung:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
Gesamtdicke 1.82 mm. | ||||||||
0.22 | 0.28 | 0.42 | 0.28 | 0.22 | 0.40 | mm | a0.28 | b0.12 |
Gesamtdicke 2.0 mm. | ||||||||
0.30 | 0.30 | 0.52 | 0.30 | 0.20 | 0.38 | a0.22 | b0.16 | |
Relatives Verhältnis (Proportionalgleichung): | ||||||||
0.15 | 0.16 | 0.26 | 0.16 | 0.12 | 0.15 | äH:iH = 57:43 |
Wir sehen, daß die beiden Körnerschichten relativ beinahe das Doppelte ihres gewöhnlichen Durchschnittsmaßes ausmachen, während III und IV recht schmal sind; dabei überwiegt doch die äußere Hauptschicht.
Am Parazentralläppchen gelangt die PB, wie wir später sehen werden (s. Tafel LXII), aus dem Sulcus Rolando doch an die Rindenoberfläche auf die Kuppe.
Auch hier hat die Gesamtdicke bloß 2.16 mm, und zwar
I | II | III | IV | V | VI | |||
0.26 | 0.24 | 0.44 | 0.34 | 0.28 | 0.60 | mm | a0.26 | b0.34 |
Relativ: | VIa | |||||||
0.14 | 0.13 | 0.24 | 0.19 | 0.16 | 0.14 | äH:iH = 51:49 |
Wir sehen, daß im Parazentralläppchen die V. und besonders die VI. Schicht zunehmen, speziell VIb! Trotzdem bleibt die Rinde äußerst schmal und auch V und VI sind besonders für eine Kuppenformation riesig schmal.
I. Die Molekularschicht ist mit 0.22-0.30 mm gegenüber der Schmalheit der restlichen Rinde recht breit, absolut und relativ; sie ist mittelkernreich, ca. 70 pro 0.1 mm3, Glia- und Gefäßkerne usw. mitgerechnet, davon sind ca. 8 Nervenzellen von ca. 6/7 µ Größe, anscheinend meist horizontal gestellt; am kernreichsten ist die mittlere Partie der I. Schicht. Gegen die II. Schicht ist die Grenze recht scharf.
516 Lobus parietalis.
II. Die äußere Körnerschicht ist sehr ausgeprägt; mit ihrer Breite von 0.24-0.29 mm ist sie bei der Schmalheit der übrigen Rinde mehr als doppelt so breit als sonst im Durchschnitt. Bei schwachen Vergrößerungen kann man sie an vielen Stellen von der III gar nicht unterscheiden und II + III + IV scheinen gleichsam eine einzige körnelige breite Masse zu bilden (Tafel LX, Bild 1). Dabei ist die Schicht äußerst zellreich und zelldicht; sie zählt zwischen 180 und 230 Zellen (200 im Durchschnitt) pro 0.1 mm3, davon sind die meisten ganz klein, wirkliche Körner von runder oder ovaler Form von 4/4 bis 5/5 µ oder kleinste pyramidenförmige oder dreieckige Zellen von 6-7 / 5 µ; im allgemeinen kann man sagen, daß in den obersten Partien mehr Körner und in den tieferen mehr pyramidenförmige Zellen vorkommen, doch ist dies nicht so ohne weiteres richtig; ich glaube sogar, daß es hier auch individuelle Unterschiede gibt und daß bei manchen Gehirnen die Dreiecks- und Pyramidenformen von vornherein überwiegen (Tafel LIX, Bild 2); aber gleichgültig, welche Formen überwiegen, das Charakteristische ist die Kleinheit der Zellen und ihre Menge, die ein „bestäubtes" Aussehen der Schicht geben. (Bei der starken hundertfachen Vergrößerung, bei der unsere Tafeln aufgenommen sind, verliert dieser „Anblick" etwas von seiner Auffälligkeit, während er gerade bei schwachen Vergrößerungen frappant und nicht zu übersehen ist.) Gegen die III. Schicht ist die Begrenzung nicht scharf, bei schwachen Vergrößerungen überhaupt nicht zu sehen, weil man da wegen der Kleinheit der Zellen der III. Schicht den Eindruck hat, als reichte die II. Schicht bis zur IV. herunter; bei stärkerer Vergrößerung erst erkennt man an der Form der Zellen den Übergang in die Pyramidenschicht trotz der Kleinheit der Zellen, doch reichen auch die Körner der II. Schicht wirklich weit hinab in die III. Schicht, so daß man sie neben den Pyramidenzellen in der ganzen III. Schicht findet, in deren Tiefe auch Körnerzellen aus entgegengesetzter Richtung stammend d.h., aus der IV. Schicht ihnen begegnen. Dieses Herabreichen der Zellen der äußeren Körnerschicht in die III. Schicht der PB1-Formation ist besonders auffällig dort, wo diese Formation nicht als eigene breite Area, sondern eingesprengt in PB2 auftritt, wie auf Tafel LXI (Höhe 18 cm. Breite 12 cm); hier macht es direkt den Eindruck, als ob sich gleichsam eine Staubwolke aus II auf III herabsenken würde.
III. Die Pyramidenzellschicht ist in der Area postcentralis oralis granulosa (Tafel LX, Bild 1) recht schmal, mit 0.44 mm ist sie absolut und relativ schmal, da sie nur ein Viertel der Rinde ausmacht (statt wie sonst ein Drittel). Makroskopisch sowohl als bei schwacher Vergrößerung erscheint sie als eine ganz einheitliche, von der II. und der IV. Schicht nicht recht zu unterscheidende Fortsetzung der Körnerschicht, in deren tiefsten Partien bloß vereinzelt einzelne größere Pyramidenzellen sporadisch eingestreut sind, ohne dabei den ganzen kleinzelligen Charakter der Schicht zu ändern; weder Schichtung noch Streifung ist an ihr zu bemerken. Aus diesem Zellbau der III. Schicht ergibt sich der Typus der ganzen Formation, d. h. dieser Area, die sich dadurch als Area granulosa präsentiert, weil ihr Wesen in dem Überwiegen der kleinsten Elemente besteht, die weit mehr als zwei Drittel der zellbesetzten Rindenbreite ausmachen.
Die Zellzahl schwankt zwischen 90 und 120 pro 0.1 mm3. Die Zellform ist sehr verschieden; es kommen in allen Schichtenhöhen der III. zahlreiche Körnchenzellen, und zwar von kleinster runder oder ovaler Form sowohl, als auch von ganz unregelmäßigem, kleinzackigem, sternförmigem Aussehen, von denen man vielfach sogar den Eindruck hat, daß sie kleiner sind als die Körnchenzellen der II. Schicht, 3/3 bis 4/4 bis 5/5 µ usw.; diese Zellen machen ungefähr ein Viertel und auch mehr der Gesamtzellzahl, also ca. 30 pro 0.1 mm3, aus. Die übrige weitaus größere Zellenzahl wird durch allerkleinste und kleine Pyramidenzellen gebildet, unter denen bloß wenige mittlere und nur sporadisch größere Pyramidenzellen vorkommen; letztere kommen wohl bloß im tiefsten Drittel der III. Schicht vor, doch ist eine Ordnung nach Größe der Zellen und nach ihrem Abstand voneinander sonst nicht zu bemerken; sie liegen meist zu unregelmäßigen Häufchen und Zügen beieinander; eine Streifung ist im allgemeinen nicht zu erkennen; die ganze Verteilung der Zellen ist besonders dort, wo die Formation PB1 gut entwickelt ist, strukturlos, so wie sonst in II und IV gewöhnlich auch. Die Größe der Pyramidenzellen schwankt also, wie gesagt, die kleinen Pyramidenzellen sind 5-7 / 10 µ, ca. 50-60 in 0.1 mm3, also die Hälfte aller Zellen; die allerfeinsten, oben erwähnten Körner machen ca. ein Viertel aus; die mittleren Pyramidenzellen 15-(20) / 6-10 µ bilden ungefähr das letzte Viertel, 20-28 pro 0.1 mm3. Ganz vereinzelt sind, wie gesagt, einzelne große Pyramidenzellen, die 30/20 µ Größe haben können, manchmal zu mehreren nebeneinander liegen können und streckenweise wieder ganz fehlen. (Auf 1 mm Breite des Präparats [= 10 cm der Tafel] bei Schnittdicke 25 µ zirka drei solcher Zellen.) Wir sehen aus diesen Maßen, daß die Pyramidenzellen zum größten Teile kleinsten Kalibers sind, daß das gewöhnliche kleine Zellkaliber anderer Rindenfelder hier schon selten und das mittlere höchst selten ist und daß die Bezeichnung der Area als granulosa vollkommen berechtigt ist, weil die große Zellzahl bei der Zellkleinheit ein gekörntes Aussehen ergibt.
Area postcentralis oralis granulosa. 517
Auch für die Teile der PB1, die am Parazentralläppchen auf die Windungskuppe gelangen, gelten so ziemlich dieselben Verhältnisse; vielleicht werden die Zellen hier um eine Spur größer und ihre Anzahl in unmerklichem Maße geringer (Tafel LXII). Nicht bei allen Gehirnen jedoch ist diese Verkörnelung so vollkommen wie auf Tafel LX, Bild 1, wo sie auch, bei starker Vergrößerung betrachtet, ohne weiteres in die Augen springt; auch am Parazentralläppchen ist trotz der Verkörnelung noch sehr viel pyramidenförmiges Zellmaterial in III zu sehen, ebenso in der Enklave von Strich 1 -2 auf Tafel LXI, wo inmitten der PB2-Formation sich die granulöse Bildung PB1 fleckweise entwickelt hat. Außerdem gibt es aber auch Gehirne, an denen meist gleichzeitig überall die Pyramidenzellen so schön und schlank und schmal geformt sind, daß man auch in dieser Area an den kleinsten Zellen genau ihre Pyramidenform bei stärkerer Vergrößerung sieht (Tafel LIX, Bild 2); und man ist ganz erstaunt, wenn man beim Durchsuchen von Präparaten mit schwachen Vergrößerungen auf diese typisch granulös aussehenden Partien stößt, die bloß aus Körnern zu bestehen scheinen und das typische „bestäubte" Aussehen haben, dann bei starker Vergrößerung zu finden, daß es sich vielfach nicht um Körner, sondern um so zahlreiche kleinste Pyramidenzellen handelt. Immerhin verliert der Typus der III. Schicht durch dieses Detail nicht an Auffälligkeit; nirgends sonst in der Rinde als gerade bei diesen „granulösen" Bildungen finden wir diese Unmenge kleinster Pyramidenzellen als Hauptbevölkerung der III. Schicht; daneben ist die III. Schicht auch noch vielfach mit richtigen Körnern aus II und IV in allen Höhenlagen bespickt.
IV. Die innere Körnerschicht mit ihren 0.29-0.34 mm ist sehr breit, absolut und relativ, im Verhältnis zur übrigen Rindenbreite beinahe doppelt so breit als sonst im Durchschnitt. Sie ist äußerst zellreich und sticht infolgedessen von III durch eine etwas tiefere Färbung ein bißchen ab. Die Zellen sind zum überwiegend größten Teil Körnchenzellen von 4/4 µ und etwas darüber bis zu 6/6 µ, aber die kleinen Zellen sind überall in der Überzahl; sie liegen zu Häufchen zusammen, die sich wieder zu Zügen und Haufen unregelmäßiger Form vereinigen. Doch ist im ganzen die Zellzahl und Dichtigkeit so groß, daß keine besondere Struktur daraus resultiert. Es sind gegen 230 Zellen pro 0.1 mm3, unter den Zellen sind auch individuell verschieden viele Pyramidenzellen kleinen und mittleren Kalibers, die zwar der Zahl nach nicht ins Gewicht fallen, durch ihre Größe jedoch zur größeren Zelldichtigkeit der Schicht sichtlich beitragen. Die Körnchenzellen sind sehr verschiedener Form; die einfach ovalen oder runden Körner sind wohl in der Minderzahl, meist sind regelmäßig geformte eckige sternförmige Zellen mit kleinsten Ausläufern.
Die Begrenzung der IV. Schicht nach oben sowohl als nach unten ist sehr unscharf, da die Körner, wie schon gesagt, nach III in ziemlich großer Menge hinaufsteigen, andererseits auch in die Tiefe nach der V. Schicht hineinreichen können. Immerhin ist diese Grenze gegen V doch eine viel schärfere und wegen der Lichtung in V viel genauer zu ziehen als gegen III.
V. Die ganglionäre Schicht ist ein auffällig zellarmer, lichter, schmaler Streifen von 0.21 mm in der Wand und nur 0.28 mm am Culmen, und der ungefähr nur die halbe Zelldichtigkeit hat wie die IV. Schicht; an Tafel LIX, Bild 2, und an Tafel LXII fällt dies besonders gut auf. Ihre typischen Elemente sind aber bloß zum Teil mittelgroße, gut entwickelte Pyramidenzellen von 20-30 / 15-20 µ Größe, die in einer Anzahl von nur 4-5 pro 0.1 mm3 auftreten, daneben noch ungefähr 6-8 kleinere Pyramidenzellen von 15/10 µ Größe; außer diesen sonst typischen Elementen der V. Schicht, die in so geringer Anzahl vorkommen, enthält jedoch dieselbe noch einen ganzen Schwärm relativ dünn gesäter, verschiedenst geformter, kleiner Körnerzellen, und zwar ca. 50 pro 0.1 mm3 (Tafel LX Bild 1 und Tafel LXII). So wird auch die V. Schicht eigentlich zu einer zum Teil körnigen Lage der granulösen Area trotz ihrer vielleicht durch Einlagerung eines Markstreifens hervorgerufenen Aufhellung und trotz ihres pyramidalen Grundcharakters.
518 Lobus parietalis.
Obschon nicht zum Typus der Area postcentralis oralis granulosa gehörend, kann doch in der V. Schicht derselben ab und zu mal aus der V. Schicht der angrenzenden Area postcentralis gigantopyramidalis PA eine Betzsche Riesenzelle auch hierher gleichsam disloziert vorkommen (Tafel LIX, Bild 2, Höhe 1.5, Breite 33.5 cm). An dem Übergangsteil der beiden Areae zueinander kommt dies wohl recht oft vor, aber auch sonst sieht man es (Tafel LX, Bild 1, Höhe 8.5, Breite 15.5 cm). An der Mantelkante des Hirns kann man manchmal, da die Bildung der Riesenpyramiden, wie schon S. 513 angeführt, nach rückwärts auf die vordersten Teile des oberen Scheitelläppchens - der Konvexität - übergreift, in weiteren Abständen voneinander auch mehreren Betzschen Riesenpyramiden kleineren und flacheren Formates auch in der V. Schicht der PB1 begegnen. An der Tafel LXII sieht man zwei solcher Riesenzellen, die an den beiden Grenzen der Formation PB1 aber schon im Gebiete derselben sich befinden. Jedoch möchten wir an dieser Stelle, um jeden Irrtum zu vermeiden, ganz besonders noch darauf aufmerksam machen, daß sporadisch an jeder Formation der hinteren Zentralwindung und in jeder Höhe derselben dorsal und ventral und auch sogar in der Operculargegend in der V. Schicht (sogar manchmal in der III. Schicht) ab und zu eine Betzsche Riesenzelle vorkommen kann.
VI. Die Spindelzellenschicht enthält nicht Spindelzellen, sondern dreieckige und Pyramidenzellen. Sie bildet mit dem 0.25 mm breiten VIa ein schmales, dunkles Band, das von dem lichten Band der V. Schicht absticht; sehr gut an Tafel LIX, Bild 2, und Tafel LX, Bild 1, zu sehen. An der Kuppe und in der Wand ist VIa ungefähr gleich breit und gleich gebaut. Es besteht aus ca. 60 Zellen pro 0.1 mm3, von denen ca. 30 Zellen wohlgeformte, 10-15 / 10 µ große, dreieckige und pyramidenförmige Zellen sind, einzelne darunter sind auch 20-25 / 15-20 µ groß, die übrigen 30 kleinen Zellen sind meist kleine Körnerzellen, wie auch in V (s. besonders Tafel LX, Bild 1). Die VIa-Schicht verdankt also ihre dunklere Färbung und größere Dichtigkeit gegenüber der V. Schicht der dreifach größeren Anzahl an mittelgroßen Zellen. Auffallend und dem Wesen dieser granulösen Area entsprechend ist es, daß auch hier kleine Körnerzellen in berücksichtigenswerter Anzahl vorhanden sind. Die VIb-Schicht ist ebenfalls schmal, obschon sie anders als die VIa, an der Kuppe wohl etwas breiter wird; sie ist wie immer zellarm, ca. 16 Zellen pro 0.1 mm3, die Zellen sind schlanke Pyramidenzellen, meist von 15-(20) / 7-10 µ Größe, doch auch 30-40 / 15-20 µ, mit lang ausgezogenen, gegen die Oberfläche senkrecht gerichteten cephalen Fortsatz. Die größeren Zellen kommen besonders in den tieferen Partien vor, also umgekehrt, als wir es sonst gewohnt sind zu sehen. VIb ist überhaupt großzelliger als VIa, was schon an und für sich sehr auffällig ist. Tafel LIX, Bild 2, und Tafel LXII zeigen dies sehr deutlich. Die Abgrenzung gegen das Mark ist eine sehr scharfe.
Mit der VI. Schicht der PA-Formation teilt also auch die PB1-Formation die Auffälligkeit, daß sie den Namen Spindelzellenschicht nicht verdient, weil sich unter den sie zusammensetzenden größeren Zellen so gut wie gar keine Spindelzellen finden, sondern alle Zellen der VIa-Schicht (abgesehen von den Körnern) sind dreieckige oder flach pyramidenförmige Zellen, und ebenso ist es in der VIb-Schicht; obschon hier die Zellen zum Teil schlanker sind, ist die Spindelform eine Seltenheit; sogar dort, wo die PB1-Area auf die Kuppe des Parazentralläppchens übertritt, im Kuppenwinkel selbst, wo sonst die gestrecktesten Spindelformen zu finden sind, kommen nur ganz wenige Spindelzellen vor (Tafel LXII). Dieser Umstand hat sicher seine anatomisch-physiologische Begründung, die wir bisher noch nicht genau genug kennen.
Area postcentralis oralis simplex. 519
Wir wollen hier nur soviel sagen: die Verkörnelung der III. Schicht, bedingt dadurch, daß II + III + IV wie eine einzige Schicht aussehen, einen Schichtenverlust; gleichzeitig bedeutet dies eine nicht unbedeutende Änderung der Elemente des Zellaufbaues dieser Area; sie ist also jedenfalls als eine heterotypische (isogenetische) Rinde zu bezeichnen. Isogenetisch ist sie sowohl ihrer Entwicklung nach als auch deswegen, weil der sechsschichtige Bau an ihr trotz aller Änderung noch zu erkennen ist und die Ableitung ihrer Schichten aus den sechs Schichten der sie umgebenden Areae ohne weiteres möglich ist. Es ist gleichzeitig eine der schmälsten Rindenstellen des ganzen Großhirns.
Bevor wir zur Besprechung des §5, der Ausdehnung und Nachbarverhältnisse dieser Area übergehen, wollen wir nun die Area postcentralis oralis simplex PB2 besprechen und dann gemeinsam das Verhalten beider Areae postcentrales orales durchgehen (s. S. 521).
§6 und §7 werden für die ganze hintere Zentralwindung auf S. 532 und 538 gemeinsam besprochen.
Sie unterscheidet sich fürs freie Auge in nichts von der Area postcentralis oralis granulosa, und das dort Gesagte gilt auch hier: sie ist ebenso schmal, 0.18 mm, gehört also ebenfalls zu den allerschmalsten Stellen der Hirnrinde und zeigt keine makroskopisch sichtbare Schichtung bis auf einen lichten Streifen (der V. Schicht).
Diesbezüglich haben wir schon auseinandergesetzt, daß sie in gewisser Beziehung der Area postcentralis gigantopyramidalis ähnlich ist; sie ist schmäler im ganzen als Rinde; außerdem ist die radiäre Streifung auch schmaler, aber immerhin deutlich, während sie in PB1 so gut wie gar nicht bestand; sie ist gut geschichtet, indem II und IV deutlich wieder zelldichter sind; die V. Schicht bildet ein helles Band, darauf folgt wieder das dunklere Band der VIa-Schicht und die VIb schneidet gegen das Mark ganz scharf ab; die III. Schicht zeigt zum Unterschiede von PB1 keinen Körnertypus, sondern deutlich immer kleine Pyramidenzellen, allerdings sind dieselben viel kleiner als etwa die Pyramidenzellen in der PA-Formation, und kleiner als in den meisten übrigen Hirnteilen in der III. Schicht, jedoch deutlich größer als in PB1 und bilden dadurch gleichsam eine Vorstufe zu der Entwicklung ins Zwerghafte, wie wir sie bei der PB1-Area gesehen haben.
Auch das Verhältnis der Schichten zueinander ist eigentlich dasselbe wie in der PB1.
Wir finden z. B.
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
bei einer Gesamtdicke von 1.92 mm | ||||||||
0.24 | 0.20 | 0.56 | 0.28 | 0.24 | 0.44 | mm | a0.26 | b0.18 |
und wieder bei einer Gesamtdicke von 2.1 mm | ||||||||
0.30 | 0.26 | 0.72 | 0.32 | 0.20 | 0.30 | mm | a0.18 | b0.12 |
relativ ist das als Proportionalgleichung | VIa | |||||||
0.14 | 0.12 | 0.34 | 0.16 | 0.12 | 0.12 | äH:iH = 60:40 |
520 Lobus parietalis.
Auch hier also ist V und VI wieder abnorm schmal, dagegen ist die III. Schicht bedeutend besser, d. h. breiter entwickelt als in PB1, wo sie offenbar zugunsten von II und IV verschmälert und auch qualitativ modifiziert war (s. S. 516). Dadurch ist die äußere Hauptschicht im Verhältnis zur inneren viel breiter als sonst im allgemeinen.
Auch hier wollen wir mehr in Anlehnung an die Beschreibung von PB1 vorgehen, welches wir als eine spezifische Variante von PB2 auffassen, die wir separat beschrieben haben, weil sie uns eine Heterotypisierung dieses Grundtypus zu sein scheint.
I. Die Molekularschicht ist recht breit, absolut (0.24-0.30 mm) und relativ (14%). Sie ist etwas weniger kernreich als in PB1 und etwas kernreicher als in PA und zwar enthält sie alle Kerne (Glia-, Nerven- und Bindegewebszellen) zusammengenommen ca. 60 Kerne pro 0.1 mm3, davon gehören ca. 8 zu Nervenzellen von 5/5 bis 10/7 µ. Die Kerne sind über den ganzen Querschnitt ziemlich gleichmäßig verteilt.
II. Die äußere Körnerschicht ist auch von guter Breite, wenn auch nicht von relativ so starker Ausprägung wie in PB1 (zwischen 0.20-0.26 mm). Die Zellen sind Körner und kleinste Pyramidenzellen von 5/5, 6/6 µ und bis zu 10/7 µ. Es sind ca. 100 Zellen pro 0.1 mm3. - Also ungefähr die Hälfte wie in PB1. Außerdem ist die II. Schicht nach oben und auch nach unten ziemlich gut begrenzt.
III. Die Pyramidenschicht hat in PB2 ein zwar im allgemeinen recht kleinzelliges Aussehen. Jedoch sind die Zellen doch alle groß genug, damit man sie auch bei schwachen Vergrößerungen schon als kleine Pyramidenzellen erkennt. Sie sind ordentlich der Größe nach geordnet, so daß man eine IIIa-, IIIb- und IIIc- horizontale Unterschicht an ihr erkennen kann und außerdem auch eine vertikale, feine, streifenförmige Anordnung, zum Unterschiede von PB1. Obschon zellärmer und lockerer als PB1, ist sie doch eine auffallend zellreiche und zelldichte Zone, die stellenweise alle Übergänge zu PB1 aufweisen kann. Sie ist auch viel breiter, absolut und relativ, da sie doch sogar über 33% der Rindenbreite ausmacht. Eine Durchsetzung mit Körnerzellen findet hier nicht statt, nur ganz wenige Körnerzellen sind ausnahmsweise in III anzutreffen.
IIIa enthält 80 Zellen pro 0.1 mm3 von der Durchschnittsgröße 10/7 µ.
IIIb enthält 60 Zellen pro 0.1 mm3 von der Durchschnittsgröße 15/10 µ.
IIIc enthält 60 Zellen pro 0.1 mm3, von denen ca. 30 20-25 / 15 µ und ca. 30 10/10 µ Größe haben und ganz vereinzelte Zellen von 30/20 µ, und zwar 1-2 Stück pro 1 mm Gesichtsfeld bei 25 µ Schnittdicke.
Nahe an der vorderen Lippe (der hinteren Zentralwindung), also am Übergang gegen PC, werden die Zellen der III allmählich größer und nehmen an Zahl ab; in IIIc nehmen die großen Zellen gegen PC hin auch an Anzahl bedeutend zu.
IV. Die innere Körnerschicht ist, obschon recht gut entwickelt (durchschnittlich 0.30 mm) und relativ von sehr guter Breite (16%), doch im Vergleich zu PB1 natürlich relativ schwächer. Sie besteht aus Häufchen von kleinsten und etwas größeren Körnchenzellen, dreieckigen Zellen und unregelmäßig geformten Zellen (Sternzellen), ca. 120 pro 0.1 mm3, die in den mittleren Lagen der Schicht am dichtesten, in den oberen und unteren etwas lockerer zueinander liegen, und 6/6 bis 10/10 µ Größe haben können, doch prävalieren die kleinen Elemente. Vereinzelte mittlere Pyramidenzellen sind aus der III. oder V. Schicht auch hierher disloziert, doch ist dies nicht in ausschlaggebender Anzahl der Fall. Die Begrenzung gegen oben und unten ist nicht ganz scharf. Also auch die IV. Schicht zeigt bloß die halbe Zellzahl wie in PB1. Die Andeutung einer senkrechten Streifung ist auch in PB2 IV zu sehen.
Area postcentralis oralis simplex. 521
V. Die ganglionäre Schicht ist außerordentlich schmal (0.22 mm), relativ noch schmaler als in PB1, besteht bloß aus einem lichten Streifen (man kann nicht etwa Va und Vb darin unterscheiden). Sie ist auch zellärmer als in PB1; besteht aus ca. 45 Zellen pro 0.1 mm3, von denen ungefähr die Hälfte die Größe von 10-15 / 20 µ haben, d. h. die Zellen sind ganz flach pyramidenförmig, mehr in die Breite ausgedehnt; die übrige Hälfte der Zellen ist klein-dreieckig, 7/10 und 10/10 µ; vereinzelt finden sich in regelmäßigen Abständen größere Zellen 30-40 / 20-25 µ, die pyramidenförmig sind und deren Vorkommen ziemlich typisch für PB2 ist, zum Unterschied von PB1, wo sie bloß ganz sporadisch vorkommen. Sogar typische Betzsche Riesenzellen findet man nicht ganz selten, und zwar dorsal häufiger, jedoch ventral ebenfalls ab und zu. Eine Durchsetzung der V. Schicht mit Körnerzellen, wie dies in PB1 der Fall war, findet in PB2 nicht statt. - Betreffs des Vorkommens von Betzschen Riesenzellen gilt das, was S. 513 gesagt wurde.
VI. Die Spindelzellenschicht zerfällt in ein sehr schmales, zellreicheres Band VIa, dessen Begrenzung gegen das Mark scharf ist und erst gegen die Windungslippe zu etwas unschärfer wird.
VIa enthält ungefähr 60 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe 15/10 µ.
VIb enthält ungefähr 15-20 Zellen pro 0.1 mm3 von gleicher Größe 15/10 µ.
Auch hier sind die Zellen wie sonst in der ganzen VI. Schicht der Vorderwand der hinteren Zentralwindung nicht spindelförmig, sondern pyramidenförmig, erst gegen die Windungslippe zu treten auch Spindelzellen auf, und auch hier sind in VIb diese dreieckigen und Pyramidenzellen manchmal größer als in VIa.
Betreffs der Ausdehnung und Begrenzung ist es sehr schwer, hier bestimmte Angaben zu machen. Es sind hier die Grenzen nicht so genau wie sonst anzugeben und außerdem gilt die Regel, daß die Areae nicht ineinander hineinreichen, für die Area postcentralis oralis nicht. Man muß sich dieses Verhalten am besten so erklären: die vordere Wand des Gyrus centralis posterior wird eingenommen zutiefst in geringer Breite von der Formatio postcentralis gigantopyramidalis PA und weiter oberflächenwärts in geringer Breite von der Formatio postcentralis oralis PB, und zwar so, daß die erstere PA vom Operculum bis zur Mantelkante das Tal der Rolandoschen Furche und den untersten Teil ihrer Rückwand (der vorderen Wand der hinteren Zentralwindung C. p.) einnimmt, während die PB die ganze übrige Rückwand einnimmt. Die Windungskante selbst ist meist schon von PC eingenommen, die ventral (in der Operculargegend) sogar manchmal ziemlich weit auf die Wand sich herab zu erstrecken scheint (s. Abb. 133a und 133b). An der Mantelkante steigt die PA-Formation aus der Tiefe empor auf die Oberfläche des Parazentralläppchens, und nimmt die ventralsten Teile des Parazentralläppchens ein, ferner, hakenförmig sich umbiegend, auch den hintersten und auch dann den dorsalsten Teil desselben ein (s. Abb. 133b) und tritt so nochmals über die Mantelkante auf den vordersten Abschnitt des oberen Scheitelläppchens an der Konvexität. Die PB-Formation dagegen nimmt in der Rolandoschen Furche beinahe den ganzen Rest der Rückwand derselben ein, jedoch nie bis ganz zur Lippe hinaufreichend und erstreckt sich so bis zur Mantelkante; erst hier tritt sie ebenfalls aus der Windungswand an die Oberfläche des Parazentralläppchens und lagert sich in die Höhlung des Hakens der PA-Formation daselbst ein (zum Teil mit der PC-Formation, wie wir später noch sehen werden). Abb. 119, welche CAMPBELL entnommen ist, zeigt hinwiederum an einer Serie von Schnitten durch die vordere und hintere Zentralwindung vom Operculum bis zum Parazentrallappen sehr schön auf der C. a., durch Punkte die Lage der Area gigantopyramidalis FAγ, und auf der Vorderwand der C. p. durch kleine Kreuze die Lage der Area granulosa PB an. Während nun die PA-Formation in ihrem Verlaufe den gleichen Grundbau beibehält (homotypisch sechsschichtig) und nur die Umwandlung am Parazentralläppchen erfahrt, die jede Bildung von der Kuppe zur Wand und zum Tal durchmacht (Tafel LIX, Bild l, und Tafel LXVI und LXVII, S. 511), ändert dagegen die PB-Formation in ihrem Gebiete ihren Charakter durch lokale höhere spezifische Differenzierung ihres ursprünglich homotypischen sechsschichtigen granulären Typus PB2 zu dem zwergzelligen heterotypischen granulösen Typus PB1, d. i. Rindentypus 5, dem sog. Koniocortex (s. 5. Kap. S. 236), s. auch Abb. 56, 57 und 58. Wie weit diese Differenzierung vorgeschritten ist, scheint bei verschiedenen Gehirnen individuell sehr verschieden zu sein. In den ventraleren Partien der Rolandoschen Furche scheint der größte Teil von PB zu PB1 differenziert zu sein, so daß PB2 bloß den Übergang zu PC, evtl. auch auf kurze Strecke, zu PA bildet; auch in den dorsaleren Partien scheint ein ähnliches Verhältnis zu bestehen, und PB1 scheint den größten Teil des PB-Gebietes an der Mantelkante des Gehirns und dem Parazentralläppchen selbst einzunehmen; im übrigen Teil scheint PB1 wiederholt von PB2 unterbrochen und gegen das Tal oder gegen die Kuppe zu von PB2 begrenzt, so daß die granulöse Formation (PB1) große streifenförmige Inseln zu bilden scheint oder Differenzierungsflecken und -strecken (s. Abb. 133b) innerhalb des Gebietes der PB2. Um dem Prinzip des Nichtineinandergreifens der Areae und der sog. haarscharfen Grenzen treu zu bleiben, könnte man es nun vorziehen, hier eine einzige Area PB (= PB1 + PB2) anzunehmen und sich um die feineren Details, die PB1 von PB2 unterscheiden, nicht kümmern; aber dies würde eine bloß „nomenklatorische" Lösung der Frage bedeuten und das Wesen der hier zutage tretenden anatomischen Verhältnisse meritorisch unberücksichtigt lassen; daher haben wir es vorgezogen, die Formationen in ihren Einzelheiten anzuführen; ob dann der Name „Area" für ein solches Gebiet paßt, ist eine Frage von ganz sekundärer Bedeutung gegenüber der Tatsache, daß wir es hier mit lokalen fleckweisen Änderungen der Grundform zu tun haben, die bald ein scharf umrissenes Feld bilden, bald einzelne Flecken in einem größeren Feld anderen Baues oder mit diesem anderen Bau durchmischt. Die Größe dieser Inseln ist sehr verschieden. Tafel LXI zeigt z. B. zwischen Höhe 12 und 24 cm eine solche ganz kleine Insel, in der nicht einmal die ganze III die granulöse Umwandlung erfahren hat, sondern bloß zwischen Strich 1 und 2 eine Verkörnelung der oberen Partien von III zu sehen ist, während die tiefste Schicht von III und auch IV unverändert ist. Dieses Beispiel möge dafür einstehen, daß alle möglichen Grade von der starken Verkörnelung wie in Tafel LX, Bild 1, bis zu der Area simplex, Tafel LX, Bild 2, vorkommen.
522 Lobus parietalis.
Abb. 133a. Lobus centralis (vordere Ca., hintere Zentralwindung Cp., Operculum Op. R. und Parazentralläppchen Pa) mit weit klaffender Rolandoscher Furche R. und angrenzenden Gebilden halbschematisch dargestellt, - Cmg Sulcus callosomarginalis, d. Sulcus diagonalis, f1f2 erste und zweite Frontalfurche, fm. mittlere Frontalfurche, ip. Sulcus interparietalis, s. po. i. und s. po. s. Sulcus postcentralis inferior und superior, s. pr. i. und s. pr. s. Sulcus praecentralis inferior und superior, s. sc. a. und s. sc. p. Sulcus subcentralis anterior und posterior, v. Ramus verticalis fissurae Sylvii.
Area postcentralis oralis Simplex. 523
Über die eventuelle Bedeutung dieser Differenzierung wollen wir, wenn wir §6 und §7 der ganzen hinteren linken Zentralwindung behandeln, noch sprechen.
Abb. 133b. Diese Abbildung zeigt auf der in der Abb. 133a gegebenen grobanatomischen Grundlage die Verteilung und gegenseitige Abgrenzung der Areae eingezeichnet. Die Grenzen der Areae sind, soweit sie nicht mit Furchen zusammenfallen, gestrichelt gezeichnet. FB, Area frontalis agranularis; FA (FAγ) Area praecentralis (gigantopyramidalis); man beachte den einspringenden Winkel, den der Riesenzellen führende Teil FAγ in der Höhe der mittleren Frontalfurche bildet. Die caudale Grenze dieser Area reicht meist nicht ganz bis auf den Talgrund der Rolandoschen Furche. Denselben nimmt die Area postcentralis gigantopyramidalis ein, PA1, die am Operculum zungenförmig etwas auf die Oberfläche tritt, oben am Parazentrallappen aber sogar einen großen Teil der Oberfläche in Form der Variante PA2 einnimmt und sogar mit dem Endstück des Sulcus callosomarginalis auf die Oberfläche der Konvexität wieder zurückreicht. In der Vorderwand der hinteren Zentralwindung breitet sich der ganzen Länge nach die Area postcentralis oralis PB aus, in ihrer granulösen Variante PB1 (punktiert dargestellt) und der triangulären einfachen PB2 (durch kleine schwarze Dreiecke dargestellt), die sich streifen- und inselförmig abwechseln und durchmischen. PC, die großzellige Area postcentralis intermedia nimmt Vorderlippe und Kuppe der hinteren Zentralwindung ein; PD Area postcentralis caudalis nimmt die Hinterwand der C. p. ein. PF Area supramarginalis.
Während am opercularen Ende der Rolandoschen Furche die PA-Formation manchmal mit einem Füßchen bis auf die Oberfläche des Operculums reicht, und zwar nach vorn zu (C. a.), bleibt die PB, soweit wir es übersehen, innerhalb der Rolandoschen Furche auch hier versteckt und tritt nicht an die Oberfläche sondern hört spitz auslaufend in dem ventralen Ende des Tales der Rolando auf.
524 Lobus parietalis.
§6 und §7 werden gemeinsam mit den entsprechenden Paragraphen der übrigen Bildungen der hinteren Zentralwindung besprochen S. 532 und 538.
Die Kuppe der hinteren Zentralwindung ist von einer Formation PC eingenommen (Abb. 9 und 133b), die sich sehr deutlich von den eben besprochenen Wandformationen unterscheidet, und zwar nicht nur so weit, als Wand und Kuppe stets gewisse Differenzen gegeneinander aufweisen, sondern der Unterschied betrifft gerade ihr Hauptcharakteristicum, so daß man unmittelbar den Eindruck eines verschiedenen Zellaufbaues zwischen Vorderwand und Kuppe gewinnt. Die Formation nennen wir Postcentralis intermedia in Anlehnung an die Campbellsche (und nachher Brodmannsche) Bezeichnung dieses Gebietes. Tafel LXIII und Tafel LXIV stellen zwei voneinander nicht weit entfernte Stellen eines einzigen Schnittes durch die Kuppe der hinteren Zentralwindung in der ungefähren Höhe des Sulcus frontalis superior dar. LXIII stellt die vordere Lippe der Kuppe am Sulcus Rolando dar und LXIV ist hinter der Mitte der Kuppe aufgenommen.
Diese Formation bildet zum Unterschied der Vorderwand eine, auch absolut genommen, recht breite, mehr gleichmäßig aussehende, im Gebiete der V. Schicht nur wenig aufgehellte Rindenpartie, die, wie meist die Kuppenteile, nicht ganz scharf gegen das Mark abgegrenzt erscheint. Die Breite beträgt 3.0-3.3 mm. Es ist also eine breite Rinde.
Die Formation erscheint äußerst ähnlich der Formation FB und FC bis auf das Vorhandensein einer IV Schicht. Man vgl. dazu Tafel LXIII und Tafel LXIV mit Tafel V, VI, XII. Die Rinde fällt beim ersten Anblick auf als breit, mit großen, schön geformten, wohlgeordneten Pyramidenzellen, von der Größe wie in FB, gleichmäßig in ihrer Übereinander- und Nebeneinanderordnung, einer leichten, radiären, fächerförmigen Streifung der ganzen Rindenbreite (s. besonders Tafel LXIII), einer sehr breiten VI. Schicht. Die V. Schicht ist weniger breit als in FB und etwas lichter und die großen Zellen hier in PC im Verhältnis zu den kleineren dort in auffallender Minderzahl; dies letztere ist ein Hauptunterschied gegenüber den frontalen Areae. Die Rinde ist außerdem granulär und infolgedessen gut geschichtet; jedoch ist die horizontale Schichtung weniger auffallend als die senkrechte Streifung und Anordnung. Die Pyramidenzellen in IIIc sind auffallend groß, beinahe von Riesenpyramidengröße, besonders auch an der vorderen Windungskante. Sporadisch kann in V auch ab und zu, besonders in den dorsalen Teilen der Area, eine Betzsche Zelle vorkommen.
Die hintere Zentralwindung hat in ihrem dorsoventralen Verlauf eine sehr abwechslungsreiche Konfiguration; bald ist sie recht breit, bald wieder stellenweise auffallend schmal. Das Verhältnis der Schichten ist natürlich danach ein recht verschiedenes, je nachdem man die Rinde an einer schmalen Kuppe mißt oder an einer Stelle, wo die Kuppe flach und breit ist.
Bei einer Gesamtbreite von 3.26 mm auf der schmalen Kuppe finden wir:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.22 | 0.24 | 0.72 | 0.40 | 0.38 | 1.30 | mm | a0.70 | b0.60 |
Bei einer Gesamtdicke von 3.0 mm auf der flachen Kuppe finden wir: | ||||||||
0.24 | 0.22 | 1.00 | 0.32 | 0.38 | 0.88 | mm | a0.50 | b0.38 |
Relativ im Mittel: | VIa | |||||||
0.09 | 0.09 | 0.30 | 0.14 | 0.15 | 0.23 | oML:iML=48:52 |
Area postcentralis intermedia. 525
Aus diesen Zahlen zeigt es sich, daß die III. und die V. Schicht etwas unter mittelbreit sind, während VI zum Unterschied der anderen Formationen der hinteren Zentralwindung sehr breit ist. III beträgt relativ bei der breiten Rinde allerdings weniger als ein Drittel der Breite, kann aber stellenweise auch mehr als ein Drittel betragen, und zeigt jedenfalls absolut ziemlich hohe Zahlen.
I. Die Molekularschicht ist von normaler Durchschnittsbreite, nicht besonders kernreich, alles zusammen ca. 60 Kerne pro 0.1 mm3, wohl meist Gliakerne und Gefäßwandzellen, darunter 8-10 Nervenzellen von 6/7 µ Größe; die obere Partie der Molekularschicht enthält mehr Kerne als die untere. Es besteht eine Andeutung einer etwas größeren oberflächlichen Aneinanderreihung der Kerne, so daß man ein kernreicheres Ia vom tieferen Ib unterscheiden kann.
II. Die äußere Körnerschicht ist deutlich, nur oben gut abgegrenzt; nach unten ist die Abgrenzung ebenfalls gut, zumal unter ihr die IIIa in ihren obersten Teilen recht licht ist. Sie zählt durchschnittlich 135 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die meisten kleinste Pyramidenzellen sind von 7/5 µ Größe; rundliche Körnerzellen sind seltener, ebenso größere Pyramidenzellen von 10/5 µ und mehr, die wohl meist aus IIIa etwas nach oben dislozierte Elemente sind. Auch diese Zusammensetzung von II aus kleinen Pyramidenzellen erinnert etwas an die II. Schicht der Frontalbildung FB und FC.
III. Die Pyramidenzellschicht, die Area postcentralis intermedia PC ist, sowohl was ihre Breite als was die Größe und Form ihrer Zellen, als auch ihren Zellaufbau anlangt, unter allen Hirnrindenpartien, die hinter der Rolandoschen Furche sind, einzig dastehend; sie enthält die größten Zellen, Pyramidenzellen, wie sie in der III. Schicht, auch der präzentralen Gegend des Frontalhirns, kaum je vorkommen, und gar für die postcentrale Gegend eine Ausnahme sind. An der vorderen Windungskante sind dieselben meist besonders groß, und vielleicht noch größer in den dorsalen oberen Partien (von PC) der Centralis posterior. Siehe Tafel LXIII, Höhe 28 cm, Breite 16.5 cm, und Tafel LXIV, Höhe 19 cm, Breite 12.5 cm.
Die Pyramidenschicht ist also absolut von guter Breite, schwankt zwischen 0.70 mm und 1.00 mm; die Zellen sind der Größe nach wohl geordnet und die Andeutung einer fächerförmigen radiären Streifung (Tafel LXIII), welche die Ähnlichkeit mit FB noch steigert, ordnet dieselben auch in der Längsrichtung. Man kann sehr gut drei Unterschichten unterscheiden: IIIa, IIIb und IIIc, die je ein Drittel der Schichtbreite ungefähr einnehmen.
Zu IIIa zählen wir ca. 35 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe 10/10 bis 15/10 µ.
Zu IIIb zählen wir ca. 28 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe 15/15 bis 20/15 µ.
Zu IIIc zählen wir ca. 25 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ca. 8 von der Größe 25-35 / 15-18 µ, der Rest kleinere und mittlere wie in IIIa und IIIb, außerdem aber besonders an der Grenze gegen IV und zum Teil in diese Schicht hineinreichend (Tafel LXIV), isolierte, aber immerhin ziemlich zahlreiche größte Pyramidenzellen, beinahe Riesenpyramidenzellen von 40-50-60-(80) / 20-25 µ mit großem Kern und Kernkörperchen, mehreren Trabantzellen, großen Tigroidschollen. Es sind ca. 3-4 solcher riesiger Zellen, pro 1 mm Gesichtsfeldbreite, bei Schnittdicke von 25 µ (= 10 cm unserer Tafeln). Meist sind sie, wie gesagt, an der Grenze von III und IV; sie kommen aber auch disloziert weiter oberflächlich vor in IIIc (Tafel LXIII, Höhe 32, Breite 20.5 cm). Zwischen den großen Pyramidenzellen von 25-35 / 15-18 µ und den Riesenpyramiden finden sich alle Übergänge, und es ist individuell sehr verschieden, wie die Zusammensetzung von IIIc ist. Immerhin finden sich hier stets sehr große Pyramidenzellen.
526 Lobus parietalis.
Alle Zellen der III. Schicht sind mittelschlanke und schlanke Pyramidenzellen; von den kleinen in der IIIa-Schicht hat jede fünfte bis sechste eine Trabantzelle; von der Mitte der IIIb-Schicht jede zweite bis dritte, und von den großen Pyramidenzellen der IIIc-Schicht hat jede wenigstens eine Trabantzelle, die Riesenpyramiden sogar 2-3 Trabantzellen und mehr. Die radiäre Streifung, die an der III. Schicht der Area postcentralis intermedia zu sehen ist, reicht bis in die IIIa-Zone hinein.
IV. Die innere Körnerschicht ist recht breit und stets sehr deutlich ausgesprochen; mit ihrer Breite von 0.32-0.40 mm charakterisiert sie stets diese Rinde ohne weiteres als zu den hinter der Zentralfurche gelegenen Bildungen gehörig, so daß man sie trotz ihrer großen Pyramidenzellen als nicht zum Frontalhirn gehörend, ohne weiteres erkennt. Die Körnerschicht ist ziemlich dicht, 130 Zellen pro 0.1 mm3; es sind meist unregelmäßig geformte, 6/6 µ, 5/6 µ große Körnerzellen und einzelne dreieckige Zellen, die etwas großer sind, 8/8 µ. Die Körnerzellen sind zu breiten und hohen Haufen geordnet, zwischen denen die Markzüge unregelmäßig durchziehen.
Nach oben sowohl als nach unten ist die IV. Schicht nicht gut abgegrenzt; denn die Körner reichen unregelmäßig hinauf nach IIIc einerseits, andererseits sind die Körnerzellen nach abwärts von den kleinzelligen oberen Lagen der V nicht leicht zu unterscheiden. Nur mit der schwachen Vergrößerung, bei der die Dichtigkeitsunterschiede besser in die Augen springen, kann man die eigentliche Begrenzungslinie ziehen. Zieht man dieselbe wirklich, so sieht man, daß zahlreiche Riesenpyramidenzellen in das Gebiet von IV mitten hineinfallen (Tafel LXIII, Höhe 20 cm, Breite 15 cm).
V. Die ganglionäre Schicht besteht ebenfalls aus Pyramidenzellen; sie ist mit 0.38 mm relativ und absolut nicht breit. Ihre Pyramidenzellen sind im allgemeinen viel weniger schlank als die Pyramidenzellen der III. Schicht. Außer den Pyramidenzellen jedoch, welche der V ihr Gepräge geben, kommen in ihr - wie stets im ganzen Hirn hinter der Zentralfurche - eine Menge anders geformter Zellen aller Größen von Körner-, Dreiecks-, Spindel-, Sternform usw. vor; es sind auch alle Übergangsformen da bis zur eben typischen Pyramidenzelle. Sehr zahlreich sind in V die Zellen überhaupt nicht. Sie stehen auch weniger dicht zueinander als die Zellen von IV, so daß die V. Schicht etwas lichter ist als die IV. und VI., aber der Unterschied der Dichte ist nicht sehr groß, und man kann in der Area postcentralis intermedia nicht wie sonst in der hinteren Zentralwindung von einem lichten Streifen sprechen. Die Zellen stehen zu ca. 30 pro 0.1 mm3, sie sind von den oben besagten Formen, flache Dreiecksformen prävalieren von der Größe 10/10 µ oder 15/15 µ; sie haben ungefähr zu dritt eine Trabantzelle. Stets finden sich in der V. Schicht außerdem vereinzelt sehr große Pyramidenzellen von 40-50 / 20 µ. Sie sind nicht zahlreich, bei weitem nicht so zahlreich (und nicht so groß) wie in IIIc, aber immerhin kommen 1-2 von ihnen pro 1 mm Breite des Gesichtsfelds (= 10 cm unserer Tafeln) bei einer Schnittdicke von 25 µ, und sie sind charakteristisch für PC. Ganz wenige Zellen werden so groß wie die Riesenpyramiden in der IIIc-Schicht. Sie haben 1, meist 2 Trabantzellkerne (Tafel LXIII, Höhe 25.5 cm, Breite 21.5 cm).
Dort jedoch, wo die Area postcentralis intermedia nahe an die Mantelkante oder gar aufs Parazentralläppchen kommt, aber sogar schon in der Höhe der ersten oberen Frontalfurche (Tafel LXIV, Höhe 13.5 cm, Breite 4 cm), finden sich in V auch wirkliche Betzsche Riesenzellen mittlerer Größe ziemlich regelmäßig; sporadisch können solche in PC eigentlich in jeder Partie von C. p., sogar auch ventral nahe dem Operculum vorkommen, obschon hier nicht häufig. Ihr regelmäßiges Vorkommen in den dorsalsten Partien jedoch könnte als regionäre Modifikation PCγ (Area postcentralis intermedia [gigantopyramidalis]) bezeichnet werden.
Eine Unterschichtung der V. Schicht in Va und Vb ist nicht zu beobachten; die Zellen sind ziemlich gleichmäßig über die ganze Breite der Schicht verteilt, dagegen ist deutlich eine ziemlich breitradiäre Streifung an ihr zu bemerken; in IV und III wird die Streifung etwas schmäler.
Area postcentralis intermedia. 527
Nach oben ist die Grenze gegen die Körnerschicht schwer scharf zu ziehen. Nach unten gegen die VI ist sie zwar auch ziemlich schwer scharf zu ziehen; sie fällt auch bei schwachen Vergrößerungen nicht besonders auf durch Dichtigkeits- und Färbungsunterschiede, sondern erst bei starker Vergrößerung bei Beachtung der Verschiedenheit der Zellformen zwischen V und VI.
VI. Die Spindelzellenschicht verdient hier, nämlich zum Unterschied von PB, wieder diesen Namen; besonders an etwas schmäleren Kuppenpartien haben so ziemlich alle Zellen der VI. Schicht deutliche bipolare Spindelform (Tafel LXIII). An breiten flachen Kuppenteilen aber wird gut ein Drittel der Zellen wieder zu dreieckigen flacheren Zellen (Tafel LXIV). Die VI. Schicht ist sehr breit; sie ist im Kuppenwinkel die breiteste Schicht der PC; ihre zur Oberfläche (d.h. zu V) näher gelegenen Partien sind zellreicher als die tieferen, denn die Zellzahl nimmt der Tiefe nach progessiv ab. Die Einteilung in VIa zellreich und in VIb zellarm, ist hier jedoch eher eine künstliche, ähnlich wie dies in FA und FB der Fall war. Die zellreichere obere Partie VIa bildet hier weniger als in der ganzen übrigen postzentralen Rinde ein zellreiches, nach oben und unten gut begrenztes Band. Die VI. Schicht ist von lichten (Mark)-Streifen durchzogen, die fächerförmig ausstrahlen. In der oberen Partie VIa zählen wir ca. 45 Zellen pro 0.1 mm3 von 18-20 / 10 µ Größe, und in den tieferen Partien VIb zählen wir ca. 20 Zellen pro 0.1 mm3 von 15/7 µ Größe.
Gegen das Mark ist es noch immer möglich, die Grenze (trotz des unscharfen Überganges von VIa in VIb) scharf genug zu ziehen, sogar im Kuppenwinkel.
Die Area postcentralis intermedia weist also, wie schon wiederholt angedeutet, einen eigentümlichen Bau auf, speziell dadurch, daß sie einerseits der frontalen (FB- und besonders FC-) Formation sehr ähnlich sieht, andererseits durch die gute Entwicklung der IV. Schicht doch wieder ihre Zugehörigkeit zu den rückwärtigen Hirnpartien dokumentiert. Als Rindentypus ist sie demnach zum Typus 1 (2), dem Pyramidenmitteltypus, zu zählen. Die Ähnlichkeit zur frontalen präzentralen Region zeigt sie außerdem noch in der guten Entwicklung all ihrer Pyramidenzellen, in der starken Ausbildung einer IIIc-Schicht mit Zellen, die beinahe Riesenpyramidenzellen sind, in dem Vorkommen großer und größter Pyramidenzellen in der V. Schicht und in der guten Entwicklung der ganzen VI. Schicht; berücksichtigt man dazu noch die gegen ihre unmittelbare Umgebung äußerst auffällige starke Breite der Rinde und die schöne Ordnung ihrer Elemente, die durch die radiäre Streifung (Abb. 45) noch gesteigert wird, so ist es eigentlich ausschließlich die sehr gut entwickelte IV Schicht und das Vorkommen vieler kleiner Zellen in der V. Schicht, die doch ihre retrozentrale Lage anzeigen; kurz rekapituliert konstituiert sich die PC so:
I. 0.23 mm, also Durchschnittsbreite, nicht kernreich, wenig Nervenzellen 8 pro 0.1 mm3 von 6/7 µ Größe.
II. 0.23 mm, also Durchschnittsbreite, Körner- und meist kleine Pyramidenzellen von 7/5 µ, ca. 135 pro 0.1 mm3.
III. 0.86 mm und mehr, gute Breite, in IIIa, IIIb und IIIc zerfallend, wohlgeordnete Zellen, ziemlich zellreich, in IIIc große Zellen 25-35 / 15-18 µ darunter auch von 40-60 / 25 µ Größe. Anzahl 25-35 pro 0.1 mm3.
IV. 0.36 mm, also sehr breit, kleine Körnerzellen, 130 pro 0.1 mm3, 6/6 bis 8/8 µ. Schicht von Radii durchzogen.
V. 0.38 mm, relativ schmal, 15/10 µ große Pyramidenzellen, einzelne 40-50 / 20 µ, etwa gegen 30 pro 0.1 mm3. Zone erscheint etwas licht.
VI. 1.10 mm, breiteste Schicht aus Spindelzellen, gegen das Mark ziemlich scharf abgegrenzt.
528 Lobus parietalis.
Die Area postcentralis intermedia nimmt die Kuppe der hinteren Zentralwindung ihrer ganzen Länge nach und auch die vordere und meist auch die hintere Lippe derselben ein; nach vorn, im Sulcus Rolando, in der Vorderwand von C. p., grenzt sie an PB2, nach hinten an die Area postcentralis caudalis PD. Nach vorn und nach rückwärts ist die Grenze keine scharfe, sondern ein allmählicher Übergang, der um so allmählicher scheint, als die Formationen PB2, PC und PD ohnehin eine gewisse Ähnlichkeit miteinander haben.
Am Operculum sinkt sie an der Vorderwand der C. p. etwas in die Tiefe und geht in dessen Oberfläche zum Teil direkt in FB über, das hier granulär ist und eigentlich FBop oder FBCop ist, und dem es im Aussehen selbst in gewissem Sinne so ähnlich ist daß eine Grenze oder eine bestimmte Übergangsstelle zu bestimmen, recht schwer ist; die dazwischenliegenden Areae FA, PA und PB hören nämlich etwas höher dorsal auf, so daß PC direkt an FB zu grenzen kommt (s. Abb. 135). Der hintere Teil des Operculums ist dagegen wieder von einer anderen Formation eingenommen, die mehr den Typus des hinteren Scheitelläppchens hat (PDF).
Dorsal gegen die Mantelkante zu weist die Area postcentralis intermedia in der V. Schicht regelmäßig Betzsche Riesenzellen auf, und zwar meist schon an der Hirnkonvexität, so laß man hier eine regionäre Modifikation der PC darin erblicken könnte und dieselbe als PCγ Area postcentralis intermedia gigantopyramidalis bezeichnen könnte (Tafel LXIV). Wie weit diese Modifikation PCγ auf der Kuppe der C. p. ventralwärts reicht, scheint individuell recht verschieden. Wir haben auch schon eingangs bei Besprechung der Riesenzellen führenden Talformation PA (S. 512) erwähnt, daß in der dorsalen Gegend nahe an der Mantelkante die Betzschen Zellen der präzentralen Formation sich nicht allein frontal weit nach vorn bis auf den unmittelbar benachbarten Teil der ersten Frontalwindung und an der Medianfläche über das ganze vordere Parazentralläppchen erstrecken, sondern, daß die Betzschen Zellen an der obersten Hirnkonvexität nahe der Mantelkante auch weit caudal ihr Gebiet ausdehnen auf die V. Schicht aller Formationen der hinteren Zentralwindung und des vordersten obersten Teiles des oberen Scheitelläppchens, die zwischen dem Sulcus Rolando und dem Sulcus callosomarginalis liegen. Dieser oberste vorderste Teil des oberen Scheitelläppchens wird, wie wir von S. 513 her wissen, von der PA(2) Area post(para)centralis gigantopyramidalis eingenommen. In dem dorsalen Teil der C. p. hört die Formation der hinteren Wand der hinteren Zentralwindung etwas weiter unten auf, so daß die PC-Formation an der Kuppe und Mantelkante (in ihrer Form PCγ) caudal unmittelbar an diesen Teil der PA2 grenzt, der hier auf die Konvexität des Gehirns von der Medianfläche (hinterstes Parazentralläppchen) herübergreift (s. Abb. 92 und 133b). An der Mantelkante tritt dann die PC(γ) auf die Medianfläche des Parazentralläppchens über und lagert sich unmittelbar hinter der ebenfalls auf die Medianfläche übergetretenen PB in den napfförmigen Raum, den der Haken von PA (PA1 und PA2) auf dem Parazentralläppchen für diese nachrückenden Formationen freiläßt. Auf Tafel LXII sieht man links (= vorn) von PB2 schon den Beginn des vorderen Hakenstücks von PA2, an den Betzschen Zellen in V erkennbar (Höhe 12.5 cm, Breite 6.5 cm), und rechts (= hinten) von PB2 eben den Beginn von PC(γ), erkennbar an der übergroßen Pyramidenzelle in IIIc (Höhe 24 cm, Breite 39 cm), neben den Betzschen Riesenzellen in V (Höhe 21 cm, Breite 39.5 cm). Ein Übersichtsschnitt dieser Gegend in der gleichen Richtung weiter frontal und weiter caudal fortgeführt, würde von vorn nach rückwärts folgende Areae der Reihe nach am Parazentrallappen erkennen lassen. Zuvorderst die Formation FAγ, dann der Reihe nach PA(1,2), dann PB, PC(γ) und dann wieder PA2 das nach rückwärts vom Sulcus callosomarginalis begrenzt wäre. Von dort an, wo PC etwas reichhaltiger Riesenzellen enthält, ist es von PA2 schwer zu unterscheiden; der Hauptunterschied ist wohl der, daß PA2 vielleicht doch mehr und größere Betzsche Zellen in V enthält, PC(γ) dagegen größere Zellen in IIIc und eine entwickeltere IV Schicht aufweist. Man vergleiche hierzu PC auf Tafel LXIV mit PA2 auf Tafel LXVI und LXVII. Die Grenzen der einen Area in die andere sind jedenfalls am Parazentralläppchen sehr verwischt.
§6 und §7 werden gemeinsam mit diesen Abschnitten aller postzentralen Areae auf S. 532 und 538 behandelt werden.
Area postcentralis caudalis. 529
Die Area PD schließt sich caudal unmittelbar an die Area postcentralis intermedia (PC) an und nimmt die hintere Wand der hinteren Zentralwindung ein (Abb. 92 und 133b). Ihrem Baue nach könnte sie einerseits als Wandformation der Area postcentralis intermedia angegeben werden, mit der sie sehr viel Ähnlichkeit hat, während die Unterschiede sich zum großen Teil aus der Differenz zwischen Kuppe und Wand erklären ließen; andererseits hat sie aber auch große Ähnlichkeit mit der eigenartigen Wandbildung, wie wir sie im ganzen übrigen oberen Parietalläppchen antreffen werden; sie unterscheidet sich jedoch tatsächlich auch etwas von der letzteren, und da BRODMANN sie als eigene Area anführt, folgen wir dieser Einteilung und der Einfachheit halber auch der Namengebung, immer bewußt jedoch, daß jede Teilung in Felder bis zu einem gewissen Grade stets eine willkürliche ist. Es mögen aber hinwiederum die Schmalheit der Rinde der Hinterwand der C. p. sowie die Zahl und Größe ihrer großen Pyramidenzellen in IIIc, zwei konstante Züge dieser Formation, es gewissermaßen doch gerechtfertigt erscheinen lassen, sie als eine eigene Bildung anzuführen.
Es fällt vor allem wieder die Schmalheit der Rinde auf, die zum Teil sogar mit PA und PB konkurrieren kann. 1.9-2.0 mm messen wir an der ganzen hinteren Wand ziemlich gleichmäßig. Die Färbung der ganzen Rinde ist ebenfalls eine ziemlich gleichmäßige bis auf einen etwas lichteren Streifen im unteren Drittel, der der V. Schicht entspricht.
Die PD erscheint ziemlich zellreich und zellklein, auf den ersten Anblick nicht auffällig horizontal geschichtet und ohne auffallendere senkrechte Streifung, doch fällt eine mehrzeilige IIIc-Schicht aus sehr großen Zellen auf, deren Größe mit der Kleinheit aller übrigen Zellen und mit der Schmalheit der Rinde dieser Stelle eher etwas kontrastiert und den Typus der Formation charakterisiert. Weiter ist IV breit und deutlich; V ist an seiner lockereren lichteren Fügung erkennbar; das dunklere Band von VI fällt dagegen mit seiner so scharfen Begrenzung gegen das Mark recht scharf auf.
Bei einer Gesamtdicke von 2.0 mm ist:
I | II | III | (IIIa) | (IIIb) | (IIIc) | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.21 | 0.20 | 0.64 | a0.20 | b0.20 | c0.24 | 0.21 | 0.34 | 0.40 | mm | a0.30 | b0.10 |
Relativ (Proportionalgleichung): | |||||||||||
0.11 | 0.10 | 0.34 | - | - | - | 0.11 | 0.18 | 0.16 | äH:iH=55:45 |
Also haben wir eigentlich lauter Durchschnittswerte. Die V. Schicht ist etwas breiter als in den vorderen Wandformationen der C. p. Auch für die Hinterwand ist die Schmalheit ein prominentes Zeichen; sie ist gegen 2.0 mm dick, zeigt also ähnliche Werte, wie wir sie bei der PA und PB gefunden haben, nur daß in der Vorderwand eher die Tendenz besteht, unter den Mittelwert von 2.0 mm zu sinken, in der Hinterwand die Tendenz, eher etwas darüber zu steigen.
I. Die Molekularschicht ist eher etwas schmal (0.21 mm), etwas unter dem Mittel und schmäler als die Molekularschicht der Vorderwand von C. p. Die Kerne in ihr sind auch etwas zahlreicher als in der Vorderwand, ca. 80 pro 0.1 mm3; davon sind ca. 10 Nervenzellen von 8/6 µ Größe, meist nicht mit der Längsachse horizontal gestellt. Die Kerne sind über die ganze Breite ziemlich gleichmäßig verteilt.
530 Lobus parietalis.
II. Die äußere Körnerschicht ist relativ ebenfalls etwas schmäler als in der Vorderwand, doch ist der Unterschied gering, 0.20 mm. Sie ist ebenfalls recht dicht mit Zellen besät, ca. 135 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind viele kleinste Körnerzellen von 5/5 µ und darunter ferner kleinste Pyramidenzellen von 7/5 µ und vereinzelte etwas größere, die wohl zu IIIa gehören dürften, 10/5 µ. Gegen die darunterliegende III a, die lichter ist als II, läßt sie sich recht gut abgrenzen.
III. Die Pyramidenzellschicht ist im allgemeinen etwas breiter als in der Vorderwand von C. p, und etwas breiter als in der Wand des übrigen oberen Parietalläppchens. Sie mißt ca. 0.64 mm. Sie ist auch zellreicher als sonst in der Windungswand der Formation des oberen Parietalläppchens und gehört überhaupt zu den zellreichsten Pyramidenzellschichten (die granulösen Formationen ausgenommen), obschon die etwas weniger zellreich ist als die Formation an der Vorderwand der C. p.; sie zeigt ferner im allgemeinen keine vertikale Streifung (oder dieselbe ist kaum angedeutet), während die Wandformationen des oberen Scheitelläppchens zellärmer sind und eine deutliche Streifung zeigen (vgl. Tafel LXV, Bild 1 mit Bild 2). Außerdem zerfällt die III. Schicht deutlich in drei horizontale Unterschichten, eine zellockere und zellkleinere Oberschicht IIIa, die mittelzellgroße und dichtere IIIb und die mit mehreren Zeilen sehr großer schlanker, zu einer Phalanx geordneter Pyramidenzellen bespickte tiefste Lage, welche die für diese Area postcentralis caudalis typische IIIc-Schicht bilden. Diese drei Unterschichten sind untereinander ungefähr gleich breit.
In IIIa sind ca. 56 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe 10-(15) / 7-10 µ.
In IIIb sind ca. 44 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe 15-20 / 10-15 µ.
In IIIc sind ca. 38 Zellen pro 0.1 mm3; davon haben ca. 16 die Größe 30-40-(60) / 15-20-25 µ, und die übrigen 22 Zellen sind bloß mittlere und kleine Pyramidenzellen von 10-20 / 10-15 µ.
Die großen Zellen in IIIc liegen meist zu mehreren nebeneinander und in mehreren Zeilen übereinander; sie besitzen deutlich einen Kern und Kernkörperchen; sie sind sehr schlank; ihr cephaler Fortsatz ist nicht sehr weit über den Zelleib hinaus verfolgbar; sie haben mehrere Seitendendriten; sie sind meist sehr dunkel tingiert; nur ganz vereinzelte unter ihnen erreichen manchmal die Größe von (kleinen) Riesenzellen wie in PC; meist sind sie um ein Kaliber kleiner. Diese Zellen haben mindestens eine, oft auch 2-3 Trabantzellen. - Die Zellen von IIIb haben auch meist eine Trabantzelle.
Noch ein erwähnenswerter Umstand darf nicht übergangen werden, nämlich, daß in IIIb und IIIc von PD sich, wenn auch nicht in großer Anzahl, so doch mehr als sonst gewöhnlich kleine Körnerzellen, außer den Pyramidenzellen und zwischen denselben regellos einzeln und zu Häufchen verteilt finden von 4/3 µ darunter und darüber, die viel kleiner als die Körnerzellen der IV. Schicht sind. Ob dies eine besondere Bedeutung hat, wissen wir nicht; sicher trägt es aber bei zum allgemeinen Eindruck des Zellreichtums der III. Schicht der PD. Die untere Grenze ist nicht sehr scharf, zum Teil reichen große Pyramidenzellen, mit ihrer Basis in die IV. Schicht, zum Teil Körnerzellen in die III. Schicht.
IV. Die innere Körnerschicht ist absolut und relativ weniger breit als sonst in den Formationen der hinteren Zentralwindung; immerhin ist sie breit und deutlich genug (0.21 mm). Sie ist zellreich; ihre Zellen sind zu Haufen und senkrechten Zellzügen geordnet; man zählt ca. 140 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe von 4/4 bis 5/5 µ als Körnerzellen oder dreieckige Zellen von 7/7 µ und vereinzelte 10/7 µ. (Sie zerfällt nicht wie sonst in einzelnen Teilen des oberen Scheitelläppchens in zwei Unterschichten.) Gegen die V. Schicht ist die Grenze ziemlich scharf.
Area postcentralis caudalis. 531
V. Die ganglionäre Schicht ist wie immer in der C. p. recht licht, zellocker, wenn auch weniger als in der vorderen Wand; es sind ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-20 / 10-15 µ Größe, flach pyramidenförmig oder mittelschlank, also im Durchschnitt an Höhen- und Breitenmaßen größere Zellen als in PB; bloß ganz vereinzelt sind größere Zellen von 30/20 µ; es sind aber an Zahl weniger große Zellen in V von PD als in V der Formation der Vorderwand oder der Kuppe von C. p. Die V. Schicht ist relativ wieder etwas breiter und erreicht mit 0.34 mm wieder das Durchschnittsmaß bei den Wandformationen.
VI. Die Spindelzellenschicht ist auch in der Formation der hinteren Wand von C. p. ziemlich zelldicht in ihrem oberen Teil, so daß VIa wie bandförmig erscheint. Mit 0.40 mm ist VI aber auch hier noch recht schmal.
In VIa zählen wir ca. 45 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe 15/10 µ, wovon aber die Hälfte Pyramidenzellen sind und bloß die Hälfte Spindelzellen.
In VIb sind ca. 25 Zellen pro 0.1 mm3 von 10-12 / 10 µ Größe; auch Spindel- und Pyramidenzellen gemischt. Die Grenze von VIb gegen das Mark ist nicht so scharf wie an der Vorderwand.
Zum Unterschied gegen die Formation des oberen Scheitelläppchens, die der PD ähnlich sehen, sei erwähnt, daß in der VI. Schicht der oberen parietalen Bildungen sich hauptsächlich und beinahe ausschließlich Spindelzellen befinden. Das Vorkommen so zahlreicher Pyramidenzellen in VI, und zwar speziell gerade in VIb, ist für die Wände des Gyrus centralis posterior charakteristisch zum Unterschied von den Wänden der Parietalwindungen im engeren Sinne.
Derart gebaut, wie hier beschrieben, nimmt die Area postcentralis caudalis PD die hintere Wand der hinteren Zentralwindung in beinahe ihrer ganzen Ausdehnung ein, d. h. die vordere Wand des Sulcus postcentralis. Die Grenze nach vorn gegen die Area postcentralis intermedia PC ist eine fließende, und ob vielleicht die Area PD stellenweise auch auf die Windungskuppe und umgekehrt, ob nicht die Area PC manchmal hinab in die hintere Windungswand reicht, ist daher, speziell auch infolge ihrer Ähnlichkeit, nicht mit Sicherheit zu sagen; ihre Differenzierung als eigene Area ist rein subjektiv, denn bis auf die auffallende Schmalheit der Rinde PD, welche als Wand zur Breite von PC doch weit unter dem normalen Verhältnis vom Kuppen- zum Wandmaß steht (s. 2. Kap., S. 36), könnte PD sonst normaliter als die „Wandformation" der Area PC gelten. Nach oben, dorsal gegen die Mantelkante zu, reicht sie bloß so weit, als dieser Sulcus postcentralis hinaufreicht. Wir können sie schon knapp unter der Mantelkante an der Konvexität als getrennte eigene Formation ebensowenig mehr finden als weiter am Parazentralläppchen, da hier die PC und PA in ihren dorsalen regionären Modifikationen ineinander übergehen und somit direkt aneinandergrenzen (s. Abb. 92, 93 und Abb. 133b). Auch nach unten gegen das Operculum finden wir sie meist bloß im Sulcus postcentralis resp. dessen Vereinigung mit dem Sulcus interparietalis. Am Operculum selbst (s. Abb. 135), in dessen hinterem Abschnitt, ist eine Formation zu sehen, die weder ganz die Charakteristica der Kuppen- und hinteren Wandformation der C. p. hat noch ganz die Bildung des unteren Scheitelläppchens am Gyrus supramarginalis (PF), sondern von letzterem die feinere, schmälere, senkrechte Streifung und von der ersteren die Zellgröße der IIIc-Schicht. Wir wollen diese nicht als eine eigene Formation, sondern als eine Übergangsbildung PDF betrachten und bezeichnen (Schema Abb. 133b und Abb. 92), weil sie individuell sehr verschieden, in einem Falle sogar mehr die Züge von PC oder PD, in einem anderen Falle wieder mehr die Züge von PF an sich trägt (s. auch die verschiedene Art der gegenseitigen Abgrenzung der Areae am Operculum auf Abb. 135a, b und c).
Nach hinten, gegen die obere und untere Parietalformation, läßt sich die Grenze von PD nur approximativ angeben, als in der Tiefe des Sulcus postcentralis laufend. Der Übergang in die Parietalformationen ist ein allmählicher, fließender und daher breiter. Gegen die obere Parietalformation (PE) ist der Übergang nicht nur ein fließender sondern die Ähnlichkeit der Formation ist an und für sich schon eine sehr große. Deshalb haben wir auf Tafel LXV, Bild 1, die PD und unmittelbar auf Bild 2 zum Vergleich eine schmale Wand des oberen Parietalläppchens PE abgebildet. Die Unterschiede, die wir schon angeführt haben, sind zwar, die ausgesprochene IIIc-Bildung mit ihrer mehrzeiligen Anreihung von großen Pyramidenzellen; ferner, daß IV in PD nicht in eine kleinzellige obere und eine etwas großzelligere untere Unterschicht zerfällt wie gewöhnlich in PE, und daß auch V in PD mehr durchaus hell ist, während in PE ein zelldichteres Va von einem zellockeren lichteren Vb zu unterscheiden ist; ferner, daß VI in PD viele dreieckige und Pyramidenzellen enthält, in PE dagegen bloß Spindelzellen. Doch sind alle diese Unterschiede nicht immer so auffallend, und oft genug kann man zwischen der Wandformation, besonders der vorderen Partien des oberen Scheitellappens, die ebenfalls größere Pyramidenzellen in IIIc hat, und der PD -Formation überhaupt kaum unterscheiden, und tut am besten, hier von einer Übergangsbildung PDE zu sprechen, ja sogar Wandformationen von Windungsabschnitten, die mitten im Gebiete des oberen Scheitellappens liegen, also mit der PD in keinem Zusammenhang sind, haben mit ihr ebenfalls größte Ähnlichkeit. Dort, wo die Grenze zwischen der Area postcentralis caudalis und der Area parietalis superior läuft, kann man also von einer Übergangsbildung PDE sprechen; wo aber die Ähnlichkeit ohne kontinuierlichen Zusammenhang darin besteht, möge es genügen, hier darauf hingewiesen zu haben.
532 Lobus parietalis.
Gegenüber dem unteren Scheitellappen aber, PF, sind die Zellkleinheit in der III. Schicht, und speziell der IIIc-Zone des unteren Scheitellappens, ferner das Fehlen einer eigentlichen Aufhellung in dessen V. Schicht und die Zelldichtigkeit und eigenartige Zellformung der V. Schicht (die im Lobus parietalis inferior derartig sind, daß man sie von der VI. kaum noch unterscheiden kann und meinen könnte, die V. Schicht fehle ganz), die einfachen Kriterien, nach denen man das untere Scheitelläppchen von der postzentralen, caudalen Formation gut unterscheiden kann. - Beachtet man diese Kriterien und verfolgt an Hand derselben die Grenzgebiete der PD, so wird man merken, daß, von der Höhe des Ansatzes des Sulcus interparietalis an, der Sulcus postcentralis ventralwärts, gegen die Operculargegend zu, die hintere Grenze der PD-Formation keineswegs in der Tiefe des Sulcus postcentralis liegt, sondern daß auch die hintere Wand und der hintere Kuppenrand desselben, die also schon zum Gyrus supramarginalis gehören, von dieser Formation PD (oder von PDE) eingenommen werden (Abb. 92). Erst auf dem Culmen der ersten Windungskuppe des Gyrus supramarginalis beginnt die vordere Formation des unteren Scheitelläppchens (PF). Die vordere und sogar die obere Randpartie des Gyrus supramarginalis sind in ihrer ganzen Ausdehnung durch einen schmalen Streifen dieser Formation PD oder, besser gesagt, PDE gleichsam eingesäumt (s. auch S. 555, 576). Dieser Streifen (PD) schiebt sich also längs des Sulcus interparietalis nach rückwärts, und zwar sowohl auf die obere als die untere Wand desselben und erstreckt sich an der oberen Wand sogar längs der Nebenfurchenwände dorsalwärts in den oberen Parietallappen zum Teil hinein (s. Schema Abb. 92 PDE). ELLIOT SMITH glaubte diese Formation sogar bis an den Occipitallappen längs der Interparietalfurche verfolgen zu können und nannte sie "visuo-sensory"-Band β, auf welches wir später noch zurückkommen wollen (s. Abb. 3). Berücksichtigt man einerseits die große dorsoventrale Ausdehnung und die Tiefe des Sulcus postcentralis, ferner die außerordentliche Tiefe der Interparietalfurche, so sieht man, daß durch die Bekleidung der Wände dieser Sulci die Area postcentralis caudalis eigentlich ein ganz ansehnliches Gebiet einnimmt, das an Ausdehnung das der übrigen Formationen der hinteren Zentralwindung weit übertreffen dürfte.
Daß die Rolandosche Zentralfurche das Großhirn überhaupt in zwei anatomisch betreffs ihrer Rinde recht verschieden gebaute Partien teile und daß die vordere Zentralwindung durch ihre großen Pyramidenzellen, die hintere Zentralwindung durch ihre gut entwickelte Körnerschicht auffallen, ist schon in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts durch BETZ festgelegt worden. Spezielle eingehendere Details gibt er über den Bau der hinteren Zentralwindung, die er ebenfalls gemeinsam mit dem oberen und unteren Parietalläppchen behandelt, eigentlich nicht; immerhin weist diese gemeinsame Behandlung schon darauf hin, daß auch ihm die wirklich bestehende große partielle Ähnlichkeit dieser Formationen aufgefallen war und ihn ebenso wie auch uns zu der Vereinigung zu einem Abschnitt veranlaßten. Andererseits waren ihm schon sicher auch der Zellreichtum und die Zellkleinheit, also der Koniocortex der Vorderwand der C. p. (unserer Areae postcentralis oralis granulosa et simplex PB) aufgefallen, denn bei Besprechung der Gyri temporales profundi (Heschlsche Windungszüge) erwähnt er speziell, daß deren Bau (der sich, wie wir später sehen werden, stellenweise durch die gleichen Eigenschaften [Koniocortex] auszeichnet, s. 12. Kap. A, 4, §6) an den Bau der hinteren Zentralwindung erinnert! Außerdem erwähnt BETZ noch ausdrücklich, daß der obere (dorsale) Teil der hinteren Zentralwindung nahe der Mantelkante ebenfalls Riesenzellen enthalte. So kann man aus alledem schließen, daß vor 50 Jähren auch schon der Kiewer Gelehrte außer der nach dem gewöhnlich sechsschichtigen Typus gebauten Hirnrinde, die er im Parietalhirn und der hinteren Zentralwindung vorfand, auch die eigentümlich gebauten Partien (PA und PB unserer Einteilung) zum mindesten gesehen und ihr Bestehen vermerkt hat.
Area postcentralis caudalis. 533
Die Beschreibung, die später HAMMARBERG von dem Aufbau der hinteren Zentralwindung gegeben hat, ist schon etwas genauer. Auch er führt an, daß der obere (dorsale) Teil derselben (das oberste Sechstel) ähnlich wie die vordere Zentralwindung gebaut sei, d. h. daß sie Riesenzellen führe. Dieser Teil reicht nach HAMMARBERGs Angabe bei älteren Individuen angeblich tiefer herab auf die Hirnoberfläche als bei jüngeren. (Wir konnten leider keine ausreichenden Untersuchungen darüber anstellen, um die Stichhaltigkeit dieser Angabe zu beurteilen, doch haben wir schon S. 528 starke individuelle Schwankungen der Ausdehnung der PCγ notiert.) Die sonstige Rinde der hinteren Zentralwindung führt auch HAMMARBERG als äußerst schmal an (1.7 mm), wie es ja den Tatsachen im großen ganzen entspricht; die II. und III. Schicht bilden nach dem schwedischen Forscher eigentlich eine einzige Schicht, die aus äußerst kleinen Pyramidenzellen besteht, die gegen die Tiefe zu kaum an Größe zunehmen. In den tiefsten Reihen derselben sind die Pyramidenzellen höchstens 30/20 µ. Wir erkennen aus dieser Beschreibung, daß HAMMARBERG noch genauer als BETZ außer der Area PCγ und PA2 auch noch die Area postcentralis oralis granulosa PB1 gesehen haben muß und zum Teil auch beschrieben hat, und daß er in der Zusammenfassung der äußeren Körnerschicht und der Pyramidenschicht als einer gemeinsamen, auffallend, kleinzelligen Schicht den Ausdruck für jene Bildung geben wollte, die wir als „granulös" bezeichnen. Auch BETZ hatte wahrscheinlich schon dasselbe gemeint, wenn er sagte, man hätte bei einigen Individuen (älteren?) den Eindruck, als ob die III. Schicht in die II. sich hineinerstreckte. Dies stimmt so ziemlich mit dem, was wir S. 515 §2 im letzten Satze sagen. Man hat nur den Eindruck, als ob HAMMARBERG sowohl als BETZ nicht eine genügend große Anzahl von Präparaten und Gehirnen durchgesehen hätten, um das Verhältnis der Area postcentralis oralis granulosa zur Area postcentralis oralis simplex und den übrigen Areae der C. p. genauer zu verstehen.
CAMPBELL war wohl der erste, der die Verschiedenheit im Zellaufbau der vorderen Wand, der Kuppe und der hinteren Wand der hinteren Zentralwindung genau gesehen hat; nur hat er unglücklicherweise diese Verhältnisse unrichtig gedeutet. Er sah in der vorderen (granulösen) Wand der hinteren Zentralwindung die Ansammlung kleinster Zellen in der schmalen III. Schicht, die dieselbe kaum von der II. unterscheidbar machte; er hat auch diese unsere Area postcentralis oralis granulosa richtig und schön abgebildet; da jedoch die Gehirne, an denen er sie beobachtete, Gehirne von Tabikern waren, nahm er irrtümlich an, daß diese sonderbare Anhäufung von kleinen Zellen eine pathologische Bildung sei - ein Irrtum, der seither rektifiziert wurde 1). [footnote p 533 1) GORDON HOLMES; Review of neurol. a. psychiatry 1908.] Außer dieser "pathologischen" Formation beschrieb er noch eine Area postcentralis und eine Area postcentralis intermedia (Abb. 1 und 2). Die erstere, an der Kuppe von C. p., ist ausgezeichnet durch besonders große Pyramidenzellen (beinahe Riesenzellen) in der Tiefe der Pyramidenschicht, die auch nach CAMPBELL großer sind als die Pyramidenzellen der Pyramidenschicht der vorderen Zentralwindung; sie ist demnach identisch mit unserer (und BRODMANNs) Area postcentralis intermedia (PC), die die Kuppe der ganzen hinteren Zentralwindung einnimmt; die zweite, CAMPBELLs area postcentralis intermedia, hat in der äußeren und inneren Pyramidenschicht (III und V) kleinere Zellen als die vorige und eine schmälere innere Körnerschicht; sie hat auch nach CAMPBELLs angabe parietalen Charakter, sie entspricht also wahrscheinlich doch unserer (und BRODMANNs) Area postcentralis caudalis (PD). CAMPBELL ist es ebenso wie uns aufgefallen, daß diese letztere Formation stellenweise kaum von der Formation des oberen Scheitelläppchens zu unterscheiden ist und daß auch die vordere und die obere Wand des Gyrus supramarginalis im Sulcus postcentralis intraparietalis von einer ähnlichen Formation eingenommen wird; wenigstens zeichnet er sein Schema (s. Abb. 1) auf diese Art und läßt darauf auch die Formation des oberen Scheitellappens mit einem schwachen, auf der Figur senkrecht schraffierten Streifen bis auf die Operculargegend herabreichen (unser PDE). In großen Zügen - bis auf unsere feinere Detaillierung der Vorderwandformationen der C. p. - stimmen also CAMPBELLs Befunde auch schon mit den unsrigen ziemlich überein.
534 Lobus parietalis.
BRODMANN (Abb. 6 und 7) hatte wohl bisher als erster und auch am genauesten die Verhältnisse der hinteren Zentralwindung geschildert 1). [footnote p 534 1) Journ. f. Psychol. und Neurol. 1903/04.] Schärfer noch als die vorher genannten Autoren stellte er den Satz auf, daß die vordere und die hintere Zentralwindung in zwei durch die Zentralfurche streng getrennte wesensverschiedene Zentren geteilt werden müssen. MUNKs zu beiden Seiten der Zentralfurche gelegene „Extremitätenzone" zerfällt demnach anatomisch in eine vor der Furche lokalisierte (elektromotorische) Regio praecentralis und eine dahinter gelegene, in allen Stücken verschieden von jener gebaute (sensible) Regio postcentralis. Er unterschied schon 1903 die Formation der vorderen Lippe, die der Kuppe und die der hinteren Lippe der C. p. als drei verschiedene Bildungen, die er als Area 3, 1 und 2 oder als Area postcentralis oralis, intermedia und caudalis bezeichnet, Bezeichnungen, die wir im wesentlichen beibehalten haben, um nicht durch unnötige Änderungen die Nomenklatur noch reicher zu gestalten. Auffallend geringe Rindenbreite, die bloß die Hälfte jener der vorderen Zentralwindung ausmacht, deutliche Schichtung, sehr dichte Zellbesetzung, deutliche innere Körnerschicht führt er, wie schon die früheren Autoren, als Charakteristica an, und fügt dazu richtig noch hinzu die Aufhellung der V. Schicht und die äußerst schmale und vom Mark ganz scharf abgegrenzte VI Schicht. Für die Kuppenformation (seine Area postcentralis intermedia, Feld 1, unsere PC) hebt er die Größe und die Zahl der Zellen der tiefsten Zone der Pyramidenschicht (III) hervor. Für die VI. Schicht erwähnt auch er, daß sie in ihrem oberen Abschnitt (VIa) aus dreieckigen Zellen besteht. Betreffs der vorderen Lippe der C. p. (seiner Area postcentralis oralis, Feld 3) erwähnt er zwar die große Zellzahl, ihre Schmalheit usw., und daß die II. (äußere Körnerschicht) dicht ist, aber das eigentlich Wesentliche des äußerst charakteristischen Aussehens unserer Area postcentralis oralis granulosa PB1 - die Körnelung - erwähnt auch er nicht mehr und nicht näher als die früheren Autoren, obwohl er bei Besprechung des Irrtums CAMPBELLs, der die Schmalheit und die Zellkleinheit dieser Gegend für pathologisch hielt, ihre normale Zusammensetzung aus vorwiegend kleinen, unregelmäßig orientierten (?) Zellformen selbst wieder hervorhebt und selbst angibt, daß sie ein Gesamtschichtenbild aufweist, wie man es sonst nirgends findet (Lokalisationslehre der Großhirnrinde 1909, S. 275), und er gibt auch sogar dort eine ganz gute und richtige Abbildung davon. Die hintere Lippe der C. p. wird nach BRODMANN von der Area postcentralis caudalis (Feld 2) eingenommen, die durch Schmalheit ausgezeichnet ist, durch Zelldichtigkeit in III und IV, durch eine dichte Schicht großer Zellen in den Tiefenzonen von III und durch spärliche Zellen in V. Dies entspricht also recht gut unserer PD. Für den Affen hat BRODMANN eine genauere Beschreibung der cytoarchitektonischen Verhältnisse gegeben (Journ. f. Psychol. u. Neurol. 1905), die zeigt, daß hier so ziemlich die gleichen Verhältnisse bestehen wie beim Menschen. Doch nimmt scheinbar in der Tierreihe abwärts die feinere Differenzierung ab (Abb. 100-107), und schon bei den Halbaffen nimmt nach BRODMANN bloß die Area 1 (unsere PC) das ganze entsprechende Gebiet ein, während die anderen Areae (PB1, B2, D) noch nicht zu erkennen sind; allerdings ist dann auch diese Area 1 anders gebaut. Zwar hat dagegen KLEMPIN beim Hund eine Area 3 genau abgrenzen und sogar in 3a und 3b unterteilen können; wie weit dieselbe aber unserer Area PB entspricht, ist fraglich, denn einerseits hat er die Areae 1 und 2 BRODMANNs scheinbar nicht gefunden, welche nach BRODMANN gerade in der Tierreihe abwärts auffindbar bleibt, andererseits zeigt die Area 3, die KLEMPIN beschreibt, keinen Koniocortex, sondern bloß einen gewissen Zellreichtum in 3b, der evtl. unserem PB2 entsprechen könnte. Die Zellen sind jedoch in diesem Gebiet beim Hund ebenso groß wie beim Menschen (!). Das Feld 3a von KLEMPIN könnte evtl. unserer Area PA homolog sein.
Area postcentralis caudalis. 535
Nach alledem sieht man, daß BRODMANNs Feld 2, seine Area postcentralis caudalis, mit unserer Area PD genau identisch zu sein scheint, weshalb wir den gleichen Namen beibehalten haben; ebenso die Kuppenformation Feld 1, Area postcentralis intermedia. Das Feld 3, seine Area postcentralis oralis, entspricht unserer Formatio postcentralis oralis PB, nur hat BRODMANN die feinere Differenzierung derselben in zwei Areae, die Area granulosa und Area simplex, noch nicht durchgeführt, obschon er sie - wie auch die früheren oben erwähnten Forscher - sicher gesehen hat und sogar abgebildet hat. Unsere Area PA1, Area postcentralis gigantopyramidalis, in der Talsohle der Zentralfurche, sieht BRODMANN bloß als Übergangsbildung an; wir haben schon S. 506 im ersten Absatz auseinandergesetzt, warum wir dies für nicht berechtigt halten. Erst den Teil von PA, der auf der Medianfläche an die Oberfläche des Parazentralläppchens tritt, unsere PA2 (Area postparacentralis gigantopyramidalis), führt er als eigene Area praeparietalis (Feld 5) an in ungefähr derselben Ausdehnung und Lage wie wir PA2. Bei Affen soll nach BRODMANN diese Region beinahe die ganze Rinde vom Sulcus intraparietalis bis zum Sulcus callosomarginalis einnehmen (Abb. 106, 107). Betreffs der Ausdehnung der Formation der hinteren Zentralwindung stimmen die Angaben BRODMANNs mit unseren Befunden ziemlich überein. Nur können wir am Parazentralläppchen unsere Area PD (Feld 2 BRODMANNs) nicht wiederfinden, wie es BRODMANN in seinem Schema (Abb. 7) zeichnet; schon vor der Kuppe des Parazentralläppchens ist PD von PC (Feld 1 und Feld 2) für gewöhnlich nicht mehr voneinander zu unterscheiden, zumal schon die Unterscheidung der PC(γ) von der Area postparacentralis (PA2) (BRODMANNs Area praeparietalis, Feld 5) ziemlich willkürlich ist. Am besten scheint es uns, die Area postcentralis caudalis, die ja ohnehin auch von der Rindenformation des oberen Scheitelläppchens schon allerorts zu trennen ist, nur im Sulcus postcentralis und seinen Wänden als solche anzuerkennen. Wegen ihrer Ähnlichkeit mit den an sie angrenzenden Formationen ist ihre Abgrenzung ohnehin immer eine recht willkürliche! Am Operculum nimmt BRODMANN ein Feld 43 als eigene Area an; uns erscheint gerade diese Gegend viel mehr von einer Übergangs- oder Mischformation PD (oder PDE) und PF (der Bildungen des unteren Scheitelläppchens) bekleidet zu sein, die individuell recht verschieden, bald mehr den Charakter der einen, bald mehr der anderen Formation an sich trägt, wie schon S. 532 auseinandergesetzt wurde, so daß wir es nicht für sehr praktisch halten, aus einer so variablen Bildung eine eigene „Area" zu machen; leider hat BRODMANN nicht begründet, was ihn zur Aufstellung dieses 43. Feldes veranla&szllig;t hat. Auch BRODMANN dagegen verzeichnet in seiner Abbildung wie CAMPBELL und wie wir die Fortsetzung der Area postcentralis caudalis auf die Wände der Intraparietalfurche und die Vorderwand und die dorsale Wand des Gyrus supramarginalis.
CAJAL beschreibt leider die hintere Zentralwindung größtenteils gemeinsam mit der vorderen, obschon er einen Unterschied der beiden kennt; infolgedessen ist es äußerst schwer, aus seinen schönen Untersuchungen das für die Cytoarchitektonik der Areae postcentrales Wichtige und Charakteristische herauszuheben und das Homologe überhaupt herauszufinden. Dies ist um so bedauerlicher, als dadurch diese sonst so wertvollen Untersuchungen für das Verständnis des organischen Zusammenhanges und Zusammenspieles der Schichten und ihrer Zellen zueinander verlorengehen. Einzelne Unterschiede gegen die vordere Zentralwindung wollen wir daraus doch versuchen hervorzuholen; die innere Körnerschicht (unsere IV Schicht, CAJALs V. Schicht) besteht nach den Resultaten der Silberimprägnationsmethode aus drei Arten von Zellen: a) aus kleinen Pyramidenzellen, deren Schaft in die Molekularschicht aufsteigt, während die Basaldendriten der Zellen in der inneren Körnerschicht sich auflösen und der Achsenzylinder derselben bis ins Mark reicht; b) aus ganz vereinzelten großen Sternzellen mit absteigendem Achsenzylinder, die wie die gleichnamigen Zellen der Sehrinde ausschauen; c) größtenteils aus Körnerzellen mit kurzem Achsenzylinder, der entweder in die Pyramidenzellschicht (III) aufsteigt, oder in der inneren Körnerschicht selbst sich aufsplittert; viele dieser Körnerzellen sind Spinnenzellen und doppeltgebüschelte Zellen, deren zahlreiche Aufsplitterungen in der inneren Körnerschicht in dichtem Gewirre um den kleinen Zelleib sich strauchartig anordnen (Abb. 39). CAJAL faßt die innere Körnerschicht als einen intermedialen Bestandteil der Hirnrinde, wo die intracorticalen Assoziationszellen konzentriert sind. - Die zuleitenden (exogenen) Fasern sind in C. p. weniger dick als in C. a.; sie bilden ein Geflecht in der inneren Körnerschicht, das nicht so dicht sein soll als das in C. a.; außerdem befindet sich das Geflecht der exogenen Fasern der C. a. in der Schicht der mittleren Pyramidenzellen also, um eine Etage höher als in C. p., so daß man nicht ohne weiteres diese beiden Plexus miteinander gleichstellen kann nach CAJALs eigener Bemerkung. Die Schicht der mittelgroßen Pyramidenzellen sieht CAJAL als Perzeptionsschicht der Sensibilität an, welche den Reiz an andere Stellen wieder als Erinnerung weiterleitet! - Es wäre nötig, auf Grund der cytoarchitektonischen Einteilung in Areae nunmehr Silberimprägnationsstudien anzuschließen.
536 Lobus parietalis.
Markbild. Was nun das Markbild der hinteren Zentralwindung anbelangt, so hat ELLIOT SMITH (Abb. 3, 4 und 5) ebenfalls danach zwei (oder sogar drei) Regionen unterscheiden können: eine Area postcentralis A an der vorderen Lippe (unsere PB ?), welche zwischen 1.5 mm und 2.0 mm breit ist, scharfe Markbegrenzung zeigt und zwei Baillargersche Streifen besitzt, die im unteren Teil des mittleren Drittels der Rindenbreite sich befinden; der obere Baillarger ist breiter und dichter als der untere; ferner die Area postcentralis B, welche die Kuppe und hintere Wand der C. p. einnimmt (unsere PC + PD), breiter ist als die Area A, ebenfalls zwei Baillargersche Streifen besitzt, die jedoch schmäler sind, näher aneinandergerückt und in der Rindenbreite tiefer liegen; die Markgrenze ist hier nicht so ganz scharf wie in der Area A.
MAUSS, der an niederen Affen die Markbildung studiert hat, findet in der Area postcentralis oralis (unserer PB), daß sie nicht deutlich geschichtet ist; sie ist faserreich, die Tangentialfaserschicht in der I. Schicht deutlich, unter II kein Kaesscher Streifen, II und III faserarm, IV und V zu einem Band verschmolzen (?), VI voller dichter, nicht gebündelter Radiärfasern, die kaum bis zur äußeren Hauptschicht reichen, wie abgehackt. Der Baillarger externus verschmilzt mit dem doppelt so breiten Baillarger internus zu einem Band (?) (s. oben E. SMITH!). In der Area postcentralis caudalis dagegen (unser PD), ist ein Kaesscher Streifen angedeutet; die Radiärfasern sind dicht, ebenfalls nicht gebündelt, reichen bis ins mittlere Drittel von III (also IIIb); Baillarger externus in IV mittelbreit, dicht, scharf begrenzt; Va licht; in Vb Baillarger internus (nicht so dicht wie externus); VIa wenig aufgehellt; VIb sehr dicht. Sie ist also deutlich geschichtet und faserreich. In der Area postcentralis intermedia (unsere PC) ist die Schichtung auch am Markfaserbild ziemlich gut erkennbar (weniger als in PD), nicht sehr faserdicht; in I ist die Tangentialfaserschicht deutlich; unter II fehlt der Kaessche Streifen; bis in die Mitte von III reichen derbe, radiäre Faserbündel; der Grundfilz ist dicht, einzelne dicke, schief verlaufende Fasern ziehen aus IV nach I. Baillarger externus in IV ist breit, dicht, derbfaserig nach oben und unten unscharf begrenzt. In Vb Baillarger internus, nach außen nur begrenzt, nach innen unscharf, allmählich in derbfaseriges VI übergehend. Obschon diese Mausschen Beobachtungen an Affen gemacht sind, geben sie ein ziemlich anschauliches Bild der Verhältnisse wohl auch beim Menschen, doch scheint ein Unterschied zum mindesten bezüglich der vorderen Wand der C. p. zu bestehen. - In der Area praeparietalis (unser PA2) sind die Tangentialfasern in der I. Schicht nicht faserreich, unter der II. Schicht ist der Kaessche Streifen angedeutet, III ist eher faserarm, die hierher reichenden Radiärbündel sind nicht dicht, bestehen aus zarten, geschlängelten Fasern. Der äußere Baillarger in IV ist mittelbreit, faserarm, doch ziemlich scharf begrenzt, Va ist licht, in Vb ist der innere Baillarger breit und ziemlich gut erkennbar. Die Schichtung ist am Markfaserbild also gut sichtbar.
VOGT ist der einzige, der genauere Angaben betreffs der Myeloarchitektonik der hinteren Zentralwindung des Menschen gemacht hat, wenn auch noch nicht erschöpfende, da seine diesbezüglichen Studien anscheinend nicht beendet sind (Abb. 9b und 10b). Auch er zählt sie zur Gesamtheit des Isocortex parietalis. An der vorderen Lippe der hinteren Zentralwindung unterscheidet er zwei Teile, seine Area 67 in der Tiefe der Rolandoschen Furche, die unserer Area PA vielleicht entspricht, und darüber in der Wand die Area 69, die unserer oralen Formation PB (PB1 + PB2) wahrscheinlich entspricht. Beide sind bistriär, d. h. beide Baillarger sind gut zu sehen, wie scheinbar in der ganzen hinteren Zentralwindung und auch sonst im oberen Parietallappen. Die erstere (PA = Area 67) ist euradiär, d. h. die Radiärbündel ziehen bis in die IIIb-Schicht, eucingulär, d. h. daß I und III faserreicher sind, so daß II sich als lichter Streifen abhebt; am Parazentralläppchen (PA2 = Area 75) ist dies weniger der Fall (subeucingulata). - Wirklich eingehend ist die Area postcentralis oralis (Area 69) beschrieben (unsere PB) (Abb. 134). Sie hat Radii von solcher Schmalheit, in einer so geringen Zahl und von so groben Fasern gebildet, wie wir ihnen in keiner anderen euradiären Rindenstelle begegnen. Außerdem sieht man äußerst grobe und dicke Einzelfasern in sehr großer Anzahl in schiefer Richtung die Markradii überquerend, durch die unteren Schichten ziehen. Es handelt sich da um die von CAJAL als exogene Fasern bezeichneten Systeme, die hier deutlicher als sonst irgendwo in der Rinde ausgebildet scheinen. - II ist sehr faserarm und hebt sich gut ab. In III sind mittelstarke Einzelfasern. In IV sind zahlreiche dicke Einzelfasern und einzelne sehr dicke; der äußere Baillarger ist deutlich und breit, doch nicht sehr dicht; Va ist licht und schmal. In Vb ist der innere Baillarger auffallend dicht und dunkel, mit dicken Einzelfasern in großer Menge. VI(aα) ist wieder recht hell, so daß also beide Baillargersche Streifen deutlich in Erscheinung treten. VOGT bezeichnet diese Area als eu-, tenui-, sparso-, grossoradiär. Trizonal, dys(schwach)tenui-fasciär, multo-crasso-fibrös, eutangential, eucingulär. Dives, tricingulofibrös, separatus. Grossofibrös, bistriär, externolatior, internoopulentofibrös, tenuinfrastriär, intimosequalis, tenuilimitans. Diese Beschreibung ist recht ausführlich. Merkwürdig ist, daß die Angaben von ELLIOT SMITH, MAUSS und VOGT für dieselbe schmale Region der Vorderwand der hinteren Zentralwindung sich sogar in so einfachen Angaben, wie die über die Baillargerschen Streifen, nicht decken, ein Umstand, der den Wert der myeloarchitektonischen Studien etwas verringert, da er zeigt, daß hier die subjektive Auffassung und die Färbetechnik größere Unterschiede der anatomischen Bilder und auch ihrer Deutung bedingt als bei der Cytoarchitektonik, wo zwar eine fortschreitende feinere Analyse stattfindet, aber keine subjektive Verschiedenheit der Grundtatsachen, wie man daraus sieht, daß MEYNERTs und BETZ' angaben auch heute noch ihre Gültigkeit behalten haben. Unsere Area postcentralis intermedia (PC) ist wahrscheinlich die Area 70 von VOGT, die er als euradiata, eucingulata, typica, grossofibrosa, sequidensa bezeichnet; sie ist auch bistriär. Die Area postcentralis caudalis (PD) entspricht myeloarchitektonisch wohl der Area 71 VOGTs, die sich von der Area 70 (= Area PC) dadurch unterscheidet, daß sie externodensior ist, d. h., daß der äußere Baillarger faserreicher ist als der innere, während in PC beide gleich faserreich sind. - Wahrscheinlich entspricht seine Area 75 unserer Area postparacentralis PA2.
Area postcentralis caudalis. 537
Abb. 134. VOGTs Markbild aus der Vorderwand der hinteren Zentralwindung (sein Feld 69), unsere Area PB1. 50fache Vergrößerung.
538 Lobus parietalis.
Myelogenetisch hat FLECHSIG (Abb. 90 und 91) nachgewiesen, daß die hintere Zentralwindung gleichzeitig oder beinahe gleichzeitig mit der vorderen Zentralwindung ihr Mark bekommt und daß sie zu den allerersten Gebieten gehört, die einen Markhaltigen Stabkranz aufweisen, also zu den Primordialgebieten, und er belegt sie mit der Zahl 2. Er rechnet sie zu den „Sinnesfeldern" und bezeichnet sie als Tastsphäre. Den hinteren Abhang der hinteren Zentralwindung (also unser PD) rechnet er nicht mehr zur Tastsphäre, da dieselbe ihr Mark viel später erhält! - Aus der Gegend des Operculum Rolando soll nach MONAKOW der Traktus zur Substantia nigra entspringen. (Siehe auch ECONOMO 1902: Die Bahnen des Kau- und Schluckaktes. Arch. f. d. ges. Physiol.)
Dies führt uns zur Besprechung der physiologischen Bedeutung unserer Formation der hinteren Zentralwindung.
Früher war man beinahe allgemein der Ansicht, daß die vordere und die hintere Zentralwindung ein ziemlich einheitliches Gebiet darstellen, welches die Motilität und die Sensibilität gemeinsam vermischt in sich schließen sollte und nannte dieses ganze Gebiet das „Sensomotorium" (Exner) oder die „Körpergefühlsphäre" (MUNCK). Diese Anschauung teilten einst auch CHARCOT, DÉJERINE, HENSCHEN, JACKSON u. a. m. Allmählich haben aber pathologische und anatomische Gründe zur Auffassung geführt, daß eine örtliche Trennung der Lokalisation für die Motilität von der für die Sensibilität im Großhirn bestehe, und zuletzt sind es (nach BETZ) besonders BRODMANN und CAMPBELL gewesen, die darauf hingewiesen haben, daß alle Tatsachen dafür sprechen, daß die corticale Repräsentationsstätte für die motorischen Verrichtungen vor der Zentralfurche, diejenigen für die sensiblen Funktionen hinter der Zentralfurche ihre Lokalisation hat. Die vielfachen Kriegsbeschädigungen mit isolierten circumscripten Läsionen der hinteren Zentralwindung, denen immer wieder umschriebene entsprechend lokalisierte Ausfälle der Körpersensibilität auch ohne motorische Störungen entsprachen, haben diese Annahme und die somatotopische Gliederung der Sensibilität auf der hinteren Zentralwindung eigentlich schon zur Gewißheit erhoben (s. Abb. 98 und 99), und wir sehen daher die alte Ansicht BETZ', wenigstens für die Zentralwindungen, wieder zu Ehren kommen, der wohl als erster, wie S. 241 auseinandergesetzt wurde, die Behauptung aufgestellt hat, daß die Zentralfurche das Großhirn in zwei prinzipiell verschiedene Partien trenne, eine vordere motorische und eine hintere sensible. Schon HITZIG hatte 1874 an Affen sämtliche motorische Reizfoci ausschließlich in der vorderen Zentralwindung gefunden, eine Feststellung, die in der Folgezeit ganz in Vergessenheit geraten war und erst jetzt wieder Beachtung gefunden hat (zit. BRODMANN). SHERINGTON und GRÜNBAUM haben 1901 gezeigt, daß unipolare Reizung mit schwachen Strömen ausschließlich von der präzentralen Zone (unsere FA) motorische Effekte gibt, und erst bipolare faradische mäßige Reizung (BEEVOR und HORSLEY) auch von den davor gelegenen hinteren Partien des Frontalhirns (unser FB und FC), und starke bipolare, faradische Reizung sogar auch von der hinteren Zentralwindung aus Bewegungseffekte auslösen. In dieser Frage der elektrischen Erregbarkeit haben nun C. und O. VOGTs glänzende Untersuchungen aus dem Jahre 1919 Licht gebracht, die wir, so weit sie die präzentralen Gebiete betreffen, schon S. 333 angeführt haben. Wir verweisen hier also noch speziell auf alles dort schon Gesagte, um Wiederholungen zu vermeiden. Danach ist die hintere Zentralwindung ein schwer erregbares Sekundärfeld für Einzelbewegungen. Noch stärkere Reize rufen Einstellungsbewegungen hervor; letztere verlaufen auf dem eigenen Stabkranz der C. p. nach abwärts und eine Unterschneidung des Markes der C. p. hebt diese Einstellungsbewegungen dementsprechend auf. Erstere jedoch, die Spezial- oder Einzelbewegungen, werden durch eine solche Unterschneidung nicht tangiert, sondern hören erst nach Zerstörung der Primärzentren in C. a. oder ihrer Verbindung mit C. p. auf, und also Sekundärbewegungen. Die hintere Zentralwindung gibt nach diesen Untersuchungen also, so weit als die Felder 1, 2 und 3 von BRODMANN (unsere PA1, PB, PC, PD) reichen, ungefähr den gleichen motorischen Effekt wie die gegenüberliegende Stelle der vorderen 1); jedoch ist die entsprechende Reizgegend der hinteren Zentralwindung stets (im Vergleich zu der Stelle der vorderen Windung) für diese Einzelbewegungen ein jeweilig schwerer und nur indirekt erregbares Feld; zur Erreichung dieser motorischen Reizeffekte von C. p. aus muß der Rollenabstand am faradischen Apparat um 1-1.5 cm verkürzt werden; manchmal jedoch soll auch kein besonderer gradueller Erregbarkeitsunterschied gegenüber der vorderen Zentralwindung sein; jedoch finden sich sonst noch folgende Unterschiede: 1. ermüdet das Reizfeld von C. p. bald; 2. ist die Reaktionszeit eine längere als in C. a.; 3. die von C. p. aus erzielten Bewegungen sind öfter von klonischen Zuckungen begleitet und die Differenz des Schwellenwertes zwischen einfachem Bewegungseffekt und epileptischem Anfall ist eine geringere als in C. a.; 4. irradiiert der Reiz weniger; 5. bleibt der vom C. p. aus erregte epileptische Anfall mehr auf die Reizstelle und deren nächste Umgebung beschränkt, und die klonischen Zuckungen desselben sind einschlägiger; der epileptische Anfall wird oft von einem Tremor eingeleitet; 6. reizt man zwei verschiedene Zentren der vorderen Zentralwindungen, jedoch bloß unterschwellig, so daß dadurch noch kein motorischer Effekt erzeugt wird, und reizt man nun gleichzeitig eines der korrespondierenden Zentren der hinteren Zentralwindung ebenfalls unterschwellig, so bestimmt letztere Reizung die Art des Reizerfolges, d. h. die hintere Zentralwindung determiniert den Effekt der Reizung. - Bezüglich der von C. p. durch elektrischen Reiz auszulösenden Spezialbewegungen ist es interessant, daß dieselben noch erhalten werden, wenn, wie gesagt, auch subcortical die Markstrahlung aus der Rinde von C. p. durchschnitten ist, dagegen sistiert dieser Reizeffekt der Spezialbewegungen, wenn die bogenförmigen U-Fasern - kurze Assoziationsfasern -, die von C. p. zu C. a. ziehen, durchschnitten werden oder wenn C. a. selbst zerstört ist. Die von C. p. also ausgelösten Spezialbewegungen sind wohl Sekundärbewegungen, die aber zum Unterschiede der Sekundärbewegungen, die von den frontalen Sekundärfeldern ausgelöst werden, nicht intracortical, sondern auf dem Wege über diese U-Fasern auf das Primärfeld übergeleitet werden.
[footnote p 539 1) Die somatotopische motorische Gliederung der C. p. ist ähnlich, aber nicht ganz identisch mit der somatotopischen Gliederung der C. a.; z.B. ist das Handfeld auf der C. p. viel ausgedehnter als auf der C. a.]
Area postcentralis caudalis. 539
Der von C. p. ausgelöste epileptische Anfall erfolgt auch erst durch eine Übertragung auf C. a., denn eine Durchtrennung vom Primärfeld sistiert den Anfall; jedoch erfolgt die Überleitung des Anfallreizes von C. p. auf C. a. nicht über die U-Fasern, wie die Einzelbewegungen, sondern direkt intracortical, denn hier genügt eine Durchschneidung der Rinde allein zur Coupierung desselben. Ist jedoch der Anfallsreiz an C. a. herangekommen, dann breitet er sich hier selbständig weiter aus und eine Durchtrennung der Verbindungen von C. p. nach C. a. kann hinterher den Anfall nicht mehr coupieren. Die durch Reizung von C. p. erst bei starken Strömen erzeugten Einstellungsbewegungen dagegen sistieren, wie schon gesagt, nicht bei Rindendurchtrennung und nicht bei Durchschneidung der U-Fasern, dagegen aber wohl bei Unterschneidung des Markes der C. p. selbst; d. h., daß diese Einstellungsbewegungen (zum Unterschiede von den Spezialbewegungen) in den eigenen Projektionsfasern von C. p. nach abwärts geleitet werden. Es ist wahrscheinlich, daß diese Einstellungsbewegungen über Pyramidenbahnfasern nach abwärts laufen; man hat nämlich sowohl bei Läsionen der C. p. feine Degenerationen der Pyramidenbahn gefunden, als auch bei amyotrophischer Lateralsklerose Faserdegenerationen im Mark und Zellveränderungen an den Zellen der C. p. gefunden, was den Gedanken nahelegt, daß ein geringer Teil der Pyramidenbahn ihren Ursprung auch in der hinteren Zentralwindung nimmt und vielleicht für diese Einstellungsbewegungen dient. Reizt man am Parazentrallappen das Feld PA2 (BRODMANNs Feld 5) (unsere Area postparacentralis gigantopyramidalis = Area praeparietalis BRODMANNs), so erhält man von seiner vorderen Hälfte aus (nur schwer und indirekt erregbar) gemeinsame generalisierte Bewegungen von Bein und Arm, und unmittelbar dahinter schwer erregbare Augenbewegungen (bei Affen). Alle diese VOGTschen Versuche zeigen also deutlich, daß von C. p. motorische Effekte wirklich zu erzielen sind und klären endlich auch darüber auf, wie dieselben nunmehr zu bewerten sind. VOGT hat zwar seine Experimente an Affen gemacht, doch hat FOERSTER bei Gelegenheit von Hirnoperationen diese Befunde auch beim Menschen größtenteils bestätigen können; auch auf der hinteren Zentralwindung des Menschen läßt sich eine somatotopische Gliederung nachweisen, wenn auch dieselbe nicht so scharf ist wie auf der vorderen. Elektrische Reizung der C. p. erzeugt hier sehr leicht einen Jackson-Anfall, der mit Tremor beginnt, an den sich Klonismen anschließen; wenn C. a. zerstört ist, hat dieser Epilepsieanfall keinen somatotopischen Ablauf mehr, aber die Klonismen können dann auch noch eine ganze Extremität betreffen; also läuft ein Teil des von C. p. ausgelösten Epilepsieanfalls doch über den eigenen Stabkranz der C. p.! Zerstörung von C. p. kann eigenartige, nicht spastische Paresen hervorrufen, außerdem lokomotorisch Ataxie mit athetoseähnlichen Bewegungen (neben den Sensibilitätsstörungen). Die Area PA2 ist beim Menschen relativ kleiner als beim Tier (speziell Affen).
540 Lobus parietalis.
Scheinbar stehen diese physiologischen Reizversuche mit motorischem Effekt in Widerspruch mit den neueren Annahmen und pathologischen Erfahrungen, daß in der hinteren Zentralwindung die Körpersensibilität lokalisiert sei. Doch betrachten wir die Resultate der cytoarchitektonischen Studien, so sehen wir, daß an der hinteren Zentralwindung 4 bis 6 verschiedene Areae zu unterscheiden sind, daß also eine so reichliche Gliederung der Rinde hier vorhanden ist und daß sehr wohl zahlreiche und verschiedene Funktionen ihre Lokalisation nachbarlich auf der hinteren Zentralwindung finden könnten; daß der Bau von PC, der Area postcentralis intermedia, die das ganze Culmen der hinteren Zentralwindung in weiter Ausdehnung einnimmt (bei Abstraktion der IV. Schicht) sehr an den Bau von FB und FC der Area frontalis agranularis und intermedia erinnert, haben wir schon erwähnt; sie weist ungefähr denselben Rindenbautypus 1 (2) auf wie vorn FC, wie man auch Abb. 88 entnehmen kann. Daß sie (PC) durch die Größe ihrer Pyramidenzellen der IIIc-Schicht im Gehirn beinahe einzig dasteht, haben wir schon hervorgehoben und ebenso, daß auch die Partien FB und FC des Frontalhirns ebenso wie PC Sekundärfelder für die Motilität sind; ebenso ließe also auch der ähnliche Bau von PC eine ähnliche motorische Qualität dieses Feldes plausibel erscheinen. Ebenso versöhnt uns das Vorkommen von Riesenzellen in der V. Schicht von PA (und zwar sowohl im Tal als PA1, als im Parazentralläppchen und an der Mantelkante als PA2) mit der Möglichkeit einer motorischen Funktion dieser Gebiete; und da solche Riesenzellen in C. p. fallweise und im obersten Sechstel von C. p. sogar regelmäßig in allen ihren Areae (PA, PB, PC) mehr oder weniger häufig zu sehen sind, könnte recht wohl die ganze C. p. fakultativ motorische Effekte geben, neben ihren anderen spezifischen Hauptfunktionen. CAMPBELL allerdings hält diese Gegend (PC) nicht für motorisch (auch nicht PA2), weil die großen Pyramidenzellen und die Riesenzellen dieser Areae bei amyotrophischer Lateralsklerose angeblich nicht zugrunde gehen. Sie sollen aber dagegen wieder bei Amputationen atrophieren. Es wäre möglich, daß in diesem verschiedenen pathologischen Verhalten irgendwie auch der Unterschied zwischen Primär- und Sekundärfeldern und auch zwischen Spezial- und Einstellungsbewegungen VOGTs zum Ausdruck käme.
Aber abgesehen von dieser vielleicht „motorisch" aussehenden Area postcentralis intermedia PC, haben wir auf der C. p. die äußerst schmalen Wandformationen, besonders die der vorderen Wand, die das Augenmerk auf sich ziehen, und zwar vor allem die Area postcentralis oralis PB; sie ist zum Teil homotypisch, d. h. sechsschichtig, gebaut, ihre Zellen sind aber recht klein und recht zahlreich; die ganze Formation (bis auf die V. Schicht) ist sehr zelldicht; in einem großen Teil dieser Area postcentralis oralis übersteigt nun die Zellzahl ganz bedeutend, und zwar nicht nur in der äußeren und inneren Körnerschicht, um mehr als 50% den Wert der Zellzahl in der nächsten Umgebung; so steigt auch in der Pyramidenschicht, wo sonst eine Zellzahl von 40 pro 0.1 mm3 schon eine recht hohe Zahl bedeutet, die Zellzahl bis auf das Dreifache! Dabei werden die Pyramidenzellen äußerst klein, so klein, daß sie wie kleinste Pyramidenzellen oder bloß als größere Körnerzellen der äußeren Körnerschicht imponieren; da außerdem noch III schmal wird, dagegen II und IV recht breit, hat es das Aussehen, als ob von der zellarmen I. bis zur zellarmen V. Schicht eine einzige breite Körnerschicht reichen würde, die nur an der Grenze von III und IV vereinzelte, etwas größere Pyramidenzellen noch enthält (Tafel LX, Bild 1); wir haben also hier eine heterotypische Bildung vor uns, die wir wegen ihres gekörnten Aussehens „granulös" nennen oder Koniocortex (S. 190 und 522; Abb. 70, 71 und Abb. 56, 57, 58). Die Betrachtung der Calcarinabildung, welche unabweislich die corticale Aufnahmeformation für die Endigung der Sehstrahlung im Großhirn darstellt, lehrt, daß auch in der Calcarina eine Umwandlung des größten Teils der Rindenelemente in Zellen von beinahe Körnergröße erfolgt, eine sogenannte Verkörnelung (s. S. 57), obwohl auch dort vereinzelte große Zellen in IIIc, in IVb und sogar Riesenzellen in V persistieren; der Gesamteindruck der Rinde der Calcarina ist auch der des beinahe durchweg gekörnten Aussehens; sie ist typisch „granulös" (s. Tafel LXXXVIII 1). Diese Heterotypie ist dort hervorgerufen durch Zunahme (ja sogar durch Verdopplung) der Körnerschichten als solcher, aber auch durch die auffallende Zellkleinheit, Verkörnelung, der III. Schicht, die die II., III. und IV. Schicht beinahe wie eine einzige Schicht erscheinen läßt. Diese Heterotypie der Körnelung der Rinde scheint uns nun, wie schon im Allgemeinen Teil S. 192 ausgeführt, eine typische sensible Bildung der Hirnrinde zu sein, wenigstens spricht ihre maximale Entwicklung in der Calcarina dafür. Auch in der hinteren limbischen retrosplenialen Region haben wir diese granulöse Heterotypie gefunden in der Area retrosplenialis granulosa LE, die vielleicht die Lokalisation des Geruchsinnes in sich birgt (s. S. 479). In der vorderen Wand der hinteren Zentralwindung nun finden wir diese granulöse Heterotypie auch wieder, und zwar macht sie hier den Eindruck einer spezifischen weiteren Differenzierung der homotypischen sechsschichtigen Formatio postcentralis oralis, indem sie zum Teil ein größeres zusammenhängendes Feld bildet, so daß sie die größere Hälfte derselben (PB) als Area postcentralis oralis granulosa (PB1) einnimmt, zum Teil aber auch inselweise innerhalb der Formation PB vorkommt und verschiedene Differenzierungsgrade der Verkörnelung aufweisen kann; so kommt man von den heterotypischen, rein granulösen Stellen, die in den über der lichten V. Schicht gelegenen Partien gar keine größeren Pyramidenzellen enthalten, zu Stellen, die typisch granulös sind, aber doch vereinzelte große Pyramidenzellen in IIIc haben, und schließlich zur homotypischen granulären Formation der Area postcentralis oralis simplex (PB2), die alle Schichten und IIIc deutlich erkennen läßt; und auf diese Art findet man alle möglichen Übergänge, aber auch Durchmischungen ohne scharfe Grenzen, wie wir es übrigens schon in §5, S. 522 eingehend auseinandergesetzt haben. Gerade dieses Verhalten erzeugt den Eindruck einer spezifischen Differenzierung der Heterotypie aus dem homotypischen Typus der Area postcentralis oralis simplex heraus. Daß nun diese granulös heterotypische Partie der Vorderwand der hinteren Zentralwindung auch eine sensible Zone par excellence ist, und daß wir hier die corticale Endigungsstätte der sensiblen Neurone der Körperempfindung zu suchen haben, welche die Pathologie in die hintere Zentralwindung verlegt, scheint äußerst wahrscheinlich; das Gebiet, welches die Area postcentralis oralis granulosa einnimmt, ist auch keineswegs zu klein, um eine solche Annahme zu rechtfertigen, denn sie nimmt ein Gebiet ein von durchschnittlich sicherlich mindestens 1 cm Breite auf der Vorderwand der C. p. in deren ganzer Ausdehnung vom Operculum bis zu dem Parazentralläppchen, auf das selbst zum Teil sie sich auch noch ausbreitet, also ein ganz respektables Areal, das wir auf ca. 12-14 cm2 schätzen; also ca. 1.1% der Gesamtoberfläche. Daß sich in der IV. Schicht der C. p. nach CAJAL ein dichtes Geflecht exogener Fasern befindet (s. S. 535), spräche vielleicht auch für die sensible Natur dieses Gebietes, doch beziehen sich die Angaben CAJALs auf die hintere Zentralwindung überhaupt, ohne Rücksicht auf ihre sehr differenten Areae, sind also für diese Frage nicht weiter verwertbar. Andererseits ist die V. Schicht der PB im Zellbild derart licht, wie sie auch sonst gewöhnlich beim Koniocortex ist (s. 4. Kap., S. 191) und wohl einer Unterschichtung eines nervösen Endgeflechtes entspricht.
[footnote p 541 1) In ähnlichem Sinne sprechen Dusser de Barennes Versuche mit Strychninbehandlung der Großhirnrinde. Verhandl. d. Ges. deutsch. Nervenärzte. 14. Jahresvers, in Innsbruck 1924.]
Area postcentralis caudalis. 541
Nun könnte man sich die Frage stellen, wenn auch die Area postcentralis oralis granulosa mit großer Wahrscheinlichkeit ihres anatomischen Baues wegen als sensible Area angesprochen werden muß, ob sie auch die einzige sensible Partie der hinteren Zentralwindung bildet oder ob die anderen Areae derselben ebenfalls sensibel sind. Sogar für die vordere Zentralwindung ist ja darauf hingewiesen worden, daß sie ein viel dichteres Geflecht exogener Fasern (nach CAJAL) besitzt als die hintere Zentralwindung, also sehr wohl neben den motorischen auch sensible Qualitäten bergen könnte (nach REDLICH wenigstens einen Teil des Muskelsinnes). Ob nun auch die anderen Areae der hinteren Zentralwindung sensibel sein könnten, ist nun anatomisch nicht weiter zu lösen, sondern bloß experimentell physiologisch oder pathologisch-anatomisch; denn wenn wir auch den Satz aufstellen, daß die granulösen Formationen sensibel sind, so möchten wir damit doch keineswegs noch die Umkehr dieses Satzes, daß nichtgranulöse Formationen etwa nicht ebenfalls sensibel sein können, als gegeben ansehen; denn schon die einfache Überlegung, daß in der C. p. die granulöse Formation (PB2) sich durch spezifisch feinere Differenzierung aus einer nicht granulösen, sondern einfach homotypischen granulären Grundformation (PB1) entwickelt, mit der sie zeitlebens vereint und mit ihr durchmischt bleibt, daß ferner der Grad dieser Differenzierung ein individuell sehr verschiedener sein kann- bei einzelnen äußerst auffallend, bei anderen wieder nur angedeutet ist -, dies alles weist darauf hin, daß diese Rindenformation nicht bloß in ihrer granulösen Differenzierung sensibel ist, sondern auch schon in ihrer homotypischen Grundform zum mindesten einzelne sensible Qualitäten haben muß und daß dieses Nebeneinander von homotypischer und heterotypischer Bildung ein und derselben Rindenpartie (schmälster Teil der Vorderwand von C. p.) wahrscheinlich irgendeine spezielle, noch unbekannte physiologische Bedeutung hat; ein ganz ähnliches Verhältnis von homotypischem Grundtypus mit heterotypischer granulöser Differenzierung finden wir auch bei der „sensiblen Hörsphäre" auf der Heschlschen Windung, wie wir später sehen werden. Außerdem spricht für eine solche Auffassung auch das verschiedene Verhalten der spezifischen Differenzierung in der Tierreihe abwärts (Abb. 107-100); während wir bei höheren Affen noch ein ähnliches Verhalten wie beim Menschen finden, so vier oder fünf Areale in dieser Regio postcentralis unterschieden werden können, ist schon bei Halbaffen, wenn anders BRODMANN mit seinen Angaben darüber recht hat, bloß eine einzige Area vorhanden (Feld 1), die unserer PC entspricht und die Charakteristica auch der anderen dabei gleichzeitig durchmischt an sich trägt. Beim Igel ist nach BRODMANN sogar die postzentrale und die parietale Region voneinander noch nicht differenziert, d. h. nicht unterscheidbar. Daß bei Tieren mit starkem Pelz oder gar Stacheln (!) und bei Mangel der Hände der Tastsinn keine sehr bedeutende Rolle spielt und keiner feinen Differenzierung bedarf, erscheint plausibel. In Fortführung dieses Gedankens wäre es umgekehrt sehr interessant zu eruieren, ob die blinden Menschen mit kompensatorisch hochentwickelter Tastempfindung eine durchgreifendere Differenzierung der granulösen Formation PB1 aus PB2 aufweisen!
542 Lobus parietalis.
Wir beschränken uns vorderhand also darauf, die granulöse Formation auf C. p. - also die Area postcentralis oralis granulosa (PB1) - als spezifisch sensibel zu bezeichnen, ohne zu behaupten, daß sie allein die ganze primäre Körpergefühlsphäre ausmacht. Wir müssen die Versuche, die sogar schon unternommen worden sind, in die verschiedenen anderen Areae der C. p., die verschiedenen Sensibilitätsqualitäten (z. B. Schmerz-, Temperatur-, Tastsinn und Tiefensensibilität) zu lokalisieren, als derzeit leider noch verfrüht ansehen, dagegen die physiologisch und pathologisch begründete Ansicht, daß in der Vorderwand der hinteren Zentralwindung ein Sensibilitätszentrum für die Tastempfindung, also die Tastsphäre, sich befindet, und zwar in PB1, müssen wir nunmehr auch als anatomisch bewiesen erachten.
Immerhin drängen sich Überlegungen über die Möglichkeit einer anatomischen Lokalisation der einzelnen Tastqualitäten von selbst auf. Einerseits sprechen die obigen Überlegungen dafür, daß obschon der Koniocortex die sensible Zone par excellence darstellt, trotzdem wahrscheinlich die benachbarten Rindenteile ebenfalls noch zur sensiblen Zone gehören; andererseits wissen wir, daß je mehr ein Herd der C. p. sich der Rolandoschen Furche nähert, desto mehr die Oberflächensensibilität, der Hautsinn, und je mehr er sich von ihr nach hinten entfernt, desto mehr die Lage- und Bewegungsempfindung gestört ist (MONAKOW). Der reine Hautsinn schiene demnach an der Vorderwand der hinteren Zentralwindung (PB1-2), der Muskelsinn in PC vor allem in der Hinterwand (PD) und eventuell auch noch auf der Vorderwand des Gyrus supramarginalis lokalisiert. Auch die einzelnen Qualitäten des Hautsinnes, wie Berührungs-, Schmerz- und Temparatursinn, können durch Herde in C. p. einzeln für sich (oder wenigstens in verschieden hohem Maße dissoziiert) gestört sein; dies legt den Gedanken nahe, die verschiedenen Varianten von PB, evtl. auch von PA, für diese Sinnesqualitäten zu beanspruchen. Diese Auffassung sieht also gleichsam für jede Sinnesqualität einen eigenen architektonischen Bau vor. Obschon diese Annahme sehr bestechend klingt, liegen die Verhältnisse möglicherweise auch morphologisch viel einfacher. Was wir nämlich eine Sinnesqualität nennen, ist an und für sich oft schon mehr als eine bloße Empfindung. Die Erfahrung, daß bei Seelenblinden Störungen der Lokalisation der Tastreize bei intaktem Tastsinn vorkommen (GOLDSTEIN), zeigt, daß die reinen Tasterlebnisse jede räumliche Qualität entbehren und diese ihnen erst auf dem Umwege über andere Vorstellungen vermittelt werden. Ebenso sind wohl auch Lage- und Bewegungsempfindung schon keine ganz einfachen Empfindungselemente. Es wäre nun sehr gut möglich, daß der Koniocortex (PB1) ausschließlich und allein der Rindenteil wäre, in den der primäre Reiz aller Tastqualitäten eintritt und somit als reines einfaches Empfindungselement zum Bewußtsein dringt. Von hier aus kommen durch Kombination mehrerer solcher Empfindungselemente und auch eben durch Vermittlung anderer Rindenteile erst Empfindungen zustande, deren Lokalisation dann in den übrigen Arealen der C. p. zu sitzen scheint. - Welche dieser beiden Auffassungsarten den Tatsachen am nächsten kommt, wird sich in der Zukunft zeigen. - Betreffs der Möglichkeit der Lokalisation eines Teiles des Geschmacksinnes in die opercularen Teile von PB s. S. 480 u. 789.
Area postcentralis caudalis. 543
Die Nervenfasern, die in die hintere Zentralwindung gelangen und ihr die sensiblen Reize zuführen, faßt man unter dem Namen der Taststrahlung zusammen. Sie nehmen zum allergrößten Teil aus dem Thalamus ihren Ursprung, in welchem ja die Fasern der sensiblen Schleife ihre Umschaltung erfahren. Aus dem Zentralkern und dem ventrolateralen Thalamuskern entspringend, zieht die Taststrahlung zunächst in der Grenzlamelle der Gitterschicht zwischen Thalamus und Capsula interna, und steigt dann, die innere Kapsel diagonal durchquerend, von unten innen nach außen oben auf. Nach vorn dicht angeschlossen an die Fasern der Pyramidenbahn, zieht die Taststrahlung für die ventralen Teile der C. p. über den oberen Rand des Linsenkerns, die äußere Kapsel gleichsam oben abschließend, nach außen und oben und gelangt so in den Stabkranz des Operculums und an die untere Partie der hinteren Zentralwindung. Die Taststrahlung für die oberen Partien der hinteren Zentralwindung ziehen durch den retrolenticulären Kapselabschnitt eng vor die Sehstrahlung gelagert noch ein Stück weiter caudalwärts als der vordere Teil der Taststrahlung, legen sich dann der Sehstrahlung dorsal an und steigen dann erst nahezu senkrecht nach vorn und oben in die oberen Abschnitte der hinteren Zentralwindung auf (PFEIFER).
Die corticofugalen Fasern der hinteren Zentralwindung sind zum geringen Teil Fasern, die sich zu den Pyramidenbahnen gesellen (s. S. 540); außerdem sollen corticorubrale Bahnen hier ihren Ursprung nehmen (Abb. 87). - Nach FLECHSIG soll ein Teil der Pyramidenbahn aus dem unteren Drittel der hinteren Zentralwindung entspringen.
Es ist vielleicht hier der Ort, auf FLECHSIGs Tastsphäre zurückzukommen. Unter den Primordialgebieten, welche zu allererst ihre Markstrahlung aus dem Stabkranz erhalten und die FLECHSIG als „primäre Sinnessphären", d. h. als Eintrittssphären der sensiblen Sinnesnerven ins Gehirn betrachtet, ist die Tastsphäre eine der am frühesten markreifen. Auf Abb. 90 (und 91), dem alten (und neuen) Schema FLECHSIGs, ist sie mit 2 und auf dem neuen Schema mit 3 bezeichnet. Die durch ihre Markfasern in der marklosen Umgebung deutlich isolierte Taststrahlung kann z. B. beim Foetus von 43 cm ohne weiteres vom Thalamus bis in die Zentralwindung verfolgt werden. Da zeigt es sich nun, daß diese Taststrahlung nicht nur in der Vorderwand der hinteren Zentralwindung sich aufsplittert, sondern, außerdem noch in der Kuppe der C. p., auch in die vordere Zentralwindung, besonders in die Rinde der hinteren Wand derselben dringt. Dieses ganze Gebiet rechnet nun FLECHSIG zu seiner Tastsphäre; sie ist also bedeutend größer als unsere Tastsphäre, die durch den Koniocortex charakterisiert ist. Wir werden noch später bei Besprechung der Hör- und der Sehsphäre sehen, daß FLECHSIGs Sinnessphären zwar immer mit den cytoarchitektonisch von uns festgestellten Sinnessphären grobanatomisch zusammenfallen, daß sie aber stets ein größeres Areal einnehmen als unsere durch den Koniocortex charakterisierten Gebiete; man kann also diese beiden Begriffe nicht vollkommen identifizieren und muß entweder annehmen, daß FLECHSIGs Taststrahlung nicht nur rein sensible Sinnesfasern führt, sondern auch Fasern, welche noch zu anderen (reflektorischen) Zwecken dienen und sich dann in der Umgebung der eigentlichen Sinnessphären ausbreiten, oder aber man muß annehmen daß unser Koniocortex nur einen Teil, allerdings den spezifisch feinst differenzierten Teil der etwas größeren Sinnessphäre, darstellt. Letztere Annahme gewinnt mit Rücksicht auf die oben erwähnten starken individuellen Schwankungen im Grade der spezifischen körneligen Differenzierung an Wahrscheinlichkeit.
544 Lobus parietalis.
Zum Unterschied vom Lobus frontalis, an dem die cytoarchitektonischen Formationen unbekümmert um die Windungen und über die Furchen quer hinüberziehend ihren Teppich über alle drei Frontalwindungen breiten, ist im Lobus parietalis eine gewisse Kongruenz der Zellaufbaufelder und der Lobuli zu bemerken. Schon an der hinteren Zentralwindung (Gyrus centralis posterior = Gyrus parietalis ascendens) haben wir gesehen, wie die Formationen PA, PB, PC und PD auf sie beschränkt bleiben (Abb. 133b) und zueinander parallel wie aneinandergereihte Bänder hintereinander zu liegen kommen bis in den Sulcus postcentralis, wo die Formationen des oberen und unteren Scheitelläppchens an sie anschließen. Ebenso scharf sind aber auch andererseits die Formationen des oberen und die des unteren Scheitelläppchens gegeneinander durch die intraparietale Furche abgegrenzt. Der Lobulus parietalis superior (Abb. 96 und 97 mittelrot) ist von einer einzigen Formation eingenommen, die wir Formatio parietalis superior oder, da sie auch bloß eine Area bildet, als Area parietalis superior PE bezeichnen (Abb. 92 und 94). Begrenzt ist der Lobulus parietalis superior grobanatomisch an der Medianfläche nach vorn vom senkrecht aufsteigenden Endteil des Sulcus callosomarginalis (Abb. 21, 22, 23, v. cmg.), nach unten vom kleinen Sulcus subparietalis (s. sp.), der ihn vom Lobus limbicus trennt, nach hinten vom tiefen Sulcus parietooccipitalis (po.); an der Konvexität ist er von vorn vom Sulcus postcentralis (Pars superior) (s. po. s.), unten vom Sulcus intraparietalis (ip.) begrenzt und nach hinten vom oberen Ast des vom Ende des Intraparietalis quer abgehenden Sulcus parietalis transversus (s. p. tr.). Der Teil an der Medianfläche hat Vierecksform und heißt Praecuneus (Pr). An der Konvexität zerfällt der Lob. par. sup. in drei Gyri arcuati (anterior, medius und posterior, g. a., a., m. p.), welche drei Windungszüge (Abb. 23) sich schlingen um das Ende des Sulcus callosomarginalis, um den Sulcus parietalis superior (s. p. s.) und schließlich um das Ende der Parietaloccipitalfurche an der Konvexität (p. o.). Der Gyrus arcuatus medius ist der größte. Der allervorderste Teil des Gyrus arcuatus anterior ist, wie S. 512 erwähnt, von der Formation PA (eigentlich PA2) Area postparacentralis gigantopyramidalis (Feld 5 von BRODMANN) eingenommen; der ganze übrige Teil des Lobulus pariet. sup. ist von einem ziemlich gleichmäßigen Zellaufbau bedeckt, der obengenannten Area parietalis superior (PE Abb. 92), die in dieser ziemlich weiten Ausdehnung nur geringe regionäre Modifikationen aufweist, die uns jedoch weder ausgesprochen genug, noch ihrer Bildung und Lokalisation nach konstant genug erscheinen und ebenso individuell zu verschieden, als daß man sie derzeit mit Recht als eigene Areae abscheiden dürfte. Im allgemeinen sei gleich hier kurz gesagt, daß die vorderen und die mittleren Partien der Formation, also ungefähr die auf dem Gyrus arcuatus anterior und medius sitzenden, im ganzen etwas großzelliger (besonders betreffs der tiefen Schichten von III und der oberen von V) zu sein scheinen, als die hinteren auf dem Gyrus arcuatus posterior; doch alles Weitere darüber wird in §5 ausführlich besprochen werden.
PE läßt sich schon makroskopisch als eine mittelbreite Rinde bezeichnen, deren Dicke lokal und individuell ziemliche Schwankungen zeigt (Abb. 26-29), und zwar an den Kuppen zwischen 2.7 mm und 3.8 mm und in den Wandungen von 2.2 mm bis zu 2.5 mm; und zwar läßt sich im allgemeinen sagen, daß, was die Kuppen anlangt, die mittleren Partien von PE, also ungefähr die auf dem Gyrus arcuatus medius gelegenen die größten Breitenzahlen aufweisen; die weiter vorn (auf dem Gyrus arcuatus anterior) die kleinsten Werte zeigen; bezüglich der Wände haben wir die schmälsten nahe an der hinteren Zentralwindung, so daß z. B. im Sulcus postcentralis die Rückwand, die schon zu PE gehört, eine ebensolche Schmalheit hat wie PD (s. Tafel LXV, Bild 1); und ebenso schmal sind auch die Wandungen kleiner Nebensulci, die sich in dem vorderen Teil von Lobulus parietalis superior finden, ferner auch die Wandung des Sulcus intraparietalis, so weit wenigstens, als der Gyrus supramarginalis in ihm reicht und in diesem Abschnitte auch die Wand der dorsalwärts vom Sulcus intraparietalis aus abgehenden .Nebensulci (später wird erwähnt werden, daß auch cytoarchitektonisch diese Wandgebiete sich sehr dem Baue von PD nähern). Die Wände der mittleren und weiter rückwärts gelegenen Partien von PE zeigen dagegen die oben angeführten etwas höheren Werte der Rindenbreite. Der allercaudalste Teil von PE nahe am Sulcus parietooccipitalis ist wieder recht schmal und zeigt, wie wir später sehen werden, auch bezüglich der Zellen einige Eigenheiten (s. S. 556, §5). Verglichen mit den Areae, an die sie angrenzt, läßt sich sagen, daß die Area PE etwas breiter ist als die Areae der hinteren Zentralwindung, ausgenommen die Kuppe derselben, PC; sie ist auch deutlich breiter als die an sie angrenzenden Teile der Occipitalformationen; dagegen ist sie um ein gutes Stück schmäler als die Areae des unteren Parietalläppchens, die zu den breiten Rindenformationen gehören und daher auch viel schmäler als die noch breiteren Temporalbildungen (s. Abb. 26-29). (In der Breite entsprächen sie am ehesten noch den Rindenbildungen der Area front. granularis FD.)
Area parietalis superior. 545
Makroskopisch sind Schnitte aus dem oberen Scheitelläppchen zu erkennen (Abb. 116, Nr. 6) an einem scharf begrenzten lichten Streifen, der an der Grenze zwischen zweitem und drittem Drittel der Rindendicke ununterbrochen über Kuppe, Wand und Tal hinzieht und der der Vb-Schicht entspricht und an den Kuppen etwas weniger scharf zu sehen ist als in den Wänden; es sieht nicht wie eine bloße Lichtung, sondern direkt wie ein nach oben und nach unten genau begrenzter Streifen aus, unter dem sich die VI. Schicht als ein ebenfalls schmales, gegen das Mark gut begrenztes dunkles Band wieder abhebt. Die äußere Partie der Rindenbreite zeigt keine so deutliche Schichtung, sondern unter der schmalen Molekularschicht beginnen die zellreichen Schichten, die an Tiefe der Färbung der Tiefe des Schnittes zu allmählich zunehmen und ziemlich dunkel tingiert sind, bis sie scharf absetzen am obengenannten lichten Streifen von Vb. Diese Zeichnung unterscheidet die PE-Formation sehr deutlich von den meisten übrigen (s. Abb. 116). Vom unteren Scheitelläppchen ist sie auch dadurch unterschieden, daß im unteren Scheitelläppchen die Rinde, wie wir sahen, viel breiter ist; ferner ist zwar auch hier (Abb. 116, Nr. 7) eine Lichtung in der Höhe der Vb-Schicht, aber eben nur eine Aufhellung mit unscharfen Grenzen und nicht ein lichter scharfer Streifen, und ebenso ist die VI. im unteren Scheitellappen nicht zu so einem scharf begrenzten schmalen dunklen Band geformt. Mit C. p. ist die Ähnlichkeit groß, denn auch hier ist das lichte und das dunkle Band in der inneren Hauptschicht so gut entwickelt. Makroskopisch wird man hier höchstens die Schmalheit der Wand der C. p. als Unterscheidungsmerkmal finden können. Ferner ist die Ähnlichkeit auch eine ziemlich große mit der Area frontalis granularis magnocellularis FDm, speziell mit der in parte trianguläre FDΓ, die beinahe die gleiche Breite hat, vielleicht kann sie aber von dieser auch makroskopisch noch daran unterschieden werden, daß die FDΓ die lichte Vb-Schicht doch nicht ganz so scharf erkennen läßt und ebenso die VI. Schicht nicht ganz so scharf vom Mark abgeschnitten ist, daher nicht so bandförmig aussieht, und daß ferner in der FD die III. Schicht stärker absticht, weil IIIb hier lichter ist. Von einer Verwechslung mit den Occipitalformationen wird bei bloßer makroskopischer Betrachtung vor allem die auffallende Schmalheit letzterer, besonders relativ gut an den Kuppen ausgeprägt, schützen. Sonst läßt sich kein anderes charakteristisches Zeichen makroskopisch bemerken.
Die PE-Formation ist außer durch ihre mittlere Breite gut charakterisiert durch eine recht auffällige horizontale Schichtung (s. Abb. 116, Nr. 6), gleichzeitig mit einer ziemlich ausgeprägten mittelbreitradiären Streifung (Abb. 45 und 46). Die horizontale Schichtung ist sehr auffällig gemacht durch eine sehr breite IV Schicht (Abb. 70, 71), die selbst wieder eine lockerere obere und eine dichtere untere Etage zeigt, ferner durch die sehr lichte Vb-Schicht und die dichte VIa-Schicht; VIb ist schmal, und gegen das Mark ist die Grenze scharf; ferner fällt eine deutliche äußere Körnerschicht (II) auf, die gegen III zu nicht scharf begrenzt ist; die III. Schicht ist ziemlich zellreich, ziemlich zellgroß, wohl geordnet der Tiefe zu (in IIIa, IIIb, IIIc) nach der Zellgröße, und durch Andeutung einer breitradiären Streifung nach der Breite geordnet; in IIIc sind mehrzellig übermittelgroße und große Pyramidenzellen vorhanden, die auf dem zellockeren oberen Teil von IV ruhen, so daß sie vom zellreichen Teil der IV wie durch einen lichten Streifen abgehoben erscheinen. Auch in Va sind die Pyramidenzellen ziemlich dicht und groß, wenn auch nicht so groß wie in IIIc (Tafel LXIX). Diese großen Pyramidenzellen der III. und V. Schicht erinnern an die Pyramidenzellen, wie sie sonst nur im Frontalhirn vorkommen; wenn auch nicht ganz so groß wie dort, so sind sie doch im Gesamtbild ebenso recht auffällig und anderswo in den hinter der Rolandoschen Furche gelegenen Hirnpartien, als höchstens noch in PC in dieser Größe überhaupt nicht zu finden. Die Schichten V, IV und III zeigen die radiäre Streifung besser als die VI., in welcher sie übrigens kaum angedeutet ist. In III geht die radiäre Streifung bis in die oberen Partien der III. Schicht. Hierdurch ist in großen Zügen die Rinde des oberen Scheitelläppchens so ziemlich genau charakterisiert.
546 Lobus parietalis.
Was nun die Unterscheidung derselben von anderen Rindenpartien anlangt, so sei folgendes noch hervorgehoben. Beim Anblick eines Schnittes von PE mit schwacher Vergrößerung fällt auf, daß durch ihre Dichtigkeit und stärkere Färbbarkeit die oberhalb der IV. gelegenen Schichten auffallender sind und gleichsam das Übergewicht haben über die unter der IV. gelegenen, zum Unterschied von den Formationen des unteren Scheitelläppchens, wo (s. Tafel LXXII) die beiden ziemlich gleich auffällig sind, während z. B. wieder in den Temporalbildungen, besonders auf der 2. und 3. Temporalwindung die unteren Partien in Dichtigkeit, Färbbarkeit und Zellgliederung die auffälligeren sind. Dieses Charakteristicum teilt das obere Scheitelläppchen übrigens mit den meisten Frontalformationen an der Hirnkonvexität (außer der präzentralen Region). Hierzu vergleiche man auch Abb. 116; die Nr. 1-6 weisen alle so ziemlich den dunkleren Gesamteindruck der oberen Rindenpartien auf, Nr. 12-16 wieder den dunkleren der tieferen Partien, entsprechend den Temporallappen, zu den sie gehören, und die Schnitte aus den unteren Parietal- und Occipitallappen 7-11 zeigen wieder eine ziemlich gleiche Gesamtschattierung der oberen und unteren Rindenpartien, ganz abgesehen von den Schichtungsdifferenzen.
Sonst unterscheidet sich PE schon bei flüchtigem, mikroskopischem Anblick vom unteren Scheitelläppchen außer durch seine relative Schmalheit und die größere Bedeutung der äußeren Hauptschicht auch noch durch mehrere Charakteristica; im unteren Scheitelläppchen ist die radiäre Streifung eine viel deutlichere und außerdem engere, schmälere, feinere (s. Abb. 45 und 46); das untere Scheitelläppchen hat weder in IIIc noch in Va so große Zellen wie PE, es ist überhaupt kleinzelliger (Abb. 74, 75 und 79, 80). Die IV. Schicht ist im unteren Scheitelläppchen noch viel breiter. In der V. Schicht ist keine so lichte Vb-Schicht zu unterscheiden, und Va hat keine so großen Zellen; überhaupt stellt die relativ große Anzahl größerer Zellen in V von PE eine Ausnahme für eine hinter der Zentralfurche gelegene Rindenpartie dar, da bei ihnen allen sonst in V die Zahl der kleinen Zellen bedeutend überwiegt und nur sporadisch einzelne große oder ganz große Zellen vorkommen; und im unteren Scheitellappen geht V infolge seines größeren Zellreichtums an kleinen Zellen und des Mangels an größeren Zellen zum Unterschied von PE allmählich und unvermerkt in VI über, das ebenfalls keine so bandartige Schicht darstellt, sondern auch vom Mark etwas weniger scharf als in PE abgegrenzt ist, während eben in PE V und VI gegeneinander und gegen die anderen Schichten gut abgeteilt sind. Näheres wird bei Besprechung des unteren Scheitelläppchens noch erwähnt werden [s. auch 2. (S. 50) und 4. Kapitel (S. 162, 163)]. (Immerhin sei aber auch hier erwähnt, daß an Stellen, wo die Rindenbreite eine größere und die Zellen vielleicht etwas kleiner sind, auch PE von der Formation des unteren Scheitelläppchens manchmal schwer zu unterscheiden sein kann.)
Gegenüber der Occipitalformation ist der Unterschied auch in die Augen springend; daß die letzteren schmäler sind als PE, daß die radiäre Streifung eine vielleicht noch breiter radiäre, gleichzeitig aber auch eine viel eindringlichere und auffallendere ist (Abb. 45 und 46), ferner daß bei den Occipitalformationen besonders deutlich die VI. Schicht von den radiären Streifen zerklüftet erscheint, sind sehr auffällige allgemeine Merkmale; was die Zellen selbst im speziellen anbetrifft, so ist die große Masse derselben in den Occipitalformationen viel kleiner als im oberen Scheitelläppchen; dagegen sind relativ größere Zellen als in PE darunter vereinzelt eingestreut, was den Occipitalformationen, die auch zellreicher sind, ein eigenartiges Aussehen gibt.
Area parietalis superior. 547
Zum Unterschiede von den großzelligen frontalgranulären Formationen (FDm), die, wie wir schon früher erwähnt haben, eine recht große Ähnlichkeit mit PE haben können, und auf deren makroskopisch schon sichtbare Ähnlichkeiten und Differenzen wir schon Seite 545 aufmerksam gemacht haben, und die auch darin zum Ausdruck kommt, daß beide den Rindentypus 2 aufweisen, d.h. den granulären Pyramidentypus, möchte ich anführen, daß hier vor allem die Betrachtung gerade der IV. Schicht Aufschluß geben kann, die in den frontalen Formationen nicht so breit, nicht so zelldicht, nicht so ununterbrochen und gleichmäßig gebaut ist wie in den rückwärtigen Hirnpartien, sondern meist ziemlich viele mittlere und größere Pyramidenzellen enthält; außerdem besteht die IV. Schicht der Frontalformation meist aus etwas größeren, meist dreieckigen Zellen, während eigentliche Körnerzellen nur in geringer Anzahl sind; auch die II. Schicht ist meist weniger breit und weniger zellreich als in den rückwärtigen Hirnpartien; speziell die III. Schicht ist auch im oberen Parietallappen doch meist auch schon zellkleiner und zellreicher als im Frontallappen, dies gilt auch für FDΓ, das sonst PE recht ähnlich ist; die Vb-Schicht ist im Frontallappen nicht so licht und nicht so bandförmig; die VI. Schicht meist auch nicht so bandförmig und dicht, sondern lockerer und löst sich vom Mark nicht so scharf ab, sondern sendet ihre Zellen tiefer zwischen die Markfasern hinein; auch die radiäre Streifung ist meist in der Formatio frontalis granularis etwas weniger deutlich als in PE. Immerhin wird es manchmal an einem Schnitt sehr schwer sein, mit Sicherheit die Differentialdiagnose zwischen FD oder FE und PE zu stellen; in solchen Fällen wird uns am ehesten der Bau der IV. Schicht Aufschluß geben. Man vergleiche z. B. Tafel LXVIII und LXIX mit Tafel XXVIII-XXIX-XXX. Die Ähnlichkeit ist doch recht groß!
Die Kuppe der hinteren Zentralwindung PC wird meist leicht von einer Kuppe PE zu unterscheiden sein; bezüglich der Merkmale von PC verweisen wir auf S. 524. Dagegen ist oft die Wand von PE von der hinteren Wand der hinteren Zentralwindung kaum zu unterscheiden; als Unterscheidungsmerkmale kann man folgendes anführen (vgl. Bild 1 und Bild 2 von Tafel LXV); die Wand der Parietalformation ist doch etwas breiter; die IIIc-Schicht, welche in der hinteren Wand der hinteren Zentralwindung PD aus mehrzellig übereinander geordneten, dicht nebeneinander gereihten Pyramidenzellen besteht, ist in der Wand der Area par. sup. meist nur einzeilig, nicht so dicht und nicht so zellgroß und die III. Schicht im ganzen etwas schmäler und zellärmer, speziell fehlen hier die vielen kleinsten Zellen, die im PD doch vorhanden sind; zerfällt die IV. Schicht in zwei Teile, eine obere körnige, zellockere IVa und eine untere zelldichtere, trianguläre IVb-Schicht, so ist dies ein Zeichen, daß diese Wand zur oberen Parietalformation gehört; ebenso auch, wenn die V. Schicht deutlich in zwei Unterschichten, die zelldichtere obere Va und die zellärmere Vb - Schicht zerfällt, denn in PD ist die IV. ungeteilt und die V. Schicht durchweg licht und ziemlich gleichmäßig mit Zellen besät, während in PC die obere Partie recht dicht und die untere wieder viel lockerer (als in PD) gebaut ist. In der VI. Schicht ist ferner im oberen Parietalläppchen die Mehrzahl der Zellen spindelförmig, der in C. p. pyramidal. Außerdem ist PD kaum radiär gestreift, während PE doch ziemlich deutlich breit radiär gestreift ist. Doch kann es vorkommen, daß alle diese angeführten Merkmale nicht so deutlich ausgeprägt sind und daß man an den Wänden des oberen Parietalläppchens, besonders seiner vorderen Partien, und den Wänden der Nebensulci des Sulcus intraparietalis einen Zellaufbau findet, der die Mitte zwischen den Eigenheiten der PD- und PE-Wand aufweist, so daß man am besten von einer PDE-Bildung sprechen könnte (Abb. 92); besonders auch für die Fortsetzung, welche die PD-Formation in die Intraparietalfurche caudalwärts sendet gilt das z. B., und man könnte gerade dieses „sensory Band" β (ELLIOT SMITHs Abb. 3) mit P(D)E bezeichnen als Mischformation; ebenso die hintere Wand des Sulcus postcentralis, besonders deren ventralere Partien (also die Vorderwand der Gyrus supramarginalis); auch sie ist von einer Rindenbildung überzogen, welche die Nachbarschaft der PE-Formation zum Teil erkennen läßt.
548 Lobus parietalis.
Das Zahlenverhältnis der Rindenschichten ist recht verschieden, je nach der Stelle wo gemessen wird, nach dem, was wir schon unter §1 über die Rindenbreite gesagt haben.
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
Culmen, vorderer Teil des Parietalläppchens | ||||||||
vorn, Gesamtdicke 2.6 mm: | ||||||||
0.24 | 0.24 | 0.82 | 0.30 | 0.30 | 0.80 | a0.45 | b0.35 | mm |
Gesamtdicke 3.05 mm, rückwärtiger Teil: | ||||||||
0.17 | 0.18 | 0.70 | 0.30 | 0.50 | 1.20 | a0.80 | b0.40 | mm |
Gesamtdicke 2.66 mm: | ||||||||
0.14 | 0.12 | 0.80 | 0.30 | 0.40 | 0.90 | a0.60 | b0.30 | mm |
Wand von PE | ||||||||
Gesamtdicke 2.1 mm: | ||||||||
0.22 | 0.26 | 0.60 | 0.30 | 0.30 | 0.40 | a0.25 | b0.15 | mm |
Gesamtdicke 2.24 mm: | ||||||||
0.24 | 0.26 | 0.70 | 0.30 | 0.30 | 0.44 | a0.30 | b0.14 | mm |
Gesamtdicke 2.60 mm: | ||||||||
0.26 | 0.32 | 0.70 | 0.30 | 0.40 | 0.60 | a0.35 | b0.25 | mm |
Die relativen Zahlen im Durchschnitt sind:
I | II | III | IV | V | VIa | ||
Für das Culmen | 0.07 | 0.08 | 0.32 | 0.12 | 0.16 | 0.25 | äH:iH = 47:53 |
Für die Wand | 0.11 | 0.13 | 0.32 | 0.14 | 0.15 | 0.15 | äH:iH = 56:44 |
Aus diesen Durchschnittszahlen geht hervor, daß in PE III und V eher schmal sind, während IV relativ recht breit und VI sehr breit ist. An der Kuppe erreicht III ungefähr den Durchschnittswert, ebenso hat I im allgemeinen den Durchschnittswert (s. S. 114).
Die innere Hauptschicht übertrifft die äußere an der Kuppe bedeutend an Breite, was speziell auf die Breite der VIa-Schicht zurückzuführen ist, die ein Viertel der Rindenbreite ausmacht.
I. Die Molekularschicht ist mit ihren Breitendurchmessern von 0.14-0.24 mm von mittlerer Breite und relativ der Mittelbreite der Rinde entsprechend; im Verhältnis also zur hinteren Zentralwindung, wo die I. Schicht hohe Werte erreicht, ist sie verschmälert (Abb. 68, 69). Sie ist nach unten zu recht gut begrenzt, doch reichen die Zellen von II stellenweise doch in sie hinein, so daß ihre untere Grenze nicht genau linear ist.
Auffällig ist an der Molekularschicht des Parietallappens, daß sie in ihrer ganzen Ausdehnung vorn und weiter rückwärts in eine zellreichere, die obere, zwei Fünftel ihrer Breite einnehmende Oberschicht, und eine zellärmere breitere, die unteren drei Fünftel ihres Durchmessers einnehmende Unterschicht zerfällt (Tafel LXVIII und LXIX). Im oberen Abschnitt Ia zählen wir gegen 100 Kerne pro 0.1 mm3 (davon ca. 8-10 Nervenzellen). Im unteren Abschnitt Ib zählen wir bloß gegen 60 Kerne pro 0.1 mm3 (davon ca. 2-3 Nervenzellen). In diesen Ziffern sind Blutgefäß-, Glia- und Nervenkerne zusammengenommen. Davon sind bloß durchschnittlich, also in Ia+b, 5-6 pro 0.1 mm3 Nervenzellen, von 5/8 µ Größe. Die meisten vielen kleinen Kerne des oberen Teiles der Molekularschicht sind Gliazellen und deuten vielleicht wohl an, daß hier zahlreiche Tangentialfasern ziehen (trizonal nach VOGT).
II. Die äußere Körnerschicht ist sehr deutlich und ziemlich breit; sie ist im allgemeinen an Breite ziemlich ungleich, zwischen 0.12 mm und 0.24 mm (!) schwankend, was daher kommt, daß ihre untere Begrenzung gegen die III. Schicht sehr verschieden angesehen werden kann; die Zellen der II. Schicht reichen ziemlich weit nach IIIa hinein, so daß es oft willkürlich ist, wo man die Grenze annimmt. Immerhin ist die äußere Körnerschicht schmäler als in der hinteren Zentralwindung, besonders schmäler als in der Area postcentr. or. granulosa. Auch die äußere Begrenzung gegen die I. Schicht ist nicht ganz so scharf, wie gewöhnlich an anderen Rindenfeldern, denn oft reichen Ausbuchtungen von II nach I herein (Tafel LXVIII, Höhe 10 cm, Breite 6.5 cm, und Höhe 23.5 cm, Breite 5.5 cm).
Area parietalis superior. 549
Die Zellen sind zum Teil Körnerzellen von 5/5 bis zu 6/6 µ und in den tieferen Partien kleinste dreieckige Zellen hinzu 10/10 µ; es sind ca. 115 Zellen pro 0.1 mm3. Die II. Schicht ist also im PE etwas weniger zellreich als auf der hinteren Zentralwindung, ausgenommen deren orale Lippe, die sogar die doppelte Zellenzahl bekanntlich aufweist. Obschon ihre untere Grenze nicht genau ziffernmäßig angegeben werden kann, so sticht doch im allgemeinen in der PE die II. Schicht durch Bau, Färbung und Dichtigkeit von der III. Schicht, besonders deren lichterem mittleren Teil, gut ab, und sogar auffallend besser, als dies z. B. an den Frontalformationen, auch an den granulären Frontalformationen der Fall war, zumal letztere im allgemeinen in der äußeren Körnerschicht nur halb so zellreich sind (FE und FG ausgenommen).
In der Wand sind dieselben Verhältnisse, nur scheinen hier die allermeisten Zellen (kleinste) Pyramidenformen anzunehmen.
III. Die äußere Pyramidenschicht der Area parietalis superior ist recht charakteristisch und unterscheidet sich so ziemlich, ebenso wie es die III. Schicht der Area postcentralis intermedia tat, von der Pyramidenschicht der übrigen, hinter der Rolandoschen Furche gelegenen Hirnpartien (Abb. 72-75). Konnte man die III. Schicht der PC mit der III. der FB-Formation vergleichen, so kann man die III. Schicht der PE in Parallele stellen zur äußeren Pyramidenschicht der FC (Area frontalis intermedia) oder der FD (Area frontalis granularis); was die Zellform und die Verteilung und Größe anlangt, sieht diese Schicht des oberen Parietalläppchens, wie gesagt, den frontalen Formationen ähnlicher als denen der übrigen hinteren und unteren Hirnpartien. Sie macht auch gleichsam den Eindruck, ebenso wie dort die wichtigste Schicht zu sein. Ihre Breite ist nicht sonderlich groß, aber immerhin zwischen 0.60 und 0.90 mm schwankend, manchmal sogar bis zu 1.0 mm reichend, macht sie ungefähr relativ ein Drittel der Rindenbreite aus; an der Wand ist sie allerdings etwas unter dem Durchschnitt.
Der Zellaufbau der Schicht macht einen wohlgeordneten Eindruck, d. h. die Zellabstände zeigen eine gewisse Regelmäßigkeit, die Zellen sind der Größe nach geordnet, indem sie von oben nach der Tiefe zu allmählich und proportional an Größe zunehmen, so daß man eine IIIa-, IIIb- und IIIc-Schicht an ihr unterscheiden kann nach dem Zellkaliber, ohne daß dies etwa eine sichtbare horizontale Unterschichtung bedingte; in den vorderen und unteren Partien ist außerdem eine mittelbreitradiäre Streifung angedeutet, welche bis an die Grenze IIIa-IIIb zu reichen scheint und den Eindruck der Zellordnung noch steigert (siehe besonders Tafel LXIX, aber auch sonst); in den hinteren oberen Partien des oberen Parietalläppchens ist die Streifung noch etwas weniger ausgeprägt. Die Begrenzung nach oben gegen II ist nicht ganz scharf zu ziehen, wie wir im früheren Abschnitt schon besprochen haben, nach unten zu schneidet IIIc in ziemlich gerade ungebrochener Linie gegen IV ab, obschon zahlreiche Körner bis weit in IIIc hereinreichen; die IIIc-Schicht erscheint bei flüchtiger Betrachtung von der IVa-Schicht wie abgehoben dadurch, daß die oberen Partien der inneren Körnerschicht sehr locker gefügt sind; doch hat man nicht überall diesen Eindruck, z. B. auf Tafel LXVIII und LXIX ist dieses Verhalten deutlich zu sehen, auf Tafel LXX und LXV 2 jedoch weniger gut, auf Tafel LXXI wieder besser. Die IIIb-Zone macht einen etwas lichteren Eindruck als die übrigen Partien von III, doch ist das nicht sehr auffallend und sticht hauptsächlich im Vergleich zu II ab.
Die drei Zonen a, b, c nehmen ungefähr je ein Drittel der Schichtenbreite ein an der Kuppe:
In IIIa zählen wir ca. 50 Zellen von 15-20 / 10-15 µ pro 0.1 mm3, davon sind ca. 25 größeren Formates, die anderen kleineren, zirka jede vierte bis fünfte hat eine Trabantzelle. Es sind also mittelschlanke oder untermittelschlanke Pyramidenzellen.
In IIIb zählen wir ca. 25 Zellen von 20-25-(30) / 15-20 µ pro 0.1 mm3, davon hat jede oder mindestens jede zweite eine Trabantzelle. Es sind meist mittelschlanke und einzelne schlanke Pyramidenzellen.
550 Lobus parietalis.
In IIIc zählen wir ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ca. 20 Zellen Pyramidenzellen von denen 13 von der Größe 20/15 µ und 25/20 µ sowie in IIIa und IIIb ca. 7 Zellen von schön pyramidaler Form 30-40 / 20-25 µ, mit einem cephalen Fortsatz, der bis zu weiteren 20-23 µ verfolgt werden kann; die Zellen haben eine schöne regelmäßige Pyramidenform, großen Kern und großes Kernkörperchen, und jede von ihnen besitzt mindestens eine Trabantzelle. Die übrigen 10 Zellen haben kleinste Pyramidenform oder sie sind Körner.
Auch bezüglich der Zellformen und der Zellgröße erinnert demnach PE in seiner III Schicht an die Frontalformationen FC und FD. Sie enthält protoplasmareiche schlanke und mittelschlanke wohlgeordnete Pyramidenzellen, die dieses ganze Rindenfeld charakterisieren.
Außerdem finden sich in IIIc Züge von Körnerzellen aus IV, die mit den Radien gleichsam hineinspringen (Tafel LXIX, Höhe 5, Breite 3 cm). In der Wand (Tafel LXVIII) finden sich so ziemlich die gleichen Verhältnisse, vielleicht sind die Zellen etwas schmäler so daß sie noch schlanker aussehen und etwas kleiner; auch scheint die radiäre Streifung hier stellenweise recht deutlich (siehe Tafel LXV).
IV. Die innere Körnerschicht ist sehr breit, mit 0.30-0.40 mm ist sie doppelt so breit als die Körnerschichten der frontalen Formationen; dagegen weniger breit als die der unteren Parietalformationen, und im allgemeinen ebenso breit wie die der hinteren Zentralwindung, ausgenommen deren Area granulosa. Mit 14% der ganzen Rindenbreite zeigt sie sich auch relativ weit über dem Durchschnitt. Ihre Grenzen nach oben und unten sind ungenau, da ihre feinen Körner mit den Radii oberflächenwärts vielfach in IIIc hineinragen, nach der Tiefe zu aber sind ihre triangulären Zellen mit den Pyramidenzellen der Va-Schicht zum Teil vermengt. Trotzdem läßt sich nach oben eine ziemlich scharfe Grenze angeben, nämlich die ziemlich gerade verlaufende Verbindungslinie der untersten großen Pyramidenzellen von IIIc. Nach der Tiefe zu bleibt jedoch die Grenze unregelmäßig und unsicher. Der Breite nach zerfällt die IV. Schicht in zwei Abschnitte: in die oberflächlichere granuläre IVa-Schicht und die tiefere trianguläre IVb-Schicht.
Die IVa-Schicht besteht aus kleinen Körnern, die locker gefügt sind und sich in schlanken, radiär gestellten Zügen gegen IIIc hin erheben und zum Teil in dasselbe eindringen; die Züge sind aus dichter zusammenstehenden Körnchen gebildet und sind voneinander durch zellarme oder ganz zellfreie Zwischenräume, den Radii entsprechend, getrennt; im Durchschnitt kommen ca. 70 Körnerzellen auf 0.1 mm3 von meist ovaler Form 5/5, 6/6 µ, einzelne größere, selten 10/7 µ.
Die IVb-Schicht besteht aus gedrungeneren Häufchen von triangulären Zellen, welche zueinander recht dicht stehen; die Häufchen sind breiter und höher als die Züge der IVa. Die Zellen, aus denen diese Häufchen bestehen, sind viel größer als die Körnerzellen und ausgesprochen dreieckig, was auf Tafel LXVIII (auch LXIX und LXX) gut zu sehen ist, auf Tafel LXXI und LXV2 weniger gut. Es kommen ihrer meist 80 pro 0.1 mm3 und sie haben eine Größe von 10-12 / 8-10 µ und sind flach dreieckig und liegen in Haufen von 7 -10 Stück nah aneinander, die Spitze gegen die Oberfläche gerichtet. Sie färben sich sehr dunkel und verlieren ihre Farbe viel weniger rasch als die Körnerzellen der IVa, so daß an alten, von der Zeit entfärbten oder überdifferenzierten Präparaten von der inneren Körnerschicht bloß die IVb-Schicht gefärbt bleibt, die IVa aber ihre Farbe schon abgegeben hat und infolgedessen unsichtbar ist; in solchen Fällen ist das oben erwähnte Verhalten am deutlichsten ausgeprägt, wo die IIIc-Schicht von einem anscheinend leeren, lichten Streifen von der IV. Schicht getrennt und abgehoben aussieht. In die Häufchen der IVb mischen sich ab und zu größere Pyramidenzellen aus der V. Schicht hinein; ebenso findet man in der ganzen Va-Schicht auch Gruppen von triangulären Zellen nach unten versprengt. Zwischen den Häufchen ziehen senkrecht zellarme oder zellfreie radiär gestellte Zwischenräume, diese radiären Zwischenräume setzen sich auch in IVa fort, und ebenso setzen sich die breiten Haufen der IVb in die feinen Züge der IVa fort; dadurch bekommt die ganze IV Schicht durch die durchziehenden Radii ein radiär unterbrochenes Aussehen (siehe speziell Tafel LXVIII); so typisch wie im Temporallappen ist diese Unterbrechungsbildung nicht, auch nicht so wie im Occipitallappen, aber immerhin deutlich genug, um aufzufallen; speziell in den schmalen Wänden ist diese Streifung manchmal besonders auffallend, wo die Radii sich sehr deutlich bis in die III. Schicht fortsetzen, so daß man stellenweise die Rinde wie in Zellsäulchen geteilt vor sich hat, die von der V. Schicht emporzusteigen scheinen, am Grunde aus Elementen der IV. Schicht und weiter oben aus Zellen der IIIc- und IIIb-Schicht bestehen und von zellfreien Radii voneinander getrennt sind (s. speziell Tafel LXV2), ein Verhalten, wie es in ausgeprägterer Form sonst nur noch für die Temporal- und Occipitalformationen charakteristisch ist und in PE eigentlich nur stellenweise vorkommt und eventuell sogar zu Verwechslungen Anlaß geben könnte (auch in der Area angularis PG ist es übrigens zu sehen), man vergleiche Tafel LXV, Bild 2 den unteren (tieferen) Teil der Wand PE darstellend, mit Tafel LXXXVIII, Bild 2, der Wand der ersten Temporalwindung und ferner mit der Wand auf Tafel LXXXII der Occipitalformationen, um die Ähnlichkeiten und die Unterschiede zu verstehen; vor allem ist die radiäre Streifung in PE eine engere als in den beiden anderen. Bezüglich anderer Unterschiede müssen wir auf die entsprechende Besprechung der anderen Formationen und ihrer Schichten verweisen (11. und 12. Kapitel).
Area parietalis superior. 551
V. Die ganglionäre Schicht ist für das obere Scheitelläppchen sehr charakteristisch, weil sie - ebenfalls an die Frontalformationen erinnernd - größere Zellen in größerer Anzahl führt als dies sonst in den rückwärtigen Hirnpartien (Temporallappen ausgenommen) der Fall ist (Abb. 77-82). Mit ihrer Breite von 0.30-0.60 mm zeigt sie zwar bedeutende individuelle und lokale Unterschiede, doch bleibt sie immer relativ eher schmal, 18% der Rindenbreite, oder wenigstens unter dem Mittelmaß; außerdem ist sowohl nach oben als in die Tiefe zu ihre Grenze sehr schwer genau zu ziehen, denn nach oben vermischen sich ihre Zellen mit denen der IVb und nach unten mit denen der VIa. Bei schwächeren Vergrößerungen ist es viel leichter, ihre Grenzen anzugeben, denn einerseits ist die obere Partie der V. Schicht durch große Zellen charakterisiert, die in auffallender Weise dieselbe von der IV. Schicht abstechen lassen, und nach abwärts zu ist die Vb-Schicht so licht im Verhältnis zur VI., daß auch hier die Grenzen zu ziehen nicht schwer ist. Betrachtet man aber das Gebiet bei stärkerer Vergrößerung und will die Grenze nach den Zellformen, die den einzelnen Schichten entsprechen, ziehen, so sieht man, daß die Zellformen die makroskopisch bestimmten Grenzen allenthalben überschreiten.
Die ganglionäre Schicht zerfällt sehr auffallend in zwei Unterschichten (Tafel LXVIII, LXIX, LXX, LXXI), in eine oberflächlichere, hart an IV angrenzende, zellreiche und zum Teil zellgroße Va und eine locker gefügte, zellkleinere, zellärmere tiefere Vb-Schicht; sie nehmen jede ungefähr die Hälfte der Schichtbreite ein, die tiefere ist vielleicht etwas breiter. Die Zellen der Va sind recht groß, im allgemeinen größer als sonst in den hinter der Zentralfurche gelegenen Hirnpartien, deren V gewöhnlich bloß aus kleinen Zellen besteht unter die nur sporadisch hier und da größere Zellen eingestreut sind. In PE sind die Zellen der V alle dreieckig und pyramidenförmig von 15/15 µ bis 18/18 und 20/18 µ und stehen zu zirka durchschnittlich 30-35 pro 0.1 mm3, außerdem sind in weiteren Abständen voneinander ca. 4- 5 große tief gefärbte Pyramidenzellen pro 0.1 mm3 dazwischen eingestreut in der Größe von 30-40 / 20-25 µ, deren cephaler Dendrit weit nach oben, über 20-30 µ und mehr, zu verfolgen ist (sogar bis zu 200 µ, Tafel LXIX, Höhe 22.5 und 23.5 cm, Breite 22.25 cm). Diese vereinzelten großen Zellen sind doch zahlreich genug, um der ganzen V. Schicht ein eigenes Aussehen zu geben; sie sind ungefähr (wenn auch nicht ganz) so groß wie die Pyramidenzellen der IIIc-Schicht; sie sind sehr schlank und wohlgeformt, sie weisen deutlich einen großen Kern und ein großes Kernkörperchen auf und haben jede 1 - 2 Trabantzellen; sie liegen aber nicht, wie die IIIc-Zellen, in einer Reihe, sondern sind in Va in verschiedenen Höhen, manche sogar nach IVb hinein disloziert; nach Vb verirrt sich nur selten eine. Auch die übrigen Zellen von Va sind von ziemlich guter mittlerer Größe und unterscheiden sich dadurch von den triangulären Zellen der IVb-Schicht, die klein sind; ebenso wie diese sind sie aber tiefgefärbt und meist dreieckig, also auch triangulär, doch sind sie mit ihnen nicht gar zu leicht zu verwechseln, da sie ungefähr die doppelte bis dreifache Größe haben; sie reichen vielfach nach IVb hinein, und ebenso reichen die kleinen triangulären Zellen von IVb vielfach nach Va herab. Auch diese größeren triangulären Zellen von Va bilden kleine Ansammlungen, doch sind diese von lockererem Gefüge als etwa die Haufen kleiner triangulärer Zellen in IVb. Innerhalb dieser Gruppen sind dann mehrere Trabantzellen auch zu sehen. Zwischen diesen dreieckigen Zellen und den großen Pyramidenzellen dieser Schicht findet man alle Übergänge (s. Tafel LXIX, Höhe 24.5 cm, Breite 22.5 cm).
552 Lobus parietalis.
Die Vb-Schicht ist für makroskopische Betrachtung recht licht, und zwar so sehr, daß man sie mit freiem Auge am Schnitte deutlich erkennt und über Kuppen, Wände und Täler ununterbrochen verfolgen kann (s. Abb. 116, Nr. 6); mikroskopisch ist sie viel schwerer festzustellen, denn die dreieckigen und Pyramidenzellen kleineren Kalibers aus Va bevölkern auch sie, wenn auch nicht so dicht. Wir zählen ca. 17 dieser Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe von 12-15 / 12-15 µ; sie sind also im allgemeinen etwas kleiner als die Zellen von Va. In der Tiefe von Vb gesellen sich dazu dislozierte große Spindelzellen aus VI, die beinahe eine eigene Schicht zu bilden scheinen (Tafel LXVIII, Höhe 17 cm, Breite 22.4 cm).
Auch die V. Schicht wird von den Markradien durchzogen, und dieselben können stellenweise auch V strahlig gestreift erscheinen lassen wie auf Tafel LXVIII und LXIX, und zwar besonders im Kuppenwinkel; doch findet keine solche Zerklüftung wie in IV oder auch III statt; dies geschieht in der V. Schicht von PE überhaupt seltener, wie man aus Tafel LXVIII ersieht, und auch in der Wandbildung (Tafel LXV2), wo von einer radiären Streifung in V eigentlich nichts zu sehen ist.
In den rückwärtigen Abschnitten des oberen Scheitelläppchens zerfällt V nicht mehr so deutlich in Va und Vb, sondern die V. Schicht erscheint etwas einheitlicher, mit nur geringerer Aufhellung in den tieferen Partien. Auch die großen Pyramidenzellen verschwinden mehr, und es bleiben mehr die mittelgroßen Zellen übrig, so daß auch darin der Unterschied zwischen Va und Vb etwas verwischt erscheint. Wieweit man dieses Verhalten als konstant bezeichnen kann, vermögen wir nicht anzugeben; wir haben es nicht mit solcher Regelmäßigkeit gefunden, daß dies genügen könnte, mit Berechtigung die PE in eine vordere und hintere eigene Area zu zerteilen.
In der Wand haben wir so ziemlich das gleiche Verhältnis (Tafel LXV2 und LXVIII), und die großzelligere und zelldichtere Va läßt sich von Vb, die zellarm und licht ist, gut unterscheiden zum Unterschiede von PD, wo die ganze V Schicht ziemlich gleichmäßig zellarm und licht ist und wo die größeren Pyramidenzellen über die ganze Tiefe von V verbreitet sind und nicht bloß in Va zusammengedrängt wie in PE. Doch, wie gesagt, ist dies nicht immer ganz schön ausgeprägt, und man findet verschiedene Übergangsformen.
VI. Die Spindelzellenschicht ist absolut und relativ am Culmen breit, zwischen 0.60-1.20 mm schwankend und in der Wand sehr schmal. Sie zeigt deutlich eine Unterteilung in eine zellreiche VIa, die oberflächlicher liegt, und eine zellärmere VIb, welch letztere gegen das Mark recht scharf abgegrenzt erscheint. Makroskopisch erscheint die VI. Schicht am gefärbten Schnitte (Abb. 116) als dunkles, schmales Band unter dem lichten Bande von Vb. Bei mikroskopischer Vergrößerung ist die Grenze nicht mehr so genau zu ziehen, da Zellen aus VIa nach Vb ziemlich zahlreich disloziert sind. Immerhin imponiert sie auch dann noch als zelldichter Streifen. Zum Unterschiede von der VI. Schicht der Formationen der hinteren Zentralwindung enthält die Spindelzellenschicht hier wirklich zum überwiegenden Teil Spindelzellen.
Die VIa-Schicht besteht in ihrem obersten Teile aus relativ sehr großen Spindelzellen, die meist nicht oval spindelförmig, sondern dreieckig spindelförmig sind und daher auch zum Teil als dreieckig große Zellen aufgefaßt werden könnten. Recht viele dieser Zellen liegen schon in den untersten Partien von Vb. Diese Zellen sind recht verschieden orientiert, liegen nicht dicht beieinander und können, da sie den obersten Teil von VIa einnehmen, als eigene Zellage VIa1 aufgefaßt werden, während die tiefere Lage, welche die kleineren Spindelzellen recht dicht gedrängt enthält, als VIa2 bezeichnet werden kann. Doch ist diese Unterteilung bloß der Zellform nach; sie ist nicht unmittelbar sichtbar.
Area parietalis superior. 553
In VIa1 sind die größeren Spindelzellen 25/15 µ und zirka 17 pro 0.1 mm3.
In VIa2 sind die mittleren Spindelzellen 14/12 µ und zirka 25 pro 0.1 mm3.
In VIb sind die kleineren Spindelzellen 12-15 / 10 µ und zirka 10 pro 0.1 mm3.
In der Wand ist die bandförmige Bildung von VIa noch deutlicher natürlich. Die VI. Schicht ist meist nicht radiär gestreift; am ehesten ist in den schmalen Wänden eine Streifung zu erkennen.
Sogar im Kuppenwinkel ist VIb gegen das Mark scharf abgegrenzt. Die relativ geringe Entwicklung von (V und) VI ist ein Hauptunterscheidungsmerkmal der PE-Formation von den Temporalen, in welchen diese tiefen Schichten äußerst stark entwickelt sind.
Dieser Art definiert ist die Formation PE des oberen Parietalläppchens eine mittelbreite, ausgesprochen breitgranuläre Bildung mit deutlicher horizontaler Schichtung, mit breiter IVa- und deutlicher II Schicht, mit einem typischen lichten Streifen in der Höhe von Vb, mit Andeutung einer mittelbreitradiären Streifung und guter Begrenzung gegen die Marksubstanz. Die Zellformen, die man in den Pyramidenschichten (III und V) bei ihr antrifft, erinnern an die Pyramidenzellen des Frontallappens mehr als an die sonstigen rückwärtigen Hirnpartien.
I. 0.14-0.26 mm, an der Oberfläche kernreicher als in der Tiefe. Nervenzellarm, 4-5 pro 0.1 mm3 von 5/8 µ.
II. 0.12-0.24 mm breit, deutlich sichtbar, gegen IIIa unscharf begrenzt, ca. 115 Zellen pro 0.1 mm3 von 5/5 µ bis 10/10 µ, in der Tiefe pyramidenförmig.
III. 0.60-0.80 mm breit, wohlgeordnete Pyramidenzellen der Größe nach IIIa,b,c, a 15/15 µ, b 20/20 µ, c 30-40 / 25 µ, 25-50 Zellen pro 0.1 mm3.
IV. 0.30-0.40 mm, sehr breit, zerfällt in körnerführendes lockeres IVa, Körner 6/6 µ, und IVb mit dichteren triangulären Zellen 10/10 µ.
V. 0.30-0.50 mm, eher schmal, Va zelldicht, zellgroß. Pyramidenzellen 20/15 bis 40/25, Vb licht, zellarm.
VI. 0.80-1.20 mm, am Culmen sehr breit. VIa bandförmig, zelldicht, VIa1 große Spindelzellen, 25/15 µ, VIa2 mittlere Spindelzellen, 15/12 µ, VIb kleine Spindelzellen, 12/10 µ.
Diese Bildung nimmt also (Abb. 92 und 93) an der Medianfläche den Praecuneus ein, vom Sulcus callosomarginalis bis zum Sulcus parietooccipitalis und nach unten bis über den Sulcus subparietalis; und an der Konvexität den ganzen oberen Parietallappen (mit Ausnahme der vorderen Hälfte des Gyrus arcuatus anterior, die von der PA2-Formation eingenommen ist) bis zum Sulcus postcentralis (sup.) und bis zum Sulcus intraparietalis und bis zum Sulcus occipitalis transversus ramus superior.
Doch zeigt diese Formation nicht überall ganz den gleichen Bau. Vorn und rückwärts scheint uns ziemlich konstant die Rinde kleine regionäre Modifikationen aufzuweisen, und zwar im allgemeinen etwas schmäler zu sein, das hieße also im Gebiete des Gyrus arcuatus anterior und posterior (RETZII), insbesondere im Bereiche der Wände, welche besonders vorn an die Formation PD grenzen und selbst im Bau an die hintere Zentralwindung erinnern können, sowie auch in dem Übergang zum Occipitalhirn; im Gebiete des Gyrus arcuatus medius dagegen, der sich um den Sulcus parietalis superior windet, scheint uns die Rinde konstant etwas breiter zu sein und an den oberen Grenzwerten einer mittelbreiten Rinde sich zu halten. Der Sulcus parietalis superior selbst scheint wieder das obere Parietalläppchen in eine vordere, im allgemeinen großzelligere, und eine hintere, im allgemeinen kleinzelligere Partie zu teilen, die man also eventuell als PEm (magnocellularis) und PEp (parvocellularis) bezeichnen könnte; nach dem gerade vorher Gesagten zerfiele jeder dieser Teile also noch in einen breitrindigen (auf dem Gyrus arcuat. med.) und einen schmalrindigen davor resp. dahinter gelegenen Teil. In den großzelligen Partien PEm (Tafel LXIX) ist Vb lichter und besser von Va abzutrennen als in den kleinzelligen (Tafel LXX); außerdem ist in letzteren auch die Andeutung der radiären Streifung eine undeutlichere. Von vorn nach hinten zerfiele PE demnach in eine Pars tenuicorticalis magnocellularis, eine Pars grossocorticalis magnocellularis, eine Pars grossocorticalis parvocellularis und eine Pars tenuicorticalis parvocellularis. Wir wollen uns jedoch vorderhand mit der Teilung in vordere großzellige Partie PEm und hintere kleinzellige PEp begnügen. Man sieht aus dem Gesagten, wieviel verschiedene regionäre Typen die Formation PE aufweisen kann; in großen Zügen ist das eben Gesagte richtig, doch ist die Konstanz der Lokalisation dieser Typen noch etwas unsicher; jedenfalls sind außerdem hier große individuelle Verschiedenheiten vorhanden, und so können, wie schon auf S. 546 angedeutet, Stellen vorkommen, die auch von den unteren Parietalformationen nicht leicht zu unterscheiden sind. Solchen individuellen Auffälligkeiten auch anderer Art begegnet man im Parietallappen überhaupt ziemlich häufig. So bringen wir auf Tafel LXX ein Rindenstück vom hinteren schmalrindigen und kleinzelligen Teil des oberen Parietalläppchens (eines normalen Menschen), das seines Zellreichtums und seines sonstigen Aussehens wegen bei flüchtigem Anblick wieder eher für einen Teil der hinteren Zentralwindung als des oberen Parietalläppchens gehalten werden könnte. So überraschend dieses Bild für das obere Parietalläppchen im Gesamteindrucke ist, so weist es andererseits doch bei näherer Betrachtung wieder alle Einzelheiten der PE(p) auf. Die Gesamtdicke beträgt 2.7-2.8 mm und verteilt sich auf die Schichten wie folgt an der Kuppe:
554 Lobus parietalis.
I | II | III | IV | V | (Va) | (Vb) | VI | (VIa) | (VIb) |
0.18 | 0.20 | 0.76 | 0.30 | 0.40 | a0.26 | b0.14 | 0.90 | a0.56 | b0.34 |
relativ: | |||||||||
0.07 | 0.08 | 0.32 | 0.13 | 0.17 | - | - | 0.23 | - | - |
also ungefähr dieselben Zahlen absolut und relativ wie sonst in PE; nur VIa erscheint etwas breiter als gewöhnlich. Dagegen ist sie zellreicher; z. B. hat IIIa 60 Zellen, IIIb 38 und IIIc 37 Pyramidenzellen und 15 kleinste Zellen pro 0.1 mm3, also weit mehr, um ca. 40% mehr, als sonst in PE. Die großen Zellen in IIIc sind hier äußerst schmächtig, 30/15 µ groß, ihre cephale Fortsetzung äußerst lang ausgezogen usw. Wir bringen diese Type speziell, um zu zeigen, wie verschieden im oberen Parietalläppchen benachbarte Gegenden trotz der gleichen Grundcharaktere aussehen können, ohne daß man an einem anderen Gehirne ganz die gleiche Modifikation an derselben Stelle wiederfinden müßte. Aber daß wir am oberen Parietalläppchen in der Area parietalis superior doch eine Area anterior magnocellularis (PEm) (Tafel LXVIII und LXIX) von einer Area posterior parvocellularis (PEp) (Tafel LXX) unterscheiden dürfen, scheint um so wahrscheinlicher, als auch ELLIOT SMITH und BRODMANN, wenn auch nicht mit voller Sicherheit, einen Unterschied zwischen vorderer und hinterer Hälfte machen zu dürfen glaubten. Auch O. VOGT trennt ein vorderes Feld 83 vom rückwärtigen 85.
An der medianen Hirnwand im Praecuneus zeigt die PE dieselbe Form wie sonst und läßt auch hier (vielleicht) vorn PEm, rückwärts PEp unterscheiden. Der Übergang in die limbische Formation Abb. 93 (Area cinguli posterior dorsalis LC1) erfolgt allmählich in der Gegend des Sulcus subparietalis. Der Unterschied ist hauptsächlich der, daß LC1 keine großzellige IIIc-Schicht hat, IV schmäler ist und V im ganzen zellärmer ist (bis auf die oberste Lage) und nicht in das breite Va und das lichte Band Vb wie PE zerfällt; außerdem zeigt LC1 noch keine Andeutung von radiärer Streifung (s. L, S. 454 und Tafel XLVIII).
Area parietalis superior. 555
Schon wiederholt haben wir erwähnt, daß die Wandbildungen der vorderen Teile von PEm vielfach schwer von PD (hintere Wand der hinteren Zentralwindung) zu unterscheiden sind, da sie ebenfalls auffallend schmal sein können (1.8-2.0 mm), und da die anderen Unterscheidungsmerkmale, Mehrzelligkeit und Zellgröße von IIIc bei PD, ferner wieder die Unterteilung von IV in IVa und IVb und die Unterteilung von V in Va und Vb in PE usw. im Stiche lassen können durch Übergangsbildungen oder geringere Entwicklung, so daß wir bald mehr den Typus PE, bald mehr den Typus PD auch für dieselben Stellen bei ein und demselben Hirn zu erkennen meinen. So ist es wohl am besten, diese ungenügend unterscheidbaren Bildungen, bis wir nicht durch andere Methoden (Myeloarchitektonik oder Fibrilloarchitektonik usw.) sie besser unterscheiden können, vorderhand als PE(D) zu bezeichnen, Area parietalis superior (postcentralis); diese eigentümliche Mittelbildung überzieht nun nicht nur die hintere Wand des Sulcus postcentralis superior, d. h. die vordere Wand des Gyrus arcuatus anterior lobuli parietal. superioris, sondern auch die Wände der Nebensulci des Sulcus postcentralis superior im oberen Scheitelläppchen, auch dort, wo so ein kleiner Sulcus gar nicht mehr mit dem Sulcus postcentralis superior in Zusammenhang ist, sondern von ihm durch einen Windungszug getrennt erscheint. Ebenso zieht diese Formation PE(D), deren Typus durch Tafel LXV, Bild 2, gut wiedergegeben ist, im Sulcus intraparietalis (Abb. 92) beide Wände desselben überkleidend, die obere (zum Lobulus parietal. sup.) und die untere (zum Gyrus supramarginalis gehörige) bis in die Gegend des Sulcus Jensen (Abb. 21, S. imd. I. J) und sogar noch weiter; die Nebensulci des Sulcus intraparietalis, die sich in den Lob. pariet. superior hineinziehen, sind ebenfalls mit der Formation PE(D) ausgekleidet. Aber auch in den Sulcus postcentralis inferior nach Abgang des Sulcus intraparietalis erstreckt sich PE(D) (oder PDE) lateral ventralwärts weiter und überdeckt auch hier die hintere Wand des Sulcus postcentralis, also die vordere Wand und die vordere Lippe des Gyrus supramarginalis so weit, als der Sulcus postcentralis zieht, und hört erst mit ihm auf, also in der Operculargegend; es ist also die ganze vordere und ganze obere Wand des Gyrus supramarginalis von dieser Formation des oberen Parietalläppchens (P[ED]) überzogen (auf Abb. 92, 94 ist dieses Gebiet trotzdem bloß als PD bezeichnet). Der Gyrus supramarginalis des unteren Parietalläppchens ist sonst sehr verschieden vom oberen Parietalläppchen gebaut, wie wir gleich später sehen werden, und da fällt an seiner Vorderwand diese Bildung mit den relativ großen Zellen in IIIc und der Aufhellung der V. Schicht ziemlich auf und läßt sich recht gut vom übrigen Zellaufbau abgrenzen. Der hintere Teil jedoch des Lobul. pariet. inf. (der Gyrus angularis) zeigt in gewissem Sinne betreffs IIIc und V eine Art Annäherung an die PE-Bildung; in diesem caudalen Gebiete des Sulcus intraparietalis nun, nach hinten zu jenseits der Jensenschen Furche, ist es wegen dieser Ähnlichkeit wieder schwer, das Ende von P(D)E zu bestimmen, man könnte es sogar auch bis zum Occipitallappen ziehend in manchen Fällen annehmen (s. S. 532).
Es ist sicher auffallend, daß diese Wandformation des oberen Parietalläppchens (PE und PD) sich auch auf das untere Parietalläppchen erstreckt, und bei der immerhin beschränkten Anzahl von Gehirnen, die ein einzelner Beobachter nur immer genau untersuchen kann (da dies ja ein ganzes Leben beinahe erfordert!), steckt wohl stets in einer derartigen Auffassung viel Subjektives; immerhin bestärkt uns in dieser Auffassung, daß, was die Intraparietalgegend betrifft, ELLIOT SMITH sein „visuosensory Band" β als Brücke von der Postzentralfurche bis in das Occipitalgebiet in der Intraparietalfurche ziehen sah (Abb. 3); andererseits zeichnet wiederum CAMPBELL in seinem Schema (Abb. 1) die obere Parietalformation (unser PE) auch in ähnlicher Art wie wir, so daß sie den ganzen oberen Parietallappen und im Gebiete der Intraparietalfurche auch den obersten Wand- und Lippenteil des Gyrus supramarginalis einnimmt, sowie eine Fortsetzung längs des Sulcus postcentralis inferior auch auf die Vorderwand des Gyrus supramarginalis und bis auf das Operculum Rolandi sogar schickt. Es haben also auch diese Untersucher lange vor uns diesbezüglich Befunde erhoben, die sich mit den unsrigen großenteils decken, so daß man wohl annehmen darf, daß dieses Verhalten von PDE, das wir beschrieben haben und daß also mehrere Untersucher unabhängig voneinander immer wieder gefunden haben, konstant ist.
Im hintersten Abschnitte des oberen Parietalläppchens findet sich regelmäßig eine Variante der Formation PE (Tafel LXXI), welche dadurch zustande kommt, daß in der hier wieder schmalrindigen und sonst kleinzelligen Rindenformation ganz vereinzelt und in ziemlich weiten Abständen voneinander übergroße schlanke Pyramidenzellen in der IIIc-Schicht sowohl als auch in der V. Schicht auftreten, die in der sonst eher mittel- und sogar kleinzelligen Umgebung wie Riesenzellen imponieren und an den Schnitten außerdem durch ihre starke Tinktion auffallen (Tafel LXXI Höhe 28.5 cm, Breite 13 cm, Höhe 25.5 cm, Breite 15 cm, Höhe 18.5 cm, Breite 38 cm). Es sind Zellen von 50 / 15-20 µ, also überschlank, ihr cephaler Fortsatz ist außerdem oft auch über weitere 50 µ verfolgbar; sie sind, wenn auch nicht zahlreich, ca. 1 pro 1 mm Breite des Präparates = 10 cm der Tafel, doch so auffallend und an dieser Stelle so konstant, daß wir danach dieses Gebiet der PEp als PEγ Area parietalis superior-posterior gigantopyramidalis bezeichnen wollen, obwohl anderwärts vorkommende gleich große und größere Zellen (z. B. in PEm, Tafel LXIX) nicht als Riesenzellen bezeichnet werden (andererseits werden auch kleinere Zellen in kleinzelliger Umgebung, wo sie als groß imponieren, häufig als Riesenzellen bezeichnet, z. B. die Meynertschen Riesenzellen in der Calcarinaformation). Manchmal erreichen diese Zellen in PEγ auch stärkere Breitendurchmesser und sind dann 50/30 µ und mehr, so daß sie wirklich mit Recht als Riesenpyramiden bezeichnet werden können. Die plumpe Riesenform der Betzschen Zellen weisen sie jedoch nie auf.
556 Lobus parietalis.
Auch die Area PEγ hat oberen Parietaltypus, ihre Maße sind bei einer Gesamtkuppenbreite von nur 2.6 mm folgende:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.18 | 0.18 | 0.70 | 0.26 | 0.38 | 0.90 | mm1) | a0.50 | b0.40 |
relativ: | ||||||||
0.08 | 0.08 | 0.32 | 0.12 | 0.18 | 0.22 | äH:iH = 48:52 |
Es ist also im PEγ die äußere Körnerschicht (II) relativ und absolut etwas schmäler als sonst im Parietalläppchen und außerdem die VI. Schicht relativ breiter als sonst im PE. Die Formation zeigt eine gute Andeutung von radiärer Streifung; die III. Schicht hat im allgemeinen Zellen, die sich in ihrer Größe an der unteren Grenze der für das obere Parietalläppchen auf Seite 549 angeführten Zahlen halten. Vielfach ist die radiäre Streifung zwischen ihnen so ausgeprägt, daß die Zellen wie zu Säulchen geordnet erscheinen, was schon die Nähe des Occipitallappens verrät. Die IV. Schicht zerfällt auch hier in IVa und IVb, so daß die IIIc-Schicht „in der Luft zu schweben" scheint. Die V. Schicht zerfällt wie sonst in der hinteren Partie des oberen Parietalläppchens nicht mehr so deutlich in Va und Vb. Die VI. Schicht, die deutlich breit, gegen das Mark gut abgegrenzt ist, zerfällt ebenfalls, wie auf S. 552 angeführt, in VIa1, VIa2 und VIb, doch sind auch hier, ebenso wie in V und VI, die Zellgrößenwerte an der unteren Grenze der dort angeführten.
[footnote p 556 1) in another brain:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
0.18 | 0.27 | 0.72 | 0.27 | 0.36 | 0.70 | mm | a 0.45 | b 0.25 |
Die Formation PEγ überzieht den hintersten Zwickel des oberen Parietalläppchens, d. h. den hintersten Teil des Gyrus arcuatus posterior und die vordere Wand des Sulcus parietooccipitalis an der Konvexität- und Medianfläche; das Gebiet, das sie an der Konvexität einnimmt, ist recht verschieden. Sie überzieht nämlich auch in der Tiefe des Sulcus parietooccipitalis die Übergangswindung, die vom Parietal- zum Occipitallappen in der Sulcustiefe zieht. Oft tritt diese Übergangswindung an die Oberfläche, dann erscheint der oberste Teil der Parietooccipitalfurche an der Mantelkante gegabelt, und zwischen diesen Gabelungen überzieht dann die PEγ diese ganze Windung. RETZIUS rechnet die Superficies posterior lobi parietalis mit 1-4 Tiefenwindungen (Gyrus cuneo-praecuneus sup. usw.) als eigenes Gebiet des Parietalläppchens. Die Architektonik gibt dieser Auffassung recht. - Die Schmalheit der Rinde dieser Area pariet. sup. gigantopyramidalis, die Ordnung der Zellen der III. Schicht zu Zellsäulen und auch das isolierte Auftreten vereinzelter übergroßer Zellen in III und in V sind drei Charakteristica, welche für die nahe Nachbarschaft der Occipitalgegend (in allen daran angrenzenden Formationen) typisch sind. Bei anderen Autoren finden wir keine Angabe, die auf dieses kleine Gebiet Bezug haben könnte. Nur FLECHSIG hebt an der parieto-occipitalen Grenze an der Mantelkante ein Gebiet 9 als Primordialgebiet hervor (Abb. 90a), das entweder unserer Area PEγ oder der Area OA2 entsprechen könnte oder beiden. Vielleicht steht die frühe Markreife irgendwie mit den Riesenzellen der Area in einem Zusammenhang. So will es der Zufall, daß die Formation des oberen Parietalläppchens frontal und caudal von Areae abgeschlossen wird (PA2 und PEγ), welche Riesenzellen führen.
Area parietalis superior. 557
Vergleichen wir unsere Area parietalis superior mit den Schilderungen, die frühere Autoren von ihr gegeben haben, so wollen wir, was wir einleitend zum Parietallappen überhaupt gesagt haben, wiederholen, daß nämlich schon BETZ die Zusammengehörigkeit und Ähnlichkeit der Formationen der hinteren Zentralwindung (mit Ausschluß der Vorderwand von C. p.) mit denen des oberen Parietalläppchens erkannt hat. Der Lobus parietalis superior bietet den "allgemeinen" Typus, womit er unseren sechsschichtigen (seinen fünfschichtigen) homotypischen Cortex meint. Daß der Praecuneus dieselbe Formation hat, betont BETZ ebenfalls und erwähnt, daß hier oberhalb und unterhalb der IV. Schicht (innere Körnerschicht) sich in zwei Reihen große Pyramidenzellen befinden; dieser Befund entspricht vollkommen dem, was wir über IIIc und über Va in PEm gesagt haben, die beide durch große Pyramidenzellen auffallend sind und diese unsere Formation (PEm) charakterisieren.
Noch genauer als BETZ hat HAMMARBERG den „Gyrus parietalis superior" cytoarchitektonisch beschrieben und sehr gut schon abgebildet; die Breite der einzelnen Schichten gibt er ungefähr so an wie wir: I 0.2 mm, II 0.2 mm, III 0.7 mm, IV 0.3 mm, V 0.65 mm, VI 0.4 mm, ebenso die Größe der Zellen; die Mächtigkeit der IV. Schicht erwähnt er ebenfalls, ebenso daß sie aus Pyramidenzellen von 9/6 µ besteht (unsere triangulären Zellen in IVb), die Unterteilung in IVa und IVb erwähnt er jedoch nicht. Den Zerfall von V in Va und Vb erwähnt er aber ganz richtig. Wenn die Zahlen, die er für die Breite von V angibt, viel größer sind als die, welche wir angeben, und die für die VI. Schicht wieder viel kleiner als unsere, so rührt dies daher, daß HAMMARBERG die großen dreieckigen Spindelzellen, die wir zur VI. Schicht gerechnet haben und als VIa1 bezeichneten, zur V. Schicht rechnet, wie man an seiner ausgezeichneten Abbildung der Rinde des Lob. par, sup. erkennen kann (seine Tafel II, Abb. 3).
Auch CAMPBELL (Abb. 1 und 2) beschreibt die obere Parietalformation ziemlich genau, wenn auch nicht so genau wie HAMMARBERG; die Ähnlichkeit unserer PD an der Hinterwand der hinteren Zentralwindung (Ar. postc. intermed. CAMPBELLs) mit der parietalen Formation erwähnt er ganz besonders und zeichnet auch wie wir die Ar. par. sup. herabreichend, längs des Sulcus postcentralis inferior an der Vorderwand des Gyrus supramarginalis; wir verweisen diesbezüglich auf das S. 555 Gesagte. Daß in der Nähe der vorderen Occipitalformation (der „visuopsychic Area", wie er sie nennt) vereinzelt sehr große Zellen in IIIc vorkommen, erwähnt er auch besonders (er dürfte also auch unser PEγ schon gesehen haben). Der ganze Praecuneus ist von der Parietalformation (sup.) eingenommen; dem Lobus limbicus zu nehmen nach CAMPBELL die Zellen in IIIc an Größe ab, in V dagegen an Größe zu (ersteres können wir bestätigen, letzteres aber nicht so ohne weiteres, d.h. in LC2 wohl, in LC1 aber noch nicht, s. S. 451); gegen den Occipitallappen zu werden die Zellen in V nach CAMPBELL zahlreicher und kleiner, das stimmt auch mit unserer Angabe bezüglich PEp, wo V zellreich, zellklein ist und nicht mehr so deutlich in Va und Vb zerfällt.
BRODMANN hat leider auch für die Formation des oberen Parietalläppchens des Menschen keine nähere Beschreibung hinterlassen. Die Beschreibung, die er vom Affen gegeben hat, läßt kaum einen Rückschluß auf den Menschen zu, da der obere Parietallappen bei beiden sehr verschieden in der Entwicklung ist! Auf seinem Schema (Abb. 6 und 7) jedoch entspricht sein Feld 7 unserer PE, und wir haben die Brodmannsche Bezeichnung Area parietalis superior auch übernommen. Die Begrenzung gibt er auch ungefähr so an wie wir, und wenn er die Area postcentralis caudalis (PD) auch nach hinten auf beide Wände der Intraparietalfurche sich fortsetzen läßt und nach unten auch auf die Vorderwand des Gyrus supramarginalis, so entspricht dies in großen Zügen wohl dem, was wir über PDE auf Seite 532 und 555 gesagt haben. Auch BRODMANN meint (in Anlehnung an SMITH), man könne eine Ar. par. sup. anterior von einer posterior unterscheiden, ohne jedoch eben diese Unterscheidungsmerkmale anzuführen. Unsere Area PEγ führt BRODMANN nicht an - sie ist an seinem Schema innerhalb seines Feldes 19 (seine Area praeoccipitalis).
558 Lobus parietalis.
Wir sehen aus dem Gesagten, daß cytoarchitektonisch die Angaben früherer Forscher und die unsrigen sich ziemlich decken.
Markbild. Was nun das Markbild dieser Gegend anlangt, so sei vorerst ELLIOT SMITH angeführt, der den Gyrus parietalis superior ebenfalls als eigene Formation vom Gyrus parietalis inferior trennt (Abb. 3, 4 und 5); sie ist schmaler (2.5 mm) als der Gyrus parietalis inferior (3 mm) und hat zwei Baillargersche Streifen, die breiter und dichter und mehr aneinander gedrängt sind als im Gyrus parietalis inferior. SMITH unterscheidet eine Pars anterior (Area parietalis superior B) und eine posterior (Area parietalis superior A), die sich dadurch unterscheiden, daß die Baillargerschen Streifen der letzteren in der Rinde tiefer liegen, d. h. dem Mark näher, so daß die äußere Hauptschicht letzterer breiter wäre. Doch erwähnt SMITH, daß diese Unterscheidung in zwei Areae nicht bei allen Hirnen konstant durchführbar ist. An der oberen Lippe des Sulcus interparietalis sind beide Baillargers viel dichter und stärker als sonst im Lobus parietalis; dieses Gebiet bildet nun eine Brücke β zwischen Postzentral- und Occipitalgegend (visuosensory band). Dieses Band ist schon von FLECHSIG gefunden worden (13 auf Abb. 90 a), da es sich früher myelinisiert als die übrigen Teile des Parietallappens.
Aus den KAESschen Tafeln läßt sich für unsere Zwecke für das Parietalhirn wenig ersehen. Die Baillargerschen Streifen sind nicht sehr ausgesprochen, meist bloß in Spuren angedeutet. Dagegen zeigen KAES' Abbildungen eine starke Ausprägung der Tangentialfasern der Molekularschicht, was unserer Unterteilung in Ia kernreich und Ib kernarm vielleicht entspricht (s. S. 548).
Nach VOGTs Einteilung enthält der Lobus parietalis superior (Abb. 9b und 10 b [VIII ß]) vor allem zwei große Areae, die vordere Area 83 und die rückwärtige Area 85, die ungefähr unserer Area parietalis superior anterior und posterior entsprechen und besonders am Praecuneus sich scharf abzeichnen.
Die Area 83 (PEm) ist euradiär, dyscingulär, bistriär, sejuneta und trizonalis, d. h. die Markstrahlen sind gut entwickelt und ziehen bis an die äußere Grenze von IIIb, die II. Schicht enthält ungefähr so viel Markfasern wie IIIa, so daß sie sich nicht gut von III abhebt, sie hat zwei deutliche Baillargersche Streifen, der äußere hebt sich scharf von IIIb und IIIc ab, in der Molekularschicht kann man drei Lagen Tangentialfasern unterscheiden.
Die Area 85 (PEp) hat, soweit man aus der Beschreibung schließen kann, dieselben Eigenschaften, nur ist sie nicht sejuneta, sondern subconjuneta, d. h. daß der äußere Baillarger sich von III, da letztere faserreicher ist, nicht so gut abhebt wie im vorderen Teil des oberen Parietalläppchens.
Die Area 86 nimmt dann die Teile des oberen Parietallappens vorn nahe der Interparietalfurche und dem Sulcus postcentralis superior und inferior an (mit 87 und 88), also ungefähr unser PDE, 86 ist propebistriata, 87 unitostriata, 88 astriata, d.h. daß die beiden Baillargerschen Streifen von dorsaler in ventraler Richtung im parietalen Gebiet immer mehr zuerst miteinander verschmelzen, dann mit den Grundfasern der VI. Schicht, so daß sie gar nicht mehr zu sehen sind, trotz reicher Faserbildung! Das obere Scheitelläppchen, also PE, ist aber bistriär. Nebenbei sei hier erwähnt, daß die der PE cytoarchitektonisch ähnlich sehende FDm ebenfalls bistriär bis unitostriär ist, also auch im Markbild gewisse Ähnlichkeiten zwischen diesen beiden Gebieten bestehen, die beide den Rindentypus 2 aufweisen.
Diese präzise VOGTsche Beschreibung gibt uns also ein ziemlich klares Bild über das Verhalten des Markes in der Area parietalis superior und zeigt, daß die myeloarchitektonischen Areae sich hier so ziemlich mit den cytoarchitektonischen decken (was wohl sonst nicht immer der Fall ist).
SMITHs Befunde lassen sich mit der Unterscheidung einer Area 83 und Area 85 gut in Einklang bringen, und dies bestätigt die Möglichkeit einer Unterteilung der Area parietalis superior in eine Pars anterior und eine Pars posterior wieder. Ob aber die Area 86 VOGTs mit dem sensory band β sich in Einklang bringen läßt, ist zweifelhaft, man vergleiche obige Angaben SMITHs mit jenen VOGTs.
Area parietalis superior, 559
Myelogenetisch macht auch FLECHSIG (Abb. 90 und 91) einen Unterschied zwischen vorderem und hinterem Teil des oberen Parietalläppchens; ersterer als Feld 16 erhält sein Mark etwas früher als das rückwärtige Feld 21; sie gehören zu den intermediären Feldern, die im Laufe des ersten Lebensmonats ihr Mark erhalten (s. speziell Abb. 91, Feld 22; auch S. 194). Dagegen verläuft längs der Intraparietalfurche ein schmales Gebiet (13), das noch vor der Geburt sein Mark erhält, also zu den Primordialfeldern, den Sinnesfeldern, gehört und das SMITH mit seinem sensory band identifizieren wollte. Ferner trennt FLECHSIG (s. Abb. 90 a, S. 195) ein Feld 9 an der parieto-occipitalen Grenze von der Mantelkante ab, das entweder unserem Felde PEγ oder der Area OA2 zu entsprechen scheint und das sein Mark außerordentlich früh erhält, weshalb er es zu den Primordialfeldern zählt. Vielleicht ist diese Markreifung mit den hier vorkommenden Riesenzellen in irgendeinem Zusammenhang, erhält doch auch FAγ so früh sein Mark!
Sehen wir von dem zuletzt besprochenen Flechsigschen Gebiet 13, dem sensory band von E. SMITH (unserer Area PDE), für das FLECHSIG und SMITH sinnesfunktionen beanspruchen, ab, so wissen wir für den oberen Scheitellappen keine physiologische Funktion anzugeben (s. Abb. 98 und 99). MARBURG sah bei einem Tumor des oberen Scheitellappens eine motorische Aphasie! Nur auf eins möchten wir hier nochmals aufmerksam machen, daß die Formation PE eine deutliche Ähnlichkeit mit der Formation FDm besitzt, sie weist den Rindentypus 2 auf (s. Abb. 88 a u. b); beide gehören auch größtenteils zu Gebieten, die FLECHSIG als Intermediärgebiete bezeichnet, die erst nach der Geburt im ersten Lebensmonat ihr Mark bekommen und Randzonen der Sinnesfelder sind. Ohne an diese Ähnlichkeit weitere Schlüsse anknüpfen zu wollen, erachten wir es doch für richtig, darauf immer wieder aufmerksam zu machen, da dies von heuristischem Werte sein könnte. Ob PEγ mit Rücksicht auf die großen Pyramidenzellen (beinahe Riesenzellen), die darin vorkommen, irgendeine motorische Aufgabe hat, eventuell „Augenbewegungen" mit Rücksicht auf die Nachbarschaft des Occipitallappens, lassen wir dahingestellt. Beim Affen erhielt VOGT vom Brodmannschen Feld 7, das unserer Area PE entspricht, kontralateral komplexe Hand- und Fingerbewegungen, Bewegungen der o. E. und der u. E., sowie bei stärkerem Reiz Adversivbewegungen. Auch FOERSTER konstatierte generalisierte kontralaterale Bewegungen von Armen und Beinen. Reizung des Feldes ruft beim Menschen ebenfalls epileptische Anfälle mit klonischer Komponente hervor, Arme und Beine meist gleichzeitig befallend; Kopf-Augendrehung sah FOERSTER dabei von dieser Stelle aus nicht eintreten. Die klonischen Anfälle kommen auch bei Zerstörung des Primärfeldes in der vorderen Zentralwindung und auch des Sekundärfeldes in der hinteren Zentralwindung zustande, verlaufen also offenbar auf einen eigenen Stabkranz des oberen Parietalläppchens nach abwärts. Wohin die Fasern aus PE ziehen, ist aber noch nicht mit Sicherheit bekannt; ein Teil der parietopontiven Bahnen soll aus dieser Gegend entspringen (Abb. 87), ferner sind Verbindungen vom Praecuneus zum Thalamus bekannt.
560 Lobus parietalis.
Wir kommen nun nach Beschreibung der Regio postcentralis und der Regio parietalis superior, welche eine gewisse Ähnlichkeit und Verwandtschaft miteinander haben, zur Besprechung der letzten architektonischen Region des Scheitellappens: der Region des unteren Scheitelläppchens; dieselbe überschreitet jedoch das, was wir grobanatomisch das untere Scheitelläppchen nennen, ganz bedeutend, wie wir schon wiederholt angedeutet haben (s. S. 504). Das untere Scheitelläppchen erstreckt sich grobanatomisch (Abb. 21) vom Sulcus postcentralis inferior (s. po. i.) nach rückwärts; ist dorsal vom Sulcus intraparietalis (ip.) begrenzt und reicht nach hinten bis zur ideellen Verbindungslinie zwischen dem Haken der Parietooccipitalfurche an der oberen Mantelkante (po.) und der Incisura praeoccipitalis (ipo.) an der unteren Mantelkante der Konvexität. Es zerfällt nach der gewöhnlichen Einteilung in den vorderen Gyrus, eigentlich Lobulus supramarginalis (Gsm.), der sich um das Ende der Sylvischen Furche (p. S.) schlingt, so daß sein hinterer Schenkel mit der ersten Temporalwindung T1 zusammenhängt, und in den Gyrus (eigentlich Lobulus) angularis, der von ersterem durch die Jensensche Furche (J.) getrennt wird und sich um das Ende der ersten (t1) und evtl. der zweiten Temporalfurche (t2) schlingt. Die untere grobanatomische Begrenzung des unteren Scheitelläppchens ist gegeben durch den horizontalen Ast der Sylvischen Furche (i. S.) und dessen ideelle Verlängerung als Verbindungslinie mit der Calcarina (C.). In die Sylvische Grube hinein reicht als Dach (und zum Teil als hintere Wand) derselben das Operculum parietale mit seinen drei Gyri transversi operc. pariet. (g. tr. op. I, II und III) (Abb. 24). Der erste davon geht von der hinteren Zentralwindung ab und inseriert sich in der Tiefe am Ursprung des Sulcus postcentralis insulae (s. po. is.), so daß er von der hinteren Inselwindung eine Wurzel empfängt; der Gyr. tr. op. par. secundus setzt sich in der Tiefe am Ursprung der ersten Temporalis (profunda, Heschlsche Windung) H1 an und an der Oberfläche an die Übergangswindung vom Gyrus supramarg. zur Centralis posterior. Der Gyr. tr. op. par. tertius schließlich entspricht dem vorderen Ast des Gyrus supramarginalis und grenzt in der Tiefe an die zweite Temporalis profunda; der hintere Ast des Gyrus supramarginalis anastomosiert dann mit der ersten Temporalwindung. In dieser Ausdehnung, wie es gewöhnlich von den Anatomen umgrenzt wird (Abb. 96 lichtrosa), ist die Rinde des unteren Scheitelläppchens von einer Formation eingenommen, welcher echt verschieden ist von dem Zellaufbau des oberen Scheitelläppchens. Wir haben schon S. 504 erwähnt, daß die Rinde des unteren Scheitelläppchens recht breit ist, im allgemeinen kleinzellig, sehr fein radiär gestreift, daß IV und auch II recht breit und deutlich sind und daß die Schichten oberhalb der IV. Schicht und die Schichten unterhalb derselben an Zellzahl, -dichtigkeit, Tinktion und Zellgröße sich so ziemlich die Wage halten, so daß man ein Bild gleichmäßiger Verteilung bekommt zum Unterschied der F- und PE- Formationen, wo die oberen Schichten, und zum Unterschied von T (Temporallappen), wo die unteren Schichten auffälliger in diesen Eigenschaften sind. Die Formation des unteren Scheitellappens ist nun nicht etwa im ganzen unteren Scheitelläppchen von gleichem Aussehen, sondern sie zeigt regionär manchmal sogar recht auffällige Verschiedenheiten; immerhin sind dieselben andere Male wieder so gering, daß es oft recht schwer ist, eine Trennung ihrer einzelnen Bezirke durchzuführen; man kann im allgemeinen aber doch sagen, daß das vordere Läppchen sich vom hinteren, also der Lobulus supramarginalis vom Gyrus angularis, recht deutlich unterscheidet und des ersteren Formation als Area supramarginalis (PF), des letzteren als Area angularis (PG) bezeichnen; dabei betonen wir jedoch, daß bei einer solchen Einteilung nicht nur rein mikroanatomische Momente, sondern doch auch grobanatomisch praktische Momente eine Rolle spielen; die genaueren Verhältnisse dieser Gegend und ihre Übergänge zueinander werden ja später noch besprochen werden (s. Area PF, §5, S. 570). Eine Inkonsequenz liegt in dieser Einteilungsart nicht, denn jede Einteilung in Areae trägt ja bis zu einem gewissen Grade (abgesehen von der Abgrenzung der heterotypischen Bildungen und des Allocortex) eine gewisse Willkürlichkeit an sich, wie wir schon wiederholt erwähnt haben.
Nun beschränkt sich der Typus dieser Formationen des unteren Scheitelläppchens, welche im wesentlichen den Rindentypus 3 aufweisen (Abb. 88, 4. Kapitel, S. 188), keineswegs auf den anatomischen Begriff dieses Läppchens, sondern von der unteren grobanatomischen ideellen Begrenzung des unteren Scheitelläppchens, also in der Gegend, wo Scheitellappen, Temporallappen und Occipitallappen aneinanderstoßen, zieht nach abwärts, das temporooccipitale Grenzgebiet als ein breites Band einnehmend, über die Konvexität und die Basis und hinter dem Lobus fusiformis über die Occipitotemporalfurche bis zum Truncus der Parietooccipitalfurche reichend, eine Formation, welche architektonisch den Typus der Parietalis-inferior-Formationen hat, also als Fortsetzung derselben anzusehen ist, und welche die temporalen Bildungen somit vollständig von den occipitalen trennt. Wir wollen sie die Region der Area parietalis temporooccipitalis oder kürzer Area parietalis basalis nennen und als PH bezeichnen. Auf Bild 96 und 97 ist sie dunkelrot bezeichnet, zum Unterschied des lichtroten gewöhnlichen unteren Scheitellappens; man kann sie auch als eigene Region auffassen. ELLIOT SMITH hat sie auch als Area angeführt und nennt sie A. paratemporalis, BRODMANN ebenfalls und nennt sie A. temporooccipitalis; indem wir dieser letzteren Bezeichnung das Wort „parietalis" vorsetzen, wollen wir ihre Ähnlichkeit mit und in unserer Einteilung ihre Zugehörigkeit zu den Formationen des unteren Scheitelläppchens dokumentieren; durch diese Ähnlichkeit unterscheidet sie sich ebensowohl vom eigentlichen Temporal- als vom Occipitallappen, die an sie grenzen und ist dadurch auch von den früheren Forschern als eigenes Zwischenfeld zwischen diesen beiden hervorgehoben worden.
Regio parietalis inferior et basalis. 561
Auch caudalwärts reicht das untere Scheitelläppchen nach seinem Rindenbau weiter als die grobanatomische oben angegebene Grenze, nämlich bis nahe an den Sulcus interoccipitalis (S. 504 und Abb. 96).
Wir möchten aber nicht diesen Absatz schließen, ohne noch auf folgende Punkte aufmerksam gemacht zu haben, auf welche wir allerdings auch späterhin gelegentlich wieder zurückkommen werden; sie beziehen sich nämlich auf den Lobus fusiformis und auf die erste Temporalwindung. Was den Rindenbau des Lob. fusiformis betrifft, so sieht derselbe dem Bau der Area pariet. temp. occip. (Area parietalis basalis) so ähnlich, daß er beinahe als deren, allerdings im Rindendickendurchmesser etwas verschmälerte frontale basale Fortsetzung aufgefaßt werden könnte; er weist auch den Rindentypus 3 auf (Abb. 88b). Aber auch die erste Temporalwindung hat gewisse Ähnlichkeiten (Rindentypus 3) im Bau mit dem Lob. parietal. inferior, wenn auch nicht so große als der Lobus fusiformis; wir haben dies bei Besprechung unserer fünf Rindentypen im allgemeinen Teil, 4. Kapitel, 6, §2, schon auseinandergesetzt; man betrachte diesbezüglich auch die Abb. 88 a und b. Die zweite und dritte Temporalwindungen dagegen haben nur wenig oder keine Ähnlichkeit mit diesen parietal gebauten Bildungen. Diese Verhältnisse mögen es wohl gewesen sein, die CAMPBELL dazu geführt haben, in seinem Rindenfelderschema (Abb. 1 und 2) das ganze untere Scheitelläppchen und den Temporallappen zu einer einzigen großen Area parietotemporalis zusammenzufassen. Trotzdem halten wir es für praktischer, speziell auch mit Rücksicht auf die Unterschiede der zweiten und dritten Temporalwindung sowie noch anderer Temporalformationen, trotz gewisser Ähnlichkeiten den ganzen Temporallappen als einen eigenen Lobus später zusammenhängend zu besprechen und zu ihm auch aus praktischen Gründen dann den Lobus fusiformis zu zählen, obschon derselbe der Area PH ähnlich geformt ist; und wir begnügen uns damit hier darauf hingewiesen zu haben, daß so wie das obere Scheitelläppchen mit der hinteren Zentralwindung eigentlich ein architektonisch miteinander artverwandtes eigenes Gebiet des Scheitellappens bildet, so auch wieder das untere Scheitelläppchen und seine Fortsetzungen an die Basis ein eigenes Gebiet bilden, das eigentlich mit gewissen temporalen Formationen eine etwas größere Ähnlichkeit aufweist, als z. B. selbst mit den oberen Scheitelläppchen; die hinteren Partien des unteren Scheitelläppchens zeigen dagegen doch wieder mehr Ähnlichkeit mit den oberen (speziell PG). Wir möchten schon hier speziell noch auf das verweisen, was später S. 575 und S. 581, §5 letzter Absatz, gesagt werden wird über eine gewisse Variabilität der parietalen Bildungen überhaupt. Wir fassen also auf Grund der Cortexarchitektonik den Parietallappen viel weiter, als er gemeindlich grobanatomisch aufgefaßt wird, und auch seine hintere Grenze rückt um ein gutes Stück weiter caudalwärts; wie gesagt gibt Abb. 96, 97 ein Übersichtsbild über seine Ausdehnung; die Pars basalis des Lob. parietal. inf. ist dabei dunkelrot gefärbt.
Oberes und unteres Scheitelläppchen sind voneinander durch den Sulcus interparietalis (i.p.) getrennt, der meist sehr tief ist. Im Sulcus selbst werden Teile des oberen Scheitelläppchens oft vom unteren Scheitelläppchen gleichsam operculum-artig überdeckt. Die Formation des oberen Scheitelläppchens reicht dagegen meist über die Talsohle des Sulcus interparietalis herüber auf die untere Wand oft bis an die Lippe der Windungen des Lobus parietalis inferior entweder als solche oder als Mischformation. Wir verweisen diesbezüglich auf das über die Formation PE(D) Gesagte auf Seite 555.
Ein besonderes Interesse vom anatomischen wie vom physiologischen Standpunkt dürfen die unteren Scheitellappenformationen gerade auch deshalb beanspruchen, weil sie (ebenso wie die Formationen der dritten Stirnwindung) bei Tieren eigentlich kein richtiges Äquivalent besitzen. Es ist also ihr Studium von ganz besonderem Interesse.
562 Lobus parietalis.
Wie eben besprochen, überzieht diese Formation so ziemlich das ganze Gebiet zwischen hinterem horizontalen Teil der Fissura Sylvii, dem Sulcus postcentralis inferior, dem Sulcus intraparietalis und dem Sulcus Jensen, also den Lobulus supramarginalis, der selbst gewöhnlich mehrere mittelbreite oder breite Windungen aufweist; der Rindenzellbau derselben ist nicht durchweg einheitlich, aber die Area supramarginalis kann als Grundtypus der unteren Parietalformationen angesehen werden. Und so wollen wir von ihrem Bau ausgehen, nicht nur um ihre auch noch auf dem Lobulus supramarginalis selbst vorkommenden regionären Modifikationen und Varianten zu erklären (§5), sondern auch um alle anderen verschiedenen Formationen des ganzen übrigen unteren Parietalläppchens gleichsam davon abzuleiten.
Die Rinde dieser Area kann man als breite Rinde bezeichnen, deren Dicke zwischen 3.0 und 3.6 mm an der Kuppe schwankt, und von 2.5 bis 2.9 mm in der Wand; sie macht also einen viel breiteren Eindruck natürlich als etwa das obere Scheitelläppchen und ist überhaupt eine breite Rinde (Abb. 26, 27 und 28, 29). Die Vorderwand des Gyrus supramarginalis jedoch macht nicht einen ebenso breitrindigen Eindruck, ebenso nicht die Wand im Sulcus interparietalis (s. PE S. 555) als die Kuppen und sonstigen Wandteile des Gyrus supramarginalis. Außerdem zeigt die Rinde, da die Windungen im unteren Parietalläppchen manchmal außerordentlich breit sind, auf solchen flachen Kuppen eine schmälere Dicke in der Mitte als an den Winkeln oder an den Lippen der Kuppe (siehe Abb. 30 D); denn wenn eine Kuppe die normale Rundung hat, die ihr auf dem Durchschnitt in kuppelförmiges Aussehen verleiht, so bilden die Winkel (und Lippen) der Windung und der Scheitel ihrer Wölbung einen kontinuierlichen Bogen, in welchem wie schon immer wieder erwähnt, die V. und VI. Schicht kolossal an Breite zunehmen und ihre Begrenzung gegen das Mark undeutlicher wird, da die Markstrahlen hier meist fächerförmig in das Rindengrau einstrahlen; wird nun die Kuppe übermäßig breit, so ist ihr Scheitel flach, gleichsam gedehnt, und nur die Kuppenwinkel, die nach unten in die Wand umbiegen, zeigen die oben erwähnten Charakteristica der Kuppe; der Scheitel aber nimmt in seiner flachen Ausdehnung architektonisch beinahe Wandcharakter an, d. h. die Begrenzung gegen das Mark wird eine schärfere, die Va- und VIa-Schicht nehmen an Breite ab; die III. nimmt an Breite eher relativ zu; nicht selten haben solche breite Windungsoberflächen in der Mitte sogar eine kleine Delle (Abb. 30, D, a); dann ist an dieser Stelle die Rinde sogar recht schmal, der zellführende Teil der Rinde wird infolge Zunahme von I besonders viel schmäler, und da V und VI an solchen Stellen (besonders letzteres) ganz flachgedrückt erscheinen, hat die Rinde an diesen Stellen, wie gesagt, beinahe Wandcharakter; daß es unter solchen Umständen schwierig ist, richtige Zahlen der Breitenverhältnisse anzugeben, und daß es wichtiger ist, den Gesamteindruck wiederzugeben als die Zahlen, die sehr wechselnd sind, leuchtet ohne weiteres ein. Noch ein Umstand erschwert die Angabe richtiger „Dimensionen", das ist der Einfluß der Windungsform selbst auf die Formation; derselbe ist beim unteren Parietalläppchen nicht selten recht auffällig, daß nämlich auf kleinen schmalen Windungen (Nebenwindungen) die Rinde im allgemeinen schmäler wird, und zwar bis auf 2.9-2.6 mm heruntergehen kann! Es ist nun natürlich nicht ohne weiteres zu entscheiden, wie hier die Rolle von Ursache und Wirkung verteilt ist; ganz so einfach liegt die Sache auch nicht, daß etwa bloß bei schmalen Windungen, wie oben gesagt, die Rinde sich verschmälert, denn es kommt vor, daß wir bei einer etwas breiteren Windung des unteren Scheitelläppchens (es gilt dies nicht nur für PF, sondern auch für PG usw.) die eine Wand recht breit, die andere recht schmal finden können, auch ohne daß eine überhaupt schmale Windung darauf folgt (s. Tafel LXXV). Außerdem sind in diesem Hirnlobulus sogar diese schmalen Rindenbildungen meist unerwarteter Art besonders großzelliger als ihre Umgebung, was wieder eher dafür spräche, daß es sich dabei sogar um eine eigene areale Bildung handelt; doch ist diese Bildung und ihre Lokalisation meist nicht konstant. Es sei daher hier bloß auf diese auch mit bloßem Auge am Präparat zu sehende Tatsache aufmerksam gemacht, daß zwar die PF feine breite Rinde ist, daß sie aber fallweise und örtliche Schwankungen ihrer Dicke aufweisen kann, die nicht unbedeutend sind und deren Differenzen bis zu 1 mm betragen können! Trotzdem müssen wir als allgemeinen Eindruck beibehalten, daß die PF eine breite Rindenbildung ist.
Area supramarginalis. 563
Außerdem ist makroskopisch am blaugefärbten Schnitte von PF zu merken (Abb. 116, Nr. 7), daß die oberen drei Fünftel der Rindenbreite von außen nach innen an Tiefe der Färbung zunehmen, so daß die IV. Schicht wohl als die dunkelste Lage der Rinde erscheint; darauf ist eine deutlich lichtere Färbung bei den letzten beiden Fünfteln zu sehen, wovon das obere Fünftel nur etwas lichter ist (V) als das tiefere (VI); dies zum Unterschiede besonders von den oberen Parietalformationen, wo an Stelle der V. Schicht (Vb) ein ganz lichter Streifen und darauf der dunkle Streifen von VIa zu sehen war! Hier ist also auch die Trennung von VI vom Mark nicht eine abrupte.
Die Area PF ist außer durch die schon erwähnte auffällig gute Breite noch ausgezeichnet durch eine horizontale Schichtung, welche durch eine sehr breit aussehende äußere Körnerschicht und eine sehr dichte und sehr breite innere Körnerschicht markiert wird. Die obere Hälfte der III. Schicht ist etwas lichter, die V. Schichte, welch letztere nicht in zwei Unterschichten sichtbar zerfällt, ist kaum merklich lichter. Außerdem fällt auf, daß die äußere und die innere Hauptschicht ungefähr die gleiche Zelldichtigkeit und Zellgröße haben, so daß sie beide ungefähr gleich auffällig sind. Sehr typisch ist vor allem die feine radiäre Streifung (Abb. 45), welche durch alle Schichten von VI bis II zu bemerken ist; diese radiäre Streifung ist recht schmal, so daß die Streifen höchstens zwei bis drei Zellenbreiten haben. In diesen Streifen ordnen sich die Pyramidenzellen übereinander zu senkrechten Zeilen, die ein recht typisches Aussehen haben (s. Tafel LXXII, LXXIV, LXXVIII usw.). Die eng radiäre Streifung verdeckt bei dem Zellreichtum der Gegend die wohl vorhandene horizontale Schichtung bei mikroskopischer Betrachtung beinahe ganz, so daß der erste Eindruck beim Anblick der der feinen Längsstreifung ist. Auffällig ist ferner, daß die Formation im ganzen genommen recht zellreich und recht zelldicht ist, dabei aber eher zellklein. Die Größenunterschiede der Zellen zueinander sind auch nur geringe, so daß das Bild ein durchaus ziemlich gleichmäßiges ist und infolgedessen und als Folge der Streifung ein äußerst sauber geordnetes und sehr belebtes, stark bevölkertes Aussehen bietet. Die V. und die VI. Schicht machen auch infolge ihrer ziemlich gleichen Zellgröße und Zelldichtigkeit beinahe den Eindruck, eine einzige Schicht zu bilden; erst näheres Zusehen und Erkennung der Pyramidenzellen in V und der Spindelzellen in VI zeigt uns, daß beide Schichten vorhanden sind. Dieses Überhandnehmen der kleinen Zellen in V charakterisiert das ganze Retrozentralhirn mit Ausnahme des vorderen Temporallappens und des vorderen oberen Scheitelläppchens. Im Gyrus supramarginalis ist es schon deutlich zu sehen und nimmt caudal progressiv zu. Die VI. Schicht ist gegen das Mark gut abgegrenzt, aber immerhin nicht absolut scharf. Auffällig ist es ferner, daß vielfach, aber nicht immer, die Wände im Vergleich zur Kuppe eine abnorm schmale, dabei oft großzellige Rinde zeigen. Hierdurch ist in großen Zügen das Bild der Area supramarginalis charakterisiert; dies sind auch die Grundzüge der übrigen Areae des unteren Scheitelläppchens mit einigen kleinen Unterschieden, die später erwähnt werden, bei Besprechung dieser übrigen Areae PG und PH und bei PF in §5. Es sind also Zellkleinheit, Zellreichtum, feinradiäre Streifung, deutliche breite II. und IV. Schicht, Mangel an ausgesprochen größeren Zellen, Zusammenhang der V. und VI. Schicht und Gleichheit der Zelldichtigkeit zwischen den Schichten oberhalb und denen unterhalb der IV. Schicht nebst Breite der Rinde die hauptsächlichsten Charakteristica.
Von den Formationen des Frontallappens ist diese Bildung äußerst verschieden; die durchschnittliche Zellkleinheit derselben, der über die ganze Rindenbreite ziemlich in gleicher Art ausgebreitete Zellreichtum, die so feine radiäre Streifung und vor allem anderen die breite II Schicht und die äußerst breite innere Körnerschicht (IV) (Abb. 70) machen jede Verwechslung unmöglich.
Die Breite und der Zellreichtum der inneren Körnerschicht gleichzeitig mit der mangelnden streifenförmigen Aufhellung in Vb und der Mangel an größeren Zellen in III und V sind neben der Breite der ganzen Rinde und der feinradiären Streifung die Hauptunterscheidungsmerkmale gegenüber der Formation des oberen Scheitelläppchens, man vergleiche hierzu Tafel LXIX und Tafel LXXII; weitere Unterschiede sind Seite 647 nachzulesen.
564 Lobus parietalis.
Gegenüber dem Occipitallappen ist die Schmalheit der Rinde des letzteren, die kaum die Hälfte der Rindendicke des Gyrus supramarginalis beträgt, wohl das Hauptunterscheidungsmerkmal; auf die anderen Details und auf die Übergangsbildungen wollen wir später zu sprechen kommen bei Besprechung von PH (S. 587) und bei Besprechung des Occipitallappens selbst (S. 600); hier sei nur kurz erwähnt, daß die III. Schicht in den Occipitalformationen relativ breiter ist, und vereinzelt immer wieder sehr große Zellen enthält, außerdem stehen die Zellen dort in breiten Säulen (vgl. hierzu Tafel LXXII mit Tafel LXXXI); ferner daß die Vb-Schicht in den Occipitalformationen wieder sehr licht ist und die VI. Schicht durch die Markradien in lauter kleine und größere Pakete zerfällt und gegen das Mark schärfer abgegrenzt.
Schwerer ist die Unterscheidung gegenüber einzelnen temporalen Formationen; auf dieselben genauer einzugehen, hat bloß einen Zweck nach der Besprechung der letzteren und wir verweisen daher auf dieses Kapitel (S. 659). Hier sei bloß im allgemeinen folgendes erwähnt: auch die Temporalbildungen der dritten, der zweiten und zum Teil der ersten Temporalwindung sind sehr breite Rindenformationen, und zwar erstere zwei breiter als die PF; bei denselben ist jedoch die IV. Schicht viel schmäler und weniger zelldicht (also lockerer) als in den unteren Parietalformationen; außerdem ist dort die IV. Schicht durch beinahe zellfreie Intervalle in lauter kleinere senkrechte Säulen zerteilt, während in den parietalen Formationen wohl auch eine radiäre Streifung in IV zu sehen ist, doch keine solche radikale Zerklüftung, denn in den P-Formationen hängen die Elemente der IV. Schicht trotz der Streifung überall noch in der Horizontalen durch Zellbrücken und Häufchen miteinander zusammen. Die V. und VI. Schicht im Temporallappen sind dagegen wieder zelldichter, vor allem auch zellgrößer und besser gefärbt als die III., so daß die innere Hauptschicht, zumal sie äußerst breit ist, im Temporallappen viel bedeutender aussieht als die äußere; die Rinde des Temporallappens ist auch im ganzen zellgrößer, besonders in III und V, als die des unteren Parietallappens. Betreffs der Unterschiede gegenüber den Formationen der ersten Temporalwindung, speziell der oberen Gyri temporales profundi, mit welchen die Formation des Gyrus supramarginalis (PF) sehr viel Ähnlichkeit hat, sei auf die Besprechungen dieser Gegenden selbst wieder verwiesen (S. 669 und Tafel XCII und XCIII); das gleiche gilt vom Lob. fusiformis (S. 721 und Tafel XCVI).
Betreffs der Rindenbreite und somit der Schichtbreite verweisen wir hier auf das bei §1, S. 562 über die Dickenverhältnisse an verschiedenen Rindenstellen Gesagte; insbesondere nochmals darauf, daß die Mitte der Windungskuppe gewöhnlich im unteren Scheitellappen nicht die dickste Rindenstelle darstellt!
Culmen, Gyrus supramarginalis:
I | II | III | IV | V | VI | VIa | VIb |
Gesamtdicke 3.69 mm: | |||||||
0.27 | 0.27 | 1.10 | 0.40 | 0.45 | 1.10 | a0.70 | b0.40 |
Gesamtdicke 3.70 mm: | |||||||
0.26 | 0.34 | 1.00 | 0.40 | 0.50 | 1.20 | a0.70 | b0.50 |
Wand der PF, Gesamtdicke 2.7 mm: | |||||||
0.30 | 0.30 | 0.76 | 0.29 | 0.34 | 0.70 | a0.46 | b0.24 |
Die relativen Zahlen (Proportionalgleichung) auf den breiten Windungen, welche den Typus am besten darstellen, sind
I | II | III | IV | V | VIa | ||
für das Culmen | 0.08 | 0.10 | 0.32 | 0.13 | 0.15 | 0.22 | äH:iH = 50:50 |
für die Wand | 0.12 | 0.12 | 0.31 | 0.12 | 0.14 | 0.19 | äH:iH = 55:45 |
Area supramarginalis. 565
Aus den absoluten Zahlen ersehen wir, daß an den breiten Windungskuppen die Rinde eine ausgiebige Dicke hat und die einzelnen Schichten absolut ziemlich hohe Werte erreichen, insbesondere erreicht die III. Schicht wieder Werte von 1.0 mm und mehr, ebenso die VI. Schicht, die im oberen Parietalläppchen und auf der hinteren Zentralwindung recht schmal war; auch in den relativen Zahlen kommt dies speziell für VI zum Ausdruck, während III keine relativ hohen Werte erreicht. Dagegen erreichen II und IV absolut sehr hohe Werte; von den homotypischen Rindenformationen scheint uns PF (und zum Teil auch die anderen infraparietalen Formationen) die absolut breiteste innere Körnerschicht zu besitzen, und das ist es ja auch, was diese Rindenbildungen unter allen anderen auffällig und daher erkennbar macht. Relativ sind die Werte zwar auch hoch, aber kaum höher als die des oberen Scheitelläppchens. Die V. Schicht ist relativ recht schmal.
Beim Verhältnis äußerer zur inneren Hauptschicht kommt die innere Hauptschicht auch wieder mehr zur Geltung und erreicht in diesem Verhältnis schon wieder den Durchschnittswert.
Da die Rindenbildung auf den breiten Windungen besser den Typus von PF zeigen als die schmalen Windungen (siehe darüber §5), so haben wir auch die Zahlen der breiten Windungskuppen und Wände, so wie sie Tafel LXXII und LXXIII wiedergeben, hier verwendet; wir führen aber auch später die Zahlen für schmale Typen an.
Auch hierbei wollen wir vor allem den Typus der breiten Windungen (Tafel LXXII und LXXIII) vorerst für unsere Besprechung verwenden, da er besser die Verhältnisse des Gyrus supramarginalis wiedergibt, und wollen dann die Differenzen, die die schmalen Windungen bieten, erst in §5 abtun. Wir verweisen auch hier auf die Abb. 68-84, auf welchen schematisch das Verhalten der einzelnen Schichten wiedergegeben ist.
I. Die Molekularschicht ist absolut recht breit, mit 0.27 mm Breite an der Kuppe und 0.30 mm in der Wand; die relativen Zahlen zeigen zwar ein der Norm entsprechendes Verhältnis, was aber bei der großen Breite der ganzen Rinde überhaupt nicht wundernimmt. Besonders auch im Verhältnis zum oberen Scheitelläppchen erscheint die I. Schicht verbreitert. Nach unten zu gegen II ist die Grenze zwar gut anzugeben, immerhin ist sie nicht ganz so scharf wie gewöhnlich, sondern es reichen wiederholt Gruppen von Zellen der äußeren Körnerschicht etwas nach I herein.
Auch im unteren Parietalläppchen kann man ebenso wie im oberen an der Molekularschicht noch eine zellreichere oberflächlichere Partie Ia von einer kernärmeren unteren Ib unterscheiden; doch scheint der Unterschied nicht gar so auffällig wie am oberen Scheitelläppchen. In der oberen kernreichen Partie Ia sind ca. 110 Zellkerne pro 0.1 mm3, davon sind ca. 12-14 Nervenzellen von 7/7 µ, aber auch 10/10 µ, ja vereinzelt sogar hier und da eine noch größere von 15/10 µ (!), meist dreieckig, mit der Spitze gegen die Oberfläche gerichtet. In der tieferen kernärmeren Partie Ib zählen wir ca. 43 Kerne pro 0.1 mm3, davon sind ca. 3- 4 Nervenzellen von kleinem Kaliber, 6/6 bis 7/7 µ. Es ist also die Molekularschicht überhaupt sehr reich an Kernen, aber auch reich an Nervenzellen, die sogar für die I. Schicht relativ ziemlich groß sind.
II. Die äußere Körnerschicht ist sehr deutlich, äußerst breit; sie reicht stellenweise tief hinein mit ihren kleinsten Zellen in das Gebiet von III, so daß ihre untere Begrenzung unregelmäßig ist und diese Schicht wie eine Wolke gleichsam über der III. Schicht liegt, die stellenweise tiefer herabhängt. Ihre kleinen Zellen reichen streifen- oder vorhangartig manchmal so tief zwischen die kleinen und mittleren Pyramidenzellen der III. Schicht herein, daß sie den Körnerzellen aus der IV. Schicht begegnen, die zwischen die Radien der III. Schicht heraufsprudeln (Tafel LXXII, Höhe 25-32 cm, Breite 5-7 cm). Auch die obere Grenze der II. Schicht gegen die Molekularschicht läßt sich kaum scharf angeben, denn zellreichere und zellärmere Vorbuchtungen derselben reichen nach I herein, so daß hier die Grenze in einer sanften Wellenlinie verläuft; wollte man also die Breite der II. Schicht nach ihren äußersten Grenzen angeben, wo Körner- oder kleinste Zellen, die zu ihr gehören, noch hinreichen, so würde man zwischen Werten von 0.20 mm bis 0.60 mm schwanken; doch sind dies Extreme; mit 0.25-0.35 mm ist die Durchschnittsbreite am Culmen wohl ziemlich richtig angegeben; doch ist das Vorhergesagte wegen des bildlichen Eindrucks, den dieses Verhalten hervorruft, wert hervorgehoben zu werden. Auch die relative Zahl von 0.10 und 0.12 (10% und 12%) der Rindenbreite deutet gut an, daß die Durchschnittsbreite, die diese Schicht sonst einnimmt, in dem unteren Parietalläppchen und speziell in der Area supramarginalis nicht unbedeutend überschritten wird.
566 Lobus parietalis.
Die Zellen der äußeren Körnerschicht sind am Culmen (Tafel LXXII) zu ca. 130 pro 0.1 mm3 angeordnet (in der Wand etwas weniger 100-110). An der Kuppe sind es meistens wirkliche Körner von runder, eiförmiger, sternförmiger, vieleckiger, spindeliger und schief dreieckiger Gestalt, und nur ca. ein Drittel davon sind pyramidenförmige, kleinste und etwas größere Zellen; die Körnerzellen haben 4/4, 5/4, 5/5 oder 6/6 µ, die kleinen pyramidenförmigen sind von derselben Größe und gehen bis zu 7/5 µ oder auch 10-(12) / 7-(10) µ; in den tieferen Partien von II sind im allgemeinen mehr Pyramidenzellen als in den oberflächlicheren; doch sind es andererseits wieder wirkliche Körnerzellen, die so tief verstreut bis nach IIIb hineinreichen. In der Wand wieder (Tafel LXXIII) nehmen die Zellen an Zahl in der II. Schicht, wie eben gesagt, sonderbarerweise eher etwas ab, ohne jedoch daß die Zelldichtigkeit dadurch besonders abnähme, da hier mehr Zellen mit den größeren Dimensionen und vielleicht auch mehr Pyramidenzellen sich vorfinden. Andererseits hängt auch die Verhältniszahl von Pyramidenzellen zu Körnerzellen in der II. Schicht sehr von individuellen Momenten ab. Wir verweisen hier auf Tafel LXXIV, da sind die meisten Zellen der II. Schicht pyramidenförmig oder wenigstens triangulär, ohne daß wir die Gründe und Unterschiede eines solchen Verhaltens - ob tatsächlich primär individuell oder durch Zufälligkeiten der Präparierung bedingt - angeben könnten (wahrscheinlich wohl ersteres).
III. Die Pyramidenschicht ist recht eigenartig gebaut; absolut erreicht sie hohe Werte, die um 1.0 mm herum liegen; relativ zur Breite der ganzen Rinde ist sie mit 32% etwas unter dem Durchschnittsmaß von 33% der Rinde; dies unterscheidet sie auch von den weiter caudal gelegenen ähnlichen Formationen, die den Übergang zum Occipitallappen vermitteln, da in dem letzteren die Pyramidenschicht relativ wieder etwas höhere Werte erreicht. Trotzdem ist die III. Schicht in PF die bedeutendste, denn V ist relativ schmal, und VI ist wohl nur, wenn VIb dazugerechnet wird, etwas breiter, doch ist VIb recht locker und VIa dagegen nur 0.70 mm. Auffallender noch als durch seine absolute Breite ist III jedoch durch seinen Zellaufbau und seine feinradiäre Streifung. Vor allem sind die Pyramidenzellen, welche die III. Schicht bilden, für die Breite der Schicht recht klein und sehr zahlreich; sie geben dem ganzen Bilde ein stark bevölkertes Aussehen. Ferner nehmen zwar die Pyramidenzellen von der Oberfläche nach der Tiefe an Größe allmählich zu, jedoch ist diese Größenzunahme keine bedeutende, keine auffallende, sondern die kleinzellige IIIa ist eher schmal, darauf beginnt IIIb vorerst ziemlich licht; von der Mitte der III. Schicht nach abwärts etwas dichter, doch nehmen die Zellen jetzt an Größe überhaupt kaum noch mehr zu, obschon der Abstand bis zu IV ein recht großer ist; die Zellen reichen überhaupt nicht über die Größe mittlerer Pyramidenzellen hinaus; eine dritte Zone also, im Sinne eines Streifens zwischen IIIb und IV, wo schiebt- oder reihenförmig, ein oder mehrzellig ganz große Pyramidenzellen in größerer Anzahl angeordnet wären, gibt es hier überhaupt nicht, sondern bloß kleine Pyramidenzellen in IIIa und mittlere verschiedener Größe in IIIb; der obere Teil von IIIb ist etwas lichter als der tiefere, und im tieferen sind, in senkrechten, strähnenförmigen Zügen übereinander gesteckt, ziemlich gleichgroße (mittelgroße) Pyramidenzellen von durchschnittlich 15/10 µ Größe immer zu zweit oder dritt, so daß ein feinradiäres Aussehen entsteht, das von der oberen Grenze von IV bis über die Mitte von III reicht; IIIa und der etwas lichtere obere Teil von IIIb nehmen ungefähr die oberen zwei Fünftel von III ein; die tieferen drei Fünftel sind von dem streifigen IIIb eingenommen; ganz vereinzelt finden sich an der Grenze von IV die eine oder die andere große Pyramidenzelle, doch ändert dies das Gesamtbild dieser mittelgroßzelligen senkrechten Zellzüge eigentlich gar nicht, das für den größten Teil des unteren Parietallappens charakteristisch ist und insbesondere für die Area supramarginalis; vgl. hierzu die Zellsäulen Tafel LXXII, die Stellen Höhe 22 cm, Breite 18-19 cm und 32.5- 33.5 cm, und ferner Tafel LXXIII, LXXIV, LXXV, LXXVI, LXXVIII usw.; oft finden diese Strähnen, die nach aufwärts meist nicht ganz bis IIIa reichen, auch nach abwärts eine Fortsetzung in einer ähnlichen Anordnung der Zellen der IV. Schicht.
Area supramarginalis. 567
In IIIa sind die Pyramidenzellen 15-18 / 10-15 µ, es sind ihrer ca. 30-35 pro 0.1 mm3, daneben noch ca. 20 Körnerzellen oder kleinste dreieckige Zellen, wohl zu II gehörig. Die Pyramidenzellen haben zu zweit oder dritt eine Trabantzelle.
Im lichten oberen Teil von IIIb sind ca. 15 Pyramidenzellen, von denen der größere Teil auch 15-18 / 10-15 µ Größe hat, ein kleiner Teil aber bis zu 20-25 / 10-15 µ aufweist und außerdem ebenfalls ungefähr 10-20 Körnerzellen pro 0.1 mm3.
Im tieferen Teil von IIIb sind ca. 25-30 Pyramidenzellen pro 0.1 mm3, von denen die meisten in der IIIa 15-18 / 10-15 µ Größe haben, einige auch 20-25 / 10-15 µ Größe und einige wenige die Größe von 20-30 / 10-15-20 µ erreichen; beinahe jede dieser Zellen hat einen Trabantkern an der Seite oder an der Basis. Diese Pyramidenzellen sind, wie schon oben gesagt, übereinandergereiht zu schmalen Zügen; manchmal setzen sich zwischen die größeren Zellen dieser Züge noch kleine Zellen dazwischen, so daß dann so ein Zug oft viel dichter aussieht - an Tafel LXXII ist dies zufällig nicht sehr gut zu sehen; die großen Zellen sind mit ihrer Längsachse meist genau gegen die Oberfläche gerichtet, die kleinen dagegen nicht.
Zwischen diesen Zellzügen steigen außerdem aus der IV. Schicht ganz lockere Streifchen kleiner Körnerzellen in die III. Schicht verschieden hoch hinauf.
Hart an der IV. Schicht oder schon in ihr sieht man ganz vereinzelt die eine oder andere isoliert stehende größere Pyramidenzelle; sie ist meistens recht schlank und schmal, 40/20 µ, mit einem feinen, cephalen Fortsatz; vide Tafel LXXII (Höhe 21 cm und Breite 17 cm und Höhe 22 cm, Breite 20.8 cm); solcher Zellen sieht man höchstens eine pro Millimeter Gesichtsfeldbreite = 10 cm der Tafeln.
Die obere Grenze von III ist recht verwischt gegen II, wie wir schon bei Besprechung der oberen Körnerschicht erwähnt haben. Die untere Grenze gegen die IV. Schicht läßt sich recht scharf ziehen, obwohl Körnerzellzüge ziemlich zahlreich diese Grenze überschreiten.
In der Wand - und zwar nicht in den abnorm schmalen Wänden, sondern in den entsprechenden (Tafel LXXIII) nimmt die III. Schicht recht stark an Breite ab und ist relativ schmal; die Pyramidenzellen scheinen aber hier durchweg um eine Spur größer zu sein, und in den tiefsten Teilen von III scheinen mehr Zellen die Maße von 20-30-35 / 20 µ zu erreichen als am Culmen, so daß man in der Wand beinahe von einer IIIc-Schicht sprechen könnte. Die zellführenden Radii sind auch breiter.
IV. Die innere Körnerschicht ist in ihrer absoluten Breite von 0.40 mm ein Charakteristicum der Area supramarginalis; dieser Wert wird kaum von anderen Rindenbezirken erreicht; relativ zur breiten Rinde ist sie nicht so breit wie die IV. in PE, aber absolut ist sie sichtlich breiter auch als diese, und relativ ist sie noch immer weit über dem Durchschnitt (13%). Auch in der Area supramarginalis besteht die innere Körnerschicht aus einer lichteren, zellockereren und zellkleineren, aus Körnern bestehenden schmäleren Oberschicht IVa, und einer zelldichteren, dunkleren, breiteren unteren Schicht, welch letztere neben der Hauptmasse von Körnern, die schon an und für sich größer sind als die oberen, auch zahlreiche trianguläre, etwas größere Zellen beherbergt (IVb); die triangulären Zellen sind jedoch gegenüber den Körnerzellen in IVb in der Minderzahl; so deutlich wie im oberen Scheitelläppchen ist in der Area supramarginalis diese Unterteilung der IV nicht, auch erscheint hier die letzte Lage der III. Schicht nicht derartig „abgehoben" wie dort! Ebenso wie IV nach oben zwischen die Zellstrahlen der III. Schicht Züge kleiner Körnerzellen hinaufschickt, ebenso sendet sie nach abwärts in die Tiefe von V ja bis nach VI hinunter verstreut und ziemlich zahlreich Körnerzellen und in die oberen Partien von V auch trianguläre Zellen; dadurch wird, da V weit kleinzelliger als III gebaut ist und kleinere neben größeren Zellen hier mehr durcheinander liegen, die Grenze zwischen IV und V recht ungenau und verwischt. Andererseits aber ist dadurch die IV. Schicht oben und unten von einem etwas weniger zelldichten Teile begrenzt, und ihre Mitte erscheint oft als ein etwas dunkel tingierter Streifen. Eine andere Eigentümlichkeit der inneren Körnerschicht ist es hier, daß sie durch die durchziehenden Markradii in mehr oder minder breite senkrechte Streifchen von 20- 40 µ Breite abgeteilt wird; diese Teilung ist keine vollständige, d. h. die Körnerzellen der Streifchen hängen irgendwo doch, meist durch Zellbrücken, miteinander zusammen, zum Unterschiede z. B. von den Temporalformationen, wo stellenweise ein Zerfall der IV. Schicht in senkrechte, voneinander frei abstehende Zellsäulchen stattfindet; aber immerhin ist auch hier in PF diese - nennen wir es - Streifung der IV. Schicht auffällig und typisch, um so mehr als sich oft so ein Streifen der Körnerschicht fortsetzt, in einen oder mehrere schmale Zellzüge der III. Schicht geteilt (Tafel LXXII, Höhe 20 cm, Breite 13.5-14 cm).
568 Lobus parietalis.
Die IVa-Zone enthält 60-130 Zellen pro 0.1 mm3, je nachdem man an einem zelldichten Streifen die Zellen zählt oder an einem zellarmen Zwischenstreifen, also im Durchschnitt wohl 90 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die meisten 5/5 µ oder 6/6 µ Größe haben.
Die IVb-Zone enthält gegen 80-150 Zellen (unter denselben Umständen wie IVa), also durchschnittlich 115 pro 0.1 mm3. Es sind darunter die meisten 7/7 µ oder 8/8 µ rundliche und ovale Körner, aber auch zahlreiche dreieckige Zellen bis zu 10/10 µ Größe. Außerdem aber auch recht reichlich, besonders in den tieferen Teilen, dreieckige oder pyramidenförmige Zellen von 15/10 µ bis 15/15 µ, die offenbar dislozierte Zellen aus V sind, wo sie neben größeren Zellen auch zahlreich vorkommen. Hier in IVb jedoch kommen sie eben auch recht zahlreich, bis zu 10-15 pro 0.1 mm3, vor, so daß die Grenze gegen V dadurch recht schwer genauer zu bestimmen ist. Man könnte sogar stellenweise von einer körneligen IVb1 eine tiefere trianguläre IVb2 trennen wollen (Tafel LXXII-LXXV). Denn dadurch, daß die IV. Schicht ihre Zellstreifen auch nach abwärts gegen die V. Schicht sendet, und diese Zellstreifchen zum großen Teile aus kleinen triangulären Zellen bestehen, zwischen diesen Zellstreifchen aber Zellen der V. Schicht liegen, die ebenfalls bloß 15/10 µ Größe haben und auch darunter (neben solchen, die auch schon 25/20 µ haben), könnte man diesen untersten Teil von IVb, der eine Übergangs- und Mischzone von triangulären Zellen darstellt, ebenso gut als trianguläre Zone zu V, als zu IV rechnen. Wir ziehen letzteres, da es dem Gesamtbilde mit schwacher Vergrößerung besser entspricht, vor und rechnen diesen Teil auch noch zur IV. Schicht als IVb2, indem wir die V. Schicht erst dort beginnen lassen, wo neben den triangulären Zellen eine größere Anzahl relativ größerer Pyramidenzellen sich vorfindet. In der Wand (Tafel LXXIII) ist IV im allgemeinen etwas schmäler; gegen V zu ist die Schwierigkeit der Entscheidung, zu welcher Schicht die trianguläre Zone zu rechnen ist, noch größer, weil die Züge triangulärer Zellen noch tiefer nach V hineinreichen.
V. Die ganglionäre Schicht der Formation des unteren Scheitelläppchen und speziell der Area supramarginalis ist bei schwacher Vergrößerung von der VI. Schicht gar nicht zu unterscheiden; in ihrer Zellgröße und Dichtigkeit ungefähr der VI. Schicht gleichkommend, macht es den Eindruck, als ob von der IV. Schicht nach abwärts eine einzige recht zellreiche Schicht bis ins Mark ziehen würde; dieses Verhalten ist eines der besten Erkennungszeichen für die infraparietalen Formationen. Es fehlen also auch in V im allgemeinen eine größere Anzahl größerer Zellen.
Area supramarginalis. 569
Erst der Anblick mit stärkeren Vergrößerungen (50 mal) zeigt uns, daß eine V. pyramidenförmige Schicht von einer VI, spindelförmigen Schicht ganz genau an der Form der Zellen auch hier noch unterschieden und getrennt werden kann. Dieser Art findet man für die ganglionäre Schicht eine Breite, die 0.40 mm am Culmen beträgt und etwa 0.29 mm in der Wand; mit Rücksicht auf die Breite der ganzen Rinde ist das keine hohe Zahl, und das prozentuelle Verhältnis von 0.15 zeigt, daß die V. Schicht relativ recht schmal und weit unter dem Mittelmaße ist. Man kann in der Area supramarginalis PF nicht eine Va- und Vb-Schicht unterscheiden. Auch die Größe der Zellen ist unter dem Durchschnittsmaße dessen, was wir bisher in den davor gelegenen Hirnpartien gesehen haben. Es sind ziemlich viele Zellen in V; ungefähr 40 pro 0.1 mm3, davon sind durchschnittlich 15 Pyramidenzellen von 20 / 13-15 µ oder 25-(30) / 15-20 µ, die übrigen 25 sind größtenteils kleinere Pyramiden- und trianguläre Zellen von ca. 10/10 µ und noch kleinere Körnerzellen (aus IV). Diese Zellen sind ziemlich gleichmäßig über V verteilt. Es läßt sich keine Va von einer Vb trennen. V selbst ist in der Area supramarginalis im allgemeinen kaum radiär gestreift; wo eine radiäre Streifung doch zu sehen ist, gegen die Windungskante zu, da reihen sich die Zellen zu radiär laufenden Zellstreifen übereinander, wobei 2-3 Zellen die Breite eines solchen Strahles ausmachen. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß die größeren unter den Pyramidenzellen zahlreicher in den oberflächlicheren Partien von V anzutreffen sind (also Größen von 25-(30) / 15-(20) µ), während in den tieferen Teilen von V eher die kleineren Kaliber von Pyramidenzellen sich finden (20-(25) / 13-(15) µ), daneben aber im ganzen Gebiet ebenso zahlreich dazu noch die kleinen triangulären und sonstigen Zellen und auch Körnerzellen. Die Zellen der V. Schicht sind also kleiner als die der III. Schicht, obschon auch diese relativ klein sind; auch die größten Zellen dieser Schicht erreichen nur ausnahmsweise das Kaliber der größeren Zellen der III. Schicht; dagegen sind die Zellen in V etwas zahlreicher, so daß der Dichtigkeitsgrad so ziemlich der gleiche ist.
Über die obere Grenze der V. Schicht haben wir bei Besprechung der IV. Schicht schon alles Nötige gesagt. Die untere Grenze ist bei stärkeren Vergrößerungen (mal 50) gut zu ziehen und bildet eine ziemlich scharfe in meist niederen Wellen auf- und ab verlaufende Linie (Tafel LXXII); diese Linie ist meist ungefähr die Grenze, bis wohin die Körner (aus der IV. Schicht) herabreichen; sie überschreiten nur ganz selten dieselbe.
In den Wänden ist die V. Schicht etwas lichter als an den Kuppen. Sie ist auch hier recht schmal.
VI. Die Spindelzellenschicht. Unter dieser obengenannten Grenze beginnen die spindelförmigen Zellen und somit die fusiforme Schicht. Dieselbe enthält Zellen recht verschiedener Größen, die entweder oval oder dreieckig sind, aber beinahe alle wirklich bipolar mit der Längsachse gegen die Oberfläche gerichtet; sie sind recht protoplasmareich mit deutlichem Kern und Kernkörperchen versehen; in der Nähe von V sind die größeren dieser Zellen häufiger als in der Tiefe. Sie sind ziemlich zahlreich, recht gleichmäßig verteilt; der größte Teil hat 20/10 µ Größe, einzelne 30 / 15-20 µ; die allerkleinsten sind 15/8 µ. In den oberen zwei Dritteln von VI ist die Dichtigkeit ziemlich gleichbleibend, erst darauf nach abwärts nimmt die Zelldichtigkeit rasch ab; den oberen Teil nennen wir VIa, den unteren VIb.
Wir zählen in VIa durchschnittlich 26 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ca. 2-3 größere, 12 mittlere und 12 kleine Spindelzellen; in VIb sind ca. 17 kleine Zellen pro 0.1 mm3. Die Grenze gegen das Mark ist gut sichtbar, obwohl vereinzelte Zellen auch tief ins Mark versenkt sind.
Die Breite der VI. Schicht ist eine recht gute, oft das Durchschnittsmaß übertreffende, sie beträgt 1.1-1.2 mm. Die VI. Schicht ist ebenfalls radiär gestreift, besonders an der Windungskante, doch ist diese Streifung meist bloß angedeutet und weniger deutlich als in III und IV. Diese eher auffällige Abnahme der Markstreifung gerade in den tieferen Schichten, V und VI, ist ebenfalls ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Occipitalteilen näherliegenden Partien, wo auch V und VI eine zunehmend immer deutlicher werdende radiäre Zerklüftung dem hinteren Hirnpol zu aufweisen.
570 Lobus parietalis.
In der Wand behält die VI. Schicht die ihr entsprechende Breite und hat auch hier ein gutes Durchschnittsmaß.
An den Windungskanten ist aber die Abgrenzung gegen das Mark regelmäßig eine ziemlich unscharfe, und die Rinde verbreitert sich hier wesentlich durch stellenweise kolossale Breitenzunahme von VIb (Tafel LXXV, siehe auch S. 562).
Dieser Art ist der Gyrus supramarginalis überzogen von einer breiten (3.2-3.6 mm), teilweise sogar sehr breiten, ebenfalls breitgranulären Formation, mit deutlicher feiner radiärer Streifung, welche in der IV. und III. Schicht ausgesprochener ist als in der V. und VI.; die Formation ist kleinzellig, ihre größten Zellen gehen nicht über die Maße der mittleren Pyramidenzellen hinaus; sie ist dabei zellreich und zelldicht; die äußere und die innere Hauptschicht erscheinen ungefähr gleichzellgroß und gleichzelldicht. Die horizontale Schichtung tritt gegenüber der vertikalen Streifung etwas in den Hintergrund; immerhin ist sie durch die breite II. und die sehr breite IV Schicht schon genügend markiert; dagegen scheinen V und VI, da sie weder in der Zellgröße noch in der Tinktion und Zelldichte voneinander differieren, beinahe wie eine einzige breite Schicht unter der IV. Ein Zerfall in Va und ein lichtes Vb wie im Lob. parietalis superior ist nicht zu sehen; dadurch ist also auch die horizontale Schichtung viel weniger prägnant als im oberen Scheitelläppchen. So geformt stellt die PF die Grundlage des Baues der unteren Parietalformationen dar, den parietalen Rindentypus 3 (s. Abb. 88 und 4. Kapitel, S. 188).
I. 0.26 mm, kernreiche oberflächlichere Zone und kernarme Tiefe. Verhältnismäßig nervenzellreich, ca. 1 Dutzend Nervenzellen, 6/6 bis 10/10 bis 15/10 µ.
II. 0.30 mm, sehr breit, großenteils aus wirklichen Körnern bestehend, wolkenartig nach III tief hineinreichend. Kleine Körnerzellen, 4/4 bis 5/5 µ usw. bis 10/7 µ und zwar 110-135 pro 0.1 mm3, in der Tiefe pyramidenförmig.
III. 1.00 mm, gute Breite. Zellreich, zellklein, nach der Tiefe an Größe kaum zunehmend, keine IIIc; die größten Zellen sind mittelgroße Pyramidenzellen, stehen in senkrechten Zügen, 15-20 / 10-15 µ, ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3.
IV. 0.40 mm sehr breit und zelldicht; am dichtesten mittlerer Streifen, oben und unten lockerer, Zellgröße 5/5 bis 7/8 µ, Zellzahl ca. 115 pro 0.1 mm3.
V. 0.47 mm, schmal, von VI nicht leicht zu unterscheiden. 40 Pyramidenzellen pro 0.1 mm3 von 15-25 / 10-20 µ Größe.
VI. 1.10 mm; VIa 70 mm, VIb 40 mm, mittelgroße Spindelzellen, 15/10 bis 20/18 µ, und zwar 26 pro 0.1 mm3; gegen das Mark recht scharf abgegrenzt.
Diese Formation nimmt also als Area supramarginalis PF die ganze vordere Hälfte des unteren Parietalläppchens ein; sie reicht mit einer kleinen Variation auch auf das hintere Stück des Operculum Rolando, das wir später besprechen wollen, und reicht nach hinten bis zur Jensenschen Furche: nach unten überzieht sie das Operculum parietale mit seinen drei Gyri transversi in der Tiefe der Sylvischen Grube (s. Abb. 95).
Die Formation PF hat überhaupt und speziell in ihrer vorderen Hälfte eine im allgemeinen auffallende Kleinzelligkeit und dabei doch starke Entwicklung von II und IV; zu wenig ausgeprägt, um eine Verkörnelung genannt zu werden, ist sie jedoch auffallend genug, um unsere Aufmerksamkeit zu beanspruchen bis zu einer Zeit, wo wir imstande sein werden, aus dem Bau eines Gebietes auf die Funktion desselben Rückschlüsse ziehen zu dürfen. Auch diese Formation bleibt in diesem weiten Gebiete nicht ganz gleich in ihrem Bau; vor allem sei nochmals auf den eigentümlichen Umstand aufmerksam gemacht, daß die Wände der Formation recht verschieden aussehen können, während nämlich das Verhältnis der Wand zur Kuppe auf Tafel LXXIII und Tafel LXXII das gewöhnliche auch von anderen Rindenformationen her bekannte Maß der proportionalen Verschmälerung der ganzen Rinde und insbesondere der inneren Hauptschicht derselben aufweist, kommt es im Gyrus supramarginalis daneben nicht selten vor, daß die Wand, gleich von der Windungskante angefangen, sich ganz plötzlich bedeutend verschmälert und die Zellarchitektonik sich derart ändert, als ob wir hier eine ganz andere Area vor uns hätten; doch ist diese Änderung dann doch bloß auf die Wand beschränkt, und die nächste Kuppe hat wieder die breite für den Gyrus supramarginalis typische Formation. Es macht uns den Eindruck, als ob diese schmale Formation auf den Wänden der seichten sekundären Sulci, die den Gyrus supramarginalis oft nach den verschiedensten Richtungen durchziehen, eher vorkämen als in den weit hinabsteigenden Wänden der tieferen Sulci, wo die breitrindige typische Wandbildung vorkommt, wie z. B. im Sulcus Jensen. So zeigt Tafel LXXV, die sonst eine gleich später zu besprechende Modifikation der PF aufweist, rechts eine solche disproportioniert sich verschmälernde Wandbildung, an der man sieht, daß die Verschmälerung, besonders der III. Schicht, eine ganz auffällige ist, da sie in der Wand beinahe bloß die Hälfte der Breite als wie am Culmen besitzt. Die einer solchen schmalrindigen Wand gegenüberliegende Wand der nächsten Windung ist ebenfalls gewöhnlich schmalrindig; folgt dann darauf eine breite Windung, so zeigt das Culmen derselben in seiner ganzen Ausdehnung und vielleicht auch in seiner nächsten Wand die typische breitrindige supramarginale Formation, folgt jedoch darauf eine schmale kleine Windung, so ist gewöhnlich die ganze Windung von der schmalrindigen Formation überzogen und erst die nächste wieder breitrindig; Tafel LXXVII zeigt eine solche ganze Windung mit ihren beiden Wänden; sie ist unmittelbar caudal von Tafel LXXII und Tafel LXXIII aufgenommen; wir wollen diese dünnrindige Bildung als Formatio supramarginalis tenuicorticalis PFt bezeichnen (Abb. 92). Ihre Charakteristica sind folgende:
Area supramarginalis. 571
§1. Makroskopisch erscheint sie viel schmäler als die übrige PF und scheint zirka 2.5 mm breit an der Kuppe und 2.25 mm in der Wand zu sein, im mikroskopischen Bilde gemessen sieht man jedoch eine sehr zellockere, aber sehr tief ins Mark reichende VIb-Schicht, so daß wir sogar 3.2-3.6 mm Kuppenbreite und 2.56 mm Wandbreite messen. Die V. Schicht erscheint als ein etwas lichterer Streifen.
§2. Mikroskopisch überwiegt im Bild wieder die horizontale Schichtung über die Streifung, da III viel zellärmer und lichter ist und ebenso auch V; dadurch tritt unter I deutlich die II. Schicht, dann die lichte III. Schicht, die dunkle IV., die lichte V. und die dunklere VI. Schicht. Die Streifung ist eine grobradiäre, am Culmen nicht sehr deutliche, in der Wand deutlicher; sie kann bis in die II. Schicht hinaufreichen (Tafel LXXVII, Höhe 24-26 cm, Breite 3-6 cm). Die Begrenzung gegen das Mark ist recht unscharf. Die ganze Rinde, besonders aber die III. Schicht, erscheint zellarmer und zellgrößer, es ist an ihr eigentlich streckenweise sogar eine IIIc-Schicht zu bemerken; alles das erzeugt eine gewisse entfernte Ähnlichkeit mit der Formation PE des oberen Scheitelläppchens.
§3. Das Verhältnis der Schichten zueinander ist das folgende:
I | II | III | IV | V | VI | VIa | VIb | |
Kuppe: Gesamtdicke 3.2-3.6 mm. | ||||||||
0.24 | 0.16 | 0.72 | 0.38 | 0.54 | - | a0.54 | b0.70-(1.20) | |
Wand: Gesamtdicke 2.50 mm. | ||||||||
0.22 | 0.22 | 0.66 | 0.30 | 0.38 | - | a0.40 | b0.30 | |
Relative Zahlen: | ||||||||
Kuppe. | 0.09 | 0.06 | 0.28 | 0.15 | 0.21 | 0.21 | äH:iH = 43:57 | |
Wand. | 0.10 | 0.10 | 0.30 | 0.14 | 0.18 | 0.18 | äH:iH = 50:50 |
Aus diesen Verhältniszahlen ersieht man besonders die Abnahme der II. und der III. und die Zunahme der V. Schicht im Vergleiche zu PF, während die IV. Schicht ihre relativ und absolut hohen Zahlen beibehält; daraus erfolgt ein ganz besonderes Überwiegen der inneren Hauptschicht über die äußere.
572 Lobus parietalis.
§4. Die Besichtigung der einzelnen Schichten (Tafel LXXVII) ergibt eine Verschmälerung der I. Schicht, die trotzdem besonders am Culmen eine kernreichere oberflächliche Zone von einer kernärmeren unteren erkennen läßt; die II. Schicht ist viel schmäler als in PF, auch zellärmer; sie ist an mehreren Stellen durch die bis in sie eindringenden (zellfreien) Radii unterbrochen; die III. Schicht ist auffallend schmal an der Klippe sowohl als in der Wand; sie zerfällt deutlich in IIIa, IIIb und IIIc, und zwar ist IIIa klein- und relativ dichtzellig, schmal und von II nicht genau abgrenzbar; IIIb ist licht, also zellärmer, IIIc zeigt viele größere Zellen unmittelbar an und über der Grenze gegen IV in mehreren Etagen übereinander. In IIIa zählen wir ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ca. 10 von 15-20 / 10-12 µ Größe, die anderen von 8/8 µ und darunter; in IIIb sind stellenweise kaum 10, manchmal auch 20, im Durchschnitt also 15 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe von 15-25 / 10-15 µ, und zwar sind ca. 6 größeren und 9 kleineren Formats. In IIIc endlich sind ca. 15-20 Zellen pro 0.1 mm3 von schöner Pyramidenform und dunkler Tinktion von 20-25-30-35 / 15-20 µ, und zwar weisen gut die Hälfte die größeren Kaliber auf; sie sind zu 3 und zu 5 übereinander gereiht und bilden dadurch eine richtige eigene Zone. Die III. Schicht ist in der Kuppe, aber besonders in der Wand ganz auffällig breit radiär gestreift, und die Zellsäulen sind breit von vielen großen Zellen der IIIc-Schicht an der Basis gebildet, auf die sich nach oben zu immer kleiner werdende Zellen aufbauen, ähnlich wie wir es in den Occipital- und auch in den Temporallappenwänden sehen werden; doch immerhin sind hier die Säulen etwas schmächtiger. Der Unterschied gegenüber der feinradiären Streifung der typischen supramarginalen Formationen ist recht auffällig. Die IV. Schicht zeigt die gleichen Eigenheiten wie in PF, d. h. sie ist auch hier in eine lockerere und zellkleinere Körneroberschicht und eine dichtere trianguläre Unterschicht geteilt, und zwar zeigt das Verhältnis dieser zwei einige Anklänge an das obere Parietalläppchen, z. B. erscheint durch die lockere IVa- die IIIc-Schicht wie „abgehoben". Die V. Schicht ist recht breit, sie ist eher zellarm und imponiert im Bilde als lichte Schicht; sie besteht aus Pyramidenzellen, von denen einzelne recht groß sind, doch nicht so groß, als die der IIIc-Schicht; daneben sind ziemlich zahlreiche kleinere, meist trianguläre Zellen. Stellenweise macht es den Eindruck, als ob dieselben besonders unter der IVb-Zone angesammelt wären (ähnlich wie in S. 569); doch ist dies nicht durchweg der Fall, so daß sie keine eigene Unterschicht formen. Man zählt in V ca. 20-25 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ein Drittel zirka große Pyramidenzellen von 25-30 / 10-12 µ Größe, also meist sehr schlanke, schmale Zellen im Vergleich zu IIIc, wo die Pyramidenzellen meist einen protoplasmareichen breiten Eindruck machen. Die VIa-Schicht enthält gegen 27 meist große Spindelzellen pro 0.1 mm3, die sehr schlank ausgezogen sind, 20-30 / 5-10 µ, und VIb enthält kleinere Spindelzellen, die noch ungewöhnlich weit ins Mark der schmalen Windung zu verfolgen sind; die Grenze zwischen V und VI ist unscharf und eine allmähliche.
§5. Die hier beschriebene tenuicorticale Variante der supramarginalen Formation kommt wie gesagt vielerorts als Wandformation der sekundären Sulci vor. Dieses Verhalten erinnert an die Art, in der die Formation P(D)E als Wandformation der kleinen Sulci im oberen Parietalläppchen vorkommt (s. S. 555); wir werden später auch beim Occipital- und Temporallappen solche „inadäquate" Wandbildungen wiederfinden, die dem Culmentypus der Windung nicht voll entsprechen, so daß sie wie eigene Areale aussehen; es scheint dies eine Eigenheit aller hinter der Rolandoschen Furche gelegenen Hirnpartien sein zu können. Aber abgesehen davon, daß die hier beschriebene Formation PFt als Wandformation fallweise vorkommt (s. auch Tafel LXXV), kommt sie auch in weiterer Ausdehnung an dem Operculum parietale auf dessen schmalen Windungen vor und kann in individuell sehr verschiedener Ausdehnung auf solchen schmalen Windungen als Area parietalis tenuicorticalis (opercularis) (PF(op)) einerseits, in das Supramarginalisgebiet der Hirnkonvexität hereinreichen und andererseits auf die Gyri parietales transversi, die das Dach der Sylvischen Grube rückwärts bilden, sich ausdehnen (Abb. 92, 95); Tafel LXXVII gibt eben das Bild einer solchen kleinen Windungsgruppe an der dorsalen caudalen Lippe der Sylvischen Furche wieder.
Hier ist vielleicht auch der Ort, nochmals daran zu erinnern, daß die Wand des Gyrus supramarginalis in der postzentralen Furche und in der Interparietalfurche nicht von der typischen Formation des Gyrus supramarginalis, also nicht von PF überzogen ist, sondern von einer Formation PE(D), die der hinteren Wand der hinteren Zentralwindung und dem oberen Scheitelläppchen ähnlich sieht. Daß auch die eben beschriebene tenuicorticale Variante der Area supramarginalis mit der Formation des oberen Scheitelläppchens gewisse Ähnlichkeiten hat, haben wir gerade erwähnt; daraus erhellt schon die Schwierigkeit der Unterscheidung dieser beiden Wandbildungen; die bessere Ausbildung der IV. und der VI. Schicht bei letzterer (PFt) und die geringere radiäre Streifung und bessere horizontale Ordnung der großen Pyramidenzellen in IIIc bei ersterer (PE(D)) werden uns oft die Möglichkeit geben, sie voneinander zu unterscheiden, wofern nicht die Vermischung mit dem Typus PF diese Unterschiede fallweise vielleicht verwischt.
Area supramarginalis. 573
Außer dieser Variante sind auch sonst noch regionäre Unterschiede an der Formation der Area supramarginalis mit größerer oder minderer Konstanz zu finden; nicht selten findet man z. B. Windungsabschnitte des Gyrus supramarginalis, die den Typus PF sehr schön entwickelt zur Schau tragen, bei denen aber an der Grenze von III und IV recht viele größere Pyramidenzellen liegen, so daß man auch hier wieder IIIc unterscheiden kann. Der dorsale hintere Teil des Gyrus supramarginalis scheint mir diese Eigenheit ziemlich konstant zu bieten und könnte als PFm Area supramarginalis magnocellularis bezeichnet werden.
Es kommt außerdem stellenweise an einzelnen Windungen oder an einem ganz kleinen Windungsbezirk vor, daß die Zellen in der III. Schicht nicht so dicht stehen und nicht zu so schmalen strähnenförmigen senkrechten Reihen geordnet, sondern zu weiter voneinander abstehenden, locker gefügten, breiteren Zügen oder Säulen. Gleichzeitig sind die Zellen der III. Schicht gewöhnlich auch etwas größer. Diese regionäre Änderung fanden wir mit einer gewissen Regelmäßigkeit im hinteren Ast des Gyrus supramarginalis, und zwar ventralwärts gegen die Temporalregion. Tafel LXXV bringt eine solche Stelle, die auf der folgenden Nachbarwindung auch noch zu sehen war. Links von dem Bilde war noch am Präparat die typische Bildung der Area supramarginalis zu sehen, mit ihrer breiten II. Schicht, der strähnenförmigen Anordnung in senkrechten Reihen; die bloß mittelgroßen Pyramidenzellen der breiten III. Schicht; die typische Formung der IV. Schicht; die von der VI. nicht leicht zu trennende und beinahe gleich zelldichte V Schicht. Am linken Bildrand ist dies alles gerade noch sichtbar; rechts unten im Bilde (zwischen Höhe 2 cm und Höhe 18 cm) sieht man dagegen wieder die früher besprochene tenuicorticale Wandformation PFt. Zwischen diesen beiden Bildungen nun bietet die Rinde das Bild einer regionären Variation der PF, bei der, wie früher gesagt, die hier großzellige III Schicht eine deutliche säulenförmige Anordnung zeigt. Wir können von einer Area supramarginalis magnocellularis columnata sprechen. Da wir sie hauptsächlich im hinteren Ast des Gyrus supramarginalis jenseits der Sylvischen Furche gefunden haben, wollen wir sie kurz Area supramarginalis posterior heißen, PFcm, Tafel LXXV. Die Rinde ist hier äußerst breit, 3.6 mm und darüber; das Verhältnis der Schichten ist:
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) |
0.24 | 0.22 | 0.86 | 0.38 | 0.44 | 1.50 | a0.70 | b0.80 |
relativ: | |||||||
0.08 | 0.07 | 0.30 | 0.14 | 0.16 | 0.25 | äH:iH = 45:55 |
Auch relativ sind die Zahlen ziemlich die gleichen geblieben wie in PF, abgesehen von der tatsächlichen Verschmälerung von II und der lokalen Verbreiterung von VI, die nicht den Typus der Formation, sondern der Windungskante, die hier abgebildet ist, als solcher entspricht. Die erste Schicht ist so wie sonst in PF, die II. ist schmäler und weniger zelldicht; in III ist nicht mehr die Zelldichte wie in PF (linke Seite des Bildes), dafür sind die Zellen größer; Zellen von 40-(50) / 15-20 µ sind in größerer Anzahl in den tieferen Teilen von III vorhanden, so daß man auch hier von einer IIIc-Zone sprechen kann. Die Pyramidenzellen stehen in Säulen, die breiter sind, weniger dicht gedrängt die Zellen enthalten und die selbst voneinander weiter abstehen (s. Kuppenwinkel rechts oben auf Tafel LXXV). Diese Zellsäulen haben ihre Basis auf Zellsäulen der IV. Schicht, welche hier deutlicher durch die Radii in senkrechte, breite Säulchen geteilt ist, so daß sie an die IV. Schicht in der Temporalformation erinnern würde, wenn sie nicht auch der Supramarginalgegend entsprechend einen Dickendurchmesser von ca. 0.40 mm hätte und nicht ebenfalls so deutlich wie PF in IVa und IVb zerfiele. Die V. Schicht ist von mittlerer Breite, sie ist lichter und enthält neben kleinen einzelne größere Zellen als in PF; auch hier ist die trianguläre Zwischenschicht IVb2 zwischen IV und V und die wir zu IV rechnen, gut zu sehen. Die VI. Schicht zeigt in ihrer Zusammensetzung keine Abweichung von PF, nur ist sie hier (Windungskante) viel breiter. Das Verhalten der III. und der V. Schicht erinnert etwas an PE im oberen Parietalläppchen. Diese geringe Variation vom Typus PF haben wir w.g. mit Rücksicht auf die Bildung der „columnae" in IV und die Großzelligkeit von IIIc als PFcm bezeichnet (Formatio supramarginalis magnocellularis columnata); wir fanden sie wie gesagt hauptsächlich im unteren Teil des hinteren Astes des Gyrus supramarginalis; wegen ihrer Säulchenstellung, die an den Temporallappen erinnert, könnte man sie hier wohl auch als Übergangs- oder Mischformation ansehen (Abb. 92); man könnte aus dieser Gegend eine Subarea supramarginalis caudalis machen, doch müßten wohl erst weitere Untersuchungen die Berechtigung einer solchen Abtrennung durch die Beständigkeit dieses Befundes erweisen.
574 Lobus parietalis.
Allerdings handelt es sich zum Teil auch bei der späteren Aufstellung der Area angularis (PG) z. B. eigentlich um mehr oder weniger nicht viel wesentlichere Abweichungen vom Typus als die hier angeführten, also bloß um eine Verschmälerung der Rinde und um Anklänge an den Bau des oberen Parietalläppchens (PE) durch Aufhellung von V und Auftreten größerer Zellen in III, wie wir noch sehen werden; und auch diese Unterschiede sind nicht so konstant, sondern wechseln in dem Grade ihrer Ausbildung sehr; wir haben auch manchmal, z. B. sogar im Gegensatz zum gewöhnlichen Befund die Rinde des Gyrus angularis breiter als die des Supramarginalis gefunden; so wenig konstant sind im unteren Scheitelläppchen die geringen Änderungen, die die Rinde in diesem weiten Gebiete durchmacht.
Ferner ist es auffallend, wie oft und in wie verschiedener Form wir beim unteren Parietalläppchen in den verschiedenen Formationen sowie in den verschiedenen Varianten derselben immer wieder gewisse Anklänge an die Formation des oberen Parietallappens finden, so in den Randbildungen PDE, in PFt oder PFop und PFcm und wie wir sehen werden, auch in PG. Dies legt den Gedanken nahe, ob wir in einer solchen der PE ähnlichen Bildung, z.B. PFt, nicht die Urform oder sagen wir den Grundtypus zu sehen hätten, aus dem sich die verschiedenen Formationen zum Teil schon anlagemäßig, zum Teil vielleicht auch erst im Lebenslaufe mehr oder weniger vollkommen herausdifferenzieren. Gerade die Inkonstanz der Lokalisation dieser Bildungen und eine gewisse Abhängigkeit von der Windungsform spricht für eine solche Annahme. Wir wissen, daß wir mit einer solchen Anschauung uns mit vielen Anatomen im Widerspruch befinden dürften, jedoch würde unsere Art der Auffassung die vielen kleinen örtlichen und individuellen Abweichungen erklären, die es als selbständige „Areae" aufzufassen doch nicht möglich ist, einerseits eben wegen ihrer Inkonstanz, andererseits weil diese Abweichungen meist kein größeres zusammenhängendes Gebiet ausmachen, sondern immer wieder unterbrochen sind, und zwar im Widerspruch zu der Behauptung, die von vielen aufgestellt wurde, daß eine solche Unterbrechung der Areae nicht vorkomme. Bedenken wir jedoch, daß es ein Äquivalent für die Formationen des unteren Scheitelläppchens in der Tierreihe nicht gibt, sondern bloß die Formation des oberen Scheitelläppchens, so ist auch dies ein Moment mehr, das für unsere Auffassung einer im Grade individuell verschiedenen Differenzierung spricht. Auch die dritte Stirnwindung zeigt Formationen, die sich aus denen der Umgebung durch späte Differenzierung am besten erklären lassen und auch sie zeigen individuell recht wechselnde Grade dieser Differenzierung.
Ganz abgesehen davon und in keinerlei Zusammenhang mit diesen letzten Erwägungen wollen wir als Beispiel für die individuellen Verschiedenheiten, die wir im unteren Scheitelläppchen im äußeren Aussehen der Rinde antreffen, auf Tafel LXXIV nochmals verweisen, die ebenfalls einen Schnitt aus dem Gyrus supramarginalis ramus anterior wiedergibt; allerdings handelt es sich hier um ein überhaupt schmalrindiges Gehirn eines normalen Erwachsenen um das 30. Lebensjahr. Die Zahlen, die diesem PF entsprechen, sind:
Area supramarginalis. 575
I | II | III | IV | V | VI | (VIa) | (VIb) | |
am Culmen: 3.0 mm Gesamtbreite. | ||||||||
0.20 | 0.24 | 0.80 | 0.30 | 0.44 | 1.10 | a0.60 | b0.50 | |
an der Wand: 2.5 mm Gesamtbreite. | ||||||||
0.20 | 0.25 | 0.74 | 0.28 | 0.34 | 0.70 | a0.35 | b0.35 | |
Relative Zahlen: | ||||||||
Culmen | 0.08 | 0.09 | 0.31 | 0.12 | 0.17 | 0.23 | äH:iH = 48:52 | |
Wand | 0.09 | 0.11 | 0.34 | 0.13 | 0.16 | 0.17 | äH:iH = 54:46 |
Wir sehen im großen ganzen nur geringe Abweichungen in den Verhältniszahlen. Die Rinde ist nur im ganzen entsprechend schmäler. Dagegen ist der Eindruck im Anblick ein ziemlich verschiedener. Die Rinde macht den Eindruck noch zellreicher zu sein, die strähnenförmige senkrechte Anreihung der Zellen ist noch schärfer ausgeprägt, die Breite und der Bau der IV. Schicht tragen die Charakteristica von PF noch besser zur Schau; die III. Schicht dagegen ist schmäler und besteht beinahe bloß aus kleinsten Pyramidenzellen, überhaupt sind alle Pyramidenzellen dieser Rinde und speziell hier im unteren Parietallappen schmal und spitz ausgezogen; die V. Schicht ist auch hier wieder heller mit relativ größeren Pyramidenzellen versehen und von VI leichter zu trennen, als dies sonst im Gyrus supramarginalis gewöhnlich der Fall ist.
Zum Schlüsse sei hier noch erwähnt, daß die Formation des unteren Scheitelläppchens PF, wo der Sulcus postcentralis sein unteres Ende findet, auf das Operculum Rolando übergreift zwischen dem unteren Ende besagter Furche und dem kleinen Sulcus subcentralis posterior. Hier vermischt sie sich mit der Formation PDE, von der sie kaum zu trennen ist, zu einer Mischformation, die wir als PDF bezeichnen wollen. Am unteren Rande des Operculum kann sie unmittelbar in die frontale FB-Formation übergehen; wenigstens sieht man an diese (manchmal schon etwas körnige) frontale Formation nach hinten sich die feinstreifige breitgranuläre Parietalformation anschließen. Sie hat von der PDE die großen Zellen in IIIc und größere Zellen auch in V, dagegen von PF die feine radiäre Streifung. An der hinteren (inneren) Fläche des Operculum Rolando und an der unteren reicht diese Mischformation PDF weiter nach vorn als an der lateralen Oberfläche desselben; aber auch an der lateralen Oberfläche des Operculum Rolando reicht diese granuläre Formation PDF oft ganz unten sichelförmig auf den unteren Rand der vorderen Zentralwindung über, so daß sie in der hohlen Wölbung dieser Sichel die agranulären oder richtiger gesagt beinahe agranuläre Opercularformation des Frontallappens FBop (FBCop) in sich aufnimmt (Abb. 95). Diesbezüglich zeigt jedoch das Operculum große individuelle Verschiedenheiten. Wie schon früher einmal erwähnt, kann die operculare frontale Formation rein agranulär sein und sich unmittelbar FB (FA) an die granulären parietalen Formation PF(D) anreihen mit plötzlichem Übergang, und zwar sowohl an der Oberfläche (Abb. 92) als an der Unterfläche (Abb. 95) und auch an der Hinterfläche (Innenfläche) des Operculums, oder es kann die agranuläre frontale Formation andre Male wieder auch nicht so weit ventral auf die vordere Zentralwindung reichen, dann tritt FBCop an ihre Stelle, d. h. eine leicht granuläre Bildung, die dann unmittelbar nach rückwärts in die granuläre parietale in allmählichem Übergang unmerklich übergeht. Wie gesagt ist es die Regel, daß die granuläre parietale Formation PDF sich auf die vordere Zentralwindung ventral etwas vorschiebt; ausnahmsweise kann aber auch das umgekehrte der Fall sein, und es kann die FB sich nach hinten auf die C. p. vorschieben. Die Schemen Abb. 135 a, b, c sollen diese Verhältnisse an drei Beispielen etwas erläutern, welche drei Arten der von uns gefundenen Umgrenzungen am Operculum vorkommen; jedes Gehirn zeigt dabei individuelle Verschiedenheiten.
Nochmals möchten wir aber, bevor wir dieses Kapitel schließen, darauf aufmerksam machen, daß, so sehr wir uns auch bemüht haben, die Architektonik der parietalen Gegend in ihrem Grundtypus und in ihren häufigsten Abänderungen faßbar zu schildern und abzubilden, wie man auch an den noch zu besprechenden Areae PG und PH sehen wird, es doch nicht möglich war, jedem Bilde, dem man hier fallweise begegnen kann, gerecht zu werden, und ein wirklich erschöpfendes Verständnis dieser Gegend steht noch aus.
576 Lobus parietalis.
§6 und §7 werden gemeinsam mit den gleichen Paragraphen der hinteren unteren Scheitellappenformation PG auf S. 581 u. 583 besprochen werden.
Abb. 135 a, b und c stellen drei verschiedene Arten der gegenseitigen Begrenzung der Areae dar, die am Operculum Rolando zusammentreffen. - R. Rolandosche Furche; s. po. i. Sulcus postcentralis inferior; s. pr. i. Sulcus praecentralis inferior; s. sc. a. und p. Sulcus subcentralis anterior und posterior. FB Area frontalis agranularis, FAop Area praecentralis opercularis, PA Area postcentralis gigantopyramidalis, PB Area postcentralis oralis, PC Area postcentralis intermedia, PD Area postcentralis caudalis, PF Area supramarginalis, PDF Übergangsbildung zwischen beiden letzteren Formationen.
Wir haben schon auf S. 574 hervorgehoben, daß diese Formation jenseits der Jensenschen Furche auch bloß als eine individuell recht verschieden entwickelte Variante der Area supramarginalis angesehen werden könnte, ebenso daß diese meist im Bau eine gewisse Annäherung an den oberen Parietaltypus aufweist, also ihren Ausdruck findet in einer geringen Verschmälerung der ganzen Rinde, in einer Verschmälerung der III. Schicht mit Herabsetzung der Zellzahl und Deutlicherwerden der Säulchenstellung, in einer geringen Größenzunahme der Zellen und in einer teilweisen Aufhellung der V. Schicht. Daß wir aber auch ab und zu Gehirne gefunden haben, bei denen die Rinde des Gyrus angularis ausnahmsweise sogar etwas breiter war als die des Gyrus supramarginalis, und andere wieder, wo sie architektonisch kaum von ihr zu unterscheiden war, haben wir ebenso vorher schon erwähnt. Mit dieser Reservatio mentalis wollen wir trotzdem das Angularisgebiet doch als eigene Area angularis PG bezeichnen und ihren häufigsten Typus im folgenden beschreiben.
Area angularis. 577
Die Rinde zeigt eine sehr gute Breite von 2.9-3.2 mm am Culmen und 2.6-2.8 mm in der Wand (Abb. 26); abnorm schmale Wände wie in PF finden wir hier weniger; die Sulci im Gyrus angularis sind auch meist recht tief und die Wände der Kuppe entsprechend breitrindig. Dagegen finden wir auch hier bei sehr breiten Windungen, bei denen die Kuppe sich verflacht, eine Verschmälerung der Rinde ungefähr in der Mitte der Kuppe, so daß die Kuppe hier, wie gesagt, „Wandformation" annimmt, während die Windungskanten dann eigentlich den größten Durchmesser aufweisen, so wie es auch bei PF der Fall war (s. S. 562). Vielleicht ist die Gegend der V. und VI. Schicht im ganzen etwas lichter als im übrigen unteren Scheitelläppchen.
Mikroskopisch offenbart die Breite der Rinde, die deutliche II Schicht, die breite IV Schicht mit ihrem Zellreichtum, sowie die feine senkrechte Streifung der ganzen Rinde die Zugehörigkeit derselben zum unteren Scheitelläppchen. Von der Area supramarginalis PF jedoch unterscheidet sich die Area angularis PG (vgl. Tafel LXXVI mit Tafel LXXII) durch die etwas breitere Säulchenstellung der Zellen der III. Schicht (Abb. 45), durch eine geringe Aufhellung derselben, durch eine geringe Größenzunahme der Zellen in den tiefsten Partien der III. Schicht und durch ein etwas deutlicheres Abstechen der V. Schicht von der VI. durch eine geringgradige Aufhellung; infolge dieser, wenn auch geringen Aufhellungen in III und V, scheint die Area angularis etwas deutlicher horizontalgeschichtet als die PF. Auch die Area angularis zeigt, wie gesagt, an sehr breiten Kuppen gegen die Mitte zu eine Verschmälerung der Rinde, die aber hauptsächlich auf Kosten der inneren Hauptschicht einhergeht (s. §3).
Die Unterscheidung von den Formationen des oberen Scheitellappens ist auch manchmal etwas schwer, die deutlichere senkrechte Streifung durchaus und der Mangel an wirklich großen Zellen in III und V sowie der Mangel einer Unterteilung in Va und Vb sind noch recht charakteristische Unterschiede, an denen man dieselbe (PG) erkennen kann. Man vergleiche dazu Tafel LXXVI mit Tafel LXIX. Betreffs der Unterscheidung von anderen entfernten Rindenareae gilt das über PF auf Seite 563 und das über PE Seite 545- 547 Gesagte, da, wie gesagt, PG Ähnlichkeit mit beiden hat.
Für verschiedene Stellen der PG finden wir folgende Zahlen:
Bei einer Gesamtdicke an der Kuppe von 3.3 mm
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
Gesamtdicke an der Kuppe von 3.3mm | |||||||
0.22 | 0.20 | 0.72 | 0.35 | 0.58 | a0.60 | b0.60 | mm |
Gesamtdicke von 3.0 mm | |||||||
0.20 | 0.26 | 0.80 | 0.30 | 0.46 | a0.54 | b0.46 | mm |
Gesamtdicke von 2.2 mm | |||||||
0.20 | 0.26 | 0.62 | 0.26 | 0.34 | a0.30 | b0.20 | mm |
Gesamtdicke an der Wand von 2.4 mm | |||||||
0.20 | 0.18 | 0.80 | 0.30 | 0.34 | a0.36 | b0.30 | mm |
Gesamtdicke von 2.6 mm | |||||||
0.22 | 0.24 | 0.72 | 0.32 | 0.44 | a0.40 | b0.30 | mm |
Die relativen Zahlen sind:
I | II | III | IV | V | VI | ||
für die Kuppe | 0.08 | 0.07 | 0.27 | 0.13 | 0.22 | 0.23 | äH:iH = 42:58 |
für die Wand | 0.09 | 0.08 | 0.37 | 0.13 | 0.16 | 0.17 | äH:iH = 54:46 |
Man sieht aus diesen Zahlen, daß die II. Schicht und die IV. Schicht im Verhältnis zum Gyrus supramarginalis doch etwas abnehmen, die V. dagegen absolut und wohl auch relativ zunimmt. Dagegen wird die III. Schicht im ganzen an der Kuppe relativ und absolut schmäler; nimmt aber an der Wand an Breite fast gar nicht ab, so daß die relativen Zahlen hier für die III. Schicht recht hoch werden und den Mittelwert wieder erreichen.
578 Lobus parietalis.
Bei der Aufstellung obiger Zahlenverhältnisse für die Kuppe haben wir an dritter Stelle die Breitezahlen für eine Stelle einer sehr breiten Kuppe angeführt gegen die Mitte des Culmens, wo dieselbe schmal wird und sogar eine äußerlich sichtbare Delle aufweist; man sieht hier, wie es hauptsächlich die Zahlen für die sog. innere Hauptschicht sind, die herabsinken, so daß die ganze Rinde bloß 2.2 mm Dickendurchmesser mißt und man wirklich von einem „Wandtypus" an der Kuppe sprechen kann.
I. Die Molekularschicht erreicht mit ihrer Breite von 0.20-0.22 mm wieder normale Werte und ist bedeutend schmäler als die I. Schicht der PF es im Durchschnitt ist; die relative Zahl von 0.08 (= 8%) ist sogar besonders in der Wand eher unter dem gewöhnlichen Maße. Auch zeigt die Molekularschicht von PG den Unterschied zwischen kernreicherem oberen Teil und kernärmerem unteren Teil nicht mehr annähernd so deutlich als in PF, und auch noch viel weniger als in PE. Wir zählen, alles zusammengenommen, gegen 55 Kerne pro 0.1 mm3, davon sind ca. 8 Nervenzellen kleinen Kalibers, ca. 5/6 µ. Die untere Grenze von I ist ziemlich scharf.
II. Die äußere Körnerschicht ist recht breit (0.20-0.26 mm), zellreich und recht deutlich zu sehen, obschon sie weniger breit und weniger deutlich ist als in PF sowohl als auch sogar in PE. Die Zellen bestehen aus kleinsten Körnern und kleinsten Pyramidenzellen, welch letztere in der Überzahl sind und in der Tiefe gegen IIIa an Größe zunehmen; die Körnerzellen haben eine Größe von 5/5 µ, die pyramidenförmigen von 8/6 µ bis zu 12/10 (15/12) µ; letztere scheinen schon zu IIIa zu gehören, doch sind im allgemeinen die Zellen der II. Schicht etwas weniger gut tingiert als die der IIIa-Schicht und daran vielleicht erkennbar. Wir zählen in II gegen 95 Zellen pro 0.1 mm3. Nach aufwärts ist die II. Schicht gut begrenzt; gegen IIIa zu aber läßt sich die Grenze nicht mit der gleichen Schärfe ziehen, aber immerhin genau genug. Jedenfalls macht die Abgrenzung weder solche Schwierigkeiten, noch bildet die Grenze solche unregelmäßige Verbreiterungen nach abwärts wie in PF, sie reicht nicht mit ihren Körnerzellen in das Gebiet von III hinein wie im Gyrus supramarginalis, und diese geringere Entwicklung der II. Schicht ist ein differentialdiagnostisches Merkmal.
III. Die äußere Pyramidenschicht ist mit 0.71 mm Durchschnitt an der Kuppe schmäler - absolut sowohl als auch relativ - als in der Area supramarginalis (PF). In der Wand wird sie aber nicht viel schmäler, so daß sie dort relativ sehr breit ist und gut mehr als ein Drittel der Wand ausmacht (37%). Ihre Zellen sind meist schöngeformte, nicht sehr schlanke Pyramidenzellen, die um ein geringes im Durchschnitt größer sind als die Zellen der Area supramarginalis; jedoch auch hier übersteigen die Zellen kaum die Dimensionen der mittelgroßen Pyramidenzellen; immerhin finden sich in der tiefsten Lage von III größere Zellen in genügender Anzahl, um eine IIIc-Zone anzudeuten. Tafel LXXVI zeigt dies leider nicht deutlich genug.
In IIIa zählen wir ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind die Hälfte, also ungefähr 18, von 12-15 / 10 µ Größe, die übrigen kleiner.
In IIIb zählen wir durchschnittlich zwischen 15 und 30 Zellen, also durchschnittlich 22 pro 0.1 mm3, davon sind ca 10 von 20 / 12-15 µ Größe, jede zweite und dritte davon hat eine Trabantzelle; die übrigen sind wie in IIIa.
In IIIc zählen wir gegen 30 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ca. 10 von 30-(35) / 20 µ Größe, die übrigen meist von kleinem Kaliber wie in IIIa und IIIb. Die großen Zellen haben beinahe jede eine Trabantzelle. Kern und Kernkörperchen sind gut zu sehen. Man sieht daraus, daß IIIb doch etwas heller erscheinen muß als IIIa und IIIc.
Die Zellen sind strahlig übereinander gereiht, gleichzeitig meist auch zu mehreren nebeneinander, so daß die Strahlen sowie ihre zellarmen Zwischenräume wieder breiter erscheinen als in PF; ein Strahl ist hier ca. 60(-80) µ breit; oft genug enthält aber auch so ein Strahl nur eine einzige schmale Zellreihe; jedenfalls sind aber auch dann die Zwischenräume zwischen zwei Strahlen breiter als in PF, und dadurch resultiert das etwas deutlichere säulchenförmige Aussehen; die Aufeinanderreihung der Zellen übereinander ist auch hier sehr typisch für das untere Parietalläppchen und unterscheidet sich dadurch und durch die deutliche Säulchenstellung am meisten vom oberen Parietalläppchen, wo eine solche strahlige Anordnung bloß angedeutet ist; ferner hat das obere Scheitelläppchen in allen drei Unterzonen der III. Schicht weit größere Zellen als der Gyr. angularis.
Area angularis. 579
IV. Die innere Körnerschicht ist in PG recht breit - wenn auch absolut etwas schmäler als in PF, so doch relativ ebenso breit oder etwas breiter, zwischen 0.26 mm und 0.35 mm schwankend; nach oben und unten ist sie nicht sehr scharf begrenzt, denn ebenso wie in PF besteht sie aus einer zellockeren Oberschicht und einer zelldichteren darunter, welch letztere wieder eine etwas zellockerere gegen die V. Schicht nach abwärts entsendet; infolgedessen erscheint hier in PF meist die Mitte der IV. Schicht gleichsam als dunklerer Streifen, zwischen einem oberen und einem unteren lichteren, von welchen beiden wieder der obere zellockerer ist als der tiefere. Es erscheint also hier IVa und IVb2 lichter als IVb1, während in PF meist IVb2 die dunkelste Unterschicht war. Jedoch gilt dies nicht ausnahmslos. Die ganze IV Schicht zeigt auch hier eine radiäre Streifung, die zu einer Andeutung von zellreichen Säulchen führt. Die obere zellockere IVa besteht aus schmäleren und breiteren Zügen von weniger gut tingierten kleinen Körnern und dreieckigen Zellen, welche mit ihren obersten Körnern zwischen die Pyramidenzellen der III. Schicht bis mitten in die IIIb-Zone hinaufsprudeln. Es sind Körnerzellen von 5/5 bis 6/6 bis 8/8 µ Größe. Die Körner sind jedoch hier schon in IVa in der Minderzahl gegenüber den dreieckigen Zellen von 8-10 / 7-9 µ; durchschnittlich zellreiche und zellarme Züge zusammengerechnet sind ca. 100 Nervenzellen pro 0.1 mm3. Die mittlere, zelldichtere Zone IVb besteht nur aus solchen triangulären Zellen von 10-(12) / 10-(12) µ Größe, die ziemlich regelmäßig angeordnet sind; es sind ihrer ca. 140 pro 0.1 mm3. Nach abwärts springen aus IVb kurze Zellzüge aus triangulären Zellen obiger Größe gegen V vor und scheinen so gleichsam eine lichtere eigene unterste Zone IVb2 zu bilden von ca. 60-70 Zellen pro 0.1 mm3; zwischen diesen Zellen sind aber auch recht dunkel tingierte dreieckige, Spindel- oder sternförmige Zellen von 15-(20) / 10 µ Größe, die zirka ein Fünftel oder ein Viertel der Zellzahl dieser Zone ausmachen und die in dieser Größe und Form auch in V noch vorkommen und nach abwärts sogar an Größe etwas zunehmen. Man könnte also diese Zone als Unterzone IVb2 als Zwischenzone zwischen IV und V anführen, da man sie ebensowohl zu IV als zu V rechnen könnte, während die mittlere Zone auf Tafel LXXVI als IVb1 gemerkt ist. Im allgemeinen macht es also den Eindruck, daß die sog. innere Körnerschicht in PG nur wenige eigentliche Körner, sondern meistens wieder dreieckige und kleinere Pyramidenzellen enthält. Außerdem finden sich in IV einzelne größere, wohl aus V versprengte größere Pyramidenzellen.
V. Die ganglionäre Schicht ist absolut und relativ genommen für die retrozentrale Gegend noch recht breit und überschreitet am Culmen sogar das Durchschnittsmaß; an den Wänden nimmt sie jedoch recht rasch an Breite wieder ab. An den Zahlen 0.34-0.58 mm, die für ihre Breite angeführt sind, sieht man, daß sie lokal immerhin nicht geringen Schwankungen unterworfen ist. Sie hebt sich ebenfalls von VI nicht stark ab, wie dies schon in PF der Fall war, aber immerhin scheinbar etwas besser, indem die V im ganzen etwas lichter erscheint; außerdem ist V (ebenso auch VI) doch deutlicher radiär gestreift, als dies in PF der Fall war. V ist, wie gesagt, im ganzen etwas lichter und zerfällt auch hier nicht sichtbar in Unterschichten (s. Abb. 77-82). Wir zählen ungefähr im Durchschnitt zwischen zellreichen und zellarmen Streifen ca. 18 Nervenzellen pro 0.1 mm3, davon sind ungefähr 9 große Zellen von 25/15 µ Größe (ganz vereinzelte darunter gehen bis zu 40/18 µ), die übrigen sind sehr kleine Zellen von 15/10 µ u. a. m. Nach oben ist V nicht sehr scharf abgegrenzt wegen der (mit IV gemeinsamen) triangulären Schicht IVb2, nach abwärts ist die Abgrenzung auch schwierig und kann nur nach der Form der Zellen vorgenommen werden. Von der V. Schicht des oberen Scheitelläppchens unterscheidet sie sich durch die relative Kleinheit ihrer Zellen, da in PE viel größere Zellen in V vorkommen.
580 Lobus parietalis.
VI. Die Spindelzellenschicht ist äußerst breit, an der Kuppe 1-1.25 mm, um in der Wand oder an flachen Kuppen ganz bedeutend abzunehmen; sie erreicht im allgemeinen die Durchschnittsbreite, was für so weit caudal gelegene Hirnpartien wie PG nur selten der Fall ist. Sie zerfällt in eine zellreichere und etwas zellgrößere VIa mit 15 Spindelzellen pro 0.1 mm3 von 25/15 µ Größe, und eine zellkleinere und etwas zellkleinere VIb-Unterschicht mit 18 Spindelzellen pro 0.1 mm3 von 10-15 / 7-10 µ Größe. Die VIb-Schicht zeigt einen nur recht allmählichen Übergang ins Mark, und bis tief ins Windungsmark erstrecken sich noch einzelne Zellen; dadurch unterscheidet sich PG auch von PF, das eine schärfere Abgrenzung gegen das Mark besitzt. VIa und VIb lassen ebenfalls gut eine radiäre Streifung erkennen. Die Zellen haben meist durchweg schöne Spindelzellenform. Die Dichtigkeit ist nur etwas größer als die der V. Schicht.
Es ist demnach der Gyrus angularis überzogen von einer Formation, die übermittelbreit ist, 2.9-3.2 mm; sie ist auch breitgranulär; sie trägt eine deutliche mittelbreitradiäre Streifung zur Schau, die die Schichten IIIb und IIIc, IV, V und VI durchzieht. Die horizontale Schichtung tritt bei ihr ebenfalls deutlicher zutage als in der Area supramarginalis infolge einer Lichtung in IIIb und einer geringen Lichtung von V; dadurch stellt sich diese Area ungefähr als Mittelding zwischen oberes und unteres Scheitelläppchen; trotzdem können wir sie im großen ganzen noch als Rindentypus 3 bezeichnen (Abb. 88).
I. 0.22 mm, zerfällt nicht in eine kernreiche Oberzone und kernarme Unterzone wie PF; nicht besonders kernreich, ca. 8 Nervenzellen pro 0.1 mm3 von 5/6 µ Größe.
II. 0.20 mm, schmäler als in PF und bloß von Durchschnittsbreite, nicht zellreich, 95 pro 0.1 mm3, Körner- und meist kleine Pyramidenzellen von 5/5 µ bis 8/6 µ und 12/10 µ Größe, also relativ groß.
III. 0.72 mm, also eher schmal, in IIIa, b und c geteilt, mit je 30, 22 und 30 Zellen pro 0.1 mm3; IIIb ist etwas lichter; in IIIa 12-15 / 10 µ; in IIIb 20 / 12-15 µ; in IIIc 30/20 µ; deutlich radiäre Streifung, beinahe Säulchenstellung.
IV. 0.35 mm, schmäler als PF, breiter als PE; also noch immer sehr breit, zellreich, in lichter Mittelschicht mit 140 Zellen, und lockerer Ober- und Unterschicht mit je 100 resp. 60 Zellen zerfallend. Meist dreieckige, relativ große Zellen von 10-12 / 10-12 µ.
V. 0.58 mm, also recht breit, nicht zellreich, ca. 18 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-25 / 10-15 µ Größe.
VI. 1.20 mm, recht breit, aus Spindelzellen bestehend, in VIa und b zerfallend, ohne Besonderheit, gegen das Mark nur mittelmäßig scharf abgegrenzt.
Diese Formation nimmt also als Area angularis den ganzen Gyrus angularis ein (Abb. 92), vom Sulcus Jensen vorn, dem Sulcus intraparietalis oben begrenzt, reicht sie nach hinten bis zur Occipitalformation und nach abwärts bis zur Area parietalis temporooccipitalis basalis. In letzterer, die eine ähnliche Bildung aufweist wie der Gyrus supramarginalis und zum Teil auch wie der Gyrus angularis ist der Übergang kaum zu erkennen; ebenso ist dorsal der Übergang an der unteren Wand des Sulcus intraparietalis in die obere Parietalformation und am Sulcus Jensen in die Area supramarginalis recht allmählich und schwer zu erkennen. Nach hinten erfolgt der Übergang in die Occipitalformationen, und zwar nach hinten und dorsal vorerst in die Area parietalis superior posterior gigantocellularis PEγ (Tafel LXXI); nach hinten und unten in die eigentliche Occipitalformation. Die Nähe der Occipitalformation gibt sich schon mehrere Millimeter, ja oft schon um einen ganzen Windungszug vorher eventuell daran zu erkennen, daß in IIIc und eventuell sogar in V, ganz vereinzelt und in weiten Abständen, einzelne große, etwas plumpe Pyramidenzellen von 25-35 / 20-30 µ Größe und starker Tinktion auftreten, die auffällig von den anderen Zellen abstechen. Ferner verschmälert sich die ganze Rinde etwas, und zwar besonders auf Kosten der V. und VI. Schicht. Trotz dieser Übergangszone erfolgt hier der eigentliche Übergang ziemlich abrupt durch eine auffällige Aufhellung und Verschmälerung von V und durch Verschmälerung und Verdichtung von VI, die im Occipitalteil O eigentümlich bandartig und gegliedert wird; dieser Übergang erfolgt gleichzeitig mit der Verschmälerung der ganzen Windungen. Die Übergangszone von diesem Übergang könnte man mit den Buchstaben PGO bezeichnen. Im Gebiete des Sulcus interparietalis und seiner Fortsetzung, des Sulcus interoccipitalis (oder praeoccipitalis, [so.]) erfolgt der Übergang gewöhnlich auf der vorderen Wand dieses Sulcus oder einige Millimeter davor. Will man also den Lobus parietalis, so weit als seine parietale Rinde reicht, auch grobanatomisch begrenzen, so müßte man ihm als hintere Begrenzung beinahe den Sulcus praeoccipitalis geben, d. h. der Parietallappen reicht mikroanatomisch weiter nach rückwärts als ihm grobanatomisch gewöhnlich seine hintere Grenze durch die Verbindungslinie zwischen Parietooccipitalfurche an der oberen und Incisura praeoccipitalis an der unteren Mantelkante (s. auch S. 215) angewiesen wird.
Area angularis. 581
Die radiäre Streifung der V. und VI. Schicht ist in den ventralen Partien des Lobulus angularis oft viel deutlicher als in den übrigen, besonders kann dies in jenen Teilen auffallen, die in unmittelbarer Fortsetzung und Nachbarschaft der zweiten und dritten Temporalwindung sind; gleichzeitig ist in dieser ventralen Gegend die Breite dieser zwei Schichten eine etwas größere, und auch die einzelnen Zellen derselben weisen ein etwas größeres Kaliber auf als sonst gemein üblich in PG. Es ist, als ob die - später zu beschreibenden - Charakteristica der Temporalformation der T2 und T3 (also TE) etwas über ihre Grenzen hinaus dorsal auf die Area PG übergreifen würden und ihr somit in gewissem Sinne den Typus 1 (2) des mittleren Temporallappens aufprägen würden, und zwar durch die dazwischenliegende Area PH hindurch (vgl. Abb. 88 und 92). Tafel LXXVI stammt eben aus dieser Gegend des Angularis und zeigt daher eine sonst für PG übermäßig stark entwickelte V. und VI. Schicht.
Wir haben schon vorher erwähnt, daß die Formation des Gyrus angularis nicht immer so deutlich unterscheidbar ist von der des supramarginalis, und betonen es hier nochmals. Wir haben Hirne gefunden, wo eine Unterscheidung kaum möglich war; zwar konnte man beim Vergleich der Präparate nebeneinander die Unterscheidungsmerkmale, die wir angeführt haben, in geringem Grade auch dann noch wiederfinden, doch waren dieselben nicht ausgeprägt genug, um ohne unmittelbaren Vergleich die Erkennung zu ermöglichen. Auch haben wir manchmal die Rinde der Area angularis, die sonst gewöhnlich etwas schmäler ist als bei der Area supramarginalis, manchmal sogar breiter als bei letzterer gefunden, und wir möchten hier nochmals auf die Worte am Ende des §5 der Beschreibung von PF auf Seite 575 hinweisen!
BETZ hat betreffs des unteren Scheitelläppchens bloß angeführt, daß es ebenso wie das obere (und wie die C. p.) den „allgemeinen Rindentypus" biete, womit das gemeint ist, was wir homotypischen Bau (6 Schichten) nennen und wirklich für das untere Scheitelläppchen entspricht.
Auch HAMMARBERG weist bloß auf die Ähnlichkeit des unteren Scheitellappens mit dem oberen hin, ohne eine genaue Beschreibung davon zu geben (bezüglich des oberen vgl. S. 557). Ein Unterschied zwischen den vorderen Partien des unteren Scheitellappens und den hinteren (also Area supramarginalis und Area angularis) ist auch ihm aufgefallen, ohne daß es - offenbar wegen der großen individuellen Variabilität - ihm gelungen wäre, die Unterschiede zu präzisieren; es kommt ihm - scheinbar richtig - die III. Schicht in den vorderen Partien sehr mächtig vor (über 1 mm), nach hinten zu (also im Gyrus angularis) ist sie jedoch auch recht weit; daß die IV. Schicht hier (im Gyrus angularis) scheinbar in zwei Schichten zerfällt, wie wir dies beschrieben haben, ist auch HAMMARBERG aufgefallen. Eine Abbildung für den Gyrus parietalis inferior gibt HAMMARBERG nicht. CAMPBELL (Abb. 1 und 2) hat die unteren Parietalformationen nicht sehr eingehend behandelt und erwähnt die Ähnlichkeit mit den Temporalformationen; er findet den Hauptunterschied darin, daß in der IIIc im unteren Parietallappen zwar kleine Zellen die Hauptrolle spielen, daß aber doch vereinzelt sich auch größere Zellen mit Nisslschollen fänden während im Temporallappen sich solche angeblich nicht vorfinden. Das Vorkommen zahlreicher großer Zellen in IIIc deute die Höhe des Occipitallappens an. (Letzteres ist richtig.) OSKAR VOGT führt (Zeitschr. f. Psychiatrie u. Neurol. Bd. 2) an, daß die Rinde des Gyrus supramarginalis der Kuppe der hinteren Zentralwindung (unserem PC) ähnlich gehe; bloß fehlen in III und V ganz große Zellen, und IV enthalte viele pyramidenförmige Zellen (offenbar unsere triangulären Zellen in IVb). Diese Beschreibung entspricht, wie wir sehen recht wohl dem Aussehen dieser Formation in großen Zügen.
582 Lobus parietalis.
BRODMANN (Abb. 6 und 7) teilt ebenfalls das untere Parietalläppchen in eine Area supramarginalis (sein Feld 40 unser PF) und eine Area angularis (sein Feld 39 unser PG); erstere stößt auch nach ihm nach vorn an die Area postcentralis caudalis (sein Feld 2, unser PD) und an die operculare Formation (seine Area subcentralis, Feld 43, unsere Mischformation PDF), von der sie nach BRODMANN durch den Sulcus subcentralis posterior geschieden ist; gegen die Area angularis bildet die Jensensche Furche annähernd die Grenze. Gegen die Regio temporalis grenzt sie sich nicht scharf ab. Die Area angularis zeigt fließende Übergänge gegen die Regio occipitalis und die Area temporooccipitalis (unser PH). Wir haben BRODMANNs Benennungen, wie man sieht, beibehalten sowie seine Einteilung, da sie uns unseren Befunden gut zu entsprechen schien, obwohl BRODMANN leider eine nähere Begründung dieser Einteilung und Beschreibung oder bildliche Wiedergabe zu geben nicht mehr dazugekommen ist. Doch scheint uns trotzdem diese Homologisierung berechtigt. Diese Felder 39 und 40 findet man bei Tieren nicht; dagegen ist bei Affen (Abb. 106, 107) zwischen Sylvischer Furche und Sulcus intraparietalis und zwischen diesem und dem Gyrus limbicus posterior eine Area parietalis, die er als Feld 7 bezeichnet, also so wie die Area parietalis superior des Menschen (Abb. 6, 7), unsere Area PE; von diesem Feld 7 der Affen sagt er nun bezüglich seines Abschnittes an der Konvexität: „Seiner Lage nach unterhalb des Sulcus intraparietalis müßte man sie den Feldern 39 und 40 des unteren Scheitelläppchens" (unsere PF und PG) „an die Seite stellen. Aus vergleichend anatomischen Gründen glaube ich jedoch, daß es der gesamten Regio parietalis des Menschen entspricht und also das noch undifferenzierte Ausgangsgebiet für alle parietalen Felder (außer Area 5)" (unsere PA2) „darstellt." Man vergleiche hierzu, was wir S. 574 bezüglich einer solchen Differenzierung beim Menschen selbst gesagt haben.
Markbildung. Was nun die Markbildung im unteren Scheitelläppchen anlangt, so lassen sich die schönen Kaesschen Tafeln leider nicht zum Vergleich oder zur Vervollständigung der Architektonik der Gegend genügend verwerten. Die Fasern in der Tangentialfaserschicht (I. Schicht), obschon reichlich, scheinen nach KAES etwas weniger reichlich vorhanden zu sein als in der I. Schicht des oberen Parietalläppchens. Ferner ist der Baillargersche Streifen an den Kaesschen Bildern im unteren Scheitellappen besser ausgeprägt als im oberen, öfters sogar verdoppelt zu sehen. Zwischen vorderem und hinterem Teil des unteren Scheitellappens macht KAES scheinbar keinen Unterschied.
ELLIOT SMITH (Abb. 3, 4 und 5) sagt, ebenso wie wir, die Rinde des unteren Scheitellappens sei breiter als die des oberen; auch der untere habe zwei Baillargers, doch sind dieselben weniger dicht und weniger nah aneinandergerückt als die des oberen; ferner teilt auch SMITH das untere Scheitelläppchen in eine hintere Area parietalis inferior A (unsere Area angularis PG) und eine vordere Area parietalis inferior B (unsere Area supramarginalis PF) und einen opercularen Teil Area parietalis inferior C oder Area parasylvia (unsere Area supramarginalis opercularis PFtop); hinter der Jensenschen Furche seien die Baillargers deutlicher ausgeprägt als vor ihr. In der Area parasylvia dagegen seien die Baillargers überhaupt nicht ausgeprägt.
Nach VOGTs Angaben (s. Schema Abb. 9b) ist auch der untere Parietallappen euradiär, d. h. daß die radiären Markstrahlen bis an die Aussengrenze von IIIb ziehen, ferner dyscingulär, d. h. daß die II. Schicht ebenfalls Markfasern genügend enthält, so daß sie sich von I nicht sehr deutlich abhebt. Während das obere Scheitelläppchen bistriär war (größtenteils), d. h. daß beide Baillarger dort gut zu sehen waren, ist das untere Scheitelläppchen nach VOGT (zum Unterschiede von E. SMITH!) beinahe astriär (propeastriata), da sowohl die V. Schicht als der obere Teil der VI. Schicht (6aα) viele Markfasern enthält und somit die Baillargers nicht durch Kontrast hervortreten können. Auch VOGT macht einen Unterschied zwischen vorderem (seine Area 88 und 89) und hinterem (seine Area 90) Teil des unteren Scheitellappens, und zwar tritt scheinbar im hinteren Teil (unsere Area angularis PG) der obere Baillarger doch etwas hervor (propeunistriär), da die V. Schicht doch in ihren oberen Partien heller ist im Markbild. Der vordere Teil, unserer Area supramarginalis PF entsprechend, teilt VOGT noch in eine faserreichere vordere Hälfte (Area 88) und eine faserärmere rückwärtige (Area 89). Die Gegend des parietalen Operculums (unsere Area PFop) ist im Markbild auch nach VOGT anders als die Umgebung gebaut. Sie ist euradiär, d. h. daß die Markbündel bis an die obere Grenze von IIIb reichen, sie ist jedoch eucingulär, d. h. daß II als faserarm sich gut von der Tangentialschicht in I abhebt; dagegen sind der Kaes-Bechterewsche Streifen zwischen II und III und beide Baillargers deutlich zu sehen; sie ist also multostriär; ventral ist dieses Gebiet etwas faserreicher als dorsal, so daß VOGT sogar zwei Areae an unserem PFop unterscheiden konnte, nach der Myeloarchitektonik eine ventrale Area multostriata dives 73 und eine dorsale Area multostriata pauper 74.
Area angularis. 583
Man sieht daraus, daß auch die myeloarchitektonischen Studien zu einer ähnlichen Einteilung des unteren Parietalläppchens führen wie die cytoarchitektonischen.
Myelogenetisch teilt auch FLECHSIG (s. Schema Abb. 90) das untere Scheitelläppchen in einen vorderen Teil, den er als Feld 19 1) zu den Intermediärgebieten oder zu den sog. Randzonen der primordialen Sinnesfelder zählt (die bekanntlich im Laufe des ersten Lebensmonats ihr Mark bekommen), und einen rückwärtigen Teil, der größtenteils dem Gyrus angularis (und hinteren Teilen des Supramarginalis entspricht) und der als FLECHSIGs Feld 34 äußerst spät erst markreif wird und zu dem großen parietalen Assoziationszentrum gehört. Wieweit die Flechsigsche Einteilung physiologisch irgendeine Bedeutung hat, läßt sich heute noch nicht mit Bestimmtheit sagen. Merkwürdig ist aber doch folgendes: Wir haben in der Einleitung zu diesem Kapitel des unteren Parietallappens erwähnt, wie der Gyrus supramarginalis und caudale Teile der ersten Temporalwindung ferner die von uns Area parietalis basalis (oder temporooccipitalis) genannte Gegend und der Lobus fusiformis sich cytoarchitektonisch nahe stehen und den Rindentypus 3 aufweisen (Abb. 88); alle diese Gebiete nun hängen auch am Flechsigschen Schema, wie man sieht, als „Intermediärgebiete" zusammen. Allerdings passt diese Analogie weiter für das obere Parietalläppchen z. B., das cytoarchitektonisch gerade eher gewissen Teilen des Gyrus angularis ähnlicher ist als dem Gyrus supramarginalis, nicht mehr, und es wird wohl lange dauern, bis wir diese Verhältnisse zu deuten imstande sein werden. Um Wiederholungen hier zu vermeiden, verweisen wir noch speziell auf unsere Ausführungen betreffs gewisser Analogien zwischen unserem Rindentypus und den Flechsigschen Assoziationsfeldern und der Diskrepanz dieser beiden Rindeneinteilungen gerade in diesem Gebiete auf Kap. 4, S. 194-196 und auf den folgenden §7.
[footnote p 583 1) Dorsal von der Ziffer 14 b sollte im senkrecht schraffierten Feld die Ziffer 19 stehen; sie ist irrtümlich weggelassen worden.]
584 Lobus parietalis.
In das untere Parietalläppchen hat die Lokalisationslehre eine Menge von Fähigkeiten verlegt, und auf Abb. 98 haben wir ziemlich wahllos die mutmaßlichen Ergebnisse verzeichnet, welche wohl meist die Pathologie der Lehre der Lokalisationen geliefert hat. Wir wollen uns auch hier absichtlich auf keine Art Kritik oder Sichtung dieser Resultate einlassen, da dies ganz außerhalb unserer rein morphologischen Aufgabe liegt und wir doch gerade dem ausweichen wollen, daß anatomische Untersuchungen mehr oder weniger bewusst von physiologischen oder gar psychologischen Überlegungen irgendwie beeinflusst werden; ganz vermeiden läßt sich ja dies leider ohnehin nicht; und so wollen wir bloß kurz hier einige Daten ins Gedächtnis zurückrufen. Die Ansicht, daß bei allen höheren Funktionen unseres Großhirns die ganze Hirnrinde in Aktion tritt, wird berechtigterweise immer allgemeiner und was wir früher Zentren genannt haben, sind wichtige Knotenpunkte dieser Gesamtaktionen oder die Stellen, von denen aus diese Gesamtwirkung auf absteigenden Bahnen die Rinde verläßt, um zu einer effektorischen Auswirkung zu kommen oder umgekehrt, an denen ein exogener Reiz in die Rinde eintritt und von hier aus eine Aktion in der Gesamtrinde auslöst. Wie sehr man aber auch diesen Begriff der „Gesamtfunktion" sich stets vor Augen halten mag, die Tatsache der motorischen Lähmung und der sensiblen Störung bei ganz präzisen lokalen Läsionen ganz bestimmter und konstanter Stellen der Großhirnrinde läßt es als der Mühe wert erscheinen sowohl von theoretischen als besonders von praktischen Gesichtspunkten aus die Störungen zu verzeichnen, die mit einer gewissen Häufigkeit bei Läsionen bestimmter Hirnstellen immer wieder auftreten, ohne allerdings bei dieser Art von „Lokalisation" von Zentren sprechen zu müssen; einer späteren Forschung möge man es dann überlassen, die „Elementarfunktionen" resp. Elementarausfälle solcher Störungen zu erforschen und in bestimmten Rindenstellen oder Schichten oder Teilen davon das materielle Substrat für dieselben festzulegen. Mit dieser Einschränkung also mag es gesagt sein, daß es bei Herden noch in der hinteren Zentralwindung (s. S. 540-544) zu reinen Tastagnosien kommt; zur Astereognose bei Herden im Gyrus supramarginalis oder auch angularis; für den Muskelsinn und die Lokalisation kommt ebenfalls besonders der Gyrus supramarginalis in Betracht. Ideatorische Apraxie kommt bei Läsionen des ganzen unteren Scheitelläppchens vor, besonders ausgesprochen aber, wenn die Läsion im Angularis liegt. Bei Läsionen des Angularis wird auch Alexie beobachtet; diese ist wahrscheinlich nicht durch Schädigung etwa eines „Lesezentrums" bedingt, vielmehr ist zu ihrem Zustandekommen eine Schädigung des tiefen zum Hinterhaupt ziehenden Markes dieser Gegend, wahrscheinlich sogar der Balkenfasern, notwendig und somit wäre sie als eine Teilerscheinung einer Schädigung der benachbarten optischen Sphäre, als eine partielle Seelenblindheit aufzufassen. Ob das Ziffern- und Notenlesen, dessen Störung manchmal auf Läsionen in der Interparietalfurche zurückgeführt wird, auch zu dieser Art gehören, wissen wir noch nicht. Rechenstörungen sind bei Läsionen im linken Gyrus angularis beobachtet worden (Akalkulie); doch scheint die Rechenfähigkeit immer auch visuell gestützt zu sein und durch Zusammenarbeit verschiedener Teile des Gehirns, besonders aber des linken Hinterhirns (oder des ganzen unteren Scheitellappens, Hinterhaupts- und Temporallappens) und vielleicht auch der rechten Hemisphäre zustande zu kommen.
Die Agraphie bei Angularisläsion (Abb. 98) dürfte eine Folge des Verlustes des Buchstabensehens und -erinnerns sein, also ebenfalls eine visuelle Störung, die das Schreiben beeinträchtigt, soweit sie nicht als eine Folge einer Mitschädigung des Sprachgebietes anzusehen ist. Jedoch sollen auch Herde im tiefen Mark des Gyrus supramarginalis durch eine Unterbrechung der in der Tiefe laufenden Verbindungen zwischen optischer (Erinnerungs-) Sphäre und dem linkshirnigen motorischen Zentrum für die rechte Hand eine reine Agraphie hervorrufen können. In letzter Zeit hat HEAD eine Erschwerung des Begreifens der vollen Bedeutung von Worten sowohl als von Dingen überhaupt bei Schußverletzungen des unteren Scheitellappens und speziell des Angularis beschrieben; erstere nennt er nominale Aphasie, letztere Semantic Defects (Deutungsstörung). In den Gyrus angularis hat man ferner seit langem auf Grund pathologischer Fälle ein Zentrum für konjugierte Blickbewegungen verlegt (deviation conjugee nach der Herdseite). GRASSET nimmt im ventralen Teile ein Zentrum für die Blickbewegungen an, im dorsalen dagegen eines für den gekreuzten Levator; BOLTON und CAMPBELL meinen jedoch, daß diese Zentren eigentlich ihren Sitz schon in den angrenzenden Partien der vorderen großzelligen Occipitalrinde, in der sog. visuopsychic Area haben. Die gelegentlich operativer Eingriffe vorgenommenen elektrischen Reizversuche an dem unteren Scheitellappen des Menschen haben bisher keinen motorischen Effekt hervorgerufen. Die entsprechenden Versuche bei Affen sind unserer Ansicht nach auf den Menschen nicht übertragbar, denn der ganze untere Scheitellappen des Menschen (PF, PG und auch PH) scheint in der ganzen Tierreihe und auch beim Affen (Cercopithecus) kein greifbares Homologen zu haben; BRODMANN verzeichnet diese Felder, die seinen Feldern 39, 40 und 37 entsprechen, nirgends an seinen Hirnkarten von Tieren (vgl. Abb. 6 mit Abb. 100-107). Wir haben also in der Rinde des unteren Scheitellappens und seiner Pars basalis eine neue Vermehrung spezifisch differenzierter Rindenareale beim Menschen zu sehen, wie wir Ähnliches schon im Stirnhirn besonders in der 3. Frontalwindung und auch in der hinteren Zentralwindung gefunden haben. Mit derselben Berechtigung, mit der wir bei Makrosmatikern die höhere spezifische Differenzierung und die gleichzeitige Massenzunahme der Areae des sog. Riechhirns zur besseren Riechfunktion dieser Tiere (im Vergleiche zum mikrosmatischen Menschen) in Verbindung bringen, werden wir auch hier diese höhere Differenzierung mit irgendwelchen speziell beim Menschen höher entwickelten Fähigkeiten in Beziehung setzen. Es ist - wie schon aus unseren früheren anatomischen Auseinandersetzungen hervorgeht - recht wahrscheinlich, daß sich der Grundtypus des Zellaufbaues des unteren Scheitelläppchens aus einer höheren spezifischen Differenzierung der Rinde des oberen Scheitelläppchens entwickelt hat, mit welcher die Formationen des unteren Scheitellappens eine individuell verschieden ausgesprochene Ähnlichkeit im Zellbau haben. Und wir möchten auf einen Umstand hier speziell aufmerksam machen, daß nämlich der Scheitellappen und besonders der untere, zwar einheitlicher gebaut ist als z. B. das vordere Stirnhirn, in welchem wir so viele verschiedene Areae und Varianten derselben unterscheiden konnten, daß aber im unteren Scheitelläppchen die Konstanz des Zellbildes eine geringere ist, d. h. die individuellen Unterschiede größere sind als im Stirnhirn, so daß man gar nicht zu einer richtigen konstanten arealen Einteilung desselben kommt und dieselbe noch vielmehr der persönlichen Willkür des Untersuchers unterliegt als in anderen Hirnlobi.
Area angularis. 585
Diese beiden Umstände, daß wir im unteren Scheitelläppchen großenteils eine Neuformation des menschlichen Hirnes zu sehen haben und daß dieselbe mehr individuelle Unterschiede als andere Hirnteile aufzuweisen scheint, sind wohl der Beachtung wert. Am naheliegendsten ist es natürlich eine dem Menschen eigenartige Hirnbildung mit seiner höheren Intelligenz in Beziehung zu bringen. Entschieden merkwürdig und wohl mehr als ein bloßer Zufall dürfte es sein, daß FLECHSIG (Abb. 90) mittels der myelogenetischen Methode fand, daß ein großer Teil des unteren Scheitellappens, zu den am spätesten markreifenden Hirnteilen (Terminalgebiet) gehört (Nr. 34), und er verlegt hierher sein hinteres großes Assoziationszentrum, zu dem er allerdings auch den mittleren und hinteren Teil der zweiten und dritten Temporalwindung (Nr. 36) rechnet. Mitten zwischen Tast-, Seh- und Hörsphäre gelegen ist nach FLECHSIG die Bildung und Sammlung von Vorstellungen äußerer Objekte (und von Wortklangbildern) und die Verknüpfung derselben untereinander, mithin das positive Wissen usw., kurz die wesentlichen Bestandteile dessen, was man als „Geist" bezeichnet, die Aufgabe dieses Assoziationszentrums. Eliminieren wir von diesem Flechsigschen parietotemporalen Terminalgebiet den temporalen Teil, der wohl vor allem mit der Sprachfunktion zusammenhängt, und sehen wir welcher Art die Störungen sind, welche die Pathologie bei Läsionen des unteren Scheitellappens verzeichnet hat, es zeigt sich, daß abgesehen von den konjugierten Augenbewegungen, welche mit Wahrscheinlichkeit weiter caudalwärts zu verlegen sind, die beobachteten Ausfälle gnostischer Natur sind; HEAD nennt die gefundenen Defekte asemantischer Natur, das soll heißen, daß das Begreifen der Bedeutung der Dinge Schaden gelitten hat; diese letztere Umschreibung der Störung ist eine etwas weitere als die der Erkennung oder Gnosie; jedenfalls handelt es sich aber hier bei sonst erhaltener primärer Auffassung eines Objekts um eine Störung der Deckung dieser Auffassung mit dem Wissensschatz, d. h., mit den früheren Erinnungsbildern und den mit diesen verknüpften Vorstellungen und Zweckhandlungen. Jedenfalls stellt diese Funktion des unteren Scheitellappens, wie immer man sie umschreiben oder definieren mag, einen guten Teil dessen dar, was wir „Intelligenz" nennen (s. Näheres 5. Kapitel, S. 247). Es ist wohl unnötig, hier noch näher zu betonen, daß es sich dabei nur um einen gewissen Teil der Intelligenz und speziell des Verstandes handeln kann, und daß die Tiere, welchen das untere Scheitelläppchen oder seine Rindenfunktionen fehlen, nicht deshalb etwa jeder Intelligenz entbehren, sondern daß dies bloß so aufzufassen ist, daß wir heim Menschen eine höhere spezifische Differenzierung dieser Eigenschaften einerseits und jener Rindenteile andererseits finden. Jedenfalls sind die Anschauungen FLECHSIGs im Wesen nicht im Widerspruch zu den pathologischen noch auch zu den cytoarchitektonischen Erfahrungen, wenn auch Name und Begriff der „Assoziationszentren" vielleicht nicht glücklich gewählt sind und auch das Flechsigsche anatomische Postulat, daß dieselben keine Projektionsfasern besitzen sollen, nicht ganz zutreffend ist. Bezüglich letzterer verweisen wir auf einen unmittelbaren Vergleich unserer Flechsigschen Abb. 90 und der Abb. 87, welche ein Schema des Ursprungs der corticalen Projektionsfasern darstellt; wir sehen daraus, daß gerade die sog. großen Assoziationszentren FLECHSIGs Nr. 34, 35 und 36 nach MONAKOW der Ursprung der fronto, parieto- und temporopontinen Projektionsbahnen sind. Allerdings wären hier nunmehr spezielle Untersuchungen dringend angezeigt, um im Lichte der arealen Rindeneinteilung den Ursprung der Projektionsbahnen sowohl als die Myelogenie auf eine neue Basis zu stellen; betreffs der frontopontinen Bahnen haben wir schon (s. S. 383) erwähnt, daß ein großer Teil ihres von MONAKOW schematisch verzeichneten Ursprungsgebietes unserer Area FF entspricht, welche im Verhältnis zu den Areae FD, FE, FG ihrer Umgebung durch eine starke Entwicklung ihrer V. und VI. Schicht recht auffällig ausgezeichnet ist; jedoch nimmt MONAKOWs Ursprungsgebiet schematisch einerseits nicht das ganze Gebiet FF ein, greift aber andererseits auch auf das ganze Gebiet von FE über; es wäre nun sehr wertvoll festzustellen, ob nicht etwa sogar eine engere Kongruenz zwischen der starken Entwicklung der inneren Hauptschicht dieser Gegend und dem Ursprungsgebiet der frontopontinen Bahn besteht, zumal dieselbe (Abb. 88) den Rindentypus 2 und 1 (2) aufweist, also einen Bau, wie er der effektorischen Rinde eben entspricht (4. Kapitel, S. 192), während der übrige frontale Pol den Rindentypus 3 aufweist, den sog. parietalen Rindentypus, mit geringer Entwicklung von V. und VI. Schicht. Auch im Gebiete des temporopontinen Bahnursprungs (Abb. 87) finden wir auf Abb. 88 den effektorischen Rindentypus 1 (2) und eine sehr stark entwickelte V. und VI. Schicht; diese Kongruenz der Bilder an dieser Stelle ist also sogar eine recht auffallende. Nun haben wir in §5 eben vorhin erwähnt, daß diese temporale "Überentwicklung" der inneren Projektionsschichten längs der zweiten Temporalwindung caudal-dorsal, mitten durch das sonst den Rindentypus 3 aufweisende temporoparietobasale Gebiet hindurch, etwas auf die ventralen Teile des unteren Scheitellappens übergreift (s. Abb. 88), besonders den Gyrus angularis (s. S. 581). Nun verzeichnet auch MONAKOW in dieser Gegend die Ursprungsstätte der parietopontinen Projektionsbahn, jedoch in einem viel ausgedehnteren Gebiet, als wir die „Überentwicklung" der Projektionsschichten im unteren Scheitellappen 1 (2) gefunden haben; andererseits wird auch vielfach (Abb. 87) der Ursprung der parieto(occipito)-pontinen Bahn in den oberen Scheitellappen verlegt; auch hier würde eine Kombination der myelogenetischen, cytoarchitektonischen und faser-anatomischen Untersuchung bald Klärung in diese komplizierten Verhältnisse bringen.
586 Lobus parietalis.
Jedenfalls ist im großen ganzen die geringe Entwicklung der V. und VI. Schicht, welche caudalwärts progredient abnimmt, also die Unterentwicklung der sog. Projektionsschichten (s. 4. Kapitel, S. 163, 175) das Charakteristische für den unteren Scheitellappen und der für den ihn bedeckenden Rindentypus 3, den wir daher den parietalen Rindentypus genannt haben (Abb. 88). Nun findet sich hier einerseits eine auffallende Übereinstimmung, andererseits auch ein nicht geringer Widerspruch zwischen unserer Rindeneinteilung und jener FLECHSIGs. Wir haben gesagt, daß der Gyrus supramarginalis den Grundtypus dieses Rindentypus 3 aufweist und daß sich derselbe nicht auf das untere Scheitelläppchen allein beschränkt, sondern auch auf die erste Temporalwindung, die temporooccipitale Übergangsgegend (Pars parietalis basalis) und den Lobus fusiformis erstreckt (s. Abb. 88). Nun finden wir auf dem Flechsigschen Schema Abb. 90, 91 ebenfalls den Gyrus supramarginalis, die erste Temporalwindung, die Pars parietalis basalis und den Lobus fusiformis als einheitliches, und zwar intermediäres Gebiet (Nr. 14-23) verzeichnet - dies die Übereinstimmung unserer Einteilung. Der Widerspruch liegt jedoch darin, daß unser Rindentypus 3, den wir auch am Frontalpol gefunden haben, uns wegen seines Vorkommens daselbst sowie im unteren Scheitellappen vielleicht eine Beziehung zur späten myelogenetischen Entwicklung (des Assoziationsfeldes) vermuten ließ; diese Vermutung erweist sich jedoch als unhaltbar besonders mit Rücksicht auf das temporale Assoziationsfeld FLECHSIGs (Nr. 36, Abb. 90), welches gerade der nach dem effektorischen Rindentypus 1 (2) gebauten, beinahe inselförmigen Aussparung innerhalb des Ausbreitungsgebietes des Rindentypus 3 auf dem mittleren Temporallappen auf Abb. 88 a entspricht. Hier werden wohl ebenfalls erst künftige Forschungen diese scheinbaren Zusammenhänge und Widersprüche aufklären müssen.
Area parietalis basalis 587
Unterhalb des eigentlichen unteren Parietallappens, zwischen diesem, dem hinteren Teil des Temporallappens und dem vorderen des Occipitallappens, überzieht als breites Band in der Richtung gegen die Incisura praeoccipitalis der basalen Hirnkante, diese in sich fassend und bis an den Lobus fusiformis an der Hirnbasis reichend, eine Formation von (unterem) parietalen Bau die Windungen dieses ganzen Gebietes(s. Abb. 96 und 97 dunkelrot). Sie nimmt also an der Konvexität den hintersten Teil der breiten zweiten Temporalwindung und den vorderen unteren der zweiten Occipitalwindung ein und an der Basis den hinteren Teil der dritten Temporal- und vorderen der dritten Occipitalwindung (Abb. 92, 93 und 95). Unter „parietalem Bau" verstehen wir (s. S. 560) eine Formation mit allgemeiner (mittlerer) Zellkleinheit bei Fehlen oder Armut an vereinzelten größeren Zellen, allgemeinem Zellreichtum aller Schichten, feinradiärer Streifung, deutlicher und sehr breiter äußerer und innerer Körnerschicht, scheinbarer Zusammengehörigkeit der V. und VI. Schicht, Gleichheit an Zelldichtigkeit und Tinktion der Schichten über und der Schichten unter der IV. Schicht, ziemlich gute Abgrenzung gegen das Mark; dies alles bei einer übermittelbreiten Rinde. Dieser Rindenbau gehört dem Rindentypus 3 an (4. Kapitel, S. 188). Diese Charakteristica weist nun die occipitotemporale Zwischengegend auch auf, und zwar so, daß sie den unteren parietalen Formationen ähnlicher sieht als etwa den occipitalen Formationen oder den temporalen der zweiten oder dritten Temporalwindung, auf der sie sich befindet. Daß dann auch der Lobus fusiformis eine ähnliche Formation trägt und daß schließlich auch die erste Temporalwindung sich im Aussehen dieser Formation nähert, haben wir Seite 561 (dritter Absatz) schon angedeutet. Wir würden es daher nicht für ganz berechtigt halten, wollte man diese Gegend bloß als Übergangsformation zwischen Schläfe- und Hinterhauptsformation ansehen, da sie keineswegs als Zellaufbau ein Mittelding dieser Lobi ist, sondern den eigenen Charakter des unteren Parietallappens als Grundtypus an sich hat. Allerdings ist es wichtig gleich zu betonen, daß diese Formation noch weniger einheitlich als die anderen parietalen Formationen ist und je nach ihrer Lage in der Nähe der übrigen parietalen Formationen mehr als sonst den parietalen Charakter ausgeprägt hat, rückwärts außer dem parietalen mehr den occipitalen und vorne in der Nähe des Schläfelappens außer dem parietalen mehr den temporalen Charakter (vgl. Tafel LXXVIII-LXXX). Unter solchen Umständen ist es natürlich auch schwer, eine einheitliche Beschreibung des Aufbaues dieser Formation zu geben, und man könnte sie auch, je nach der Nachbarschaft von der sie einzelne Züge annimmt (s. Abb. 92), einteilen in eine Area PHP, PHO und PHT; doch sind die Übergänge zu verwischt, um eine solche Einteilung wirklich umgrenzen zu können als eigene Areae, und wir bezeichnen daher dieses ganze Gebiet als Area parietalis temporooccipitalis oder kurz parietalis basalis PH und bringen den regionalen Charakter der einzelnen Partien dadurch zum Ausdruck, daß wir je nachdem hinzusetzen in Lim. parietal., occipital. oder temporal.
Was die Zeichnung der Rinde anlangt ist zu sagen, daß in der Mitte der Rindenbreite ein schmaler, dunkler Streifen zu sehen ist (Abb. 116, Nr. 8), der der IV. Schicht entspricht, darüber und darunter ist die Rinde gleichmäßig etwas lichter; die Grenze gegen das Mark ist recht scharf. Die Breite schwankt zwischen 2.9 mm und 2.4 mm, und zwar ist die Rinde an der Konvexität am breitesten in der Nähe des Temporallappens, dann in der Nähe des Parietallappens und am schmälsten in der Nähe des Occipitallappens; sie nimmt progressiv gegen den Occipitallappen an Breite ab (Abb. 26-29); an der Hirnbasis ist sie ebenfalls schmäler als an der Konvexität.
Es fällt vor allem der (untere) Parietalcharakter auf, und zwar die feine radiäre durchgehende Streifung (Abb. 45 und 46), die hauptsächlich in IV und III zu sehen ist, so daß Zellsäulen von 1-2 Zellen Breite zu sehen sind; die Zellkleinheit und der Zellreichtum der Formation, der oberhalb und unterhalb IV ungefähr der gleiche ist; das Fehlen auffallend größerer Zellen in III und V; die Deutlichkeit beider Körnerschichten; die Gleichartigkeit von V und VI, so daß sie eine einzige Schicht zu bilden scheinen; die gute Abgrenzung gegen das Mark.
588 Lobus parietalis.
Neben diesen allgemeinen Charakteristica hat die PH noch speziellere, und zwar ist die II. Schicht nicht ganz so auffallend wie in PF; die IV. Schicht ist zwar ebenfalls recht zelldicht aber schmäler als sonst im unteren Parietallappen (Abb. 70, 71), und was das Auffallendste ist, die V. und VI. Schicht sind noch viel mehr zu einer einzigen Schicht vereinigt, als dies im übrigen unteren Parietallappen der Fall war, so daß man sogar mikroskopisch mit den schwachen Vergrößerungen (bis 50fach) die richtige Grenze zwischen VI und V anzugeben nicht imstande ist, weil die Zellen der V. Schicht, abgesehen von einzelnen größeren Elementen, sonst die gleiche Grundgröße haben als die der VI.; aber auch bei stärkeren Vergrößerungen (z. B. Tafel LXXVIII und LXXIX bei 100facher Vergrößerung) ist es schwer, die Grenze anzugeben, weil mehr als sonst dreieckige Zellen in VI vorkommen, besonders in den oberen Partien, und mehr spindelförmige Zellen in der unteren von V, jedenfalls erscheint hierdurch V bei starker Vergrößerung viel breiter und die Schicht der reinen Spindelzellen relativ recht schmal. Außerdem ist die Grenze keine annähernd gerade Linie mehr wie sonst, sondern eine Wellenlinie mit großen Schwankungen. So sehen wir auf Tafel LXXVIII als Grenze eine Wellenlinie, deren Culmina und deren Täler durch die Bezeichnung V / VI kenntlich gemacht sind. Auch dann noch, wenn man eine solche Grenze zieht, ist sie für die Zwischenräume auch noch immer ungenau, so daß die Schwierigkeit der Trennung von V und VI und die Abnahme an typischen Spindelzellen als für PH charakteristisch angegeben werden kann und occipitalwärts noch auffälliger wird. In der Nähe der Temporalformation dagegen ist diese Eigentümlichkeit wieder weniger ausgeprägt.
Gegen T und gegen O nimmt außerdem die PH-Formation einige Charakteristica dieser Nachbarbildungen an, die wir in §4 bei Besprechung der einzelnen Schichten noch ganz besonders hervorheben wollen und auch später in §5, worauf wir hier speziell verweisen; in der Nähe von T findet eine Verschmälerung der III. Schicht statt gleichzeitig mit dem Auftreten einzelner großer Zellen in IIIc (s. Tafel LXXX), und eine Zerklüftung von IV in senkrechte Zellsäulchen; in der Nähe von O (s. Tafel LXXIX) eine Verschmälerung der ganzen Rinde, besonders aber der inneren Hauptschicht, Zellsäulchenstellung in der III. Schicht und vereinzelte große Zellen darin und auch in V. Charakteristisch ferner für PH ist es, daß die Zellen der V. Schicht nicht nur in ihrer Mehrzahl klein sind, sondern daß sie an Größe die Zellen der VI. kaum übertreffen oder caudalwärts sogar wirklich schon kleiner sind (Abb. 79-82).
Nach dem Vorhergesagten ist die Formation PH in ihrer Dicke recht verschieden und nimmt dieselbe von oben und von vorn, nach unten und nach hinten ziemlich rasch ab. Es wird also hier noch viel schwieriger als gewöhnlich sein allgemein gültige Zahlen zu geben, und wir werden uns darauf beschränken, Zahlen auch verschiedener Gegenden von PH mit Angabe der Gegend, woher sie stammen, anzuführen.
a) Kuppe von PH unterhalb Gyrus angularis auf dem hinteren oberen Teile der zweiten Temporalwindung (also PHP):
Gesamtdicke 2.9 mm
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | ||
absolut | 0.20 | 0.22 | 1.00 | 0.24 | (0.50-)0.70 | (0.50-)0.30 | 0.30 | mm |
relativ | 0.07 | 0.08 | 0.38 | 0.09 | (0.19-)0.26 | (0.19-)0.12 | - | äH:iH = 53:47 |
b) Kuppe von PH nahe dem Occipitallappen (Tafel LXXIX):
Gesamtdicke 2.7 mm
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | ||
absolut | 0.18 | 0.24 | 0.72 | 0.29 | (0.60-)0.80 | (0.50-)0.30 | 0.20 | mm |
relativ | 0.07 | 0.09 | 0.29 | 0.10 | (0.24-)0.32 | (0.21-)0.13 | - | äH:iH = 45:55 |
Area parietalis basalis. 589
c) Kuppe von PH nahe der Temporalformation:
Gesamtdicke 2.9 mm
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | ||
absolut | 0.22 | 0.23 | 0.62 | 0.24 | 0.60 | 0.56 | 0.40 | mm |
relativ | 0.09 | 0.09 | 0.25 | 0.10 | 0.24 | 0.23 | - | äH:iH = 43:57 |
d) An einer weiter rückwärtigen Stelle zwischen Temporal- und Occipitalformation (Tafel LXXX):
Gesamtdicke 2.7 mm an der Kuppe
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | ||
absolut | 0.22 | 0.26 | 0.70 | 0.24 | 0.60 | 0.50 | 0.20 | mm |
relativ | 0.08 | 0.10 | 0.28 | 0.10 | 0.24 | 0.20 | - | äH:iH = 46:54 |
Gesamtdicke 2.2 mm an der Wand
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | ||
absolut | 0.22 | 0.22 | 0.60 | 0.20 | 0.50 | 0.40 | 0.10 | mm |
relativ | 0.10 | 0.10 | 0.28 | 0.09 | 0.24 | 0.19 | - | äH:iH = 48:52 |
Aus diesen Zahlen geht zwar hervor, daß die PF-Formation mehr als andere noch von Ort zu Ort Verschiedenheiten aufweist; jedoch ersehen wir, daß diese Verschiedenheiten sich hauptsächlich auf die Breite der III. Schicht beziehen; andererseits bemerken wir, daß die IV. Schicht um ungefähr 40% schmäler ist als sonst im unteren Scheitelläppchen, d. h. ungefähr die Norm, ca. 0.1 der Rindenbreite, wieder ausmacht; dabei ist sie aber überall trotzdem sehr deutlich ausgeprägt; die V. Schicht ist überall eher recht breit und die VI. Schicht eher schmal.
Ebenso schwer als richtige Zahlenverhältnisse anzugeben ist es auch, eine für alle Stellen der Area parietalis basalis gültige Beschreibung der Schichten zu geben, da dieselben, je nach der Gegend ihren Charakter etwas ändern. Am gleichmäßigsten durchweg ist noch die innere Hauptschicht gebaut.
I. Die Molekularschicht mit 0.18-0.22 mm Breite weist Zahlen auf, welche zwar um beinahe 0.1 mm hinter der absoluten Breite der gleichen Schicht von PF stehen, jedoch relativ bei der Abnahme der ganzen Rindenbreite ungefähr den gleichen relativen Wert aufweisen und ungefähr normale absolute Durchschnittswerte darstellen wie auch in PG. Man vergleiche zum Verständnis dessen am besten die Tafel LXXVIII mit Tafel LXXII.
Auch hier kann man eine kernreichere obere Hälfte noch deutlich von einer etwas kernärmeren unteren differenzieren. Die untere Grenze ist überall recht scharf; relativ am wenigsten ist sie es in den Partien gegen den Temporallappen zu. In der kernreichen oberen Zone sind ca. 120 Kerne von allen möglichen Zellen, Endothel- und Gliazellen mitgerechnet, in 0.1 mm3 zu sehen, wovon ca. 10 Nervenzellen sind von der Größe 7/6 µ, meist dreieckiger Form. In der kernärmeren Zone sind ungefähr 60 Kerne pro 0.1 mm3 mit noch weniger Nervenzellen, so daß man als Durchschnitt ca. 7 bis 8 Nervenzellen pro 0.1 mm3 annehmen kann.
II. Die äußere Körnerschicht ist 0.22-0.26 mm breit, also wenn auch bei weitem nicht so breit wie in der Area supramarginalis, so ist sie immerhin sehr deutlich zu sehen und ist relativ von mittlerer Breite. Sie ist nach oben gut, nach unten bloß ziemlich gut begrenzt, da ihre Zellen und die der IIIa sich an der Grenze vermengen. Die der IIIa sind zwar um ein Stück größer und liegen weniger dicht, doch ist der Übergang ein allmählicher.
Die Dichtigkeit der äußeren Körnerschicht und ihr Zellreichtum ist in PH ein regionär ziemlich verschiedener; man vergleiche hierzu Tafel LXXVIII mit LXXIX und LXXX. In der Nähe der Parietalformation (also in PHP Tafel LXXVIII) sind 120 Zellen pro 0.1 mm3, also beinahe so viel wie in der Area supramarginalis. In der Nähe der Temporalformation (also PHT Tafel LXXX) 100 Zellen pro 0.1 mm3 und in der Nähe der Occipitalformationen (also PHO Tafel LXXIX) ca. 80 Zellen pro 0.1 mm3; die Zellen sind der Oberfläche zu kleine und meist echte Körnerzellen von 4/4 bis 5/5 bis 6/6 µ Größe; der Tiefe zu sind es meist größerwerdende dreieckige und pyramidenförmige Zellen von 8/6 µ bis 12/10 µ Größe, und zwar scheint in PHP die Zahl der Körnerzellen eine größere zu sein als in PHT oder PHO, besonders in der Nähe der Temporalgegend scheint die große Mehrzahl der Zellen aller Größen Pyramidenzellen zu sein. Ein solches Herabhängen der II. Schicht in die III. Schicht hinein wie in PF haben wir in PH nicht beobachten können. Gegen den Occipitallappen zu nimmt die II. Schicht in der Windungswand an Breite und Wichtigkeit zu.
590 Lobus parietalis.
III. Die Pyramidenzellschicht zeigt noch größere regionäre Unterschiede als die II. Schicht. Aber auch hier kommen wir am besten zu einem Verständnis, indem wir von der Ähnlichkeit ausgehen, die die Area PH mit der Area supramarginalis PF hat. Wir verweisen speziell daher auf das, was wir S. 566 und 567 bezüglich des Baues der Pyramidenschicht der PF gesagt haben und das in großen Zügen auch für PH gültig ist. (Man vergleiche Tafel LXXII mit Tafel LXXVIII.) Auch in VM ist die III. Schicht relativ kleinzellig und sehr zellreich, sie ist sogar in PH zellreicher, da sich hier durchschnittlich 45 Zellen pro 0.1 mm3 zählen lassen. Auch hier sind die Zellen in schmalen radiären Streifen geordnet oder in Zellsträhnen, die aus dicht übereinander geordneten Zellen bestehen (Tafel LXXVIII, Breite 16 cm und Breite 20 cm usw. und LXIX, Breite 23 cm, Breite 31.5 cm); auch hier nehmen die Pyramidenzellen von der Oberfläche in die Tiefe nur relativ wenig an größe zu, so daß diese Zellsträhne von oben nach unten vielfach aus beinahe gleich großen Zellen bestehen.
Von diesem Grundtypus ausgehend, werden wir leicht die regionären Verschiedenheiten besprechen:
In PHP (Tafel LXXVIII) ist die III. Schicht absolut (mit 1.00 mm) recht breit - sowie in der Area supramarginalis - was aber bei der Verschmälerung der ganzen übrigen Rinde eine sehr hohe relative Breite von 38% (!) ausmacht. Hier hat die Pyramidenschicht überhaupt die größte Ähnlichkeit mit der Pyramidenschicht der PF bezüglich der strähnenförmigen Stellung der Zellen, ihrer Größe usw. Auch hier ist die Zunahme der Zellen an Größe nach der Tiefe zu eine recht geringe, und den Grundstock der Zellen außer in IIIa bilden von hier bis zur IV. Schicht untermittelgroße Pyramidenzellen; doch sind in den tiefsten Teilen von III immerhin hier schon zahlreich genug neben den mittelgroßen Pyramidenzellen auch größere Pyramidenzellen eingestreut, damit man außer IIIa auch eine IIIb und IIIc voneinander unterscheiden kann. Diese IIIc-Schicht ist gegen die IV ziemlich scharf abgegrenzt und ruht unmittelbar auf der dichten IVa-Schicht auf, trotzdem recht viele kleinste Körnerzellen von IV nach IIIc aufsteigen. Wir zählen in der III. Schicht von PHP sowohl in IIIa als IIIb als IIIc durchschnittlich 45 Zellen pro 0.1 mm3. In IIIa sind die meisten davon 15-18 / 12 µ groß, obwohl auch kleinere darunter sind. In IIIb sind die meisten auch von dieser Größe, doch ungefähr 20 von den 45 Zellen erreichen eine Größe von 20/15 µ. Die mittleren Zellen haben meist erst jede fünfte eine Trabantzelle; in IIIc schließlich sind die meisten Zellen 15-18-20 / 12-15 µ wie in IIIb, doch von den 45 Zellen erreichen 12 die Größe von 20/20 µ und nur 4 bis 5 die Größe von 30/18 µ, sind also große Pyramidenzellen von kleinem Kaliber; diese größeren Zellen haben meist je einen Trabantkern; ferner finden sich ganz vereinzelt in IIIc ganz große schlanke Pyramidenzellen von 30-40 / 20 µ Größe, und zwar auf 1 mm Breite der Ausdehnung der Rinde (also 10 cm unserer Tafeln) kommen ungefähr zwei solcher ganz großer Zellen vor (Tafel LXXVIII, Höhe 25 cm, Breite 10.25 cm).
Area parietalis basalis. 591
In PHO (Tafel LXXIX) ist die III. Schicht bedeutend schmäler, nur 0.72 mm, und relativ mit 29% gut unter dem Durchschnittsmaß, obschon hier die ganze Rinde an und für sich auch schmäler ist. Die Zellen stehen hier in etwas breiteren Säulen als in PHP, und es macht den Eindruck, als ob hier die Zellen im allgemeinen etwas größer waren. Auch hier zählen wir sowohl in IIIa als IIIb und IIIc ungefähr 45 Zellen pro 0.1 mm3; in IIIa sind sie 15-18 / 10-22 µ groß, in IIIb sind ca. 15 der Zellen pro 0.1 mm3 von 20-25 / 18 µ Größe, die übrigen wie in IIIa; in IIIc endlich sind von den 45 Zellen 9 von 30/20 µ Größe, die übrigen wie in IIIa und IIIb; ganz selten sieht man Zellen von 40-45 / 20-30 µ Größe, vereinzelt und zudem desto zahlreicher, je mehr man sich dem Occipitallappen nähert. Auf Tafel LXXIX ist nur eine Zelle (bei Höhe 27.3 cm, Breite 20.3 cm), die sich diesen Dimensionen nähert; in der Wand der Windungen dagegen sind solche große Zellen häufiger; sie ordnen sich hier oft zu zweit und zu dritt in der Zellsäule übereinander an, wie dies z. B. die Tafel LXXX bei Höhe 12.2-12 cm, Breite 29-31 cm darstellt. Tafel LXXX stammt nämlich von der Mitte zwischen Temporal- und Occipitalgegend, und die Wand der Windung auf der rechten Bildseite hat den Charakter, der sowohl für Occipital- als hintere Temporalformationen charakteristisch sein kann bezüglich der breiten Säulchenstellung in der III. Schicht, der Schmalheit der III. Schicht, der Größe ihrer Zellen, ferner der Breite und Dichtigkeit von II (die V. und VI. Schicht dagegen sind wieder verschieden).
Auch für die an den Temporallappen angrenzenden Teile von PH (also PHT, Tafel LXXX) ist die Verschmälerung von III charakteristisch und die breitere in den dorsaleren Partien der PH sehr ausgeprägte Säulchenstellung der Zellen (Tafel LXXX, Breite 9 cm, 10 cm, 13 cm), die allerdings an den ventraleren Partien wieder zurücktritt. Hier sind die Zellen der tiefsten Zonen der III. Schicht auch wohl im allgemeinen größere; ganz besonders ist dies in den Wänden der Fall, wo auch die Säulchenstellung eine viel auffallendere ist als am Culmen, und wo die Basis dieser Säulchen aus mehreren übereinander getürmten ganz großen Zellen von 30- 50 µ Höhe bestehen kann (s. Tafel LXXX, Höhe 2 cm, 3 cm, 4 cm, 12-13 cm usw. in IIIc). Auch hier sind im allgemeinen 45 Zellen pro 0.1 mm3 sowohl in IIIa als IIIb und IIIc; in a sind die Zellen meist 18 / 8-15 µ; in b sind zwei Drittel ebenfalls von dieser Größe und ein Drittel von 25 / 15-18 µ; in IIIc schließlich sind ca. 10 Zellen von 25-30 / 18-20 µ, die übrigen wie in IIIa und IIIb; außerdem finden sich in IIIc, aber auch in IIIb - also höher in III als sonst -, vereinzelte große Pyramidenzellen von der Größe von 40-50 / 25-30 µ verstreut, und zwar ungefähr 8 Stück pro 1 mm Breite des Schnittes (also 10 cm auf unserer Tafel); in der Wand, wie oben gesagt, türmen sich dieselben öfters übereinander.
IV. Die innere Körnerschicht ist für PH zwar stets von guter Breite und Dichte, so daß sie im Schnitte immer auffällt und ca. 10% der Rindenbreite ausmacht und als dunkeltingiertes Band den Rindenquerschnitt ungefähr halbiert. In allen Teilen von PH ist IV ziemlich gleich breit, meist (0.20 mm bis) 0.24 mm. Sie enthält ungefähr 110 Zellen pro 0.1 mm3, die aus kleinsten ovalen Körnerzellen von 4/4 bis 6/6 µ Größe und aus kleinsten Pyramidenzellen von meist 8/5 µ Größe bestehen, die Körnerzellen liegen hauptsächlich an der Oberfläche der Schicht gegen III zu und nehmen hier bloß einen eher schmalen Saum ein; im übrigen Teile von IV sind die Pyramidenzellen wieder in der Überzahl und bilden den Grundstock des Zellbildes; unter ihnen sind vereinzelte etwas größere Pyramidenzellen von 15/10 µ eingestreut. Trotz dieser zwei Zellarten muß man sagen: die IV. Schicht zerfällt hier nicht in horizontale Unterschichten wie sonst im unteren Scheitelläppchen, sondern bildet mehr ein einziges, ziemlich dichtes Zellband; nach IIIc hinauf und nach V hinunter springen nur wenige Körnerzellenzüge vor. Gegen die Occipitalformation zu (Tafel LXXIX) sind die Zellen der IV. Schicht im allgemeinen kleiner als in PHP oder PHT. Ferner ist in der Gegend nahe dem Temporallappen die IV. Schicht in senkrechte Zellsäulchen durch radiär gestellte zellärmere Streifen geteilt (ein Befund, der sonst auch besonders für den Temporallappen charakteristisch ist).
592 Lobus parietalis.
V. Die ganglionäre Schicht ist in dieser Area im allgemeinen sehr breit, in Zelldichtigkeit und Zellgröße beinahe gleich wie in VI, ja sogar in der Zellform weniger auffällig verschieden als sonst, so daß bei flüchtigem Zusehen V und VI mehr noch als im übrigen Parietalgebiet, wo doch eine gewisse Aufhellung in V in Vergleich zu VIa zu merken ist, hier als eine gemeinsame breite Schicht erscheinen und nur mit stärkeren Vergrößerungen und bei aufmerksamem Zusehen die ganglionäre pyramidenförmige Schicht von der Spindelzellenschicht unterschieden werden kann; auch dann noch ist die Führung der Grenzlinie schwierig, denn einerseits reichen partienweise die Pyramidenzellen der V. Schicht sehr tief hinab, so daß die VI. Schicht ganz schmal erscheint, z. B. in Tafel LXXVIII bei Höhe 16 cm, Breite 16.5 cm, an anderen Stellen dazwischen Höhe 17 cm, Breite 21 cm, wieder etwas weniger tief, wodurch die Grenze eine sehr unregelmäßige in starken Schwankungen verlaufende Wellenlinie bildet; andererseits wieder finden sich auch jenseits dieser Grenze Spindelzellen im Gebiete von V und dreieckige und Pyramidenzellen im Gebiete von VI, wodurch die Ähnlichkeit der beiden Schichten eine noch größere wird. Um diese Eigentümlichkeit der V. Schicht dieser Gegend zu begreifen, muß man sich vergegenwärtigen, daß die Area PH als Übergang eingeschaltet ist zwischen Parietal- und Temporallappen einerseits und Occipitallappen andererseits. Während nun in der ganzen übrigen homotypisch gebauten Hirnrinde der Hauptteil der Zellen der V. Schicht, die ihren Charakter ausmachen, oder sagen wir der Grundstock ihres Zellaufbaues aus (Pyramiden-)Zellen besteht, die größer sind als die Spindelzellen der darunterliegenden VI. Schicht, ist die Occipitallappenrinde auch dort, wo sie homotypisch ist, dadurch in ihrer V Schicht von allen übrigen Hirngegenden unterschieden, daß der Grundstock ihrer Zellen aus kleinen Zellen besteht, die kleiner sind als die darunterliegenden Spindelzellen der VI. Schicht, wenn man von den isoliert vorkommenden großen Solitärzellen absieht, die hier und da beinahe Riesenzellenformat annehmen können. Die PH nun ist gerade im Übergang dieser Verhältnisse gelegen, so daß ihre Zellen in der V. Schicht durchschnittlich noch gleich groß mit denen der VI. Schicht sind, so daß die Differenz der beiden nur eine sehr geringe ist; und wir sehen bei ihr regional einen gewissen Unterschied ihrer Zellgroße in V, je näher oder weiter ein Rindenstück von ihr vom Occipitalpol entfernt ist. So sehen wir auf Tafel LXXVIII, die einem dem unteren Parietallappen nahegelegenen Rindenstückchen entstammt (PHP) neben der Hauptmasse der Zellen, die nicht größer sind als die Spindelzellen der VI. Schicht, dort noch eine ganze Menge größerer Pyramidenzellen. Wir zählen hier pro 0.1 mm3 ca. 40 Zellen, von denen vier Fünftel 15-18 / 12-15 µ Größe haben, und ein Fünftel bis zu 25/15 µ, außerdem ganz vereinzelt Pyramidenzellen von 40/25 µ, und zwar pro 1.0 mm Präparatbreite bei 25 µ Schnittdicke (= 10 cm auf unseren Tafeln) ungefähr zwei solcher Zellen.
In PHT (Tafel LXXX) ist näher dem Temporallappen zu der Unterschied zwischen V und VI ebenfalls etwas deutlicher noch, und man sieht ebenfalls noch ziemlich zahlreiche Pyramidenzellen, die deutlich größer sind als die Zellen der Spindelzellenschicht; auf Tafel LXXX, die ungefähr vom hinteren Ende von T2 herstammt, ist der Unterschied nicht mehr so deutlich; hier ist das Gros der Zellen der V. Schicht ebenfalls 15-18 / 12-15 µ und nur vereinzelte größere Pyramidenzellen, darunter sogar die eine oder andere ganz große wie bei Höhe 24.3 cm, Breite 18.3 cm von 50-(60) / 20 µ Größe.
In PHO schließlich (Tafel LXXIX) sind vollends beinahe alle Zellen von V kleine dreieckige und kleine Pyramidenzellen von meist 12-15 / 12 µ Größe, viele sogar darunter, auch ca. 40 Stück pro 0.1 mm3.
Auch in PH zeigt die V. Schicht kaum eine leichte radiäre Streifung, sie fehlt meist ganz und ist nur an der Windungskante zu sehen.
Area parietalis basalis. 593
Im allgemeinen läßt sich trotz der Schwankungen an Breite sagen, daß die V. Schicht mit 0.60-0.80 mm recht breit ist und relativ den Durchschnittswert meist überschreitet, stellenweise sogar ein Drittel der ganzen Rindenbreite ausmachen kann.
VI. Die Spindelzellenschicht steht im umgekehrten Verhältnis dazu; je breiter die V. an manchen Stellen, desto schmäler die VI. Schicht; sie ist überhaupt recht schmal, meist bloß 0.50- 0.70 mm, und VIa ist oft um mehr als die Hälfte unter dem Durchschnitt. Die VI. Schicht ist gegen das Mark gut begrenzt, die VIa-Schicht deutlich, die VIb-Schicht besonders schmal. In VIa zählen wir ca. 40 Spindelzellen pro 0.1 mm3, meist von 15/12 µ Größe. In VIb zählen wir meist bloß 12 Zellen pro 0.1 mm3. Gegen die V. Schicht ist die Abgrenzung recht ungenau. Radiär gestreift ist die VI. Schicht bloß in den Windungskanten und Wänden.
Wir sehen demnach aus alledem, daß die Area PH parietalen Rindentypus 3 aufweist (Abb. 88 und 89), und zwar dem Baue nach der Area supramarginalis ähnlich sieht, sich von ihr vor allem durch die Schmalheit im allgemeinen, und im besonderen durch die Verschmälerung der IV. Schicht, die nicht in Unterschichten zerfällt, auszeichnet, ferner durch die eigentümliche scheinbare Verschmelzung der V. und VI. Schicht; außerdem hat die Area regionäre Unterschiede, die vor allem in der Bildung der äußeren Hauptschicht zum Ausdruck kommt, die bald mehr parietalen, bald mehr temporalen oder occipitalen Charakter annimmt, je nach dem Lappen, dem sie benachbart ist; aus diesen regionären Variationen eigene Areae zu machen, halten wir augenblicklich für noch nicht angebracht und begnügen uns damit, dieselben mit PHP, PHT und PHO zu versinnbildlichen und auf ihre genauere Beschreibung bei der Beschreibung der einzelnen Schichten zu verweisen in §4. Nur so viel sei hier wiederholt, daß PHP sehr große Ähnlichkeit mit dem Gyrus supramarginalis hat (vgl. Tafel LXXVIII mit Tafel LXXII), besonders die III. Schicht ist ähnlich gebaut, während die IV. schmäler ist und nicht in Unterschichten zerfällt; die V. und VI. Schicht scheinbar zu einer Schicht verwachsen, wobei V an Breite auf Kosten von VI zunimmt. Die PHT hat eine weit schmälere III Schicht mit einzelnen größeren Zellen in IIIa und eine IV Schicht, die in senkrechte Säulchen nach Temporalart zerklüftet ist; die IV. Schicht ist dabei breiter als in T; die PHO endlich ist schmäler als die beiden anderen, hat in der III. Schicht, die ebenfalls recht schmal ist, eine breitere Säulchenanordnung der Zellen, und die Basis dieser Säulchen bestehen oft aus größeren Zellen; in der Wand und an der Kuppenkante haben die breiten Zellsäulen eine fächerförmige Anordnung; ist eine Windung zufällig sehr schmal, so kann sich diese fächerförmige Anordnung der Zellsäulen auch über die ganze Kuppe ausdehnen.
Was nun die Ausdehnung dieser Area anbelangt (s. S. 587), so haben wir schon hervorgehoben, daß sie von der idealen unteren Grenze des „grobanatomischen" unteren Scheitelläppchens breit bandförmig über die Konvexität nach abwärts zwischen Temporal- und Occipitallappen über die Incisura praeoccipitalis an die mediane Basisfläche der temporo-occipitalen Gegend bis auf den hinteren Teil des Lobus fusiformis reicht, sogar auf die retrolimbische Übergangswindung, d. h. auf den vordersten Teil des Gyrus lingualis und seinen Übergang zum Gyrus limbicus (und hippocampi) reichen kann, um in der Nähe des Truncus der parieto-occipitalen und Calcarinafurche an die äußerste Occipitalformation OA grenzend zu enden (Abb. 93). Allerdings ist sie in diesem letzten Abschnitt von der ganz ähnlich gebauten Rinde des Gyrus fusiformis selbst nicht mehr zu unterscheiden, und es ist der Meinung des Untersuchers zu überlassen, wieweit er das Gebiet von PHT und wieweit er das von TF reichen lassen will. Jedenfalls hat aber dieses Gebiet in groben Zügen sog. parietalen Typus (Rindentypus 3, s. Abb. 88 a und b). Wir haben diese Area parietalis basalis an allen untersuchten Gehirnen gefunden; während sie aber bei manchen Gehirnen, bei denen der Parietallappen stark entwickelt ist, an der Konvexität oft eine frontocaudale Breite von 4 cm und darüber hat, nimmt sie an anderen wieder, wo der untere Parietallappen weniger gut entwickelt ist, an der Konvexität nur die Hälfte dieser Breite ein, so daß man sie leicht sogar übersehen könnte. Es ist dies ein Verhalten, das sicher sein physiologisches Korrelat hat, das uns aber bisher noch unbekannt ist.
594 Lobus parietalis.
Bezüglich der Grenzbildungen dieser Area ergibt sich eigentlich alles aus dem Gesagten von selbst, besonders was den Übergang zum eigentlichen Parietallappen und den zum Temporallappen betrifft. Nur betreffs der Formation des Occipitallappens sei noch auf folgendes näher eingegangen, was zum Teil auch für den Übergang der anderen, dem Occipitallappen benachbarten Formationen gilt, z. B. für die Area angularis; der Übergang ist zwar kein plötzlicher, doch ein recht rascher und vollzieht sich durch eine ziemlich rasche Verschmälerung der Rinde unter 2.4 mm, die in der Wand früher zum Ausdruck kommt als an der Kuppe; während im Parietallappen - auch im PH - die über der IV. Schicht stehende Rindenpartie ziemlich gleich ist an Breite (und Tinktion) mit der unter der IV. Schicht, überwiegt im Occipitallappen die Zone über IV an Breite (und Tinktion) über die Zone unter IV. Im Occipitallappen hellt sich V auf, und die Zellen in V werden kleiner als die von VI. Ferner treten in der Nähe des Occipitallappens oft ganz vereinzelt abnorm große und tiefgefärbte Zellen in weiten Abständen voneinander in IIIc und V auf, und zwar 1-2 Zellen pro Windungskuppe. (Auf die Verschmälerung von I und Verbreiterung von II und andere Merkmale der V und VI wird bei Beschreibung des Occipitallappens speziell noch eingegangen werden wie auf die übrigen Details.) Gegenüber der Formation des Lobus fusiformis ist der Übergang ein allmählicher. Die Area fusiformis hat ja, wie wiederholt erwähnt (s. Tafel XCVI) einen ähnlichen Zellaufbau und läßt sich bloß an der Lockerung der IV. Schicht unterscheiden, ferner an der Wiederzunahme der V. Schicht an gut geformten und etwas größeren Pyramidenzellen und der Breitenzunahme von V und VI überhaupt, und zwar besonders auch von VI.
Wir haben gleich eingangs erwähnt, daß diese Area nicht erst von uns, sondern auch vorher schon von anderen Forschern abgegrenzt worden ist. Bei MEYNERT, BETZ, HAMMARBERG und CAMPBELL finden wir dieselbe zwar noch nicht erwähnt; ELLIOT SMITH hat sie, wie wir weiter unten sehen werden, jedoch schon makroskopisch als Area parietooccipitalis und Area paratemporalis von der Umgebung unterschieden (s. sein Schema Abb. 3-5). Ob SMITHs Area paratemporalis unserem PHT und E. SMITHs parietooccipitalis unserer PHP entspricht, wobei vielleicht noch seine Area temporooccipitalis, soweit sie nicht eine rein occipitale Formation ist, unserem PHO entsprechen könnte, wollen wir dahingestellt sein lassen, da sich doch nachträglich solche Dinge schwer feststellen lassen, aber es ist diese Möglichkeit immerhin ins Auge zu fassen. Auch bei SMITH grenzt die Area paratemporalis an den Lobus fusiformis. BRODMANN (Abb. 6 u. 7) hat dann ebenso wie wir dieses ganze Gebiet zu einer Area occipitalis temporalis (seinem Feld 37) zusammengefaßt und zählt sie zum Temporallappen; er sagt von ihr: „Die Area occipitotemporalis als solche ist eine ziemlich breite, aber wenig deutlich umschriebene Übergangszone zwischen den occipitalen und temporalen Nachbartypen aufzufassen, welche am hintersten Teil des Schläfelappens teils lateral, teils mediobasal liegt; sie unterscheidet sich hinreichend sowohl vom präoccipitalen Feld 19 wie von dem temporalen Feld 20 und gibt daher die Berechtigung zu einer besonderen regionären Abgrenzung." Nähere Einzelheiten hat BRODMANN leider nicht gegeben. Bei Tieren scheint diese Area nicht differenziert; auch nicht bei Affen. Wir haben, denken wir, zur Genüge die Berechtigung zur Isolierung dieser Area par. basalis PH betont und auch auseinandergesetzt, warum wir sie eben nicht wie BRODMANN als ein bloßes occipitotemporales Übergangsgebiet auffassen, als daß es nötig wäre, dies hier zu wiederholen. Wir betonen nur noch, daß somit die Cytoarchitektonik wieder erweist, daß der Parietallappen eine basale Fortsetzung hat, die an der basalen und medianen Hirnfläche bis an den Truncus p. o. heranreicht, so daß der Parietallappen ebenfalls gleichsam einen ganzen Ring um die Hirnachse bildet, der aber an der Medianfläche ebenfalls nicht geschlossen ist, sondern durch das keilförmige Hereinschieben der Occipitalbildungen offen gehalten wird.
Markbildung. Da sie noch wenig bekannt ist, ist auch ihr Markbild kaum studiert. ELLIOT SMITH gibt an, daß die Area parietooccipitalis (unser PHO?) durch zwei deutliche Baillargersche Streifen charakterisiert sei; von den Occipitalformationen ziehe ferner ein eigentümlich gebautes Band zur ersten Temporalwindung (s. sein Schema Abb. 3), das sog. visuosensory Band, das ähnlich wie die Area parietooccipitalis gebaut sei. Er stellt sich vor, daß dieses Band eine Brücke zwischen den psychisch sensorischen Seh- und den Hörfunktionen bilde, zumal diese Gegend sich auch nach FLECHSIG früher als die übrigen Parietalteile myelinisiere. FLECHSIG (s. Abb. 90, Nr. 12 und 12 b) bezeichnet tatsächlich in dieser Gegend ein Gebiet als Primordialfeld mit der Ziffer 12, während das übrige Gebiet der Area PH auf FLECHSIGs schema die Ziffer 20 trägt. Wir haben im Gebiete der Area parietalis basalis kein solches speziell differenziertes eine Verbindungsbrücke darstellendes Gebiet gefunden; doch ist es trotzdem wohl nicht unmöglich, daß so etwas besteht oder daß ein Teil der Area PH früher als der übrige sein Mark erhält. Sonst macht ELLIOT SMITH keine näheren Angaben über dieses Gebiet und speziell auch nicht über die Area paratemporalis, die unserem PHT entsprechen würde.
Area parietalis basalis. 595
Auch in VOGTs Studien findet sich über dieses Gebiet leider nichts angegeben.
Über die Funktion der Area parietalis basalis wissen wir nur wenig zu sagen, und wir vereisen auf die physiologischen Betrachtungen, die wir S. 583 in §7 der Area PF und PG angestellt haben, in welchen zum Teil auch PH besprochen wird. Im Flechsigschen Schema gehört die Area PH, vom eben besprochenen Feld 12 abgesehen, als Zone 20 und 17 größtenteils nicht zu den Assoziationsfeldern, sondern zu den sog. Randzonen der Sinnesfelder, wie schon S. 586 gesagt, gemeinsam mit dem Gyrus supramarginalis, der ersten Temporalwindung und dem Lobus fusiformis; mit diesen haben sie also nicht nur im Zellbau, wie wir schon oft erwähnt haben, eine große Ähnlichkeit, sondern auch myelogenetisch einen gewissen Zusammenhang. Nur ein Teil des Feldes, welches FLECHSIG mit der Ziffer 31 versieht und der unmittelbar unter dem hinteren Teil des Gyrus supramarginalis liegt, gehört einerseits zu unserer Area basalis, nach FLECHSIG also doch zum Assoziationsfeld (!), ohne daß cytoarchitektonisch hier ein Unterschied dieser Partie zum übrigen Teil der Area basalis uns aufgefallen wäre.
Hier müßten, wie gesagt, ganz neue myeloarchitektonische und myelogenetische Studien, gemeinsam mit cytoarchitektonischen genaueren Untersuchungen parallel geführt vielleicht zu interessanten Resultaten führen.
Die Pathologie verlegt in das Hirngebiet, das von unserer Area PH überzogen ist, als Ausfallserscheinung zum Teil die amnestische Aphasie, ferner gewisse Arten von Farbensinnstörungen, an die Basalfläche gewisse optische Orientierungsstörungen (s. Abb. 98 und 99), jedoch ohne daß eine solche Lokalisation noch ganz sichergestellt wäre.
Regio occipitalis; OA(1,2) Area peristriata (posterior, anterior); OAm Area peristriata magnocellularis; OB Area parastriata; OBγ Limes parastriatus gigantopyramidalis; OBΩ Maculae granulosae Ar. parastr.; OC Area striata.
Der Lobus occipitalis des Menschen läßt sich nur an der medianen Hirnfläche gut abgrenzen (Abb. 21 -24). Hier (Abb. 22) ist er von der medianen Partie des oberen Scheitelläppchens, dem sog. Praecuneus (Pr), vorn durch den Sulcus parietooccipitalis (po.) scharf abgetrennt; dann springt die vordere Begrenzung am Isthmus limbicus (Is.) quer herüber über den Sulcus occipitotemporalis (ot.) nach hinten zur Incisura praeoccipitalis (ipo.). An der Konvexität (Abb. 21) ist der Occipitallappen klein und findet grobanatomisch nach den meisten Autoren seine Begrenzung in einer ideellen Linie, die gezogen wird von dem Haken, den die Parietooccipitalfurche (po.) in die Mantelkante (am g. po. s.) dorsal eingräbt, zur Meynertschen Incisura praeoccipitalis (Abb. 21 po.-ipo.) an der unteren Kante der Hirnkonvexität; in dieser Verbindungslinie liegt häufig die sog. Wernickesche vordere Occipitalfurche (s. oa.) als vordere Grenze des Occipitalhirns. Manchmal geht dieser Sulcus occipitalis anterior (s. o. a.) eine Verbindung an der dorsalen Mantelkante mit dem Haken des Sulcus parietooccipitalis ein, so daß eine Furche dann durchwegs wie an der Medianfläche auch an der Konvexität den Occipitallappen vom Parietallappen trennt; in solchen Fällen hat man manchmal diesen Sulcus rein äußerlich als „Affenspalte" angesprochen, wegen einer gewissen Ähnlichkeit mit der Furche, die bei Affen in der Fortsetzung der Parietooccipitalfurche auch an der Konvexität den Parietal- und Temporallappen vom Occipitallappen trennt (Abb. 106). (Bezüglich des wirklichen Homologons der Affenspalte beim Menschen s. S. 641.) An der Medianfläche senkt sich in den Lobus occipitalis tief hinein die Calcarina (C.), die ungefähr horizontal von vorn nach hinten zieht und die mit einem doppelt geteilten senkrechten Endsporn am hinteren Pol auf die freie Oberfläche reicht (Abb. 21, C), in kurzer Entfernung von diesem Endsporn umgreift diesen ein bogenförmiger, kleiner, zu ihm beinahe parallel gestellter Sulcus, der sog. Sulcus lunatus (s. l.), so daß zwischen ihm und dem Endsporn der Calcarina eine kleine Bogenwindung eingefaßt ist (Gyrus descendens [ECKER] E.), zwischen Calcarina und Sulcus parietooccipitalis liegt der dreieckige Lobulus (Cuneus Cu.), der durch die zwei kleinen Sulci sagittales superior et inferior (s. sg. s., i.) in drei kleine Gyri sagittales zerfällt (g. sg.). Zwischen Calcarina und Sulcus occipitotemporalis ist der Gyrus lingualis, der wieder durch einen Sulcus lingualis (lg.) in einen oberen und unteren Gyrus lingualis zerfällt (g. lg. s. et i.). An der Hirnbasis ist hinter der Incisura praeoccipitalis der Ansatz des Gyrus fusiformis an die dritte Occipitalwindung oder an den Lobulus lingualis (L.); auch das hinterste Stück des Gyrus fusiformis (Fus.) gehört noch grobanatomisch zum Occipitallappen; vorn mündet die Calcarina in den Sulcus parietooccipitalis; die vordere Grenze des Occipitallappens an der unteren Medianfläche ist in der ideellen Verbindungslinie zwischen dem Isthmus limbicus (Is.) und der Incisura praeoccipitalis. An der Konvexität setzt sich der Sulcus interparietalis (ip.) in den Sulcus interoccipitalis (erste Occipitalfurche so1) in gleicher Richtung fort und trennt die dorsale erste Occipitalwindung (O1) (Konvexitätsfläche des Cuneus) von der ventraleren zweiten Occipitalwindung (O2) (Fortsetzung des Pli courbe [angularis]), die sich um die horizontale kleine zweite Occipitalfurche (s. o2) vorn herumschlingt; unterhalb dieser, die untere Hirnkante bildend, ist die dritte Occipitalwindung (O3), welche mit dem Gyrus descendens (E.) und dem Gyrus lingualis rückwärts anastomosiert und von letzterem durch die kleine dritte Occipitalfurche (Sulcus suboccipitalis, s. so.) getrennt ist.
Regio occipitalis. 597
Der Occipitallappen ist von eigenen und zum Teil eigenartigen cytoarchitektonischen Formationen eingenommen, die wir zusammenfassen zur „Regio occipitalis". An der medianen Hirnfläche decken sich in großen Zügen die Grenzen des grobanatomischen Occipitallappens und der Regio occipitalis; an der Konvexität und an der unteren Hirnfläche tritt jedoch die Grenze der cytoarchitektonischen „Regio occipitalis" deutlich etwas zurück. Wir haben schon bei Besprechung der parietalen Formationen erwähnt (S. 587), daß die Incisura praeoccipitalis und auch der Sulcus occipitalis anterior, also die vorderen grobanatomischen Grenzen des Occipitallappens noch innerhalb der Area PH, der Area parietalis basalis, fallen (Abb. 92), daß also der vordere Teil der zweiten und der dritten Occipitalwindung ihrer Cytoarchitektonik nach noch zur Regio parietalis gehören (Area PH). Ebenso erstreckt sich auch die Area PG längs des Pli de passage des Pli courbe (Abb. 21, g. po. i.) ein Stück weit noch nach hinten auf die obere Partie der zweiten Occipitalwindung. Dorsal von der Interoccipitalfurche (s. oi.) um den Haken der Parietooccipitalfurche an der Mantelkante sich herumwindend und etwas auf die Hirnkonvexität nach abwärts übergreifend, sitzt auf g. po. s. die Formation PEγ (s. S. 556). Hinter diesen drei Formationen an der Konvexität (Abb. 92) beginnt erst architektonisch der eigentliche Occipitallappen, wie schon im 5. Kap., S. 213-216, auseinandergesetzt und Abb. 95 und 96 abgebildet; wir nennen ihn, da er bloß aus einer einzigen Region besteht, die „Regio occipitalis"; an der Medianfläche beginnt sie hinter der Parietooccipitalfurche, die sie von der PG des Praecuneus trennt, und sie liegt ferner hinter den Areae cinguli posteriores, hinter den hippocampischen Bildungen, hinter der Area fusiformis und der in diese mündenden Area PH.
Die Regio occipitalis (Abb. 96 und 97 gelb) (d. h. der eigentliche Lobus occipitalis, wie er durch seine Cortexarchitektonik sich abgrenzen läßt) wird also von den Formationen gebildet, die hinter der eben angegebenen Grenze den ganzen occipitalen Hirnpol überziehen, zu deren Kennzeichnung wir das Vorzeichen O verwenden wollen. Von diesen Formationen ist die am längsten bekannte jene, welche die Wände und Windungslippen der Calcarina einnimmt und am frischen Hirnschnitt durch einen glänzend weißen Streifen in der Mitte der graurötlichen und auffallend schmalen Hirnrinde ausgezeichnet ist (den Gennarischen oder Vicq d'Azyrschen Streifen), daher der Name der „Area striata", der von vielen Autoren diesem Gebiete immer wieder gegeben wird. Dieses ist auch cytoarchitektonisch durch seinen Körnerreichtum vor allen anderen Teilen des Gehirns ausgezeichnet (Abb. 70, 71); es ist die „Area granulosa" par excellence, und sie wird seit MEYNERT als sensorische Rinde aufgefaßt. Sie stellt in ihrer hohen morphologischen Differenzierung das Schulbeispiel einer heterotypischen Bildung durch beides, Schichtenvermehrung und Verkörnelung, dar (Abb. 56-58). Ebenso interessant als charakteristisch für diese Bildung ist es, daß in ihrer ganzen Ausdehnung ihre Grenze gegen die sie umgebende Formation dorsal und ventral von der Calcarinafurche, hinten und vorn, eine ganz haarscharfe ist (Abb. 141a und b, 142a und b), und zwar derart, daß ohne jeden Übergang - wie sonst wohl kaum anderswo in der ganzen isogenetischen Rinde - die eine Formation wie abgeschnitten aufhört und die Calcarinaformation anfängt (Tafel LXXXV und LXXXVII).
Auf die übrigen Einzelheiten ihres Aussehens und ihrer Ausdehnung einzugehen, wird später unsere Aufgabe sein (s. S. 625); jetzt sei bloß so viel gesagt, daß diese Formation die Wände der Calcarina ganz einnimmt und zum Teil auch das gemeinsame vordere Ende der Calcarina mit der Parietooccipitalfurche (Abb. 57), daß aber an der Oberfläche der Medianfläche meist nur die Lippen der Calcarina in nicht großer Ausdehnung (s. Abb. 93 OC) von ihr eingenommen werden und nur ein Teil des Gyrus descendens Ecker am hinteren Ende der Calcarina.
598 Lobus occipitalis.
Die ganze übrige Regio occipitalis zeigt ebenfalls neben großer Schmalheit einen ebenso eigenartigen, jedoch wieder anderen Zellaufbau, den einige Forscher als eine einheitliche Formation (BOLTON und CAMPBELL als visuopsychic Area, s. Abb. 1 und 2), andere wieder (SMITH, Abb. 3 und 4, und BRODMANN, Abb. 6 und 7) als zwei verschiedene Areae aufgefaßt haben, die sich beinahe konzentrisch um die Area striata herumlegen; die innere, an die Area striata unmittelbar angrenzende bezeichnet SMITH als Area parastriata (BRODMANN als Area occipitalis oder Feld 18), die äußere, die den Übergang zu den parietalen Bildungen darstellt, bezeichnet SMITH als Area peristriata (und BRODMANN als Area praeoccipitalis oder Feld 19). Nun ist ja auch hier, wie sonst überall, die Einteilung in Felder eine ziemlich willkürliche Sache und eine Entscheidung darüber, wer recht hat wäre ebenfalls Willkür und bliebe es, so lange wir noch nicht aus dem Zellaufbau auf die physiologische Dignität berechtigte Schlüsse zu ziehen verstehen. Tatsache ist, daß die ganze Regio occipitalis mit Ausschluß des Calcarinagebietes (Area striata), von einer cytoarchitektonischen Formation eingenommen ist, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den parietalen Formationen hat und von der man die verschiedenen Bildungen, die man occipitalwärts findet ableiten kann, deren unterscheidendes Grundmerkmal die Schmalheit der Rinde und ihr großer Zellreichtum ist, was wir als Rindentypus 4 bezeichnen (4. Kap., S. 188). Dieser Grundtypus der Occipitalregion mit Ausschluß der Calcarinabildung, den wir mit OA bezeichnen wollen, und der an die parietalen Formationen allseits grenzt, zeigt an den vorderen Teilen des Occipitallappens einzelne regionale Verschiedenheiten, die vor allem in der Rindenbreite überhaupt, dann in der Form der IV. Schicht und in der Größe der Pyramidenzellen zum Ausdruck kommt, und die in ihrer Lokalisation nicht ganz konstant sind; in der Umgebung der Calcarinaformation jedoch findet sich konstant und stets eine bestimmtere Änderung dieses Grundtypus, die wir, da sie konstant ist, wohl mit Berechtigung als eigene Formation und Area OB ansehen dürfen, auf die dann die Area der Calcarina selbst - die sog. Area striata (granulosa) OC folgt. Wir folgen also doch lieber dem Beispiel ELLIOT SMITHs (und BRODMANNs) und ziehen es vor, an der Occipitalregion drei Formationen oder Areae zu unterscheiden, und zwar (s. Abb. 92-95) angrenzend rings herum in der ganzen Ausdehnung der Occipitalregion an die beiden Parietalregionen an der Konvexität, der medianen Fläche und der Basis die Formation der Area peristriatae OA, welche den größten Teil der „Oberfläche" des Occipitallappens einnimmt; konzentrisch nach innen davon und bis in die Nähe der Fissura Calcarina reichend, die an der medianen Oberfläche ein etwas schmäleres und an der Konvexität nur mehr bloß ein ganz schmales, oft in den Sulcus lunatus versenktes Gebiet einnehmende Formation Area parastriata OB, und drittens nach innen davon die Wandungen der Calcarina selbst auskleidend, die Area striata (granulosa) OC, welche an der Oberfläche den kleinsten sichtbaren Bezirk einnimmt, dagegen infolge der Tiefe der Fissura calcarina eigentlich ein äußerst ausgedehntes Gebiet überzieht, so daß sie an Größe nicht viel hinter den beiden anderen Occipitalformationen zusammen zurückbleibt. Abb. 136 zeigt einen Schnitt an der Konvexität im Gebiete des Occipitalpols, an welchem man die Aufeinanderfolge dieser drei Areae recht gut beobachten kann. Vom Strich 1 bis Strich 2 reicht im Sulcus lunatus (s. l.) die Area parastriata OB, links davon die Calcarinaformation OC und rechts davon OA.
Die OA bildet, wie gesagt, gleichsam das an die Parietalformation ringförmig angrenzende vordere Feld der Occipitalformationen und sie zeigt selbst noch etwas den parietalen Charakter Rindentypus 3, der allmählich dem Rindentypus 4 Platz macht, Abb. 88. Sie überzieht (s. Abb. 92) an der Konvexität beinahe die ganze „Regio" occipitalis, also die ganze hintere Hälfte der ersten, zweiten und dritten Occipitalwindung; auf letzterer gelangt sie an die medianbasale Fläche, wo sie den hinteren Ansatz des Gyrus fusiformis ebenfalls bedeckt (Abb. 95) und auch die untere Hälfte des Gyrus lingualis, auf den sie sich verschmälernd, nach vorn bis in die Tiefe der Verbindung des Parietooccipitalsulcus mit der Calcarina reicht; am Cuneus nimmt sie ein Dreieck ein, dessen Spitze an der Einmündungsstelle der Calcarina in den Parietooccipitalsulcus liegt (die Hinterwand dieses Sulcus überzieht sie ganz) und dessen Basis an der Mantelkante die vorderen zwei Drittel der Cuneuskante einnimmt, so daß sie nach Überschreitung der Mantelkante wieder an der Konvexität rasch an Breite abnimmt. Über die konstante Variante, die sie an ihrer Grenze gegen das obere Scheitelläppchen bildet und ihre anderen Variationen wird speziell in §2 und §5 gesprochen werden. Die Art, wie der Übergang in die verschiedenen Parietalformationen sich vollzieht, wird unter §2 gleich besprochen.
Area peristriatae 599
Das Auffallendste an der Area peristriata gegenüber den Parietalformationen ist ihre Schmalheit (Abb. 26-29), die an der Kuppe oft unter 2.4 mm heruntergeht und ganz besonders an den Wänden auch unter 2.0 mm, was gegenüber den Breitenzahlen für die Rinde des Parietallappens, die zwischen 2.7 und 3.7 mm schwanken, eine ganz bedeutende Verminderung bedeutet, und noch mehr gegenüber dem Temporallappen, der ja noch dickere Rindenbildungen besitzt. Nun schwankt ziffernmäßig die Breite der OA ziemlich stark, und zwar ist sie im allgemeinen schmäler an der Medianfläche; an der Hirnbasis schon etwas breiter und an der Konvexität am breitesten. An der Konvexität, besonders dem Parietallappen zu, findet man Werte zwischen 2.4 und 2.7 mm, an der Medianfläche zwischen 2.2 mm und 2.6 mm. Auch dort, wo die Kuppe relativ noch hohe Zahlen aufwiest, so daß man evtl. zweifeln könnte, ob man nicht doch eine Parietalformation vor sich hat, findet man in der Wand meist schon so niedere Werte zwischen 1.6 mm und 1.9 mm, daß man schon daran allein die Occipitalformation erkennen wird, ganz abgesehen von der Kleinheit der Windungen an und für sich und der Seichte der Furchen.
Abb. 136. Übergangsstelle 1 an der Konvexität des Occipitalpols auf dem Gyrus descendens Ecker (E.) der Calcarinaformation OC (Area striata) in die Area parastriata OB, welche die Rinde der Wände des Sulcus lunatus (s. l.) überzieht und bei dem Striche 2 in die Area peristriata OA übergeht, welche selbst die Oberfläche der zweiten Occipitlwindung (O2) an der Konvexität überkleidet. I-VI Rindenschichten. - Betreffs der Lage des Schnittes s. Abb. 115a.
Makroskopisch fallt am Schnittpräparat (Abb. 116 Nr. 9) neben der Schmalheit der Rinde noch auf, daß der tiefere Teil (die innere Hauptschicht) weniger intensiv tingiert ist und daß unterhalb der am dunkelsten gefärbten Mitte (IIIc + IV) zwischen ihr und der recht dunkel gefärbten VI. Schicht eine lichtere, relativ ziemlich breite (V.) Schicht erscheint; auch ist eine kurze breite senkrechte Streifung der unteren Hauptschicht noch mit freiem Auge gerade zu sehen. - Die Abgrenzung gegen das Mark ist recht scharf.
600 Lobus occipitalis.
Es fällt beim ersten Anblick (Tafel LXXXI und LXXXII) zunächst auf, daß es sich um eine typisch granuläre (Abb. 70, 71), sehr schmale, zellreiche, bis auf eingestreute große Zellen im allgemeinen zellkleine, sehr gut und auffallend geschichtete und der ganzen Breite nach in allen ihren Schichten radiär deutlich gestreifte Rinde handelt. Die äußere Körnerschicht (weniger dicht als parietal) ist relativ breit, so daß die III eher sehr schmal aussieht. Auf den ersten Blick hält man II für breit und zwar für beinahe ebenso breit als III, weil IIIa und II beinahe gleich zelldicht sind, so daß man sie für eine einzige Schicht halten könnte; dadurch sieht III noch schmäler aus als es eigentlich ist. Die IV. ist im Verhältnis zu den Parietalbildungen schmal, aber doch sehr dicht (besonders im Verhältnis zu den Temporalbildungen); die V. Schicht ist im ganzen licht, zerfällt nicht in Unterschichten und besteht durchwegs aus kleinen Zellen, die kleiner sind als die der VI., nur wenige größere Zellen sind in V zu sehen; die VI. ist deutlich, dicht, beinahe bandförmig und gegen das Mark scharf abgegrenzt. Diese Kleinheit der Zellen der V. Schicht ist für die Occipitalregion typisch und unterscheidet dieselbe vom ganzen übrigen Hirn; das sporadische Vorkommen größerer Zellen, ja sogar von Riesenzellen, ändert dieses "Gesamtverhalten" nicht. Nur in den angrenzenden parietalen Partien (PH) ist diese Eigentümlichkeit wiederzufinden. Die radiäre Streifung ist viel deutlicher als im oberen Parietallappen, auch deutlicher als im unteren Scheitellappen; sie ist etwas breiter radiär als dort, stellenweise und besonders in der III. Schicht, sogar gewöhnlich um sehr viel breiter radiär, so daß es zu ganz ordentlichen Säulchenbildungen der Zellen kommt, besonders in den Wänden; die übrigen unteren Schichten sind wieder feiner radiär gestreift, aber immerhin viel deutlicher als im Parietallappen, der ja in der inneren Hauptschicht kaum eine Streifung aufweist (Abb. 45, 46). - Im Gesamtbild überwiegt in der Area peristriata (und in der Area parastriata um so mehr) an Breite und Tinktion die Zone oberhalb der IV. Schicht über die unter der IV. Schicht, zum Unterschied gegenüber den parietalen und temporalen Formationen.
Solcher Art ist in großen Zügen der Grundtypus der OA-Formation; es ist der kleinzellige tenuicorticale Rindentypus 4. Wie sich derselbe von jener Rinde des Frontallappens unterscheidet, die ebenfalls den Typus 4 aufweist (Abb. 88), besprechen wir später auf S. 609. Nun ist der Bau der OA wohl nicht überall ganz der gleiche; vor allem sei betont, daß die Rinde der OA-Formation an der medianen Fläche am schmälsten ist, und zwar hier wieder an einer flachen Kuppe schmäler als an einer etwas mehr gewölbten, z. B. an Tafel LXXXII bloß 2.2 mm, an Tafel LXXXI aber 2.5 mm; ferner zeigt die Größe der Zellen doch ziemlich große Verschiedenheiten; meist sind die Pyramidenzellen der III. Schicht klein oder höchstens mittelgroß, nahe der IV. Schicht sind bloß ganz vereinzelte größere Zellen in Abständen eingestreut (Tafel LXXXII); soweit die Zellen so klein sind, ist die Streifung eine ganz schmale feinradiäre, ähnlich, wie wir sie im Gyrus supramarginalis (PF) angetroffen haben, und auch in V sind dann alle Zellen sehr klein und gar keine größeren eingestreut; an der Konvexität ist der größte Teil der OA so gebaut (s. Abb. 136), und da die Rinde hier etwas breiter ist, sogar bis zu 2.7 mm messen kann, so ist die Ähnlichkeit hier mit den Parietalformationen eine recht große, sie weist hier noch den Rindentypus 3 auf (Abb. 88 a und b), und nur daran kann man sie dort von den Parietalbildungen auseinanderhalten, daß man die Aufhellung der V. Schicht und die Kleinheit ihrer Zellen, die radiäre Streifung der V. und VI. Schicht, die Verschmälerung der IV. Schicht, die relative Verbreiterung der II. und III. Schicht für OA in Betracht zieht. Die Bildung der OA an der Hirnbasis steht ungefähr, was die Breite anlangt, in der Mitte zwischen medianer Bildung und Bildung an der Konvexität. Die Wände der OA jedoch zeigen allerorts immer eine schmale Rinde, und zwar dort, wo die Kuppe dicker ist, sogar eine dazu auffallend schmale Rinde; gleichzeitig finden sich in der Wand regelmäßig mehr größere Pyramidenzellen in der Tiefe der III. Schicht, und die radiäre Streifung ist hier immer etwas breiter.
Area peristriata. 601
Nun findet sich ein der Medianfläche in der Wand des Sulcus parietooccipitalis und an der angrenzenden ersten Kuppe des Cuneus regelmäßig eine gewisse Änderung des Typus, insofern als hier in der Tiefe der III. Schicht große und sogar sehr große Pyramidenzellen in größerer Menge auftreten und auch gleichzeitig vereinzelte große oder sehr große Pyramidenzellen in V zu sehen sind; dort, wo solche große Pyramidenzellen in der III. Schicht vorkommen, ist die Stellung der Zellen zueinander eine säulenförmige, was im Bilde recht auffallend ist (s. Tafel LXXXI, rechte Windungswand); diese Variante findet sich, wie gesagt, regelmäßig auf dem vordersten Teil des Cuneus, wo sie auch, wie wir auf dem Bilde sehen, eine ganze Windung und mehr einnehmen kann; man kann sie also als Area peristriata anterior (magnocellularis) OA2 von der übrigen kleinzelligeren Area peristriata posterior OA1, unterscheiden; an der Mantelkante und Hirnkonvexität nimmt sie den mittleren größten Teil der ersten Occipitalwindung ein; unmittelbar vor ihr an der Gegenwand des Sulcus parietooccipitalis, d. h. an seiner Vorderwand und ebenso auch vorn auf der ersten Occipitalwindung, liegt und grenzt an sie die Area PEγ (Parietalis superior gigantocellularis) (vgl. hierzu Tafel LXXI), und nicht selten sind sowohl in III als in V von OA2 auch vereinzelte Zellen, die beinahe Riesenzellen genannt werden könnten.
Im Grenzgebiete gegen den unteren Parietallappen zu sowohl als gegen die PH an der Konvexität und der Basis begegnet man keiner derartigen auf ein engeres Gebiet lokalisierten Großzelligkeit und auch keiner breiteren Säulchenstellung der Zellen in III, jedoch trifft man auch hier in dem mehr parietalen Typus von OA zwischen den kleinen und mittelgroßen Zellen von III und sogar zwischen den kleinen von V in größeren Abständen immer wieder vereinzelte ganz große Pyramidenzellen eingestreut, etwa 2 bis 3 Stück pro Kuppe, die durch ihre dunkle Färbung von den anderen Zellen sich auffällig abheben, ohne daß die Rinde notwendig hier auch alle die übrigen Charakteristica der Area OA2 annähme. - Wir haben aber gesehen, daß außer in der Area OA2 auch in den Wänden der sonstigen OA(1) sich ziemlich regelmäßig vereinzelte größere Zellen finden und eine Säulchenstellung derselben sichtbar ist; auf ganz schmalen Windungen mit schmalen Kuppen sieht man sogar oft mitten im Gebiete des nicht großzelligen, parietal aussehenden OA1 und rings davon umgeben an der Konvexität - aber auch an der Medianfläche - die großzellige, säulchenförmige Formation oft inselförmig eine oder zwei ganze Kuppen überziehen, sei es, daß dieses Bild dadurch entsteht, daß die ohnehin stets etwas großzelligere Wandbildung infolge der Schmalheit dieser Windungen die Kuppe gleichsam durch Aneinanderlagerung auch bekleidet, sei es, daß ein so sprunghafter Wechsel von großzelliger (OAm) und nicht großzelliger Variation OA1 aus anderen uns unbekannten Gründen hervorgeht. Wir haben den Eindruck, daß hier ein noch nicht geklärter Zusammenhang zwischen Windungsbau und Zellbau überhaupt besteht. Jedenfalls ist dieses Auftreten einer großzelligen Bildung (OAm) nicht wie in dem vorderen Teil des Cuneus OA2(m) eine regelmäßig zu findende Area, sondern individuell verschieden im Vorkommen, in der Lokalisation und im Aussehen und kann an manchen Hirnen auch ganz fehlen. So sind bald bloß in III große Zellen, oder bloß in V, oder in III und V. Diese großzellige und säulchenführende lokale Modifikation von OA sieht auch der Formation OB sehr ähnlich, die bloß durch eine bedeutend größere Anzahl der großen Zellen, durch größeren Zellreichtum überhaupt und durch allgemeine Schmalheit der Rinde von ihr nur wenig unterschieden ist. So kann es vorkommen, daß wenn man an einem Schnitt durch den Lobus occipitalis von der Calcarinaformation aus in der Richtung gegen die Parietooccipitalfurche die Areae mikroskopisch absucht und man nach der granulösen Calcarinabildung OC (Tafel LXXXV), die großzellige schmale, zellreiche OB (Tafel LXXXV, LXXXIV und LXXXIII) durchmustert hat und nun zu der - parietalen Typus zeigenden - OA1 (Tafel LXXXIII und LXXXII) gekommen ist, man mitten in dieser eine Windung finden kann, die scheinbar wieder den Typus OB aufweist oder einen davon kaum unterscheidbar von OAm, der aber in keinem anatomisch unmittelbaren Zusammenhang mit der Area OB ist, zumal die nächste Windung wieder den (parietalen) Typus OA1 voll aufweist, um schließlich das Bild der OA2 der vorderen Cuneallippe zu bieten. So sind die Tafeln LXXXI, LXXXII, LXXXIII, LXXXIV, LXXXV in der Flucht einer Schnittführung aufgenommene Photographien (Abb. 115b); Tafel LXXXI stellt die erste auf dem Cuneus des Gehirns befindliche Windung dar, deren Vorderwand rechts bei po die Wand der Parietooccipitalfurche bildet und die Bildung OA2 zeigt, die nächste kleine Windung (Tafel LXXXII) zeigt den sog. parietalen Grundtypus von OA1 (ist zum Verständnis links hinter Tafel LXXXI aufzulegen), auf der dritten kleinen Windung, die nicht abgebildet ist, ist genau dieselbe Bildung wieder wie auf Tafel LXXXI (OA(2)m); auf der vierten Tafel LXXXIII ist der Übergang wieder der OA1 in OB dargestellt, an welche sich dann Tafel LXXXIV (OB) in der Tiefe anschließt und darauf (zu der früheren Richtung leider verkehrt wiedergegeben) Tafel LXXXV mit der Calcarinabildung OC. Ebenso kann es auch an der Konvexität sich verhalten, daß wir mitten in OA einen kleinen Windungszug finden, der großzelligen Säulchentypus trägt und den man leicht für OB halten kann; außerdem kommt es wohl auch vor, daß diese Variation von OA unmittelbar an OB anschließt und von diesem, das dann natürlich sehr verbreitert aussieht, nicht oder kaum unterschieden werden kann.
602 Lobus occipitalis.
Wir mußten diese etwas langatmige und uninteressante Auseinandersetzung geben, weil es sonst nicht möglich ist, sich im menschlichen Occipitallappen auszukennen, besonders wenn man versucht, die schönen Abgrenzungen, die auf den notwendigerweise stets schematischen Hirnkarten gegeben sind, in natura dann im Präparat wiederzufinden! -
Betreffs des Grenzüberganges der Formation OA gegen die angrenzenden parietalen Gebiete haben wir wohl das meiste schon am Beginn dieses Paragraphen gesagt; hinzufügen möchten wir, daß dort, wo die Occipitalregion ans obere Scheitelläppchen grenzt, man den Beginn der Occipitalformation daran erkennt, daß die Rinde sehr rasch um ein Achtel schmäler wird, besonders werden die Wände schmäler; die III. Schicht wird speziell absolut schmäler (nicht relativ!); die horizontale Schichtung und die vertikale Streifung wird unmittelbar viel deutlicher; V ist im ganzen licht und zerfällt nicht in verschieden dichte Unterschichten, sie ist kleinzelliger als sonst irgendwo im ganzen Hirn und kleinzelliger als VI! VI wird bandförmig. Der Übergang aus dem unteren Scheitelläppchen vollzieht sich zuerst durch Aufhellung von V (während III seinen Charakter eine Strecke weit gegen O behält); dann durch Verschmälerung von IV, V und VI, so daß II und III relativ breiter erscheinen (s. hierzu S. 600).
OA1 an der Medianfläche: Kuppe, Gesamtdicke 2.26 mm:
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | ||
absolut, Kuppe, Gesamtdicke 2.26 mm | ||||||||
0.18 | 0.20 | 0.60 | 0.20 | 0.40 | 0.40 | 0.26 | mm | |
Wand, Gesamtdicke 1.66 mm | ||||||||
0.20 | 0.24 | 0.50 | 0.16 | 0.14 | 0.24 | 0.18 | mm | |
Relative Zahlen (Proportionalgleichung): | ||||||||
Kuppe | 0.09 | 0.11 | 0.30 | 0.10 | 0.20 | 0.20 | äH:iH = 50:50 | |
Wand | 0.13 | 0.16 | 0.34 | 0.10 | 0.10 | 0.17 | äH:iH = 63:37! |
OA2 an der Medianfläche:
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | ||
Kuppe, Gesamtdicke 2.5 mm | ||||||||
absolut | 0.18 | 0.26 | 0.56 | 0.24 | 0.38 | 0.40 | 0.46 | mm |
Wand, Gesamtdicke 1.78 mm | ||||||||
0.20 | 0.20 | 0.50 | 0.20 | 0.22 | 0.34 | 0.12 | mm | |
OAm: Wand, Dicke 1.70 mm | ||||||||
0.20 | 0.20 | 0.52 | 0.18 | 0.26 | 0.22 | 0.10 | mm | |
Relative Zahlen: | ||||||||
Kuppe | 0.09 | 0.13 | 0.27 | 0.12 | 0.19 | 0.20 | - | äH:iH = 49:51 |
Wand | 0.12 | 0.12 | 0.31 | 0.12 | 0.13 | 0.20 | - | äH:iH = 55:45 |
OAm Wand | ||||||||
0.13 | 0.13 | 0.33 | 0.11 | 0.16 | 0.14 | - | äH:iH = 59:41 |
Area peristriata. 603
OA1: Kuppe an der Konvexität, 2.72 mm
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | ||
Kuppe an der Konvexität, 2.72 mm | ||||||||
absolut | 0.20 | 0.30 | 0.71 | 0.24 | 0.38 | 0.46 | 0.42 | mm |
relativ | 0.00 | 0.13 | 0.31 | 0.11 | 0.16 | 0.20 | äH:iH = 53:47 | |
Wand an Konvexität, 1.92 mm (OAm) | ||||||||
absolut | 0.16 | 0.26 | 0.56 | 0.24 | 0.26 | 0.28 | 0.16 | mm |
relativ | 0.10 | 0.15 | 0.31 | 0.13 | 0.15 | 0.16 | äH:iH = 56:44 | |
Wand der Konvexität (OAm), 1.84 mm | ||||||||
absolut | 0.18 | 0.22 | 0.48 | 0.16 | 0.32 | 0.20 | 0.24 | mm |
relativ | 0.12 | 0.14 | 0.31 | 0.10 | 0.20 | 0.13 | äH:iH = 57:43 |
Aus diesen Zahlen geht sehr deutlich hervor, daß das Schmälerwerden der Rinde im Occipitallappen, obwohl es ziemlich alle Schichten betrifft, doch großenteils auf Kosten der V. und auch der VI. Schicht geschieht. Die III. Schicht erreicht zwar nicht die hohen absoluten Werte wie im Parietallappen, jedoch nimmt sie relativ doch ganz merklich und regelmäßig zu. Auch die II. Schicht zeigt relativ recht hohe Zahlen. Die IV. Schicht ist wohl auch schmäler, aber nicht um viel, und ihre relativen Zahlen sind ebenfalls recht hoch. Das Überwiegen der Zone oberhalb IV gegenüber der Zone unterhalb IV, das, wie gesagt, für die Occipitalformationen OA und OB charakteristisch ist gegenüber den Parietalformationen, kommt also auch zahlenmäßig sehr schön zum Ausdruck, so auch im Verhältnis der äußeren zur inneren Hauptschicht (äH >> iH), wo wir eine Relation finden wie sonst bloß noch im Frontalhirn. Man sieht auch, daß während zwischen Konvexität und medianer Fläche die Breitenzahlen sich ziemlich zugunsten der ersteren verändern, die relativen Zahlen, d.h. das Verhältnis der Schichten zueinander, so ziemlich dieselben bleiben!
Wir wollen zunächst von der Beschreibung von OA1 als Grundtypus ausgehen und die Bildungen OA2 und OAm als dessen Modifikationen erst in §5 näher untersuchen.
I. Die Molekularschicht ist mit 0.18-0.20 mm absolut sehr schmal (relativ von entsprechender Breite); sie überzieht ziemlich gleichmäßig die Windungen, ohne in der Wand und Kuppe stärkere Breitenschwankungen zu zeigen. Gegenüber der Molekularschicht der benachbarten Rindenpartien des Parietal- und Temporallappens ist die absolute Dickenabnahme recht auffällig. Gegen die II. Schicht ist sie scharf abgegrenzt. Sie ist auch nicht kernreich, hat in den oberflächlicheren Partien etwas mehr Kerne als in den tieferen, aber auch da im allgemeinen nur wenige. Mit diesem feingezeichneten, ziemlich gleichmäßigen, gut abgegrenzten Aussehen ist die Molekularschicht eigentlich schon für die Occipitalregion ziemlich charakteristisch. Es sind ungefähr 50 Kerne pro 0.1 mm3, die meist Glia- und Blutgefäßkerne sind, nur etwa 6 sind Nervenzellen von meist dreieckigem Aussehen, die Spitze gegen die Oberfläche gerichtet, von ca. 7/5 µ Größe.
Dies gilt gleichmäßig für OA1, OAm und OA2.
II. Die äußere Körnerschicht ist zwischen 0.20-0.24 mm schwankend, ebenfalls absolut nicht breit, an der Konvexität jedoch kann sie bis zu 0.29 mm breit werden. Relativ zeigt sie aber - bei der Schmalheit der ganzen Rinde - recht hohe Zahlen, die bis zum Doppelten des Durchschnittswertes gehen können(10-16% der ganzen Rinde). Nach oben ist die II. Schicht gut abgegrenzt, nach unten aber gar nicht gut, sondern sie ist da von der obersten Schicht von III beinahe gar nicht zu unterscheiden, so daß man sie ruhig auch doppelt so breit annehmen könnte, z. B. auf Tafel LXXXII Breite 15 cm von Höhe 32.5-36 cm. Die II. Schicht ist nicht besonders dicht und nicht zellreich und es ist kein großer Unterschied in der Zelldichte gegenüber IIIa, so daß man sich verleitet fühlen könnte, die ganze Breite bis nach IIIb hinein, welches lichter ist und wo wieder größere, dunkeltingierte Zellen vorkommen, zur II. Schicht dazuzurechnen; es sieht die III. Schicht infolgedessen abnorm schmal aus. Auch die Zellformen sind ziemlich ähnlich und II ist relativ zellgroß. In II sind nämlich meist kleine Pyramiden- und dreieckige Zellen von 10/6 µ und 12/8 µ, nur in den allerobersten zwei bis drei Zeilen sind kleinste Zellen von 7/6 µ und 5/5 µ.
604 Lobus occipitalis.
Es sind bloß 60- 70 Nervenzellen pro 0.1 mm3 am Culmen (also Zahlen, wie wir sie ähnlich im Frontallappen gefunden haben) und gegen 80-100 pro 0.1 mm3 in der Wand. Jedenfalls zeigen diese Zahlen, daß kein besonderer Zellreichtum besteht und daß er geringer ist als in den angrenzenden Teilen des Parietallappens. An der Konvexität und an der Medianfläche ist dieses Verhalten in OA ziemlich gleich.
III. Die Pyramidenschicht mit 0.60 mm an der Medianfläche und 0.72 mm an der Konvexität ist wohl absolut genommen schmal, sie ist auch absolut etwas schmäler als in den angrenzenden Partien von PG und PH, jedoch nimmt sie relativ ein größeres Gebiet des Rindenquerschnittes ein als in den angrenzenden parietalen Formationen, die ja bloß 27% der Rindenbreite ausmachen, während sie hier 31% beträgt; jedoch bleibt sie auch mit dieser Zahl noch unter dem allgemeinen Durchschnittsmaß. Auf den ersten Blick erscheint sogar III noch schmäler, da man, zumal bei schwacher Vergrößerung, leicht die ganze IIIa-Zone zur II. Schicht gehörig ansehen könnte, da sie an Zelldichte, -große und -form sich ziemlich gleich sind. In OA1, hat die III. Schicht eine gewisse Ähnlichkeit mit der III. Schicht der vorderen unteren Parietalformation (PF); sie besteht aus feinen radiär gestellten Zellzügen, in denen die Zellen von außen nach der Tiefe zu an Größe nur wenig zunehmen, so daß auch die tiefsten Zellen an der Grenze gegen die IV. Schicht nicht mehr als Mittelgröße besitzen; diese feinen Zellzüge geben der III. Schicht ein feingestreiftes Aussehen; hier und da in der Tiefe sieht man einzelne etwas größere Pyramidenzellen, jedoch von einer IIIc-Schicht kann nicht die Rede sein, sondern wir haben bloß eine IIIa- und IIIb-Schicht wie in PF. Die IIIa ist ungefähr 0.20 mm breit, und ihre Zellen sind 10-13 / 8 µ groß und ca. 55 Zellen pro 0.1 mm3; alles darunter ist IIIb, das eine durchschnittliche Zellgröße von 20/12 µ aufweist, darunter hier und da eine größere Pyramidenzelle, die 30/ 15-20 µ hat; im ganzen sind in IIIb ca. 45 Zellen pro 0.1 mm3. Die Zellen sind oft in einfachen Zügen geordnet (Tafel LXXXII, Höhe 28-31, Breite 11.7 cm), oft jedoch reihen sich auch mehrere Zellen der Breite nach an, so daß breitere Säulen entstehen (Höhe 30, Breite 17.5 cm) (Tafel LXXXI), welche eine eigentümliche Auftürmung der Zellen übereinander - wie in einem Geduldspiel - aufweisen; besonders ist dies in der Wand der Fall (Höhe 9, Breite 29 cm), wo hier auch größere Pyramidenzellen etwas häufiger sind und ungefähr fünf Stück pro 0.1 mm Präparatbreite bei 25 µ Schnittdicke zu sehen sind.
Betreffs der Änderung, welche die III. Schicht in OA2 (OAm) erfährt, s. §5, S. 607.
IV. Die innere Körnerschicht ist im Bilde recht auffallend; besonders, wenn man vom Temporallappen aus nach rückwärts zum Occipitallappen kommt, fällt die Dichtigkeit und dunkle Färbung derselben in O auf. Dabei ist die innere Körnerschicht schmäler, absolut genommen und auch relativ, als im Parietalhirn, wo sie ja beinahe die höchsten Werte erreicht. Aber sie ist immerhin beinahe so breit als in der Area parietalis occipitalis temporalis (PH), Tafel LXXIX, und schwankt, je nachdem man sie an der medianen Fläche oder an der Konvexität mißt, zwischen 0.16 und 0.24 mm. Relativ ist sie recht breit für die Schmalheit der Rinde und nimmt 10-13% der Breite ein, also ist sie weit über das Durchschnittsmaß. In der Mitte bildet die IV. Schicht ein zelldichtes Band, durch das gleichsam die Radii der senkrechten Streifung nicht (oder nur sporadisch) durchkommen; nach oben und unten von dem Band steigen locker gefügte Körnchenzellen gegen die III. und gegen die V. Schicht, gleichsam zu kleinen Zinnen zusammengepreßt, in die Höhe, resp. in die Tiefe. (Die innere Körnerschicht der Temporalformationen ist zum Unterschiede davon, abgesehen von der geringeren Dichtigkeit, auch noch durch eine totale Zerklüftung in radiär gestellte wirkliche Säulchen charakterisiert.)
Die meisten Zellen sind richtige Körnerzellen, oval, rund, eckig, dreieckig, meist 6/6 µ oder 7/7 µ bis zu 8/8 µ. In den tiefsten Lagen kommen eher die größeren Kaliber vor, einzelne sogar bis zu 12/12 µ; diese letzteren sowie vereinzelte viel größere dürften wohl aus der III oder V dislozierte Zellen sein; in den Wänden macht es den Eindruck, als ob die kleinsten Zellen in der Überzahl wären und viele Zellen von 4/4 und 5/5 µ vorkämen. Im ganzen zählen wir ca. 150 Zellen pro 0.1 mm3 im Durchschnitt.
Area peristriata. 605
An Medianfläche und Konvexität sind so ziemlich die gleichen Verhältnisse.
V. Die ganglionäre Schicht ist die am meisten unter allen verschmälerte Schicht. Besonders im Vergleich zu den angrenzenden parietalen Formationen und im Vergleich auch zu den temporalen ist die Abnahme eine ganz auffallende; mit 0.38-0.40 mm erreicht sie bei der Schmalheit der Rinde trotzdem das Durchschnittsmaß von zirka einem Fünftel der Rinde, jedoch sinkt sie in der Wand stellenweise weit unter das Durchschnittsmaß, sogar bis auf 13 oder gar 10%. In der angrenzenden OB wird sie noch schmäler. Die Schicht ist zellklein, nicht nur nicht zelldicht, sondern eher zellarm und infolgedessen lichter, und zwar in ihrem ganzen Durchmesser, ohne etwa in eine zelldichtere Ober- und eine zellärmere Unterschicht zu zerfallen (s. Abb. 81, 82); die Zellen sind kaum viel größer als die unteren Körnerzellen der IV. Schicht; wenigstens der größte Teil ihrer Zellen ist so klein, 8-10 / 8 µ; daneben sind Zellen von der Größe wie in IIIa in geringerer Anzahl 10-13 / 8-10 µ, und ganz isoliert und selten Zellen von 15(-20) / 10-12 µ, und zwar sind unter 60 Zellen 40 von kleinstem Kaliber, 18 von mittlerem und 2 von dem größeren angeführten (15/12 µ). Die Zellen sind auch meist keine richtigen Pyramidenzellen, sondern meist kleine, dreieckige, spindelförmige, vieleckige, meist noch sehr verschieden orientierte Zellen. An der Kuppe zählen wir durchschnittlich 40 Zellen pro 0.1 mm3; in der Wand ca. 50 Zellen pro 0.1 mm3, dies sind, wie gesagt, Durchschnittswerte, denn die V. Schicht ist zum Teil fein (in der Kuppe), zum Teil breit radiär gestreift (in der Wand), und es wechseln zellreichere mit zellärmeren Streifen ab (s. Abb. 45, 46); innerhalb der breiten zellreichen Streifen kann man bis zu 75 Zellen pro 0.1 mm3 zählen, um so weniger findet man dann im lichten Streifen daneben. Diese Zellstreifen und Säulen finden meist ihre Fortsetzung in den Streifen und Säulen der VI. Schicht nach abwärts und gehen auch nach oben über in die aus IV nach abwärts hervortretenden Körnerpaketchen. Oft ist es besonders nach abwärts sehr schwer, die Grenze zwischen V und VI anzugeben, an einzelnen Stellen sogar ganz unmöglich, weil eine solche Zellsäule vom Mark bis in die IV. Schicht aufsteigt, hier unterbrochen ist und ihre ideelle Fortsetzung dann darüber hinaus in einer Zellsäule der III. findet (s. Tafel LXXXI, Höhe 11, Breite 10 cm). Da die Zellen der V. Schicht, wie gesagt, vielfach oder größtenteils sogar nicht mehr die sonst typischen Pyramidenformen haben, ist es recht wohl möglich, daß man in einem solchen röhrenförmigen Zellpaket die Grenze von V und VI gar nicht mehr wirklich angeben kann. Für die Hirnkonvexität sowohl als für die mediane untere Hirnfläche gilt das Gesagte besonders.
Diese Aufhellung von V, die unregelmäßige Form und die eigentümliche Kleinheit ihrer Zellen, die unter die Größenmaße der Zellen der VI. Schicht herabgeht, sind zwei so charakteristische Zeichen des Occipitallappens, daß man nach ihnen wohl am besten die Zugehörigkeit eines Schnittes zum Hinterhauptslappen bestimmen kann und beim Übergang vom Parietallappen oder Temporallappen (fusiformis) danach die vordere Grenze der Occipitalregion ziehen darf (s. diesbezüglich auch S. 162, 175 und 592). Betreffs des Verhaltens von V in der Wand s. den Absatz nach der Beschreibung der VI. Schicht S. 606. Betreffs der großzelligen Wandformation OAm sowie der parietooccipitalen Grenzvariante OA2 s. §5, S. 607.
VI. Die Spindelzellenschicht ist ebenfalls schmal, doch nicht so arg verschmälert als es die V. Schicht war, und sie ist mit 0.20 relativer Zahl nur etwas unter dem Durchschnittsmaß. Sie zerfällt eigentlich nicht deutlich in ein dichteres, oberes VIa und ein schmäleres, lockeres VIb, sondern die dichtere obere VIa-Schicht wird allmählich zellärmer (VIb); gegen das Mark jedoch ist die untere Grenze von VIb ziemlich scharf abgeschnitten. Neben der etwas undeutlichen horizontalen Teilung in VIa und VIb fällt eine deutliche, an der Kuppe feinere, in der Wand breitere zellsäulenbildende, radiäre, sehr prägnante Streifung auf, die für stärkere Vergrößerungen die horizontale Unterteilung sogar ganz verdeckt, so daß letzere nur bei schwachen Vergrößerungen gesehen wird. Die VIa-Schicht besteht aus ungefähr 55 bis 60 Zellen pro 0.1 mm3; es sind meist gut geformte Spindelzellen von 20-30 / 8-10 µ Größe mit deutlichem Kern, Kernkörperchen und einer Trabantzelle. In VIb nehmen die Spindelzellen an Größe und Zahl allmählich ab, so daß zirka ein Dutzend bloß pro 0.1 mm3 bleiben und meist bloß von der Größe von 15-20 / 8 µ.
606 Lobus occipitalis.
In der Kuppe und im Kuppenwinkel sind die Zellen mit ihrer Längsachse genau zur Oberfläche orientiert; die Zellsäulen, in denen die Zellen in der Breite zu drei und vier nebeneinander stehen, sind schlank und schmal.
In der Wand erfolgt meist eine ziemlich starke Abnahme der V. und der VI. Schicht, so daß beide zusammen oft weniger als 0.50 mm betragen; besonders V nimmt auch stark ab. Die Zellsäulen von VI werden meist zu etwas plumpen, breiten, zellreichen Sockeln (s. Tafel LXXXII, Höhe 16-19, Breite 22-24 cm und Tafel LXXXI, Höhe 4, Breite 21 cm), die 0.15 bis 0.20 mm Dicke haben, während der zellärmere Markstrahl zwischen ihnen ca. 0.08 mm Dicke hat. Diese Zellsockeln reichen oft bis in die IV. Schicht hinauf, beziehen also auch die Zellen der V. Schicht in sich ein; sie sind nicht immer senkrecht, sondern auch schief gestellt; die Spindelzellen an der Basis dieser Sockel sind großenteils sogar mit ihrer Längsachse horizontal gestellt(!); so ein Zellsockel besteht in seiner unteren Hälfte aus ca. 20-30 vielfach horizontal gestellten Spindelzellen, darüber ca. 15-20 kleine trianguläre Zellen der V. Schicht, darüber ein lockeres Kapitell aus Körnerzellen der IV. Schicht.
Diese Zerklüftung der VI in plumpe Säulen ist für OA so ziemlich charakteristisch (s. auch Abb. 45, 46) und findet sich außerdem in einer geringen Modifikation nur noch in OB, sonst wohl nirgends im Gehirn. (In OB ist jedoch die horizontale Schichtung in VIa und b deutlicher, da VIa mehr als hier wieder bandartig ist, b ist schmäler, dadurch die Grenze gegen das Mark noch schärfer; die ganze VI Schicht ist schmäler und die Zellen ordnen sich weniger zu Säulen oder Sockeln in der Wand als zu eigentümlichen kleinen Paketen. Ferner zeigt in OB die V. Schicht weniger Tendenz zur senkrechten Streifung [s. S. 611].)
Dieser Art ist der Grundtypus der Area peristriata (OA1), der den größten Teil der oberflächlich sichtbaren Regio occipitalis einnimmt.
I. 0.18-0.20 mm, schmäler als sonst im Gehirn, und kernarm.
II. 0.20-0.24 mm, relativ nicht breit, nicht sehr zelldicht, zumeist kleine Pyramidenzellen und wenig Körnerzellen enthaltend.
III. 0.60 mm, ist absolut genommen nicht breit, erscheint sogar viel schmäler, weil IIIa und II nur schwer voneinander zu erkennen sind. III ist dünnstreifig und kleinzellig.
IV. 0.20 mm, ist schmal und dicht, zellreich.
V. 0.40 mm, ist licht, schmal und sehr zellklein, zellkleiner als VI; zu Säulen geordnet.
VI. 0.70 mm, ist bandförmig, gut abgegrenzt gegen das Mark, in senkrechte Säulen radiär zerklüftet.
Area peristriata. 607
Nun haben wir schon in der Einleitung zur Beschreibung von OA in §2 erwähnt, daß die Area peristriata nicht durchwegs gleichmäßig gebaut ist, sondern daß in der hinteren Wand der Parietooccipitalfurche sowie auf dem vorderen oberen Teil des Cuneus, und auch auf der konvexen Oberfläche, in der Nähe der Mantelkante, eine Variante vorkommt, die vor dem durch ihre Großzelligkeit sich auszeichnet und die wir, da sie, soweit wir sehen, ziemlich konstant an dieser Stelle wiederzufinden ist, als Area peristriata anterior OA2 bezeichnen wollen. Ihre Schichtenverhältniszahlen haben wir in §3, S. 602, schon angeführt. Wir wollen nur noch die Charakteristica dieser Variante kurz herzählen. Zerfällt der Cuneus durch die Sulci sagittales in mehrere kleine Windungen, so kann die Area peristriata anterior auch eine oder zwei kleine Windungen einnehmen. Tafel LXXXI stellt eine solche ganze Windung dar, deren rechte Wand die Hinterwand des Sulcus parietooccipitalis darstellt. Wir sehen hier: 1. die Molekularschicht ebenso absolut schmal und kernarm wie die der OA1; 2. auch für die äußere Körnerschicht gilt alles, was über dieselbe Schicht der OA1 auf S. 604 gesagt wurde. 3. Die III. Schicht ist es (neben der V.), welche die Hauptunterschiede gegenüber der OA1 zeigt, und zwar ist der Grundstock der Zellen derselbe wie in OA1, doch sammeln sich außerdem in den tiefen Partien von III größere Pyramidenzellen in genügender Anzahl, damit man doch schon den Eindruck einer eigenen IIIc-Zone erhält (wenn auch nicht so deutlich wie später in OB); in IIIa sind also wie in OA1 ca. 55 Zellen von durchschnittlich 12-15 / 8 µ Größe, in IIIb ca. 45 Zellen von Größen bis zu 20/12 µ, in IIIc endlich zählen wir wieder 50 - 60 Zellen pro 0.1 mm3, von denen ungefähr 20-25 die Größe von 20-25 / 15-20 µ haben, und außerdem pro 1.0 mm Präparat (= 10 cm auf der Tafel) ca. 8-10 ganz große Zellen in IIIc, bald weiter oben, bald an der Grenze von III und IV verstreut, und zwar ganz große schlanke Pyramidenzellen von 30-50 / 20-30 µ Größe (Tafel LXXXI, Höhe 19.5, Breite 30.5 cm), von denen viele sehr schlank und mit weit gegen die Oberfläche senkrecht verfolgbaren cephalen Dendriten sind, andere wieder plumper oder auch wieder weniger genau zur Oberfläche orientiert, so daß sie in verschiedenen Schnittebenen getroffen erscheinen können; diese Zellen haben meist zwei Trabantzellen und mehr; sie nehmen die Farbe sehr stark an, ebenso auch die übrigen größeren Zellen von IIIc, so daß sie im Bilde alle sehr auffallen. Sie haben auch deutliche Tigroidschollen und die größten unter ihnen könnte man wie in PEγ, an die doch diese Area OA2 grenzt, als Riesenzellen bezeichnen. Wir haben auch hier nicht mehr die feinere radiäre Streifung wie in OA1; sondern es sind hier breitere Streifen, eigentliche typische Zellsäulen, mit meist mehreren großen Zellen an der Basis, zwischen die sich mittelgroße Zellen mischen und dann säulenartig weiter auftürmen, nach IIIb und IIIa hineinreichen bis in die Zone, wo IIIa und II miteinander gleichsam eine Decke bilden (Tafel LXXXI, Höhe 23, Breite 6.5 cm). Diese Bildung breiter, gedrungener Säulen in der III. Schicht, die zu unterst aus großen Pyramidenzellen bestehen, darunter einzelne groß wie Riesenzellen, darüber sich türmend mittelgroße und kleine Zellen und von diesen Säulchen getragen gleichsam das aus den zellreichen und zellkleinen IIIa und II gebildete Gewölbe, ist für die OA2, speziell aber auch für die OAm und sogar die OB, also für die großzelligen Formationen der Occipitalregion, ganz typisch und kann nur in seltenen Fällen in schmalen Wandungen der hintersten Partien des Temporallappens etwas Ähnliches angetroffen werden (s. Tafel LXXXVIII, Bild 2). Doch ist die Unterscheidung dann aus anderen Merkmalen meist noch möglich. 4. Die IV. Schicht in OA2 ist von der in OA1 nicht verschieden und alles dort Gesagte gilt auch hier. An dünnen Schnitten bemerkt man auch hier eine Andeutung von Säulchenstellung. 5. Die V. Schicht dagegen zeigt neben einem eher lockeren Grundstock von 40-50 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe wie in OA1 von 8-12 / 8-10 µ Größe auch ganz vereinzelte, sehr große und ziemlich schlanke Pyramidenzellen von 25-40 / 20-25 µ Größe und starker Tinktion in einer Anzahl von ungefähr 3 pro 1.0 mm Präparatbreite bei 25 µ Schnittdicke (siehe Tafel LXXXI, Höhe 19, Breite 10.3 cm). 6. Die Spindelzellenschicht zeigt wieder ganz dieselben Charakteristica, insbesondere auch betreffs der Zellsäulenanordnung usw., wie OA1, so daß wir auf alles dort Gesagte (S. 605) verweisen.
Die OA2 bildet gleichsam den vorderen oberen Saum der OA in der Parietooccipitalfurche und an der oberen Konvexität; schon im Gebiete der zweiten Occipitalwindung sowie der dritten oder des Gyrus lingualis und fusiformis findet sie sich eigentlich nicht mehr; hier sind eigentlich große Zellen bloß in IIIc und nicht mehr in V, höchstens hier ganz sporadisch, so daß man die Grenze als OA1 oder höchstens OAm bezeichnen kann. Wir haben nämlich ebenfalls früher schon erwähnt, daß die Wandbildungen in OA1 oft großzellig sind, und daß solche Wandbildungen auch schmale Windungen und ihre Kuppen überziehen können, welche von den Sulci sagittales cunei gebildet werden; das Bild ist dann genau dasselbe wie auf Tafel LXXXI (OA2), weswegen wir nicht noch eine zweite Tafelabbildung bringen wollen; die Zellsäulen in III und VI verhalten sich auch gerade so, nur fehlen meist in dieser Wandbildung, die wir OAm Formatio peristriata magnocellularis (Abb. 92, 93) nennen wollen, die großen Zellen in V, während die großen Zellen in IIIc bleiben und dieselbe Größe haben können wie in OA2. Im Gebiete der Area peristriata OA scheinen also die großen Zellen in V typisch für die parietooccipitalen Teile derselben zu sein und ihre Area anterior zu charakterisieren.
608 Lobus occipitalis.
Die äußeren Grenzen der Area peristriata sind die Grenzen der Regio occipitalis überhaupt (s. Schema Abb. 96, 97). Diesbezüglich ist auf S. 596-598 alles Nötige, soweit wir heute imstande sind, eine Abgrenzung gegen die Nachbarformationen zu führen, gesagt worden. Betreffs der Grenzformationen ist ebenfalls S. 601 alles angeführt worden; wir wiederholen also hier bloß kurz: an der medialen Fläche ist die Grenze ziemlich genau die Parietooccipitalfurche, in deren vorderer Wandung sich die Area parietalis superior posterior gigantocellularis befindet (PEγ), die ohnehin eine gewisse Ähnlichkeit mit der OA2 hat, der Area peristriata anterior (magnocellularis), so daß der Übergang hier kein schroffer ist. An der Konvexität findet man die Grenze ungefähr hinter der Mitte der ersten, zweiten und dritten Occipitalwindung, und zwar auf der ersten Occipitalwindung grenzt noch die OA2 an die PEγ unter denselben allmählichen Übergangsstufen wie in der Parietooccipitalfurche (zum Vergleich halte man Tafel LXXI neben die Tafel LXXXI). Auf der zweiten Occipitalwindung grenzt die OA schon mit ihrer einfachen Bildung OA1 oder mit OAm (da OA2 sich nicht über die erste Occipitalwindung hinaus auf die Konvexität erstreckt) frontal und dorsal an PG und etwas weiter ventral an PHO (vgl. Abb. 21 mit 92); der Übergang in diese zwei Formationen ist wohl am besten an jener Stelle als gegeben anzunehmen, wo die V. Schicht sich sichtlich verschmälert und als Ganzes aufhellt und sichtlich noch kleinzelliger wird im Grundstock ihrer Zellen. Gleichzeitig mit dieser Aufhellung in V sieht man meist auch in III das Auftreten ganz sporadischer großer Pyramidenzellen, sog. Riesenzellen, in den tiefen Lagen der Pyramidenschicht; die OA-Formation behält hier trotz dieser Änderung (OAm) an der Konvexität, an den Kuppen derselben noch ziemlich weit nach rückwärts parietalen (feinstreifigen, etwas dickrindigen) Charakter (Abb. 136), während die Wände schon relativ auffallend schmal werden und die Säulchenstellung der Zellen in der äußeren und inneren Hauptschicht aufweisen (occipitaler Charakter). Auf dem untersten Teil der zweiten und auf der dritten Occipitalwindung (hinter deren Mitte) erfolgt der Übergang der Formation PHO in OA; hier ist die Grenze wegen der Ähnlichkeit nur approximativ zu ziehen nach der Verschmälerung von V und ihrer besseren Abgrenzbarkeit gegen VI in den Occipitalregionen als in den untersten Parietooccipitotemporalen. Basal und medianbasal auf dem allerhintersten Abschnitt des Gyrus fusiformis erfolgt der Übergang zur Formation der Area fusiformis TF, deren Grenze dort anzunehmen ist, wo in V an Stelle der kleinen und kleinsten Zellen frontalwärts wieder wohlgeformte, spitz nach oben auslaufende Pyramidenzellen in großer Menge als Zeichen der Area fusiformis auftreten (Abb. 95) erst über Vermittlung des basalen Teiles von PHO, der sich an der Basis bis zum Truncus der Calcarina vorschiebt und gleichsam die temporooccipitale Trennungs- und Übergangszone zwischen beiden darstellt. Medianbasal steigt dann caudal davon das frontale Ende des Streifens, den die OA auf dem Gyrus fusiformis und lingualis bildet, ebenfalls hinab in den Truncus der Calcarina und des Sulcus parietooccipitalis gegen den Isthmus des Gyrus limbicus. Auf kurze Strecke grenzt hier in der Tiefe desselben OA schließlich auch an die homotypischen hinteren limbischen Formationen LC, welche die retrosplenialen Formationen nach außen caudal umschließen. Dies die äußere periphere Grenze von OA.
Die inneren Grenzen der OA-Formation also gegen OB zu sind recht schwer genau anzugeben. Jedenfalls scheint OA nirgends direkt an OC anzugrenzen, sondern überall durch OB davon abgetrennt. Median überzieht die OA den größeren Teil des Cuneus, jedenfalls den Gyrus occipitalis superior ganz und auch den oberen vorderen Teil des Gyrus sagittalis medius Abb. 93; wo die Grenze liegt, scheint individuell recht verschieden, außerdem erschwert der Umstand, daß in den Wänden oft die großzelligere Variante OAm sich zeigt, die ohnehin der folgenden Area OB auch wieder ähnlicher sieht, die Abgrenzung noch mehr. Jedenfalls läßt sich nicht sagen, daß der Sulcus (sagittalis) cunei superior oder inferior die Grenze wäre; sie scheint vielmehr dazwischen zu liegen, also auf dem Gyrus sagittalis cunei medius. An der Konvexität reicht die Grenze nach hinten bis zum Sulcus lunatus (Abb. 21 s. l.), d.h. bis zur Furche, welche das vom Endsporn der Calcarinus gebildete Operculum occipitale nach vorn abgrenzt. In der Tiefe dieses Sulcus lunatus (Abb. 136) setzt sich nämlich OB fort, während die Oberfläche des Operculums selbst von OC (Area striata) überzogen ist; daher sehen viele Anatomen diesen Sulcus lunatus als das eigentliche Homologen der Affenspalte an, und zwar scheinbar mit Recht, wie wir noch später sehen werden. An der basalmedianen Fläche ist die Grenze gegen OB ebenfalls nicht anatomisch nach Furchen und Windungen anzugeben, man kann bloß sagen, daß die Grenze um den Sulcus occipitotemporalis (Abb. 22, 24, ot) liegt, und zwar vorn in der Gegend des Gyrus rhinencephalolingualis (g. rl.) oberhalb dieses Sulcus, weiter rückwärts unterhalb desselben; wie auf dem Gyrus rhinencephalolingualis selbst weiter vorn sich der Übergang, und speziell innerhalb des Truncus der Calcarina und der Parietooccipitalfurche gestaltet, haben wir im Detail noch nicht verfolgt.
Area parastriata. 609
Betreffs der eventuellen Möglichkeit einer Verwechslung der frontopolaren oder orbitalen Formationen (FE, FF, FG, FH), die ja auch eine sehr schmale Rinde und seichte Furchen haben und stellenweise (FG) ebenfalls den tenuicorticalen Rindentypus 4 aufweisen (Abb. 88 a und b), vergleiche man die Tafeln XXXI-XXXVII mit denen der Occipitalregion Tafel LXXXI - LXXXIV. In die Augen springt sofort der Unterschied in Zellgröße und Dichtigkeit, erstere zugunsten der Frontal-, letztere zugunsten der Occipitalformation, ferner die Schmalheit und der lockere Aufbau der IV. Schicht im Lobus frontalis. Sollte stellenweise hier oder individuell eine weniger scharfe Differenz sein, so gibt sicher die Großzelligkeit und schöne Pyramidenform der Zellen der V. Schicht im Frontallappen Aufschluß gegenüber der meist kleinzelligen V. Schicht der Occipitalbildungen; ferner ist in der Frontalformation die Grenze gegen das Mark nie so scharf zu ziehen wie im Occipitallappen, sondern VIb kann im Frontallappen eigentlich beliebig groß angenommen werden, da die Zellen nur sehr allmählich an Zahl abnehmen, und im Mark der Windung sich in ihrer ganzen Höhe und Tiefe noch recht zahlreich Zellen finden, während in den hinteren Hirnregionen dies nicht der Fall ist oder wenigstens nicht merklich.
§6, Historisches sowie Markbildung, wird gemeinsam mit §6 der OB-Formation, S. 619, besprochen.
§7, physiologische Betrachtungen, werden gemeinsam mit jenen der OB- und OC-Formation auf S. 653 besprochen werden.
Die Formation der Area parastriata (OB) (BRODMANNs Occipitalformation Feld 18) ist jene Formation, welche allseits die Area striata (OC) der Calcarina konzentrisch umschließt, also überall nach außen von ihr unmittelbar an sie angrenzt, und zwischen sie und die Area peristriata eingeschoben ist (Abb. 92 - 95); sie ist die schmälere von den drei Occipitalformationen und nimmt keine größeren Gebiete an der Oberfläche ein. Von der Calcarinaformation ist sie sehr verschieden und scharf abgetrennt. Sie ist in der Nähe der Calcarina auch von der OA-Formation durch ihren Aufbau sehr verschieden und gut definierbar; weiter von der Calcarina entfernt werden ihre Merkmale nach außen zu jedoch wieder weniger präzis, und ihre Unterscheidungsmöglichkeit von der sie peripher umgebenden OA eine geringere, und besonders von den großzelligen Variationen des Grundtypus OA ist die Unterscheidung nach dem bloßen Zellpräparat manchmal sehr schwer und der Übergang ein scheinbar allmählicher; vielleicht daß später einmal die Kombination von Myelo- und Cytoarchitektonik uns zu ihrer genauen Unterscheidung eine bessere Handhabe geben wird (s. §6 Markbild, Abb. 137 und 138). Da die Area parastriata von der Striata toto coelo verschieden ist und da sie sonst nur noch an die Area peristriata grenzt, wollen wir bei der Beschreibung derselben vor allem auf ihre Unterscheidungsmerkmale gegenüber der letzteren Gewicht legen, so wie wir vorher bei Beschreibung der Area peristriata vor allem auf die Unterschiede gegenüber den benachbarten parietalen Formationen Rücksicht genommen haben. - Trotz ihrer geringen Breitenausdehnung ist die OB auch außerdem nicht ganz gleichmäßig gebaut. Die Area parastriata OB erfährt an ihrer inneren Grenzlinie gegen OC z. B. eine konstante Umformung, die gleichsam als eine eigenartige Randlinie von kaum 1 mm Durchmesser die ganze Calcarina umgibt, der sog. Limes parastriatus gigantopyramidalis OBγ (s. S. 617, Abb. 93-95); ferner zeigt die OB fleckweise, jedoch inkonstant, eine gewisse Tendenz zur granulösen Differenzierung (Maculae granulosae Areae parastriatae OBΩ s. S. 618); außer diesen zwei zeigt sie aber sonst keine beständige Variantenbildung, so daß wir ihr ganzes Gebiet als eine einzige Area als Area parastriata OB bezeichnen wollen; der Einfachheit halber wollen wir den Übergang in die Calcarinaformation, der, wie gesagt, für sich gewisse konstante Merkmale und außerdem die Schichtenumbildung zur OC -Bildung enthält, als Limes parastriatus (gigantocellularis) gesondert in §5 dieser Formation besprechen und ebenso die Maculae granulosae.
610 Lobus occipitalis.
Auffallend ist die Schmalheit der Rinde der Area parastriata, die vielfach ebenso schmal, stellenweise sogar schmäler als die Rinde der Area striata sein kann, welch letztere doch im allgemeinen als die schmälste Rindenbildung gilt (Abb. 26-29). Auch dort, wo sie eine Kuppe überzieht, ist sie schmal; 1.8 mm an der Kuppe und 1.5-1.6 mm an der Wand sind Werte, wie sie außer eben in der Calcarina sonst wohl nirgends an der Rinde vorkommen, es sei denn an allogenetischen Randbildungen, die den Rindensaum bilden. Sie ist also auch im Verhältnis zu OA schmal, doch erreicht sie an ihren äußeren Grenzen gegen OA zu allmählich dieselben Werte (von 2.4 mm) wie die OA-Bildung (s. Tafel LXXXIII, die den Übergang von OA zu OB zeigt).
Außerdem ist noch makroskopisch am blaugefärbten Präparat (Abb. 116, Nr. 10) an Stelle der V. Schicht ein schmales lichtes Band zu sehen, das nach innen von einem dunklen Band gefolgt ist, das die VI. Schicht darstellt und in der Wand sehr deutlich, aber auch noch an der Kuppe angedeutet zu sehen ist, ähnlich wie in PE, dessen Rinde jedoch zum Unterschied davon wieder viel breiter ist, und auch zum Unterschiede von OA, das bloß eine gewisse Aufhellung in V zeigt, aber nicht ein helles Band (V) und ein dunkles Band (VI); in der Calcarina dagegen (OC) finden wir (Abb. 116 Nr. 11) in V einen schmalen, glänzenden, lichtesten Streifen, darunter einen tieftingierten Streifen VIa und über V einen tieftingierten Streifen IVc, darüber ein lichteres Band IVb und darüber noch einen etwas dunkleren Streifen IVa, der allmählich in III und II übergeht; so kann man also auch makroskopisch noch die OB sowohl von OA als vom vielstreifigen OC unterscheiden. In der tiefsten Lage von OB sieht man vielfach eine kurze, breite, senkrechte Strichelung.
Auch die Seichte der Furchen, die Kleinheit und Zierlichkeit der Kuppen, die für den ganzen Occipitallappen charakteristisch sind, finden wir an ihr; zwischen Kuppe und Wand ist ebenso wie in der Calcarinabildung auch hier im allgemeinen kein so großer Breitenunterschied der Rinde als in anderen Hirnregionen. Die Rinde hat hier im Schnitt etwas gleichmäßig Bandartiges, das Kuppe und Wand und Tal ohne bedeutendere Breitenschwankungen überzieht (vgl. hierzu Abb. 30F).
Die OB ist eine auffallend schmale, zellreiche, zelldichte, bis auf einen Streifen sehr großer Zellen im allgemeinen eher zellkleine Rinde, die sehr auffallend horizontal geschichtet ist; die großen Zellen in IIIb und IIIc sowie in V springen im Bilde stark in die Augen, da sie sich auch sehr dunkel färben und recht zahlreich sind - zahlreicher als in OAm oder OA2 - und von den übrigen sonst kleineren Zellen sehr abstechen. Die II. Schicht, von der IIIa schwer zu trennen, macht beim ersten Anblick den Eindruck recht breit und dicht zu sein; die IV. Schicht ist äußerst dicht (Abb. 70 und 71) und dunkeltingiert, ohne sehr breit zu sein, so daß sie wie eine tiefgefärbte Linie auffällt; als ziemlich scharfer Kontrast dazu ist die schmale V Schicht licht, sehr kleinzellig, nur ein wenig größer als die Zellen der inneren Körnerschicht, dazwischen jedoch sieht man verstreut große und sehr große Pyramidenzellen; sie zeigt nur sehr geringe Tendenz zur senkrechten Streifung; die VI. Schicht ist wieder typisch bandartig schmal, zelldicht, zellgroßer als V, vom Mark scharf abgetrennt; in der Wand und im Tal besonders ballen sie sich, durch die lichten, breiten Markstrahlen voneinander getrennt, zu niederen, dichten, ganz eigentümlich aussehenden Zellpaketen (Tafel LXXXIV); diese sind weiter oben in der Wand etwas schmäler erreichen jedoch nicht die Höhe und Größe der Zellsäulen der VI. Schicht von OA; außerdem haben dieselben durch ihre oft schiefe Lage ihre gleichförmige Vielheit und dadurch, daß sich in ziemlich gleichartiger Wiederholung auf jedes dieser Zellpakete ein kleiner Aufsatz von Zellen der V. Schicht aufsetzt, so daß sie oft eine gestürzte L- oder Z-Form annehmen, das Aussehen eines sich wiederholenden architektonischen Frieses, das diese Formation recht prägnant charakterisiert; nur selten ist diese Bildung auch in OAm im Windungstal anzutreffen, sonst wohl in keinem anderen Hirnteil; bezüglich der radiären Streifung s. auch Abb. 45 und 46. Ziemlich typisch ist auch das Verhalten der III. Schicht, die in der Windungswand eine relativ auffallende Breite hat oder besser gesagt, auffallend tief herabreicht, so daß also die IV., V. und VI. Schicht nur ein sehr schmales Gebiet einnimmt; der obere Teil der III. bildet mit II eine kleinzellige, dichte und breite Decke, darunter ist die III. Schicht lichter und die Zellen bilden Palisaden von größeren und kleineren Zellsäulen, die durch ihre Zelldichtigkeit schon bei ganz schwacher Lupenvergrößerung (Vergr. 3x) zu sehen sind und IIIa und II wie eine Dachwölbung über sich tragen! Dieser Aufbau von III in OB ist noch viel typischer als der ähnliche von III in OA2.
Area parastriata. 611
Alles Gesagte läßt den Unterschied gegenüber OA sehr typisch erscheinen; von OA1, so weit es den parietalen Typus zeigt, ist ja auch der Unterschied sehr groß, nur von OA2 und OAm, den beiden großzelligen Varianten von OA, ist die Unterscheidung schwieriger (man vergleiche Tafel LXXXIII und LXXXIV mit Tafel LXXXI); hierzu muß man speziell achten: auf die größere Schmalheit der ganzen Rinde in OB, auf die viel größere Anzahl großer Zellen in III und V, die besonders in III ausgesprochen mehrzellige Reihen bilden, auf die relative Breite von III gegenüber der starken Verschmälerung der V. und VI. Schicht, auf die lichte Bandform von V und die dunkle Bandform von VI; ferner auf die deutlichere Palisadenstellung der Zellen in III und die niedrige Zellpaketbildung in VI, letztere speziell gegenüber der plumpen Säulenbildung in OA.
Nun sind diese Charakteristica von OB, speziell nahe der Calcarina, gut entwickelt, und zwar am besten dort, wo die OB eine Wand überzieht (Tafel LXXXIV); wo sie aber eine Kuppe bedeckt - wie auf Tafel LXXXIII - finden sich zwar ihre Eigentümlichkeiten auch, jedoch ist der Unterschied gegenüber OA2 oder OAm - man vergleiche hierzu Tafel LXXXI - kein so großer mehr, und wenn eine OAm-Bildung unmittelbar an OB grenzt, wird es überhaupt nicht immer möglich sein, eine Grenze zwischen beiden zu bestimmen. Auch an Tafel LXXXIII fällt uns die große Schmalheit der Rinde und die schärfste Abgrenzung derselben (sogar am Culmen) zum Mark auf; die Zahl der großen Pyramidenzellen in III und V, besonders in ersterer, ist auch hier ansehnlich, doch nicht mehr so auffällig wie in der Wand (Tafel LXXXIV); die IV. Schicht ist typisch schmal; die V. licht, jedoch enthält sie zahlreiche kleinste Zellen; sie zeigt aber auch hier weniger Tendenz zur senkrechten Streifung als in OA; die VI. ist in VIa besonders relativ kompakter und bandförmiger, speziell an Tafel LXXXIII in der linken Wand mehr als im angrenzenden OA, das die rechte Wand einnimmt. Doch ist auch hier schon eine Bandbildung nicht mehr so typisch wie in der Wandbildung auf Tafel LXXXIV, obschon sie auch dort (Tafel LXXXIII) eine Kuppe darstellt, die als erste unmittelbar auf die Calcarinaformation folgt. So rasch ändert sich regionär das Bild! Die Palisaden- oder Säulchenstellung der Zellen in III ist gut zu sehen (s. auch Abb. 136), sogar die IV. Schicht zeigt (mehr als in OA) die Tendenz zur Säulchenstellung, jedoch ist diese Säulchenstellung der III keine so massige als nahe der Calcarina. Die VI. Schicht auf der linken Seite der Tafel bei Tafel LXXXIII, Höhe 4.5-6, Breite 11.5-13 cm, Höhe 8-10.5, Breite 12.5- 14 cm, Tafel LXXXIV, Höhe 24.5-26, Breite 34-36 cm usw. zeigt Paketbildung. Ungefähr in der Mitte der Kuppenhöhe auf Tafel LXXXIII, beim Pfeil ↓ ist der Übergang von OB in die OA-Formation; man sieht, wie die Rinde hier im großen ganzen nach rechts (OA1) feinstreifiger wird (parietaler Typus), wie auch in V die kleinen Zellen sich in die senkrechten Streifen einordnen; an der unteren rechten Ecke nun sieht man gleichsam einen Mischtypus von kleinen Paketbildungen und Sockelbildungen in VI (und V) bei Höhe 5-7 cm, Breite 23-25 cm. Es sind eben diese Übergangsbildungen nicht so kontinuierlich gleichmäßig gebaut, wie man bisher annahm.
612 Lobus occipitalis.
Die Übergangsbildung der OB in die Calcarinaformation OC wird unter §5 genauer besprochen werden.
Um sich einmal den großen Unterschied in Zellform, Zellgröße, Zellzahl, Zelldichtigkeit sowie im ganzen architektonischen Aufbau aller Schichten zwischen den frontalen Polformationen und den occipitalen recht zu vergegenwärtigen, trotz der ähnlichen Schmalheit beider Rinden, vergleiche man einmal Tafel TXXXI (FE) mit Tafel LXXXIII (OB)!
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
Gesamtdicke an der Kuppe 1.8 mm | |||||||
0.16 | 0.18 | 0.46 | 0.18 | 0.26 | 0.32 | 0.26 | mm |
Gesamtdicke an der Kuppenwand, von der Calcarina abgewendet, 1.6 mm | |||||||
0.16 | 0.18 | 0.44 | 0.16 | 0.22 | 0.30 | 0.18 | mm |
Gesamtdicke an der Wand, unmittelbar nahe an der Calcarinaformation, 1.58 mm | |||||||
0.20 | 0.18 | 0.48 | 0.18 | 0.26 | 0.18 | 0.10 | mm |
Relative Zahlen:
I | II | III | IV | V | VI | ||
Kuppe | 0.10 | 0.11 | 0.30 | 0.11 | 0.17 | 0.21 | äH:iH = 51:49 |
Wand | 0.13 | 0.12 | 0.33 | 0.12 | 0.18 | 0.12 | äH:iH = 58:42 |
Die relativen Zahlen zeigen für II und IV (für beide Körnerschichten) höhere Werte als den Durchschnitt, für die VI. Schicht in der Wand in der Nähe der Calcarina jedoch eine Ziffer, die weit unter dem Durchschnitt ist. Sonst sind die relativen Zahlen nahe den Durchschnittswerten. Entsprechend der Schmalheit der Rinde ist auch die III. Schicht verschmälert; sie erreicht dadurch einen Tiefstand ihres Breitendurchmessers, wie er sonst nur noch in der Rinde des Sulcus olfactorius oder in der hinteren Zentralwindung erreicht wird.
Alle Schichten sind, absolut genommen, schmal und haben so niedere Werte wie kaum sonstwo im Gehirn (s. die Tabellen S. 794), da ja die Rinde samt allen ihren Teilen verschmälert ist. Absolut genommen weichen dieselben aber eigentlich nicht weit von den Durchschnittswerten ab.
I. Die Molekularschicht ist schmäler als sonstwo im Gehirn, 0.16 mm; so tiefe Werte findet man weder in der Calcarina selbst noch in den schmalen Orbitalen (Frontal-)Formationen; in der Wand jedoch wird sie breiter. Die Kerne sind über ihre Breite ziemlich gleichmäßig verteilt mit einer geringen Verdichtung an der Oberfläche. Es sind ca. 50 Kerne pro 0.1 mm3, alles zusammengenommen: Blutgefäß-, Glia-, Nervenkerne usw. Davon sind ca. 3-4 Nervenzellen, welche etwas größer sind als gewöhnlich, meist spitz oval von 10/5 µ, meist schief zur Oberfläche gestellt. Nach unten zu ist die .Molekularschicht gegen 5 die obere Körnerschicht gut abgegrenzt. Gegen die Calcarina zu und gegen OA wird die Molekularschicht wieder breiter.
II. Die äußere Körnerschicht ist im Vergleich zu der Körnerschicht der Umgebung, besonders des Parietallappens, schmal, relativ und absolut, jedoch ist auch sie mit ihren 0.18 mm (und 12%) gut über dem Durchschnitt, und sie erscheint besonders bei schwachen Vergrößerungen noch viel breiter, da ohne besondere Dichtigkeitsänderung der Übergang unmittelbar zu IIIa stattfindet, so daß eine Trennung von dieser Lage nur nach Zellform und Größe vorgenommen werden kann, was ohnehin schwierig genug ist, da der Unterschied der Zellen ein sehr geringer ist. II + IIIa ist breiter (0.35 mm) als die übrige III Schicht (0.28 mm), welche, wie schon besprochen, und wie wir gleich noch näher ausführen werden, lichter ist und in der die Zellen zu Säulenreihen zusammengestellt sind; dieses Aussehen einer anscheinend überbreiten, zelldichten, äußeren Körnerschicht, getragen von im Verhältnis dazu niedrigen, zum Teil großzelligen Zellsäulen der lichteren und schmäleren III. Schicht, ist typisch für OB und erleichtert sehr dessen Erkennung.
Area parastriata. 613
Die eigentliche II Schicht enthält ca. 150 Nervenzellen pro 0.1 mm3, und zwar sind das zum Teil Körnerzellen, zum größten Teil jedoch trianguläre und kleinste Pyramidenzellen, die Größe schwankt von 4/4 µ durch alle Größen und Formen durch bis zu 10/10 µ, einzelne auch etwas darüber, z.B. 12/10 µ; ungefähr 10% der 150 Zellen sind 10/10 µ oder darüber groß; im allgemeinen sind näher zur Oberfläche die kleineren, mehr der Tiefe zu die größeren Zellen. Am Rande zu I sind oft die Zellen vielfach wie Soldaten in Reihen nebeneinandergestellt auf kurzen und weiten Strecken, was ein eigenes Aussehen gibt (Tafel LXXXIV, Höhe 28-32, Breite 16-17 cm). An der Kuppe (Tafel LXXXIII) stehen die Zellen in II weniger dicht als in der Wand, so zählt man in der Kuppe bloß 110-120 Zellen pro 0.1 mm3, und es sind die größeren Zellformen hier in geringerer Anzahl vertreten.
III. Die Pyramidenzellschicht ist in OB ebenfalls absolut schmal; relativ ist sie nur wenig unter dem Durchschnitt; sie ist die auffallendste Schicht der OB und die charakteristischste, und als solche haben wir ihre Beschreibung schon in §2 und sonst zum Teil vorweggenommen. Ihre absoluten Breitenzahlen bewegen sich zwischen 0.44 und 0.48 mm; in der Wand nimmt sie an Breite kaum merklich ab und ihre Charakteristica sind in der Wand deutlicher als an den Kuppen, insbesondere in der Wand, die auf die Calcarinaformation folgt, also frontal in der Fissura calcarina selbst oder weiter caudal in der nächsten Furche. Sie zerfällt zum Unterschied der III. Schicht der Umgebung in drei Untergebiete oder Zonen: IIIa, b, c. Von diesen ist IIIa 0.15 mm, IIIb 0.19 mm, IIIc 0.13 mm breit. IIIa enthält zwischen 65 (an der Kuppe) und 85 Zellen (in der Wand) pro 0.1 mm3, also durchschnittlich gegen 75; davon sind die größere Anzahl 6/6 und 10/7 µ, dann auch einige wenige 12/10 und 15/10 µ; in der Wand überwiegen die kleinen Formen, an der Kuppe sind die größeren auch recht zahlreich; in IIIa ist nichts von einer radiären Streifung zu sehen und der Übergang in II ist ein allmählicher; auch kleinste Pyramidenzellen und sogar Körnerzellen kommen in IIIa vor.
In IIIb sind ungefähr im Durchschnitt 70 Zellen pro 0.1 mm3 (in der Kuppe etwas weniger, in der Wand etwas mehr). Davon sind ungefähr 40 kleine 6/6 bis 8/8 µ, und 20 mittlere 8-10 / 8 µ, und 10 größere 10-15 / 10-12 µ und dann 3-4 von 15-(20) / 15 µ Größe. In IIIb ist eine radiäre Stellung und Anhäufung der Zellen in breiten radiären Zügen zu bemerken.
In IIIc schließlich sind ungefähr 62 Zellen pro 0.1 mm3. Davon sind ca. 7 ganz große Pyramidenzellen von 25-75 / 15-25 µ, daneben ca. 25 mittelgroße von 15-25 / 12-15 µ und ca. 30 von kleiner Dimension, von 6/6 bis 12/10 µ; darunter auch viele Körnerzellen aus der darunterliegenden IV. Schicht. Die größten Zellen kommen im Windungstal oder dessen Nähe vor (Tafel LXXXIV). Aus diesen Zellen der IIIc-Schicht bildet sich breitbasig die untere Hälfte der Säulen der III. Schicht, die selbst eine Breite von ungefähr 40-80 µ haben und ungefähr ebenso große Zwischenräume zwischen zwei Säulen wieder frei lassen; in der unteren Hälfte der Säule sieht man 2-5 von den ganz großen Pyramidenzellen in recht verschiedener Lage zueinander liegen; die Spitze wohl meist oben, jedoch nicht immer senkrecht zur Oberfläche gerichtet, sondern oft schief. Die großen Pyramidenzellen selbst sind nicht sehr regelmäßig geformt und meist nicht sehr schlank, sondern fortsatzreich und unregelmäßig; die übrigen mittleren, kleineren und kleinsten Zellen ordnen sich dazwischen, darunter und darüber zu ziemlich dichten, breiten Zügen; nicht selten findet so eine Zellsäule nach unten ihre Fortsetzung in einem sockelähnlichen Haufen von Körnern in der IV. Schicht, während er in seiner Fortsetzung nach oben aus den oben angeführten kleinen, mittleren und etwas größeren Zellen der IIIb-Zone, die radiär geordnet sind, besteht; diese Säulchen finden ihr Ende in IIIa.
614 Lobus occipitalis.
Aus dieser Ausführung kann man ersehen, daß IIIa, IIIb und IIIc aus einem Grundstock kleinster, kleiner und mittlerer dreieckiger Pyramidenzellen bestehen, die in allen drei Zonen sich nur wenig voneinander unterscheiden, wie dies im Hinterhauptslappen überhaupt der Fall ist, und die bloß verstreut zwischen sich in IIIb einige etwas größere und in IIIc recht viele ganz große Zellen enthalten. Während nun in OA2 ca. 8-10 ganz große Zellen pro 1.0 mm Präparatbreite (= 10 cm Tafelbreite) zu sehen waren, sieht man hier 15-22 große Pyramidenzellen in IIIc bei 25 µ dicken Schnitten; nicht selten sind einzelne dieser ganz großen Pyramidenzellen hinauf nach IIIb oder hinunter nach IV disloziert; im Durchschnitt sind diese Pyramidenzellen etwas kleiner und weniger schlank als die in OA2.
Die kleinen und mittleren Pyramidenzellen der OB sind ebenfalls meist flach, dreieckig; recht oft sind sie breiter als hoch; die schlanke Pyramidenform ist im Occipitallappen außer bei den ganz großen Zellen überhaupt selten.
Die typische säulenförmige Anordnung mit den kurzen, etwas plumpen Zellsäulen, welche die breite Decke der kleinstzelligen IIIa- und II. Schicht trägt, erfährt in der Tiefe der Wandung im Talgebiet und zum Teil auch an der oberen Windungskante eine ganz auffallende und für diese Formation ebenfalls ziemlich charakteristische radspeichenartige Anordnung; auf Tafel LXXXIV im Tal ist dieselbe besonders gut zu sehen.
Die Zellsäulen sind nicht immer so gebaut, daß zu unterst die größten Zellen, dann mittlere und kleinere darüber kommen; oft sind zu unterst mittlere und die größten sind erst etwas weiter darüber. Es ist Geschmackssache, ob man die ganz großen Zellen von IIIc Riesenzellen nennen will oder nicht; einige Exemplare darunter erreichen manchmal auch die Größe bis zu 50 µ und zeigen deutliche Tigroidschollen.
IV. Die innere Körnerschicht der Area parastriata OB ist wie in allen parietalen und occipitalen Formationen über den Durchschnitt breit; trotzdem zeigt sie absolut und relativ kleinere Zahlen auf als alle übrigen retrozentralen Partien mit Ausnahme der temporalen. Sie hat durchschnittlich bloß 0.18 mm; sie ist zelldicht und ihre Zellen sind sehr dunkel tingiert, so daß sie als dunkler Strich im Präparat stark hervortritt (s. besonders Tafel LXXXIV); von diesem dunklen Strich springen nach oben und nach unten Zellhäufchen von Körnern nach III und V vor; die Zellen sind zu radiären Häufchen vereint, die kleine, kurze Säulen bilden; ist der Schnitt etwas dicker, so sieht man die Säulchen nicht, da die radiären hellen Zwischenräume durch die nächsten Säulchen wieder verdeckt werden; an etwas dünneren Schnitten sieht man sie sehr gut, auf unseren 25 µ dicken Schnitten sind sie eben auch noch zu sehen. Schon in OA war eine Andeutung dieser Säulchenstellung der Körnerzellen zu erkennen; hier in OB ist sie viel deutlicher (wenn auch noch nicht so auffallend wie im Temporallappen). - Zu zählen sind an der Kuppe über 200, in der Tiefe der Wand über 270, also wohl durchschnittlich gegen 240 Zellen pro 0.1 mm3. Die Zellen sind zum größten Teil wirkliche, und zwar relativ große runde Körnerzellen von 6/6 µ und 8/8 µ bis zu 10/8 µ; nur wenige haben Dreiecks- oder gar Pyramidenform. Diese hohe Zellzahl erreicht Werte, wie wir sie sonst bloß von granulösen Formationen kennen, obwohl im übrigen OB als Ganzes nicht heterotypisch, sondern homotypisch ist. - Die Zellen liegen so dicht, daß sie im Schnitt von 25 µ vielfach übereinander zu liegen kommen und dicht aneinander gereiht kleine Stäbchen oder Kränzchen, Häufchen oder gewundene dichte Züge bilden, in denen man die einzelnen Zellen oft nicht mehr gut voneinander unterscheiden kann; besonders in der Mitte der IV. Schicht ist diese Konglomerierung der Zellen zu sehen; darüber und darunter läßt dies wieder nach. Diese Dichtigkeit und Formung, gleichzeitig mit der Säulchenbildung und der relativen Schmalheit von IV, ist auch ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber OA oder gar gegenüber den Parietalformationen.
Die Säulchen der IV. Schicht setzen sich größtenteils nach oben fort in die Säulen der III. Schicht und der V. Schicht nach unten. Dabei sind die Grenzen der IV. Schicht jedoch recht leicht und scharf zu ziehen infolge ihrer Zellform und -dichtigkeit.
Area parastriata. 615
V. Die ganglionäre Schicht der Area parastriata ist dort, wo sie ihre Charakteristica voll entwickelt, ebenfalls recht typisch. Sie ist absolut und relativ mit 0.26 mm Kuppen- und 0.16 mm Wandbreite auch bei der Schmalheit der ganzen Rinde dieses Gebietes doch etwas unter dem Durchschnittsmaß. Ihre Zelldichtigkeit ist nicht groß, und zwischen der äußerst dichten und dunkelgefärbten IV. Schicht und der ebenfalls dichteren VI. Schicht erscheint sie als ein relativ schmales, lichtes Band, das gegen diese beiden Nachbarn gut sich abgrenzen läßt und sich sichtbar davon abhebt. Das Gros der Zellen der V. Schicht ist, entsprechend dem Wesen des Occipitallappens, äußerst klein, kaum viel größer als die Körnerzellen der IV. Schicht und ein gutes Kaliber kleiner als die Spindelzellen der VI. Schicht (so wie dies auch in OA der Fall war). - Die Zellzahl schwankt allerdings zwischen 70 an der Kuppe und 90 an der Wand, also durchschnittlich 80 pro 0.1 mm3, da aber von diesen nur ein Drittel die Größe von 8/8 µ überschreitet und davon nur ganz wenige bis zu 10/10 µ oder gar 12/12 µ Größe gehen, die meisten aber der übrigen zwei Drittel ganz kleine Zellen von 4-6 / 4-6 µ zum überwiegenden Teile sind, so erklärt sich die relative Undichtigkeit dieser Schicht trotz der Zellzahl von 80 leicht aus ihrer Zellkleinheit; in gewissem Sinne könnte man mit Berechtigung wegen der Zellkleinheit von einer Art Verkörnelung der ganglionären Schicht sprechen. Zwischen diesen Zellen verstreut in unregelmäßigen Abständen, bald zahlreicher, bald weniger zahlreich, findet man vereinzelte große Pyramidenzellen von 30-45 / 25-30 µ Größe, und zwar ungefähr 3-4 pro 1.0 mm Präparatbreite bei Schnittdicke 25 µ, also auf 10 cm unserer Tafel (LXXXIII, Höhe 27 cm, Breite 15 und 16 cm, LXXXIV, Höhe 13 und 15 cm, Breite 6 cm). Diese Zellen sind groß, pyramidenförmig, in der Wand und im Tal jedoch besonders flach gedrückt (Tafel LXXXIV, Höhe 4 cm, Breite 13.5 cm), mit Zellkern und Kernkörperchen und Tigroiden, die gut sichtbar sind und meist zwei Trabantzellen; vor allem im Tal, aber auch in der Wand, besonders in der Nähe der Calcarinaformation, sind sie zahlreicher als in größerer Entfernung davon. Im Verhältnis zu den übrigen kleinsten Zellen der V. Schicht machen sie den Eindruck von Riesenzellen, ohne es ihrer absoluten Größe nach eigentlich zu sein. Im allgemeinen sind sie kleiner als die großen Zellen in IIIc. - Die ganglionäre Schicht zeigt in der Area parastriata keine horizontale Unterschichtenbildung, sondern ist in ihrem Zellaufbau und ihrer Zellzahl ziemlich gleichmäßig. Auch die Tendenz zu radiärer Stellung der Zellen oder gar zu Säulchenbildung, ist eine viel geringere als etwa in OA, obschon sie, besonders der Kuppe zu, auch hier vorhanden ist und auch sonst wenigstens angedeutet bleibt. Abgesehen davon sind die Zellen in ziemlich gleichmäßiger Verteilung ausgestreut. Nur in den tiefen Partien der Windungswände, vor allem nahe am Windungstal und im Tale selbst, ist häufig auch in der V. Schicht eine Häufung der Zellen zu zellreichen niederen Paketen, von denen jeder die ganze Breite von V einnimmt, mit zellarmen Zwischenräumen zu sehen, und zwar macht es den Eindruck, als ob zwischen zwei ähnlichen darunter stehenden Paketen der VI. Schicht (die wir gleich besprechen werden) ein solches kleines Paket der V. Schicht darüber aufgesetzt wäre (Tafel LXXXIV, Höhe 9-10 cm, Breite 31-32 cm); durch die Wiederholung dieser Bildung bekommt man das Bild einer schachbrettähnlichen Einteilung von V und VI oder, wenn die Pakete in der Biegung zum Tal schief stehen, eines zickzackähnlichen Musters.
VI. Die Spindelzellenschicht ist in der Area parastriata nicht nur entsprechend der allgemeinen Rindenverdünnung verschmälert, sondern auch relativ, besonders in der Wand; hier, sinkt sie auf 12% der Rindenbreite, während sie sonst gewöhnlich 18% ausmacht; absolut hat sie 0.58 mm Kuppenbreite und 0.38 mm Wandbreite. Sie zerfällt im Verhältnis zu OA (s. Tafel LXXXIII) recht auffällig in eine zellreiche, besser tingierte, bandartig aussehende, zellgrößere Oberschicht VIa und eine zellärmere, leichte, relativ sehr schmale untere VIb-Schicht, welch letztere vom Mark sehr scharf auch an der Kuppe abschneidet, während in OA die Grenze nicht so scharf ist. Sehr deutlich sieht man diese Umwandlung und Verdichtung, welche die VI beim Übergänge von OA zu OB erfährt, am Übersichtsbild der Abb. 136.
616 Lobus occipitalis.
Das VIa-Band enthält gegen 85 Zellen pro 0.1 mm3 im Durchschnitt; wo Zellpakete sind, enthält ein so zellreiches Zellpaket gegen 130 Zellen pro 0.1 mm3; zwischen zwei Zellpaketen ist dann ein zellarmer Zwischenraum; die Zellen der obersten Teile von VIa sind meist keine Spindelzellen, sondern meist dreieckige Zellen von verschiedener Form, Größe und Orientierung, von 18/12 µ bis zu 10/8 µ, deren Spitze bald gegen die Oberfläche bald gegen die Tiefe oder sonst in anderer Richtung zeigt; dazwischen sind auch große Spindelzellen zu ungefähr 50% von der Größe 20/10 µ und 12/5 µ;, weiter in der Tiefe sind wieder die Spindelzellen in der Überzahl, doch sind auch hier noch viele dreieckige Zellen; in der Wand und besonders in der Nähe des Tales und im Tale selbst liegen die meisten Spindelzellen horizontal; an der Form, Lage und Kleinheit der Zellen der VI. Schicht ist die Occipitalformation auch erkennbar; man vergleiche z. B. die VI. Schicht auf Tafel XXXI und auf Tafel LXXXIII. Andrerseits ist es typisch für diese ganze Gegend, daß trotzdem die VI auffallend großzelliger ist als die V. In VIa ist neben der Dichtigkeit der Zellen, die dieser Oberschicht ein bandartiges Aussehen verleiht, auch die breitradiäre Streifung in der Kuppe zu sehen, die sich im Kuppenwinkel schon sehr verbreitert und in der Wand noch mehr und durch das rapide Schmälerwerden der VI. Schicht zu immer niedereren Paketen wird, die von der Mitte der Wand an nach der Tiefe der Furche zu dann das sehr typische gedrungene Aussehen haben von kleinen, dichten Häufchen von 0.16-0.20 mm Höhe und 0.10 bis 0.20 mm Breite, mit einem Zwischenraum von ca. 0.10 mm. Die Zellpakete bestehen am Grund aus dicht aneinander gepreßten, horizontal gelagerten Spindelzellen und wenigen dreieckigen, und weiter oben mehr aus dreieckigen größeren Zellen; sie stehen senkrecht oder etwas schief; an der lichten V. Schicht ist ihr oberes Ende; zwischen zwei solche Zellpakete setzt sich dann in der Mitte meist ein Paketchen von Zellen der V. Schicht auf, was eine eigentümlich schachbrettartige Zeichnung ausmacht.
Die VIb-Schicht zieht darunter; sie ist sehr schmal, zellarm, hat ein beinahe hyalines Aussehen und ist von dem gliakernreichen Mark scharf getrennt und durch ihr mehr homogenes zellarmes Aussehen gut erkennbar. Sie enthält ca. 25 Zellen pro 0.1 mm3; es sind an der Wand horizontal gestellte in der Kuppe gegen die Oberfläche orientierte Spindelzellen von 15/5 µ Größe; auch hier noch sind in der Kuppe viele der Zellen triangulär.
Die Area parastriata hat also eine äußerst schmale (die zweitschmalste des ganzen Hirns), typisch granuläre, zellreichste Rinde, welche eine auffallend gute, horizontale Schichtung zeigt; sie zeigt also den Rindentypus 4 (tenuicorticaler Typus) (Abb. 88 a und b). Außerdem erscheint unterhalb der ersten Schicht eine auffallend breite, aus feinen Körnern bestehende II- und IIIa-Schicht, welche getragen wird von den zu kurzen Säulen angeordneten Zellen der IIIb- und IIIc-Schicht, welch letztere besonders recht große Pyramidenzellen enthält; die IV. ist äußerst dicht, wenn auch nicht breit, die V. bildet ein kleinzelliges, schmales, lichtes Band mit solitären, vereinzelten sehr großen Pyramidenzellen; VIa bildet demgegenüber ein sogar etwas großzelligeres, dichtes, schmales, dunkles Band; VIb ist dicht, sehr schmal und gegen das Mark gut begrenzt.
I. 0.16 mm, äußerst schmal, absolut wohl am schmälsten im Hirn, nicht kernreich, 3 bis 4 Nervenzellen.
II. 0.18 mm, absolut schmal, relativ eher breit, zellreich und zellklein, 160 Zellen pro 0.1 mm3 von 4/4 bis 10/10 µ.
III. 0.46 mm, schmal; zerfällt in IIIa, IIIb, IIIc; die oberste a-Schicht ist von II nicht zu trennen, IIIb und IIIc bilden kurze breite Zellsäulen, die im Tal und Kuppenwinkel radspeichenartig stellen. Meist zellklein bis auf große Zellen, beinahe Riesenzellen in IIIc von 25-45 / 15-25 µ, ca. 7 solcher Zellen pro 0.1 mm3.
Area parastriata. 617
IV. 0.18 mm, also eher schmal, sehr zelldicht, zellreich, zellklein, meist Körnerzellen, 240 pro 0.1 mm3 von 6/6 bis 10/8 µ Größe.
V. (0.16-)0.26 mm, schmales lichtes Band mit kleinsten Zellen, 80 pro 0.1 mm3, und zwar meist 4-8 / 4-12 µ, ganz vereinzelt sehr große, beinahe Riesenzellen 30-45 / 25-30 µ.
VI. (0.30-)0.60 mm; VIa schmales dichtes Band, 85 Zellen pro 0.1 mm3 von 18-20 / 10-12 µ, weniger Spindelzellen, meist trianguläre Zellen; VIb sehr schmal, licht, gegen das Mark scharf abgegrenzt.
Derart gebaut umgibt die Area parastriata die Area striata, d. h. die Calcarinaformation konzentrisch ringförmig. Dieser Ring hat an der Oberfläche eine Breite von 5-10 mm. Nach außen geht die OB allmählich allseits in die OA über; die Grenze gegen die OA ist auf S. 609 schon besprochen worden (siehe auch Abb. 92-95 und Abb. 21-24); auf dem Cuneus kann man grobanatomisch dieselbe auf dem Gyrus sagittalis cunei medius ziehen; auf dem Gyrus lingualis nimmt die OB das vordere Drittel des Gyrus lingualis superior und die hinteren zwei Drittel des Gyrus lingualis inferior ein. Am Pol auf die Konvexität übergehend, verschmälert sich das Gebiet der OB derart, daß es gewöhnlich in der Tiefe des Sulcus lunatus bloß dessen Wände überkleidet (s. Abb. 136) und nur an der hinteren Hälfte der Kuppe des Gyrus descendens E. an die Oberfläche tritt. Nach innen geht die OB ganz jäh in die Calcarinaformation über; der Übergang findet frontal in der Tiefe des gemeinsamen Truncus der Calcarina und des Parietooccipitalsulcus ungefähr in der frontalen Ebene des Isthmus limbicus statt; nach hinten zu steigt die Grenzlinie immer mehr aus der Calcarina an die Oberfläche heraus (Abb. 93), und zwar an der Unterlippe der Calcarina meist rascher als an der Oberlippe, so daß sie in der Mitte der Calcarina den Cuneusrand derselben erst um ein paar Millimeter überschritten hat, den Gyrus lingualis superior hingegen schon ganz überzieht; weiter caudal tritt die Grenze noch weiter dorsalwärts resp. ventralwärts und liegt am Pol (an der Konvexität) auf der hinteren Partie des Gyrus descendens Ecker; hier ist der Ring, den die OB-Area um die Area OC bildet, am schmalsten; denn nach vorn zu tritt sie dann aus dem Sulcus lunatus, der den Gyrus descendens nach vorn zu begrenzt, meist gar nicht mehr heraus, sondern es schließt sich die OA-Formation an OB noch im S. lunatus nach vorn an. An der oberen und unteren Mantelkante wird das Gebiet der OB wieder etwas breiter; am besten sieht man das eben Gesagte auf Text Abb. 136. Diese stammt von der Konvexität an einem Horizontalschnitte durch den Pol des Occipitallappens (Abb. 115a). Beim Pfeil ↓ ist der Sulcus lunatus (s. l.) dargestellt, links davon ist der Gyrus descendens (E.), dessen linker Teil von der Calcarinaformation OC überzogen ist, an dessen Kuppe jedoch der Übergang von OC zu OB stattfindet beim Strich 1, während die nächste Kuppe, welche zur zweiten Occipitalwindung gehört, O2, schon von OA (parietaler Typus) überzogen ist (Grenze bei Strich 2). Die genauere innere Grenze der OB-Formation wird noch auf S. 637 bei der Besprechung der Ausdehnung der Calcarinaformation (Area striata) durchgesprochen werden, und um Wiederholungen etwas zu vermeiden, verweisen wir hier darauf. Der sprungweise plötzliche Übergang in die Calcarinaformation bei Strich 1 ist auch bei dieser schwachen zwölffachen Vergrößerung gut zu sehen; der Übergang von OA zu OB bei Strich 2 ist aber weniger scharf.
Der Übergang von dem gewöhnlichen homotypischen sechsschichtigen Typus der Parastriataformation OB zu dem granulösen heterotypischen achtschichtigen Calcarinatypus (Area striata OC) ist, wie eben gesagt, ein ganz plötzlicher (s. Tafel LXXXV, LXXXVI und LXXXVII); es hört die radiäre Streifung mit der homotypischen Formation, welche auf Tafel LXXXV die ganze linke Bildseite (OB) einnimmt, ganz abrupt auf und macht der heterotypischen, horizontal auffallend geschichteten, granulösen Formation (OC) Platz (Abb. 136; s. auch Abb. 56-58). Diese Calcarinaformation ist, wie schon wiederholt gesagt, das Prototyp unseres sog. Koniocortex. Am anschaulichsten läßt sich dies durch BRODMANNs klassische Erklärung verständlich machen, der annimmt, daß sich die IV. Schicht, die innere Körnerschicht, durch das unvermittelte Auftreten des Gennarischen Streifens in zwei parallele horizontale Körnerschichten spaltet, eine obere und eine untere, so daß man (Tafel XXXV von Höhe 30 cm, Breite 15 cm an nach rechts): 1. eine IVa-Schicht, hat, die obere (innere) Körnerzellenschicht, 2. eine IVb-Schicht, die lichte, dem Gennarischen Streifen entsprechende, und 3. eine IVc-Schicht, nämlich die untere (innere) Körnerschicht. Gleichzeitig wird die ganze Rinde in allen ihren Teilen auffallend kleinzellig und zellreich wie mit Körnern übersät (granulös), die V. Schicht wird auffällig lichter und noch schöner streifenartig, die VI. noch viel dichter besonders in VIa tiefergefärbt und noch viel prägnanter bandartig; beim Übergang macht es sogar den Eindruck, als ob VIa um eine kleine Stufe tiefer steigen würde (s. Tafel LXXXVII, Höhe 14, Breite 13.5 cm, und Abb. 116), da VIb noch viel schmäler als in OB aussieht. Kehren wir nun zur IV. Schicht zurück. Die IVc-Schicht liegt in der unmittelbaren geraden Fortsetzung der IV. Schicht der OB-Formation, um einen kleinen Absatz tiefer; während die IVa-Schicht gleichsam sichtlich plötzlich um eine ganze Stufe höher steigt (s. Tafel LXXXV und LXXXVII), so daß sie in der Fortsetzung der unteren Partien der IIIb-Zone liegt, während die mittlere IVb-Schicht eigentlich in die Fortsetzung der IIIc-Schicht zu liegen kommt.
618 Lobus occipitalis.
An diesem Punkte, wo nun die IVa-Zone um eine Stufe höher steigt, liegt die „wirklich haarscharfe" Grenze zwischen OB und OC (wo auf den Tafeln der Pfeil steht). Unmittelbar davor befindet sich regelmäßig in IIIc der OB in einer Ausdehnung von ca. 1 mm (auf der Tafel = 10 cm) Breite eine Ansammlung von sehr großen, auffallenden Pyramidenzellen, die wirklich Riesenzellengröße erreichen; auf einem Schnitte von 25 µ Dicke sind ca. 20-25 solcher Zellen zu sehen (Tafel LXXXV, Höhe 27-31 cm und Breite 6-15 cm; Tafel LXXXVII, Höhe 20-24 cm, Breite 7-16 cm). Diese Zellen charakterisieren den Limes parastriatus gigantopyramidalis (OBγ); diese Zellen sind schlanke Riesenpyramidenzellen von 50-70 / 20-25 µ Größe, deren cephaler Fortsatz noch um 30 oder 50 µ weiter oberflächenwärts verfolgt werden kann; sie sind reich an Dendriten und haben meist 2-3 Trabantzellen. In der III. Schicht, knapp oberhalb der Riesenzellen, macht sich schon ein Reichtum an Körnern im ganzen Gebiet von OBγ bemerkbar. Unterhalb der Riesenzellen scheint die IV. Schicht etwas lockerer als im übrigen OB (s. Tafel LXXXV). In der V. Schicht scheinen manchmal, jedoch nicht regelmäßig, an dieser Stelle auch die isolierten großen Zellen dieser Schicht etwas zahlreicher zu sein (z. B. Tafel LXXXVII); manchmal reicht die Verdichtung der VIa-Schicht aus OC auch auf OBγ herüber, andere Male wieder ist es wie auf Tafel LXXXV umgekehrt, da beginnt die Verdichtung der VIa erst etwas weiter innerhalb OC. So gebildet findet man den Limes parastriatus OBγ in der ganzen Circumferenz beim Übergang von OB zu OC am Cuneus (Tafel LXXXV), am Gyrus lingualis (Tafel LXXXVI) 1) und auch an der Konvexität am Gyrus descendens (Tafel LXXXVII und Textabbildung 136, bei ↓ ) als 0.5-1.0 mm breiter Saum (= 10 cm auf der Tafel, s. Abb. 92-95). Das Nähere über den Verlauf dieser Grenzlinie, d. h. über die äußere Umrandung der Calcarinabildung OC findet man in §5 der OC, S. 637. [footnote p 618 1) Hier ist in der linken unteren Ecke des Bildes in der Richtung des Pfeiles gerade noch die Übergangsstelle zu sehen.]
Abgesehen von dieser konstanten lokalen Variante, die der Limes darstellt, findet man im Gebiete von OB fleckweise noch eine Änderung der Struktur, auf die wir hier aufmerksam machen möchten. Es handelt sich um kleine Koniocortexgebiete, inselförmig und anscheinend unregelmäßig mitten in das homotypische Gebiet von OB (möglicherweise auch in die nächste Umgebung von OA) verstreut, die durch große Vermehrung ihrer Zellen und frühzeitige Größenabnahme derselben ein eigentümliches, manchmal direkt granulöses Aussehen haben können (Tafel LXXXIV OBΩ von Pfeil 1-1' bis 2- 2'). Individuell, lokalisatorisch und im Grade ihrer spezifischen Differenzierung, d. h. ihrer Verkörnelung sehr variabel, läßt sich für ihr Vorkommen sowie für ihr Aussehen keine allgemein gültige Beschreibung geben. In extremen Fällen verschwinden ohne besondere Änderung in der Schichtenbreite und Lagerung aus der III. Schicht beinahe alle großen und der größte Teil der mittleren Pyramidenzellen, so daß beinahe bloß die kleinen und kleinsten Pyramidenzellen übrigbleiben und die II. und III. Schicht zu einer einzigen breiten Schicht zu verschmelzen scheinen, die bis zur dichteren inneren Körnerschicht hinabreicht und nur in ihren tiefsten Reihen vereinzelte, etwas größere Zellen enthält. Die III. Schicht enthält dabei durchschnittlich 120 Zellen pro 0.1 mm3 (statt 70 wie sonst in OB), deren Größe meist nicht über 10/10 oder 12/10 µ geht. Außerdem finden sich zwischen II und IV im ganzen Gebiete von III viele wirkliche kleine Körnerzellen eingestreut. Auch die Zellen der V. Schicht sind in diesen Maculae granulosae vermehrt, so daß sie nicht mehr so licht aussieht. Über die eventuelle Bedeutung dieser 5-10 mm großen Körnercortexinseln werden wir bei §7 sprechen. Tafel LXXXIV gibt ein Bild aus dem Sulcus sagittalis cunei inferior, in dessen tiefstem Teil der rechten Wand eine solche Macula granulosa zwar leider nicht in extremster Ausbildung, aber doch deutlich genug zu sehen ist. Sie nimmt das Windungstal und den größten Teil der rechten Wandung ein und reicht von Pfeil 1-1' bis Pfeil 2-2'. Da der Übergang in die Umgebung ein allmählicher ist, kann der Kontrast zum übrigen OB auf einem einzigen Bilde, das bloß einen Teil der Windung zu zeigen vermag, nicht genügend auffallend gezeigt werden. Doch ist auch hier immerhin zwischen dem obersten Teil der rechten Wand oder der oberen Hälfte der linken Wand und zwischen dem zwischen den Pfeilen liegenden Gebiet der Unterschied an Zellreichtum und granulärer Bildung immerhin ziemlich gut zu sehen, obschon an dieser Stelle in IIIc doch noch größere Zellen auch im Gebiete OBΩ vorhanden sind.
Area parastriata. 619
Die Area peristriata OA und die Area parastriata OB sind also beide homotypischer isogenetischer Cortex. In den Maculae granulosae Areae parastriatae OBΩ jedoch ist der Ansatz zu einer Heterotypie zu merken, über deren eventuelle Bedeutung wir in §7 sprechen wollen.
Daß im Occipitalhirn nur die Innenfläche, d. i. die Wandungen der Calcarina (des „Sulcus hippocampi" wie er sie nennt) und die Hinterhauptspitze von einer achtschichtigen Rinde überzogen sind, der Rest jedoch den „gewöhnlichen" Typus zeigt, war schon MEYNERT bekannt und auch BETZ; sie haben auch die Calcarinaformation beschrieben, jedoch die um dieselbe liegenden Formationen nicht näher besprochen. Allerdings erwähnt schon BETZ, daß im Parietallappen die Nähe des Occipitallappens durch das Auftreten isolierter großer Pyramidenzellen in III gekennzeichnet sei und dadurch hauptsächlich sich vom Temporallappen unterscheide; ferner erwähnt er, daß im Cuneus zum Unterschiede des Gyrus lingualis (Calcarina!) die 7. Schicht, der großen solitären Pyramidenzellen, fehle, wie es ja tatsächlich der Fall ist. Andererseits erwähnt BETZ noch, daß im vorderen Teil des Occipitallappens an dessen Konvexität und im Gyrus angularis im reiferen Alter die III. Schicht (Pyramidenzellschicht) durch einen Streifen ganz kleiner Pyramidenzellen in zwei Gürtel geteilt erscheine, und dieser Bau erstrecke sich bis zu den Schläfenwindungen, wo er abrupt aufhöre. Was BETZ, der doch die (IV.) innere Körnerschicht genau genug gekannt hat, damit eine diesbezügliche Verwechslung nicht vorliegen kann, hiermit gemeint hat, ist unerfindlich.
HAMMARBERG ist der erste, der den Occipitallappen direkt in zwei Gebiete teilt: „das erste Gebiet, das den zur lateralen Hirnoberfläche gehörenden Teil der Windung" [Gyrus occipitalis superior (O1) und Gyrus occipitalis lateralis (O2 und O3)] „mit Ausnahme der Spitze des Occipitallappens umfaßt", und dann „das zweite Gebiet, das den ganzen zur medialen Hirnoberfläche gehörenden Teil" [den Cuneus und Gyrus occipitalis inferior intern. (Gyrus lingualis superior)] „umfasst". Schon aus dieser Definition ersieht man jedoch, daß diese Einteilung sich mit den neueren Einteilungen und auch mit der unsrigen nur zum Teil deckt, da HAMMARBERG beinahe die ganze mediale Oberfläche zum „zweiten Gebiet" rechnet, aus dessen Beschreibung man später ersieht, daß er damit den Calcarinatypus gemeint hat, obschon er ihn weniger präzis als seine Vorgänger MEYNERT und BETZ schildert; HAMMARBERG hat, trotz seiner sonst so vorzüglichen Untersuchungen und Wiedergaben, beim Studium des Occipitallappens und speziell der Calcarina offenbar keine klaren Präparate gehabt und den Unterschied zwischen OB und OC an der medianen Hirnfläche und den plötzlichen so auffallenden Sprung von einer in die andere Formation nicht gesehen, sondern spricht hier von allmählichen Übergängen usw. Dagegen läßt sich sein „erstes Gebiet" ohne weiteres mit unserem OB (und auch OA) identifizieren; auch erfährt OB sehr niedere Werte für die Dicke der Rinde an, 1.80-1.90 mm. Dann sagt er - was nach unserer Beschreibung für OB sehr gut paßt -, daß die II. Schicht sich von III nicht abgrenzen läßt, sondern daß sie aus ziemlich gleich großen Pyramidenzellen bestehen. (Die Zellzahl 10 pro 0.1 mm3 ist weit unter der unsrigen.) Im tiefsten Teile von III sind größere Pyramidenzellen von 25-30 / 20 µ, die je näher zur Hinterhauptspitze desto mehr eine eigene Schicht bilden (OBγ?). Ferner sagt er, daß die Zellen der IV. Schicht auch die Ganglienzellschicht (V) ausfüllen, womit er offenbar das Charakteristicum des Occipitallappens meint, daß nämlich die Zellen der V. Schicht in Größe und Form kaum anders sind als die der IV., doch liegen die Zellen in der IV. Schicht, auch nach HAMMARBERG, richtig dichter und in der V. sind doch vereinzelte größere Pyramidenzellen, die ebenfalls gegen die Occipitallappenspitze mehr zu einer Reihe sich ordnen. Die Spindelzellenschicht ist 0.5 mm breit und besteht aus 20/9 µ großen Zellen, und zwar 20 pro 0.1 mm3 (also relativ dicht). In dieser Beschreibung kann man mit ziemlicher Sicherheit OB wieder erkennen, obschon die typische Säulchenstellung der Zellen in III und die Paketbildung in VI HAMMARBERG entgangen zu sein scheint.
620 Lobus occipitalis.
Bezüglich BOLTONs grundlegenden und vorzüglichen Untersuchungen verweisen wir ganz speziell noch auf S. 648.
Diese Zweiteilung der Occipitalregion hat auch CAMPBELL (und zwar nach BOLTON) durchgeführt (Abb. 1 und 2), jedoch mit dem Unterschied gegenüber HAMMARBERG, daß CAMPBELL (und BOLTON, s. 1. Kapitel) absolut richtig die Calcarinaformation auf die Wandungen und Lippen dieser Furche sowie auf den Pol beschränkt (als Visuosensory-Area, unsere OC) und das ganze übrige Gebiet des Occipitallappens als einheitliche (visuopsychic) Area aufgefaßt haben (Area occipitalis, unsere OA und OB). Wir haben über die volle Berechtigung dieser Einteilung schon auf S. 597-598 gesprochen und auch über die Gründe, die uns doch eine weitere Unterteilung des Gebietes nach E. SMITH vorzunehmen veranlaßt haben. Den jähen Übergang von der Calcarinaformation zur „visuopsychic"-Area hat CAMPBELL (und BOLTON) gesehen und beschrieben (letzterer auch zuerst photographisch wiedergegeben): der Gennarische Streifen des Calcarinatypus (unser IVb) höre, sagt er, plötzlich auf; die Zellschichten seien wieder wie sonst (d.h. wohl sechsschichtig); bemerkenswert sei bloß, daß in den tiefen Teilen der Pyramidenschicht (IIIc) 30/25 µ große Zellen und auch große Riesenzellen vorkommen, die größer sind als die Meynertschen Solitärzellen des Calcarinatypus! (Hier hat CAMPBELL wahrscheinlich unseren Limes parastriatus (OBγ) richtig vor Augen gehabt.)
ELLIOT SMITH hat dann, wie wir später besprechen wollen, auf Grund der Markstreifen der Rinde die Occipitalregion in drei Areae eingeteilt (Abb. 3, 4, 5) und cytoarchitektonisch haben dann BRODMANN (Abb. 6 und 7) und VOGT diese Dritteilung ebenfalls durchgeführt, die wir, als praktisch, von diesen drei Forschern eben übernommen haben; wir haben gleichzeitig auch die Smithsche Nomenklatur beibehalten. VOGT hat auch eine cytoarchitektonische Beschreibung dieser Felder beim Menschen gegeben, sein Feld O2 entspricht wahrscheinlich BRODMANNs Feld 19 und unserer Area OA; er beschreibt sie (Journ. f. Psychiatrie u. Neurol. Bd. 2) als schmale, ziemlich zellreiche Rinde; angeblich sind III und IV schmal. Die Zellen sind radiär gestellt, besonders in der III. Schicht; IV ist körnerreich; V enthält keine größeren Zellen, nur hier und da solitär eine größere Pyramidenzelle. VIa enthält viele größere Zellen, Zellanordnung in VIa strangförmig; VIb ist zellarm. Im Cuneus ist die Rinde noch zellreicher (BRODMANNs 18? unser OB?), die Rinde schmal, IV ist doppelt so breit als in seinem Feld O2; V und VI sind hier am schmälsten, und die äußeren Schichten überwiegen über die inneren. In großen Zügen stimmt diese Beschreibung so ziemlich mit der unserigen überein.
Area parastriata. 621
BRODMANN (Abb. 6 und 7), der die Area parastriata (OB) als Area occipitalis, die Area peristriata (OA) als Area praeoccipitalis bezeichnet, hat leider für den Menschen keine Beschreibung dieser homotypischen Occipitalformation gegeben, sondern nur die Umgrenzung der Areae und ihr Verhältnis zueinander genauer besprochen; besonders was die Calcarinaformation (Area striata) selbst anlangt, hat er in seiner „Lokalisationslehre usw." eingehende Untersuchungen gepflogen, auf die wir bei Schilderung der OC noch sehr eingehend zu sprechen kommen. Auch BRODMANN gibt jedoch schon an, daß der Sulcus cunei (Sulcus sagittalis inferior) und der Sulcus lingualis keineswegs als Grenzen der OB gegen die OC angesehen werden können, da sie bald innerhalb, bald außerhalb der OB zu liegen kommen können. An der Konvexität nimmt BRODMANN, scheint uns, die Grenze weiter nach vorne zu an als wir, denn er sagt, sie reichen längs des Sulcus occipitalis superior ziemlich weit nach vorn. Es mögen individuelle Verschiedenheiten eine Rolle spielen, andererseits wohl auch das Kriterium, nach welchem die einzelnen Untersucher sich bei der Unterscheidung der Area parastriata (occipital) von der Area peristriata (präoccipital) richten. Ebenso glauben wir nach der Hirnkarte, die BRODMANN (Abb. 6 und 7) gibt, annehmen zu dürfen, daß er auch die vordere Grenze seiner Area praeoccipitalis (Feld 19), unserer Area peristriata OA an der Konvexität weiter nach vorne verlegt als wir, und daß er die PEγ (Area parietalis superior posterior gigantocellularis) sowohl als auch von der Area parietalis basalis die Grenzpartien PHO zur Occipitalregion rechnet, was ja übrigens Geschmackssache jedes Autors sein kann. Bezüglich des visuosensory band SMITHs, einer cytoarchitektonischen Brücke, die längs der Wand der Intraparietalfurche von der hinteren Zentralwindung zum Occipitallappen laufen soll, scheint er selbst auch eine solche Verbindung mit dem Typus seines Feldes 19 (unser OA) anzunehmen. Wir können hier keine wirkliche „Verbindung" ausfindig machen, sondern verweisen auf das über die Übergangsformation PDE auf S. 555 Gesagte. Den eigentlichen Bau der präoccipitalen (OA) und occipitalen (OB) Formation hat BRODMANN bloß für Affen und Halbaffen eingehender beschrieben, an denen er sie ebenso genau wie beim Menschen unterscheidet (s. Abb. 106 und 107, Feld 19 und 18). Die Area occipitalis (unsere parastriata, sein Feld 18, unsere OB) bezeichnet er als sehr schmal, zelldicht, auffallend horizontal geschichtet gegen das Mark sehr scharf abgegrenzt; die einzelnen Schichten I sehr schmal, II deutlich, III ebenfalls deutlich (zum Unterschied von OC), in eine obere und untere Zone zerfallend, in der unteren große Pyramidenzellen, eine geschlossene Schicht über der inneren Körnerschicht bildend, IV dicht breit, aus zahlreichen Körnern bestehend; V zellarm - fast zellfrei (!), hell; VI nicht so deutlich wie im Calcarinatypus; in VIa und VIb zerfallend, aus kleinen multiformen, lichten Zellen bestehend, gegen das Mark scharf abgegrenzt. Im großen ganzen scheint danach eine ziemliche Ähnlichkeit mit der OB-Formation des Menschen zu bestehen. Die Area praeoccipitalis (Feld 19) unserer Area peristriata OA ist auch bei Affen etwas breiter als Feld 18, etwas zellärmer und gegen das Mark etwas weniger scharf abgegrenzt, I und II ohne Besonderheit; in III sind die großen Zellen in der Tiefe seltener und nicht zu einer Lage vereinigt und liegen etwas höher in III, so daß zwischen ihnen und IV ein lichter Streifen übrigbleibt; IV ist weniger breit und dicht als in Feld 18 (OB); V enthält einzelne größere Pyramidenzellen; VI besteht aus größeren Zellen von eigenem Bau (triangulär?). Auch die Unterschiede zwischen OA und OB scheinen beim Affen und Menschen nach dieser Beschreibung so ziemlich dieselben zu sein. CAJALs Studien der Sehrinde beschränken sich auf die Calcarinaformation, und wir besprechen sie also erst dort später.
Markbild. Wie ist nun das Markbild dieser beiden Formationen? Die Bilder im Kaesschen Atlas geben auch bloß die Sehrinde (Calcarina) wieder. ELLIOT SMITH hat wohl als erster das Gebiet der Occipitalregion (mit Ausschluß der Calcarina) in zwei Teile, eine Area parastriata konzentrisch um die Area striata und die Area peristriata geteilt, die unseren nach seinem Beispiel genannten Areae entsprechen. Er fand nämlich (s. Abb. 5), daß auf die durch den weißen Gennarischen Streifen charakterisierte Area striata calcarinae nach plötzlichem Aufhören des Gennari eine Rindenpartie ohne jedes Querband, also ohne Baillargersche Streifen folge (Abb. 5, Nr. 23), deren innere Hauptschicht jedoch im ganzen ziemlich markhaltig ist und allmählich ins Mark übergeht; peripherwärts davon, in der Area peristriata (Abb. 5, Nr. 24) findet SMITH wieder einen ausgesprochenen einfachen Baillargerschen Streifen, der durch eine schmale graue Rindenschicht vom Mark getrennt ist. Die Grenze zwischen Parastriata und Peristriata sei auf dem Gyrus lingualis, durch eine kleine Furche Sulcus paracollateralis gekennzeichnet, rückwärts liege die Grenze im Sulcus lunatus, auf dem Cuneus liege die Grenze im Sulcus sagittalis superior cunei (Retzii) (Sulcus paramorialis SMITHs) (siehe diesbezüglich unsere Angabe S. 617 wonach die geraden Grenzen sich hier nicht an die Sulci halten).
622 Lobus occipitalis.
CAMPBELL faßt die ganze Occipitalregion (außer der Calcarina) auch myeloarchitektonisch zu einer einzigen Area occipitalis zusammen: der visuopsychic-Area. Die Tangentialfaserschicht ist nicht sehr ausgeprägt, doch immerhin deutlicher als in der Calcarina; es sind meist feine Fasern. Manchmal ist ein Kaesscher Markstreifen (unter II) vorhanden. Ein Baillargerscher Streifen ist sehr deutlich, doch ist er nach unten nicht gut abgrenzbar. Die Radiarbündel sind fein mit vereinzelten dicken Fasern untermischt; sie reichen über den Baillargerschen Streifen hinaus. Das interradiäre Geflecht ist typisch, besteht neben kleinen auch aus vielen dicken, nach allen Richtungen ziehenden Fasern.
VOGT gibt (in Bd. 25 des Journ. f. Psych. u. Neurol., Einzelheft 1) eine genaue Beschreibung sowie sehr gute Abbildungen der occipitalen Formationen, die wir hier als Abb. 137, 138, 139 wiedergeben. Die Area peristriata (Abb. 137) (praeoccipitalis BRODMANN, Feld 19, unsere OA) bezeichnet er nach seiner detaillierten Terminologie als eumedio-, ziemlich denso- und mixtoradiär. Trizonal, eu-, und stark tenuifasciär, multo- und schwach crassofibrös, eutangential und eucingulär. Schwach triangulofibrös, separatus. Schwach grossofibrös, subconjunctostriär, externodensior, externolatior, tenuiintrastriär, intimolatior, tenuilimitatus. Das heißt der mittlere Teil der I. Schicht ist schmal, doch viel faserreicher an Grundfasern als die tieferen Teile der I. Schicht, doch überhaupt am Bild nicht sehr faserdicht; der äußere und innere Baillarger sind beinahe verschmolzen, nicht sehr dichtfaserig, doch gut sichtbar und vom Mark sichtlich geschieden durch eine hellere Zone; die Radiarbündel ziehen bis nach IIIb herein, bestehen aus dünnen und dicken Fasern.
Die Area parastriata (OB, Abb. 138, Area occipitalis Feld 18 BRODMANNs) bezeichnet VOGT als: eu-, medio-, denso- und mixtoradiär. Trizonal, eu- und stark tenuifasciar, multofibrös mit einigen starken Einzelfasern, eutangential und eucingulär. Dives, extremostriär, separatus. Conjunctostriär, intimolatior, tenuilimitatus. Das heißt die mitteldicken Radii treten hier in besonders großer Zahl auf; die mittlere Schicht von I ist durch stärkere Tangentialfasern als OA ausgezeichnet und enthält einige besonders dicke Einzelfasern; an der Grenze der III. Schicht unter der II., also in 3aα des Bildes, ist ein Kaes-Bechterewscher Streifen zu sehen mit einzelnen dicken Horizontalfasern; die Radiarbündel innerhalb der mittleren und unteren Partie von III sind besonders gut sichtbar (entsprechend unseren Zellsäulen ?); V ist ein einziges faserreiches Band und ist nach oben und unten gut abzugrenzen, hängt aber mit der etwas lichten IV zusammen. Im Bilde scheint uns der Baillarger wegen des größeren allgemeinen Faserreichtums nicht so sichtbar, d. h. nicht so gut sich abhebend als in dem vielleicht faserärmeren OA.
Abb. 140 gibt ein Brodmannsches Bild der Übergangsstelle von 0B in OC wieder. Man sieht, wie der dunkle Gennarische Streifen (4b) der OC (Calcarinatypus) plötzlich unterhalb des Pfeiles, aufhört und ebenso die lichte 4c-Schicht, um in die OB (Occipitaltypus) überzugehen, in der man eigentlich kaum einen Baillargerschen Streifen mehr erkennt wegen des größeren Reichtums aller Schichten an Grundfasern.
MAUSS, der an Affen die Faserarchitektonik studiert hat, gibt für die Area parastriata (OB) an, sie sei sehr faserreich, faserreicher als OA, deutlich geschichtet. In I seien kräftige Fasern, und zwar zu oberst einzelne kräftige, in der Mitte eine dichte, derbe Faserlage und zu unterst wenig Fasern; unter II sei ein Kaes-Bechterewscher Streifen angedeutet. In III bilden die Radiarbündel schmale dichte gewellte (also am Schnittpräparate unterbrochene) Bündel. In IV wird der äußere Baillarger breit, nach unten deutlich begrenzt. Va sei hell, und in Vb sei der innere Baillarger ebenfalls breit, jedoch nach unten gegen das Mark nicht gut abgrenzbar. VI ist nicht deutlich geschichtet.
Die Area peristriata (OA) ist nach MAUSS weniger schmal als OB, weniger faserreich, auch sehr deutlich geschichtet, I habe bloß in der Mitte einen dichten Zug von Fasern, II den Kaesschen Streifen angedeutet, III viele Radiärfasern bis nach II reichend; III ist überhaupt faserreich. In IV ist der äußere Baillarger breit und gut abgegrenzt. Va ist breit und hell; in Vb sei der Baillarger intern. dichter und schmäler als der obere; VI ist ebenfalls gestreift. Aus dieser Beschreibung scheint hervorzugehen, daß das Markbild beim Affen und Menschen größere Verschiedenheit aufweist als das Zellbild.
Area parastriata. 623
Abb. 137. VOGTs Markbild (von BRODMANNs Feld 19), unsere Area peristriata OA (Vergr. x50).
Abb. 138. VOGTs Markbild (von BRODMANNs Feld 18), unsere Area parastriata OB (Vergr. x50).
Abb. 139. VOGTs Markbild (von BRODMANNs Feld 17), unsere Area striata OC (Vergr. x50).
624 Lobus occipitalis
Die myelogenetischen Untersuchungen FLECHSIGs (Abb. 90 und 91) haben ihn dazu geführt, eine Zone in breiter Ausdehnung in der Tiefe und um die Lippen der Calcarina als Primordialzone 5 abzutrennen, die auch den Occipitalpol einnimmt. Es entspricht also, wie so oft, auch hier FLECHSIGs Primordialgebiet unserer heterotypischen Bildung, dem gleich zu besprechenden Koniocortex OC; der übrige Teil der Occipitalregion umgibt diese Primordialzone von allen Seiten gürtelartig als Intermediärgebiet 17. Insoweit als man aus einem Bilde urteilen kann macht es den Eindruck als ob dies Flechsigsche Primordialgebiet 5 mit seinen Grenzen doch über das hinausginge, was wir als Area striata (OC), d. h. als Koniocortex, bezeichnen und als ob es vielmehr auch die Area parastriata (OB) als Primordialgebiet ganz oder wenigstens in ihren inneren Partien noch in sich schlösse, während das Intermediärgebiet 17 hauptsächlich unserer Area peristriata OA entspricht (siehe diesbezüglich auch §6, S. 653). Es wäre nun recht möglich, daß jenes Gebiet von OB, welches die Koniocortexinseln OBΩ enthalten kann, myelogenetisch ebenso wie der übrige Koniocortex (OC) zum Primordialgebiete 5 FLECHSIGs gehört. Außerdem hat FLECHSIG den obersten Teil des Cuneus an der Mantelkante und den hinteren Teil des Gyrus cuneopraecuneus Retzii (in der Tiefe der Parietooccipitalfurche) als eigene Primordialzone 9 bezeichnet; diese Gegend entspricht der Lage nach entweder unserer Area PEγ (Area parietalis superior posterior gigantocellularis) oder der OA2 (Area peristriata anterior), die beide durch ihre Großzelligkeit ausgezeichnet sind, oder sie entspricht vielleicht beiden zusammen. Jedenfalls wäre es der Mühe wert, die architektonische Besonderheit der Riesenzellen, die scheinbar ein Korrelat in dem Flechsigschen Befunde der frühen Markreife (wie in der Centralis anterior) hat, was OA2 und PEγ betrifft, einer diesbezüglichen näheren vergleichenden Untersuchung mit diesen beiden Methoden neuerdings zu unterziehen.
Über OA und OB werden gemeinsam mit dem gleichen Kapitel von OC auf S. 653 behandelt werden.
Abb. 140. BRODMANNs Markbild der Übergangsstelle der Area parastriata OB (sein Feld 18) = Occipitaltypus beim Pfeil ↓ in die Area striata OC (sein Feld 17) = Calcarinatypus.
Die Formatio striata OC überkleidet mit ihrer ganz eigenen Bildung die Wände und Lippen der Calcarina sowie kappenartig die äußerste Spitze des Occipitallappens. An der medialen Hirnwand senken sich ihre äußeren Grenzen nach vorn spitz auslaufend in die Tiefe der Calcarina resp. ihres mit der Parietooccipitalfurche gemeinsamen Truncus, um weit vorn in der Tiefe desselben nahe dem Gyrus limbicus zu enden (Abb. 56-58 und Abb. 92-95). Die genauen Grenzen werden in §5 noch angegeben werden. Überall von der früher besprochenen Area parastriata umgeben, beginnt die Area striata überall ganz plötzlich am Limes parastriatus OBγ und kleidet die unterste Partie des Cuneus, ferner die obere Wand, das Tal, die Übergangsfurchen und die untere Wand der Calcarina und die obere Partie des Gyrus lingualis aus, sowie größtenteils auch die Bogenwindung, die den hintersten |- förmigen Teil der Calcarina (den sog, Sulcus triradiatus oder Retrocalcarina, Abb. 21-24, rC) an der Konvexität umzieht. Sie überzieht also, da die Calcarina sehr tief ist, ein recht großes Gebiet, wie wir noch sehen werden, und ist, soweit wir bis heute es sagen können, überall ziemlich gleichmäßig gebaut, so daß wir ihr ganzes Gebiet als eine einzige Area, als die Area striata (OC), ansehen wollen. Dieses Gebiet wird heute allgemein als die eigentliche „Sehrinde" angesehen. Ist schon dies Grund genug, um ihrem Zellaufbau ein besonderes Interesse zu widmen, wie dies schon von seiten einer ganzen Reihe von Forschern in sehr eingehender und beinahe erschöpfender Weise geschehen ist, so ist andererseits die Area striata auch das erste Rindengebiet gewesen, von dem in sehr sinnfälliger und unwidersprechlicher Weise ein eigener typischer Bau vor bald 1 1/2 Jahrhunderten durch die Entdeckung des Vicq d'Azyrschen oder Gennarischen Streifens sogar makroskopisch nachgewiesen werden konnte und an dem dann später MEYNERT auch den eigentümlichen, von allen anderen Stellen verschiedenen Zellaufbau aus kleinen Körnerzellen zeigen konnte; sie ist also der Ausgangspunkt für das Studium der Rindenarchitektonik gewesen.
Area striata. 625
Makroskopisch bemerkt man schon am Schnitt durch das frische Gehirn mitten in der Rindenbreite einen weißen Markstreifen, der die Rinde in eine obere und untere graue Hälfte teilt, von denen die untere etwas schmäler ist. GENNARI hat diese Marklamelle zuerst beschrieben, nach ihm VICQ D'AZYR (1790), und nach diesen beiden Forschern wurde sie auch benannt. Sie ist deutlich überall sichtbar auch ohne Färbung und tritt am Weigertschen Markscheidenpräparat als tiefgefärbter, schwarzer, kontinuierlicher, transversaler Streifen mitten in der Rinde deutlich in Erscheinung (Abb. 140, 4b). Nach dem Vorhandensein dieses weißen Streifens kann man am nativen ungefärbten Präparat ohne weiteres die Ausdehnung der Area striata bestimmen, worauf wir in §5 noch zurückkommen; denn durch den Gennarischen Streifen wird eben die IV. Schicht in typischer Art in drei Etagen geteilt, IVa, IVb, IVc, und somit der Typus der Area striata gebildet; er beginnt unmittelbar am Limes parastriatus gigantopyramidalis OBγ.
An dem mit Plasmafarbstoffen blaugefärbten Zellpräparat (Abb. 116, Nr. 11) ist die Calcarinaformation sofort makroskopisch ebenfalls an einem weißen Streifen zu erkennen, der so licht sonst nirgends in der ganzen Großhirnrinde zu erkennen ist und nach dessen Ausdehnung man auch hier ohne weiteres von Limes zu Limes die Ausdehnung der Calcarinaformation bestimmen kann, da sie am Limes immer ganz scharf aufhört; dieses am blaugefärbten Präparate weiße Band ist jedoch nicht derselbe weiße Streifen wie am nativen frischen Schnitt, also nicht der Gennarische Streifen (G), es liegt sogar viel zu tief im Rindenquerschnitt, um dies sein zu können, sondern dieses weiße Band am gefärbten Präparat entspricht der V. Schicht, die auffallend licht ist (Abb. 116, Nr. 11 V); darunter zieht etwas schmal und bandartig, aber tiefstblau gefärbt die schmale VIa-Schicht (Abb. 116, Nr. 11 VI). Der Gennarische Streifen (G) liegt höher als dieses typische weiße Band (V), von demselben durch die etwas weniger dunkel als die VIa-Schicht gefärbte, doch auch dunkle IVc-Schicht getrennt; der Gennari (G) ist am gefärbten Präparat breiter als das helle Band der V. Schicht und viel weniger licht; offenbar ist im Zellbild seine „Markmasse" durch die hier zahlreicheren und tiefgefärbten Zellen der IVb gleichsam überdeckt. Man sieht also schon mit unbewaffnetem Auge (oder schwacher Lupenvergrößerung) an der Calcarinaformation die schmale (I.) Molekularschicht, dann eine mittelmäßig blaugefärbte breite Schicht [II + III + IVa] 1), dann eine breite, deutlich, aber nicht sehr viel lichtere horizontale Schicht (der Gennarische Streifen G, IVb), darauf eine deutlich dunklere schmälere Schicht (IVc), unter dieser einen ganz lichten, scharf geränderten schmalen Streifen (V) und unter diesem einen tiefblaugefärbten schmalen Streifen (VI). Auch mit freiem Auge ist am Toluidinblaupräparat ebenfalls ohne weiteres der Limes OBγ zu erkennen am plötzlichen Aufhören des Gennarischen, etwas lichten Streifens, an dessen Stelle in geradliniger Fortsetzung die dunkle Mittellinie (IIIc + IV) der OB-Formation tritt; vor allem aber am Aufhören des hellweißen Bandes die Va-Schicht das an der gleichen Stelle jäh aufhört und sich von hier aus in gerader Linie fortsetzt plötzlich breiter werdend, und weniger licht und auch weniger deutlich begrenzt in die V. (ebenfalls gegen die Umgebung etwas lichtere Schicht) der OB-Formation, in der auch die VI. Schicht als weniger tief tingierte, auch etwas breitere und auch weniger scharfbegrenzte Schicht ihre Fortsetzung findet (s. Abb. 110, Übergang von Nr. 10 in Nr. 11 und Abb. 136!). Vielfach erscheint auch die III. Schicht makroskopisch etwas lichter, und so erscheint auch makroskopisch die Calcarinaformation am gefärbten Präparat als 6-8schichtig, während die übrigen Hirnrindenpartien als 3- oder 4-, höchstens 5schichtig gewöhnlich bloß erscheinen (Abb. 116).
[footnote p 625 1) Manchmal ist auch diese obere dunklere Hauptschicht durch die Aufhellung der III gleichsam in 3 Unterschichten auch für das unbewaffnete Auge geteilt, wie z. B. gerade auf Abb. 116, Nr. 11.]
626 Lobus occipitalis.
Sehr auffallend ist außerdem die Schmalheit der Area striata (Abb. 26-29); an der Kuppe schwankt die Breite zwischen 2.0-2.5 mm, in der Wand zwischen 1.6 und 2.4 mm. Die schmälsten Werte sind im Tal zu finden; sonst hat man eher den Eindruck, daß zwischen Kuppe und Wandung kein sehr großer Unterschied in der Rindendicke ist (Abb. 30 F), außer bei schmalen spitzen Kuppen, wie gerade Tafel LXXXVI.
Es fällt die Area striata ihrem Zellbau nach auf den ersten Anblick beinahe ganz außerhalb des Rahmens der übrigen Rindenpartien; man betrachte Tafel LXXXV bis LXXXVIII. Sie ist vollkommen heterotypisch gebaut. Man hat zuerst infolge ihrer Zellkleinheit den Eindruck, als ob die ganze Rinde überhaupt bloß aus größeren und kleineren Körnern bestünde, die in 3- (bis 4-) facher horizontaler Lage übereinander liegen und durch horizontale lichtere Streifen voneinander getrennt sind (durch einen schmäleren, sehr lichten unteren und einen breiteren, weniger lichten oberen) (Tafel LXXXVIII, Bild 1). Dabei ist ein kolossaler Zellreichtum, das Gesichtsfeld ist von den Körnern ganz übersät. Von vertikaler-radiärer Streifung fehlt jede Spur (Abb. 45, 46). Sie ist die typische granulöse Formation, die diese spezifische Differenzierung zum Koniocortex im höchsten Maße und mehr als irgendeine andere Rindenstelle zeigt (Abb. 70, 71).
MEYNERT hat zuerst diesen eigentümlichen Reichtum an Körnerzellen hervorgehoben; er hat ihn direkt mit den Körnern der Retina und der Quintuswurzel verglichen und daraus sogar die sensible Natur dieser Formation deduziert. Er nahm 8 Schichten bei der Formation an: 1. die von uns als I bezeichnete Molekularschicht, 2. die von uns als II und III bezeichneten Schichten. Er hat ferner angenommen, daß durch Einschiebung zweier kahler, zellarmer Zwischenzonen in die IV. Schicht diese innere Körnerschicht in 3 Körnerschichten geteilt wird, und zwar 3. in eine äußere granuläre Schicht (unmittelbar unter unserer III, auf den Tafeln als IVa bezeichnet), 4. darunter die erste kahle Zwischenzone (entsprechend dem Gennarischen Streifen, auf den Tafeln als IVb), 5. darauf die mittlere granuläre Schicht (auf den Tafeln als IVc), 6. darunter die zweite kahle Zone (auf den Tafeln als V bezeichnet), 7. dann die innere (dritte) granuläre Schicht (auf den Tafeln als VIa bezeichnet), auf welche dann 8. die Schicht der Spindelzelle folgt (auf den Tafeln als VIb bezeichnet).
Area striata. 627
Es ist sehr schwer, sich bei einer so ungewöhnlichen Bauart in den Schichten auszukennen. Verfolgt man jedoch die einzelnen Schichten von unten nach oben, d. h. vom Mark gegen die Oberfläche zu, dabei jede Schicht dieser heterotypischen Bildung für sich bis zu ihrer Übergangsstelle in die homotypische Bildung OB am Limes (Tafel LXXXV, LXXXVI, LXXXVII), so erkennt man ohne weiteres, daß die tiefste Schicht, die MEYNERT als „8. Spindelzellenschicht" bezeichnet, ihre Fortsetzung in der VIb-Schicht der OB findet; die innere 7. granuläre Schicht jedoch ihre Fortsetzung in der VIa-Schicht der OB findet; die darauffolgende 6. tiefe kahle intermediäre Zwischenschicht geht über in die V. Schicht der OB, wobei eine sprunghafte Verbreiterung derselben stattfindet; die 5. mittlere granuläre Schicht MEYNERTs geht mit einem stufenförmigen Absatz nach oben - der durch die Verbreiterung der V. Schicht hervorgerufen ist - am Limes in die IV. Schicht der OB, wobei sie sich aber recht verschmälert. So haben wir durch diese Betrachtung gesehen, daß vor allem die 3. tiefste sog. Körnerschicht MEYNERTs gar keine eigentliche Körnerschicht ist, sondern die direkte Fortsetzung der hier nur kleinere Zellen führenden VIa-Schicht in OB ist, also die VIa-Schicht der OC selbst darstellt, und daß die tiefe kahle Zwischenschicht (6.) aus denselben Gründe nur als die V. Schicht der OC aufzufassen ist, eine Erkenntnis, die uns übrigens schon die makroskopische Betrachtung (s. S. 625) gebracht hatte. Die nächste mittlere Körnerschicht MEYNERTs (seine 5. Schicht) geht dann ebenfalls unmittelbar in die Körnerschicht (IV) der OB über. Was nun über dieser Schicht liegt, läßt sich schwerer in unser Schichtensystem der homotypischen Bildungen einfügen; oberhalb dieser Meynertschen 5. Schicht liegt eine lichte Zone, MEYNERTs 4. Schicht, die dem Gennarischen Streifen entspricht, darüber wieder eine Körnerschicht, dann eine Schicht kleiner Pyramidenzellen, dann die äußere Körnerschicht und die Molekularschicht. Die Molekularschicht, die äußere Körnerschicht und die Schicht der Pyramidenzellen sind ebenfalls ohne weiteres beim Limes in ihrer Fortsetzung in OB als I, II und IIIa (+ b) zu homologisieren, es ist also bloß die Frage, wohin die 4. und 3. Meynertsche Schicht einzureihen wären, nämlich die neue Körnerschicht und die Schicht des Gennarischen Streifens. BRODMANN hat nun den alten Meynertschen Gedanken von einer Spaltung der IV. Schicht, dadurch, daß sich eine „kahle" Zwischenzone (der Gennarischen Markstreifen) in sie einschiebt, zur Erklärung der recht komplizierten Verhältnisse wieder aufgenommen, und meint nun (wie wir S. 621 schon auseinandergesetzt haben), daß durch Einschiebung des Gennarischen Streifens zwischen die Zellen der inneren Körnerschicht diese in eine obere Etage Lamina granularis interna superficialis, dann Gennaris kahle Zwischenschicht Lamina intermedia, und in eine untere Etage Lamina granularis interna profunda geteilt wird, und bezeichnet sie von außen nach innen als IVa, IVb und IVc. Diese Erklärung hat den großen Vorteil, daß sie in sehr einfacher und übersichtlicher Art die Verdoppelung der Körnerschicht begreiflich macht. Sieht man sich jedoch z. B. auf Tafel LXXXV oder auch auf Tafel LXXXVII ganz unvoreingenommen den Limes parastriatus OBγ und seinen Übergang in die Formatio striata an, so gewinnt man weniger den Eindruck von einer „Spaltung" der IV. Schicht, als von einer direkten Fortsetzung der IV. Schicht von OB mit einem kleinen Absatz nach unten in die IVc-Schicht von OC, während die großzellige IIIc-Schicht eigentlich ihre direkte Fortsetzung in der IVb, der Schicht des Gennarischen Streifens, findet, in der ebenfalls verstreut große Zellen vorkommen. Die IVa-Schicht ist dann in der direkten Fortsetzung des unteren Teiles von IIIb; dies stellt also gleichsam eine granulöse Umwandlung der Zellen der unteren Partie der mittleren Pyramidenschicht dar. Schon im äußersten Teil von OBγ sieht man in den unteren Teilen von IIIb und in IIIc zahlreiche Körnerzellen zwischen den Pyramidenzellen auftreten (s. S. 618). Die III. Schicht von OC entspricht dann bloß noch dem oberen Teile der Pyramidenschicht von OB, nämlich bloß IIIa plus der oberen Hälfte von IIIb, und zwar auch hier mit starker Verkleinerung der Zellen und Einstreuung vieler Körnerzellen bei starker Vermehrung der Zellzahl überhaupt, also einer Verkörnelung der III, die in den unteren Partien vollkommen, in den oberflächlicheren weniger vollkommen ist; II dagegen ist in OC verschmälert, und von IIIa noch schwerer zu trennen als in OB, und I zieht ohne besondere Veränderung weiter. Eine solche Umwandlung von Pyramidenzellschichten oder Teilen derselben in Körnerzellen darf uns nicht wundernehmen, denn in granulösen Formationen - und hier handelt es sich doch um eine solche - ist eine solche Umwandlung nicht nur häufig, sondern die Regel. Wir haben schon bei den retrosplenialen granulösen Formationen (LE) gesehen, wie die hier vermeintliche IV Schicht, die starke Körnerschicht, eigentlich gar nicht der IV. Schicht ihrer Lage und ihrem Zusammenhange nach entspricht, sondern um eine Stufe höher als die IV. Schicht zu liegen kommt, während tiefer unter ihr die Ausläufer der eigentlichen IV. Schicht sich befinden (s. S. 463 und 466 Lob. limbicus), so daß man auch hier eine Umwandlung der Pyramidenzellen der III. Schicht zu Körnerzellen als sehr wahrscheinlich annehmen muß. Auch in der hinteren Zentralwindung, in der granulösen Formation PB, haben wir eine solche, wenigstens Anhäufung von Körnern, und kleinzellige Umwandlung der übrigen Zellen in der III. Schicht gefunden, die dort den Typus der granulösen Formation ausmacht. Wir glauben daher mit einer gewissen Berechtigung die sog. IVa-Schicht als umgewandelten Teil der III. Schicht statt nach MEYNERT und BRODMANN als abgespaltenen der IV annehmen zu können, was dann implizite die Gleichstellung der IVb mit der IIIc nach dem oben Gesagten bedeutet. Manchmal ist jedoch die Fortsetzung der IIIc-Schicht der Limes parastriatus (OBγ) in die IVb (Gennarischer Streifen) an der Übergangsstelle nicht so klar wie auf Tafel LXXXV und LXXXVII, sondern es finden sich an dieser Stelle viele Körner auch in IIIc respektive IVb, welche mit den Körnern in IVa und IVc zusammenhängen (wie z. B. in Tafel LXXXVI linke untere Ecke des Bildes). In diesen Fällen hat man wirklich den Eindruck einer plötzlichen kolossalen Verbreiterung der IV. Schicht an dieser Stelle und ihrer weiteren „Spaltung" im wahren Sinne des Wortes in 3 Unterschichten, wie es BRODMANN annimmt. Eine endgültige Entscheidung, ob wir oder BRODMANN mit unseren Annahmen recht haben, wird leider schwer zu treffen sein; auch Studien verschiedener Entwicklungsphasen (wir verweisen hier speziell auf 3. Kapitel und Abb. 55) dürften kaum hier zum Ziele führen, denn die IIIc- und die IV. Schicht entwickeln sich aus der gleichen embryonalen dichten mittleren Zellage der Pyramidenschicht der Rinde; wenn sich nun in der Mitte dieser mittleren Zellage eine zellärmere Zwischenschicht differenziert, wird es wohl nicht möglich sein zu entscheiden, ob die Partien über der zellarmen Schicht noch Elemente enthält, die eigentlich sonst sich später zur IV. Schicht entwickelt hätten, oder ob alle darüber schon zu den Keimen der III. Schicht gehören. Wir glauben daher, daß die unmittelbare Betrachtung der Übergangsstelle uns den wichtigsten Aufschluß gibt, und wir halten die Lamina granularis interna superficialis für einen in Körner umgewandelten Teil der III. Schicht. Trotzdem wollen wir aber den Gedanken MEYNERTs und die Einteilung BRODMANNs beibehalten und die Lamina granularis interna superficialis als IVa, die intermedia als IVb (GENNARI) und die profunda als IVc bezeichnen, erstens weil sie uns am faßlichsten die gegebenen anatomischen Verhältnisse der Körnerlagen zu kennzeichnen scheint, und zweitens, um nicht durch eine neue Nomenklatur und Einteilung die Bezeichnungen dieser an und für sich schon komplizierten Gegend, in der ohnehin jeder Forscher neue Teile und Unterteile findet und nur zu gerne alte umtauft, noch mehr zu verwirren.
628 Lobus occipitalis.
Mit der also oben angeführten Reservatio mentalis nehmen wir die Achtteilung der Rinde der Area striata (OC) nach BRODMANN an und zählen an ihr 1. eine nicht sehr zellreiche I Schicht, die eher etwas breiter erscheint als in der Area OB; 2. eine von der IIIb-Schicht sich kaum oder nur stellenweise (Tafel LXXXVI, Höhe 36.5 cm, Breite 99.5 cm) gut abhebende schmale II Schicht; 3. eine äußerst schmale, sehr zellreiche, sehr zellkleine Pyramidenschicht (III), die von der Körnerschicht oben und unter ihr sich kaum abhebt, da sie aus beinahe ebenso kleinen Zellen besteht und auch der unterschied im Dichtigkeitsgrad kein großer ist; nur ganz vereinzelt finden sich in ihr hier und da etwas größere dunkle Zellen in ihren tiefsten Lagen; sie geht allmählich über in 4. die schmale Lamina granularis int. superf. IVa, die aus kleinen Körnern besteht; 5. die lichte, relativ zellärmere und zellgrößere, dem Gennarischen Streifen entsprechende IVb-Schicht Lamina intermedia, die vereinzelte sehr große (Stern-)Zellen enthält; 6. die breite, zellreiche Körnerschicht IVc Lamina granularis interna profunda; 7. die äußerst lichte, zellarme, schon makroskopisch am blaugefärbten Präparat als weißer, schmaler Streifen erkennbare V Schicht, die vereinzelte Meynertsche Riesenzellen führt, und schließlich 8. die in eine bandartige, dichte, makroskopisch schon sichtbare kleinzellige VIa und eine lockerere, etwas größere Spindelzellen führende, gegen das Mark gut und scharf abgegrenzte VIb-Schicht zerfallende VI Schicht.
Inwieweit dann diese Schichten noch eine weitere Unterteilung zulassen, wird in §4 besprochen werden.
Die Schmalheit der Rinde der Area striata einerseits, ihre in höchstem Maße durchgeführte Differenzierung zu einer spezifisch granulösen Formation des Rindentypus 5, des sog. Koniocortex (Abb. 88 a und b) andererseits, sind nebst der horizontalen Streifung die drei Charakteristica dieses Areals. Was die Körnelung anbetrifft, so sehen wir hier, daß außer den beiden Körnerschichten auch die III. Schicht in ihrem oberen Teil größtenteils aus Zellen besteht, die nicht größer sind als die gewöhnlichen Zellen der äußeren Körnerschicht, auch ganz abgesehen von der Umwandlung ihrer tieferen Teile von IIIb direkt in eine Körnerschicht (IVa). Auch die nächste Schicht, die des Gennarischen Streifens, enthält hauptsächlich Zellen, die als Körnerzellen ihrer Größe nach imponieren; große Zellen kommen nur solitär drinnen vor. Auch in der V. Schicht sind größtenteils Zellen von Körnerzellgröße und dazwischen vereinzelt Riesenzellen und die Zellen der VIa-Schicht sind so ungewöhnlich klein, daß MEYNERT sie direkt als II. Körnerschicht angesprochen hat. Mehr als irgendein anderes Gebiet verdient demnach die OC das Beiwort einer granulösen Bildung (eines Koniocortex), da bei ihr alle Schichten bis auf die VIb-Unterschicht eine kleinstzellige Umwandlung ihrer Elemente erfahren (s. auch 4. Kapitel, S. 191). Nicht selten ist die Schicht des Gennarischen Streifens (IVb) durch eine Vermehrung der Körnerzellen in ihr relativ genug zelldicht, um von den übrigen Körnerschichten sich nicht stark genug abzuheben; dann erhält man (s. Tafel LXXXVII und LXXXVIII, Bild 1) den Eindruck, als ob von I bis V eine einzige, äußerst breite Körnerschicht die Rinde einnähme, die nach unten von der lichten V. und der dichten VI. Schicht umsäumt ist. In solchen Fällen erinnert sie an die granulöse Bildung PB1 der hinteren Zentralwindung; man vgl. hierzu Tafel LXXXVIII, Bild 1, mit Tafel LX, Bild 1! Die Ähnlichkeit der Körnelung, der Aufhellung von V, der Verdichtung von VI, der scharfen Abgrenzung vom Mark, der Schmalheit der Rinde ist wirklich frappant und läßt auf den ersten Blick daran denken, daß hier die Ähnlichkeit des abnormen Baues mit einer Ähnlichkeit der Funktion in Zusammenhang stehen muß.
Area striata. 629
Die Rinde ist, wie gesagt, sehr schmal, besonders in den weiten Talbildungen im breiten Grund der Calcarina ist die Rindenwand sehr schmal, zumal der gefärbte, d. h. mehr zellenführende Teil derselben (also ohne I und VIb) oft kaum 1.3-1.4 mm erreicht!
Im allgemeinen erscheint jedoch die OC eher eine Spur breiter als die OB, besonders da, wo die OB in der Nähe der Calcarina häufig abnorm schmal wird. Recht auffallend ist dieser Unterschied auch an der Konvexität, zumal hier OC am Culmen OB in die Wand zu liegen kommt (Abb. 136).
Sehr verschieden sind die Zahlen, auch die der Kuppe, je nachdem es sich um eine breite oder schmale Kuppenformation handelt.
I | II | III | IVa | IVb | IVc | V | VIa | VIb | |
Absolute Zahlen: | |||||||||
An der Kuppe: Gesamtdicke 2.00-2.1 mm (Tafel LXXXIV) | |||||||||
0.15 | 0.10 | 0.23 | 0.15 | 0.20 | 0.35 | 0.20 | 0.15 | 0.45 | mm (0.55) |
Spitze Kuppe: Gesamtdicke 2.62 mm (Tafel LXXXV) | |||||||||
0.20 | 0.12 | 0.22 | 0.12 | 0.26 | 0.40 | 0.30 | 0.30 | 0.70(!) | |
Flache Kuppe: Gesamtdicke 2.46 mm | |||||||||
0.20 | 0.14 | 0.26 | 0.16 | 0.36 | 0.42 | 0.28 | 0.34 | 0.30 | mm |
Flache Kuppe: Gesamtdicke 2.42 mm (Tafel LXXXVI) | |||||||||
0.20 | 0.16 | 0.36 | 0.24 | 0.30 | 0.38 | 0.28 | 0.24 | 0.26 | mm |
An der Wand (nahe Kuppe): Gesamtdicke 2.1 mm | |||||||||
0.20 | 0.12 | 0.26 | 0.20 | 0.28 | 0.34 | 0.24 | 0.26 | 0.20 | mm |
An der Talwand in Calcarina: Gesamtdicke 1.84 mm | |||||||||
0.24 | 0.18 | 0.38 | 0.16 | 0.24 | 0.26 | 0.14 | 0.14 | 0.10 | mm |
Relative Zahlen (Durchschnitt):
I | II | III | IVa | IVb | IVc | V | VIa | ||
für die Kuppe: | 0.10 | 0.07 | 0.14 | 0.08 | 0.15 | 0.19 | 0.14 | 0.13 | äH:iH = 31:69 |
für die Wand: | 0.12 | 0.08 | 0.17 | 0.10 | 0.14 | 0.17 | 0.11 | 0.11 | äH:iH = 37:63 |
Aus diesen Zahlen geht die Schmalheit der Rinde nochmals hervor, aber auch, was wir schon gesagt haben, der verhältnismäßig geringere Unterschied als wir es sonst gewohnt zwischen Kuppen- und Wandbreite (Abb. 30 F); ebenso daß die Rinde etwas weniger schmal ist als die schmalen Stellen von OB. Die II., III., V. und VI. Schicht nehmen an Breite stark ab (Abb. 68-84), ganz besonders die III. Schicht, die relativ und absolut ganz minimale Werte hat, unter der Hälfte des relativen Durchschnittswertes; ganz besonders auffallend ist diese Abnahme an den abgerundeten Kuppen; während IV ganz kolossal zunimmt und annähernd die Hälfte (4/10) der Rindenbreite einnimmt; aber auch wenn man IVa und IVb nicht als zu IV gehörig betrachtet, so macht IVc allein, das sicher zu IV gehört, mehr als 17 und 19% der Rindenbreite aus, also mehr als das Doppelte des gewöhnlichen Durchschnittswertes. Dadurch überwiegt hier die innere Hauptschicht in so extremer Weise über die äußere!
630 Lobus occipitalis.
Betreffs der Schichtenfolge betrachte man Abb. 148 (S. 647), welche eine schematische Wiedergabe eines Teiles der Kuppe von Tafel LXXXVI bei bloß 50facher Vergrößerung darstellt. - Betreffs der Form der einzelnen Zellen in den einzelnen Schichten verweisen wir hier besonders auf §6, wo die Ergebnisse CAJALs, S. 649, genauer angeführt sind.
I. Die Molekularschicht ist zwar mit 0.19 mm Durchschnittsbreite an der Kuppe recht schmal und zeigt auch stellenweise noch niedere Werte, sie ist jedoch etwas breiter als die Molekularschicht der angrenzenden Area parastriata. Es macht auch den Eindruck, als ob sie etwas kernreicher als diese wäre und vielleicht auch nervenzellreicher, obwohl sie im großen ganzen eher wenig bevölkert aussieht, wie ja eben auch die Molekularschicht von OB. Es sind im Durchschnitt ca. 60, meist sehr kleine Kerne pro 0.1 mm3, und zwar alles zusammen genommen Glia- Blutgefäßkerne und Nervenkerne zusammengenommen, davon sind ca. 8-10 Nervenzellkerne; die Verteilung über den Querschnitt ist ziemlich gleichmäßig. Die Nervenzellen sind meist recht kleine trianguläre Körperchen von 5/5 - 7/8 µ Größe von sehr verschiedener Orientierung. Nach der Tiefe zu ist die I. gegen die II. Schicht scharf abgegrenzt.
II. Die äußere Körnerschicht ist für eine retrozentrale Partie äußerst schmal, ungefähr so wie in der Frontalformation, nur aus 3-4 Lagen von Zellen bestehend; mit 0.13-0.15 mm erreicht sie den tiefsten Wert, den wir in den retrozentralen Formationen bisher gefunden haben, obschon der relative Wert um den Durchschnittswert herum liegt (s. Tab. II, S. 795). Sie ist recht zelldicht, und zwar sind ca. l40-160 Zellen pro 0.1 mm3. Es sind Körnerzellen, hauptsächlich aber kleinste Pyramidenzellen; auf 10 Zellen sind ungefähr 7 Pyramidenzellen, der Rest Körnerzellen; die Körnerzellen haben eine Größe von 5/5 bis 7/7 µ, die Pyramidenzellen 7/5 µ bis zu 10/ 5-7 µ. Die Pyramidenzellen ordnen sich oft zu horizontalen Zeilen, indem sie sich auf kurze Strecken mit ihrer Spitze senkrecht gegen die Oberfläche gerichtet nebeneinander stellen wie Soldaten (s. Tafel LXXXVI, Höhe 25 cm, Breite 3 cm und besonders Tafel LXXXVIII, Bild 1, Höhe 36 cm, Breite 3.5 cm). Es sind mehr Körner der Oberfläche zu und mehr Pyramidenzellen gegen die Tiefe. Gegen III zu ist die Grenze eine ganz ungenaue, denn die Dichtigkeitsdifferenz und Größendifferenz der einzelnen Zellen ist keine bedeutende, und die Unterschiede finden bloß in fließenden Übergange statt. An einzelnen Stellen jedoch findet sich sogar, wie auf Tafel LXXXVI Höhe 27 cm, Breite 33 cm, gleichsam eine Lichtung zwischen II und III; ob solchen Stellen einer Verdickung des Kaesschen Markstreifens an dieser Stelle entspricht, müßte erst eruiert werden (s. S. 652). Besonders an dünnen Schnitten wird die Reihenstellung der Zellen der II. Schicht eine deutliche, und die Abgrenzung gegen die III. Schicht ist dann daran leichter zu erkennen als an dicken, wo dies durch Darüberlegung verdeckt wird.
III. Die Pyramidenschicht. Wir haben schon auf Seite 627 auseinandergesetzt, daß die zu der inneren Körnerschicht gezählten IVa- und IVb-Schicht unserer Ansicht nach zu der III. Schicht gehören dürften und wohl nichts anderes sind als die IVa-Schicht, eine körnig metamorphosierte untere Lage von IIIb, und ebenso die Schicht des Gennari (IVb) eine veränderte IIIc-Schicht. Aus praktischen Gründen haben wir jedoch auf die Durchführung dieser Ansicht bei der Bezeichnung der Schichten verzichtet. Daraus erklärt sich, daß das, was wir mit MEYNERT und mit BRODMANN als III. Schicht zählen, eigentlich nur die obere Hälfte derselben ist, und daß wir also dann eine ganz abnorm schwache Pyramidenschicht haben, die, statt wie durchschnittlich ein Drittel der ganzen Rindenbreite einzunehmen, kaum die Hälfte davon, also bloß ein Siebentel bis ein Sechstel der Rindenbreite ausmacht (14-17% statt 33%); mit 0.27 und 0.32 mm absoluter Breite ist hier die Pyramidenschicht die schmälste Pyramidenschicht aller homotypischen Bildungen! Sie ist sehr zellreich, zelldicht, zellklein und macht auf den ersten Blick seihst den Eindruck einer Körnerschicht; erst bei näherem Zusehen merkt man, daß ihre Zellen pyramidenförmig sind trotz ihrer Kleinheit und, wenn auch nur in geringem Maße, so doch immerhin sichtlich in der Tiefe etwas größer werden als gegen die II. Schicht zu. Im Durchschnitt sind 100 Zellen pro 0.1 mm3. Die Hauptmenge von ihnen ist kaum größer als 7-10 / 5-7 µ, also ungefähr das Kaliber der etwas stärkeren Zellen der II. Schicht. In derselben Höhe in OB sind bloß ca. 70- 75 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe von 10-12-15 / 8-10 µ und mehr! Vergleiche hierzu Tafel LXXXIV, wo man den Übergang der Pyramidenschichten beider Formationen OB in OC sieht. Tafel LXXXVI zeigt ebenfalls sehr schön und auffallend diese Unterschiede. Nur ganz vereinzelt in den tiefsten Teilen von III findet man einige Zellen, die 10-15(-20) / 10-12 µ Größe haben und sich stark tingieren; noch größere von 25/20 µ kommen ganz selten unter vielen Schnitten vielleicht das eine oder andere Mal vor, aber nicht regelmäßig und ohne das übrige Zellbild zu verändern. Außer diesen Pyramidenzellen kommen aber verstreut noch über die ganze III Schicht Körnerzellen vor, oval und rund von 4/5 und 5/5 µ Größe. Besonders in den unteren Partien von III sind sie recht zahlreich. Die obere Grenze von III ist, wie wir vorher erwähnt haben, bei der Besprechung der II. Schicht recht unscharf, weil der Übergang zu dieser Schicht ein allmählicher ist, und wir verweisen auf das oben Seite 630 Gesagte. Nach abwärts zu, in der sog. IVa-Schicht, läßt sich die Trennungslinie auch nur approximativ angeben wegen des Vorkommens von Körnern in der III. und kleineren Pyramidenzellen in der IVa-Schicht, aber immerhin läßt sich, besonders bei schwacher Vergrößerung, eher die Grenzlinie ziemlich gut fixieren, da dort meist eine geringe Dichtigkeitssteigerung zugunsten der IVa-Schicht sich bemerkbar macht.
Area striata. 631
Bezüglich der Zellformen siehe §6, S. 650, CAJALs Ausführungen.
IV. Die innere Körnerschicht. Betreffs der Spaltung der inneren Körnerschicht Lamina granulosa interna in drei Unterschichten: IVa L. g. i. superficialis, IVb L. intermedia und IVc L. g. i. profunda verweisen wir auf das S. 620 und 627 Gesagte sowie auf das dort für und wider die Annahme einer solchen Spaltung Angeführte. Jedenfalls wollen wir aber, wie schon dort auseinandergesetzt, aus praktischen Rücksichten bei der Brodmannschen „Spaltung" bleiben. Das Verhältnis der Dicke der Unterschichten zueinander ist ungefähr IVa:IVb:IVc= 2/9:3/9:4/9. Besonders schön ist die Entwicklung der IV. Schicht an Tafel LXXXVI zu sehen.
IVa. Die Lamin. gr. int. superficialis ist die schmälste von den drei Unterschichten; immerhin ist sie breiter absolut und relativ als die II. Schicht und für sich allein schon breiter als der Durchschnitt der ganzen IV. Schicht der übrigen Großhirnrinde überhaupt. Sie ist etwas dichter als die über ihr stehende III Schicht, aber nicht bedeutend; sie ist von ihr nicht scharf abgegrenzt, da kleine Körnerzellen in ziemlicher Anzahl in den unteren Partien der III. Schicht vorkommen, andererseits in der L. superficialis selbst wieder Pyramidenzellen keine Seltenheit sind; die Häufigkeit der Pyramidenzellen in IVa ist - scheint es - individuell sehr verschieden. Im ganzen sind ca. 150 Zellen pro 0.1 mm3. Die Körnerzellen bilden die Hauptzahl und sind wirklich runde oder ovale kleinste Zellen von 4-5-7 / 4-5-7 µ Größe, wiederholt zu ganz kurzen Ketten geordnet (streptokokkenähnlich); die Pyramidenzellen, die dazwischen vorkommen, können eine Größe von 10/7 µ erreichen; ganz vereinzelt kommen hier auch kleine Sternzellen aus der IVb-Schicht vor. Die Grenze ist ziemlich schwer zu ziehen.
632 Lobus occipitalis.
IVb. Die Lamina intermedia oder Sternzellenschicht ist lichter als die beiden anderen - obere und untere - Unterschicht der IV.; sie hebt sich dadurch von ihnen ab. Jedoch führt sie auch selbst recht zahlreich kleine und auch größere Zellen, so daß sie bei weitem nicht so licht ist, als man nach dem „negativen" Markbild annehmen könnte, da der dichte schwarze Gennarische Streifen darin zu sehen ist, der so viele Markfasern führt daß man nach diesem Bilde nur wenige oder gar keine Zellen darin erwarten würde. Oft führt sie aber trotz der dichten Markfasern sogar so viele Zellen, daß sie im Zellpräparat kaum nennenswert von IVa und IVc absticht (siehe Tafel LXXXVII und LXXXVIII); andere Male wieder ist sie recht licht; auf Tafel LXXXV und LXXXVI ist sie deutlich zu sehen. Diese Verschiedenheit ihres Zellreichtums kommt auch zonenweise in ihr zum Ausdruck, und zwar ist meist ihr oberer Teil zellreicher als der untere, der noch lichter aussieht; oft genug ist der untere Teil an der Grenze gegen IVc wieder etwas dichter, so daß man wiederholt an ihr eine obere IVbα-, eine mittlere IVbβ, und eine untere IVbγ-Schicht unterscheiden kann, wobei, wie gesagt, die IVbβ die lichtere, die beiden anderen etwas dunkler und dichter erscheinen. Doch ist eine solche Untereinteilung nicht immer möglich; wir führen sie hier an, damit man das etwas individuell verschiedene Aussehen, das die IVb-Schicht von Fall zu Fall annehmen kann, besser versteht. Auf Tafel LXXXVI ist diese Unterteilung recht gut sichtbar, während auf Tafel LXXXV man kaum eine Andeutung davon sieht. Die IVbβ-Schicht enthält ca. 70 Zellen pro 0.1 mm3 - sie ist dabei die lichteste -, die beiden anderen Unterschichten IVbα und IVbγ ca. 100 Zellen pro 0.1 mm3.
Im obersten Teil von IVb (also IVbα) sind ein großer Teil Zellen von ovaler Körnerform oder meist triangulärer Form 5/5 bis 10/7 µ und daneben sind ebenso viele eigentümlich unregelmäßig ovale Zellen, deren Längsachse horizontal ist, die mehrere, meist horizontal von der Zelle abgehende Fortsätze haben; die Zellen sind dunkel tingiert und zeigen deutlich einen Kern; ihre Größe ist 7-10 / 10-13-20 µ; es sind sternförmige Zellen, sog. Sternzellen kleineren und mittleren Kalibers, letztere ca. 20 an der Zahl; die kleinsten sind nicht viel größer als die triangulären; oft liegen 3-4 Zellen nahe beieinander.
Im mittleren Teil von IVb (also IVbβ) sind von den 70 Zellen, die pro 0.1 mm3 vorkommen, die Hauptmenge wieder kleinste Körnerzellen und kleine und mittlere, in der Horizontalen gestreckte Sternzellen von 5-7-10 / 10-15-20 µ; diese kleinen und mittleren Sternzellen von oft 5/15 µ sind recht zahlreich, liegen horizontal und geben der Schicht ein horizontal gestreiftes Aussehen; daneben gibt es aber auch große flachdreieckige oder eiförmige mit ihrer längeren Achse immer horizontal gestellte, 18-20-25 / 26-30(-40-50) µ große, Tigroide, Kerne und Kernkörperchen deutlich aufweisende Zellen mit 1-2 Trabantzellen, sog. Riesensternzellen in einer Anzahl von 10-15 pro 1.0 mm Präparatbreite (= 10 cm auf unseren Tafeln), bei 25 µ Schnittdicke. Sie haben hier und da stärkere, horizontalgerichtete Dendriten, jedoch (mit Toluidinblau) meist ovoide oder flachgestreckt dreieckige Form. Diese Zellen verleihen der ganzen Lamina intermedia IVb ihren Charakter, die danach die Schicht der großen Sternzellen heißt. Schon bei Lupenvergrößerung sind die blauen Punkte, die sie bilden, zu erkennen mitten im sonst relativ lichten Band dieser Schicht, IVbβ ist der lichteste Teil von IVb (s. S. 64).
Im unteren Teile von IVb schließlich (also IVbγ) kommen neben den ganz großen ovoiden Zellen (Riesensternzellen) und neben den kleineren und mittleren Sternzellen noch in größerer Anzahl Körnerzellen vor, so daß man diesen Teil als Übergang zur IVc-Unterschicht auffassen muß.
Die ganze IVb-Schicht ist die zweitbreiteste der Unterschicht IV. Nicht in jedem Hirn und nicht an jeder Stelle des gleichen Hirnes wird die Riesensternzelle gleich gut entwickelt gefunden; auf Tafel LXXXV ist die ovoide und spindelige Form ziemlich gut zu sehen, z. B. Höhe 26.4 / Breite 35.2 cm oder Höhe 30 / Breite 29.5 cm, auf Tafel LXXXVI sind sie vor allem am Culmen als flach-dreieckige Zellen zu sehen, z. B. Höhe 31.3 / Breite 16 cm, Höhe 29 / Breite 25 cm. Auf Tafel LXXXVII sieht man sie überhaupt nicht sehr gut, zum Teil sind sie pyramidenförmig, zum Teil sternförmig, Höhe 21 / Breite 37.7 cm, Höhe 22.6 / Breite 33 cm. Auf Tafel LXXXVIII, die ein Windungstal am Grund der Calcarina darstellt, sind ihrer ziemlich viele, meist als flache, kahnförmige Zellen sichtbar, Höhe 26.5 / Breite 12 cm, Höhe 13 / Breite 12 cm. Man sehe sich dieses verschiedene Verhalten dieser normalen Hirne genau an, bevor man an Vergleichspräparaten an pathologische Verhältnisse dieser wichtigen Elemente denkt.
Area striata. 633
IVc. Die Lamin. gran. int. profunda ist die breiteste von allen drei Unterschichten und die dichteste, und also am dunkelsten gefärbte. Es ist in der ganzen Rindenbreite nur die VI. Schicht in ihrer oberen Partie noch dunkler tingiert. Die IVc-Schicht enthält 180-220 Zellen pro 0.1 mm3, also durchschnittlich 200 Zellen; diese Anzahl ist etwas geringer als die Zellanzahl der IV. Schicht in OB, die zwischen 200 und 270 schwankt; doch scheint hier die IVc von OC ihre hohe Zellzahl kontinuierlicher zu wahren als die IV. Schicht von OB, so daß sie einheitlicher, homogener und auch dichter aussieht; letzteres verdankt sie besonders dem Umstand, daß ihre Zellen eigentlich etwas größer sind. Besonders in der Mitte von IVc sind die ovalen und runden Körnerzellen, die weitaus die Mehrzahl der Zellen bilden, selten kleiner als 8/8 µ und 9/9 µ; daneben sind ziemlich viele etwas größere, bis zu 15/13 µ, dreieckige Zellen. Auch hier liegen die Zellen oft zu Haufen und in Reihen. Am dichtesten liegen die Zellen meist in der Mitte der IVc-Unterschicht, so daß auch diese Unterschicht gleichsam in 3 Lagen zerfallt: aus einer lockeren oberen und unteren Partie und einer dichteren mittleren (Tafel LXXXV). Jedoch ist eine solche Unterteilung in IVcα, IVcβ und IVcγ gewiß nicht immer zu sehen; auf Tafel LXXXV ist sie angedeutet. In IVcα sind die Körnerzellen etwas kleiner, 5/5 µ bis 7/7 µ, die Zellanordnung etwas lockerer, und zwischen den Körnerzellen sind kleine Sternzellen und auch hier und da noch eine Riesensternzelle verstreut; diese Lage ist ebenso wie die tiefe IVbγ eine Übergangsbildung, und je nach der Zahl der Sternzellen oder der Körnerzellen würde man dieselben auch bald zur oberen, bald zur unteren Lage rechnen können. Die mittlere Lage (IVcβ) ist meist die dichteste, enthält die größten Körnerzellen und, wie oben erklärt, daneben auch dreieckige Zellen. Die untere Lage (IVcγ) ist wieder etwas lockerer und enthält neben den Körnerzellen ziemlich viele kleine pyramidenförmige Zellen aus Va. Diese unterste Lage fehlt aber oft ganz, so daß der Übergang in die oberste Partie von V auch ein recht schroffer sein kann (z. B. Tafel LXXXVIII, Bild 1), so daß dann auf die dichte Lage IVcβ gleich die obere Lage von V folgt. Vereinzelt können in der ganzen IVc aus IVb dislozierte Riesensternzellen vorkommen. Zählt man die IVcα ganz zu IVb und die IVcγ zu Va, dann ist die IVc-Schicht allerdings schmäler als die IVb-Schicht. Am Culmen nimmt jedoch die IVc-Schicht im Verhältnis zu den anderen immer sichtlich an Breite zu.
Wie die übrigen Schichten I, II und III zeigt auch die IV. Schicht samt ihren Unterschichten gar keine radiäre Streifung oder strahlige Anordnung, sondern alles ist in horizontaler Richtung angeordnet. Die Lagen der vielen verschiedenen Unterschichten, wenn auch nicht konstant sichtbar, so doch immer wenigstens angedeutet, steigern noch diesen lamellären Eindruck.
Unmittelbar am Limes parastriatus ist IVb ebenfalls mit Körnern so reichlich durchsetzt, daß diese erst weiter calcarinawärts wieder lichtere Unterschicht hier von dem großzelligen und lichten IIIc der OBγ oft wie durch einen Körnerwall getrennt aussieht. In diesen Fällen macht es den Eindruck, als ob wirklich - wie BRODMANN annimmt - der lichte Gennari-Streifen (IVb) die Körnerschicht in eine obere Lage und untere Lage spalten und die beiden Hälften hinauf- resp. hinunterdrängen würde. Nochmals sei hier darauf hingewiesen, das der Gennarische Streifen, den man am Nativpräparat so deutlich sieht und der IVb entspricht, am blaugefärbten Präparate schlecht zu sehen ist. Der lichte helle Streifen, den man am blaugefärbten Präparat sieht, und an dem man die Calcarinaformation ebenfalls schon makroskopisch erkennen kann, ist die zellarme V Schicht. Davon kann man sich sehr leicht überzeugen, wenn man am ungefärbten Gefrierschnitt den äußerst gut sichtbaren Gennarischen Markstreifen mit einer feinsten Nadel, die man glühend gemacht hat, markiert und nun den Schnitt färbt, so ist der jetzt nach der Färbung auftretende weiße Streifen viel tiefer als die Markierung, und zwar um zwei Schichten, nämlich in der V. Schicht, Sehr interessant ist es, daß die Markierung mit der glühenden Nadelspitze nicht ganz innerhalb der lichten IVb-Schicht fallt, sondern an deren oberen Rand und zum Teil sogar innerhalb IVa (!), so daß wir sagen können daß der Gennarische Streifen zum Teil auch in IVa zieht und zum größten Teil in der oberen Partie von IVb, während die untere, obschon lichte, nicht mehr den Gennarischen Streifen beherbergt. Es ist also der Parallelismus zwischen Aufhellung am blauen Zellpräparat und Vorkommen von Markfasern überhaupt kein vollständiger (s. hierzu S. 80).
634 Lobus occipitalis.
Bezüglich der Zellformen siehe §6, S. 650, CAJALs Ausführungen.
V. Die ganglionäre Schicht ist in OC ganz typisch charakterisiert 1. durch ihre Zellarmut, die ihre Lichte bedingt, 2. durch ihre Schmalheit, 3. durch ihre schärfe Abgrenzung nach oben und unten und 4. durch ihre Riesenzellen. Sie bildet am zellgefärbten Präparat ein schon makroskopisch sichtbares, auffallend lichtes, schmales Band, das man fälschlich für den Gennarischen Streifen halten könnte, der jedoch, wie wir gesehen haben, viel breiter und weniger licht ist und im Rindenquerschnitt viel oberflächlicher liegt und makroskopisch zwar durch seine Helligkeit auch bemerkt werden kann, ohne jedoch derartig a prima vista aufzufallen (Abb. 116, Nr. 11). Die Breite der V. Schicht schwankt zwischen 0.20 und 0.30 mm; im Tal und in der Wand ist sie jedoch viel schmäler, 0.15 mm, und macht überhaupt nur 14% der Rindenbreite aus, was weit unter dem Durchschnittsmaß von 20% ist. Ihre Helligkeit sticht von den beiden sie umgebenden Schichten, der sehr dichten IVc-Unterschicht und der sehr dunkel tingierten und dichten und ebenfalls bandartigen VIa-Unterschicht stark auffallend ab (siehe besonders Tafel LXXXVI und LXXXVIII, Bild 1). Innerhalb dieses lichten Streifens kann man jedoch auch 2 Lagen unterscheiden, eine obere etwas zellreichere und eine tiefere Zone, zellärmere und lichtere, jedoch vereinzelt auffallend große pyramidenförmige Riesenzellen führende, also Va und Vb.
In Va zählen wir ca. 80 Zellen pro 0.1 mm3, es sind meist kleine dreieckige oder pyramidenförmige Zellen von 7-10 / 7 µ bis zu 12/8 µ Größe, auch einzelne kleinere und größere Körnerzellen darunter.
Die Vb besteht aus ca. 50-60 Zellen pro 0.1 mm3 von eben dieser Größe 7-12 / 7-8 µ, daneben meist größere 18/15 µ. Außerdem finden sich hier in einer Anzahl von ungefähr 6-10 pro 1.0 mm Präparatbreite (= 10 cm auf unseren Tafeln bei 25 µ Schnittdicke) Riesenpyramidenzellen, die MEYNERT zuerst beschrieben hat und die nach ihm benannt sind; ihre Größe schwankt zwischen 30/15 bis zu 50/25 und 55/70 µ; sie sind meist wirklich pyramidenförmig, am Culmen besonders und hier manchmal (Tafel LXXXVI, Höhe 23-24 cm, Breite 16-18 cm) von auffallender Größe; meist ist der cephale Fortsatz zur Oberfläche senkrecht orientiert, doch kommen auch Horizontallagerungen vor (Tafel LXXXVI, Höhe 10.5 cm, Breite 26.5 cm). Die Zellen zeigen deutlich Tigroidschollen, Zellkern und Kernkörperchen und 1-3 Trabantzellen. In der Wandung flachen sie sich meist ab, werden breiter als hoch, oft flach oval, sind kleiner, zahlreicher, weniger isoliert (s. Tafel LXXXVIII, Bild 1), mehr als Zellage, hart am Rücken der VIa erkennbar und oft zu kleinen Gruppen angeordnet Tafel LXXXVI, Höhe 13.5 cm. Breite 12 cm). Sie sind meist sehr dunkel tingiert und fallen im Zellbilde sehr auf. Tafel LXXXV weist auffallend wenige dieser Riesenzellen in V auf, in Tafel LXXXVII sind sie zahlreich vorhanden, doch stechen sie nicht sonderlich von den umgebenden Zellen ab, die mittlere Größe haben. Solche Formen wie an der Kuppe von LXXXVI sind überhaupt sehr selten. Es ist wichtig, alle diese verschiedenen Aspekte, die diese Meynertschen Riesenzellen annehmen können, zu kennen, bevor man irgendeinen Befund an ihnen für pathologisch halten will. Die hier abgebildeten Präparate entstammen lauter „normalen" Hirnen - soweit als dieser Ausdruck überhaupt auf Leichenmaterial anwendbar ist.
Area striata. 635
Die Charakteristica der auffallenden Lichtung, der scharfen Umgrenzung und der Schmalheit der V. Schicht der OC hören beim Übergänge zur OB meist schon etwas vor der Grenzlinie OBγ-OC auf und machen der breiteren zellreicheren V der OB Platz, dagegen setzen sich einzelne der Meynertschen Riesenzellen auch in V der OB, soweit es OC benachbart ist, auf kurze Strecken fort (s. Tafel LXXXVII, Höhe 20 cm, Breite 5 cm und Höhe 18.25 cm, Breite 9.5 cm).
Nach abwärts ist die Vb-Schicht gegen VI scharf abgegrenzt, jedoch sind nicht selten Meynertsche Riesenzellen auch in die alleroberste Lage von VIa disloziert.
Die Va-Schicht, in der wir meist kleine Pyramidenzellen finden, hat CAJAL als Schicht kleiner Pyramidenzellen (mit aufsteigendem Achsenzylinder) oder plexiforme Schicht Nr. 6 bezeichnet, und Vb als 7. Schicht der Riesenpyramiden (s. Näheres §6, S. 650).
Zum Schlüsse dieser Beschreibung der ganglionären Schicht möchten wir darauf aufmerksam machen, daß eine auffallende Aufhellung derselben ja in allen granulösen Formationen der Rinde die Regel ist; siehe diesbezüglich LE1 und PB1, wo wir ebenfalls eine auffallend lichte V Schicht haben (vgl. hierzu Tafel LII und Tafel LX).
VI. Die Spindelzellenschicht. Auch die VI. Schicht ist für die Calcarinaformation ganz eigenartig und typisch. Nirgends in der ganzen Rinde ist vielleicht der Zerfall in zwei Schichten, die dichte obere VIa und die lockerer gebaute VIb-Schicht, ein so auffallender wie hier; nirgends ist VIa so bandartig, so zellreich als in dieser Formation. Sie ist die dunkelste und tiefstgefärbte Schicht dieses Rindenteiles und hebt sich mit der V. Schicht am schärfsten und deutlichsten von allen ab; sie ist so zellreich und relativ zellklein zugleich, daß sie MEYNERT als drittes Abspaltungsprodukt der inneren Körnerschicht ansehen konnte.
Das Band von VIa ist auch am Culmen deutlich als solches zu sehen und konnte, da es größtenteils aus dreieckigen Zellen besteht, als paratriangularis laminar fusiformis bezeichnet werden. VIa besteht aus 120-160 Zellen pro 0.1 mm3, also 140 im Durchschnitt (am Culmen etwas weniger dicht, 100-120). Die Zellen stehen ziemlich dicht beieinander. Der größte Teil der Zellen ist pyramidenförmig und bildet mittelgroße und kleine Pyramidenzellen; darunter sind jedoch auch spindelförmige und kahnförmige Zellen, große und kleine Körnerzellen, horizontalgestellte längliche und dreieckige Zellen. Diese polymorphen Zellen sind meist kleiner und bevölkern meist die Mitte von VIa; hier ist die Schicht auch am allerdichtesten; oft sind die Zellen aneinandergepreßt und gegeneinander abgekantet. Diese Zellen in der Mitte von VIa sind wie gesagt die kleineren von VIa (6/10 µ, 10/10 und 10/15 µ) (VIaβ). Oberhalb davon sind wieder die pyramidenförmigen Zellen in der Mehrzahl, und zwar meist von 20-25 / 15 µ und 18/10 µ; sie sind auch mit ganz kleinen Pyramidenzellen untermischt; an der Kuppe ist diese obere Lage der Pyramidenzellen der VIa-Schicht (VIaα, s. Tafel LXXXVI) ihren Elementen nach am deutlichsten und größten, und dieselben zeigen alle Übergänge zu den oberhalb von ihnen liegenden großen und sogar Riesenpyramiden der Vb-Schicht; denn in VIaα findet man hier an der Kuppe recht zahlreich Pyramidenzellen auch von 20-30 / 10-15 µ, die man also nicht recht von den kleineren Zellen von Vb wird differenzieren können. Auch in der tiefsten Lage von VIa, in VIaγ, unter der kleinzelligen polymorphen dichteren Mittellage VIaβ, sind wieder die Pyramidenzellen in der Mehrzahl; sie sind hier meist etwas kleiner und etwas schlanker als in der oberen Lage, und zwar in der Kuppe bis zu 25/10 µ, und in der Wand 15-18 / 9-10 µ.
VIb: Der Übergang von dieser unteren Lage von VIa zu VIb vollzieht sich zwar gradatim, jedoch ziemlich rasch über horizontale Zellen von gestreckter dreieckiger Form (Pyramidenform) zu wirklichen spindelförmigen Zellen, die schmal und langgezogen sind, von 25-30 / 8-10 µ Größe. In der Wand bilden dieselben eine sehr schmale VIb mit sehr locker gefügten horizontalgestellten Elementen von 0.10- 0.20 mm Breite. In der Kuppe ist die VIb-Schicht etwas breiter. Hier sind die Spindelzellen jedoch wieder in radiärer Stellung, d. h. wie sonst immer mit ihrer Längsachse zur Oberfläche senkrecht gerichtet. Sie enthält ca. 20 solcher langgezogener Zellen pro 0.1 mm3. Gegen das Mark ist die Abgrenzung der VIb in der Wand eine ganz scharfe; an der Kuppe ist die Abgrenzung ebenfalls recht gut, wenn auch VIb hier manchmal (wie in Tafel LXXXVI) auch etwas breiter sein kann als sonst.
636 Lobus occipitalis.
Zum Unterschied der übrigen Schichten von OC ist die VI. Schicht in VIa sowohl als in VIb an der Kuppe, zwar nicht stark, aber immerhin deutlich genug, radiär gestreift - auch in den oberen Partien der Wandungen sieht man noch eine Andeutung davon; in der tieferen Wand und im Tal ist davon nichts mehr zu merken.
Ihren dichten bandartigen für OC typischen Charakter verliert die VIa-Schicht beim Übergang in OBγ meist um einige Zehntel Millimeter vor der eigentlichen Grenzlinie OB-OC (s. Tafel LXXXV-LXXVII), durch das meist vorzeitige Auftreten der für OB typischen radiären Zellhaufen in ihr; gleichzeitig macht die VIa-Schicht gleichsam einen kleinen Satz um eine Stufe tiefer (s. Abb. 136).
Die Area striata hat also eine heterotypisch gebaute Rinde, und zwar vom Rindentypus 3 (Koniocortex, Abb. 88 a, b), welche vom gewöhnlichen homotypischen Baue mit der Sechsschichtung abweicht 1. durch eine Verdoppelung der inneren Körnerschicht; 2. durch Einschiebung einer neuen zellarmen Zwischenschicht, die zum Teil im Markbilde dem Gennarischen (Vicq d'Azyrschen) Markstreifen entspricht; 3. durch die Durchsetzung aller Rindenschichten mit Körnern und die Tendenz aller Schichten, bloß äußerst kleine Zellen zu bilden, die kaum die Körnergröße übertreffen; 4. durch eine kolossale Produktion an solchen kleinsten Zellen, wodurch die ganze Rinde wie mit solchen Körnern überstäubt aussieht, also ein typisch granulöses Aussehen erhält. Die Heterotypie der granulösen Umwandlung haben wir schon in der Retrosplenialgegend und in der hinteren Zentralwindung kennengelernt, doch ist die Area striata das Prototyp einer granulösen Rinde, und ist auch als solche schon allen Forschern, von MEYNERT angefangen, aufgefallen.
Außerdem ist aber an der Area striata auffallend die Tendenz der Zellen, sich in horizontalen Lagen nach ihrer Zellform und Größe zu ordnen in dichten und lockeren Schichten derart, daß jede radiäre Streifung verlorengeht (Abb. 45, 46) und man bloß die horizontale Schichtung gewahr wird, wie sonst nirgends in der Rinde so deutlich; daher stammt auch der Name der Area „striata". Der Gennarische Streifen einerseits, die auffallend lichte V Schicht und dunkle VIa-Schicht andererseits bilden die Grundlage dieser horizontalen Schichtung, die MEYNERT und BRODMANN veranlaßte, eine achtfache Schichtung anzunehmen. Aber ganz abgesehen von dieser schon bei ganz schwachen Vergrößerungen auffallenden Vermehrung der sonst bloß in Sechserzahl vorkommenden Schichten sieht man bei stärkeren Vergrößerungen, wenn man auf die Form und Größe der Zellen und ihren Aufbau achtet, daß auch hier in den feineren Einzelheiten eine weitere Scheidung der Zellen nach horizontalen Lagen erfolgt. So konnte schon CAJAL 9 Schichten unterscheiden, und nach diesem Prinzip konnten wir an Tafel LXXXVI eine I., II., III., IVa-, IVbα-, IVbβ-, IVbγ-, IVcα-, IVcβ-, IVcγ-, Va-, Vb-, VIaα-, VIaβ-, VIaγ- und VIb-Schicht trennen (Abb. 148), also ca. 16 Schichten, und jeder, der sich in das Studium der Zellformen vertieft, wird hier nach eigenem Ermessen Schichten zusammenfassen oder differenzieren können, je nach den Einzelheiten, welchen er sein Augenmerk widmet. Wir möchten selbstverständlich nicht eine derartige Scheidung in ein oder zwei Dutzend Unterschichten durchgeführt wissen und haben uns daher an den gegebenen sechsschichtigen Grundtypus gehalten, denn wir wollten bloß durch die Unterteilung die Aufmerksamkeit auf die Eigentümlichkeit dieser Gegend lenken, auf ihre Tendenz, ihre Zellen auch bei kleinen anatomischen Unterschieden ihrer Form oder architektonischen Unterschieden ihres Aufbaues, in horizontale Lagen zu ordnen. Außerdem ist es gut, diese Unterschichten zu kennen, um die Einteilung anderer Autoren zu verstehen, die auf die eine oder andere Unterschicht Rücksicht genommen haben (s. Abb. 148).
Area striata. 637
Ebenso wie die anderen granulösen Formationen ist auch die OC sehr schmal, 1.8 bis 2.3 mm. Auch die Aufhellung der V. Schicht ist, wie schon S. 191 besprochen, bei granulösen Formationen die Regel. Kurz zusammengefaßt, ist die Charakteristik der einzelnen Schichten folgende:
I. 0.19 mm, also etwas breiter als in OB, auch etwas zellreicher, aber zellklein, 8 bis 10 Nervenzellen pro 0.1 mm3 von 5/5 µ Größe.
II. 0.13 mm, ist äußerst schmal, zellreich, meist aus kleinsten Pyramidenzellen in Reihen 5/5 µ bis 7/7 µ, und zwar 150 pro 0.1 mm3.
III. 0.27 mm, äußerst schmal, am schmälsten in der ganzen Hirnrinde, zellreich, 100 pro 0.1 mm3, sieht wie Körnerschicht aus, da die Pyramidenzellen äußerst klein sind und kaum von den Körnerzellen sich abheben, 7-10 / 5-7 µ.
IV. 0.82 mm, ist die breiteste Körnerschicht des ganzen Gehirns; sie zerfallt durch den lichten zellarmen Gennarischen Streifen in 3 Teile; IVa Lam. gran. int. superf. mit kleinsten Körnerzellen, 4-7 / 4-7 µ, ca. 150 pro 0.1 mm3; IVb Lam. intermedia entspricht dem Gennarischen Streifen, ist zellarm (70 pro 0.1 mm3), enthält aber außer kleinsten Zellen die Riesensternzellen von 20-25 / 25-50 µ Größe, ca. 10 Stück pro 1.0 mm Präparatbreite; und IVc Lam. gran. int. profunda, die dichteste Körnerlage, 200-220 Zellen pro 0.1 mm3 von 8/8 µ bis 15/13 µ .
V. 0.27 mm, sehr schmale, sehr lichte, makroskopisch als weißes Band sichtbare zellarme Schicht, enthält ca. 50 kleine Zellen pro 0.1 mm3, außerdem aber die Riesenpyramidenzellen von 30-55 / 15-35 µ Größe, sog. Meynertsche Riesenzellen, und zwar ca. 6 Stück pro 1.0 mm Präparatbreite.
VI. (0.68) 0.35 mm, zerfällt in die sehr dichte zellkleine bandförmige, scharf umgrenzte, schon makroskopisch als tiefblauer Strich sichtbare 0.20-0.26 mm breite VIa-Schicht, die meist aus Pyramidenzellen besteht, und zwar 140 Zellen pro 0.1 mm3 mit Zellen von 6/10 µ bis 18-20 / 10-15 µ Größe, und die zellgroße, aus wenigen, meist horizontalen Spindelzellen bestehende, in der Wand 0.15 mm (an breiter Kuppe 0.42 mm) breite VIb-Schicht, deren Zellzahl ca. 20 pro 0.1 mm3 beträgt und deren Zellgröße von 20-30 / 8-10 µ schwankt.
Wegen der Einzelheiten der Schichten und Zellen verweisen wir auf alles in §4 Gesagte.
Derart eigenartig gebaut breitet sich die Formatio striata zu beiden Seiten der Calcarina aus und überzieht die beiden Wandungen der Calcarina, ihre Lippen und den Pol des Occipitallappens (Abb. 92-95). Zu dem Studium der Ausbreitung der Calcarinaformation bedarf es jedoch gar nicht der Präparate mit Zellfärbung; an der Schnittfläche eines frischen oder eines nicht zu lange in Formol liegenden Gehirnes erkennt man am weißleuchtenden Gennarischen Streifen genau das Ausbreitungsgebiet der OC; wenn man ein solches Hirn vorher zeichnet oder photographiert und dann in dünne Scheiben mit dem Messer vertikal zerlegt, kann man dann von den Schnittflächen sich genau auf das Bild die Grenzen der Area striata übertragen. Dieser Methode hat sich schon BOLTON und nach ihm SMITH bedient, um die Grenzen der Striata zu bestimmen; es ist bei weitem die handlichste, rascheste und genaueste Art, um sich bei vielen Hirnen über die Verhältnisse hier zu orientieren.
638 Lobus occipitalis.
Abb. 141 a und b und Abb. 142 a und b zeigen die nach dieser Methode bestimmten Grenzen der Calcarinaformation (OC) auf dem Cuneus und dem Gyrus lingualis an der Medianfläche einer rechten und einer linken Hemisphäre sowie am Pole derselben. Abb. 143 zeigt dann eine Serie von frontalen Scheibenschnitten durch den Occipitallappen einer rechten Hemisphäre, auf der der makroskopisch schon sichtbare Gennarische Streifen, an welchem man die Ausdehnung der Area striata erkennen kann, gestrichelt in die Rinde eingezeichnet ist. Was die Lippen anbetrifft, so reicht die OC ventral von der Calcarina auf den Gyrus lingualis im allgemeinen weiter herunter als dorsal auf den Cuneus hinauf; ferner nimmt sie dem Pole zu an der Oberfläche ein größeres Areal am Cuneus und am Gyrus lingualis ein als weiter vorn. Ihr Gebiet an der medianen Oberfläche ist also dreieckig mit der breiten Basis am Occipitalpol und der Dreieckspitz vorn in der Vereinigung von Calcarina und Sulcus parietooccipitalis. Nach vorn wird das Gebiet, das sie einnimmt, also immer schmäler, und zwar auf der Cuneallippe rascher als auf dem Gyrus lingualis, und zwar so daß schon meist 0.5 cm vor der Vereinigung der Calcarina (c) mit der Parietooccipitalfurche (po) zum Truncus (Tr) die Grenzlinie am Cuneus von der Oberfläche in die Tiefe der Calcarinafurche, und zwar auf deren obere Wandung, rutscht (Abb. 143, Nr. 6, 7, 8), während die Grenzlinie an der lingualen Unterlippe erst weiter vorn, und zwar erst im Gebiete des Truncus (Nr. 9 und 10) die mediane Oberfläche verläßt und in die Tiefe der unteren Furchenwandung versinkt. Der Verlauf der Grenzlinie (von OB - OC) am Cuneus und am Gyrus lingualis läßt sich nicht genauer angeben, als wir dies eben getan haben, denn sie ist individuell sehr verschieden (s. Abb. 146, S. 643) und ist auch schon bei ein und demselben Individuum an beiden Hemisphären gewöhnlich verschieden (vgl. Abb. 141 und 143); eines der Momente, daß mitbestimmend für die Größe des Areals zu sein scheint, das die OC an der Oberfläche der cunealen und lingualen Lippen einnimmt, dürfte die Tiefe der Calcarinafurche sein. Je seichter dieselbe ist, desto größer scheint die Ausbreitung der OC an der Oberfläche zu sein. ELLIOT SMITH hat angegeben, daß die obere dorsale Grenze der Area striata an der Medianfläche im Sulcus cunei (Sulc. sagittal. inf. cunei, s. sg. i Retzii), die ventrale Grenze im Sulcus lingualis liege (Abb. 22 lg.) (der den Lobulus lingualis in einen oberen und einen unteren Gyrus teilt). Ähnlich äußert sich auch ANTONI. Diese Angabe ist nur approximativ richtig, und zwar genügt sie für die cuneale Grenze nur zur ungefähren Orientierung, denn hier liegt die Grenze häufig auch über oder unter dem Sulcus cunei; für die linguale Grenze stimmt sie etwas besser, indem der Sulcus lingualis etwas häufiger, wenigstens in einem Teilstück seines Verlaufes, die Grenze OB- OC wirklich enthält. Abb. 141 zeigt gerade zufällig im Gehirn, für welche die Angaben SMITHs gerade annähernd zutreffen. ANTONI bemerkt ferner ganz richtig, daß wo sich von ventral her eine Furche der Calcarina nähert, die Area striata an dieser Stelle etwas zurücktritt (Abb. 146).
Abb. 141a, b und 142a, b zeigen schwarz gestrichelt die Grenzen der Area striata an der medianen Hirnoberfläche und am Occipitalpol der rechten und linken Hemisphäre (bei einem im 4. Lebensjahre Früherblindeten!). C Calcarina, r.C. Retrocalcarina, po Sulcus parietooccipitalis, Tr. Truncus, ot Sulcus occipitotemporalis, ip Sulcus interparietalis, s. p. tr. Sulcus parietalis transversus, s. o1, s. o2 erste und zweite Occipitalfurche, s. l. Sulcus lunatus, s. sg. i. und s. Sulcus cunei sagittalis inferior et superior, lg Sulcus lingualis, G. cl. p. Gyrus cuneolingualis posterior.
Area striata. 639
Abb. 143. Frontale Scheibenschnittserie 1-11 durch den Occipitalpol einer rechten Hemisphäre; der makroskopisch sichtbare Gennarische Streifen, gestrichelt in die Rinde eingezeichnet, zeigt deutlich die Ausdehnung der Area striata in den Wänden der Calcarina (c) an. 1 caudalster Schnitt durch den Occipitalpol; 11 frontalster Schnitt nahe am Splenium des Balkens. Scheibendicke ca. 5 cm. c Calcarina; Cu Cuneus; g. Cu. l. Gyrus cuneolingualis anterior; g. rl. Gyrus retrolimbicus; Lg Gyrus lingualis; lg Sulcus lingualis; ot Sulcus occipitotemporalis; po Sulcus parietooccipitalis; Pr Praecuneus; rlg Sulcus retrolingualis; Tr. Truncus sulci parietooccipitalis et Calcarinae.
640 Lobus occipitalis.
Nach vorn zu versinken die Grenzen der Area striata immer rascher und tiefer in die Calcarina, und zwar, wie schon gesagt, die obere Grenzlinie etwas rascher als die untere. Der Cuneus (s. Abb. 21-24) setzt sich bekanntlich in der Tiefe des Truncus der Calcarina in die Parietooccipitalfurche als nach vorn immer schmäler und niederer werdender pli de passage cuneolimbique (s. Abb. 22 g. cu. l und Abb. 143, Nr. 9, 10, 11) bis zum Lobus limbicus fort; der Gyrus lingualis setzt sich nach vorn in den pli de passage retrolimbique (Abb. 143, Nr. 10 und 11 und Abb. 22 g. rl.) fort; in der Tiefe des Truncus calc. et po. setzt sich nun zwischen diesen beiden Plis de passage die eigentliche Calcarina fort, und die Area striata folgt ihr ganz in der Tiefe weit nach vorn, und zwar ihre dorsale Partie auf der ventralen Fläche der cuneolimbischen Übergangswindung, mit ihr sich gleichzeitig verschmälernd und mit der cuneolimbischen Übergangswindung auch ungefähr gleichzeitig in der Tiefe endend, jedoch noch etwas vor Erreichung der Hinterwand des Lobus limbicus dort wo denselben die Fortsetzung der Parietooccipitalfurche einschnürt; die ventrale, linguale Partie des OC sinkt etwas weniger rasch in die Tiefe, und weit vorn am Truncus calc. et po. nimmt sie immer noch einen großen Teil der dorsalen Fläche der retrolimbischen Übergangswindung ein, die vom Gyrus lingualis zum Lobus limbicus geht, verschmälert sich aber nunmehr nach vorn zu rasch. Weiter vorn, in der Talsohle des Truncus, dort, wo die cuneolimbische Übergangswindung sich ganz abflachend endigt, endigt durch rasche Verschmälerung, paar Millimeter weiter vorn, auch dieser letzte Teil der Area striata auf dem Übergang der Wand der retrolimbischen Übergangsfurche in die Talsohle der Stammfurche. Diese Stelle befindet sich ungefähr dort, wo eine von dem Apex des nach unten konvexen Balkenspleniums senkrecht ventralwärts gezogene Linie den Truncus calcarin. parieto-occipit. überkreuzen wurde. Oberhalb von der Stammfurche (Truncus), die den Gyrus fornicatus von dem Gyrus lingualis trennt, ist die Area striata nie mehr anzutreffen (ANTONI, LANDAU, ELLIOT SMITH). Dieser Art gestaltet sich das vordere spitz zulaufende Ende der Area striata.
Im Verlaufe der Calcarina von vorn nach hinten ziehen in ihrer Tiefe zwei (manchmal drei) cuneolinguale Übergangswindungen; dieselben sind natürlich auch von der Formatio striata überzogen, auch dann, wenn sie sichtbar an die Oberfläche treten. So ist z. B. auf Abb. 141 und 142, wie dies oft geschieht, der Gyrus cuneolingualis posterior (G. cl. p.) oberflächlich geworden und teilt die Calcarina von ihrem Endsporne ab, der dann als dreiteiliger Stern (Sulcus triradiatus oder retrocalcarina, rC) am Pol von dem Hauptast der Calcarina getrennt ist. Die Formatio striata folgt zwar mit ihrer äußeren Umgrenzung etwas dieser Furchenbildung, überkleidet aber den ganzen Gyrus cuneolingual. post., wie man aus dem Bilde ersieht; wir kommen gleich später noch darauf zurück.
Nach dieser Besprechung des vorderen Endes der OC-Formation und ihrer Ausdehnung an der medianen Hirnfläche bleibt uns noch ihr hinteres Ende zu besprechen; dasselbe liegt jedoch gar nicht auf der Medianfläche, sondern es zieht die Formation mit der Calcarina auf die konvexe Oberfläche des Occipitallappens. „Ihrer äußeren Form nach", sagt BRODMANN sehr richtig, „stellt die Area striata, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ein dem Occipitalpol kappenartig aufgestülptes Feld, also eine sog. Endkalotte dar, die sich jedoch nach innen und außen in sehr verschiedenem Umfange ausdehnt und daher eine sehr wechselnde Lage erhält. Während sie beim Menschen (Europäer) fast ganz auf die Medianseite, und zwar vorwiegend auf die Rinde des Sulcus calcarinus, beschränkt ist, hat sie bei den Affen (ausser Hapale) namentlich bei Anthropoiden, die weitaus größere Ausdehnung an der lateralen Konvexität" (Abb. 106 und 107, S. 244). Beim Menschen endet die Fissura calcarina mit ihrem |--förmigen Ende meist auf dem Occipitalpol selbst (rC, Abb. 141 b und 142 b). Um die beiden vertikalen Sporen dieses Calcarinaendes schlingt sich eine vertikale Bogenwindung (Gyrus descendens Ecker, Abb. 22 E), welche von einer Halbringfurche, dem sog. Sulcus lunatus (Abb. 22, s. l.) nach außen umgeben ist (es können auch evtl. zwei oder drei solcher Halbringfurchen konzentrisch angeordnet sein - RETZIUS). Die eigentliche Bogenwindung nimmt den dorsalen Hirnpol ein und reicht nur ganz wenig auf die laterale und ventrale Hirnfläche. Sie bildet nach vorn oben oder auch oft nach unten eine Art vorhängendes Operculum. Diese Bogenwindung nun ist zum größten Teil ebenfalls noch von „Sehrinde" (OC) überzogen, und die Grenze, d. h. der Limes parastriatus, liegt hier entweder unmittelbar vor (calcarinawärts) oder in der Halbringfurche selbst. ELLIOT SMITH (s. Text Abb. 136 und 142b) nennt die Halbringfurche Sulcus lunatus (s. l.). Ist der untere Ast des |-- förmigen Calcarinaendes weiter an die Basis gedrängt, so bildet die Bogenwindung ein Operculum basale, das ebenso mit Sehrinde überzogen ist. Die Calcarina birgt in ihrer Tiefe meist zwei von oben nach unten ziehende pli de passage, sog. cuneolinguale Brückenwindungen, eine vordere und eine hintere. Manchmal ist, wie schon früher erwähnt, die Calcarina an der medianen Hirnfläche nahe dem Occipitalpol dadurch unterbrochen, daß die hintere cuneolinguale Brückenwindung, welche regelmäßig in der Tiefe der Calcarina vom Cuneus zum Gyrus lingualis zieht, bis an die Oberfläche tritt (G. cl. p.); dann ist das |--förmige Ende von der übrigen Calcarina abgetrennt als sog. Sulcus extremus (oder Sulc. triradiatus Landau oder Retrocalcarina rC., Abb. 23). In diesem Falle endet die Area striata nicht etwa am hinteren Ende des vorderen Calcarinateiles, also nicht etwa auf dem Gyrus cuneolingualis posterior, sondern ihre Grenze springt von ihm (s. Abb. 141 und 142 a) auf die Rindenteile über, die den Sulcus extremus umziehen, und die Sehrinde umgibt kranzförmig dieses abgetrennte Stück Calcarina auch noch, bis ungefähr wieder zur Halbringfurche. Sind mehrere konzentrische Halbringfurchen vorhanden, so kann die erste manchmal noch innerhalb des Sehrindenareals fallen.
Area striata. 641
Bei Affen (Abb. 106 und 107, S. 244) zieht nach BRODMANN in Fortsetzung der medianen Parietooccipitalfurche eine tiefe Furche von der Mantelkante auch auf die Konvexität über, die den ganzen Occipitallappen vom parietalen und temporalen Lappen scharf abtrennt; die hintere (occipitale) Wand dieser parietooccipitalen Furche der Konvexität (Affenspalte, Sulc. simialis) überdeckt klappdeckelartig drei in ihrer Tiefe versenkte Übergangswindungen, und zwar eine obere und eine untere parietooccipitale und eine temporooccipitale. Die Fissura calcarina endet bei Affen einfach an der medianen Hirnfläche. Die Sehrinde überzieht nun auch beim Affen die Wände der Calcarina, ihre cuneale und linguale Lippen in vorne spitzer und nach rückwärts sich weiter entfaltender Form, und dazu noch auch die ganze große Konvexität des Occipitallappens bis unmittelbar an die sog. „Affenspalte" (Parietooccipitalfurche). Sie ist also viel ausgedehnter als beim Menschen, und ihr größter Teil liegt auf der Hirnkonvexität, wo sie das ganze Occipitalhirn überzieht. Entsprechend der Ausdehnung der eigentlichen Sehrinde, die er als ein wichtiges anatomisches Kriterium auffaßt, homologisierte nun ELLIOT SMITH den Sulcus lunatus des Menschen, der die senkrechte Bogenfurche nach vorn an der Konvexität des Occipitalpols, wie früher oben gesagt, umgrenzt, und bis zu welchem die Area striata reicht, mit der „Affenspalte", dem Sulcus simialis (d. h. der Fortsetzung des Sulcus parietooccipitalis an die Konvexität), da, wie gesagt, bis zu diesem Sulcus beim Affen die Area striata reicht. Die neueren Untersuchungen von LANDAU bestätigen zum Teil die Berechtigung dieser Auffassung. LANDAU weist ferner nach, daß die F. calcarina der niederen Affen, bei welchen der Occipitallappen an der Konvexität furchenfrei ist, eigentlich nicht der ganzen Calcarina des Menschen, sondern bloß dem vorderen Teil derselben an der Medianfläche entspricht, so daß bei diesen (niederen Affen) eigentlich das polare Ende der Calcarina, die Retrocalcarina oder der sog. Sulcus extremus oder triradiatus, d. h. das |--förmige Calcarinaende fehlt. Bei manchen - höheren - Affenarten dagegen (Orang, Semnopithecus usw.) ist (s. Abb. 144, 145 und BRODMANN, Lokalisationslehre) der Occipitallappen an der Konvexität nicht ungefurcht, sondern es findet sich hier an der Aussenseite eine dreistrahlige Sternfurche, der Sulcus triradiatus; diesen Sulcus triradiatus homologisiert LANDAU mit dem |--förmigen rückwärtigen Ende der menschlichen Calcarina, also mit der Retrocalcarina. Wo also beim Menschen eine oberflächliche cuneolinguale hintere Brückenwindung diese Retrocalcarina vom Grundaste der Calcarina der Medianfläche als eigenen Sulcus (extremus) lostrennt, entspricht dieser Sulcus extremus vollständig dem Sulcus triradiatus der höheren Affen. Daraus folgt aber, daß die ausgedehnte Konvexität des Occipitallappens der Affen, die von der Area striata überzogen ist, nicht nur der senkrechten Bogenwindung, sondern auch noch dazu der hinteren cuneolingualen Brückenwindung des Menschen entspricht. Wir sehen, wie hier rindenarchitektonische Studien, kombiniert mit vergleichend anatomischen, zur Lösung strittiger Probleme beitragen. Der Opercularteil des Occipitallappens der Affen (in der Parietooccipitalfurche oder Affenspalte der Konvexität) überdeckt die parietooccipitalen und temporooccipitalen Brückenwindungen. Beim Menschen sind die ersteren immer oberflächlich, die beiden pli de passage Gyrus parietooccipitalis superior et inferior (Abb. 21 G. po. s. i.); wenn ein Klappdeckel beim Menschen besteht, so kann bloß noch betreffs der temporooccipitalen Brückenwindung eine Überdeckung stattfinden; es ist also bloß ein Operculum occipitale incompletum nach LANDAU möglich. Für gewöhnlich ist aber beim Menschen überhaupt kein wirklicher Klappdeckel vorhanden, sondern es sind alle Übergangswindungen oberflächlich gelegen. Daher ist es nicht ganz richtig, den Sulcus lunatus mit der Affenspalte direkt homologisieren zu wollen. Dort, wo beim Menschen jedoch eine operculare Bildung am Occipitalpol besteht, dort reicht auch gewöhnlich die Area striata bis zur Halbringfurche, die dieselbe begrenzt; insoweit ist eine Analogie zwischen dem Operculum incompletum des Menschen und den Verhältnissen bei Affen. Der Sulcus lunatus ist aber selbst keine beim Menschen ganz regelmäßig vorkommende Furche!
642 Lobus occipitalis.
Abb. 144 und 145. Area striata of Semnopithecus leucoprymnus nach BRODMANN. - Cc Balken, C Calcarina, cm. Sulc. callosomarginalis, ip. Sulc. interparietalis, os., oi. Sulc. occipitalis superior, inferior, otl. (m.) Sulc. occipitotemporalis lateralis (medialis), po. Sulc. parietooccipitalis, ai. Affenspalte, t1 erste Temporalwindung. Auf Abb. 144 (Konvexität) sieht man vor dem Calcarinaende C und unter der Affenspalte si die Sternform des Sulcus triradiatus, der keine Bezeichnung auf dem Bilde hat.
ANTONI hat ein spezielles Studium dem caudalen Ende der Calcarina gewidmet, und Abb. 146 gibt seine verschiedenen Arten des Abschlußes der Calcarina und (gestrichelt) der Area striata wieder; letztere wurde nach der Ausbreitung des Gennarischen Streifens bestimmt. Die Retrocalcarina (r. C.) ist darauf (nach ANTONI) sternförmig mit einem oberen, a, und zwei unteren Schenkeln b, c (daher Sulcus triradiatus von LANDAU). Die Bildung der Area striata um den vorderen dieser unteren Schenkel b gehört noch der Lingualislippe an; die um den Ast c nennt er das Operculum inferius (d.h. Operculum der unteren Mantelkante); die um den oberen Ast a das Operculum (superius) der oberen Mantelkante; ein Operculum laterale (der Konvexität) besteht bloß dann, wenn ein Sulcus lunatus vorhanden ist; vollentwickelt ist dasselbe bloß, wenn die linguale Ausbreitung der Area striata um den vorderen unteren Ast b, statt an der Medianfläche zu liegen, an die untere Mantelkante verschoben ist, dann ist das untere Operculum auch nach rückwärts auf die Konvexität verschoben, und dann haben wir das Homologon des Affen, das Operculum occipitale, vor uns.
Area striata. 643
Abb. 146. Sieben verschiedene Endigungsarten der Calcarina am Occipitalpol der rechten Hemisphäre und Bildung eines sog. Operculum occipitale superius, inferius und laterale (nach ANTONI). - C Calcarina, rC. Retrocalcarina, a b c die drei Äste der Retrocalcarina, g. cl. Gyrus cuneolingualis posterior.
Für gewöhnlich bleibt beim Europäerhirn die Ausbreitung um den lingualen Ast b auf der Medianfläche und ist von der Ausbreitung, um den unteren hinteren Ast c, durch einen meist eine tiefe Bucht in die Area striata bedingende weit einspringende Furche getrennt. Es besteht also meist bloß die Ausbuchtung an der oberen und unteren Mantelkante, und die Area striata tritt für gewöhnlich nur ganz wenig auf die laterale Konvexität und bleibt sogar in vielen Fällen ganz auf die Medianfläche beschränkt. Nun soll bei einigen aussereuropäischen Rassen (Javaner, Herero, Fellachen), ähnlich wie bei den anthropoiden Affen, eine sehr bedeutende Ausbreitung der Sehrinde auch auf die Lateralfläche des Hirns vorkommen; E. SMITH und BRODMANN haben dies behauptet, und es soll gleichzeitig zu einer mehr oder minder starken Entwicklung eines Operculum occipitale (laterale) bei diesen Rassen kommen; BRODMANN sah dies als ein Zeichen einer primitiven (! ) Rasse an. FLASHMAN spricht sich ähnlich über das Australierhirn aus; HAGASHI und NAKAMURE fanden dieses Merkmal der „Inferiorität" u. a. auch bei Japanerhirnen. Ausgesprochene occipitale operculare Bildungen mit typischem Sulcus simialis (lunatus) sollen nach BRODMANN bei Europäerhirnen Seltenheiten sein, unter Hunderten nur einmal vorkommen. LANDAU, der diese Frage nachuntersucht hat, fand anscheinend occipitale operculare Bildungen auch bei Europäerhirnen viel häufiger, als BRODMANN angibt, was ja schon nach den früheren Feststellungen RETZIUS' zu erwarten war; er lehnt es also ab, dieses Zeichen als Merkmal einer Rasseninferiorität anzusehen, da er es eben auch bei scheinbar vollwertigen Europäerhirnen, dann auch bei Esthenhirnen u. a. gefunden hat. ANTONI gibt genauere Zahlen an; nach ihm kommt auch bei den Schweden in 40% der Fälle und sogar in 67% der Hemisphären ein Operculum occipitale laterale vor, also sogar häufiger als bei den Fellachen, Javanern usw., daher spricht er der „Affenspalte" den Charakter eines Rassenmerkmals ab. Diese Logik ist nicht zwingend, denn die Fellachen sind von den Javanern rassenmäßig mindestens ebenso entfernt als die Schweden, und es könnten sehr wohl z. B. Schweden und Hereros ein Merkmal gemeinsam haben, das einer anderen Rasse wieder fehlt. Über den Wert derartiger Überlegungen haben wir schon Kapitel 5, S. 231, ausführlich gesprochen und wir verweisen hier noch speziell auf alles dort Gesagte. Nach ANTONI ist das Operculum occipitale bei Geistesgesunden doppelt so häufig als bei Geisteskranken, also sei es auch nicht als ein Stigma degenerationis aufzufassen. Wie dem auch sei, so viel scheint aus diesen Untersuchungen doch schon hervorzugehen, daß hier nicht unbedeutende individuelle Schwankungen in der Ausbreitung der „Sehrinde" vorkommen, die zum Teil möglicherweise auch auf Rasseneigentümlichkeiten beruhen und mit der grobanatomischen Bildung eines Operculum occipitale parallel gehen; eine solche Änderung der Windungsbildung gleichzeitig mit der Ausdehnung einer Area ist ein Umstand, der sonst in der Cytoarchitektonik sich sehr selten nachwiesen läßt. Die Leichtigkeit, mit der man sich ohne jede Vorbehandlung, Färbung, Serienschneidung usw. am frischen oder kurz mit Formol vorbehandelten Hirn durch einen bloßen Einschnitt und Umschau nach dem weißglänzenden Gennarischen Streifen über die Ausdehnung der Area striata genauestens orientieren kann, prädestiniert diese Gegend geradezu für eingehende Studien über die verschiedenen Variationen, die eine Area betreffs ihrer Ausdehnung bieten kann, und für die Nachforschung nach der Bedeutung solcher Variationen für das individuelle Leben einerseits (z. B. Entwicklung des Farben- und Formensinnes), andererseits aber ist sie auch dadurch für anthropologische und Rassenforschungen ein äußerst geeignetes Objekt, falls sich wirklich solche Unterschiede bewahrheiten sollten. Ob die eine oder die andere Variante ein „Stigma inferioritatis einer Rasse" bedeutet, ist eine Wertung, die hier, wo es sich um rein anatomische Tatsachen handelt, als subjektives Moment am besten ganz beiseite zu lassen ist.
644 Lobus occipitalis.
Abb. 147. Projektion in normaler Größe auf Millimeterpapier der Oberflächenausbreitung der Area striata an den Wänden und Lippen der Calcarina. Die Horizontale -1 cm bis 8 cm gibt die frontocaudale Längenausdehnung, und zwar von 0 bis 8 cm im Talgrund der Calcarina, von 0 bis -1 cm an der Oberfläche des Occipitalpols; die dorsale Partie entspricht dem cunealen, die ventrale dem lingualen Teil der Area. Sie weist eine Schmetterlingsfigur auf, deren mittlere Einschnürung dem Gyrus cuneolingualis posterior entspricht. Das spitz zulaufende rechtsseitige Ende (von 5-8 cm) ist das in den Truncus calc. et parieto-occipit. fallende frontale Schlußgebiet. Die Gesamtoberfläche der hier projizierten Area striata einer linken Hemisphäre beträgt ungefähr 24.25 cm2.
Der an der Oberfläche sichtbare Teil der Area striata OC bildet nur einen ganz geringen Teil der Ausdehnung derselben, da die Fissura calcarina sehr tief in das Hirn einschneidet und ihre Wände von dieser Formation beinahe ganz überzogen sind. Schneidet man den Occipitalpol in Scheiben, so sieht man am Gennarischen Streifen, daß die Ausdehnung derselben kein ganz gleichmäßiger ist (Abb. 143), sondern daß sie am Pol (Scheibe Nr. 1) gering ist, dann rasch zunimmt bis zur Scheibe Nr. 4, dann wieder abnimmt, Scheibe Nr. 5, um dann wieder etwas zuzunehmen und nachher nach vorn progredient abzunehmen. Überträgt man die Ausbreitung der Area striata auf eine Fläche, so erhält man eine Schmetterlingsfigur wie Abb. 147, in der die horizontale Linie die Länge der Calcarina bedeutet von ihrem Occipitalende 0 bis zu ihrem vorderen Ende im Truncus, 8. Die Ausdehnung der Area striata frontal nach dieser Richtung beträgt also 8 cm; caudalwärts reicht sie ungefähr um 1 cm vom Ende (-1 cm) der Calcarina auf die polare Konvexität. Nach oben ist dann die Ausdehnung an der cunealen Wand der Calcarina und an der Cuneallippe, nach unten die Ausdehnung an der lingualen Wand und Lippe in richtigem Maßstabe auf Millimeterpapier eingetragen. Die Einschnürung, welche die Schmetterlingsfigur bedingt, zwischen cm +1.5 und 3.5 entspricht der hinteren cuneolingualen Übergangswindung; die größte Ausbreitung hat die Area striata unmittelbar dahinter, die zweitgrößte unmittelbar davor; nach vorn (rechts) zu findet dann rapid die spitz zulaufende Verschmälerung frontalwärts im Truncus statt; nach links hinten die abgerundete operculare Grenze am Occipitalpol. Wir sehen auch an dieser Figur, daß die obere cuneale und die untere linguale Hälfte nicht ganz symmetrisch sind; die untere Hälfte ist im allgemeinen größer; doch reicht zum Beispiel die Area-striata-Formation an der oberen Mantelkante hinten höher hinauf als an der unteren.
Area striata. 645
Im ganzen ist die Ausdehnungsfläche der Area striata an einer Hemisphäre zwischen 20-25 cm2 groß, und die cuneale Partie verhält sich zur lingualen wie ungefähr 12:13. Wir haben die Messungen mittels Millimeterpapier vorgenommen, womit die Oberfläche der Area striata an dünnen Scheiben bedeckt wurde. Bedenkt man, daß die Oberflächenausdehnung einer Hemisphäre (s. 2. Kapitel, S. 42) ca. 1100 cm2 beträgt, so kann man sagen, daß die Area striata beim Menschen 1/40 oder 1/50 der Gesamtoberfläche ausmacht, also ca. 2-2.5%; dies ist ungefähr doppelt so viel als die motorische Zone der Area praecentralis gigantopyramidalis FAγ. Beim Affen macht die Area striata nach BRODMANN 10%, bei Lemuren sogar 15% der Gesamtoberfläche aus.
In dieser ganzen Ausbreitung zeigt die Sehrinde cytoanatomisch beim Menschen ziemlich den gleichen Bau; wenigstens ist es uns bisher nicht gelungen, regionäre Differenzen aufzudecken 1). Individuell dagegen ist der Unterschied nicht nur in der Ausbreitung, sondern auch in der Deutlichkeit der Differenzierung der einzelnen Schichten und der Form der einzelnen Zellen ein ziemlich großer. (Man vgl. z. B. Tafel LXXXV und Tafel LXXXVI.) So haben wir z. B. selten eine solche deutliche Ausprägung der einzelnen Schichten, aber auch eine so prägnante Formung der einzelnen Zellen wie in dem auf Tafel LXXXVI abgebildeten Hirn gesehen; man beachte z. B. wie groß und wohlgeformt hier die Meynertschen Solitärzellen der V. Schicht sind.
[footnote p 645 1) VOGTs Schule unterscheidet jedoch auch in der Area striata bei Tieren verschiedene Gebiete, so z. B. KLEMPIN im Feld 17 (Area striata) des Hundes eine beinahe normal großzellige 17a an der Mantelkante des Occipitalpols, dann eine etwas kleinzelligere 17b dorsal an der Medianfläche und eine ganz kleinzellige 17c ventral an der Medianfläche. Nur letztere entspricht anscheinend vollkommen unserem Koniocortex OC.]
Betreffs des Verhaltens der Sehrinde bei Erblindeten und Anophthalmen siehe den folgenden §7, S. 657.
Wir haben schon wiederholt im Laufe unserer Untersuchungen hervorgehoben, daß, seitdem vor ca. 150 Jahren GENNARI und nach ihm VICQ D'AZYR in der Occipitalrinde den nach ihnen benannten lichten Markstreifen entdeckt haben, die Idee, daß dieser Rindenteil etwas Besonderes vorstelle, eigentlich die Anatomen nicht mehr verlassen hat. Dadurch hat die Rinde des Occipitalhirns eigentlich den Anlaß zu den Studien über die Architektonik des Rindenbaues gegeben. Von GENNARI und VICQ D'AZYR über BAILLARGER geht der Gedanke auf MEYNERT, KRAUSE und BETZ über. Hat nun letzterer zwar zuerst eine für seine Zeit recht gute Beschreibung der ganzen Hirnrinde gegeben, so gebührt doch unzweifelhaft MEYNERT als erstem das Verdienst, schon vorher eine Einteilung der Rinde in Schichten durchgeführt zu haben, die im großen ganzen heute noch Geltung hat und speziell durch das Studium der Calcarinarinde, den übrigen nach MEYNERT fünfschichtigen (gewöhnlichen) Rindenformationen, die körnerreiche achtschichtige Rinde der Calcarina als sensible Rinde entgegengestellt zu haben, (l. Kapitel, S. 9.)
646 Lobus occipitalis.
MEYNERT hat die Rinde der Calcarina in 8 Schichten eingeteilt, zum Unterschied der sonst nach ihm fünfschichtigen Rinde; er nahm an, daß die innere Körnerschicht (unsere IV.) sich durch Einschiebung zweier kahler zellarmer Zonen, der äußeren und inneren Zwischenschicht (entsprechend unserer IVb [GENNARI] und unserer V.) in drei Körnerschichten spalte. Diese Vermehrung der Körnerschichten hatte vor MEYNERT der Anatom CLARKE auch schon gesehen. Auf Seite 627 haben wir früher schon ausführlich MEYNERTs Einteilung besprochen, welche im großen ganzen bis heute die Grundlage für jede weitere Einteilung der Area striata geblieben ist, und wir verweisen daher hier bloß kurz auf alles dort schon Gesagte und auf das Verhältnis der Meynertschen Einteilung zu der der anderen Autoren bis BRODMANN und zu unserer mit den wenigen Detailzusätzen, die wir hinzugefügt haben. Man betrachte speziell die Tabelle Abb. 148, welche schematisch das Verhältnis der Schichteneinteilung der einzelnen Autoren zueinander und zum anatomischen Bilde wiedergeben soll. Die späteren Forscher haben zum Teil die klare und korrekte Einteilung MEYNERTs weniger gut wiedergegeben. BETZ findet z. B. den achtschichtigen Typus bloß auf dem Gyrus lingualis; er beschreibt die ersten 5 Schichten so wie MEYNERT; die Meynertsche 6. Schicht aber (die unserer V Schicht entspricht und die wir in eine kleinzelligere Va und die riesenzellenführende Vb eingeteilt haben) teilt er auch derartig in die 6. Schicht, die er der Aufhellung und Markfasern wegen als zweite Längsfaserschicht bezeichnet, und die 7. Schicht, die er Schicht der solitären Riesenpyramidenzellen nennt (unsere Vb); er faßt aber letztere etwas tiefer als wir. Dafür faßt er MEYNERTs 7. Schicht (innerste Körnerschicht) und 8. (Spindelzellen-)Schicht (unserer VIa und VIb entsprechend) in eine einzige (8.) Spindelzellenschicht zusammen. MEYNERTs Einteilung ist jedenfalls übersichtlicher und morphologisch genauer. Auch betreffs der Ausdehnung dieser achtschichtigen Formation sind BETZ' Angaben nicht sehr genau. BETZ meint, daß dem Hinterhauptspol zu die Riesenzellen immer mehr schwinden und daß sich im Gyrus descendens alle diese Schichten gleichsam durcheinander mischen und eine gleichförmige Masse von Körnerzellen und einen kleinen Streifen spindelförmiger Zellen bilden. Ob wir in dieser Beschreibung die Übergangsstelle in OBγ zu erkennen haben, ist zweifelhaft. Eine Abnahme der Meynertschen solitären Riesenpyramiden in der V. Schicht am Occipitalpol kann man als regionäre Variante nicht bestätigen; individuell ist allerdings die Größe und Ausgeprägtheit der Meynertschen Solitärzellen, soweit man urteilen kann, überhaupt recht verschieden und nicht nur an dieser Stelle. Jedenfalls hat aber schon BETZ gewußt, daß die Area striata auch den Occipitalpol und den Gyrus descendens überkleidet und hier ihr Ende findet; auch daß ein Teil des Cuneus von ihr überzogen ist, wußte er; seine Angabe jedoch, daß auch der Lobus fusiformis diese Bildung aufweise, dürfte durch eine irrige Auffassung der Verhältnisse an der Hirnbasis hervorgerufen worden sein, zumal die übrigen zwei occipitalen Formationen wirklich auf den Lob. fusiformis reichen.
Bedeutet schon die Darstellung von BETZ einen Rückschritt im Vergleich zu den klaren Auseinandersetzungen von MEYNERT, so muß dies noch in viel größerem Maße von der Beschreibung HAMMARBERGs gesagt werden, der offenbar beim Studium des Occipitalhirns Präparate mit einer ganz unglücklichen Schnittführung vor sich gehabt haben muß. Betreffs der Umgrenzung dieses Gebietes und seiner Beziehungen zum übrigen Occipitallappen hat er keine ganz klare Vorstellung; wir verweisen diesbezüglich auf das S. 636 Gesagte. Die Kleinzelligkeit der Formation hebt er zwar hervor, aber das auffallendste und von MEYNERT so meisterhaft hervorgehobene Zeichen der granulösen Bildung, des massenhaften Körnerreichtums und Schichtenreichtums scheint HAMMARBERG nicht bemerkt zu haben. Nur mit Mühe kann man die von ihm angeführten 6 Schichten mit den Meynertschen Schichten und Teilen von ihnen in Einklang bringen. HAMMARBERG nimmt an, daß die III. Schicht, die von der II. nicht zu trennen ist, bis hinunter in das Gebiet der großen Sternzellen reicht und sieht erst die IVc-Schicht als IV. Schicht an. Diese Einteilung stimmt zwar mit unserer Annahme überein, daß IVa und IVb sich aus einer Modifikation der unteren Teile der III. Schicht entwickelt haben dürften (s. S. 628). Jedoch ist diese Übereinstimmung mehr eine zufällige, denn HAMMARBERG übersieht überhaupt diese obere Körnerschicht und die lichte Zwischenschicht des Gennarischen Streifens ganz; er erwähnt bloß, daß sich in die tiefsten Teile der III. Schicht eine Zwischenschicht einschiebe, die in ihrer oberen Hälfte aus kleinen Pyramidenzellen, von 6/9 µ, bestehe (sollte diese der äußeren Körnerlage IVa entsprechen?), in ihrer unteren Hälfte aus großen Pyramidenzellen 25/40 µ (vielleicht entspricht diese der IVb, Gennarischer Streifen, mit den großen Sternzellen ?). Als IV. Schicht bezeichnet er die IVc samt der oberen Lage der V. Schicht (Va), während er die Vb mit den großen Pyramidenzellen (30/22 µ) samt VIa zur Ganglienzellenschicht zu zählen scheint und bloß die VIb-Schicht als VI. Schicht der Spindelzellen ansieht. So wenig diese Beschreibung HAMMARBERGs im Vergleiche zu seinen sonstigen vorzüglichen Beschreibungen der Hirnrinde befriedigt und auch im Vergleiche zu der ausgezeichneten Beschreibung MEYNERTs, die doch HAMMARBERG genau gekannt hat so gibt er den Ausbreitungsbezirk der Area wieder ziemlich genau an auf dem Cuneus, dem Occipitalpol und dem Gyrus occipital. inf. int. (= G. ling. sup.). Den Übergang zu den umgebenden Rindenbildungen bezeichnet er aber als allmählichen, was ebenfalls, wie wir gesehen haben, nicht stimmt.
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Abb. 148. Vergleichstabelle der Schichteneinteilung verschiedener Autoren der Area striata. Als Grundlage dazu dient eine genaue halbschematische Darstellung der Calcarinarinde bei 50facher Vergrößerung, der Tafel LXXXVI entnommen. Die Einteilung in die sechs Grundschichten ist jeweils mit starken Strichen, die in Unterschichten mit dünnen Strichen durchgeführt, welche quer durch die ganze Tabelle gezogen zu denken sind, so daß die Homologisation der Unterteilungen der einzelnen Autoren ohne weiteres bildlich verständlich ist.
648 Lobus occipitalis.
Chronologisch vorgegangen, sollten nun die Untersuchungen CAJALs besprochen werden, da dieselben jedoch eigener Art sind und nicht mit den Protoplasmafarbstoffen durchgeführt, wollen wir sie später an eigener Stelle mit Rücksicht auf ihre große Bedeutung ausführlich anführen.
Erst BOLTON (The exact histol. Localisation of the vis. ar. in h. br. - Phil. Trans. 1900) hat wieder seit MEYNERT die erste sehr gute Beschreibung der Area striata gegeben, ihrer haarscharfen Übergangsstelle gegen die Umgebung, und sogar sehr gute mikrophotographische Reproduktionen der Übergangsgegend OBγ publiziert. Seine Ergebnisse betreffs des Verhaltens der Area bei Blinden werden wir in §7 erwähnen. Er unterscheidet in der Area striata folgende Schichten: 1. die äußere Nervenfaserschicht (unsere I. Molekularschicht); 2. Schicht der kleinen Pyramidenzellen (unsere II. und III. Schicht); 3. seine dritte Schicht zerfällt in drei Unterschichten: 3a, die äußere Körnerschicht, die auch Pyramidenzellen führt (unsere IVa); 3b, die mittlere Nervenfaserschicht mit dem Gennarischen Streifen und MEYNERTs Solitärzellen (unsere IVb); 3c, die innere Körnerschicht (IVc); 4. die innere Nervenfaserschicht mit den Meynertschen Solitärzellen (unsere V.); 5. die Schicht polymorpher Zellen (entsprechend unserer VIa + VIb). BOLTON war wohl der erste, der auf Hirnabbildungen seiner Fälle sehr genau an Medianfläche, Hirnpol, Basis und Konvexität auch die Ausbreitung der Area striata kartenmäßig einzeichnete und auch Querschnittsserienfolgen ihrer Ausbreitung gab. Seine Arbeitsmethode ist als klassisch zu bezeichnen und dürfte für eine Reihe späterer Forscher den bewußten oder unbewußten Anstoß zu vielen technischen Details der Hirnforschung gegeben haben. Seine Umgrenzung stimmt mit der von uns gegebenen überein. Er unterscheidet die Area calcarinae oder visuosensory Cortex von der umgebenden Rinde des Occipitallappens visuopsychic Cortex, welche wieder die gewöhnlichen 5 Schichten enthält.
CAMPBELL hat 5 Jahre später in seinen Hirnrindenstudien eine sehr gute Beschreibung und gezeichnete Abbildung der Calcarina gegeben. In der Schichtenanführung hält er sich zum Teil an MEYNERT, zum größeren Teil jedoch an CAJAL und unterscheidet mit ihm 9 Schichten (s. Schema Abb. 148) am Zellpräparat. Die 1. ist schmäler als sonst und enthält spezielle Horizontalzellen (I). Die 2. besteht aus kleinsten Pyramidenzellen, die dicht und zahlreich stehen (II). Die 3. besteht aus dicht und zahlreich stehenden mittleren Pyramidenzellen (III); in der Tiefe dieser Schicht sind Körnerzellen (IVa); große Pyramidenzellen sind nur sehr spärlich. Die 4. Schicht ist licht, sie wird vom oberen Teil des Gennarischen Streifens eingenommen; sie enthält Körnerzellen, aber außerdem große (25 µ) Sternzellen, die vereinzelt liegen, 3-4 dicke Fortsätze haben (IVb). Die 5. Schicht besteht aus dichten kleinen Körnerzellen (IVc). Die 6. Schicht ist die Schicht kleiner Pyramidenzellen (Va); sie ist licht, enthält spärliche Zellen; in der Tiefe ist die 7. Schicht die Schicht der Meynertschen Riesenzellen (Vb), welche neben kleinen Pyramidenzellen noch solche von 80/25 µ Größe vereinzelt enthält. Die 8. Schicht ist die der mittelgroßen Pyramidenzellen (entspricht unserer VIa), sie ist am besten an der Kuppe der Calcarina zu sehen und ist durch Radiärbündel zu Säulchen geordnet. Die 9. Schicht endlich ist die der Spindel- und dreieckigen Zellen (unsere VIb-Schicht). In der Wand sind die Zellen hier zu Paketen geordnet (? wohl in OB). Auch CAMPBELL bezeichnet dieses Gebiet als visuosensory Area und gibt ihre Ausdehnung genau so wie BOLTON an (s. Hirnschema Abb. 1 und 2).
Area striata. 649
Der Untersuchungen ELLIOT SMITHs wollen wir erst bei Besprechung der Myeloarchitektonik Erwähnung tun.
Schon vor CAMPBELL hat BRODMANN die Area striata genau durchstudiert (Journ. f. Psychol. u. Neurologie Bd. 2). Unter Zugrundelegung des Meynertschen Gedankens einer Spaltung der Körnerschicht in mehrere Lagen hat er sich sehr große Verdienste um unsere Kenntnis dieser Gegend erworben; in seinem Schema Abb. 6 und 7 ist die Area striata als Feld 17 bezeichnet. In seinem Werk (Vergleichende Lokalisationslehre) sind vielfach sehr gute Abbildungen der Gegend auch bei den verschiedensten Tieren wiedergegeben. Wir haben uns bei unserer Einteilung der Schichten der Sehrinde aus praktischen Gründen an die Brodmannschen Ausführungen großenteils gehalten und seine Ansichten schon vorher genau angeführt und können uns daher hier der Wiederholung alles dessen enthalten.
Nach BRODMANNs Untersuchungen (und den Campbellschen) ist die Cytoarchitektonik dieser Gegend bei Affen und Halbaffen eine ganz gleiche wie beim Menschen. Wertvoll ist auch BRODMANNs Angabe, daß bei manchen Affenarten die IVb-Schicht durch eine dichtere Ansammlung der großen Sternzellen in der Mitte der Schicht eine Dreiteilung in IVbα, IVbβ und IVbγ erfährt. Wir sehen also auch hier wieder das Prinzip, von dem wir (auf S. 636) sprachen, sich in horizontale Lagen weiter zu spalten.
Auch VOGT hat die Möglichkeit einer weiteren Unterteilung einzelner Schichten beim Menschen für angezeigt gehalten (Journ. f. Psychol. u. Neurol. 1919, Bd. 25, Ergänzungsheft 1.). Er sagt: Auf eine hier sehr schmale I folgt eine ebenfalls schmale und aus recht großen Pyramidenzellen zusammengesetzte II. Auf diese folgt eine schmale, zelldichte, einheitliche, kleine Pyramidenzellen enthaltende III. Die IV. zeigt hier eine Vierteilung. IVa ist Körnerschicht geblieben. In IVbα haben sich vor allem die großen Sternzellen RAMON y CAJALs entwickelt. IVbβ zeigt diese in geringer Zahl, dafür aber zahlreichere Körner. (Man sieht, VOGTs IVbα entspricht unserem IVbα + IVbβ und VOGTs IVbβ entspricht unserem IVbγ.) IVc hat sich als körnerreichste Unterschicht der IV erhalten. Die schmale V zerfällt in eine sehr dünne, durch zahlreiche Körner von Vb deutlich abgehobene Va. In Vb befinden sich neben ziemlich vielen kleinen Pyramidenzellen einzelne große (Solitärzellen MEYNERTs). Dann folgt eine sehr zellreiche, ausgesprochene Zellsäulen bildende VIa und auf diese eine relativ breitere, wesentlich zellärmere VIb.
Eine sehr gute und im großen ganzen mit BRODMANNs Angabe übereinstimmende Beschreibung und klare Abbildung der Area striata finden wir auch in Prof. SAITOs aus dem Wiener Neurolog. Institut unter Prof. MARBURGs und Dr. POLLACKs Leitung herausgegebener schöner Arbeit „Die Hirnkarte des Paralytikers". MOTT, MONAKOW, MINKOWSKY haben auch noch ähnliche Beschreibungen der Area striata gegeben.
Aus dieser Zusammenstellung (Abb. 148) ersehen wir, daß einzelne der Unterschichten und Lagen, die wir bei Besprechung der Schichten der Area striata in §4 erwähnt haben, wohl auch von anderen Forschern gesehen wurden und bald zu dieser, bald zu jener Schicht dazugerechnet worden sind.
Wir wollen nun RAMON Y CAJALs grundlegende Untersuchungen über die Sehrinde mittels der Silberimprägnationsmethode besprechen. CAJAL hat schon diese Studien 1899 publiziert. Er unterscheidet 9 Schichten an der menschlichen Sehrinde (in der Calcarina).
Man kann an CAJALs guten Bildern sofort die Homologisierung mit unseren Schichten durchführen, und zwar unterscheidet er (auf Abb. 148):
1. Die äußere plexiforme Schichte (unsere I); 2. die Schicht der kleinen Pyramidenzellen (sie reicht etwas tiefer als unsere II); 3. die Schicht der mittelgroßen Pyramidenzellen (sie enthält die unteren zwei Drittel unserer III Schicht sowie die äußere Körnerlage IVa); 4. die Schicht der großen Sternzellen (unsere IVb); 5. die Schicht der kleinen Sternzellen oder Körnerzellen (unsere IVc); 6. die innere plexiforme Schicht oder die der kleinen Pyramidenzellen mit aufsteigendem Achsenzylinder (unsere Va); 7. die Schicht der Meynertschen solitären Riesenzellen (unsere Vb); 8. die Schicht der großen Pyramidenzellen mit aufsteigendem Achsenzylinder (unsere VIa) und schließlich 9. die Schicht der Spindelzellen (unsere VIb). CAJALs Einteilung und Nomenklatur nimmt, wie man sieht, hauptsächlich Rücksicht auf die Form der Zellelemente. In einer späteren Arbeit möchte CAJAL durch Zusammenziehung seiner 6. und 7. Schicht zu einer einzigen die Zahl der Schichten auf 8 herabsetzen, jedoch erwähnt er selbst, daß man, wenn man sich auf Einzelheiten einläßt, man noch viel mehr Schichten als 9 unterscheiden könnte. Bei der Beschreibung der einzelnen Schichtenelemente mittels der Silberimprägnation erwähnt er:
650 Lobus occipitalis.
1. Plexiforme Schicht (unsere I.): Diese Schicht ist zarter als in anderen Hirnregionen, dies erklärt sich daraus, daß sie für gewöhnlich zum großen Teil aus den Dendritenverzweigungen der cephalen Fortsätze der großen Pyramiden besteht und es hier in der Area striata überhaupt nur wenige größere Pyramidenzellen gibt. An Zellen kommen hier in I vor die schon bekannten Cajalschen Spezialzellen (s. 2. Kap., S. 59), deren horizontal verlaufende Neurone girlandenartig verteilte Kollateralen abgeben; die Neurone ziehen sehr weit bis zu benachbarten Windungen (Abb. 40). Auch Neurone mit kurzen Achsenzylindern kommen daneben vor. Ferner findet man die Schaftbündel der Pyramidenzellen, ferner Martinottische Fasern und aufsteigende Fasern aus der weißen Substanz.
2. Schicht der kleinen Pyramidenzellen (unsere II Schicht). An der oberen Grenze mehr dreieckig und sternförmig, in der Tiefe richtig pyramidenförmig, schicken sie alle ihre oberen Dendriten in die I. Schicht, den Achsenzylinder nach abwärts (ins Mark?), wobei er Kollateralen in die 2. Schicht selbst abgibt.
3. Schicht der mittleren Pyramidenzellen (unsere III Schicht und IVa-Schicht). Die Pyramidenzellen senden ihren cephalen Schaft in die I. Schicht, ihren Achsenzylinder ins Windungsmark. Letzterer gibt Kollateralen in die 3. Schicht und 4. Schicht ab, zieht aber durch die unteren Schichten, ohne Kollateralen abzugeben. Die Pyramidenzellen sind also unabhängig von den Sternzellen der 5. oder 6. Schicht. - Außer Pyramidenzellen zeigt das Markbild auch kleine Spindel- und sternförmige Zellen. Im Golgibilde sind das meist kleinste Zellen mit kurzem Achsenzylinder, der sich in unmittelbarer Nähe auflöst, oder auch sog. doppeltgebüschelte Zellen, die sich strauchartig nach oben und unten verzweigen und hier in der Sehrinde äußerst lange pinselartige zarte Büschel bilden (Abb. 39). Ganz wenige von den kleinen Zellen senden ihren Achsenzylinder weiter. Diese Zellen dürften es wohl sein, welche zum Hauptteil unsere Schicht IVa bevölkern (s. S. 137/138).
4. Schicht der großen Sternzellen (unsere IVb-Schicht). Diese Schicht ist sehr reich an intercellulärem Netzwerk. An Zellelementen kommen darin vor: a) Riesensternzellen, d.s. kräftige vielgeteilte Zellen mit horizontal verlaufenden Dendriten, einem dicken Achsenzylinder, der aus der Unterfläche der Zellen entspringt und ins Windungsmark zieht; er gibt Kollateralen in die 5. Schicht ab, wo dieselben einen Plexus bilden. Diese Sternzellen sind das charakteristische, spezifische Zellelement der Sehrinde (Abb. 41); b) kleine Sternzellen, deren Dendriten und Achsenzylinder sich noch innerhalb der 4. Schicht auflösen. Außerdem kommen kleine Zellen vor, deren Achsenzylinder in die 3. und 5. Schicht geht.
Der Gennarische Streifen befindet sich zum Teil in dieser Schicht, zum Teil in der folgenden nach CAJAL. Nach Besprechung der Zellen wollen wir ihn noch speziell berücksichtigen.
5. Schicht der kleinen Sternzellen (unsere IVc-Schicht). Sie entspricht der eigentlichen inneren Körnerschicht und besteht aus: a) kleinen Sternzellen, mit rundem Leib und langem absteigenden Achsenzylinder, welche bei weitem die Mehrzahl der Zellen dieser Schicht ausmachen (Abb. 41). Die Zellen haben strahlenförmig divergierende Dendriten in 3-5facher Zahl, die sich noch in der 5. Schicht weiter verzweigen. Der feine Achsenzylinder zieht nach abwärts, gibt viele Kollateralen ab in der 5. Schicht, er selbst löst sich in der 5. Schicht auf, manchmal scheint auch ein Achsenzylinder bis ins Windungsmark zu ziehen. b) Einzelne stark gebüschelte strahlige kleine Zellen, c) Kleine Sternzellen, deren Achsenzylinder in die 4. Schicht aufsteigt (Abb. 149). d) Vereinzelte Pyramidenzellen (aus der 6. Schicht?).
6. Schicht der kleinen Pyramiden mit aufsteigendem Achsenzylinder (unsere Va-Schicht) (Abb. 149). Unter der 5. Schicht bildet diese einen Streifen von netzförmigem Aussehen, der von der 7. Schicht schwer zu trennen ist, aber andere Zellformen aufweist. Sie enthält vor allem kleine Pyramidenzellen (und auch einzelne kleine Sternzellen), welche in ordentlichen Reihen stehen. Ihr Schaft geht bis in die Molekularschicht; ihr Achsenzylinder entspringt von der Zellbasis und zieht im Bogen nach aufwärts durch die 5. und die 4. Schicht in die oberen Schichten der Formation (3. ? die der mittleren Pyramiden ?). Nach CAJALs neueren Untersuchungen an Katzen scheint sich der Achsenzylinder auch in den der menschlichen 5. und 4. Schicht entsprechenden Lagen aufzulösen. Vereinzelte Pyramidenzellen senden ihren Achsenzylinder ins Windungsmark.
7. Schicht der Riesenpyramiden (Vb). Sie ist charakterisiert durch die erwähnten Riesenzellen (MEYNERTs Solitärzellen), große, etwas modifizierte Pyramidenzellen, die in einem Plexus liegen, der durch die eigenen langen großen Basilardendriten gebildet ist. Ihr Radiärschaft reicht bis in die Molekularschicht, ihr Achsenzylinder zieht ins Windungsmark, wo er dicke Markfasern bildet. Außerdem kommen in dieser Schicht noch die gleichen kleinen Pyramidenzellen und Sternzellen mit bogenförmig aufsteigendem Achsenzylinder, wie in der 6. Schicht, vor; daneben noch kleine Sternzellen mit kurzem horizontalen Achsenzylinder, die perizelluläre Nester (um die Riesenzellen?) bilden.
Area striata. 651
8. Schicht der mittelgroßen Pyramidenzellen mit bogenförmigem Achsenzylinder (unsere VIa). Die Zellen sind oft zu vertikalen Plejaden angeordnet. Es sind meistens Pyramidenzellen; Spindelzellen sind hier selten. Der Radiärschaft der Pyramidenzellen gelangt in die I. Schicht, der aus der Zellbasis entspringende Achsenzylinder, zieht zuerst abwärts, wendet sich dann in schönem Bogen aufwärts und splittert sich in der 4. Schicht der großen Sternzellen (IVb) in horizontale Aste auf. Manchmal schickt der aufsteigende Achsenzylinder eine Kollaterale in die Marksubstanz, die wahrscheinlich zu einer Markfaser wird. Außer diesen Zellen kommen noch große und kleine Sternzellen vor, sog. Spinnenzellen.
9. Schicht der Spindel- und Triangelzellen (unsere VIb) (Abb. 37). Diese Schicht ist nicht zellreich. Die meisten Zellen sind Spindel- oder länglich eiförmig; der cephale stark gewundene Schaft läßt sich selten über die 6. Schicht hinaus verfolgen, doch glaubt CAJAL, daß er doch bis in die 1. Schicht reicht. Der Achsenzylinder geht direkt ins Mark. - Die Triangelzellen schicken einen radiären Schaft in die oberen Schichten und einen Schaft ins Windungsmark nach unten; wohin der Achsenzylinder zieht, erwähnt CAJAL nicht.
Abb. 149. Zellen aus den mittleren und unteren Schichten der Sehrinde (Area striata) nach CAJAL. A Kleine Sternzellen mit aufsteigendem Achsenzylinder aus CAJALs 5. Schicht (unser IVc). B Kleine Pyramidenzelle mit aufsteigendem Achsenzylinder aus CAJALs 6. Schicht (unsere Va). C Riesenpyramiden (MEYNERTs Solitärzellen) aus CAJALs 7. Schicht (unsere Vb). D Mittelgroße Pyramidenzelle mit bogenförmigem Achsenzylinder aus CAJALs 8. Schicht (unsere VIa). E Größere Sternzelle mit aufsteigendem Achsenzylinder. (Betreffs großer Sternzellen der Calcarina s. Abb. 41, S. 64.)
Bezüglich des Gennarischen Streifens sagt CAJAL, derselbe stelle den Plexus opticus dar. Er ist der dichteste Plexus der ganzen Hirnrinde; er befindet sich in der 4. und 5. Schicht (unsere IVb und IVc). In der 4. Schicht, der Schicht der großen Sternzellen, ist das Flechtwerk locker und besteht aus dickeren Einzelfäden; in der 5. Schicht (IVc) ist das Flechtwerk dichter und besteht aus feinsten Fibrillen. Die das Geflecht speisenden Fasern stammen 1. vor allem aus der Sehstrahlung (CAJAL nennt sie abgekürzt Opticusfasern), 2. aus den aufsteigenden bogenförmigen Achsenzylindern der 6. und 8. Schicht (unsere Va und VIa), 3. aus Achsenzylindern der Pyramiden der III. Schicht, 4. aus Kollateralen der Achsenzylinder der großen (und kleinen) Sternzellen der 4. Schicht selbst. - Die Fasern aus der Sehstrahlung sind auffallend dick und verlaufen schräg durch die Rinde und bilden spitzwinklige Dichotomien; in die Schicht der Sternzellen biegen sie horizontal um und spalten sich hier wiederholt. Man muß also, meint CAJAL, die Schicht der Sternzellen als den Hauptort der grauen Substanz bezeichnen, in welchem sich die optischen Bilder projizieren und in dem die optische Empfindung vor sich geht.
CAJALs Untersuchungen sind an menschlichem Material gemacht und sind also von allerhöchstem Werte zur Vervollständigung der cytoarchitektonischen Forschung, die erst durch sie eigentlich ihre richtige Bedeutung bekommt.
Markbild. Wir kommen nun zur Besprechung der Resultate der myeloarchitektonischen Forschung. Das mit freiem Auge schon am Nativpräparat sichtbare weiße Markband von GENNARI ist, wie wiederholt gesagt, längst bekannt und das beste Erkennungszeichen dieser Area. Am frischen ungefärbten Schnitte erkennt man mit freiem Auge immer außer dem licht glänzenden weißen Streifen von GENNARI, unter ihm noch einen lichten Streifen, der unserer V Schicht entspricht; um so mehr nimmt es wunder, bei ELLIOT SMITH, der die Felderung des Gehirns nach dem Aussehen des frischen Anschnittes durchgeführt hat, diesen tieferen Markstreifen in der Rinde der Area striata nicht angeführt zu finden (Abb. 5, Nr. 22). Es scheinen doch, wie schon wiederholt betont, die Resultate der Myeloarchitektonik in noch viel stärkerem Maße als die der Cytoarchitektonik von der subjektiven Auffassung des Untersuchers abhängig zu sein. ELLIOT SMITH hat die Area striata (s. sein Schema Abb. 3 und 4 und Abb. 5, Nr. 22) sehr deutlich im makroskopischen Markbild abgebildet; man sieht daran so deutlich wie sonst nirgends im ganzen Hirn den weißen, dichten, breiten Gennarischen Streifen, während, wie schon S. 626 besprochen, die benachbarte Area OB keinen Markstreifen enthält (Abb. 5, Nr. 23) und erst OA wieder einen Baillarger aufweist (Abb. 5, Nr. 24). Wir haben betreffs seiner etwas zu schematischen Umgrenzung der Area striata, die er gegen die Area parastriata im Sulcus cunei und im Sulcus lingualis enden läßt, schon S. 639 unsere Einwände erhoben und haben schon S. 641 und auch sonst wiederholt seine Ansichten betreffs der Homologie des Sulcus lunatus mit der Affenspalte usw. besprochen.
652 Lobus occipitalis.
KAES hat in seinem Atlas die Sehsphäre im gefärbten Markscheidenpräparat als mit einem einzigen, sehr dichten Markquerstreifen versehen (Gennarischer Streifen) abgebildet. Es ist der dichteste Markquerstreifen im ganzen Gehirn. Der erste Querstreifen, der im Wachstum der Rinde sein Mark entwickelt, ist der Gennarische Streifen in der Calcarinarinde. Eine Myelinisation beginnt im 8. oder 9. Lebensmonat. Sehr interessant ist KAES' Angabe, daß die Area striata in der lebensphasischen Entwicklung zum Unterschied der meisten vorderen Rindenpartien keine wesentlichen Änderungen der Breite ihrer Schichten und ihrer Gesamtbreite erfährt (s. S. 18).
CAMPBELL beschreibt das Markbild der Area striata wie folgt: Die Tangentialfaserschicht ist vorhanden, jedoch nicht sehr ausgeprägt, sie ist im allgemeinen dünnfaserig mit vereinzelten dicken Fasern, die angeblich die Fortsätze der Meynertschen Solitärzellen darstellen. Die radiären Bündel sind schmal, mittelfeinfaserig und dringen weit in die III. Schicht ein. Das superradiäre Geflecht ist dicht, dünnfaserig, enthält auch dicke Martinottische Fasern. Der Gennarische Streifen bildet einen feinfaserigen Filz, in dessen unterem Teil die untere Körnerschicht (unsere IVc) steckt. Das interradiäre Geflecht reicht nicht bis den Gennarischen Streifen, so daß es von demselben durch eine blasse Zone getrennt ist. Welcher Zellschicht dieselbe entspricht, ist aus CAMPBELLs Angaben nicht sicher zu entnehmen (etwa V+VIa ?). In der Tiefe ist das interradiäre Geflecht sehr dicht und feinfaserig, enthält aber auch sehr dicke Fasern, die in keiner Beziehung zu den Markradii stehen, sondern dieselben nach allen Richtungen überkreuzen; es sollen die "optischen" Fasern sein; sie sind sichtlich die Fortsetzung der Gratioletschen Sehstrahlung und scheinen in der tiefen Körnerschicht (IVc) zu enden.
O. VOGT gibt eine ganz ausgezeichnete Beschreibung und Abbildung der Bemarkung der Area striata OC, die besonders wertvoll ist durch die Nebeneinanderstellung mit dem Markbild der beiden anderen occipitalen Formationen (Abb. 139, S. 622). Die Radii sind ebenso daraus zahlreich und enthalten ebenso dicke Fasern wie in OB, sie sind aber selbst dünner. I ist schmäler als in OB, enthält in ihrer oberen Partie eine große Anzahl Tangentialfasern und unter diesen sehr dicke Einzelfasern in größerer Anzahl als in OB. II ist licht und von I, die auch in ihren unteren Partien noch relativ faserreich ist, besser abgehoben als von III; es ist kein Kaes-Bechterewscher Streifen hier (zum Unterschied von OB) zu sehen. Die Radii reichen in III ziemlich hoch hinauf, sogar, wenn auch spärlich, bis in IIIa; infolge der Schmalheit der III. Schicht macht es in OC den Eindruck als ob die Radii überhaupt abnorm hoch hinaufreichen würden (KAES). In IVa sind schon die Radii komplet und ziemlich viele Horizontalfasern. IVb ist vom Gennarischen dichten Faserfilz genommen (während oberhalb und unterhalb [IVbα und IVbγ] der Filz weniger dicht ist). Der IVc (innere Körnerschicht) entspricht eine faserarme Schicht (CAMPBELL sagt deswegen, der Gennari reiche auch nach IVc!). Mit der Va und Vb deckt sich ein faserreicher, ... sehr faserreicher Streifen (den wir übrigens auch makroskopisch schon am Nativpräparat notiert haben, s. S. 626). Die VIa ist wieder faserärmer an horizontalen Grundfasern, enthält aber zahlreiche, sehr dicke, schief kreuzende Einzelfasern. VIbα entbehrt dieser Einzelfasern, ist aber sehr dunkel durch Zusammentreten der Radii und Vermehrung der Grundfasern und ebenso VIbβ. In seiner eigenartigen Nomenklatur bezeichnet VOGT die Area striata als eu-, medio-, denso- und mixtoradiär, trizonal, eu- und stark tenuifasciär, multo- und sehr crassofibrös; eutangential, internodyscingulär.
Area striata. 653
Wir verweisen hier nochmals auch noch auf die sehr lehrreiche Figur aus BRODMANN von der Übergangsstelle OBγ - OC, Abb. 140, S. 624.
Diese Beschreibung VOGTs ist vollständiger als alle anderen. Betreffs der Lage des Gennarischen Streifens möchten wir hier auf die kleinen Differenzen hinweisen, die, betreffs seiner Ausbreitung auf die Zellschichten, in der Ansicht der verschiedenen Autoren sich ergeben. Während CAJAL (und CAMPBELL) annimmt, daß er sich in beiden Zellschichten IVb und IVc ausbreitet, nimmt VOGT an, daß IVc dem im Markscheidenpräparate lichten Streifen unter dem dunklen Gennarischen Band entspricht. Es scheint hier vielleicht nicht so sehr ein Irrtum des einen oder des anderen Untersuchers vorzuliegen, als vielmehr der Meinungsunterschied in verschiedenen Resultaten zu liegen, die die einzelnen Methoden (Silberimprägnation und Markscheidenfärbung) liefern. Wenn man mittels einer glühenden Nadel oder schwarzer Tusche am frischen Anschnitt des Gehirns den leuchtend weißen Gennarischen Streifen sich anzeichnet und dann erst härtet, schneidet und färbt, so fällt ein Teil des so markierten weißen Streifens am Zellbild, das man dann, von dieser Stelle nach Alkoholhärtung macht, sogar noch innerhalb der IVa-Schicht, wie wir schon S. 631 erwähnt haben. Das Leuchten eines Markstreifens am frischen Hirn, seine schwarze Färbung am Hämatoxylinpräparat, seine Lichtung am Zellpräparat, die Imprägnation seiner Achsenfasern und des Faserfilzes am Silberpräparat sind Bilder, die sich nicht vollkommen lokal decken! Betreffs des Zellbildes haben wir z. B. schon erwähnt, um wieviel auffallender und lichter hier die V. Schicht ist als der Gennarische Streifen, den man am Zellbild oft kaum recht, als nur etwas lichteren Streifen, bemerkt; offenbar imponieren andererseits wieder die Querfasern von IVa im nativen Präparat als oberer Teil des Gennari; während wieder die in der Tiefe von IVc gelegenen Faserendfilze der optischen Fasern, die sich mit Silber besser färben, kein Mark enthalten und am Markscheidenpräparat lichter bleiben. So erklären sich die sehr verschiedenen Angaben wohl am besten.
Jedenfalls sehen wir aus allem Gesagten, daß die Area striata eine mit den verschiedensten Methoden am besten studierte Area des Gehirns ist. Es wäre wünschenswert, daß alle wichtigen Areae eine so gründliche und vielseitige Bearbeitung erführen. Käme nun auch bald die Fibrillo- und Gliaarchitektonik der Area striata zustande, so wäre ihre mit unseren heutigen Mitteln erreichbare Kenntnis erschöpft und man könnte heute schon physiologisch und experimentell an die Klärung der Bedeutung der einzelnen Schichten herangehen.
FLECHSIG hat schon vor vielen Jahrzehnten das Gebiet um die Calcarina und am Occipitalpol als eines bezeichnet, das am frühesten sein Windungsmark erhält. Als Primordialgebiet 5 (s. Schema Abb. 90, 91) zählt er es zu den Sinnesfeldern, und zwar als Sitz des Gesichtssinnes, denn es erhält sein Mark vor der Geburt. Wir haben schon S. 624 darauf aufmerksam gemacht, daß auf dem Flechsigschen Schema das primordiale Sehfeld 5 ein etwas größeres Gebiet als die reine Area striata einnimmt, so daß auch Teile der Area parastriata dazu zugehören scheinen, worauf wir übrigens auf den nächsten Seiten nochmals zu sprechen kommen.
654 Lobus occipitalis.
Daß die Rinde der Calcarina als granulöse Formation als Koniocortex zur Aufnahme von sensiblen Reizen bestimmt sei, nahm schon MEYNERT an; er sprach sogar 1868 vorerst die Erwägung aus, es könne sich hier um eine zentrale Repräsentation des Trigeminus handeln. Die Untersuchungen HITZIGs und später MUNKs an Tieren und NOTHNAGELs 1878 am kranken Menschen haben den Occipitallappen als Sitz des Sehvermögens erwiesen, und FLECHSIG behauptete auf Grund der Markreifung, daß gerade das Gebiet um die Calcarina das Zentrum für das Sehvermögen darstelle. Die faser-anatomischen Untersuchungen entsprechen auch dieser Annahme, da die Opticusfasern nach partieller Kreuzung im Chiasma als Tractus zum Kniehöcker (Pulvinar und vorderen Vierhügel) gelangen; hier findet die Umschaltung statt, von hier geht das sekundäre Neuron als Sehstrahlung im Stratum sagittale externum (oder in beiden) zum Occipitallappen, und zwar speziell zur Calcarinarinde, in der die Fasern aus der (Gratioletschen) Sehstrahlung in den Gennarischen Streifen gelangen sollen. HENSCHEN war wohl der erste, der (1892) auf Grund pathologischer Kasuistik die Sehsphäre beim Menschen auf jenen relativ geringen Teil des Cortex beschränkt wissen wollte, der den Gennarischen Markstreifen enthält. Auch PROBST fand auf Grund von Markdegenerationen dieses Gebiet auf Cuneus, Gyrus lingualis und Gyrus descendens beschränkt, also auf jene Teile, die von der Area striata überzogen sind. Neben der aus den alltäglichen Fällen von Hemianopsie geschöpften Erkenntnis, daß die Calcarina der rechten Hemisphäre zur Aufnahme der Gesichtseindrücke aus dem linken Gesichtsfeld, die der linken für das rechte Gesichtsfeld bestimmt sei, nimmt HENSCHEN (doch zum Teil auch in einer Weiterentwicklung der Munkschen Ansicht) eine vollkommene Projektion der Retina auf die corticale Sehsphäre an, derart, daß jede Läsion der Calcarina ein entsprechendes Skotom von konstanter Lage bedinge; die dorsale Calcarinawand und Lippe entspreche dem betreffenden unteren Gesichtsfeldquadranten, die ventrale dem oberen Quadranten und der Boden der Furche ungefähr der horizontalen Mittellinie; im vorderen Teile der Calcarina seien dann vielleicht die peripheren Gesichtsfeldpartien repräsentiert (WILLBRAND und SÄNGER) und die Macula wahrscheinlich am hinteren Ende der Calcarinafurche, also im Gyrus descendens (Abb. 98, 99); die Macula selbst sei bilateral vertreten an beiden Occipitalpolen 1). MONAKOW ist gegen eine solche extreme Lokalisation und glaubt, die Calcarina und wahrscheinlich der ganze Occipitallappen nehmen in ihrer Gesamtheit an den optischen Verrichtungen teil. BOLTON und CAMPBELL (Abb. 1 und 2) nehmen, wie schon aus ihrer Nomenklatur hervorgeht, an, daß die Area striata, die sie visuosensory Area nennen, zur primären Aufnahme der sensiblen Gesichtseindrücke bestimmt sei, während die übrige occipitale Region, die sie visuopsychic Area nennen, zu kommemorativen und anderen höheren psychischen Funktionen des Gesichtssinnes diene. Die Pathologie scheint ihnen zum Teil recht zu geben; Ausfall der Calcarina ergibt Rindenblindheit, d.h. bedingt beinahe vollkommenen Verlust des Sehvermögens; Seelenblindheit dagegen, d. h. Verlust der Möglichkeit Gegenstände mit dem Gesichtssinne zu erkennen bei eigentlich erhaltener primärer Sehfähigkeit, kommt bei Zerstörungen der lateralen Occipitalwindungen vor (Abb. 98, 99). Besonders bei einem Herde im linken lateralen Occipitallappen sieht man Seelenblindheit - bei Sitz der Läsion auf der rechten Seite genügt ein Herd nicht, um Seelenblindheit hervorzurufen; dies scheint zu beweisen, daß auch die optischen Erinnerungsbilder hauptsächlich links ihre Ablagerungsstätte haben. Solche Seelenblindheit ist oft mit Störungen der Orientierung im Räume verbunden. Die optische Orientierung soll auch bei Läsionen der hinteren Teile des Gyrus fusiformis leiden. Aus alledem geht hervor, daß sich mehr und mehr die Meinung durchbricht, daß die Area striata die primäre Aufnahmestätte der optischen Eindrücke ist. Die Cytoarchitektonik, die die granulöse hohe Differenzierung dieses Rindenabschnittes zum Koniocortex (Rindentypus 5, Abb. 88) aufdeckt, spricht ebenfalls dafür; wir sehen immer wieder an jenen Stellen des Gehirnes, in denen wir rein sensorische Funktionen vermuten, ob es sich um Geschmack, Geruch, Tastsinn, Gesichtssinn oder Gehör handelt, jene Eigentümlichkeit der allgemeinen Rindenverschmälerung der Verkleinerung der Zellen gleichzeitig mit kolossaler Zellvermehrung einhergehen, die der Rinde dieses körnige Aussehen verleiht, meist mit einer gleichzeitigen Aufhellung der V. Schicht. Bei der Area striata erreicht diese Umwandlung ihre deutlichste und stärkste Ausprägung, und wir glauben hier, wo Pathologie, experimentelle Physiologie (Tierversuch) und nun auch die anatomische Analyse zu dem gleichen Schlüsse drängen, diesen vielfachen gleichsinnigen Resultaten nicht mehr die Beweiskraft absprechen zu können, daß die Area striata wirklich die visuosensorische Area par excellence ist, wie ohnehin schon allgemein angenommen wird.
[footnote p 654 1) Andre Autoren nehmen wieder an, daß gerade das temporale Gesichtsfeld lateral am Occipitalpol sein Projektionsareal habe; und es ist auch die Ansicht ausgesprochen worden, daß der ganze Talstreifen der Calcarina der Macula entspreche.]
Area striata. 655
Während nun diese granulöse (sensorische) Differenzierung für die Tastsphäre in der Vorderwand der hinteren Zentralwindung (und auch, wie wir später sehen werden, für die Hörsphäre auf der Heschlschen Windung) nicht in der ganzen Ausdehnung dieser Zonen vollkommen gleichmäßig durchgeführt ist und daher noch starke individuelle Schwankungen in ihrer Intensität und ihrer Ausbreitung aufweist, und während wir die granulöse heterotypische Bildung PB1, mit der homotypischen Bildung PB2, aus der sie sich in der hinteren Zentralwindung eben noch herauszudifferenzieren scheint, noch vielfach miteinander vermischt vorfinden und ebenso auch bei verschiedenen Tierklassen einen sehr verschiedenen Grad der Entwicklung und Ausprägung dieser Heterotypie finden (s. S. 522, 541), ist die heterotypische Entwicklung der Area striata bei allen Individuen eine vollkommene, und überall zeigt die Sehsphäre den hohen Grad der vollkommenen Differenzierung zum Koniocortex, die sich mit scharfer Grenze von der umgebenden Formation abtrennt und unterscheidet 1).
[footnote p 655 1) Möglicherweise bedeutet die von KLEMPIN beim Hunde gefundene Teilung des Feldes 17 in 17 a, b, c eine graduell verschieden starke Differenzierung dieser Area zum Koniocortex, die beim Hunde also noch nicht vollkommen durchgeführt zu sein scheint, ähnlich wie z. B. in der Tast- und Hörsphäre beim Menschen.]
Es bleibt nun die Frage offen, wenn wir auch der Area striata als typisch granulöser Formation die primäre sensorische Funktion zusprechen, ob wir den anderen Formationen der Regio occipitalis deshalb absprechen dürfen, bei der Aufnahme der sensiblen Reize ebenfalls primär auch eine Rolle zu spielen, oder aber ob wir mit MONAKOW annehmen wollen, daß auch der übrige Occipitallappen zum Teil doch wenigstens sensibel ist, ähnlich wie wir auch für die Tastsphäre der homotypischen Area PB2 die Möglichkeit einer sensorischen Rolle neben der heterotypischen granulösen Formation PB1 zugestehen mußten (s. S. 540). Diese Erwägung wollen wir folgendermaßen beantworten: Während wir für die peripherste Area peristriata OA mit ihrem an die hinteren und unteren Parietalformationen stark erinnernden homotypischen Bau (Rindentypus 3 und Rindentypus 4, Abb. 88), um mit BOLTON und CAMPBELL zu sprechen, visuopsychische Funktionen kommemorativer und sonstiger Art für wahrscheinlich halten, zumal sie auch an der lateralen Occipitalfläche ihr größtes Ausbreitungsgebiet haben, wo uns auch die Pathologie den Sitz für optische Erinnerungsbilder zu suchen veranlaßt, möchten wir der Area parastriata OB, die unmittelbar die Area striata umgibt und die an der Konvexität sogar nur einen äußerst schmalen, in der Tiefe des Sulcus lunatus gelegenen Streifen einnimmt, die Möglichkeit, neben solchen „psychischen" Funktionen auch rein „sensorische" Funktionen zu leisten, nicht nur nicht absprechen, sondern dieselben sogar für wahrscheinlich halten. Wir werden zu dieser Meinung durch das anatomische Bild dieser Area gedrängt, die, wie wir auf Seite 618 auseinandergesetzt haben und wie auf Tafel LXXXIII zu sehen ist, an einzelnen Stellen selbst eine granulöse Umwandlung OBΩ fleckweise aufweist, welche zwar in ihrer Intensität und Ausdehnung individuell und lokal sehr verschieden sein kann, nichtsdestoweniger aber in einigen Fällen an Deutlichkeit als insularer Koniocortex nichts zu wünschen übrigläßt und mit ihrer Dichtigkeit und Zellzahl ihrer Körnerschichten sogar an den nicht granulösen sondern bloß granulären Stellen kaum hinter der Area striata zurückbleibt, in ihren granulösen Stellen aber in der III. Schicht sogar Zellzahlen bis zu 120, in der IV. bis zu 240 pro 0.1 mm3 bietet. Es wäre sehr möglich, daß wir hier z. B. die primäre sensorische Funktion der optischen Bewegungsempfindung oder eine andere optische Teilfunktion zu lokalisieren hätten. Für diese unsere Auffassung scheint auch der Umstand zu sprechen, daß, wie in §6 gesagt, FLECHSIGs sensibles optisches Primordialfeld 5 um die Calcarina, wie auch BRODMANN sagt, ein viel größeres Areal auf dem Cuneus und dem G. lingualis einnimmt als der bloßen Area striata entspricht; es ist also wahrscheinlich, daß auch noch kleine Teile von OB eben zu diesem frühmarkreifen Gebiete gehören und also auch myelogenetisch die von uns postulierte sensorische Natur aufweisen. Bei Läsionen in der temporooccipitalen basalen Übergangsgegend (Goldstein) wurden Farbensinnstörungen manchmal beobachtet, allerdings gewöhnlich bei linksseitigen Läsionen (Störungen des Farbenerkennens?).
Der Limes parastriatus OBγ mit seinen Riesenpyramidenzellen (s. Tafel LXXXV), der natürlich auch in dieses Primordialgebiet hereinfällt, hat wahrscheinlich unmittelbare reflektorische motorische Funktionen. Entspricht doch der äußere Rand der Area striata wahrscheinlich dem peripheren Gesichtsfeld, dessen Erregung sofort reflektorisch eine Einstellungsbewegung der Augen hervorgerufen wird. Die Riesenpyramiden (Solitärzellen) MEYNERTs könnten möglicherweise z. B. dann die reflektorischen Pupillen und Akkommodationsbewegungen regieren. Ebenso ist es wahrscheinlich, daß die beiden benachbarten Gebiete OA2 und PEγ, welche die cuneo-parietalen Übergangswindungen in der parietooccipitalen Furche und deren Wandungen überziehen, und die durch sehr große Pyramidenzellen, ja durch Riesenzellen in III und V ausgezeichnet sind und das Gebiet 9 von FLECHSIG also auch noch ein Primordialfeld, darstellen, motorische Funktionen vielleicht der Augenbewegungen zur Orientierung im Räume übernehmen. Von der Area striata können elektrisch ebenfalls Augenbewegungen ausgelöst werden. Die occipitoquadrigeminale Bahn entspringt aus dem Occipitallappen (Abb. 87); wahrscheinlich aus diesem eben angegebenen Areale; sie zieht dann unter der Rinde des Gyrus angularis vorbei, so daß sie bei Läsionen des Angularis leicht getroffen wird. VOGT hat seine Reizversuche auch auf diese Gebiete ausgedehnt.
656 Lobus occipitalis.
Wir kommen nun zur Frage, ob es heute möglich ist, sich im komplizierten Bau, der Area striata selbst, eine Vorstellung von der Rolle der einzelnen Schichten zu machen. Diese Frage wäre eigentlich heute schon reif für eine experimentell-physiologische Bearbeitung, die uns sicherlich viel Licht und Erkenntnis bringen würde. Bis eine solche nicht vorgenommen sein wird, sind wir auf Vermutungen angewiesen. CAJAL sagt diesbezüglich der Gennarische Streifen sei der Endplexus, der als dicke die Radiärbündel kreuzende Einzelfasern aus der Gratioletschen Sehstrahlung aufsteigenden Nervenfasern, die den optischen Reiz über das Corp. geniculatum usw. zur Rinde führen; der Reiz gelange auf diesem Wege an die Sternzellen (in IVb), die ein spezifisches perzipierendes Element der Sehrinde seien; diese Sternzellen leiten den Reiz auf dem Wege ihrer Achsenzylinder aus der Rinde wieder heraus zu den Assoziationszentren, während die Meynertschen Riesenpyramidenzellen (Solitärzellen) (in Vb) die optisch-motorischen Reflexe nach abwärts leiten. Die Pyramidenzellen mit aufsteigendem Achsenzylinder (in Va und VIa) dürften nach CAJAL zur Verstärkung (?) des Sinnesreizes dienen. Die Schichten der kleinen und mittleren Pyramidenzellen (II und III) und die der Spindelzellen (VIb) dürften dieselben Funktionen wie überall in der Rinde haben (Verbindungen des Balkens, des Thalamus usw.). Die Körnerschichten dagegen seien der Sitz der Verteilung, der aus den übrigen Hirnzentren auf assoziativem Wege stammenden Erregungen.
FLECHSIG hat die Schichten der Area striata als ein Abbild der Netzhautschichten angesehen. Man sieht daraus, daß wir hier noch auf lauter Vermutungen angewiesen sind.
Andere Forscher haben versucht, den einzelnen Zellschichten der Sehsphäre (OC) spezifische Funktionen für die Wahrnehmung von Farbe, Form, Licht usw. zuzuschreiben. Man hat auch auf Grund von pathologischen Fällen von Achromatopsie, wo die Läsion im unteren Teil des Lobulus lingualis oder im Lobulus fusiformis saß, die Farbenempfindung in diese Gyri zu verlegen (PÖTZL) versucht oder, wie gesagt, auch in die temporooccipitale Region (GOLDSTEIN); jedoch scheint eine solche Lokalisation der primären Farbensinnempfindung nicht sehr wahrscheinlich, sondern es dürfte sich in diesen Fällen (nach GOLDSTEIN) schon um höhere Funktionen, das Farbengedächtnis usw., handeln. LENZ glaubt dagegen, den Farbensinn in die Calcarinaformation selbst lokalisieren zu können. Er betrachtet die Achromatopsie als eine relative Störung der optischen Leitung, durch eine partielle Verletzung und einen partiellen Ausfall im Mark der Sehstrahlung hervorgerufen. Er nimmt auch für den Farbensinn die Gültigkeit des Prinzips der vertikalen Projektion in bestimmte Schichten und zwar nur der Area striata selbst an, so daß wenn ein und dieselbe Verletzung stärker gewesen wäre, sie eine Anopsie zur Folge gehabt hätte, bei partieller Zerstörung aber die Farbenperzeption allein Schaden gelitten hat. Bei dem strikten Verhältnis der Projektion jedes Retinaelements auf eine Stelle der Area striata, seien, zumal die Zapfen auch die Farbenempfindung vermitteln, Raumsinn und Farbensinn eng aneinander gekuppelt. Er denkt (mit STEFFEN), daß die oberen Striataschichten die Farbenempfindung aufnehmen. An Hand zweier Fälle von Achromatopsie, die er bei der Sektion bezüglich der Cytoarchitektonik durchstudierte, glaubt er annehmen zu können, daß die Schicht der Pyramiden III und die äußere Lage der inneren Körnerschicht (IVa) für die Perzeption des Farbensinnes in Betracht kommen. Hier müßten wohl Untersuchungen an der Area striata Farbenblinder zur Lösung dieser Frage beitragen können. EVENS hat ebenfalls die einzelnen Schichten der Area striata für die Empfindung der einzelnen Farben in Anspruch genommen (Brain, Bd. XVI).
Area striata. 657
Wichtig ist zum vollen Verständnis der Rolle der Calcarinarinde für das Sehen das Studium ihres Verhaltens bei Blinden. Bei auch sehr früh Erblindeten läßt sich makroskopisch anscheinend in der Ausbreitung der Area striata an der Hirnoberfläche und in der Calcarina kein wesentlicher Unterschied gegenüber dem Normalen finden. Unsere Abb. 141 und 142 stammen z. B. von einem infolge beiderseitiger Keratitis (verrucosa) im vierten Lebensjahr Erblindeten, der im 50. Lebensjahr an einem Parietaltumor der rechten Hirnhälfte starb. Die Ausbreitung der Area striata ist hier eine sehr große, sogar auf den Occipitalpol stark übergreifende, hat also durch die frühe Erblindung nicht gelitten.
Auch BOLTON (Philosophic. Transact. 1900) konnte bei einem in der Kindheit Erblindeten und bei einem zweiten Fall, der durch viele Jahre blind war, keine Änderung in der Ausbreitung der Area striata notieren. Dagegen fand er einmal bei einem Anophthalmus, daß die Area striata (d. h. der Gennarische Streifen) bloß auf der lingualen Lippe der Calcarina sich erstreckte und sogar davon nur eine kleine mittlere und vordere Partie derselben einnahm und nicht einmal bis auf den Grund der Calcarina in die Tiefe reichte. LEONOWA hatte behauptet, daß bei Anophthalmen der Gennarische Streifen manchmal ganz fehlt, was ja in gewissen Fällen wohl stimmen kann. Bei den Messungen, die BOLTON am Gennarischen Streifen vornahm, fand er bei zwei Fällen sehr lange währender Erblindung, daß der Gennarische Streifen nur halb so breit war als normal; die äußere Körnerlage (Va) nimmt da auch über 10 % an Breite ab. Beim Anophthalmus hatte der Gennarische Streifen (also IVb) und die äußere Körnerlage (IVa) zusammen um 33%, d. h. um ein Drittel der normalen Breite abgenommen. In der „visuopsychic Area" (unser OA und OB) dagegen waren keine Veränderungen wahrzunehmen. Nach CAJAL sollen bei Blinden die Sternzellen atrophieren, BERGER hat Zellzählungen an früh geblendeten Katzen vorgenommen mit ähnlichen Resultaten. Es wäre interessant und wichtig, all dies im Lichte der neuen cytoarchitektonischen Forschung nachzuprüfen, weil es die ganze Frage, ob es im Großhirn so etwas wie eine Aktivitäts- oder Inaktivitätsalteration überhaupt gibt, mit einem Schlage beantworten würde.
658
Regio supratemporalis: Area temporalis superior (posterior et anterior) TA(1.2); Area supratemporalis magnocellularis TB; Area supratemporalis granulosa TC; Area supratemporalis intercalata TD.
Regio temporalis propria: Area temporalis media TE1; Area temporalis inferior TE2. Regio fusiformis: Area fusiformis TF; Area hippocampotemporalis TH.
Regio polaris: Area temporopolaris TG (Area temporopolaris agranularis TGa); Area piriformis temporalis TI; Area substantiae perforat. lat. TH.
Grobanatomisch reicht der Lobus temporalis (Abb. 21-24) von der Sylvischen Furche (F. S.) auf der lateralen und ventralen Hirnfläche nach abwärts und medialwärts bis zum Sulcus occipitotemporalis (ot. fissura collateralis), dessen vorderster Teil der Fissura rhinica (rh.) entspricht; das vordere Ende des Temporallappens bildet der freie runde Temporalpol; hinten grenzt der Lobus temporalis ohne scharfe Grenzlinie an den Lobus occipitalis, von ihm durch die seichte Incisura praeoccipitalis der unteren Mantelkante abgesetzt (ipo.). Auch cytoarchitektonisch fassen wir dieses ganze Gebiet als Lobus temporalis zusammen, nur verlegen wir sein hinteres Ende einige Zentimeter vor die Incisura praeoccipitalis, also etwas weiter frontal, als dies gewöhnlich geschieht, da wir seine hintere Grenze in der temporooccipitalen Gegend dort annehmen, wo die (PH) Area parietalis basalis ihre vordere Grenzlinie hat; diese letztere Gegend, die im Zellaufbau den parietalen Grundtypus aufweist, zählen wir nämlich, wie S. 587 besprochen, cytoarchitektonisch zum Parietallappen. Wir zählen demnach bloß die vorderen drei viertel der ersten, zweiten, dritten Temporalwindung und des Lobus fusiformis und dann den Temporalpol zum eigentlichen Lobus temporalis. In der Sylvischen Grube geht die obere Grenze gegen den unteren Parietallappen (Operculum parietal.) in der Tiefe der Grube und überquert am hinteren Ende des Sulcus Sylvii die erste Temporalwindung, so daß die ganze ausgedehnte obere dorsale Fläche der ersten Temporalwindung bis zur Insel, d.h. bis zum Sulcus retroinsularis (Margo posterior inferior Sulci circularis insulae, mg. p.) zum Lobus temporalis auch gehört.
In dieser Ausdehnung ist der Lobus temporalis (Abb. 96 und 97 braun) cytoarchitektonisch nicht etwa einheitlich gebaut, sondern er zerfällt in mehrere Areae, die sich wieder ihrer Ähnlichkeit nach zu Regionen zusammenfassen lassen, mehr noch als in den anderen Lobi sind diese Areae meistenteils recht unscharf voneinander getrennt und zeigen allmähliche Übergänge zu den einzelnen mehr regionalen als areallokalen Eigentümlichkeiten. Auffallend unter diesen vielen Bildungen ist eine heterotypische granulöse Formation (Koniocortex), welche von den Heschlschen Windungen beherbergt wird.
Die verschiedenen Areae des Lobus temporalis bezeichnen wir mit dem Vorzeichen T.
Wir haben schon bei Besprechung des unteren Parietallappens (S. 561) erwähnt, daß sowohl die erste Temporalwindung als der Gyrus fusiformis in ihrem Zellaufbau sehr viel Ähnlichkeit mit dem unteren parietalen Typus aufweisen, und dann ganz besonders der Gyrus fusiformis mit dem Typus PH (Rindentypus 3). Dagegen haben die zweite und dritte Temporalwindung (T2 und T3) einen eigenen Bau, und ebenso auch der Pol, und zwar Rindentypus 1 und 1 (2), s. Abb. 88. Wir können demnach den Lobus temporalis in vier Regionen teilen, von denen die drei ersten untereinander liegen: 1. Die Regio supratemporalis (Abb. 96, 97 dunkelbraun), die eine Regio temporoparietalis wäre und die erste Temporalwindung umfaßt; 2. die Regio temporalis propria (ganz hellbraun), die die zweite und dritte Temporalwindung in sich schließt; 3. die Regio fusiformis (mittelbraun, auf Abb. 97), die bloß den Gyrus fusiformis und die Unterwand des Gyrus hippocampi in sich einschließt und 4. die Regio temporopolaris (lichtbraun), die kappenartig am Pol allen drei anderen aufgestülpt ist.
Regiones Temporales. 659
Wie wir eben gesagt haben, ist cytoarchitektonisch die Summe dieser Temporalregionen eines der ausgedehntesten Gebiete des Gehirns, nach den Frontalregionen wohl das weiteste. Um nun den Bau seiner recht zahlreichen Areae, die wie gesagt sogar verschiedene Rindentypen repräsentieren (Abb. 88), die jedoch trotzdem meistens fließend ineinander übergehen, zu verstehen, ist es notwendig, zuerst in groben Zügen anzuführen, wodurch die ganze Temporalgegend im Zellaufbau gegenüber den anderen Lobi des Gehirns, besonders den retrozentralen, charakterisiert ist und gleichsam einen idealen Grundtypus zu geben, der die gemeinsamen Züge zusammen aufweist.
1. Der ganze Rindenquerschnitt ist breit, besonders im Vergleich zum Occipital- und zum Parietallappen und erreicht Werte, wie sie bloß noch im hinteren Frontallappen zu finden sind.
2. Die Molekularschicht ist breit.
3. Die äußere und die innere Körnerschicht werden viel schmäler und weniger zelldicht als im ganzen übrigen retrozentralen Hirne. Polar nimmt die Lockerung der Körnerschichten zu.
4. Die Pyramidenzellschicht (III) wird im allgemeinen zellärmer, zellgrößer und dabei doch viel weniger zelldicht als im übrigen Teil des retrozentralen Hirnes, zugleich wird sie auch schmäler.
5. Die ganglionäre Schicht wird, im Vergleich zur gleichen Schicht des umgebenden unteren Scheitelläppchens und Hinterhauptlappens, wieder viel zellgrößer und die ganze Schicht breiter, oft ganz bedeutend breiter und zelldichter.
6. Auch die Spindelzellenschicht wird zellgrößer, breiter und zelldichter.
7. Infolge der beiden letzteren Umstände überwiegt die innere Hauptschicht an Breitenausdehnung und Zelldichtigkeit über die äußere ganz bedeutend.
8. Die Rinde ist deutlich radiär gestreift (Abb. 45 und 46) oft durch alle Schichten durch, sogar bis in die äußere Körnerschicht II.
9. Besonders auffallend und für die Temporalformationen beinahe ganz charakteristisch ist die starke Streifung der IV. Schicht, wo die Streifung sonst ja gewöhnlich fehlt, und die diese Schicht in deutlich voneinander getrennte parallele senkrechte von einander isolierte Zellsäulen zerlegt.
Alle diese hier angeführten Charakteristica enthält keine Area und keine Stelle des Temporallappens überhaupt gleichzeitig, sondern die verschiedenen Teile derselben tragen regionär die eine oder andere dieser Eigentümlichkeiten in mehr oder minder entwickeltem Maße zur Schau. Am nächsten diesem „Idealtypus" kommt die Rinde der Mitte der zweiten und dritten Temporalwindung. Man kann ferner zur allgemeinen Orientierung folgende Übersicht über die regionäre Verteilung derselben geben (s. Abb. 68-84). ad. 1. Die größten Breitenzahlen des Rindendurchschnitts findet man in der Reg. temporalis propria und temporopolaris, d. h. in der zweiten und dritten Temporalwindung (Tafel XC und XCI) und am Temporalpol (Tafel XCVII-XCIX), wo Werte von 3.8 mm Dicke die Regel sind, Abb. 26, 27. ad 2. Die Molekularschicht ist überall im Temporallappen breit; ihre Werte schwanken zwischen 0.25 und 0.30 mm, dem Pol zu sind die Werte höher als rückwärts, und ebenso sind sie in der Sylvischen Grube hoch, Abb. 68, 69. ad 3. Die II. und die IV. Schicht werden polarwärts zunehmend schmal und zellarm, Abb. 70, 71, so daß wir am Pol bloß 0.10-0.14 mm Dicke für die IV. Schicht haben und weiter dem Rhinencephalon zu sogar eine beinahe ganz agranuläre Zone haben (Tafel XCVIII). Nach rückwärts zu, also caudal, nimmt die IV. Schicht (und auch die II.) wieder zu, und zwar besonders dorsal bei Annäherung an die parietalen Formationen; so finden wir z. B. an der oberen Fläche der ersten Temporalwindung (Tafel XCII-XCIV) Zahlen von 0.30-0.50 mm (!) für die IV. Schicht und ebenfalls recht hohe für die II. Schicht in der granulösen Formation dieser Gegend. ad 4. Die III. Schicht wird auch polarwärts etwas schmäler und zellärmer, Abb. 72-75; die größten Pyramidenzellen findet man jedoch in der ersten Temporalwindung (Tafel LXXXVIII, Bild 2 und LXXXIX), besonders dorsal (Tafel XCIII). Nach rückwärts (Tafel XCII) und gar im Gyrus fusiformis (Tafel XCVI) ist wieder mehr ein parietaler Typus der III. Schicht zu bemerken. ad 5. Die V. Schicht (s. Abb. 77-82), die im unteren Scheitelläppchen relativ nur kleine und im Occipital- und Parietooccipitalteil nur ganz kleine (körnerähnliche) Zellelemente enthielt und schmal und licht war, zeigt Anklänge an diesen Typus nur noch im oberen und hinteren Teile der ersten Temporalwindung; hier in den dorsalen Partien von T1 ist sogar die V. kleinzelliger als im Gyrus supramarginalis (zeigt beinahe Occipitalbildung); dagegen nimmt die V. im Gebiete von T2 und T3 und weiter, besonders polarwärts, an Breite, Zellgröße und Zelldichtigkeit zusehends zu, so daß wir darin so große Pyramidenzellen wie in den frontalen Hirnteilen finden und meist in größerer Anzahl als dort (Tafel XC und XCI), Speziell polar gewinnt die V. Schicht ganz kolossal an Breite, so daß sie am Temporalpol selbst (Tafel XCII) die breiteste Schicht ist. ad 6. Auch die VI. Schicht (s. Abb. 83, 84), welche noch in den hinteren und den oberen Partien von T, und auch im Lobus fusiformis noch den parietalen, etwas bandförmigen Charakter hat und so viele dreieckige Zellen führt, verliert denselben in der Regio temporalis propria (Tafel XC und XCI) und nimmt zusehends polarwärts (Tafel XCVII) an Breite und Zellgröße zu, beherbergt dann hauptsächlich große, wirklich spindelförmige Zellen und ist gegen das Mark weniger gut abgegrenzt; ad 7. infolgedessen nimmt die innere Hauptschicht über die äußere an Breite sowohl als an Zellzahl und Zelldichtigkeit (also an Tinktionskraft) bedeutend zu (Tafel LXXXIX, XC, XCI, XCVII); auch in der ersten Temporalwindung z. B. ist zu merken, wie in den vorderen Partien die innere Hauptschicht die zellreichere und dunklere ist, während in den rückwärtigen Partien derselben die äußere Hauptschicht zum mindesten gleich, wenn nicht dunkler tingiert ist. ad 8. Betreffs der radiären Streifung läßt sich zeigen (s. Abb. 45, 46), daß dieselbe am deutlichsten und ausgesprochensten in den hinteren und dorsalen Partien der ersten Temporalwindung ist (Tafel LXXXVIII, 2, LXXXIX, XCII, XCIII), wo sie so ausgesprochen sein kann, daß sie alle Zellschichten durchsetzt von der VI. bis inklusive die II. Schicht, so daß die Zellen zu Strängen geordnet von unten nach oben durch die ganze Rindenhöhe ziehen und man direkt an Orgelpfeifen erinnert wird; nach vorn zu verschmälert sich diese Streifung auch schon auf der ersten Temporalwindung; auf den übrigen Temporalwindungen nimmt die Streifung ebenfalls ventral- und polarwärts rasch ab (Tafel XC, XCI, XCVII), am besten noch bleibt sie in IV und III sichtbar, um in der polaren Formation zur Gänze zu verschwinden. Im Lob. fusiformis (Tafel XCVI) dagegen hat die Streifung auch wieder mehr parietalen (feinstreifigen) Charakter wie in PH. ad 9. Die IV. Schicht dagegen hat im ganzen Temporallappen mit Ausnahme des Temporalpols infolge der Streifung ein ganz eigentümliches Aussehen. Sie zerfällt in senkrecht radiäre Zellsäulen, die auch bei dicken Schnitten noch voneinander isoliert sichtbar sind, die 40- 60 µ Durchmesser in der Breite haben und zur Länge die ganze Höhenausdehnung der IV. Schicht. Zwischen diesen Säulen sind so gut wie zellfreie Zwischenräume. In den Zellsäulen sind die Zellen wieder so dicht angeordnet, daß sie in ihrer Aneinanderreihung stellenweise an Knorpelzellen erinnern können (Tafel XCIII). Diese Bildung, die man im Parietal- und Occipitallappen ab und zu in der Wand angedeutet finden kann, erhält im ganzen Temporallappen eine so typische Entwicklung, daß man sie gleichsam als diagnostisches Zeichen für den Temporallappen verwenden kann, und zwar sind es ebenfalls wieder die oberen und hinteren Partien der ersten Temporalwindung (Tafel LXXXIX, XCII, XCIII), wo wir sie am besten entwickelt finden. Im übrigen Temporallappen ist sie noch immer sehr deutlich zu sehen (Tafel LXXXVIII, 2 und XC, XCI); im Gyrus fusiformis (Tafel XCVI) ist sie noch sichtbar angedeutet; polarwärts nimmt sie jedoch ziemlich rapid ab, und in der Regio polaris fehlt sie wieder ganz (Tafel XCVII).
660 Lobus temporalis.
Nach dieser Auseinandersetzung, die den Einfluß der regionären Eigentümlichkeiten auf den Zellaufbau der einzelnen temporalen Formationen und ihrer Übergänge in großen Zügen richtig wird einschätzen lassen, können wir daran gehen, den Schematismus der arealen Einteilung auch auf den Temporallappen anzuwenden, ohne den Vorwurf auf uns zu laden, bei dem Versuch - durch eine solche schematische Einteilung in Felder die komplizierten anatomischen Verhältnisse dem Verständnisse näher zu bringen - der Natur der Dinge zu sehr Gewalt angetan zu haben.
Regio supratemporalis. 661
Wir teilen wie gesagt den Temporallappen ein in folgende Regionen (Abb. 96, 97):
Regio supratemporalis,
Regio temporalis propria,
Regio fusiformis,
Regio temporopolaris.
Diese Region nimmt die ganze erste Temporalwindung ein (Abb. 96), und zwar die ganze dorsale Fläche derselben in der Sylvischen Grube, also die obere Wand von T1, die laterale konvexe Fläche, die gleichsam den Culmen der T1 bildet, und die ventrale Fläche derselben, die die dorsale Decke der ersten Temporalfurche bildet (also die ventrale Wand von T1), welche tief ins Hirn einschneidet. Infolge der Tiefe der Sylvischen Grube einerseits und der wenn auch nicht ganz so tiefen, aber immerhin weit ins Hirn sich hineinsenkenden ersten Parallelfurche (t1) bildet die erste Temporalwindung ein breites, beinahe zungenförmiges Gebilde mit sehr ausgedehnter Oberfläche; die vorderen Grenzen der Regio supratemporalis sind in der Sylvischen Grube der Margo posterior insulae (Margo temporalis insulae) sowie weiter vorn lateral auf der polaren Partie des Bodens der Sylvischen Grube (der zur Regio temporopolaris gehört) ungefähr der hintere Rand der Delle, die diesem Pol eine etwas löffelförmige Gestalt gibt. Die hintere (obere) Grenze der Regio supratemporalis fällt ungefähr mit der gewundenen Linie zusammen, die den Grund der Sylvischen Grube bildet und zwischen den Ansätzen der Gyri operculares transversi parietales und der Gyri transversi temporales (HESCHL) hindurchläuft; mit dem Seichterwerden der Sylvischen Grube nach hinten zu tritt sie ebenfalls allmählich lateral bis an die Oberfläche. Sie überquert in der ideellen Fortsetzung des Sulcus Sylvii die Kuppe der ersten Temporalwindung (die hier ja eine parietotemporale Brückenwindung zum Gyrus supramarginalis darstellt) und senkt sich dann gleich in die Tiefe der ersten Temporalfurche bis auf deren Grund. Im Fundus dieser Furche zieht sie wieder frontal und bildet da die untere hintere Grenze gegen die nächst untere Regio temporalis propria. Sie zieht hier in der Tiefe bis zur Polargegend des Schläfehirns, wo sie wieder an die Oberfläche tritt, und zwar an einer Stelle, die um ein gutes Stück (2-3 cm) polarwärts von der Stelle liegt, wo die Heschlsche Windung an der lateralen Culmenoberfläche der ersten Temporalwindung flach ausläuft. Dieses ganze Gebiet der Regio supratemporalis dürfte ca. 40 cm2 Oberfläche einnehmen. Die Tiefe der ersten Temporalfurche ist jedoch sehr verschieden, und sie ist manchmal wieder auch recht seicht. Andererseits ist hier die Grenze keine sehr genaue, und das Überschreiten der „Grenze" nach unten und hinten in t1 ist sogar die Regel.
Diese Regio supratemporalis ist von einer Rindenformation eingenommen, welche, wie wir schon Seite 561 besprochen, noch starke Anklänge an die unteren Parietalformationen hat und durch eine auffallende radiäre Streifung ausgezeichnet ist; sie zerfällt in mehrere Areae, und zwar unterscheiden wir heute eine Area temporalis superior TA, die wieder in eine hintere TA1, und eine vordere Partie TA2 geteilt werden kann und welche den Hauptteil der unteren Fläche der ersten Temporalwindung, ihrer lateralen Fläche, und einen kleinen vorderen Teil und einen schmalen hinteren Randsaum ihrer oberen Fläche einnimmt; an der oberen (Sylvischen) Fläche der ersten Temporalwindung unterscheiden wir dann noch drei Areae, eine große ausgedehnte Area supratemporalis simplex TB, die den größten Teil der Sylvischen temporalen Fläche einnimmt; ferner zum Teil innerhalb dieser gelegen eine relativ kleine Area supratemporalis granulosa TC, auf der ersten und zum Teile der zweiten Heschlschen Windung, und schließlich im Fundus der Sylvischen Grube versteckt und längs einzelner kleiner Windungen nach vorn außen ins Gebiet der anderen sich vorstreckend, die vielleicht nicht ganz konstante Area supratemporalis intercalata TD. Das Lageverhältnis zueinander, das scheinbar recht variabel sein kann, ist aus dem Schema Abb. 92 zu ersehen.
662 Lobus temporalis.
Die Formation der Area temporalis superior nimmt, wie wir schon im letzten Absatz erwähnt haben, den größten Teil der mittleren zwei Drittel der ersten (eigentlichen) Temporalwindung ein mit Ausnahme der oberen Sylvischen Fläche derselben, an der sie bloß eine ganz geringe Ausdehnung hat. (Das vorderste Viertel der T1 wird von der temporopolaren Formation eingenommen, das hintere von parietalen Bildungen.) Auch die Ähnlichkeit, die sie mit dem parietalen Zellbau hat, haben wir erwähnt, sowie ihre regionären Verschiedenheiten auf S. 659 und 661 schon kurz gedacht.
Die Formation der eigentlichen oberen Temporalwindung gehört zu den etwas übermittelbreiten Rindenabschnitten und weist 2.6-3.2 mm Breite an der Kuppe und 2.2 bis 2.5 mm an der Wand auf (Abb. 26, 27 und Abb. 28, 29). Zwischen der ziemlich breiten Parietalrinde und der sehr breiten Rinde der zweiten und dritten Temporalwindung und der ebenfalls sehr breiten, der polaren Gegend erscheint demnach die TA relativ eher schmal. Sie ist recht gut tingiert, zeigt dem bloßen Auge einen etwas dunkleren breiten Streifen durch die Mitte der Rindenbreite (IIIc + IV + Va), darüber und darunter ist je eine geringe Lichtung angedeutet. Im großen ganzen erscheint nun die obere Hälfte der Rinde etwas dunkler tingiert als die untere, und zwar desto mehr, je näher wir noch dem Parietallappen sind; je weiter wir aber nach vorne gehen, desto mehr scheint sich dieses Verhältnis zugunsten der unteren Hälfte der Rindenbreite allmählich umzukehren.
Die Rinde ist eine mittelbreite, granuläre, gut geschichtete Rinde, die ziemlich zellreich, nicht zellgroß, aber immerhin zellgrößer als das untere Scheitelläppchen ist und deren radiäre sehr deutliche Streifung (Abb. 45, 46) die Eigentümlichkeit hat, daß sie - obschon in III am auffälligsten - doch ziemlich unterschiedslos durch alle Schichten mit gleich breiten Radii durchgeht, so daß wir bei Gehirnen, wo dies sehr ausgesprochen ist, am liebsten von „Orgelpfeifenformation" sprechen möchten, zum Unterschied des gewöhnlichen Ausdrucks der Säulenformation; bei letzteren war gewöhnlich bloß die III. Schicht säulenförmig zerteilt und die Abstände recht wechselnd und, falls die Säulen auch durch andere Schichten durchgingen, waren sie in den anderen Schichten breiter oder schmäler; hier haben wir aber, sobald die Ausbildung am schönsten ist, eine parallele Aneinanderreihung von ziemlich durchweg gleich breiten, von der VIb- bis in die II. Schicht reichenden Zellsträngen, abwechselnd mit zellarmen Radien als Zwischenräumen; das Gesagte schließt in sich, daß zum Unterschiede gegen die meisten übrigen Formationen auch die IV. Schicht an dieser Orgelpfeifenbildung teilnimmt, d. h. daß auch sie deutlich in voneinander durch die zellfreien durchziehenden Radii getrennte längliche zelldichte Säulchen zerteilt ist - eine Formung, welche übrigens für den ganzen Temporallappen (ausgenommen den Pol) ganz charakteristisch ist, welche aber in dieser Formation TA (und in TB) ihre schönste und vollkommenste Ausbildung erfahren kann derart, daß man manchmal, da die Zellen der IV. Schicht vielleicht auch etwas größer sind als sonst und gegeneinander zum Teil sich abkantend in kurzen Abständen stehen, an die Zellsäulchen, wie sie die Knorpelzellen bilden, gemahnt wird (Tafel LXXXVIII, Bild 2, Höhe 14 cm, Breite 34 cm und Tafel LXXXIX im Kuppenwinkel oder auch Tafel XCII). Auch im Occipitallappen und in einzelnen Partien des unteren Scheitellappens haben wir manchmal eine Zerteilung der IV. Schicht zu Säulchen - jedoch immer nur stellenweise angedeutet - gefunden; in dieser kontinuierlichen Durchführung wie im Temporallappen kommt sie jedoch nirgends mehr vor. Auch die II. Schicht ist hier von den Radii durchsetzt und aufgesplittert, was zwar nicht überall gleich gut ausgeprägt ist, aber auf Tafel XCII zu sehen ist. An den Wandungen (Tafel LXXXVIII, 2) ist die Zerteilung der IV. Schicht zu Säulen, sowie besonders die Zerteilung der II. Schicht etwas weniger deutlich als am Culmen; ebenso ist in der Wandung an der V. und VI. Schicht die Ordnung in senkrechte Stränge oft viel weniger schön entwickelt als am Culmen und an der Windungskante. Die Breite der einzelnen Zellverbände beträgt in der III. Schicht 1-3 Zellelemente, in der V. und VI. Schicht 2-6 Zellelemente. Nun ist diese auffällige Streifung der TA ein Charakteristicum, das, wie gesagt, die hinteren Partien der TA mehr als die vorderen trifft und das ferner nicht nur die TA-Formation ziert, sondern sich als regionäre Eigenschaft der Parietotemporalgegend etwas auch auf die anderen Formationen der Umgebung erstreckt. So haben wir von dem hinteren Teil der Area supramarginalis den unmittelbar vor und hinter der Sylvischen Furche gelegenen Teil als zellsäulenführende Variante als Area supram. posterior (columnata) (PFcm, Tafel LXXV) von den übrigen getrennt (S. 573); ebenso haben wir bei Besprechung der Area parietalis temporooccipitalis besonders darauf aufmerksam gemacht (S. 591), daß ihr dem oberen Temporallappen zu gelegener Teil (PHT) deutliche Säulchenstellung, sogar zum Teil in der IV. Schicht, erkennen läßt, ganz besonders in seinen Wandungen (Tafel LXXX). Aber auch auf der ersten Temporalwindung, selbst über die Area temp. sup. (TA) hinaus, erstreckt sich die radiäre Streifung sogar in ihrer extremen Form der Orgelpfeifenstellung auf die benachbarte Area supratemporalis simplex (TB) (Tafel XCIII); andererseits wird nach vorn zu auf der ersten Temporalwindung im Gebiete von TA selbst die Streifung wieder weniger deutlich (TA2). Ebenso wird auch rückwärts und in den hinteren Partien der Sylvischen Grube die Bildung noch ähnlicher der supramarginalen Formation, also feinstreifiger, kleinzelliger (s. Tafel XCII). Dieser Schnitt ist von einer Stelle am hinteren Rand der Sylvischen Grube, ungefähr in der Mitte des Überganges vom Gyrus supramarg. zum Gyrus tempor. prim.. Man sieht daran deutlicher als in der PF-Formation die Streifung in III, sogar in II; die Streifung ist äußerst fein, jeder Streifen enthält in seiner Breite meist bloß eine Zelle; die IV. Schicht ist deutlich in senkrechte Säulchen zersplittert, die V und VI sind kleinzellig, wie es dem Parietaltypus mehr entspricht als eigentlich dem temporalen, und sie zeigen die Streifung sehr schwach oder gar nicht. Wir sehen also, wie diese „Orgelpfeifenstellung" eine Eigentümlichkeit ist, die regionär starken Änderungen unterworfen ist innerhalb ein und derselben Area TA.
Area temporalis superior. 663
Die V. und die VI. Schicht, besonders erstere, sind etwas zellgrößer als in PF und besonders als in PH; besonders wird dies nach lateral und abwärts deutlich (s. Tafel LXXXIX), während (s. auch Abb. 79) gegen die Oberlippe der ersten Temporalwindung wieder in V eine Abnahme der Zellgröße zu bemerken ist (Tafel XCII); es ist eigentlich die ganze Oberfläche der T1 in der Sylvischen Grube als parietotemporales Übergangsgebiet aufzufassen. Eine sehr geringe Aufhellung in den tieferen Partien der V. Schicht ist manchmal besonders in der Wand (Tafel LXXXVIII) bemerkbar.
Im großen ganzen hat TA ein der Rinde des unteren Parietalläppchens sehr ähnliches Aussehen, wenn man von der Säulchenstellung in der IV. Schicht und einigen anderen Charakteristica absieht; wir zählen sie daher auch zum Rindentypus 3 (Abb. 88).
Wir haben schon verschiedentlich erwähnt, daß die vordere Partie von TA weniger deutlich gestreift ist als die hintere, daß also TA2 (A. temp. sup. anterior) sich von dieser (TA1 A. temp. sup. posterior) abtrennen läßt (Abb. 45 und 46). Doch ist immerhin auch in der Area temp. sup. anterior (TA2) die Streifung deutlich, und zwar im Verhältnis zur ungestreiften polaren Formation TG noch das deutlichste Unterscheidungsmerkmal. In diesem vorderen Teil TA2 ist ferner die innere Hauptschicht im großen ganzen dunkler tingiert als die äußere, während es in der hinteren Partie TA1 eigentlich umgekehrt ist.
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
Culmen: Gesamtdicke 2.6 mm | |||||||
0.20 | 0.15 | 0.65 | 0.18 | 0.50 | 0.40 | 0.50 | mm |
Culmen: Gesamtdicke 2.9 mm | |||||||
0.23 | 0.20 | 0.92 | 0.18 | 0.46 | 0.50 | 0.40 | mm |
Culmen: Gesamtdicke 3.0 mm | |||||||
0.26 | 0.18 | 1.00 | 0.22 | 0.50 | 0.46 | 0.40 | mm |
Wand: Gesamtdicke 2.0 mm | |||||||
0.26 | 0.14 | 0.70 | 0.20 | 0.30 | 0.26 | 0.14 | mm |
Wand: Gesamtdicke 2.2 mm | |||||||
0.24 | 0.18 | 0.68 | 0.18 | 0.36 | 0.36 | 0.18 | mm. |
664 Lobus temporalis.
Relative Zahlen:
I | II | III | IV | V | VIa | ||
Culmen | 0.09 | 0.07 | 0.36 | 0.08 | 0.21 | 0.19 | äH:iH = 52:48 |
Wand | 0.13 | 0.08 | 0.36 | 0.10 | 0.17 | 0.16 | äH:iH = 57:43. |
Bedenkt man, was wir anfangs gesagt haben, wie es für die Temporalformationen charakteristisch sei, daß die III. Schicht schmal wird und die äußere Hauptschicht über die innere überwiegt, so sehen wir, daß beides für die TA auf der ersten Temporalwindung noch nicht gilt und daß hier die III. Schicht sogar am Culmen breiter ist als der Durchschnittswert, breiter auch als in den unteren Parietalwindungen. Wir sehen somit zahlenmäßig dargelegt, was wir schon vorher gesagt hatten, daß die erste Temporalwindung ganz erheblich vom Bau der übrigen Temporalwindungen überhaupt abweicht.
Im vorderen Teil der ersten Temporalwindung ist individuell ziemlich oft die III. Schicht am Culmen, der also der lateralen Hirnkonvexität angehört, im Vergleich zur Breite, die sie in der Wand hat, recht auffallend verschmälert, so daß sie da statt 36% der Rindenbreite wie oben auszumachen, sie bloß 28-29% ausmacht; immer ist das auch in TA2 nicht der Fall, aber immerhin häufig genug, um hier verzeichnet werden zu müssen, bis nähere Studien dieses Verhältnis aufklären.
Nachdem die TA eigentlich nach all dem Gesagten ein Übergangsgebiet zwischen parietalen und temporalen Formationen ist, ist zu erwarten, daß auch im Bau der einzelnen Schichten verschiedentlich Anklänge bald an diese und bald an jene Formationen zu finden sein werden, abgesehen von den für sie selbst spezifischen Charakteristica, z. B. der Orgelpfeifenbildung.
I. Die Molekularschicht ist absolut und relativ von guter Breite, doch hält sie sich ungefähr um die Durchschnittszahlen. Absolut gegen die gleiche Schicht im Occipitallappen und im temporooccipitalen Parietalhirn ist die Molekularschicht, die zwischen 0.20 und 0.26 mm schwankt, sichtlich verbreitert. Die Abgrenzung ist gegen die II. Schicht ziemlich scharf, doch ist die Grenzlinie eine unterbrochene Linie oder, besser gesagt, sie zeigt einen etwas welligen Verlauf; denn infolge der teilweisen Aufsplitterung auch der II. Schicht durch die Radii wechseln an der Grenze zellführende mit zellfreien Räumen ab, wodurch, wie gesagt, der Saum wie ausgefranst und die Scheidelinie wie unterbrochen gewellt aussiebt; besonders trifft dies am Culmen zu, wie man auf Tafel LXXXIX und XCII sehen kann.
Zum Unterschiede der I. Schicht der Area supramarginalis ist hier die Molekularschicht nicht kernreich, und die Kerne sind über den ganzen Querschnitt von I ziemlich gleichmäßig verteilt; wir zählen ungefähr 60 Zellkerne pro 0.1 mm3 alles zusammen genommen, davon sind 6-8 Nervenzellen meist dreieckiger Form, von 8-10 / 5-8 µ Größe, also etwas größer als sonst durchschnittlich. Nur dort, wo sich die Area temporalis superior der Area supramarginalis nähert, wie auf Tafel XCII, kann man auch hier in der Molekularschicht eine Mehrung der zelligen Elemente bemerken, sowie eine Scheidung der Molekularschicht in eine zellreichere äußere und eine zellärmere innere Unterschicht.
II. Die äußere Körnerschicht ist absolut und relativ recht schmal, und wenn auch ihre relative Zahl nicht unter dem Durchschnittsmaß ist, so ist sie doch relativ und ganz besonders auch absolut unter den Zahlen, die wir für die äußere Körnerschicht im ganzen übrigen hinter der Rolandoschen Furche befindlichen Gehirn finden (ausgenommen vielleicht die Calcarinagegend). Von der breiten wolkenartigen Schicht, die sie in PF bildete, ist nur an den Übergangsstellen zum Gyrus supramarginalis noch etwas zu sehen; gewöhnlich hat sie nicht mehr als 0.15-0.18 mm Breite, manchmal 0.20 mm. Sie bildet keine sichtbare dichte, gut abgegrenzte Schicht wie sonst im Retrozentralhirn, wo man sie als eigene Zellage genau sieht, sondern mehr auf die Art wie im mittleren Frontalhirn erkennt man sie an einer mäßigen allmählichen Verdichtung und Verkleinerung ihrer Zellelemente; in diesem Abschnitt, den sie einnimmt und der nicht sehr zellreich ist, sieht man außerdem Lücken und Flecken, in denen noch weniger Zellen vorkommen, wo die Schicht gleichsam wie angenagt aussieht (Tafel LXXX, Höhe 35.5 / Breite 9 cm, LXXXVIII 2, Höhe 37.5 / Breite 25.5 cm, LXXXIX Höhe 36.5 / Breite 13 cm, XCII, Höhe 32.5 / Breite 36 cm), oder auch zellarme Streifen, die bis an die Molekulargrenze als Endausläufer der zellfreien Radii laufen. Diese „Radii" sind nicht etwa immer das Äquivalent der Markradii, und hier in der II. Schicht schon gar nicht, siehe hierzu S. 80. Infolge dieser Streifung der II ist auch die obere Grenzlinie derselben gegen die I nicht strichförmig, sondern unregelmäßig; sie senkt sich gleichsam in diese zellfreien Lücken hinein, um dann wieder von einem Büschel kleiner Zellen unterbrochen oder in die Höhe gehoben zu erscheinen. Die Zellen sind meist kleinste Pyramiden, nur in den oberflächlichsten Partien sind kleine Körnerzellen; letztere von 4/4 µ Größe und auch kleiner, erstere von diesem kleinsten Format, 6/5 µ bis zu 10/8 µ Größe, wobei die größeren, wie immer, die tieferen Lagen einnehmen. Man zählt ca. 90 Zellen pro 0.1 mm3, wovon nur ein Drittel Körnerzellen sind.
Area temporalis superior. 665
Auch die untere Grenze der II. Schicht ist nicht genau anzugeben, da die Pyramidenzellen allmählich den etwas größeren Pyramidenzellen der oberen III. Schicht Platz machen. Manchmal macht es wenigstens stellenweise den Eindruck, als ob unter der II. Schicht eine Aufhellung zu sehen wäre. Ob diese Lichtung einer Andeutung des Kaes-Bechterewschen Markstreifens entsprechen könnte, wollen wir später in §6 sehen.
An der Windungswand ist die II. Schicht etwas dichter als an der Kuppe, die Lückenbildung und radiäre Streifung ist hier nicht so gut zu sehen.
III. Die Pyramidenschicht ist, wie aus dem, was wir in §2 schon vorher gesagt haben, zu ersehen ist, recht verschieden in ihrem Aufbau. Von den etwas klobigen zellreichen Zellsäulen, die in der Temporooccipitalgegend (Tafel LXXX) zu sehen sind und die auch noch oft in der Wand der ersten Temporalwindung, besonders an kleinen Windungsabschnitten in ihrer unteren Wand auftreten (Tafel LXXXVIII, 2), finden sich einerseits Übergänge zum feinstreifigeren Orgelpfeifentypus, der dorsalwärts etwas parietalen Typus aufweist (Tafel XCII, d. h. kleinzellig, ziemlich gleichzellig, sehr feinstreifig, breite III, s. Tafel LXXII zum Vergleich!) und ventralwärts mehr den richtigen Orgelpfeifentypus zeigt (mit schmälerer III Schicht, etwas breiterer Streifung, 2-3 Zellen in der Breite, hier und da größere Zellen). Die Zellstreifen desselben finden ihre unmittelbare Fortsetzung in IV und V+VI (am ausgeprägtesten in TB, Tafel XCIII). Andrerseits finden sich auch Übergänge zu dem nur eine geringe Streifung in III aufweisenden Temporaltypus, wie ihn Tafel LXXXIX veranschaulicht, wo die Wand sehr deutlich, die Kuppe nur wenig gestreift ist; ferner haben wir auch früher schon besprochen, daß in den vorderen Partien von T1 die TA wieder feinstreifiger wird. Kurz gesagt, der eigentliche Orgelpfeifentypus zeigt sich erst in der Area TB und nicht so sehr in der Area TA; in TA ist dieser Orgelpfeifentypus meist durch seinen jeweiligen Nachbartypus beeinflußt, so in TA1 dorsal - vom Parietaltypus PF (Tafel XCII), ventral - vom wirklichen Temporaltypus TE (Tafel LXXXIX) und in TA2 vorn vom Polartypus TG, so daß jede exakte Beschreibung auf große Schwierigkeiten stößt.
Die Breite der III. Schicht ist eine sehr gute, meist über den Durchschnitt gehende und absolut zwischen 0.60 und 1.00 mm schwankende; also mehr dem parietalen Typus entsprechende (denn der eigentliche temporale Typus hat doch eine relativ schmale III Schicht). Auch in der Wand ist die III. Schicht der TA nicht schmal. Es wiederholt sich also immer das eingangs Gesagte, daß nicht nur die Area temporalis superior, sondern wie wir später an den übrigen Areae es noch deutlicher sehen werden, die ganze T1, d. h. die Regio supratemporalis überhaupt immer Anklänge an die parietalen Formationen aufweist.
Was nun die Zellen der Pyramidenschicht anlangt, so sind dieselben nahe dem Parietallappen noch ziemlich zahlreich und tragen auch bei schon ausgedehnter Orgelpfeifenformation noch den allgemeinen Charakter der Pyramidenzellschicht dieser Gegend, d. h. es ist keine besondere Zellzunahme von der Oberfläche nach der Tiefe zu zu bemerken, es sind überall die kleinen Zellen sowohl in den oberen Partien IIIa als in den tieferen IIIb in der Mehrzahl; in IIIb befinden sich aber daneben auch etwas größere Zellen, die jedoch eine mäßige mittlere Größe nicht überschreiten. Das oben geschilderte Verhalten sieht man am besten an Tafel XCII, die von einer parietotemporalen Grenzstelle der hinteren Lippe der Sylvischen Grube herstammt. In IIIa und IIIb sind ca. 35-40 Zellen pro 0.1 mm3, davon in IIIa die meisten von 15-18 / 8-10 µ und in IIIb mehrere Zellen daneben von 20-30 / 15-18 µ. Die Zellen haben schöne Pyramidenform. Hier sind neben den Pyramidenzellen auch ziemlich zahlreiche Körner. Eine IIIc-Unterschicht ist eigentlich hier nicht vorhanden.
666 Lobus temporalis.
Näher zur Mitte der ersten Temporalwindung, wo der Orgelpfeifentypus gut ausgeprägt ist, fällt meist auf, daß bald unter II, d. h. also die nächsten Partien von IIIa und noch ein großer Teil von IIIb recht aufgehellt sind, was man sogar makroskopisch am gefärbten Präparat bemerken kann. In dieser Gegend zählt man vielfach bloß 20 Pyramidenzellen pro 0.1 mm3 und darunter. Infolge der Aufhellung der Mitte der Pyramidenschicht bekommt man hier, besonders wenn zahlreichere größere Zellen in der tiefsten Lage der III. Schicht sich ansammeln, den Eindruck einer Dreiteilung der III. Schicht in eine oberflächliche IIIa, eine lichtere IIIb und eine - dann allerdings recht breite - IIIc, deren große Zellen wie gesagt 25-30 / 15-18 µ betragen (siehe z. B. Tafel LXXXVIII, 2). Dort, wo der Übergang des Orgelpfeifentypus in den gewöhnlichen Temporaltypus erfolgt, wie z. B. auf Tafel LXXXIX, Höhe 27 / Breite 17 cm, sieht man ab und zu auch vereinzelte sehr große Zellen, welche sogar 50/30 µ Größe erreichen können.
Die Zellstreifen, die der Area ihr eigentümliches Aussehen geben, fangen ganz am Grunde der III. Schicht an, wo sie einem Zellsäulchen der IV. Schicht aufsitzen; hier türmen sich dann 3 -5 größere Zellen senkrecht übereinander, während ihre Zwischenräume von kleineren Zellen ausgefüllt werden, doch derart, daß die Zellen voneinander stets durch einen kleinen Zwischenraum getrennt sind und man bei 25 µ Schnittdicke jedes Zellelement genau unterscheiden kann; dann folgen ebenso mittlere Zellen und zuletzt meist kleine Zellen; der Streifen ist schnurgerade und 2-3 solche Streifen der III. finden ihre gemeinsame Fortsetzung in einem Streifen der II. Schicht; natürlich läßt sich so eine Beschreibung nur recht approximativ geben und jeder Streifen ist etwas anders gebaut; im großen ganzen ist aber doch eine recht schöne Gleichmäßigkeit zu erkennen. Noch besser fallen die Streifen auf, wenn man das Präparat so hält, daß die Streifen im Gesichtsfeld horizontal d. h. quer verlaufen; die Streifung ist dann optisch auffälliger.
Auf die fallweise Verschmälerung von III in TA2 am Culmen haben wir S. 665 kurz aufmerksam gemacht.
IV. Die innere Körnerschicht ist nicht stark entwickelt, besonders im Verhältnis zu den sehr hohen Breitewerten, die sie in dem unteren Scheitelläppchen erreicht, und zu den hohen Zellzahlen, die sie im Occipitalläppchen aufweist, ist sie in der ersten Temporalwindung, wenn auch noch nicht so zellarm und schmal wie in den übrigen temporalen Partien (mit Ausnahme der Reg. supratemporalis), so doch zur Durchschnittsnorm zurückgekehrt. Sie hat eine Breite von 0.18-0.22 mm, was ungefähr 8% der Rindenbreite ausmacht, also nur wenig unter dem Durchschnitt ist.
Die meisten Zellen sind nicht eigentlich Körnerzellen, sondern meist dreieckige oder kleine Pyramidenzellen von 8/ 6-8 µ Größe, einzelne sind kleiner, andere größer, jedoch die Hauptzahl hat ein und dieselbe Größe. Es läßt sich keine Unterschichtung weder nach Größe noch nach Dichtigkeit in der IV. Schicht bemerken, und die Grenze gegen III und gegen V ist eine ziemlich scharfe, d. h. in jeder Zellsäule ist der Übergang des aus Kleinzellen der IV. Schicht bestehenden Stückes in das aus größeren Pyramidenzellen bestehende Stück der III. Schicht ein scharf abgegrenzter; dagegen ist die Stelle, wo dieser Übergang stattfindet, an jeder Zellsäule in einer etwas anderen Höhe derart, daß nicht eine gleichmäßige Linie die ganze Grenze zwischen III und IV oder IV und V anzuzeigen vermag, sondern diese Linie gebrochen ist.
Area temporalis superior. 667
Höchst typisch für den ganzen Temporallappen (exkl. Pol) ist aber die Säulchenbildung durch die Zellen der IV. Schicht, d. h. die Zellen bilden durch Aneinanderballung senkrechte Zellsäulen, die die ganze Breite der IV. Schicht einnehmen (Tafel LXXXIX und XCII) und von beinahe zellfreien Zwischenräumen getrennt sind. So eine Zellsäule hat also z. B. 60 µ Breite bei 200-300 µ Höhe (denn einzelne Zellsäulen reichen manchmal nach III oder V weiter hinein), und sie besteht am Schnitte von 25 µ Dicke aus ungefähr 50-80 Zellen von wie gesagt 8/ 6-8 µ Größe (im ganzen dürften also 100-150 Zellen so eine Zellsäule bilden). Die zellfreien Zwischenräume sind ungefähr 30- 40 µ breit und ziehen auch durch die ganze Höhe der Schicht; ganz zellfrei sind sie natürlich nicht. Die Anzahl Zellen im 0.1 mm3 ist ungefähr 130.
Nach oben sowohl, in die III. Schicht, als nach unten, in die V. Schicht, setzt sich bei schön ausgebildetem Orgelpfeifentypus die Zellsäule fort; doch geschieht das nach oben in viel deutlicherer Weise gewöhnlich als nach unten, wo oft in der V. Schicht eine etwas unscharfe Streifung die Rolle der richtigen Zellsäule mit Vorliebe übernimmt, oder wieder ein anderes Mal eine breitere Zellsäule 2 oder 3 Zellsäulen der IV. und III. Schicht entspricht. Siehe Tafel XCII, Höhe 22.5 / Breite 11.5 cm.
V. Die ganglionäre Schicht ist von guter Durchschnittsbreite, ca. 0.5 mm breit, im allgemeinen also schon hier besser entwickelt als im Parietal- oder Occipitallappen; sie zerfällt hier nicht in weitere Unterschichten.
Die V. Schicht ist ebenfalls wie die III. regionär in der TA selbst ziemlich verschieden. Nahe dem Parietallappen finden wir in V noch lauter kleine dreieckige und Pyramidenzellen, die nur ganz vereinzelt größer sind als die Zellen der ebenfalls kleinzelligen VI. Schicht, von der sie sich auch durch die Zelldichtigkeit nicht sehr unterscheidet (Tafel XCII). Weiter nach vorn nimmt die Zahl der hübsch geformten Pyramidenzellen von sichtbarer Pyramidenzellgröße wieder zu, und die V. Schicht zeigt deutlich eine gewisse Aufhellung der tieferen Partien (Tafel LXXX, LXXXVIII und LXXXIX), doch ist dieselbe nicht auffallend genug, um etwa eine zelldichtere obere Va von einer lichteren Vb zu unterteilen. Lateral und ventral dagegen nimmt die V. Schicht die Charakterzüge der Area temporalis propria an, d. h. sie wird breiter, bedeutend zellgrößer und zelldichter. Auf Tafel LXXXIX befinden wir uns gerade am Übergange, man sieht, wie hier die Zellen länger und schlanker werden und die V. Schicht dichter und breiter. Durchschnittlich zählen wir im typischen Teile von V gegen 40 Zellen pro 0.1 mm3, sie sind meist mittlere Pyramiden kleineren Kalibers von 15-20 / 8-10 µ Größe, daneben aber auch kleine Zellen von 8/6 µ und ganz vereinzelte große 30/20 µ.
Die Zellsäulen sind nicht so schön wie in IV oder III, aber immerhin sichtbar, obschon die Aneinanderreihung der Zellen weniger dicht und regelmäßig als in den vorgenannten Schichten (es sind ca. 20-30 Zellen pro Zellsäule in V); eigentlich sind die zellarmen Radii hier besser ausgeprägt als die zellreichen, die manchmal auch in ihrer Höhe Unterbrechungen erfahren. Insbesondere in der Windungswand (Tafel LXXXVIII, 2) ist von einer zellsäulchenförmigen Aneinanderreihung der Elemente nur stellenweise etwas zu sehen.
Gegen die VI. Schicht ist die Abgrenzung durchführbar durch Beachtung der Zellform. Die Abgrenzung ist ziemlich linear.
VI. Die Spindelzellenschicht verdient im allgemeinen ihren Namen hier wieder recht gut; je weiter man nach vorn und lateral nach unten kommt, desto breiter wird die Schicht, desto größer und wohlgeformter ihre Elemente (Tafel LXXXIX) und - desto ungenauer die Begrenzung der Schicht gegen das Mark, da die echten Spindelzellen immer tief und weit im Mark der Windungen noch zu finden sind. Nahe beim Gyrus supramarginalis (Tafel XCII) ist VI kleinzelliger und schärfer gegen das Mark abgegrenzt.
668 Lobus temporalis.
Im großen ganzen ist die Schicht von guter Breite, mit 0.75-1.00 mm Breite (0.88 mm im Durchschnitt), doch erreicht sie nicht ganz den relativen Durchschnittswert, zeigt also hierin eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Gyrus supramarginalis, während die Area temporalis propria, wie wir sehen werden, eine breitere VI Schicht hat. Aber auch TA zeigt darin regionäre Änderungen, wie wir oben gesagt haben.
Man kann eine zellreichere VIa von einer zellärmeren VIb unterscheiden. In VIa zählt man ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3, davon die meisten schön spindelförmig 20-30 / 10 µ Größe, mit Kern und Kernkörperchen und Trabantzelle. In den Wänden der hinteren Teile von TA1 jedoch (Tafel LXXXVIII 2) sind noch die meisten Zellen von VIa triangulär oder gar pyramidenförmig. In VIb zählt man ungefähr 16 Zellen pro 0.1 mm3, und zwar sind dieselben meist bloß 15-20 / 8 µ groß.
Was nun die Orgelpfeifenbildung anbelangt, so ist dieselbe eigentlich in der VI. Schicht deutlicher als in der V. Schicht ausgebildet. Die VI. Schicht ist im ganzen von zellfreien Radii durchzogen, die sich in die Radii der V., IV. und III. fortsetzen, manchmal verlieren diese Radii gerade innerhalb der V. Schicht an Deutlichkeit, so daß man ihre Fortsetzung mehr schätzungsweise vornehmen und vermuten muß in dem darüber in der IV. und III. Schicht in ungefähr gleicher Richtung ziehenden Radius. Die Zellsäulen sind hier 3-5 Zellen breit und erinnern mit ihren spindelförmigen Elementen oft an Fischzüge. In einem solchen Zug, der ununterbrochen durch VIb und VIa zieht, zählt man bei 25 µ Schnittdicke ca. 60 Zellen.
In den schmalen Wänden der TA ist jedoch in der VI. Schicht von Säulenstellung und Orgelpfeifenstellung nichts mehr zu sehen, sondern VIa ist dicht bandartig, und eine Unterscheidung von einer schmalen Wand des Parietallappens sogar des oberen Parietalläppchens manchmal sehr schwer; man vergleiche zum eben Gesagten Tafel LXXXVIII, Bild 2, mit Tafel LXV, Bild 2.
Es ist also die Area temporalis superior von einer granulären Formation eingenommen, die in ihrer Zellzusammensetzung in der Mitte steht, ungefähr zwischen den parietalen Formationen und, wie wir noch sehen werden, den ventral an sie grenzenden mittleren temporalen Formationen und von beiden, je nach der Region, bald mehr bald weniger Eigenschaften bietet. Architektonisch jedoch hat sie eine ihr typische Eigentümlichkeit, nämlich die Streifung oder Zellsäulenbildung, die durch alle fünf Zellschichten durchgeht, sogar bis zur II., und die wir, um sie von den übrigen Zellsäulenbildungen, die meist bloß Teile der III. Schicht, evtl. auch der V. Schicht ergreifen, zu unterscheiden Orgelpfeifenbildung genannt haben. Diese Streifung dehnt sich von ihr aus etwas auf die unmittelbar benachbarten parietalen und parietooccipitalen Gebiete aus. Die IV. Schicht ist, wie im ganzen Temporallappen, in senkrechte dichte Zellsäulen zerteilt. Kurz zusammengefaßt bieten die einzelnen Schichten folgende Merkmale:
I. 0.23 mm, ist recht breit, nicht kernreich, hat 6-8 Nervenzellen pro 0.1 mm3 von 8-10 / 5-8 µ.
II. 0.18 mm, ist eher schmal, meist dreieckige kleine Zellen, durch das Hineinragen der radiären Streifung zerklüftet, eher zellarm, mit Lücken, 90 Zellen pro 0.1 mm3, Grenze nach oben und unten unscharf.
III. 0.86 mm, ist recht breit, mittelzellgroß, ca. 40 Zellen pro 0.1 mm3, durchgehende Zellsäulen bildend.
IV. 0.19 mm, relativ schmal, nicht zellreich, 120 pro 0.1 mm3, kleinzellig, senkrechte Säulen bildend.
V. 0.50 mm, mittelbreit, nichts Typisches, Übergang von kleinen Zellen zu größeren.
VI. 0.88 mm, zerfällt in zellreiche VIa und zellarme VIb, deutliche Spindelzellen.
Derart gebaut, überzieht die Area TA (s. Abb. 92) den größten Teil der ersten Temporalwindung, mit Ausnahme ihrer dorsalen (Sylvischen) Oberfläche, die in weitem Ausmaß von den später zu besprechenden Areae TB und TC und TD eingenommen wird und mit fernerer Ausnahme ihres polaren Teiles, der von der Area TG überzogen ist. Sie überzieht also das hintere (und mittlere) Drittel der T1, welches eine Übergangswindung zum Gyrus supramarginalis darstellt und die Sylvische Grube nach hinten abschließt und grenzt auf dieser Übergangswindung an die Area supramarginalis PF; sie reicht hier sogar ein Stück in die seichter werdende Sylvische Grube herein auf den sich verschmälernden Teil des Planum temporale (wie man den Boden der Sylvischen Grube caudal von der Heschlschen Windung nennt); dann überzieht die TA die Konvexitätsoberfläche der T1 d. h. deren hintere zwei Drittel, und auch die basale Oberfläche der T1 in der ersten Temporalfurche beinahe bis zum Grunde derselben. Ihre vordere Begrenzung (gegen die temporopolare Area TG) findet die TA in der Richtung der idealen Fortsetzung des Margo posterior insulae quer bis zur lateralen Oberfläche. An dieser vorderen Begrenzung reicht die Area TA nochmals breit zungenförmig auf die (dorsale) Sylvische Oberfläche der T1, wo sie das sich abflachende, in seichte Furchen und Windungen verlaufende frontolaterale Ende der Heschlschen Windung überzieht und an die Inselformation angrenzt. So umfaßt sie also breit halbmondförmig auf dem Boden der Sylvischen Grube, der durch die dorsale Wand der ersten Temporalwindung dargestellt wird, die Formationen TB, TC, TD, welche den größten Teil dieses Bodens einnehmen; von der Heschlschen Windung bedeckt sie dabei bloß deren frontolaterale seichte Endausläufer und höchstens noch ihr an die Konvexität tretendes laterales Ende. Basal grenzt die TA in der Tiefe der ersten Temporalfurche an die Area TE; sie überzieht also mit ihrer eigenartigen breitstreifigen Formation die untere Fläche der ersten Temporalwindung. Ist die erste Temporalfurche sehr seicht, so reicht sie bis zum Talgrund derselben. Manchmal ist aber dieselbe äußerst tief; da befindet sich die Grenze gegen TE meist schon in der Wand der T1; die individuellen Unterschiede hier sind nicht unbedeutend. Übergangswindungen von der ersten zur zweiten Temporalwindung sind meist auch noch von der TA überzogen.
Area supratemporalis simplex. 669
Die regionären kleinen Änderungen haben wir schon besprochen. Wir wollen hier bloß aufmerksam machen, daß in der vorderen Partie der Area am Culmen der ersten Temporalwindung die Heschlsche Windung bis an die laterale Oberfläche mit ihren seichten Ausläufern heranreicht; die Partie von TA, die polarwärts davon liegt, ist etwas anders gebaut als die Partie, die occipitalwärts davon liegt; letztere, die Area temporalis superior posterior TA1 zeigt die hier besprochenen Charakteristica der Orgelpfeifenbildung und der besseren Färbung der äußeren Hauptschicht und kleinere Zellen in V; die vordere Partie jedoch TA2 Area temp. sup. ant. zeigt die Streifung nicht so deutlich, und bei ihr zeigt die innere Hauptschicht die tiefere und deutlichere Tinktion und etwas größere Zellen in V; auch ist bei ihr manchmal am lateralen Culmen die III. Schicht auffallend verschmälert. Diese Formation überzieht auch den hinteren Teil jener Abteilung der oberen vorderen Temporalfläche, welche sich wie oben gesagt vor der ersten Heschlschen Windung flach ausbreitet und einige Unebenheiten aufweist, welche SCHWALBE als Gyri transversi anteriores (Abb. 21, g. tr. a. S.) bezeichnet hat. RETZIUS nennt dieses ganze Gebiet insulare Abteilung der oberen Temporalfläche, weil sie bei geschlossener Sylvischer Grube von der Insel bedeckt wird. Ihre vordere Partie ist cytoarchitektonisch von der polaren Formation TGa und zum Teil von der Area orbitoinsularis IC eingenommen.
§6 und §7 der ganzen Regio supratemporalis werden gemeinsam besprochen S. 691 und 701.
Die obere Temporalfläche, die von RETZIUS operculo-insulare Fläche des Temporallappens genannt wird, zerfällt nach diesem Autor in eine rückwärtige größere operculare Abteilung, die bei geschlossener Sylvischer Spalte vom Operculum parietale bedeckt wird, und in eine vordere kleinere insulare Abteilung, die von der Insel bedeckt wird.
670 Lobus temporalis.
Die operculare hintere Abteilung stellt ein ziemlich flaches Dreieck dar; seine vordere Seite wird durch den in die Tiefe ziehenden Margo insularis gebildet, seine kleine hintere Seite dann durch das hintere Ende der Talsohle der Fissura Sylvii und seine äußere sich daranschließende längste Seite durch den oberen Lippenrand der ersten Temporalwindung der lateralen Mantelfläche dargestellt, die gleichsam als die Basis dieses Dreieckes nach vorne zieht und vorne wieder den Margo insulae trifft. Die stumpfe Spitze dieses Dreiecks liegt also in der parietalen Tiefe der Sylvischen Grube- von hier aus ziehen fächerförmig nach RETZIUS drei Gyri transversi aus der Tiefe medial- und rückwärts an die Oberfläche lateral und nach vorn auf dieser horizontalen Dreiecksfläche - es sind dies die Gyri temporales profundi Heschl (Abb. 21, HI, HII, HIII); der vorderste erste ist der stärkste, seine Verlaufsrichtung ist von hinten medial nach vorn und etwas lateral; die zweite mittlere zieht auch etwas nach vorn, aber mehr lateral, und der dritte kleinste hintere und inkonstanteste zieht dagegen beinah bloß genau quer von innen medial nach außen lateral. Die vordere erste dieser drei Windungen ist die konstanteste, mächtigste, sie ist die eigentliche Heschlsche Windung HI; vorn ist sie vom Margo insularis, hinten vom tiefen Sulcus temporalis profundus, s. t. p. I (Sulcus temp. transvers. 2. Retzii) begrenzt; dieser letztere Sulcus schneidet gewöhnlich in die Oberlippe des Gyr. temporal. primus tief ein, er tritt somit mit diesem Einschnitt sichtbar an die laterale Hirnoberfläche und markiert hier die Stelle der Heschlschen Windung; unmittelbar davor sendet die darunterziehende erste Temporalfurche t1 einen kleinen Ast nach oben in der Richtung gegen das Culmen der Heschlschen Windung (Sulcus acusticus, s. a.), so daß hierdurch auch von außen das Ende der Heschlschen Windung an der lateralen Oberfläche als ein S-förmig gekrümmter kleiner Windungsteil der ersten Temporalwindung imponiert. Die vordere Begrenzung des Stammes der Heschlschen Windung ist nur rückwärts, solange der Margo post. insulae tief einschneidet, eine genauere; weiter vorne und lateral wird der Margo seicht, die Heschlsche Windung verbreitert sich hier, indem ihr vorderer Rand an dieser Stelle so etwas wie einen kleinen Wall bildet, der nicht mehr lateral, sondern eigentlich mehr direkt frontal, beinahe parallel mit der Mantelkante verläuft und sich dann abebnend auflöst (nach innen von dem Wall beginnt die sogenannte insulare Abteilung [RETZIUS] der dorsalen Temporalfläche). Caudal von der ersten Heschlschen Windung ist die zweite auch immer vorhanden oder wenigstens klar genug angedeutet; die dritte hinterste ist nicht konstant. Nach FLECHSIG ist in der linken Hemisphäre meist bloß Heschl I vorhanden, und dahinter ist die Sylvische Grube ebener und langer als rechts (Planum temporale); rechts ist in der Regel auch noch ein Heschl II vorhanden und das Planum temporale kürzer. Es gibt auch Fälle dabei, wo, wie gesagt, 3 und auch 4 oder 5 Gyri transversi Heschl vorkommen. Manchmal ist Heschl I durch eine Längsfurche gespalten. In der Tiefe der Sylvischen Grube verschmälert sich jede der Heschlschen Windungen und sie setzen sich oft mit ihren Spitzen zwischen die Spitzen der Gyri transversi operculi parietalis zahnradartig an. Sehr oft jedoch gehen sie auch direkt in diese Gyri transversi über. Der erste dieser parietalen opercularen Gyri transversi (G. tr. op. I) zieht (Abb. 24) am Dache der Sylvischen Grube vom hinteren Abschnitt des Operculum Rolando (Gyr. central. post.) zu dem Ansatz der Insula posterior am Grunde des Sylvischen Grube; der zweite operculare parietale Gyrus transversus zieht von der Brückenwindung (die als untere Bogenwindung von dem Gyrus postcentralis zum vorderen Gyrus supramarginalis sich schwingt) am Dache der Sylvischen Grube zum Fundus derselben und findet hier sehr oft ihre unmittelbare Fortsetzung mit einer knieförmigen Biegung in die erste große Heschlsche Windung; so kann auch der nächste Gyrus transv. opercul. parietal. tertius in die 2. und 3. Heschlsche Windung seinen Übergang finden. PFEIFER hält diesen Zusammenhang der ersten Heschlschen Windung mit der hinteren Zentralwindung für ein typisches Kennzeichen der Heschl I. Dieser Art bilden die Heschlschen Windungen gleichsam 2-3 parietotemporale Übergangswindungen, welche also beim Menschen opercularisiert sind. Dieser Übergangscharakter kommt auch in ihrer zum Teil parietalen Mikroarchitektonik zum Ausdruck.
Die vordere insulare Abteilung der oberen Fläche der ersten Temporalwindung, welche vor dem Fuß der ersten Heschlschen Windung bis zum Pol sich ausdehnt (Abb. 21), ist von einigen kleinen seichten Furchen und buckelförmigen Windungen durchzogen, welche manchmal als Fortsetzung der ersten Heschlschen Windung imponieren; die letzte vorderste Furche bildet, da sie nach vorne vom halbkreisförmigen Randwulste des Poles begrenzt ist, wie man auch am Schema der Abb. 21 ganz deutlich sieht, eine Art Delle. Die kleinen Windungen werden Gyri temporal. transversi anteriores nach SCHWALBE genannt (g. tr. a. S.). Die hinteren und lateralen derselben sind von der Formation TA2 überzogen, s. Abb. 92, die vorderen und medialen in ihrem vorderen Teil von der polaren Formation TG und mehr der Insel zu von der Area orbitoinsularis IC, doch ist die Formung hier individuell recht verschieden. Die vorderen und medialen dieser kleinen Gyri transversi Schwalbe liegen, wenn man den Temporalpol nach unten klappt (Abb. 21), sichtlich in der direkten Fortsetzung der Insula posterior. Die lateralsten und hinteren dieser Gyri dagegen gehören eigentlich gar nicht zu denselben, sondern sind die frontalsten Endausläufer von Heschl I.
Area supratemporalis simplex. 671
Der größte Teil der dorsalen oberen Fläche der unteren Temporalwindung ist nun von einer Formation eingenommen, die ebenso wie TA parietotemporalen Typus hat, d. h. den Rindentypus 3 aufweist, daneben aber den Orgelpfeifencharakter noch deutlicher zeigt als die übrigen Areae der ganzen Regio supratemporalis, und die wir deshalb, gleichsam als Grundtypus dieser Region, als Area (Formatio) supratemporalis simplex (TB) bezeichnen; sie geht rückwärts lateral und vorn lateral (Abb. 92) in die Area TA (resp. TA1 und TA2) allmählich ohne scharfe Grenze über; vorn in der Tiefe der Sylvischen Grube grenzt sie an die Inselformation und deren Übergangsbildung IBT (Tafel LVII); in der Tiefe der Sylvischen Grube medial grenzt sie an eine Formation TD, die wir zuletzt besprechen wollen. Was nun ihr Gebiet (TB) anbelangt, so ist dasselbe als recht ausgedehnt zu bezeichnen; sie überzieht beide vorderen Heschlschen Windungen ziemlich zur Gänze bis auf das in die Tiefe versenkte medialste Stück derselben (das von TD eingenommen wird), und von der dritten Heschlschen Windung den vorderen Teil (während der hintere von TA meist eingenommen ist, der oft auch die ganze 3. Windung überzieht). Nun ist in dieses weite Gebiet von TB ein kleines Feld mitten auf der ersten Heschlschen Windung eingesetzt, das ungefähr die Größe eines alten 20-Heller-Stückes hat, also ca. 1.5 cm Durchmesser, das unregelmäßig begrenzt längsoval wie gesagt größtenteils auf der ersten Heschl liegt, aber zungenförmig auch nach rückwärts auf die zweite Heschl hinüberreicht; dieses Gebiet ist von der umgebenden Area supratemp. simplex recht unterschieden durch die starke Entwicklung ihrer II. und speziell IV. (Körner-) Schicht, besonders aber auch durch die Kleinheit und Menge ihrer Zellen überhaupt auch in den übrigen Schichten so daß auch hier ein granulöser heterotypischer Typus, ein Koniocortex, Area TC, sich aus dem homotypischen granulären Grundtypus TB herausdifferenziert hat. Diese Area supratemporalis granulosa TC - wie wir sie nennen wollen - liegt also wie ein Fleck mitten im Gebiete der Area temporal. simplex TB (s. Abb. 92) und verhält sich zu ihr ähnlich wie sich zur Area postcentralis oralis simplex (PB2) die Area postcentralis oralis granulosa (PB1) verhält. Näheres über ihre gegenseitige Abgrenzung wollen wir in §5 besprechen.
Nun wollen wir zuerst in §1, 2, 3, 4 den Bau der TB besprechen, dann wieder anschließend den Bau TC in ihren Paragraphen §1.2.3.4, darauf gemeinsam die Umgrenzung dieser beiden Areae in §5, dann den Bau der kleinen Area TD, und später gemeinsam für diese Areae TB, TC, TD und auch noch TA in §6 und 7 die Markbildung und die mutmaßliche physiologische Dignität dieser Formationen.
Die Rinde der Heschlschen Windungen ist im allgemeinen, obschon es sich eigentlich um eine „Wandbildung", die dorsale Wand der ersten Temporalwindung, handelt, ebenso breit oder breiter als die Rinde der übrigen ersten Temporalwindung (Abb. 26); sie hat im Gebiete von TB 3.0-3.2 mm Gesamtbreite.
Makroskopisch erscheinen schon im blaugefärbten Präparat (Abb. 116, Nr. 15) die mittlere Partie der III. und die V. Schicht als hellere breite Streifen, die zwischen sich den dunklen Streifen der unteren Partie der III. und der ganzen IV. fassen.
Die Formation TB ist auffällig durch ihre gute horizontale Schichtung einerseits, ihre sehr ausgesprochene Orgelpfeifenstellung andererseits und durch ihre großen Pyramidenzellen in IIIc.
672 Lobus temporalis.
Die auffällige horizontale Streifung ist hervorgerufen durch die lichte breite I. Schicht, die breite und relativ dichte, also dunkle II. Schicht, die Aufhellung der lichteren mittleren Teile der III. Schicht, während die tieferen zellgroßen Teile derselben und die recht zelldichte IV Schicht wieder einen breiten dunklen Streifen bilden, unter dem die V. Schicht wieder etwas lichter und darunter die VI. etwas dunkler aussieht, so daß man sechs abwechselnd lichte und dunkle Streifen sieht (s. Abb. 116, Nr. 15 und Tafel XCIII).
Ferner ist auch infolge der Orgelpfeifenstellung die radiäre Streifung (Abb. 45) eine noch auffälligere als in TA; sie geht auch hier von der VI. deutlich bis in die II. Schicht und zerteilt ebenfalls die IV. Schicht in senkrechte Säulen; sie hat also noch mehr als in TA den sog. Orgelpfeifentypus. Man beachte z. B. Tafel XCIII die Streifen bei Höhe 22 cm / Breite 8-9-12 cm und Höhe 23 cm / Breite 21-28 cm. Mehrzellig breite Streifen wechseln mit schmäleren und auch mit einzelligen ab. Sie haben ein eigenartiges, recht typisches Aussehen, das man sonst im Hirn wohl kaum noch anderswo so deutlich wiederfindet.
Die typische Säulenstellung der Zellen der IV. Schicht, die wir schon in TA gefunden haben, ist auch hier sehr deutlich, sogar noch deutlicher. Darüber sehen wir eine mehrzellige, große und vereinzelte, sogar sehr große pyramidenzellenführende IIIc-Schicht und darunter einzelne sehr große Pyramidenzellen im sonst kleinzelligen V.
Dies die Hauptmerkmale, an denen sogar bei flüchtiger Betrachtung die TB-Formation zu erkennen ist. Im großen ganzen jedoch ist die Ähnlichkeit mit der Formation des Gyrus supramarginalis eine sehr große und auch zu der Area temporalis superior TA. Man stelle z. B. die Tafeln LXXII, LXXVIII, XCII und XCIII nebeneinander; ein solcher Vergleich allein spricht mehr als jede Erklärung; besonders dann fallen hier Verwandtschaft und Unterschiede auf, sowie der gemeinsame Rindentypus 3 (Abb. 88). Wenn wir dieses Aussehen mit dem der Nachbarformation (der Area tempor. propria TE der zweiten und dritten Temporalwindung, Tafel XC und XCI) vergleichen, da muß man wohl zugestehen, daß sie (TB und TA) eine viel größere Verwandtschaft zu den parietalen als zu den Formationen der Regio temporalis propria haben. Wenn die TB von den temporalen Eigenschaften überhaupt die Säulchenstellung der Zellen der IV. Schicht und die Orgelpfeifenstellung hat, so hat sie hinwiederum von parietalen Eigenschaften die größere Breite von II und IV und vor allem den Zellreichtum und die Kleinzelligkeit von III, V und VI, die Ähnlichkeit der Zellen in V und VI und die gute Abgrenzung gegen das Mark und besonders das Gesamtbild der Zellverteilung.
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
Gesamtdicke am Culmen: 3.2 mm | |||||||
0.28 | 0.26 | 1.06 | 0.34 | 0.40 | 0.46 | 0.38 | mm |
Gesamtdicke am Culmen: 3.05 mm | |||||||
0.20 | 0.15 | 0.70 | 0.40 | 0.40 | 0.60 | 0.60 | mm |
Gesamtdicke an der Wand: 2.65 mm | |||||||
0.25 | 0.15 | 0.80 | 0.45 | 0.40 | 0.40 | 0.20 | mm |
Die relativen Dickenverhältnisse sind:
I | II | III | IV | V | VIa | ||
Culmen | 0.09 | 0.08 | 0.34 | 0.14 | 0.15 | 0.20 | äH:iH = 51:49 |
Wand | 0.10 | 0.07 | 0.33 | 0.18 | 0.16 | 0.16 | äH:iH = 50:50 |
Man ersieht auch objektiv aus diesen Zahlen, wie sich der Typus der Formation TB mehr noch als TA dem parietalen Typus nähert; besonders hohe Werte erreicht hier, absolut und relativ, wieder die IV. Schicht, die, wie wir später sehen werden, in der eigentlichen Temporalformation an Breite wieder bedeutend zurücktritt.
I. Die Molekularschicht erreicht mit 0.20-0.28 mm eine absolut sehr gute Breite. Sie ist nicht reich an Kernen, hat bloß ca. 50 Kerne pro 0.1 mm3, Glia- und Blutgefäß- und Nervenzellkerne zusammengenommen, davon sind ca. 5 Nervenzellen, meist kleine pyramidenförmige, mit der Spitze gegen außen gekehrte; meist von 8/6 µ Größe, ganz vereinzelte sind auch 10/8 µ. Man kann keine kernreiche von einer kernärmeren Schicht unterscheiden. Die untere Grenzlinie gegen II ist zackig oder unregelmäßig gewellt, weil die II. Schicht infolge der Radii, die sie zerteilt, bald etwas höher mit ihren Zellen reicht, bald wieder weniger hoch.
Area supratemporalis simplex. 673
II. Die äußere Körnerschicht ist für eine Temporallappenformation ebenfalls von guter Breite, schwankend zwischen 0.15 und 0.26 mm erreicht sie stellenweise solche Werte, wie wir sie vom unteren Scheitelläppchen her kennen. Ihre relativen Zahlen entsprechen aber dem Durchschnitt. Die Zellen sind nur zum geringsten Teil echte Körnerzellen, die Hauptzahl besteht aus mehr oder minder pyramidenförmigen Zellen, die nach außen zu etwas kleiner sind, 8/ 6-8 µ, nach der Tiefe zu etwas größer werden, bis zu 18/10 µ, jedoch kommen hier auch in der obersten Schicht schon zahlreichere größere Zellen vor, und die ganze II Schicht ist relativ etwas großzellig. Es sind durchschnittlich 85 Zellen pro 0.1 mm3. Die II. Schicht läßt auch das Hineinreichen der Radii in sie erkennen, wodurch die Zellen öfters radiäre zellarme Zwischenräume oder auch sonst Lücken zwischen sich lassen (Tafel XCIII, Höhe 34 / Breite 5, 36/16 cm). Durch die Radii werden oft die kleinen Zellen spindelförmig gegen I vorgetrieben, was die obere Grenze unsicher und gebrochen erscheinen läßt.
Nach abwärts gegen IIIa ist die Grenze ebenfalls nicht deutlich, weil die Zelldichtigkeit und Tinktionsintensität ungefähr die gleiche ist und nur die Zellgröße von IIIa etwas stärker ist, so daß erst bei Betrachtung mit einer stärkeren Vergrößerung die tatsächliche Grenze gezogen werden kann, die man sonst bei schwachen Vergrößerungen zu tief, wahrscheinlich an der oberen Grenze des lichteren IIIb, ziehen würde.
III. Die Pyramidenschicht ist von sehr guter Breite, sie kann auch mehr als 1.0 mm Breite betragen, jedenfalls ist sie über dem Durchschnittswert. Sie zerfällt ziemlich deutlich, mehr ihrer Dichtigkeit als ihrer Zellgröße nach, in 3 Unterschichten, und zwar in eine dunklere IIIa, die in Anlehnung an II von dieser kaum recht zu unterscheiden ist, in eine lichtere breite IIIb, und in eine relativ ebenfalls recht breite, dichtere und sehr großzellige IIIc-Schicht. Überhaupt ist die III. Schicht zellreich.
In IIIa zählt man ca. 57 Zellen pro 0.1 mm3, wovon die meisten 18-20 / 12-15 µ Größe haben, daneben auch einige kleiner, 9-15 / 7-10 µ Größe.
In IIIb zählt man ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3, wovon die meisten 20-25 / 15-20 µ. Größe haben, die übrigen wie in IIIa.
In IIIc zählt man ca. 33 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind 10 ungefähr 35-60 / 25-30 µ Größe, also einzelne beinahe Riesenpyramiden, ca. 10 Stück von mittlerer Größe, 18-25 / 12-18 µ, und ca. 13 ganz kleine Pyramidenzellen von 10/8 µ usw.
Man sieht daraus schon, daß die IIIa- und IIIb-Schicht sich mehr durch ihre Zellzahl als durch ihre Zellgröße unterscheiden, was man auch an Tafel XCIII sehr gut sieht. IIIc dagegen enthält in mehreren (3-6) Zeilen Zellen von beinahe Riesenzellengröße, aber von schlankem Pyramidenbau und tiefer Tinktion, die manchmal sich der Spindelform nähern und die für die Area supratemporalis simplex ganz charakteristisch sind. Sie haben sichtbar einen großen Kern und Kernkörper; Tigroide sind bloß selten zu erkennen; sie haben selten mehr als zwei Trabantzellen; vielfach findet man sie in der Literatur als „Riesenzellen der Hörrinde" angeführt (Abb. 74).
Das Verhältnis der Dicken von IIIa:IIIb:IIIc ist ungefähr 1.5:2:1.5.
Was nun ganz charakteristisch für die Area supratemporalis simplex ist, sind die langen Zellsäulen, die gewöhnlich auf eine Zellsäule der IV. Schicht sich auftürmend bis in die II. Schicht hinein sich fortsetzen. Manche davon sind recht breit, bis zu 5 Zellbreiten nebeneinander (Tafel XCIII Höhe 24 / Breite 12 cm), andere wieder schmäler, bis zu zwei oder einer Zellbreite. Zu unterst an der Basis, unmittelbar über IV, türmen sich 4-6 große Zellen übereinander und nebeneinander, dazwischen kleine Pyramidenzellen, so daß sie ziemlich kompakt den Grund der Zellsäule bilden in der dichten IIIc, darüber baut sich etwas lockerer aus mittelgroßen Zellen die Säule in der IIIb und dann wieder etwas dichter das Säulenende in IIIa (das sich noch in II fortsetzt). In IIIb und IIIa stellen sich die Zellen in lange Zeilen, so daß eine Zelle unmittelbar unter der anderen ist; aus derart parallelen langen Zellzügen nebeneinander setzen sich hier meist die Zellsäulen zusammen. Jedenfalls ist die III. Schicht wohl die eigenartigste in der Area supratemporalis simplex.
674 Lobus temporalis.
IV. Aber auch die innere Körnerschicht hat eine recht typische Bauart. Vorerst fällt für eine Temporalbildung ihre Breite auf, die kaum hinter der Breite der inneren Körnerschicht der Parietalformationen zurückbleibt, wodurch wieder die nahe Verwandtschaft der TB mit den Parietalbildungen sich dokumentiert. Absolut zwischen 0.35 und 0.45 mm schwankend, zeigen schon diese Zahlen Werte, die man selten in anderen Gebieten übertroffen sieht; besonders in der Wand ist die IV. Schicht breit, relativ sogar bis zu 18% der Rindenbreite!
Außerdem ist aber daneben auch noch die „temporale" Eigenschaft der Säulenbildung durch die Körner hier besonders gut entwickelt. Durch die zellarmen Radii wird die Körnerschicht in lauter senkrechte Zellsäulen gespalten, die durch die ganze Schichtbreite durchgehen, so daß die Höhe einer solchen Säule der Breite der ganzen IV. Schicht entspricht, also 0.35-0.45 mm beträgt, der Durchmesser dagegen beträgt 60-100 µ, d. h. 0.06-0.10 mm; vielfach sind jedoch die Säulen etwas länger oder auch kürzer als die durchschnittliche Breite der inneren Körnerschicht, indem die Säulen vielfach nach III ziemlich hoch hineinreichen und gleichsam die IIIc-Schicht höher hinaufheben; man vergleiche z. B. in Tafel XCIII die Stellung der IIIc-Schicht bei Höhe 21 / Breite 12.5 cm und bei Höhe 22 / Breite 21 cm. Dadurch ist die obere Grenze keine gerade, sondern eine wellenförmige Linie, Auch die untere Grenze gegen V ist nicht leicht genau anzugeben, denn oft sind die obersten Zellen von V sehr klein und der Dichtigkeitsgrad stellenweise recht groß, so daß man oft im Zweifel ist, wo man die Grenze zu ziehen hat, doch handelt es sich da bloß um Differenzen von 0.05-0.08 mm.
Wir zählen in IV ca. 125 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind viele Körnerzellen und vielen dreieckige oder auch unregelmäßig geformte Zellen von 8-10 / 8 µ, auch etwas größere von 10-15 / 10 µ, hier und da ist auch eine größere oder eine ganz große Pyramidenzelle aus III hierher disloziert oder eine etwas weniger große aus V (Tafel XCIII, Höhe 20 / Breite 16.4 und 22/17 cm). Im allgemeinen kann man sagen, daß in den oberen Partien von IV sich häufiger kleinste Zellen in den tieferen häufiger die größeren finden, doch kann dies nicht als eine durchweg geltende Regel ausgesprochen werden, und so wird auch hier keine solche Differenz in der Form und Dichtigkeit beobachtet, die eine Unterteilung der IV. Schicht, wie im parietalen Lappen, berechtigt erscheinen ließe.
Eine schmale Zellsäule enthält ungefähr 80-100 Zellen, die ziemlich eng aneinandergerückt sind. Die Zellen sind, wie man aus den Zahlen sieht, im allgemeinen für die Körnerschicht von guter Größe und färben sich recht intensiv.
V. Die ganglionäre Schicht ist unter der Durchschnittsbreite und übersteigt absolut nicht 0.4 mm und relativ macht sie kaum 16% der Gesamtheit aus. Für eine temporale Bildung ist sie eher schmal, sogar auch für eine parietale. Es kommt offenbar hierin zum Ausdruck, daß die Area supratemporalis doch eigentlich eine Wandbildung ist, d. h. daß die obere Fläche der ersten Temporalwindung eben eine Wandung ist, auch wenn sich auf ihr eigene Windungen und Furchen befinden.
Unmittelbar unter der IV. Schicht sind die Zellen etwas dichter gelagert als im Hauptteil der V. Schicht, doch ist, anscheinend, der Unterschied und die Abgrenzung nicht auffällig genug, um hier eine Va- und Vb-Schicht zu unterscheiden.
Area supratemporalis granulosa. 675
Die Zellzahl beträgt durchschnittlich 50 pro 0.1 mm3. Die Zellen selbst sind meist flache Pyramidenzellen von 10-15 / 10-15 µ Größe, also „kleine Pyramidenzellen", und ca. 5 bis 10 Zellen von beinahe mittlerer Größe, 15-20 / 15-18 µ. Daneben in 1 mm Gesichtsfeld (bei 25 µ Schnittdicke) = 10 cm auf unseren Tafeln ca. 4 ganz große Pyramidenzellen von schlanker Form und fortsatzreich, von 40-60 / 20-25 µ Größe, die also beinahe so groß sind wie die großen Pyramidenzellen der III. Schicht. Diese vereinzelten ganz großen Pyramidenzellen liegen meist im Grenzgebiete zwischen V und IV und zum Teil sogar schon in IV darin. Vielfach werden sie als „Riesenzellen" in der Literatur bezeichnet, obwohl sie im allgemeinen sonst nicht den Charakter derselben zur Schau tragen (Abb. 79).
Auch die V. Schicht ist durch zellarme Radii in senkrechte Zellsäulen geteilt, die ihre Fortsetzung einerseits in eine entsprechende Zellsäule der IV. (und weiter der III.), andererseits in die Tiefe in eine Zellsäule der VI. Schicht findet. Diese Zellsäulen können aus einer Zeile von Zellen allein bestehen oder aus mehreren; wenn sie auch nicht gar so frappant wie in der III. Schicht sind, so sind sie doch andererseits deutlicher als sonst in irgendeiner anderen Area. Sie machen einen schlanken Eindruck, da sie 5-7 mal so hoch als breit sind.
Die untere Grenze der V. Schicht ist nicht sehr scharf, sie läßt sich bei starker Vergrößerung nach der Form der Zellen gut vornehmen, da V doch hier durchweg pyramidenförmige, VI aber spindelförmige Zellen hat. Bei schwächeren Vergrößerungen kann man nach der größeren Dichtigkeit der VI. Schicht die Grenze approximativ ziehen, doch ist die Dichtigkeitsänderung keine sehr bedeutende.
VI. Auch die Spindelzellenschicht ist weder breit noch zellgroß, wodurch sie einerseits ihren Wandcharakter, anderseits ihre Verwandtschaft zur parietalen Bildung dokumentiert. Bei ca. 1 mm Breite zerfällt sie in eine breitere, zellreichere, zellgrößere obere VIa-Schicht und eine schmälere, zellärmere, zellkleinere VIb-Schicht. In VIa zählen wie ca. 40 Zellen pro 0.1 mm3; sie sind alle spindelförmig, die Orientierung der Längsachse ist nicht immer ganz radiär, die Größe ist 25-30 / 12-18 µ; die kleineren Kaliber sind die häufigeren; sie haben zu zweit einen Trabantzellkern; Kern und Kernkörperchen sind gut erkennbar. In VIb zählt man ca. 20 Zellen pro 0.1 mm3, meist von 15-18 / 10 µ Größe. Die Grenze gegen das Mark läßt sich ziemlich scharf ziehen und wie immer am besten erkennen an der ganz kolossalen Gliakernzunahme im Mark, während in VIb relativ wenig Gliakerne noch vorhanden sind, was dem „Grunde" des Gewebes ein ganz anderes Aussehen verleiht.
Auch in der VI. Schicht ist die Zellsäulenstellung eine sehr prägnante, und da der Unterschied in der Zellgröße zwischen V und VI keine bedeutende und die Grenze keine scharfe ist, machen die Zellsäulen einen hohen schlanken Eindruck, da sie gleich von VIb aus bis zur IV. aufsteigen als eine einzige Masse, da, wie gesagt, die Zellen alle ziemlich gleich groß aussehen. In IV findet dann die Säule ihre Fortsetzung, aber sie ändert infolge des Körnercharakters dieser Schicht hier ihr Aussehen und ihre Färbung und dann in III noch einmal. In V und VI mögen die zellarmen Radii vielleicht den Markstrahlen entsprechen, jedoch im allgemeinen und für die ganze Rinde darf man dies wohl nicht annehmen, schon deshalb nicht, weil sie z. B. auch in II. vorkommen und die Markstrahlen doch sicher nicht so weit reichen!
§5 wird gemeinsam mit §5 der folgenden Area supratemporalis granulosa TC besprochen (S. 683).
§6 und 7 wird gemeinsam mit diesem §6 und 7 von TA, TB, TC und TD auf S. 691 und 701 besprochen.
Wir kommen nun zur Besprechung der Architektur dieser Area supratemp. granulosa, welche mitten ins Gebiet der vorhergehenden, wie ein „Fleck" auf der ersten (und z. T. zweiten) Heschlschen Windung, wie Schema Abb. 92 zeigt, eingesetzt ist. Der Übergang von TB zu TC ist ein ziemlich plötzlicher; zwar sind Zwischenstufen zwischen den beiden Formationen zu merken, und die Ausbildung der TC ist nicht immer die gleich prägnante. Das Nähere darüber wird in §5 gesagt werden.
676 Lobus temporalis.
Makroskopisch fällt nur bei sehr gut ausgebildeter TC Formation eine ziemlich gute und gleichmäßige Durchfärbung aller Zellschichten, die von außen nach innen zunimmt (Abb. 116, Nr. 16) und nur in der Tiefe durch einen schmalen lichteren Streifen (Vb) unterbrochen ist, zum Unterschied der TB-Formation, die in IIIb eine Aufhellung und in IIIc und IV wieder eine besonders dunkle Färbung erkennen ließ.
Im großen ganzen ist die Rinde von der gleichen Breite wie TB, doch scheint sie bei guter Differenzierung doch etwas schmäler zu sein (Abb. 26). Doch ist 3.0 mm die Durchschnittsbreite derselben, an Culmen und Wand der Heschlschen Windung ziemlich gleichbleibend, und erst im Talgrund sich plötzlich verschmälernd.
Mikroskopisch fällt beim Übergang von TB zu TC sofort auf, daß die ganze Rinde zellkleiner, zellreicher, vielleicht auch zelldichter und viel feinstreifiger wird und durch das starke Zurücktreten oder stellenweise vollkommene Fehlen größerer Zellen ein eigentümlich gleichmäßiges einheitliches gekörntes Aussehen erhält. Bei schwacher Vergrößerung (12-25fach) ist diese Struktureigentümlichkeit viel besser zu sehen als bei starker, wie ja jede Struktureigentümlichkeit, z. B. horizontale Schichtung oder vertikale Streifung doch auch bei schwacher Vergrößerung, die einen „Überblick" bietet, auffälliger ist als bei starker Vergrößerung, welche hauptsächlich die Details hervortreten läßt. Unsere Tafeln mit ihrer 100fachen Vergrößerung lassen daher diese Eigentümlichkeiten nicht so gut erkennen. Man kann sich das aber leicht vergegenwärtigen, wenn man z. B. Tafel XCIII und Tafel XCIV nebeneinander stellt und aus größerer Entfernung betrachtet, da ist das körnelige zelldichte Aussehen von TC auf Tafel XCIV sehr auffallend. Die II. Schicht wird breiter und zellreicher; die Pyramidenzellen der ganzen III. Schicht werden meist so klein wie sonst bloß in der IIIa; streckenweise fehlen größere Pyramidenzellen in III überhaupt (Tafel XCIV, Breite 25-33 cm), andererseits sind sie, wenn vorhanden, unregelmäßig verteilt und von eigentümlichem, lang ausgezogenem, schmalem Aussehen. Die IV. Schicht ist körnerreich und breit, und ebenso ist die Va-Schicht zellreich und zellklein, die Vb-Schicht als ungenau begrenzter, etwas lichterer Streifen zu sehen; die VI. Schicht ebenfalls sehr kleinzellig und zellreich (man vergleiche hierzu die Spindelzellen auf Tafel XCIII und daneben auf XCIV); die Abgrenzung gegen das Mark ist gut. Das Aussehen der ganzen Rinde an dieser Stelle ist infolge der Kleinheit der Zellen ein gekörntes. Man hat auch hier wieder den Eindruck, als ob von der unteren Grenze von I bis zur oberen von V eine einzige, sehr breite Schicht kleiner und kleinster Zellen reichen würde, als ob Körner kleineren und größeren Kalibers diese ganze Schicht ausfüllen würden. Wir haben also auch hier die Umbildung der Zellen der III., ja auch der V. und sogar zum Teil VI. Schicht in kleine und kleinste Elemente, also die granulöse Heterotypie, einen Koniocortex vor Augen (s. Abb. 56). Zum Unterschiede der übrigen granulösen Formationen behält diese hier ihre radiäre Streifung bei; sie wird sogar vielleicht noch deutlicher, zugleich auch jedenfalls viel feiner (Abb. 45). Die Zellen der III. Schicht behalten hier zu einem viel größeren Teil als sonst in den granulösen Formationen ihre Pyramidenform bei, die Verkörnelung der Pyramidenzellen ist also eine etwas weniger vollkommene als sonst; sie erscheinen durch die Streifung tropfenförmig in langen feinsten Schnüren untereinandergereiht, was uns veranlaßt, diese Bildung „Regenschauerformation" zu nennen; denn dort, wo sie schön entwickelt ist, hat man beim Übergang aus der großzelligen, sogar riesenzelligen, senkrecht sowohl als horizontal schön regelmäßig gestreiften und geschichteten Orgelformation der Area TB in die TC den Eindruck, als ob sich ein Regen kleiner und größerer Tropfen über das Bild der TB von der Oberfläche in die Tiefe ergießen würde, durch dessen Tropfenschnüre nur noch hier und da das ursprüngliche Bild erkennbar durchzuschimmern scheint. Diese Schnüre reichen, mehrfach unterbrochen, manchmal in einem Zug ebenfalls von II bis VIb herab.
Area supratemporalis granulosa. 677
Individuell ist nun die Ausbildung dieser granulösen Formation, dieses Koniocortex, eine recht verschiedene, und zwar sowohl, was den Grad ihrer Ausbildung als den ihrer Ausdehnung anbelangt. Wir finden oft - und das hat uns zur Abtrennung und Aufstellung dieser Area veranlaßt - tatsächlich eine ganz typische Differenzierung einer kleinstzelligen granulösen Formation, die an die granulöse Formation der hinteren Zentralwindung lebhaft erinnert und von ihr unterschieden ist bloß durch die größere Rindenbreite und die charakteristische feinste schnurähnliche Streifung, so daß das Bild des "Regenschauers" jedem Beobachter in der Betrachtung dieses Bildes einfallen muß. Nur ganz vereinzelt in weiten Abständen sieht man die eine oder andere größere Zelle. In Tafel XCIV haben wir aber eine Stelle wiedergegeben, die nicht der ganz reinen granulösen Formation entspricht, sondern schon in etwas größerer Zahl auch noch Pyramidenzellen enthält, so daß die Rinde also gleichsam bloß eine Verkörnelung mittleren Grades aufweist. Andere Male wieder kann die granulöse Umwandlung nicht einmal bis zu diesem hier abgebildeten Grad der Differenzierung vorgeschritten sein. Wir finden dann zahlreich genug mittelgroße und sogar größere Pyramidenzellen, um den sonst typischen Eindruck der allgemeinen Körnelung zu verwischen und eine Art Übergangsformation zwischen einer vollausgebildeten Area granulosa TC und der umgebenden Area simplex TB zu bilden. In diesem letzten Falle ist es manchmal recht schwer, die Area simplex und die granulosa voneinander zu trennen; denn in diesen Fällen ist sowohl die Streifung bloß ein Mittelding zwischen Orgelpfeifenstellung und Regenschauerformation, als auch die Zellzusammensetzung ähnlich wie in TB, nur daß der Reichtum an kleinen Zellen zunimmt und die Riesenzellen an Zahl abnehmen; wir wollen dieses architektonische Verhalten als eine Zwischenbildung mit TBC bezeichnen. Nun ist auch, speziell in solchen Fällen, auf den Heschlschen Windungen die Formation TB nicht deutlich von der Formation TC örtlich geschieden, sondern sie ist meist vielfach von Streifen durchsetzt, die diese Übergangsbildung TBC aufweisen und in weiteren oder schmäleren Streifen und Abständen voneinander die Grundbildung TB unterbrechen. Es ist also keine genaue Abgrenzung, sondern mehr eine Durchsetzung der Grundbildung TB mit der Bildung TBC. Auch bei guter Entwicklung der Formatio granulosa, also einer wirklichen vollentwickelten TC ist dieselbe als kontinuierliche Area meist bloß auf der vorderen Heschl zu finden, während auf der 2. Heschlschen Windung meist eine solche streifenförmige oder inselförmige, fleckenförmige Durchsetzung der einen Formation durch die andere zu erkennen ist (s. Abb. 150, S. 685). Etwas Ähnliches haben wir ja auch auf der Vorderwand der hinteren Zentralwindung gesehen, zwischen Area postcentralis oralis simplex und granulosa (PB1 und PB2). Es macht aus alledem, kurz gesagt, auch hier den Eindruck, als ob sich der Koniocortex, d. h. die Area supramarginalis granulosa (TC), aus dem homotypischen Isocortex der Area supratemporalis simplex (TB) herausdifferenzieren würde durch eine allmähliche Verkörnelung seiner Zellen; und es scheint ferner, daß der Grad dieser Differenzierung bei verschiedenen Individuen ein recht verschiedener ist, so daß man recht verschiedene Bilder vor sich haben kann. (Auch zur Formation TD, die, wie wir später sehen werden, sich durch eine unregelmäßige Lagerung ihrer Zellen auszeichnet, findet man solche Anklänge und solche Übergänge der Gebiete von TC.)
Es ist äußerst schwer, auch nur annähernd richtige Zahlen für das Schichtenverhältnis anzugeben, denn die Schichtengrenzen zu verzeichnen ist kaum möglich; einerseits sind dieselben keine geraden Linien, so daß die Breite der dazwischenliegenden Schicht bald viel größer und bald wieder viel kleiner ist, in noch viel ausgesprochenerem Maße als dies ohnehin schon auch bei TB der Fall war; andererseits reichen die Zellen der einzelnen Schichten weit in die Nachbarschichten hinein und vermischen sich miteinander, so daß man eigentlich die Grenze ziemlich willkürlich ziehen muß. Insbesondere gilt das Gesagte für die II. und IV. Schicht.
678 Lobus temporalis.
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
Gesamtdicke am Culmen: 2.9 mm | |||||||
0.20 | 0.20 | 0.80 | 0.40 | 0.70 | 0.30 | 0.20 | mm |
Culmen: Gesamtdicke 2.9 mm | |||||||
0.30 | 0.30 | 0.66 | 0.40 | 0.52 | 0.40 | 0.30 | mm |
Culmen: Gesamtdicke 3.0 mm | |||||||
0.28 | 0.33 | 0.80 | 0.50 | 0.50 | 0.40 | 0.20 | mm |
Culmen: Gesamtdicke 2.8 mm | |||||||
0.30 | 0.30 | 0.70 | 0.50 | 0.40 | 0.40 | 0.30 | mm |
Wand: Gesamtdicke 2.78 mm | |||||||
0.23 | 0.25 | 0.80 | 0.40 | 0.55 | 0.35 | 0.20 | mm |
Die Proportionalgleichung der relativen Zahlen ist dann:
I | II | III | IV | V | VIa | ||
Culmen | 0.10 | 0.10 | 0.28 | 0.17 | 0.20 | 0.15 | äH:iH = 48:52 |
Wand | 0.10 | 0.11 | 0.30 | 0.16 | 0.14 | 0.19 | äH:iH = 51:49 |
Aus diesen Zahlen geht vor allem hervor, daß die III. Schicht recht verschmälert ist, absolut und relativ niedere Werte aufweist, die IV. dagegen äußerst verbreitert ist und absolut nach der Calcarinarinde die höchsten bisher im Hirn gefundenen Werte zeigt, und auch relativ solche, daß sie bloß von den relativen Werten der IV. Schicht der Calcarinarinde (Sehrinde) und der Rinde der Vorderwand von C. p. (der Tastrinde) übertroffen werden.
Sonst kann man sagen, daß I und II von guter Breite sind, während V und VI eher schmal sind, besonders letzteres, was einerseits als Areale architektonischer Eigentümlichkeit aufgefaßt werden kann, andererseits aber auch vielleicht dem Wandcharakter entspricht, der der ganzen Ober- (und Unter-)fläche, d. h. der Wand der ersten Temporalwindung natürlich anhaftet, auf der die Heschlsche Windung bloß als sekundäres Gebilde und als Brückenwindung zum Lob. parietalis zieht.
I. Die Molekularschicht ist von guter Breite, durchschnittlich 0.26 mm, aber wiederholt über 0.30 bis zu 0.35 mm breit; auch relativ ist sie übermittelbreit. Auch an ihr kann man wie in TB keine kernreichere und kernärmere Unterschicht unterscheiden, sondern die Kerne sind auch hier ziemlich gleichmäßig über den Querschnitt verteilt und ziemlich reichlich, ca. 68 Kerne aller Sorten in 0.1 mm3, von denen jedoch ca. bloß 15 Nervenzellen gehören. Diese Nervenzellen sind meist kleine dreieckige, mit der Spitze zur Oberfläche gerichtete etwas flache Zellen oder auch rundliche Zellen von 6-8(-10) / 6-8 µ Größe. Die untere Grenze von I ist sehr unregelmäßig, was mit dem Bau der II. Schicht zusammenhängt. Die Membrana limitans nach außen ist an der Außenfläche ebenso wie in TB etwas auffälliger als sonst gewöhnlich.
II. Bei der Beschreibung der äußeren Körnerschicht ergibt sich sofort die Schwierigkeit, anzugeben, was man zu derselben rechnet. Da dieselbe nur zum geringen Teil aus Körnern, zum größeren Teil aus kleinen Pyramidenzellen besteht, und da die Pyramidenzellen der IIIa-Schicht nicht viel größer als die der II. Schicht sind und von ihr aus auch nur in geringem Ausmaß und nur allmählich an Größe zunehmen, andererseits aber das Gemisch von Pyramiden- und Körnerzellen aus dem II. besteht, stellenweise auch tief nach III hineinreicht (s. Tafel XCIV, Höhe 29 / Breite 19 cm) so ist es ganz unmöglich, eine bestimmte Grenze zu fixieren. Betrachtet man die Tafel XCIV, so wäre man verleitet, die Linie auf der rechten Bildseite in der Höhe 33 cm, die einen helleren Streifen unter den etwas dichteren Zellen der allerobersten Bandzone von II bildet, als Grenze anzunehmen; andererseits hören diese Art Lichtungen immer wieder bald auf, und die angeführte ist z. B. auch auf der linken Seite unseres Bildes schon nicht mehr zu bemerken. Ferner findet man auch darunter noch zahlreiche Körner, so daß wir es vorziehen, in einem Abstand von ungefähr 0.28 mm von den oberen Grenzzellen nach abwärts die untere Grenzlinie anzunehmen, welche dann wohl nicht eine gerade Linie darstellt, sondern in bald tieferen, bald seichteren Wellenzügen verläuft, so daß man ebensowohl mit 0.10 mm wie mit 0.50 mm die Breite der II angeben könnte. Aber nicht nur in der Schwierigkeit, die untere Grenze zu ziehen, liegt die Ursache für die Schwankungen der Breitenzahlen, sondern sogar die Abgrenzung gegen die Molekularschicht ist schwer; ebenso wie in TB die Zellverbände an dieser Grenze zerfranst und zerzaust aussahen, geradeso und noch ärger ist es hier, einzelne Büschel von Zellen (Tafel XCIV, Höhe 35.5 / Breite 4.5 cm ) springen nach I hinein vor, an anderen Stellen wieder reicht die zellarme Molekularzone mehr oder minder muldenförmig nach II hinein (Tafel XCIV, Höhe 34.5 / Breite 15 cm).
Area supratemporalis granulosa. 679
Auch im Zellaufbau und in der Zellzusammensetzung zeigt die II. Schicht dieser Area verschiedene Unregelmäßigkeiten. Sie ist ebenso wie sonst an der Oberfläche der ersten Temporalwindung von radiären zellarmen Streifen durchsetzt. Außerdem ist die Zelldichtigkeit der II. Schicht eine recht ungleichmäßige, so daß stellenweise zellarme Lücken entstehen (Tafel XCIV, Höhe 34 / Breite 10 cm) wie auch in TB.
Was nun die Zellen anbelangt, so sind zwei Arten zu unterscheiden, und zwar kleine Körnerzellen von 5/5 µ, die auch bis zu 7/7 µ Größe gehen können, die meist aber durchaus nicht immer die oberflächlichen Partien von II einnehmen und in der Tiefe nur seltener vorkommen, und dann kleine Pyramidenzellen, die von 8/7 µ bis 12/10 µ Größe aufweisen; am häufigsten sind die kleinsten, die auch alle Übergänge bis zu den Körnerzellen zeigen und die zum größeren Teil in den tieferen Partien von II vorkommen. Jedoch ist diese Verteilung sehr verschieden. Wir sehen z. B. auf Tafel XCIV, Höhe 33.5 / Breite 33.5 -35.5 cm, rechts, wie diese kleinen Pyramidenzellen in Reihe und Glied nebeneinandergestellt wie einen Staketenzaun an der Grenze zwischen II und I bilden, während die linke Seite des Bildes an der Grenze wieder eine Häufung wirklicher kleiner Körnerzellen aufweist; an anderen Stellen wieder sieht man die kleinen Pyramidenzellen zu Gruppen und Häufchen vereint.
Im Durchschnitt zählt man über 125 Zellen in 0.1 mm3. Im großen ganzen müssen wir also TC als zellreich und wohl auch relativ zellgroß bezeichnen.
III. Die Pyramidenschicht. Was wir von der unteren Grenze der II. Schicht eben gesagt haben, gilt natürlich wörtlich von der mit ihr identischen oberen Grenze der Pyramidenschicht, sie ist also überhaupt schwer anzugeben und ist eine unregelmäßig gewellte Linie. Die untere Grenze der Pyramidenschicht gegen IV ist wieder etwas regelmäßiger, jedoch ebenfalls gewellt mit einzelnen stärkeren Buckeln und Vertiefungen, wie man an unseren Grenzlinien III/IV in Tafel XCIV sieht. So kann die Breite der Schicht an ein und demselben Präparat zwischen 0.40 mm und 0.90 mm schwanken und ihre schmälste Stelle dort erreichen, wo von unten Körnerkolonnen aus IV heraufsteigen ins Gebiet von III und gleichzeitig die II. sich tiefer senkt, z. B. Breite 17 cm. Wir nehmen aus zahlreichen Dickenmessungen eine Durchschnittsbreite von 0.75 mm an. Relativ ist die III. Schicht jedenfalls als recht schmal zu bezeichnen (28%), während sie in den anderen beiden Areae der ersten Temporalwindung eher von guter Breite war.
Die Zelldichte ist im ganzen ziemlich gleichmäßig, und man kann keine Unterschichten unterscheiden. Die ganze III Schicht ist auffallend zellklein und recht zellreich. Die Hauptmasse der Zellen nimmt nach der Tiefe kaum an Größe zu, sondern dieselben Zellen, die in den obersten Lagen nahe an II die Rinde bevölkern, bilden auch in der Nähe von IV noch die Überzahl. Die Zellzahl beträgt ca. 60 pro 0.1 mm3 in der ganzen Breite der III. und die meisten Zellen sind kleinste dreieckige und pyramidenförmige Zellen von 8-10 / 8-10 µ Größe; daneben von den mittleren Partien der III. Schicht an nach abwärts findet man einige Pyramidenzellen bis zu 18/12 µ Größe und in den tieferen Zonen nur ganz vereinzelt und sehr unregelmäßig verteilt, bald auch mehr gegen die Oberfläche zu und bald tiefer liegend, überschlanke, beinahe spindelig geformte Pyramidenzellen von 30-40 / 20-25 µ, zirka eine pro 1 mm Gesichtsfeldbreite (= 10 cm auf unserer Tafel).
680 Lobus temporalis.
Die III. Schicht ist feinst radiär und deutlich gestreift; oft liegen diese Zellen perlschnurartig oder tropfenartig untereinander von außen nach innen in senkrechten schmalen Reihen, wie Regenstreifen. Hat schon infolge der abnormen Kleinheit der Hauptmasse der Pyramidenzellen die III. Schicht ein gekörntes Aussehen, so wird dieser Eindruck noch gesteigert, indem in ihre oberflächlicheren Partien von II her zahlreiche kleinste Körnerzellen sich hinabsenken zwischen die Pyramidenzellen der III. Schicht; andererseits wieder in den tieferen Partien der III. ganze Züge von Körnerzellen sich zwischen den Pyramidenzellzügen befinden (Tafel XCIV, Höhe 26 / Breite 15 cm); dieselben sind zum Teil ohne Verbindung mit den Körnerzellen der IV. Schicht, zum Teil jedoch können sie auch deren direkte Fortsetzung bilden. Außer dem „Eindringen" von Körnern sieht man also auch unterhalb von den Lagen mittelgroßer Zellen wieder dichte Lagen kleiner und kleinster Pyramidenzellen auftreten, die beinahe die Größe der Körnerzellen der IV. haben. Wir haben es also mit dem Vorgang der „Verkörnelung" der tiefen Lagen von III zu tun, und vielfach ist es überhaupt nicht mehr zu entscheiden, ob Zellen von III oder IV vorliegen. Dieser Art geformt hat die ganze III Schicht ein ziemlich fein gekörntes, gleichförmiges Aussehen. Da die feinen Zellschnüre in die ebenso aneinandergereihte Zellformation der kleinen Körnerzellen der IV. Schicht auch übergehen und andererseits nach oben ebenso in die II. Schicht, und da die Zellen der III. Schicht oben meist nicht viel größer sind als die größeren Elemente der II. Schicht, hat man an vielen Stellen, oft an einzelnen breiten Streifen, den Eindruck, als ob II + III + IV eine einzige breite Körnerschicht wären, die den Namen der Area granulosa für dieses Gebiet rechtfertigt; das rechte äußere Viertel der Abbildung auf Tafel XCIV gibt auch dieses Verhalten ziemlich gut wieder. Es kann nun die Area granulosa eine solche Körnelung der III. Schicht ziemlich gleichmäßig in ihrer ganzen Ausdehnung auf den Heschlschen Windungen zeigen. Andere Male jedoch ist diese Körnelung überhaupt nicht so gut entwickelt oder sie ist streckenweise unterbrochen, dann findet man (wie z. B. oben auf Tafel XCIV linke Hälfte der Abbildung) an diesen Bildungen die großen, spindelförmigen überschlanken Pyramidenzellen in viel größerer Anzahl und unregelmäßig über die III. Schicht verstreut, sogar bis tief hinab nach IV disloziert, die Hauptmenge der kleineren Pyramidenzellen ist dann nicht mehr so klein und körnerartig, sondern etwas schlanker, etwas weniger zahlreich und dicht, auch nicht so typisch in Perlschnüren, sondern zu etwas breiteren, säulenartigen Verbänden geordnet wie in Tafel XCIV auf der linken Seite des Bildes, Höhe 25-29 / Breite 14.5 cm. Im großen ganzen sind also dann Anklänge an die Formung der III. Schicht der Area TB; aber auch soweit die schöne Regelmäßigkeit hier verlorengeht, auch noch, wie wir später sehen werden, an die TD zu finden.
Man muß gestehen, daß eine schöne Regenschauerformation der III. (+ II. + IV.) Schicht über weite Strecken einer Windung ohne jede Unterbrechung durch solche weniger regelmäßig gebaute Teile oder durch Übergangsbildungen, wie wir sie angeführt haben, eigentlich sehr selten sind. Wenn man an einem Windungsquerschnitt der beiden Heschlschen Windungen eine schöne Regenschauerformation voll entwickelt sieht, so ist dieselbe doch auf jeder Windung meist ein- bis zweimal, wenn nicht öfter noch, durch solche Streifen von Mittelbildungen (TBC) unterbrochen, und manchmal sind letztere sogar um so vieles breiter als das reine TC, daß die eigentliche Regenschauerformation gar nicht recht zur Entwicklung kommt und mehr oder weniger durch diese Mittelbildungen überhaupt ersetzt wird. Wir haben dies alles schon auf Seite 677 erwähnt, aber da die Art des Zellaufbaues der III. Schicht zum Zustandekommen einer granulösen Formation von größter Wichtigkeit ist, fanden wir es nötig, an dieser Stelle alles dies nochmals genauer auszuführen.
Area supratemporalis granulosa. 681
IV. Die innere Körnerschicht ist eigentlich, absolut genommen, die breiteste innere Körnerschicht des ganzen Gehirnes mit 0.40-0.50 mm. Nur die IV. Schicht der Sehrinde weist mit 0.82 mm höhere absolute Ziffern auf; bedenkt man jedoch, daß in der Calcarina TC doch eigentlich nur die IVc-Schicht wirklich der IV. Schicht der übrigen Hirnpartien entspricht, so hat man für diesen Teil 0.37 mm Durchschnitt in OC gegenüber 0.45 mm Durchschnitt der inneren Körnerschicht der TC. Die relative Zahl allerdings von 17% für die innere Körnerschicht der TC kommt nach den 42% (bzw. 19%) in der OC und 19% der IV. in der Tastrinde PB1 erst an dritter Stelle, ist aber auch sehr bedeutend. Allerdings muß man gestehen; daß an vielen Stellen die Körnerlage auch hier nicht allein der IV. Schicht sensu strictiori zu entsprechen scheint. An manchen Stellen, z. B. Tafel XCIV, Höhe 17.5 -24.5 / Breite 22.5 cm, kann man an Breite der mit Körnern besäten Rindenlage bis zu 0.70 mm messen. Hier ist es ohne weiteres schon aus diesen Maßen allein zu ersehen und aus der Lage der III./IV. Grenze, daß die obere Partie von IV hier nichts anderes als eine verkörnelte Lage von III ist. Je nach der Stärke dieser Verkörnelung schwankt die III./IV. Grenze auf und ab. Außerdem aber macht es vielfach den Eindruck, als ob das ganze tiefe Drittel der IV. Schicht auf Tafel XCIV, welches stellenweise recht locker und stellenweise dichter gefügt ist und in welchem recht oft größere Zellen aus V hinein disloziert erscheinen, eigentlich wiederum nur eine stark körnelig umgewandelte oberste Lage der V. Schicht wäre. Diesem Eindruck verleiht die Tatsache, daß neben vielen triangulären auch viele kleine Pyramidenzellen diese Lage konstituieren und daß viele Zellücken wieder dazwischen vorkommen, die direkt mit der V. Schicht zusammenhängen, doch eine große Wahrscheinlichkeit, der man sich bei Betrachtung der Grenzlinie IV/V in Tafel XCIV kaum entziehen kann.
Dagegen steht die IV der TC an Zelldichtigkeit recht weit hinter der IV der beiden anderen granulösen Areae PB1 und OC zurück. Dies kommt wohl einerseits daher, daß infolge der auch hier deutlich sichtbaren Bildung von Zellsäulen, die durch zellarme Radii voneinander getrennt sind, überhaupt weniger Zellen auf den Querschnitt kommen; andererseits aber stehen die Zellen auch wirklich lockerer zueinander als sonst in den inneren Körnerschichten und sind vielleicht auch etwas größer, als dies im allgemeinen der Fall ist. Man zählt im Durchschnitt 150 Zellen pro 0.1 mm3; die Hauptmenge der Zellen wird gebildet von kleinen, unregelmäßig geformten eckigen Zellen von 8/8 µ Größe; ungefähr ein Fünftel bis ein Viertel jedoch sind kleinste Körnerzellen von nicht mehr als 4-5 / 4-5 µ Größe; außerdem sieht man 1-3 größere dreieckige Zellen pro 0.1 mm3, die ca. 12-18 / 12-18 µ Ausmaß zeigen; letztere sind über die ganze Breite der IV. Schicht unregelmäßig verteilt, doch in den unteren zwei Dritteln derselben vielleicht etwas häufiger als im oberen Drittel. Vereinzelt sieht man in IV immer wieder ab und zu eine ganz große isolierte Pyramidenzelle (40-50 / 30-40 µ), wohl aus III oder V stammend.
Auch in TC trägt die IV. Schicht das Charakterzeichen des ganzen Temporallappens zur Schau, nämlich die Aufspaltung dieser Schicht in senkrechte Zellsäulen, die durch die ganze Schichtenbreite durchgehen und von zellarmen, beinahe zellfreien Zwischenradien voneinander getrennt sind. Wenn dies vielleicht auch nicht gar so klar und schön zutage tritt wie in den übrigen Areae des Temporallappens, da durch den immerhin entsprechend großen Zellreichtum der IV. Schicht eine granulösen Formation dieser Architektonik etwas verdeckt sein kann, so ist es immerhin auch hier noch immer klar genug, um schon auch dadurch allein die Zugehörigkeit zu der Temporalgegend zu dokumentieren. Die Zellsäulen sind (infolge der Tiefenausdehnung der IV) sehr schlank, denn bei einer Breite von 40-60 bis 80 µ haben sie eine Länge von 400-500-(700) µ, d. h. die ganze Tiefe der IV; einzelne Zellsäulen sind noch schmäler, 20- 30 µ. Die Zellsäulen setzen sich in die Zellzüge der III. Schicht fort (Tafel XCIV, Höhe 24 / Breite 22 cm); letztere sind aber oft schmäler als die Zellsäulen der IV., so daß sich 2-3 Zellzüge der III. oft in Fortsetzung einer Zellsäule der IV. Schicht finden. Da die Zellgrößenunterschiede, wie man sieht, auch keine sehr bedeutenden sind, so wird, wie oben schon erwähnt, der Eindruck, daß II + III + IV eine einzige breite Schicht bilden, durch diesen Übergang der senkrechten Zellzüge ineinander noch gesteigert. Doch ist die Zelldichtigkeit der IV. eine bedeutend stärkere als der III. und wird trotz der meist verschwommenen Grenzen doch immer sich auffällig genug bemerkbar machen.
682 Lobus temporalis.
V. Die ganglionäre Schicht ist makroskopisch schon an ihrer geringeren Zelldichte als etwas lichterer Streifen erkennbar, wie es meistens in einem Koniocortex der Fall ist; doch ist die Zellabnahme keine so bedeutende als etwa z. B. in der V. Schicht der Sehrinde OC oder auch nur der Tastrinde PB1, sie ist aber immerhin deutlich erkennbar. Daß wir die oberste Lage dichter großer Körner- und triangulärer Zellen, die man evtl. als zur V gehörig ansprechen könnte, zur IV. zählen, haben wir oben schon erwähnt; ebenso die daraus resultierende Unregelmäßigkeit der oberen Grenzlinie. Die Lichtung der V. ist am deutlichsten sichtbar ungefähr in der Mitte der Schichtbreite so daß man eventuell eine obere, mittlere und tiefe Unterschicht unterscheiden könnte; doch scheint dies nicht ganz angezeigt, weil man doch nicht den Eindruck der Konstanz dieses Verhältnisses hat, sondern eher findet daß die ganze V. manchmal gleichmäßig aufgehellt ist, andre Male aber nur auch streifenförmige oder gar fleckförmige Lichtungen zeigt. Die Partien unmittelbar an IV und an VI enthalten ca. 50 Zellen pro 0.1 mm3; die lichten Partien in der Mitte ungefähr 30 Zellen pro 0.1 mm3, so daß wir einen Durchschnitt von 40 Zelle n pro 0.1 mm3 annehmen dürfen. Die Zellen sind alle dreieckig und pyramidenförmig, und zwar sind sie gegen IV zu meist kleineren Kalibers, nach unten zu größeren. Die Hauptmenge hat Größen von 10/8 µ, doch kommen auch Größen von 20/10 µ und sogar 25/15 µ vor als schlanke Pyramidenzellen; in den Partien nahe bei IV sind diese Pyramidenzellen in der Minderzahl; in der tieferen jedoch sind von den 40-50 Zellen ungefähr 10-15 von schlanker Pyramidenform und von dieser Größe, meist deutlich Kern und Kernkörperchen gefärbt zeigend. An der Grenze gegen VI ist in einem schmalen Streifen eine Ansammlung solcher etwas größerer Pyramidenzellen oft in gewissen Abschnitten zu sehen, es sind ca. 60-70 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-20 / 10-15 µ Größe. Bei flüchtiger Betrachtung wäre man geneigt, diese Zellen zu VIa zu zählen, doch sind es meist doch Pyramidenzellen; an solchen Stellen kann man diesen zelldichteren unteren Streifen als Vb bezeichnen und den breiten lichten oberen als Va, wie z. B. Tafel XCIV, Höhe 15 / Breite 22 cm. Oft haben diese Pyramidenzellen eine Andeutung von spindeligem Bau, was die Abgrenzung dieser Schicht nach unten gegen die VI. Spindelzellenschicht ebenso erschweren kann, als an der oberen Grenze gegen IV die Kleinheit der Zellen die Abgrenzung gegen die Körnerschicht erschwert. Diese Abgrenzung ist um so schwieriger, als auch hier wieder die VI. Schicht vielfach dreieckige und pyramidenförmige Zellen enthält. Es ist also recht schwer, die genaue Breite der V. Schicht anzugeben; sie hat eine mittlere Breite von ca. 0.53 mm, was auch relativ dem Durchschnitt von 20% ungefähr entspricht. Die Lage der V wird aus ihrer lichteren zellockeren Beschaffenheit von allen erkannt, die Abgrenzung aber ist, wie gesagt, nicht scharf. Die Zellkleinheit erinnert an die Zellkleinheit der V. Schicht im Occipitallappen. Sie ist auch für TC ein Charakteristicum, durch welches sie von den umgebenden Areae absticht und die ebenfalls zum gekörnten Aussehen der ganzen Area beiträgt und auch wieder den Namen der Area supratemporalis granulosa rechtfertigt.
Auch in V sind die Zellen zu radiären Zellverbänden vereinigt. Zwar ist diese Bildung weniger deutlich als in den übrigen Schichten dieser Area und auch viel weniger deutlich als in der gleichen V. Schicht der übrigen Areae dieser Regio supratemporalis, wie ein unmittelbarer Vergleich von Tafel XCIV mit Tafel XCIII lehrt. Aber deutlich sichtbar ist die radiäre Streifung doch.
Area supratemporalis granulosa. 683
VI. Auch die Spindelzellenschicht ist auffallend kleinzellig und trägt ebenfalls zum gekörnten Aussehen der Area bei. Man vergleiche Tafel XCIII und XCIV miteinander; trotzdem sie unmittelbar benachbarte Stellen wiedergeben, ist die Abnahme der Größe der Zellen auch in der VI. Schicht deutlich. Ebenso wie in OC ist also die „Verkörnelung" eine allgemeine. Man kann die VI in eine etwas zellreichere oberflächlichere VIa und eine etwas zellärmere tiefere Unterschicht VIb einteilen. Sie sind beide recht schmal; einerseits mag darin der „Wandcharakter" der ganzen Area zum Ausdruck kommen, die ja in der „oberen Wand" der ersten Temporalwindung liegt, andererseits hat dies aber doch wieder auch seine eigene architektonische Bedeutung, denn TB (Tafel XCIII) ist ja auch in der gleichen „oberen Wand" gelegen und hat doch eine etwas breitere und großzelligere VI Schicht.
In VIa zählen wir 40-45 Zellen pro 0.1 mm3, meist Spindelzellen von 18/8 µ Größe, und nur wenige von 25/10 µ, daneben auch eine erkleckliche Anzahl gleichgroßer und auch ganz kleiner Pyramidenzellen.
In VIb zählt man ca. 15 Zellen pro 0.1 mm3 von 12-18-18 / 8 µ Größe, mit Spindelzellenform und Dreiecksform.
Die VI. Schicht zeigt etwas besser als die V eine gewisse radiäre Streifung, und die Zellverbände sind etwas besser als in V durch zellärmere Streifen voneinander getrennt und zeigen Breiten von 30-60 µ. Doch sind auch hier keine so schönen Zellsäulen zu sehen als wie etwa in der Spindelzellschicht der Nebenarea TB.
Wir haben schon auf Seite 669 und 677 wiederholt besprochen, daß die Areae supratemporalis simplex et granulosa zum Teil so eng miteinander verbunden sind, daß sie miteinander besprochen werden müssen. Sie liegen beide in der Tiefe der Sylvischen Grube auf der dorsalen Wandfläche der ersten Temporalwindung und haben dadurch beide in gewissem Sinne „Wandcharakter", der z. B. im Bau der V. und VI. Schicht etwas zum Ausdruck kommt. Außerdem erheben sich aber auf dieser Wand die Heschlschen Windungen, welche innerhalb dieser „Wandbildungen" doch wieder den geläufigen allgemeinen Unterschied zwischen Culmen und Wand im Bau zeigen (s. 4. Kapitel, S. 110), so daß die Eigenarten der Formationen vielleicht nicht rein Arealeigentümlichkeiten sind, sondern auch eben durch den Ort und die Lage in der Wand, wo sie sich entwickeln, bedingt sein mögen. Außerdem sind die Heschlschen Windungen, auf welchen sich diese Areae ausbreiten, parietotemporale Übergangswindungen und tragen auch in ihrer Architektonik diesen Charakter zur Schau. Sie haben starke Anklänge an den parietalen Typus 3, wie wir ihn Seite 563 besprochen haben, neben ihren temporalen deutlichen Merkmalen.
Kurz zusammengefaßt, muß man bei der Area supratemp. simplex TB die Rinde als breit bezeichnen (3.0-3.2 mm), gut und deutlich horizontal geschichtet und von senkrechten zellarmen Radii von der Tiefe bis nach oben in die II. Schicht durchzogen, so daß wir ein eigentümliches Bild erhalten, das wir Orgelpfeifenformation zur Einprägung des Bildes genannt haben. Typisch sind außerdem die überaus großen Pyramidenzellen in IIIc.
I. 0.24 mm, ist absolut recht breit, eher kernarm, enthält bloß wenige (5 pro 0.1 mm3) und kleine Nervenzellen, 8/6 µ.
II. 0.20 mm, ebenfalls ziemlich breit, mittelzellreich, ca. 80 pro 0.1 mm3, meist kleine Pyramidenzellen, die für die II. Schicht aber etwas groß sind. 8/8 µ bis 18/10 µ. Die Radii reichen bis nach II, so daß dasselbe etwas zerfranst aussieht.
III. 0.88 mm, also von guter Breite, schöne Zellsäulenstellung; die einzelnen Säulen ziehen durch die ganze Schicht hindurch, IIIa, b und c zu unterscheiden, a und b klein- und mittel-kleinzellig, 8-15 / 7-10 µ Größe und 20-25 / 15-20 µ. In IIIc mehrzeilig sehr große Pyramidenzellen, 35-60 / 25-30 µ Größe.
IV. 0.37 mm, also sehr breit, zerfällt (typisch für Temporalformation) in senkrechte Zellsäulen. Ungefähr 125 Zellen pro 0.1 mm3, Zellgröße 8-10 / 8 µ.
V. 0.40 mm, also eher schmal. Nicht zellreich, ca. 50 pro 0.1 mm3, eher zellklein, 10-15-20 / 10-15 µ. Vereinzelte große Pyramidenzellen in geringer Anzahl [40-60 / 20-25 µ]. Zellsäulenbild.
684 Lobus temporalis.
VI. 1.0 mm, enthält Spindelzellen. VIa ca. 40 Zellen pro 0.1 mm3 von 25-30 / 12-18 µ, und VIb ca. 20 Zellen von 15-18 / 10 µ. Auch hier ist die Zellsäulenbildung deutlich.
Die Area supratemporalis granulosa TC ist von der Area simplex unterschieden durch ihre allgemeine Kleinzelligkeit und Vielzelligkeit, die die horizontale Schichtung beinahe verschwinden läßt, so daß man bei schwacher Vergrößerung (50 mal) eine einzige von einem lichteren Streifen der V unterbrochene Körnerschicht vor sich zu haben wähnt. Die recht breiten und über die ganze Rindenbreite sich erstreckenden Säulen der TB haben sich in TC zu feinsten Zellschnüren umgewandelt, die bei ihrer Menge, bei schöner voller Ausbildung an die Tropfenschnüre des Regens erinnern können, weswegen wir von „Regenschauerformation" sprechen. Die Rinde ist im ganzen etwas weniger breit als in TB, und zwar ca. 2.0 mm. Sie ist als Koniocortex Rindentypus 5 zu bezeichnen (Abb. 88).
I. 0.26 mm, also sehr breit, etwas kernreicher als in TB. Enthält relativ viele Nervenzellen, ca. 15 pro 0.1 mm3 von 6-8 / 6-8 µ Größe.
II. 0.28 mm, ebenfalls sehr breit, zellreich, 125 pro 0.1 mm3, aus wirklichen Körnerzellen 5/5 µ und kleinen Pyramidenzellen 8-12 / 7-10 µ bestehend. Gegen III sehr unregelmäßig begrenzt.
III. 0.74 mm, mäßig breit, zeigt jedoch eine sehr ungleichmäßige Breite, bald 0.90 mm und bald bloß 0.40 mm! Sehr zellklein, 8-10 / 8-10 µ, und relativ sehr zellreich 60 pro 0.1 mm3, mit keinen oder nur sporadischen großen Pyramidenzellen. Grenze gegen II und IV verwischt und unregelmäßig. Die kleinen Zellen sind zu senkrechten Zellschnüren geordnet.
IV. 0.45 mm, äußerst breit - breiter als sonstwo in der Rinde -, zu senkrechten Zellsäulen (typisch für Temporallappen) geordnet, besteht aus Körnerzellen 4/4 µ und Pyramidenzellen 8/8 µ; ca. 150 Zellen pro 0.1 mm3.
V. 0.53 mm, eher schmal, etwas licht, eher zellarm, 40 pro 0.1 mm3 und sehr zellklein (granulös) 8-10 / 8 µ (so wie im Occipitallappen).
VI. 0.64 mm, schmal, zellklein, 12-15-18 / 8 µ; in VIa 45 und in VIb 15 Zellen pro 0.1 mm3.
Wir haben also in TC eine heterotypische Formation, in der alle Zellen abnorm klein sind, und zwar gerade auch in allen jenen Schichten, die sonst größere Zellen enthalten als die Körnerschichten, also in III, V und VI, und zwar sind die Zellen so klein, daß sie zum Teil mit den größeren Zellen der Körnerschichten rivalisieren können; gleichzeitig ist die Zahl der Zellen vermehrt. Wir haben es also hier mit jener Heterotypie zu tun, die wir als Koniocortex kennen und die wir als eine charakteristische spezifische Bildung immer wieder im Gebiete jener Rindenpartien finden, in die wir nach pathologischen und physiologischen Erfahrungen sensorische Funktionen verlegen dürfen. Wir glauben also in der Formation der Area supratemporalis granulosa die „Hörrinde" par excellence, die primäre Hörsphäre (FLECHSIG) in ihrer vollsten Differenzierung vor uns zu haben, womit aber nicht gesagt sein soll, daß die benachbarten Hirnteile nicht vielleicht auch zur „Hörrinde" gehören. Dieser Koniocortex nimmt nicht viel mehr als 3-4 cm2 ein; er liegt als ovales Feld zum größten Teil auf der ersten Heschlschen Windung, und zwar ungefähr auf deren Mitte (Abb. 92). Ein kleiner Teil reicht auch auf die caudal gelegene zweite Heschlsche Windung, jedoch meist bloß auf deren frontal gerichtete Wand. Die Area TC ist jedoch keine so scharf umgrenzte, wie es die Abb. 92 wiedergibt.
Area supratemporalis granulosa. 685
Wir finden sogar für das Verhältnis der Ausbreitung der Area TB und der Area TC ein ähnliches Verhältnis wie auf der oralen Lippe der hinteren Zentralwindung zwischen den Areae PB2 und PB1. Die vom parietalen Operculum bedeckte größere hintere Hälfte der dorsalen Sylvischen Fläche der ersten Temporalwindung, auf der sich die Heschlschen Windungen ausbreiten (s. S. 670) wird zum größten Teile von der Formation TB eingenommen, welche die Heschlschen Windungen mit ihrer Orgelpfeifenformation mit den äußerst großen Pyramidenzellen (IIIc) überzieht, bloß am hintersten Ende der Sylvischen Grube der TA1 einen schmalen Streifen und vorn am Margo insularis einen anderen schmalen Streifen der TA2 einsäumend und einer unbestimmten Formation TD in der tiefsten Tiefe der Sylvischen Grube ein kleines Gebiet überlassend. In diesem recht ausgedehnten Areal der Formatio supratemporalis simplex nimmt, wie gesagt, einen großen Teil der ersten Heschlschen Windung, und zwar die Mitte derselben, als ovales Feld, das sich ungefähr in der Mitte der Vertiefung der Sylvischen Grube auch nach hinten auf die 2. Heschlsche Windung erstreckt, die Formatio supratemp. granulosa TC ein; das Areal dürfte ca. 2 cm Durchmesser haben (Abb. 92). Nun ist das nicht immer so, daß diese Area granulosa überall von der Area simplex umgeben ist, sondern vielfach ist sie da oder dort mehr an den Rand gerückt und grenzt oft auch unmittelbar selbst an IBT oder an TA oder TD, je nach individueller Eigentümlichkeit. Auch die Ausdehnung der TC an und für sich scheint individuell recht verschieden zu sein. Wir haben schon Seite 669-670 und Seite 676-677 erwähnt daß außerdem nur selten eine weitere Fläche in continuo von einer reinen TC-Formation überzogen ist, wie dies auf Abb. 92 gezeichnet ist, sondern daß am Hirnschnitt streifenförmig, also tatsächlich wohl insel- und buchtenförmig, die Orgelpfeifenformation TB damit durchmischt ist, wie wir dies auch im Verhältnis von PB1 zu PB2 gefunden haben. Abb. 150 zeigt einen Sagittalschnitt durch die erste Temporalwindung, auf der die Heschl I (HI) zu sehen ist, auf der oberen Sylvischen Fläche; auf dieser und auf HII ist schraffiert die Ausdehnung der Area TC auf diesem Schnitte eingezeichnet. Auch hier also sind die anatomischen Tatsachen in Widerspruch zu jenen Autoren, die prinzipiell überall eine haarscharfe Begrenzung der Areae durchgeführt wissen möchten. Außer dieser „lokalen" Durchmischung, die z. B. auf Heschl II sogar die Regel ist, finden wir auch eine tatsächliche Übergangsbildung zwischen TB-Formation und granulöser Formation, d. h. Zwischenstufen, die z. B. nicht mehr die Orgelpfeifenformation der TB so genau erkennen lassen, sondern zwar durch Zellreichtum und relative Zellkleinheit und engere Streifung schon an TC erinnern, aber doch noch sehr viele, sehr große Pyramidenzellen in IIIc enthalten und in III, V und VI daher noch nicht den granulösen Typus aufweisen. Solche Übergangsbildungen kann man als TBC bezeichnen. Bei manchen Menschen ist eine solche Mittelformation (TBC) alles, was man von der TC „der Hörrinde par excellence" findet. Besonders dort, wo auch die später zu besprechende TD, die sich von den übrigen supratemporalen Bildungen gerade durch die mangelnde Zellordnung auszeichnet, an dieses Gebiet im tiefen Grunde der Sylvischen Grube angrenzt, findet man oft auch in TC eine ähnliche Unregelmäßigkeit der Zellverteilung, die wieder an die TD erinnert, und man könnte hier von einer Übergangsbildung TDC sprechen; doch ist diese, soweit wir es übersehen, meist wohl wirklich bloß eine „Grenzbildung", während TBC das ganze TC wirklich ersetzen kann oder auch mitten drinnen vorkommen kann. Dieser letztere Umstand nämlich, das Vorkommen von Streifen und Inseln der einen Bildung, rings umgeben von der anderen Formation, oder das totale oder beinahe totale Ersetztwerden von TC durch eine Mittelbildung TBC, läßt es als sehr wahrscheinlich erscheinen, daß TC sich aus TB durch granulöse Umformung entwickelt, d. h. daß TB eigentlich der Grundtypus wäre, aus dem durch eine spezifische Differenzierung und lokale Trennung der kleinen beinahe körnigen Elemente von den großen Zellen TC entsteht, das dann, je nach dem Grad, den dieser Differenzierungsprozeß erreicht hat, die granulöse Heterotypie mehr oder weniger deutlich aufweist. Wir haben auch bei Besprechung von PB2 und PB1 ähnlich angenommen (s. S. 522), daß sich die Formatio der Area postcentralis oralis simplex (PB2) spezifisch differenziert zur Area postcentralis oralis granulosa (PB1). Aus dem dort angeführten Umstande, daß diese granulöse Area (PB1) bei gewissen Tieren scheinbar in dieser Ausprägung nicht vorkommt, sondern bloß Bildungen, die mehr der PB2 oder PC entsprechen, haben wir angenommen, daß wohl auch diese angrenzende Area bei diesen Tieren die entsprechenden sensorischen Funktionen leisten muß und daß dies wohl auch beim Menschen der Fall sein dürfte, und daß die Area granulosa bloß eine höher differenzierte Stelle dieser Gesamtzone sein dürfte gleichsam ein höchst fein ausgearbeiteter Receptor. In diesem Sinne könnte man, speziell bei dem anatomischen Unterschied, den wir im Grade der granulösen Umbildung auch dieser homotypischen Area TB in den heterotypischen Koniocortex TC sehen, hier wieder annehmen, daß schon der Grundtypus TB ebenfalls jene rezeptive Fähigkeit und Funktion besitzen könnte, die durch die granulöse Umwandlung (in TC) ihre ganz speziell verfeinerte spezifische Differenzierung findet. (Ähnliche Verhältnisse nahmen wir im Occipitallappen für OB und dessen granulöse lokale Variante OBΩ an.) Man kann also nach den anatomischen Befunden nicht die Möglichkeit von der Hand weisen, daß vielleicht auch die Area TB zur „primären Hörrinde" noch gehört, entweder ganz oder wenigstens teilweise. In welchem Verhältnis unsere Befunde zu denen früherer Autoren stehen und welche physiologische Bedeutung diesen neuen anatomischen Tatsachen zukommt, wird in §6 und §7 später besprochen werden.
Abb. 150. Schema eines Sagittalschnittes durch die erste Temporalwindung T1, welche die Heschlschen Windungen HI und HII quer trifft. Verteilung der Areae an der oberen (Sylvischen) und an der unteren Wandungsfläche der Windung. Die Abbildung zeigt die Unterbrechung der heterotypischen granulösen Area TC (schraffiert) durch Zwischenstreifen der homotypischen Bildung TB.
686 Lobus temporalis.
Aus der Besprechung, die wir von der Ausbreitung der TB gegeben haben, geht hervor, daß sich dieselbe am Boden der Sylvischen Grube ausbreitet, ohne bis auf die freie Hirnoberfläche der Konvexität zu reichen (Abb. 92). Sie tritt aber manchmal doch an die laterale Hirnoberfläche, d. h. auf das Culmen der ersten Temporalwindung, und zwar in diesem Falle längs der hinteren Begrenzung der ersten Heschlschen Windung, also längs des Sulcus temporalis profundus. Dieser Sulcus schneidet mit einer hackenförmigen Biegung nach unten in das Culmen der ersten Temporalwindung ziemlich regelmäßig ein; an dieser Stelle mit dieser Hackenbildung, die, wie schon erwähnt, mit dem Sulcus acusticus (s. a.) gleichsam eine S-förmige Faltung der T1 bedingt, tritt auch die Formation TB manchmal zungenförmig etwas auf das Culmen der T1 (Abb. 92) und so auf die laterale Hirnoberfläche. CAMPBELL und BRODMANN nehmen eine solche Ausbreitung scheinbar als ein regelmäßiges Vorkommnis an. Wir haben jedoch eigentlich in der Mehrzahl der Fälle eine solche Ausbreitung nicht finden können. Wir haben es also hier mit einer individuellen Ausbreitungsvariante zu tun, die deswegen mehr Anspruch auf Beachtung als ähnliche andere immer wieder vorkommende Ausbreitungsvarianten erheben darf, da dieser Teil der Kuppe der T1 der Wernickeschen Stelle (siehe §§6 und 7) entsprechen soll. Jedenfalls ist aber die Area TB auch dort, wo sie cytoarchitektonisch an der Oberfläche selbst nicht zu sehen ist, doch natürlich stets in unmittelbarer Nähe dieser Stelle.
Die sonstige Begrenzung der TB gegen die TA ist, wie aus all dem Gesagten zu ersehen ist, wohl in großen Zügen anzugeben, doch gibt es auch hier keine scharf markierte Grenze zwischen ihnen, sondern mehr Übergänge. Sobald in der Area temp. sup. (TA) die radiäre Streifung deutlicher und die Zellen größer werden (besonders in IIIc), ist eine Unterscheidung von TB sehr erschwert. Individuell ist aber die Ausprägung einer Streifung und auch die Größe der Zellen, beides, großen Schwankungen unterworfen; auch bei ein und demselben Individuum variieren diese Eigenschaften von einer Windung zur anderen. Nun haben wir gar nicht selten an der Unterfläche der ersten Temporalwindung, besonders gegenüber der Heschlschen Windung, die Formation TA so großzellig und die Streifung derselben so gut ausgeprägt gefunden (TAm), daß diese Stellen von TB eigentlich nicht recht zu unterscheiden wären (Abb. 150). Diese Stellen waren nicht etwa im Zusammenhang mit der TB an der dorsalen Fläche von T1. Es wäre interessant, hier nicht nur mit der Zellarchitektonik, sondern auch mit den anderen Methoden dies nachzuuntersuchen; sollte nämlich TB wirklich auch sensorischen Charakter haben und sich auch auf die Unterfläche von T1 ausdehnen können, dann wäre die Ausdehnungsmöglichkeit der Hörrinde eine ganz bedeutende. Wir hätten dann ähnliche Verhältnisse wie an der hinteren Zentralwindung, wo PB1 (die Area granulosa) sich aus PB2 (Area simplex) entwickelt zu haben scheint, wo aber an der Hinterwand der C. p. jedoch sich eine ebenso schmale und der PB2 (Area simplex) sehr ähnliche Area postcentralis caudalis (PD) befindet, die sogar von PB2 nur schwer zu unterscheiden ist. Nur beiläufig wollen wir hier erwähnen, daß FLECHSIG die hintere Wand der hinteren Zentralwindung als ein Gebiet bezeichnet, in das besonders viele Balkenfasern eintreten, und ähnlich bezeichnet sein Schüler PFEIFER jenen caudalen Teil der Heschl, der nach unserer Auseinandersetzung von der Area TB schon eingenommen ist (oder TBC), myelogenetisch als ein Balkenfeld. Man könnte sich vielleicht vorstellen, daß hierher spezifische Reize aus der gegenseitigen Hemisphäre gelangen.
Area supratemporalis intercalata. 687
In der Tiefe der Sylvischen Grube grenzt, beinahe schon in ihrem Fundus, die Area supratemporalis simplex an einen andersgebauten Streifen von sehr unregelmäßiger Begrenzung, der das Tal der Sylvischen Grube auszufüllen scheint und Fortsätze längs der Heschlschen Windungen nach außen gegen die Gebiete von TB und TC schickt. Wir nennen dieses Gebiet TD oder Area supratemporalis intercalata, da sie zwischen die supratemporalen und parietalen Formationen eingeschoben ist.
§6 und 7 werden gemeinsam für die ganze Regio supratemporalis S. 691 und 701 besprochen.
Die Formation, die wir hier beschreiben wollen, findet sich ganz in der Tiefe der Sylvischen Grube (Abb. 92); das Feld, welches sie einnimmt, macht nicht den Eindruck einer regelmäßig an der gleichen Stelle vorkommenden, gut abgegrenzten Area, sondern scheint sich aus der Tiefe längs der Gyri und Sulci transversi der oberen Temporalfläche heraus in die anderen Areae dieser Fläche in sehr verschiedenem Ausmaße vorzuschieben. Man kann daher eventuell bestreiten, daß es sich um eine Area als solche wirklich handelt, eine Frage, auf die wir in §5 nochmals zurückkommen werden. Da man aber einerseits, wie schon wiederholt erwähnt, bei sehr vielen „Areae" diesen Zweifel mit einer gewissen Berechtigung aussprechen kann, da andererseits die Formation auch nicht bloß als eine lokale Variante der vorerwähnten supratemporalen Areae trotz der Unbeständigkeit ihrer Ausdehnung und Ausprägung angesehen werden kann, haben wir sie als Area intercalata bezeichnet. Sie ist eingeschoben gleichsam zwischen die supratemporalen und die unteren parietalen Formationen.
Makroskopisch ist an ihr keine besondere Zeichnung zu sehen; sie macht aber einen durchweg gleichförmig gefärbten Eindruck. Ihre Breite beträgt ungefähr 2.8 mm am Culmen und ungefähr gleichviel in der Wand, soweit als man von Wänden an den seichten Gyri tranversi der Sylvischen Grube reden kann.
Mikroskopisch macht sie im ganzen einen mittelkleinzelligen Eindruck mit vielen mittelgroßen Zellen in III; auffallend für diese Gegend ist der Mangel an radiärer Streifung oder strahliger Anordnung der Zellen (Abb. 45), vielmehr liegen dieselben in so regelloser Unordnung durcheinander (Tafel XCV), daß diese Unordnung mitten in diesem Gebiete, wo sonst die schönste Architektonik herrscht, gerade das charakteristische Differentialzeichen für diese Area ist.
Die innere und äußere Körnerschicht (IV und II) sind zwar vorhanden und lassen somit eine gewisse horizontale Schichtung erkennen, doch fällt auch diese weniger auf als in den umgebenden Areae, und sie ist kaum imstande, den Eindruck der regellosen Lagerung der Zellen zu verwischen.
Die V. und auch VI. Schicht sind sehr kleinzellig, ähnlich wie in TC, und auch wieder ähnlich, wie es für die parietalen unteren Formationen typisch ist; die IV. Schicht zeigt das charakteristisch temporale Zeichen des Zerfalles in vertikale Zellsäulen.
Rindenbreite am Culmen: 2.74 mm.
Absolute Zahlen:
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
0.22 | 0.22 | 0.80 | 0.30 | 0.40 | 0.50 | 0.30 | mm |
688 Lobus temporalis.
Relative Zahlen:
I | II | III | IV | V | VIa | |
0.09 | 0.09 | 0.33 | 0.12 | 0.16 | 0.21 | äH:iH = 51:49 |
Im großen ganzen ein Schichtenverhältnis, wie es dem Durchschnitt entspricht; nur die IV. Schicht übersteigt etwas die Durchschnittsziffer.
I. Die Molekularschicht ist von mittlerer Breite, also im Verhältnis zu den anderen temporalen Areae schmal. Sie ist eher kernreich, ca. 65 Kerne pro 0.1 mm3. Davon gehören ca. 3-4 zu Nervenzellen von 7/6 oder 10/8 µ Größe. Die Grenze gegen II ist relativ scharf zu ziehen.
II. Die äußere Körnerschicht ist ebenfalls von mittlerer Breite; dabei ist sie recht zellreich, ca. 125 Zellen pro 0.1 mm3, von denen drei Viertel Körnerzellen sind von 5/5 µ durchschnittlich oder ebenso kleinste dreieckige Zellen; ein Fünftel bis ein Viertel dagegen (also ca. 25-30 Zellen) sind Pyramidenzellen von 10-15 / 8-12 µ Größe.
Die äußere Körnerschicht ist auch nicht ganz regelmäßig gebaut, und in ihr sieht man neben dichteren Flecken auch Flecken, welche beinahe zellos sind (Tafel XCV, Höhe 34.5 / Breite 16.2 cm).
Die Grenze gegen IIIa ist recht verschwommen und unscharf.
III. Die Pyramidenschicht ist die für TD typischste Schicht; sie ist stellenweise zellreich, stellenweise zellarm. So ist z. B. auf Tafel XCV die linke Seite eher recht zellreich, die Mitte und rechte Hälfte im Bilde eher zellarm. Die Zellen liegen außerdem in sehr unregelmäßigen Abständen voneinander, bald zu Gruppen vereint, bald lose verstreut, bald zellose größere Lücken zwischen sich freilassend (Tafel XCV Höhe 30 / Breite 26.5 cm). Die Zellen sind zwar meist dreieckig und pyramidenförmig, aber sie sind nicht alle mit der Spitze direkt gegen die Oberfläche gerichtet, sondern liegen oft schief und regellos. Es läßt sich gar keine Ordnung in der Verteilung erkennen. Von den Areae der Umgebung unterscheidet sie sich eben auch durch den Mangel an radiärer Ordnung der Zellen, der besonders an der Kuppe sehr auffallend ist; man vergleiche Tafel XCIII mit Tafel XCV, um sich dieses Verhalten recht klarzumachen! Auch der Größe nach ist keine richtige Ordnung zu sehen. Wohl sind in oberflächlicheren Teilen der III. Schicht mehr kleine und in den tieferen mehr größere Zellen; doch sind auch in den tieferen Teilen viele kleinere Zellen und in den mittleren Partien sehr oft Zellen, die größer sind als die der unteren Partien. Man kann der Größe der Zellen nach die III. Schicht in zwei Etagen von ungefähr gleicher Breite teilen, die obere IIIa enthält mehr kleinere Zellen, die untere IIIb, wie gesagt, mehr größere; eine IIIc-Schicht, aus großen Pyramidenzellen bestehend, ist aber hier nicht zu sehen.
In IIIa zählt man 35-40 Zellen pro 0.1 mm3, von denen bloß 14 kleine, sehr flache Pyramidenzellen von 15/ 15-18 µ Größe sind, die übrigen alle viel kleiner, von 8(-12) / 6-8(-10) µ.
In IIIb zählt man 40 - 45 Zellen pro 0.1 mm3, von denen bloß 8 die Größe von 25(-30) / 15(-18) µ besitzen und schlanke Pyramidenzellen sind; 15 haben die Größe wie die flachen kleinen Pyramidenzellen der IIIa-Schicht 15/ 15-18 µ, und die übrigen (also die Hälfte) sind 8/ 6-8 µ groß, also nur wenig über Körnerzellgröße.
Die Breite der III. Schicht ist bei 0.80 mm, also eine mittlere Durchschnittsbreite; sie macht ungefähr ein Drittel der Rindenbreite aus. Die obere und die untere Grenze sind recht unscharf und verschwommen und nur nach der Größe und Form der Zellen mikroskopisch bestimmbar.
Area supratemporalis intercalata. 689
IV. Die innere Körnerschicht ist von guter Breite, mit absolut 0.30 mm und relativ 12% der Rindendicke ist sie über dem Durchschnitt. Die Grenzen nach oben sowie nach unten sind sehr verwaschen, weil einerseits vielfach kleine Zellen sich in den unteren Partien von III befinden und weil andrerseits die Zellen von V selbst nicht sehr groß sind, so daß wir oft im Zweifel sein werden, wo die untere Grenze zu ziehen ist. Auch die IV. Schicht von TD zeigt nicht mehr die schöne Ordnung, die die innere Körnerschicht der anderen supratemporalen Felder aufweist, die Zellen liegen zum Teil schütterer, große Lücken zwischen sich lassend (Tafel XCV, Höhe 24 / Breite 23 cm) zum Teil reichen wieder die Zellen von III und V stellenweise so weit nach IV hinein, daß man ein Zellkonglomerat auf eine kurze Strecke vor sich hat (Tafel XCV, Höhe 24.5 / Breite 16.5 cm). Aber durch alle diese verschiedenen Änderungen hindurch, die gleichsam die für TD charakteristische Unordnung aus der III. Schicht auch in die IV. Schicht tragen, bricht sich doch sichtbar auch hier die temporale Säulenbildung der Zellen wieder in IV Bahn.
Man zählt durchschnittlich 150 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die weitaus größte Mehrzahl kleinere und größere Körnerzellen sind von 5-8 / 5-8 µ, daneben 5-6 flache Pyramidenzellen von 15/ 15-18 µ.
V. Die ganglionäre Schicht ist gegenüber den übrigen hier in TD nicht aufgehellt, sondern ziemlich gleichdunkel tingiert, d. h. ihre Zellbevölkerung ungefähr gleich dicht wie in III oder VI. Die ganglionäre Schicht ist ebenfalls von sehr unregelmäßigem Zellaufbau, was aber weniger auffällt, da doch die V. Schicht der meisten Rindenareae ein sehr wenig geordnetes Bild aufweisen. Kleine und größere Zellen liegen auch hier wieder in regellosem Durcheinander; zellreiche und zellose Flecken wechseln regellos miteinander ab. Man zählt durchschnittlich 60 Zellen pro 0.1 mm3, davon sind ein Fünftel größer, und zwar 18-20 / 15-18 µ und pyramidenförmig; vom Rest sind die Hälfte, also zwei Fünftel, kleine Pyramidenzellen von 8-10 / 8 µ, und die andere Hälfte, also wieder zwei Fünftel, Körnerzellen von 5-6-8 / 5-6-8 µ. Im allgemeinen kann man sagen, daß mehr kleine Zellen sich in der Nähe von IV aufhalten, mehr größere in der Tiefe; infolgedessen ist auch hier die obere Grenze schwer anzugeben, da die Zellen von IV und V nicht sehr bedeutende Größenunterschiede aufweisen, und auch gegenüber VI die Größenunterschiede wieder gering sind. Sicher ist in all dem Gesagten ein gewisser Ansatz zu einer Verkörnelung der V. Schicht zu erblicken.
Die Breite von V ist etwas über dem Mittel, doch unbedeutend; 0.50 mm absolut und relativ 21%.
VI. Die Spindelzellenschicht. Mit den unteren parietalen Formationen teilt TD die Eigenheit, daß V und VI nur schwer voneinander zu unterscheiden und abzugrenzen sind. Man kann eine zelldichtere VIa-Schicht von einer zellockeren VIb-Schicht unterscheiden. Beide sind mit 0.4 mm respektive 0.3 mm eher schmal, was z. T. dem Wandcharakter der ganzen Formation entspricht. In VIa sind in den oberflächlichen Partien noch sehr viele pyramidenförmige Zellen, erst in den mittleren und tieferen Partien sind bloß Spindelzellen. Durchschnittlich sind gegen 45 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die Pyramidenzellen eine Größe von 20/ 15-18 µ haben, die Spindelzellen 25/ 12-15 µ. In VIb sind ca. 20 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe von 20/10 µ von Spindelzellenform.
Gegen das Mark ist die VI. Schicht recht gut abgegrenzt. Durch die Markstrahlen, die die VI. Schicht durchziehen, hat dieselbe ein geordnetes Aussehen im Vergleich zu den übrigen Schichten der TD.
Man sieht aus dem Gesagten, daß die TD eine eigentümliche Struktur hat, welche von den übrigen supratemporalen Formationen sich hauptsächlich durch das Fehlen der charakteristischen temporalen Merkmale auszeichnet; es fehlt ihr vor allem der schöne geordnete Bau der anderen; die Unregelmäßigkeit der Zellverteilung und die Unregelmäßigkeit der Orientierung derselben sind das charakteristische Zeichen für diese Area intercalata; eine gewisse Ähnlichkeit mit dieser Bildung hat die Area parietalis opercularis PFop (Tafel LXXVII) bloß insofern, als sie ebenfalls einen Ausfall an Zellen der III. Schicht aufweist; sonst aber ist sie vielfach von ihr unterschieden, und TD kann nicht etwa einfach als die Fortsetzung derselben (PFop) auf die parietotemporalen Übergangswindungen angesehen werden. Vor allem ist der Zellreichtum der TD in V und VI, der beinahe an eine Verkörnelung gemahnt, ein ganz auffallender Unterschied. Immerhin müssen wir betonen, daß die opercularen Rinden (siehe auch Opercul. Rolandi) gewisse Unregelmäßigkeiten im Zellaufbau, in der Zellorientierung und einen gewissen Zellausfall, besonders in der III. Schicht, gemeinsam zu haben scheinen.
690 Lobus temporalis.
TD ist also, zusammenfassend gesagt: mittelbreit, granulär, schlecht geschichtet, nicht gestreift, mittel-kleinzellig, mit einem Anklang an den granulösen Charakter.
I. 0.22 mm, von Durchschnittsbreite, zellarm, 3-4 Nervenzellen, 7-10 / 6-8 µ.
II. 0.22 mm, ebenfalls von Durchschnittsbreite, zellreich, 125 pro 0.1 mm3, aus kleinen Körnerzellen von 5/5 µ und Pyramidenzellen 10-15 / 8-12 µ bestehend.
III. 0.80 mm, ebenfalls von Durchschnittsbreite; eher zellarm, ca. 40 Zellen pro 0.1 mm3 und mittelzellklein, bloß aus IIIa und IIIb bestehend, ohne große Zellen, 8-15 / 6-10 µ in a und b, daneben in b einzelne 25/15 µ große. Sehr ungleichmäßige Zellverteilung und Zellorientierung.
IV. 0.30 mm, übermittelbreit, zellreich, ungleichmäßige Zellverteilung, 150 Zellen pro 0.1 mm3, meist Körner 5-8 / 5-8 µ. Zellsäulen deutlich zu sehen.
V. 0.50 mm, mittelbreit; relativ zelldicht, zellklein. 60 Zellen pro 0.1 mm3, meist bloß 5-10 / 5-8 µ.
VI. 0.70 mm, eher schmal, zerfällt in VIa und VIb mit Spindelzellen, 20-25 / 10-18 µ.
Aus alledem ersehen wir, daß die TD einige Charakteristica der übrigen supratemporalen Areae teilt, z.B. die Zellsäulenstellung in IV, die Kleinzelligkeit von V und VI; ferner teilt sie mit TC der Area granulosa teilweise die Kleinzelligkeit von III, jedoch nicht in genügend ausgesprochenem Maße, sondern höchstens so, wie wir sie in den besprochenen Mittelbildungen TCB finden; daneben ist auch die Kleinzelligkeit von V und VI ähnlich wie in TC und die Zellzahl und Zelldichtigkeit dieser zwei unteren Schichten sogar eine größere als in TC, gewisse Anklänge an eine Verkörnelung besitzt also die Area TD ebenfalls; sie macht vielfach den Eindruck eines unvollkommenen Koniocortex. Dagegen fehlt ihr die typische Zellordnung und Schichtung, die die anderen supratemporalen Formationen auszeichnen (die Regenschauer- und Orgelpfeifenformation). Die Abgrenzung gegen die anderen Formationen erfolgt also mehr durch einen Mangel einiger für die übrigen Bildungen charakteristischen Zeichen als durch eigentlich positive Eigenschaften. Derart ist auch ihre Ausbreitung nicht ein typisches Areal, sondern die Formation TD sitzt an der tiefsten Stelle der Sylvischen Grübe und sendet von dort aus in der Richtung nach außen einige mehr oder weniger kurze Ausläufer auf den Heschlschen Windungen, so daß man auf Sagittalschnitten durch die inneren medialen Partien der Heschlschen Windungen die anderen Areae von dieser Bildung gleichsam streifenweise unterbrochen findet. Manchmal schiebt sie sich derart finger- oder streifenförmig auch vor die Area granulosa TC zwischen sie und die Inselformationen IBT vor; andere Male wieder reicht sie z. B. ins Gebiet zwischen Area granulosa und Area simplex hinein und umzieht hintenherum in der Tiefe der Sylvischen Grube die ganze tiefe Partie der Area granulosa auf der ersten Heschlschen Windung haubenartig. Diese individuell verschiedene Ausbreitungsart und der anatomisch unregelmäßige Bau legen den Gedanken nahe, oh nicht vielleicht hier eine infolge ihrer Lage in der Tiefe der Sylvischen Grube durch vasculäre oder andere Momente bedingte lokale äußerliche und individuell schwankende Änderung oder Unterentwicklung der Rinde der eigentlichen Areae TC oder evtl. TB vorliegt, eher als eine aus dem Wesen des Zellaufbaues als solchem bedingte wirklich eigene konstante areale Rindenformation. Gerade um diese Erklärung, die dann evtl. auch auf verschiedene andere Gebiete, speziell auch auf andere operculare Teile, Anwendung finden könnte, einmal recht zur Überlegung vorzulegen, haben wir es vorgezogen, dieses Gebiet in diesem Falle als eigenes Feld darzustellen, statt sie zur TC zu rechnen, in der Erwartung, daß uns dann zukünftige Untersuchungen darüber werden aufklären können, welche Bewandtnis es damit hat.
Area supratemporalis intercalata. 691
Betreffs der Grenzzone IBT (Tafel LVII) verweisen wir auf das, was wir S. 495 gesagt haben. Wir sehen das Gebiet zwischen Insel und supratemporaler Formation als einen schmalen Übergangsstreifen an, der infolge seiner Lage in der Tiefe des Margo insularis posterior auch noch sehr dünn wie jede Talformation ist.
Daß die erste Temporalwindung das Interesse aller jener Forscher angeregt hat, die sich speziell mit dem Bau der Hirnrinde befaßt haben, ist bei der physiologischen Dignität dieser Gegend für die Hör- und Sprachfunktion nur zu selbstverständlich. Wenn wir im granulösen Bau der Area TC auf der ersten Heschlschen Windung nach Analogie der anderen granulösen Areae des Großhirns den anatomischen Ausdruck für den sensorischen Charakter dieser Stelle gefunden zu haben glauben, so mag in diesem architektonischen Detail, dessen individuell verschiedene Differenzierungsgrade wir ja genügend betont haben, vielleicht etwas Neues liegen. Im großen ganzen ist mit der Lokalisation der „Hörrinde" auf dieser Stelle jedoch nichts Neues bewiesen, denn in den letzten Jahrzehnten ist es ja ohnehin mehr und mehr zur Gewißheit geworden, daß gerade die erste Heschlsche Windung diese sensorischen Funktionen zu leisten hat. Es war auch längst schon von anatomischer Seite, und zwar zuerst wohl von FLECHSIG auf Grund der Markfrühreife der Heschlschen Windung dieselbe als Hörsphäre angesprochen worden (1895). Etwas sonderbar ist es allerdings, daß den meisten unter den vielen Forschern, die sich speziell mit Rindenarchitektonik befaßt und welche diese Gegend durchgesehen und auch in Areae eingeteilt haben, die spezifische Differenzierung und Kleinzelligkeit dieser speziellen Stelle nicht weiter aufgefallen ist; gesehen müssen sie sie allerdings haben, dafür spricht schon, wie wir gleich sehen werden, die Ähnlichkeit der Abgrenzung der Areae dieser Forscher mit der unsrigen. BETZ (1881) muß aber eigentlich sogar den „granulösen" Charakter gemerkt haben, auch wenn er es unterlassen hat, ihn näher zu beschreiben, denn er vergleicht selbst die Rinde der Gyri temporales profundi (Heschl) mit der Rinde der hinteren Zentralwindung (von der er kurz vorher (richtig) sagt, daß II. und III. Schicht ineinander hineinreichen!) und vergleicht auch das Vorkommen von Riesenzellen kleinen Kalibers bei beiden Gegenden miteinander. (In TB kommen ja tatsächlich in IIIc und V Pyramidenzellen vor, wie wir S. 673 beschrieben haben, die Riesenzellengröße erreichen können.) Für die übrigen Temporalwindungen erwähnt BETZ, wie wir später sehen werden, richtig als charakteristisch die Mächtigkeit der V. Schicht, bei relativer Kleinheit der Zellen der III. Schicht. Es war also schon wieder BETZ der erste, der einen prinzipiellen Unterschied zwischen den dorsalen Teilen der ersten Temporalwindung und zwischen den übrigen Temporalwindungen fand, was sich dann nachher durch alle späteren Untersucher, die auch BETZ nicht weiter berücksichtigen zu müssen glaubten, bestätigt fand.
HAMMARBERG hat 20 Jahre später in ähnlicher Weise, aber genauer, angegeben, daß die Pyramidenzellen in III und V auf der ersten Temporalwindung kleiner sind als die der übrigen Temporalwindungen; daß aber in der ersten Temporalwindung vereinzelte große Pyramidenzellen vorkommen können. Die nähere Beschreibung, die er gibt, macht es wahrscheinlich, daß er dabei unsere Area temporalis superior TA vor Augen gehabt hat. Die Zellzahl, die HAMMARBERG in den einzelnen Schichten angibt, läßt sich mit unseren nicht vergleichen, da er nach einem anderen Prinzipe gezählt hat. Eine nähere Einteilung der ersten Temporalwindung in verschiedene Felder hat er nicht vorgenommen, und er scheint die Besonderheiten der Heschlschen Windungen, die BETZ schon angedeutet hatte, nachher übersehen zu haben. Ebenso ist ihm die charakteristische Säulchenstellung der Zellen im Temporallappen entgangen.
692 Lobus temporalis.
CAMPBELL (Abb. 1 und 2) hat wohl als erster myeloarchitektonisch sowohl als cytoarchitektonisch die Temporalgegend genau untersucht. Er faßt Temporal- und unteren Parietallappen zu einer großen Einheit zusammen, nimmt aber davon den größten Teil der ersten Temporalwindung als eine eigene Area und außerdem ein Gebiet auf den Heschlschen Windungen ebenfalls als eigene Area, aus. Letztere bezeichnet er als auditosensory area, also als „Hörrinde", und erstere als auditopsychic area. In der näheren Beschreibung die er davon gibt, kann man erkennen, daß er als auditopsychic area unsere Area temporalis superior (TA) beschreibt, und als auditosensory area unsere Orgelpfeifenformation TB, die Area supratemporalis simplex meint. Er hebt nämlich für die auditosensory area ähnlich wie wir für TB hervor den Zellreichtum der II. Schicht; III enthält größere (mittelgroße) Zellen als sonst im Temporallappen, außerdem aber noch Riesenzellen in IIIc von 45-50 / 25-40 µ Größe; auch CAMPBELL findet, daß dieselben, oft nach oben und unten spindelförmig ausgezogen, einen dicken Fortsatz schicken und für die Heschlsche Windung typisch sind. IV ist breit; durch die Radii wird es in senkrechte Zellsäulen geteilt! Von V sagt CAMPBELL, die Schicht scheine bis auf vereinzelte große Zellen ganz zu fehlen. (Diesen Befund kann man als solchen nicht bestätigen, außer CAMPBELL hätte hier doch wieder gemeinsam neben der Area TB auch noch die Area granulosa TC im Auge gehabt, welche ja tatsächlich einen lichten Streifen und außerdem nur ganz kleine Zellen in V hat.) VI dagegen ist sehr breit (offenbar zählt er teilweise auch V dazu), die Zellen sind weniger säulenförmig geordnet als sonst im Temporallappen und auch weniger spindelförmig und meist klein. Typisch für die Heschlsche Windung, wiederholt CAMPBELL, ist der Zellreichtum und die Riesenzellen! Wir glauben, wie gesagt, kaum fehlzugehen, wenn wir annehmen, daß die Campbellsche auditosensory area nach dieser Beschreibung doch wirklich nur unserer Area supratemporalis simplex TB entspricht und er die eigentlich sensorische granulöse Rindenpartie TC ganz übersehen hat.
CAMPBELLs auditopsychic area hat in III weniger mittelgroße Zellen als die vorhergehende, und bloß ganz seltene Riesenzellen, IV und V sind wie in der auditosensory area, VI dagegen ist in deutlichen Säulen geordnet; im großen ganzen entspricht diese Beschreibung gewissen Teilen unseres TA. Die Area „granulosa" beschreibt CAMPBELL also nicht.
Auch BRODMANN (Abb. 6, 7, 8) hat schon vor uns die erste Temporalwindung samt ihrer oberen, von den Heschlschen Windungen durchzogenen Fläche, also unsere Regio supratemporalis, als ein Strukturgebiet für sich angesehen. Sein Feld 22, Area temporalis superior, nimmt die hinteren zwei Drittel der freien lateralen Oberfläche der ersten Temporalwindung ein, entspricht also genau unserer Area temporalis superior TA und der schon vorher von ELLIOT SMITH ebenso benannten Area, so daß wir diese Bezeichnung SMITHs für unsere TA beibehalten haben, da wir sie besser finden als den fraglichen Ausdruck „auditopsychic" area von CAMPBELL. Auf der dorsalen Oberflächenwand der T1 in der Sylvischen Grübe unterscheidet BRODMANN ebenso wie wir vor allem zwei Felder: 41 und 42 (Abb. 8). Ersteres (41), die Area temporalis transversa interna (anterior), entspricht annähernd der ersten Querwindung und zieht schräg von außen vorn nach hinten innen; nach außen lagert sich Feld 42 bogenförmig an sie an; der Übergang von 41 in 42 ist stellenweise scharf und liegt zum Teil mitten auf der Kuppe der vorderen Querwindung. Feld 42 nennt BRODMANN die Area temporalis transversa externa (posterior); sie zieht ebenfalls schräg über die obere Lippe der ersten Temporalwindung hinweg, liegt aber auch nach BRODMANN zu einem nicht unbeträchtlichen Teil an der freien (lateralen) Oberfläche dieser Windung; in der Tiefe erstreckt sie sich bis zum Inselrande. Aus der Beschreibung der Lage des Feldes 42 und der Art, wie es das Feld 41 umfaßt, ist wohl mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß das Feld 42 unserer Area supratemporalis simplex TB entspricht und daß dann das Feld 41 unsere Area supratemporalis granulosa ist (TC). Nicht übereinzustimmen mit unseren Befunden scheint BRODMANNs Annahme, daß die Felder 41 und 42 bis auf die laterale Hirnoberfläche der Konvexität, d. h. auf die T-Kuppe, sich ausdehnen; für 41 scheint dies überhaupt nicht der Fall zu sein und für 42 nur höchst selten, vorausgesetzt, daß diese Brodmannschen Felder wirklich unseren Areae TB und TC entsprechen. Eigentlich kann man ja dies nie mit Sicherheit sagen, denn in der Bestimmung eines „Feldes" im Gehirn liegt doch immer etwas Subjektives. BRODMANN hat keine Beschreibung und keine Bilder des Zellbaues seiner Felder gegeben. Auch CAMPBELL läßt aber seine auditosensory area nicht bis auf die laterale Oberfläche reichen! Leider hat, wie gesagt, BRODMANN keine Beschreibung der Architektonik dieser Gegend gegeben, sondern bloß die Begrenzungen seiner Areae angeführt, ohne den Zellaufbau auch nur mit einem Worte anzudeuten und ohne seine Felderung damit begründet zu haben. Immer wieder muß man bedauern, daß es diesem gediegenen Forscher nicht vergönnt war, sein Werk zu vollenden. Im Zweifel, ob wir seine Areae dieser so wichtigen Stelle mit den unsrigen identifizieren können, haben wir es vorgezogen, hier andere Namen als er zu verwenden.
Area supratemporalis intercalata. 693
Zwischen der Insel und seinem Feld 41 (also wahrscheinlich unserer Area supratemporalis granulosa) verzeichnet BRODMANN, wie man auf seinem Schema Abb. 8 sieht, eine Area parainsularis (Feld 52); der Lage nach entspricht diese unserer Übergangsarea IBT (siehe Tafel LVII); sie bildet, sagt BRODMANN, längs dem Margo posterior insulae eine schmale, bandförmige Zone und stellt das Übergangsgebiet der Temporalrinde in die Inselrinde dar. Diese Auffassung BRODMANNs deckt sich mit der unsrigen. Später nahm jedoch BRODMANN an, daß sie keine Übergangsformation sei, sondern eine eigene spezifische Struktur habe. Vielleicht hat später BRODMANN unsere Area supratemporalis intercalata (TD) zu Gesicht bekommen, die sich manchmal auch bis in diese Gegend zwischen Insel und Temporalteil vorstrecken kann und diese dann als eigene Strukturbildung, Feld 52, bezeichnet. Eine Identifizierung ist wohl heute, wie gesagt, nicht mehr möglich. Sehr interessant ist ferner seine Konstatierung, daß die Felder 41 und 42 (also unser TC und TB, also die sog. „Hörrinde") bei Tieren inkl. Affen nicht vorkommen, sondern daß bloß das Feld 32 (unsere TA Area temporalis superior) dort vertreten ist. Wir kommen auf diesen Gegenstand in §7, S. 701, noch zu sprechen.
Es haben also alle diese Forscher, die sich speziell mit dem Zellaufbau der Rinde befaßt haben, das Wesentliche am Bau der Rinde der Heschlschen Windung (mit Ausnahme von BETZ) entweder gar nicht bemerkt oder verabsäumt, es gebührend hervorzuheben - nämlich den granulösen Bau (Koniocortex). Aber einigen anderen Autoren ist die Eigenartigkeit dieser Hirngegend doch aufgefallen. So hat HESCHL selbst schon das Wesentliche in der Architektonik dieser Rindenpartie hervorgehoben, indem er auf die vielen kleinen runden Zellen aufmerksam machte, welche die Rinde der vorderen Querwindung bevölkern, und nach MEYNERTs Beispiel an der Calcarina glaubte er daraus auch hier auf die sensorische Funktion dieser Stelle schließen zu dürfen.
Auch NIESSL VON MAYENDORF (Die aphasischen Störungen und ihre Lokalisation) spricht eigentlich ebenfalls in Anlehnung an MEYNERT dieselbe Meinung wie wir aus, wenn er sagt, die corticale Repräsentation jener Sinne, welche im Bewußtsein durch die wunderbar feine Abstufung der Wahrnehmung imponieren, enthalte einen auffallenden Reichtum an kleinen Zellkörpern und diesen parallel gehend ein stark entwickeltes, intracorticales, tangentiales Markfasernetz. Die Körnerformation der beiden Querwindungen beschreibt er sehr gut und ziemlich gleich wie wir unsere Area supratemporalis granulosa (TC). Auch die „Säulen" der „Orgelpfeifenformation" TB unmittelbar daneben beschreibt er sehr richtig und gibt auch schon gute, übersichtliche photographische Reproduktionen davon.
Auch ROSENBERG hat (Monatsschr. f. Psychiatrie u. Neurol. 1908) mit Recht die relative Schmalheit der III. Schicht der Rinde der ersten Querwindung hervorgehoben.
CAJAL hat ausführliche Untersuchungen mittels der Golgimethode der Temporalwindung gewidmet, aber bisher nicht speziell der Heschlschen Windung. Er teilt die Kuppe der ersten Temporalwindung in 7 Schichten ein: 1. plexiforme Schicht (unsere Molekularschicht); 2. Schicht der kleinen Pyramidenzellen (äußere Körnerschicht); 3. Schicht der mittelgroßen Pyramiden; 4. Schicht der Riesenpyramiden; 5. Schicht der Körnerzellen; 6. Schicht der tiefen mittelgroßen Pyramiden (unsere ganglionäre Schicht V); 7. Spindelzellenschicht (VI) und beschreibt die einzelnen Schichten folgendermaßen:
1 ist ohne jede Besonderheit; enthält wie immer zahlreiche dreieckige und birnförmige Zellen und Horizontalzellen, deren Achsenzylinder die zahlreichen Tangentialfasern des Weigert-Präparates abgeben. Außerdem fallen zahlreiche vertikale Martinottische Fasern auf, welche spindel- und sternförmigen Zellen entstammen, die über alle Schichten dieser ganzen Rindenpartie verbreitet sind.
694 Lobus temporalis.
2. Die Zellen stehen hier sehr dicht; es sind meist keine Pyramidenzellen, sondern dreieckige und polygonale Zellen mit kurzem Achsenzylinder und auch sternförmige Zellen. Die Achsenzylinder splittern sich meist in der 2. oder der 1. Schicht auf.
3. In dieser Schicht sind: a) mittelgroße Pyramidenzellen, deren Achsenzylinder nach abwärts ins Mark ziehen; b) spindel- und sternförmige Zellen, deren Achsenzylinder aufsteigend in die 1. Schicht als Martinottische Fasern ziehen, ferner solche mit kurzem Achsenzylinder, der in der 3. Schicht sich aufsplittert; c) kleinere und größere doppeltgebüschelte Zellen, deren Achsenzylinder und Fortsätze in unmittelbarer Nähe der Zelle büschelförmig sich aufsplittern; d) einzelne sog. spezifische horizontale Riesenzellen der Hörrinde, wie sie in allen Schichten des Temporalhirns vorkommen (s. S. 65, Abb. 42). Es sind dies große, schlanke Zellen, 30/ 40-60 µ, mit langen, horizontalen Dendriten, die senkrecht aufsteigende, bis in die 2. Schicht reichende Äste abgeben, und einen sehr langen dicken, horizontal oder schräg nach abwärts verlaufenden Achsenzylinder absenden, der sehr weit in der Rinde verläuft, ohne Tendenz zum Eintritt in die weiße Marksubstanz zu zeigen, manchmal aber doch sich ins Mark senkt. Diese Zellen kommen in allen Schichten vor, besonders aber in der 6. und 7. (unserer V und VI); was sie zu bedeuten haben, weiß CAJAL nicht; er vergleicht sie aber mit den großen Sternzellen der Calcarinarinde und nennt sie spezifisch akustische Zellen. Im Nissl-Präparate können sie angeblich größer erscheinen als die großen Pyramiden. (Wir müssen gestehen, daß wir sie am Nissl-Präparat nicht zu erkennen imstande sind.)
4. Die Riesenpyramiden sind nicht sehr groß, nach CAJAL 28/20 µ ! (?); sie sind spärlicher als in der motorischen Rinde und nicht größer als die großen Pyramidenzellen der III. Schicht dort. (Offenbar hat CAJAL, der diese Schicht wahrscheinlich nach einem mit Zellfarbstoff gefärbten Bilde von der Area TB als eigene Schicht aufgestellt hat, dann keine guten Imprägnationen mit Silber davon bekommen können. Denn bei einer tatsächlichen Durchschnittsgröße von 28/20 µ hätte er sich nicht veranlaßt gesehen, eine eigene Riesenpyramidenschicht aufzustellen.) Der Achsenzylinder zieht ins Mark; oft sind die Radiärschäfte von einer ganzen Gruppe von diesen Zellen zu dickeren Bündeln vereinigt, die als solche bis hoch in die 2. Schicht ziehen, wo sie auseinandertreten, um getrennt die plexiforme (I.) Schicht zu erreichen. (Vielleicht verursachen diese Radiärschaftbündel die S. 662 besprochene senkrechte Streifung und Aufpinselung der II. Schicht!)
5. Die Körnerschicht (unsere IV) besteht aus kleinen, zu vertikalen Plejaden geordneten Zellen; diese bestehen a) aus kleinen Pyramidenzellen, die ihren Achsenzylinder zum Teil ins Mark schicken und zum Teil in die Rinde selbst, wo er in bogenförmigen und pyramidenförmig aufsteigenden Kollateralen sich erschöpft; b) aus dislozierten Pyramidenzellen der 4. und 6. Schicht; c) aus Zellen mit kurzem Achsenzylinder, doppeltgebüschelten Zellen und Zwergzellen; d) Zellen von spindel- und dreieckiger Form mit aufsteigendem Achsenzylinder, der in der 4. Schicht sich auflöst, aber auch bis zur 1. Schicht aufsteigen kann.
6. Die Schicht der tiefen mittelgroßen Pyramidenzellen, unsere V, ganglionäre Schicht, besteht aus a) großen Pyramidenzellen, deren Schaft nach 1. zieht, deren Achsenzylinder ins Mark geht; sie sollen nach CAJAL größer sein als die in der 4. Schicht, d. i. der Schicht der großen Pyramidenzellen (das können wir nur als Ausnahme bestätigen); b) dreieckigen, spindelförmigen und Pyramidenzellen mit aufsteigendem Achsenzylinder, der evtl. bis in die 1. Schicht reichen kann; c) vereinzelten Golgischen Riesensternzellen mit kurzen, dicken, in horizontalen Ästchen sich auflösendem Achsenzylinder; d) den spezifischen, S. 65 unter 3 beschriebenen akustischen Zellen (s. Abb. 42).
7. Spindelzellenschicht mit a) hauptsächlich spindel- oder pyramidenförmigen Zellen, deren Achsenzylinder direkt ins Mark geht; b) Zellen mit aufsteigendem Achsenzylinder; c) doppeltgebüschelte Zellen und d) spezifisch akustische Zellen.
Area supratemporalis intercalata. 695
Was die mit der Golgi-Methode darstellbaren Fasergeflechte anlangt, meint CAJAL, ist in der inneren Körnerschicht das interradiäre Geflecht am dichtesten und stärksten und reiche von hier hinab bis in die weiße Marksubstanz. Dicke, exogene, zentripetale Fasern, die in dieses Geflecht gelangen, sind mit der Golgi-Methode nur selten zu sehen. CAJAL glaubt, der akustische Reiz gelange zuerst an die Körnerzellen und durch deren Achsenzylinder und Dendriten (entsprechend den 3 Hauptfunktionen) a) für die akustischen Erinnerungsbilder an die akustischen Spezialzellen; b) für die motorisch-akustischen Reflexe an die großen Pyramidenzellen; c) für die interencephalen Verbindungen an die kleinen und mittelgroßen Pyramidenzellen der 2., 3. und 6. Schicht.
Diese wertvollen Untersuchungen CAJALs sind die einzigen, die wir über den feineren Zellbau der 1. Temporalwindung bisher besitzen; leider ist dabei, wie gesagt, das Gebiet der Heschlschen Windungen nicht besonders berücksichtigt.
Markbild. Etwas besser als die Cytoarchitektonik dieser Gegend ist die Myeloarchitektonik studiert. Wir wollen gleich hier erwähnen, daß FLECHSIG für das Gebiet der vorderen Heschlschen Windung eine sehr frühe Markreifung nachweisen konnte, und zwar schon vor der Geburt, und bezeichnete das Gebiet als Primordialgebiet 7 und speziell als „Hörsphäre" (s. Abb. 90). Dieses Flechsigsche Primordialgebiet 7 entspricht der Lage nach so ziemlich unserer heterotypischen Formation der Area supratemporalis granulosa TC, wie doch beinahe stets FLECHSIGs Primordialgebiete cytoarchitektonisch beim Erwachsenen sich durch eine Heterotypie auszeichnen, falls es sich nicht dabei sogar um Teile des Allocortex handelt. Wir kommen am Schlüsse dieses §6 nochmals ganz speziell auf die Befunde FLECHSIGs und PFEIFERs zurück.
KAES hat die Markentwicklung der Temporalrinde in den verschiedenen Lebensaltern verfolgt und gefunden, daß die Entwicklung dieser Area von der der meisten übrigen Hirnteile, d. h. von der auf Abb. 14, S. 22 abgebildeten Kurven, abweicht; sie zeigt einen Tiefstand bis zum 5. Lebensalter, wächst dann allmählich an, das Culmen befindet sich zwischen 40. und 52. Lebensjahr, dann beginnt der Abstieg. Es ist jedoch nicht leicht, KAES' Befunde ohne weiteres zu verwerten, da der Ort der Entnahme der untersuchten Rinde nicht genau bekannt ist. In seinem Atlas verzeichnet er stets zwei Stellen, eine vordere Schläfenstelle und eine hintere. Die vordere ist oft so faserarm, daß man darin sicher das Bild unserer temporopolaren Formation TG vor sich hat, andere Male scheint er aber wieder eine andere Stelle als diese untersucht zu haben, so daß man keinen absolut gültigen Vergleich ziehen kann.
CAMPBELL hat zuerst genauer unter Berücksichtigung der einzelnen Windungen und der cytoarchitektonischen Areae ein Markbild der Gegend entworfen. Er hebt vor allem hervor - was später auch BRODMANN und VOGT bestätigt haben -, daß die Heschlsche Windung am Markscheidenpräparat am dunkelsten ist, daß die laterale Oberfläche der ersten Temporalwindung schon lichter wird und zunehmend die 2. und 3. Temporalwindung im Markbild noch lichter werden. Im Markscheidenpräparat der Heschlschen Windung (also auditosensory area = TB + TC) ist die Tangentialfaserschicht sehr gut entwickelt, sie besteht aus meist dünnen und nur vereinzelt dicken Fasern. Es ist (unter II) ein Kaes-Bechterewscher Streifen zu sehen; der Baillargersche Streifen ist wohl dicht, doch da über und unter ihm die Grundsubstanz faserreich ist, ist sein Anblick nicht prägnant. Die Radiärbündel bilden dicke Strahlen mit vielen dicken Fasern, die jedoch nicht über den Baillargerschen Streifen hinaus nach III dringen. Das zwischenradiäre Geflecht ist hier ganz kolossal faserreich; es bedingt die tiefe Färbung dieses Gebietes, denn es besteht aus unendlich vielen feinen Fasern, die längs und quer verlaufen, und dazwischen sind einzelne ganz dicke große Fasern, die in allen möglichen Richtungen vereinzelt die Radiärbündel überkreuzen oder manchmal auch mit ihnen verlaufen. - In der übrigen ersten Temporalwindung (auditopsychic Area, unsere TA) ist die Tangentialfaserschicht nicht so gut entwickelt wie in der Heschlschen Windung. Es findet sich auch kein Kaesscher Streifen. Die Radiärbündel sind ebenfalls deutlich und dick, wenn auch etwas weniger als im Heschl, und sie dringen hier bis weit nach III hinein. Der Baillarger ist faserärmer, ebenso ist das zwischenradiäre Geflecht weniger dicht.
696 Lobus temporalis.
ELLIOT SMITH (Abb. 5) unterscheidet nach dem Markbild des nativen ungefärbten Präparates ebenfalls die Rinde der beiden Heschlschen Windungen von der übrigen Formation der oberen Temporalwindung und diese wieder von den beiden unteren (s. S. 14); er sagt, die Rinde der Heschl sei schmal, die der ersten Temporalwindung schon dicker und die der mittleren Temporalwindung am dicksten, während die unterste Temporalwindung wieder schmäler wird. Dies ist auch wirklich richtig. Auf dem Schema seiner Rindenareae (Abb. 5, Nr. 27) zeichnet er die Heschlsche Rinde mit zwei Baillargers; die Tempor. superior ist an Grundfasern ärmer und enthält ebenfalls deutlich zwei Baillargers (Abb. 5 Nr. 26), welche in der mittleren und unteren Temporalwindung (Abb. 5, Nr. 19 und 20) zunehmend schmäler, faserärmer und zuletzt ganz undeutlich und kaum wahrnehmbar werden. Die Beschreibung, die ELLIOT SMITH aber dazu gibt, scheint etwas different von diesen Bildern.
Bei weitem die beste Beschreibung des Verhaltens der Markfasern in diesen Gebieten hat VOGT in seinen „Allg. Ergebnisse unserer Hirnforschung" 1919 gegeben, dessen Figuren und Exzerpt wir kurz wiedergeben (siehe auch zur Orientierung vorerst Abb. 85 und 86, S. 179 und 180). Abb. 151 stellt den Übergang von TA und TE dar oder den Übergang der ersten in die zweite Temporalwindung (BRODMANNs Feld 22 und Feld 21). Hier zeigt die Area temporalis superior einen schönen euradiären Typus, d. h. daß die radiären Bündel bis an die äußere Grenze von IIIb in die Rinde hineinreichen. Charakteristisch ist die große Breite der radiären Bündel, die einzelnen Radii enthalten dickere Einzelfasern; die Zahl der Radii ist eine mittlere; die Tangentialfaserschicht zeigt eine recht dichte oberflächliche Lage (1a und 1b) und eine davon durch einen hellen Zwischenstreifen (1cα) getrennte, weniger dichte untere Lage (1cβ). Alle übrigen Schichten sind gegenüber den übrigen supratemporalen Area (TA weiter oben, Abb. 152, TB, Abb. 153, und TC, Abb. 154) relativ faserarm. Es ist hier auch noch kein Kaesscher Streifen zu sehen. In IIIb sind die Radii breit und zahlreich, und die Horizontalfaserung ist vermehrt. In IV 1) zeigt sich eine Verschmälerung und Verdichtung der Radii (entsprechend den Zellsäulen der Körnerzellen der IV) und eine Vermehrung der Horizontalfaserung; man sieht zwei Baillargersche Streifen, obschon auch die Zwischenschichten unter denselben (Va resp. VIa) ziemlich faserreich sind.
[footnote p 696 1) Die arabischen Ziffern der VOGTschen Schichten entsprechen vollkommen unserer mit römischen Ziffern gekennzeichneten Schichteinteilung.]
Abb. 152 zeigt TA (BRODMANNs Feld 22) näher zu TB (BRODMANNs Feld 42?). Die Zunahme des ganzen Querschnittes an Markfasern ist hier sehr auffällig. Die Radii sind hier etwas schmäler, ungefähr gleich an Zahl, enthalten aber dickere Einzelfasern. Die Tangentialfaserschicht ist wie auf Abb. 150, nur faserreicher, besonders in der unteren Partie (1c); II ist faserarm; darunter ist ein deutlich Kaes-Bechterewscher Markstreifen (3aα); die übrigen tieferen Schichten verhalten sich wie in der vorstehenden Abbildung, nur daß sie faserreicher sind.
Abb. 153 zeigt das Markfaserbild der Area temporalis transversa externa BRODMANNs (Feld 42), die unserer Area supratemporalis simplex TB entspricht. Die Radiärfaserung zeigt gegenüber der letzten Abbildung eine geringe Abnahme in der Zahl der Radii. Die Tangentialfaserschicht ist faserreicher (trigonal), aber auch alle übrigen Schichten sind faserreicher, so speziell der Kaes-Bechterewsche Streifen (3aα); die Einzelfasern hier und in der Tangentialfaserschicht sind dicker als in TA. Va und VIa (= 5a und 6a) sind faserreicher, so daß sich die beiden Baillarger weniger deutlich abheben. Recht zahlreich sieht man hier schon dicke Einzelfasern, welche die senkrechten Markradii schief überquerend, die unteren Schichten in größerer Menge durchsetzen, sog. exogene (afferente) Fasern CAJALs.
Abb. 154 zeigt schließlich das Markbild der Area temp. transv. interna BRODMANNs (Feld 41) auf der ersten Heschlschen Windung, das also wahrscheinlich unserer „Hörrinde" par excellence, unserer Area supratemporalis granulosa TC entspricht. Auch hier ist das ganze Bild noch viel faserreicher. Die Zahl und Breite der Radii scheint auch hier (Regenschauerformation) geringer als in TA. Dagegen sind die exogenen, schief aufsteigenden dicken Einzelfasern welche die Markstrahlen überqueren und in die unteren Schichten einziehen, noch viel zahlreicher als in TB und beinahe so dick und zahlreich wie in der Vorderwand der hinteren Zentralwindung (vgl. Abb. 134, S. 537). Die Tangentialfaserschicht ist noch faserreicher, trizonal. II ist licht; III ist sehr schmal; in IIIa nehmen die Grundfasern derart im ganzen zu, daß sich der Kaes-Bechterewsche Streifen nicht mehr schön abhebt. Im unteren Teil von IIIa beginnen ziemlich unvermittelt die Radiärfasern, in IIIb beginnen die dicken Radiärbündel, doch ist in IIIb schon die Zunahme der Horizontalfasern eine derartige, daß IIIb ebenso faserdicht wie der Baillargersche Streifen in IV ist und von ihm nicht unterschieden werden kann. Auch Va und VIa werden so faserreich, daß sie kaum noch als heller Streifen zu sehen sind. Ob allerdings diese Stelle wirklich einer vollentwickelten granulösen Formation entspricht und nicht vielleicht einer Mittelbildung (TBC, TCD), vermögen wir heute noch nicht zu bestimmen.
Area supratemporalis intercalata. 697
Daß diese Stelle der Heschlschen Windung myelogenetisch als Primordialfeld 7 von FLECHSIG bestimmt und als Hörsphäre angesprochen wurde (s. Schema Abb. 90), haben wir schon rechten Ortes erwähnt. Es ist orientierungshalber wohl notwendig, hier, obschon nicht unmittelbar zur Rindenarchitektonik gehörig, die wichtigen Befunde FLECHSIGs und seiner Schule (NIESSL V. MAYENDORF, PFEIFER usw.) wenigstens auszugsweise wiederzugeben.
FLECHSIG hat durch Verfolgung der Hörbahn aus dem inneren Kniehöcker und der direkten akustischen Rindenbahn der lateralen Schleife zur Zeit der Markreifung dieses Stabkranzanteils feststellen können, daß derselbe in die inneren (medialen) zwei Drittel der ersten Querwindung einstrahlt, während nur ganz wenige seiner Fasern weiter nach außen und zu den übrigen Teilen der oberen Temporalwindung (T1) und gar keine in die unteren Temporalwindungen (T2, T3) verlaufen. PFEIFER (und ähnlich NIESSL V. MAYENDORF) beschreibt diesen Verlauf der Hörstrahlung genauer. Sie gelangt aus dem Corp. gen. med. in den hinteren Schenkel der inneren Kapsel zwischen Taststrahlung und Sehstrahlung; ihr dorsaler Anteil zieht nun über den caudalsten Abschnitt des oberen Randes des Linsenkerns durch die äußere Kapsel zur medialen inneren Partie der Querwindung, die übrigen Anteile ziehen um die caudalen und ventralen Teile des Putamens, dieselben gleichsam umhüllend, in die Capsula externa und biegen direkt nach innen von der Insula posterior rechtwinklig um und gelangen, sich fächerförmig ausbreitend, in großem Bogen von vorn und unten her ihrer ganzen Breite nach in die Querwindung. Die Hörstrahlung verläuft also nicht, wie zu erwarten wäre, der Länge nach in der eigentlichen Markleiste der Querwindung, sondern sie dringt von vorn wie eine breite Welle gleichzeitig in den ganzen langen Wall der Querwindung ihrer ganzen Breite nach ein und endet in derselben. Aus der Querwindung tritt dann medial in der Markleiste und lateral direkt nach hinten ein massives Assoziationsfasersystem aus, welches seinen Weg durch die äußere Kapsel frontal nach dem Operculum nimmt. Es sind, wie oben gesagt, die inneren medialen zwei Drittel der ersten Querwindung, in welcher die Hörstrahlung endet, welche also die „Hörsphäre" ausmachen; wenn zwei Querwindungen vorhanden sind, so erstreckt sich, meint FLECHSIG, die Hörsphäre in der Regel auf die vordere, gelegentlich aber auch auf beide. Ebenso rechnet auch NIESSL V. MAYENDORF die hintere Querwindung ebenfalls zur Hörsphäre. PFEIFER meint, daß eigentlich bloß die erste Querwindung zur Hörsphäre gehöre. Oft sei aber die erste Querwindung der Länge nach gespalten (d. h. verdoppelt durch eine Längsfurche), und da könne es den Eindruck machen, als ob die „Hörsphäre" sich auch auf eine zweite Querwindung erstrecke. Doch sei die erste Querwindung, auch wenn gespalten, im Grunde der Sylvischen Furche immer in kontinuierlichem Zusammenhang mit der hinteren Zentralwindung und eben daran als solche (Heschl I) zu erkennen (s. auch S. 670). Von allen diesen Autoren wird die relativ auffallend geringe Ausdehnung der Hörsphäre hervorgehoben. In weiterer Verfolgung der myelogenetischen Entwicklung der Heschlschen ersten Windung meint PFEIFER an ihr drei myelogenetische Felder unterscheiden zu können, und zwar stelle 1. die Gipfelhöhe und ein oberster Abschnitt des hinteren Abhanges (Wand) der Heschl I das Projektionsfeld dar, in welchem die an ihren dicken Fasern erkennbare Hörstrahlung aus dem Stabkranz mündet, d. h. also die „Hörsphäre"; 2. der vordere Abhang (Wand) der Querwindung sei ein Assoziationsfeld, aus dem eine Assoziationsbahn zum Operculum myelogenetisch verfolgbar sei; 3. der hintere Abhang der Querwindung stellt ein Balkenfeld dar, dessen wie stets ausnehmend dünne Bündel bildende feine, steife Markfasern vom Balken her ihren Weg nehmen. - Unsere sensorische Rinde, d. h. der Koniocortex der Area TC, der sich vor allem auf der ersten Heschlschen Windung ausbreitet, entspricht sehr gut dieser primären Hörsphäre FLECHSIGs, doch bedeckt letztere auch das tiefste Drittel der Heschlschen Windung, es entspräche ihr also noch auch die Area TD. Unsere Area supratemporalis granulosa TC reicht aber auch zum geringen Teil auf die zweite Heschlsche Windung, und wir haben gesehen, daß auch FLECHSIG seine „Hörsphäre" ebenfalls oft in geringem Ausmaße auf die zweite Heschlsche Windung herüberreichen läßt. Allerdings möchte PFEIFER ausschließlich die Heschl I als Trägerin der Hörsphäre ansprechen. Wir glauben aber daß eine so strenge Lokalisation, wie sie PFEIFER wünscht, weder bezüglich der architektonischen Areae noch bezüglich der myelogenetischen Felder am Platze ist. Wir haben ja gerade an der Cytoarchitektonik gesehen, wie man auf einem Schnitt streifenförmige Unterbrechungen der Formation der Area TC durch die Zellformation TB finden kann und daß die Area TD eventuell auch noch als granulös, d. h. als zu TC gehörig aufgefaßt werden könnte; wenn also die Cytoarchitektonik keine so schärfe Umgrenzung der Rindenareale gestattet, so ist es um so gewagter, dieselbe nach der lokalisatorisch jedenfalls weniger feinen myelogenetischen Methode vornehmen zu wollen. PFEIFERs Einteilung der Heschlschen Windung selbst in drei verschiedene Felder ist sehr interessant und wirft ein Streiflicht gerade auf die lokal-alternierende Durchmengung der Formationen TB und TC und entspricht auch im großen ganzen unserer Auffassung der Windungen als Organe, in denen Tal, Wände und Kuppe verschiedene Rollen spielen können (4. Kapitel, s. S. 115). Wie weit allerdings unser Koniocortex TC der myelogenetischen Hörsphäre direkt entspricht, läßt sich heute noch nicht sagen. Falls PFEIFER mit seiner myelogenetischen Dreiteilung der Heschlschen Windung recht hat und sich das Projektionsfeld (die Hörsphäre) speziell auf der Kuppe und der Hinterwand der Heschl I erstreckt, so deckt sich dieser myelogenetische Begriff des Primordialfeldes der Hörsphäre nicht vollkommen mit dem des sensorischen Koniocortex, denn letzterer erstreckt sich vor allem auf die Vorderwand, und Kuppe der Heschl; es wären dann wohl diese beiden Begriffe als zwei verschiedene und etwas different lokalisierte, hintereinander oder nebeneinander liegende Teile eines organischen Ganzen, d. h. der sensiblen Rinde, aufzufassen, die durch verschiedene Methoden voneinander verschieden und getrennt in Erscheinung treten.
698 Lobus temporalis.
Abb. 151. VOGTs Markbild von BRODMANNs Feld 22 auf dem Gyrus temporalis medius dürfte dem Übergange unserer Area TA zur Area TE (Area temporalis propria) entsprechen. Vergr. 50 mal.
Abb. 152. VOGTs Markbild von BRODMANNs Feld 22 (benachbart dem Feld 42) entspricht unserer Area temporalis superior TA. Vergrößerung 50 mal
Abb. 153. VOGTs Markbild von BRODMANNs Feld 42 entspricht unserer Area supratemporalis simplex (magnocellularis) TB. Vergrößerung 50 mal.
Area supratemporalis intercalata. 699
Abb. 154. VOGTs Markbild von BRODMANNs Feld 41 entspricht unserer Area supratemporalis granulosa TC auf der ersten Heschlschen Querwindung. Vergrößerung 50mal.
Abb. 155. VOGTs Markbild von BRODMANNs Feld 38 entspricht unserer Area temporopolaris TG. Vergrößerung 50 mal.
700 Lobus temporalis.
Hier möchten wir auch noch betonen, daß FLECHSIG speziell das Einstrahlungsgebiet der Hörstrahlung als eine Rindenstelle bezeichnet, welche beinahe doppelt so dick wie die Rinde der Umgebung ist. Für den Koniocortex TC (und eventuell TD) stimmt auch dies wieder nicht, sie stellen sogar Rindenstellen dar, die schmäler sind als die Umgebung, wie dies ja beim Koniocortex immer der Fall ist (wenn auch in TC speziell in weniger ausgesprochenem Maße als sonst). Ferner sei hier auch betont, daß, wenn auch unsere engere sensible Hörsphäre, der Koniocortex TC, sich zum Unterschiede von FLECHSIGs Hörsphäre immer auch auf die H II etwas erstreckt, sie doch dadurch, daß sie bloß einen ovalen Fleck auf H I und II bildet, viel kleiner ist als FLECHSIGs Hörsphäre, die sich beinahe über die ganze Querwindung I ausbreitet. Es ist also diesbezüglich hier zwischen FLECHSIGs primärer Sinnessphäre und unserer primär sensorischen Rinde (Koniocortex) wieder derselbe Unterschied wie gewöhnlich, daß nämlich FLECHSIGs Sinnessphären ausgedehnter sind (s. S. 196). So war es bei der Sehsphäre, die wenigstens nach dem Flechsigschen Schema ausgedehnter erscheint als die Area striata, und auch besonders bei FLECHSIGs Tastsphäre, die sich auch über die vordere Zentralwindung ausbreitet und über größere Teile der hinteren, während die Area postcentralis oralis granulosa nur einen Teil der Vorderwand der hinteren Zentralwindung einnimmt. Man muß danach also annehmen, daß entweder FLECHSIGs Stabkranz zu seinen Sinnessphären auch andere als bloß sensible Fasern führt oder daß unser Koniocortex nur einen spezifisch sensibel hoch differenzierten Teil der im allgemeinen etwas über seine Grenzen hinausreichenden sensiblen Sphären darstellt. Letztere Ansicht scheint uns auch aus vergleichend anatomischen Gründen viel für sich zu haben.
Auch MONAKOW nimmt an, daß die zentrale Hörbahn als Stiel des inneren Kniehöckers durch den retrolentikulären Abschnitt der inneren Kapsel in die Temporalrinde einstrahlt als Kernzone der Hörsphäre, d. h. als optimales Einstrahlungsgebiet der Hörbahn betrachtet er eigentlich ebenfalls die erste Querwindung; auch er vermerkt die Enge dieser „Eintrittspforte" der Reize und nimmt an, daß auch das Planum temporale hinter der Querwindung und noch andere Teile zur Hörsphäre gehören.
Area supratemporalis intercalata. 701
Seit den physiologischen und pathologischen Untersuchungen von FERRIER, MUNK, WERNICKE, MONAKOW, LUCIANI usw. wird der Temporallappen als Sitz der Hörfunktion angesehen. Die physiologischen und anatomischen Experimente an Tieren haben nun zwar bewiesen, daß die engsten Beziehungen zwischen dem Temporallappen und der Hörfunktion (resp. den tieferen Hörzentren, Corp. geniculat. med.) bestehen; ja man hat sogar (MUNK, ROTHMANN, LARIONOW) die Empfindungsfähigkeit für verschiedene Tonhöhen an bestimmten Stellen (hohe Töne in dem vorderen Teil von T1, Tiefe Töne in dem hinteren Teil) an Tieren experimentell lokalisieren zu können geglaubt, aber ganz eindeutig und abschließend sind diese Versuche bisher doch alle nicht gewesen, ja es ist demgegenüber sogar - wohl zum Teil mit Unrecht - behauptet worden (KALISCHER), daß die Gehörfunktion, z. B. beim Hunde, überhaupt nicht an die Hirnrinde gebunden sei. Wir hoffen, daß bald erneute physiologische Experimente, verbunden mit dem architektonischen Studium der Hirnrinde der in Betracht kommenden Gebiete, an denen experimentiert wird, hier Klarheit bringen werden; nur wenn man nach jedem Experiment wirklich untersuchen und wissen wird, was man exstirpiert hat, und nur wenn man nicht bloß die Kuppe einiger Windungen mit dem scharfen Löffel lädieren, sondern ganze architektonische Areae ausschalten wird, wird man die Folgen solcher Eingriffe wirklich physiologisch verwerten können. WERNICKE hat schon 1874 für das menschliche Gehirn den Satz aufgestellt, daß der Temporallappen und speziell die erste Temporalwindung als zentrales Hörorgan aufzufassen ist, und dies ist seither die Meinung der meisten Autoren. FLECHSIG war nachher wohl der erste, der auf Grund der frühen Markreife der Heschlschen Windungen schon vor der Geburt speziell dieses Primordialfeld auf den Heschlschen Windungen als engere „Hörsphäre" bezeichnete und die Rinde dieser Querwindungen gleichsam als corticales Hörzentrum ansprach, und zwar besonders die Rinde der vorderen dieser Windungen. FLECHSIG und seine Schule halten dieses Primordialfeld 7 auf Heschl I für die primäre sensible Hörsphäre, in welcher auf dem Wege über die hier einmündende Hörbahn der Gehörreiz zuerst in die Rinde eintritt, somit für die einzige und ausschließliche Eintrittspforte der Gehörseindrücke ins Bewußtsein, also für eine reine Sinnessphäre, und zwar werden scheinbar in dem vorderen Teil tiefe Töne, in dem hinteren hohe Töne und in dem tiefsten Teil im Grunde der Sylvischen Grube Geräusche wahrgenommen (Abb. 90). Seiner Ansicht nach ist dagegen die freie laterale Fläche (Kuppe) der oberen Temporalwindung und die übrige dorsale Fläche derselben hinter der Querwindung nicht mehr an der primären Hörsphäre beteiligt, sondern der Sitz anderer Fähigkeiten. Die Sinneseindrücke dringen also nach FLECHSIG bloß in die reinen Sinnessphären ein. Die Gedächtnisspuren der Sinneseindrücke sind aber nicht in den Sinnessphären, sondern in den sog. Randzonen (Abb. 90, Feld 14); letztere bergen also z. B. die Wortklangbilder. Die Assoziation dieser Wortklangbilder mit dem zugehörigen Bedeutungsinhalt vermitteln dann andere Rindenpartien, die ganz außerhalb der Hörsphäre liegen. MONAKOW steht auf einem ganz anderen Standpunkt; er will eigentlich keine primäre, für sich getrennt lokalisierte, reine Sinnessphäre in obigem Sinne anerkennen, will aber eine viel wesentlichere Ausdehnung der Hörsphäre geltend wissen; er hält es für wahrscheinlich, daß die Hörsphäre über den ganzen Temporallappen reicht, mindestens aber über das ganze hintere und mittlere Drittel der ersten Schläfenwindung mitsamt den Heschlschen Querwindungen und dem Planum temporale; eventuell sei in diesem ganzen Gebiet die primäre schallperzipierende Rindenfunktion lokalisiert; in der Umgebung davon im gleichen Gebiet müsse es dann Aufspeicherungsorte für die mnestisch assoziativen Verrichtungen geben; unter keinen Umständen könne es aber eine inselförmig abgegrenzte „Stelle" geben, in welcher die Unterscheidung der Klänge nach Qualitäten stattfindet. Andererseits gibt er jedoch wieder scheinbar zu, daß es eine Kernzone der Einstrahlung der Hörbahn in der Regio supratemporalis gibt. Die Pathologie gibt auf alle diese Fragen heute noch keine eindeutige Antwort. Wir kennen allerdings heute einen Verlust der Hörfähigkeit, der durch Ausfälle im Großhirn bedingt ist, eine sog. Rindentaubheit. Es sind doppelseitige Herde, die dieselbe hervorrufen, denn jedes Gehörorgan ist mit beiden Hemisphären verbunden. Wir müssen danach eine corticale Lokalisation des Gehörs annehmen. Bei sog. Rindentaubheit sitzt die Läsion in den Querwindungen (Heschlsche Windungen). Bei einseitiger Läsion kommt es gewöhnlich nur zu einer vorübergehenden Beeinträchtigung des Hörens auf beiden Seiten, jedoch stärker auf der gekreuzten. Aber das Erhaltensein auch bloß eines Teiles einer Hörsphäre genügt schon, um das Hören zu garantieren.
702 Lobus temporalis.
Neben dieser Rindentaubheit gibt es aber auch eine Sprachtaubheit, die sog. vollständige sensorische Aphasie WERNICKEs, bei der die akustische Perzeption des Hörens im allgemeinen erhalten ist und nur das gesprochene Wort nicht verstanden wird. Das Sprechen ist zwar möglich; da aber auch das Spontansprechen mit Hilfe des Wortverständnisses (der akustischen Erinnerungsbilder der Worte) geschieht, kommt es auch zu paraphasischen Sprachstörungen (Jargonaphasie); gewöhnlich geschieht auch das Nachsprechen paraphasisch. Da auch die Schriftsprache mit Kontrolle des akustischen Wortbildes vor sich geht, so ist auch das Lesen und Schreiben gestört (Alexie, Paragraphie). Es ist also dabei das Wortsinnverständnis vor allem aufgehoben; meist ist dabei besonders bei schweren Fällen auch das Wortlautverständnis geschädigt, d. h. es ist dann auch schon die einfache Auffassung der Sprachlaute als solche gestört, und sie werden gar nicht als solche wahrgenommen, dann ist natürlich auch das Nachsprechen unmöglich. Die vollständige sensorische Aphasie kommt bei Läsionen des linken Temporallappens vor, und zwar der hinteren Hälfte der linken ersten Temporalwindung und ihrer nächsten Umgebung (Abb. 98, S. 234).
Wir haben eben gesehen, daß bei der vollständigen sensorischen Aphasie, der sog. corticalen sensorischen Aphasie das Wortlautverständnis, d. h. die Auffassung des Wortklanges nicht immer auch verloren sein muß, sondern daß ein Nachsprechen, wenn auch paraphasisch, manchmal möglich ist, wenn auch das Gehörte und selbst das nachgesprochene Wort auch nicht verstanden wird.
Nun kann es umgekehrt auch zu einer reinen Worttaubheit kommen, die sog. subcorticale sensorische (Lichtheimsche) Aphasie, bei welcher bei sonst erhaltener Hörfähigkeit nur das Wortlautverständnis, also die Auffassung des gesprochenen Wortes, aufgehoben ist, also Nachsprechen und Diktatschreiben ebenfalls unmöglich ist, während Spontansprechen, Lesen und Schreiben und die Auffassung der Schriftsprache, also das Wortsinnverständnis, erhalten sind.
HENSCHEN hat sich nun auf Grund dieser pathologischen Erfahrungen eigentlich vollkommen der oben angeführten Anschauungsart FLECHSIGs angeschlossen. Er anerkennt, daß die erste Heschlsche Windung eine reine Sinnessphäre, das primäre Hörzentrum, die akustische erste Aufnahmestation, sei. Doppelseitige Zerstörung derselben bedingen eine (Rinden-) Taubheit. Ein psychisches Zentrum ist diese Hörsphäre nicht. Bildlich gesprochen erscheint sie den Schallwellen gegenüber wie ein Polarisationsapparat (zitiert nach R. A. PFEIFER, l. c.). Für alle ankommenden akustischen Reize erfolgt nämlich in der Querwindung eine Elektion in dem Sinne, daß Sprachlaute die eine Richtung passieren, die die Reizweiterleitung frei gibt nach dem hinter der Querwindung gelegenen Abschnitt der ersten Temporalwindung (Wernickesche Stelle). Man darf deshalb diese Gegend dann als Worthörzentrum (oder Wortklangzentrum oder Wortlautzentrum, Abb. 98) ansprechen. Seine Läsion hat eine reine Worttaubheit zur Folge. In ihm erfolgt eine weitere Transformation und Reizübertragung nach dem Wortsinnzentrum (hinterer Abschnitt der zweiten Temporalwindung?), dem eigentlichen Sitz der inneren Sprache. Die eigentliche Perzeption liegt in dem Wortsinnzentrum oder noch höher, wo auch die akustischen Erinnerungen aufbewahrt sind und von wo sie sich mit den optischen taktilen usw. Vorstellungen und Erinnerungen zu Begriffsbildungen assoziieren. Seine Läsion hat eine sog. corticale (totale) sensorische Aphasie zur Folge. Haben dagegen die akustischen Reize, welche die Heschl I treffen, die Form reiner Töne, Melodien und Harmonien, so werden sie in der Querwindung anders polarisiert und nach dem vorderen Abschnitt der ersten Temporalwindung weitergeleitet, der als Musikklangzentrum fungiert und nun seinerseits eine Transformation und Weiterleitung nach dem Musiksinnzentrum übernimmt (Schläfepol?). Es gibt also im Temporallappen nach HENSCHEN wenigstens drei verschiedene übereinandergeordnete Zentren: das primäre Gehörzentrum, das Wortklangzentrum und das Wortsinnzentrum (koordiniert mit den zwei letzteren: das Musik Klangzentrum und Musiksinnzentrum). Das primäre Gehörzentrum liegt auf Heschl I; das Wortklangzentrum liegt sicherlich in der ersten Temporalwindung (Mitte?); die Umgrenzung des Wortsinnzentrums gegenüber dem letzteren ist noch unsicher. Die größte Fusion besitzen die Geräusche, die sich wahrscheinlich über den ganzen Schläfelappen auszubreiten vermögen.
Area supratemporalis intercalata. 703
Diese Anschauungsart HENSCHENs ist jedoch nicht allgemein durchgedrungen. Was z.B. die reine Worttaubheit anlangt, so stimmen die meisten Autoren nicht damit überein, sie als eine Läsionsfolge einer bestimmten Rindenpartie eines Rindenzentrums aufzufassen, was schon im Beinamen der subcorticalen sensorischen Aphasie, den sie ebenfalls führt, zum Ausdruck kommt. Für einige Fälle nimmt man an, daß durch eine Läsion der zuleitenden Hörfasern, welche der gewöhnlichen Tonhöhe der Sprache entsprechen, ein Ausfall dieser sog. Sprachsext und somit eine Worttaubheit scheinbar hervorgerufen sein könnte; dies ist allerdings richtig, wäre aber als eine partielle Taubheit und nicht als Worttaubheit zu bezeichnen; und von einer reinen Worttaubheit (subcorticale sensorische Aphasie) könnte man also eigentlich bloß dann sprechen, wenn dabei die Bezoldsche Sprachsext b'- g" erhalten ist. Solche Fälle von reiner Worttaubheit sollen nach einigen Autoren tatsächlich vorkommen und wahrscheinlich zwar auch durch subcorticale Läsionen, aber erst solchen in den Querwindungen selbst bedingt sein; diese Autoren nehmen infolgedessen an, daß schon die Querwindungen keine bloße reine Sinnessphäre, kein bloßes Einfallstor für akustische Eindrücke seien, sondern (NIESSL v. MAYENDORF) gleichzeitig, entgegen FLECHSIG und HENSCHEN, ein psychisches Zentrum im Mechanismus der Sprache, in welchem die Erinnerungsspuren der Wortklangbilder ihren Sitz haben. Die Worttaubheit entstehe dann, wenn dieses Wortklangbildzentrum von beiden Hörnerven oder Hörzentren abgesperrt ist durch subcorticale Herde (LIEPMANN). Auch BONVICINI nimmt an, daß eine solche doppelseitige Absperrung zum Zustandekommen einer reinen Worttaubheit notwendig ist, wobei die Absperrung einer Seite (der rechten) auch erst in ihrer Balkenstrahlung erfolgen kann.
Ist es nach diesen Auseinandersetzungen zweifelhaft, ob es, wie FLECHSIG und HENSCHEN meinen, ein von der primären Hörsinnessphäre getrennte Wortklangzentrum gibt, so meint MONAKOW, daß es auch noch nicht genügend erwiesen sei, daß eine reine Rindentaubheit, ohne andere, und zwar sensorisch aphasische Störungen, allein vorkommen könne, und daß somit die genaue örtliche Trennung der sensorischen Funktionen (also der reinen Sinnessphären) von den mnestischen Funktionen noch nicht durch die Pathologie ganz erwiesen sei.
Neuerdings hat wieder R. A. PFEIFER dagegen Stellung genommen, daß man irgendein vorderes oder mittleres oder hinteres Drittel der ersten Temporalwindung für eine fixe Lokalisation der sensorischen musikalischen Fähigkeiten oder für bestimmte Teile der sensorischen Sprachfähigkeiten, wie es weiter oben geschehen ist, in Anspruch nimmt. Die sehr verschiedene Art, in welcher die Heschlsche Querwindung aus der Tiefe der Sylvischen Grube entweder direkt quer über den Boden derselben an die oberflächliche Konvexitätslippe der ersten Temporalwindung verlaufe oder steil abfallend in mehr frontaler Richtung erst weiter vorne diese Kuppe der T1 trifft, bedingt eine individuell recht verschiedene anatomische Homologisierung der einzelnen Teile derselben. Bedenkt man ferner, daß, wie S. 697 auseinandergesetzt, die „Hörstrahlung" nicht in der Markleiste der Querwindung der Länge derselben nach von innen nach außen verlaufend, wie man sich bisher vorstellte, in die Rinde derselben eintritt, sondern von vorn und unten her der ganzen Breite der Querwindung nach flächenförmig entfaltet, wie eine caudal ziehende breite Woge in dieselbe gelangt, so weiß man gar nicht, wie weit ein an scheinbar gleichen Stellen gelegener Herd diese Hörstrahlung in individuell verschiedenem Ausmaße lädiert oder eventuell gar nicht trifft. Der Nachweis ferner eines Assoziationssystems, das aus der Querwindung austritt zum Teil in dessen Markleiste, zum Teil aber direkt caudal, also unter der Rinde des Planum temporale, eröffnet für die Sprachstörungen bei Läsionen hinter der Querwindung noch andere Erklärungsmöglichkeiten als die gebräuchliche eines hier gelegenen „Sprachzentrums".
704 Lobus temporalis.
Ähnlich verhält es sich auch um unsere Kenntnisse betreffs der musikalischen sensorischen Fähigkeiten. Wir haben schon früher erwähnt, daß tiefe Töne in den vorderen lateralen Partien der Querwindung, hohe Töne in den medialeren, in der Tiefe gelegenen Partien der Querwindung perzipiert werden. Nach den pathologischen Erfahrungen, die eine häufige Vergesellschaftung von sensorischen Aphasien und Amusien aufdecken, ist eine Lokalisation des Musikverständnisses nach PROBST ebenfalls in die linken, und zwar vorderen Temporalwindungen höchst wahrscheinlich. In letzter Zeit ist nun erwiesen worden, daß eine sensorische Amusie vorkommen kann, die in einem Verlust der Erfassung und Erkennung von Melodien bei erhaltener Fähigkeit, Töne zu hören, besteht (MANN, MENDEL usw.) und durch eine Läsion der linken ersten Temporalwindung an der Konvexität vor der Heschlschen Querwindung hervorgerufen zu sein scheint (Abb. 98). Wir haben eben S. 702 HENSCHENs Ansicht darüber erwähnt, der nach Analogie seiner drei superponierten Sprachhörzentren auch hier, außer der reinen Sinnessphäre in HI, ein Musikklangbildzentrum im vorderen Teile von T1 und ein Musiksinnzentrum im Temporalpol unterscheiden möchte. Doch scheint auch HENSCHEN dies eher bloß als eine vorläufige Einteilung aufzufassen, da er selbst meint, daß das Musikverständnis auf einem viel zusammengesetzteren Komplex von Fähigkeiten beruht und führt als fundamentale Fähigkeiten des Musiksinnes das Rhythmusgefühl, die Tonhöheempfindung, die Melodienempfindung an, ferner das Musikgedächtnis, das z. B. angeboren ganz isoliert fehlen kann. Wir werden bei Besprechung der Area temporalis TG noch speziell gegen die Lokalisation musikalischer Fähigkeiten in den Temporalpol unsere Bedenken vorbringen.
R. A. PFEIFER meint, daß die Fälle von Amusie bei Schläfepolherden einer exakten Nachprüfung bedürfen, ob nicht dabei in erster Linie die Hörstrahlung verletzt war. Da nämlich letztere, wie S. 697 auseinandergesetzt, von vorne in die Querwindung einstrahlt, kommt sie vorne manchmal bei weit frontal ziehender Querwindung nahe an den Temporalpol mit ihren lateralsten Fasern zu liegen. Diese dienen aber für die Perzeption der tiefen Töne; fallen nun diese durch eine Verletzung im Temporalpol aus, so genügt dies, um eine Störung der Erfassung von Melodien hervorzurufen. Es sind dies dieselben Bedenken, die ihn auch gegenüber der Annahme feiner differenzierter Sprachzentren verschiedener Ordnung mit Recht etwas skeptisch machen.
Wir wollen nun sehen, wie weit das Studium der feineren Rindenanatomie mit diesen anatomischen, pathologisch-anatomischen und pathophysiologischen Überlegungen sich in Einklang bringen läßt.
CAMPBELL hat schon vor 15 Jahren ohne weiteres zaghaftes historisches Bedenken die Area, die er auf den Heschlschen Windungen (Abb. l) vom übrigen ersten Schläfewindungszug abtrennte, als „auditosensory" area, d. h. als primäre „Hörrinde", dem übrigen „auditopsychischen" Feld entgegengestellt. Die auditosensory area entspricht aber so ziemlich dem Flechsigschen Primordialfeld 7 und die auditopsychic area dem Sekundärfeld 14. Gegen die Auffassung dieses Flechsigschen Feldes 7 als reine Sinnessphäre erhebt BRODMANN nun eine Reihe von Bedenken. Sein eigenes Feld 41 (Abb. 8) möchte er nicht mit FLECHSIGs Feld 7 (Abb. 90) identifizieren, obschon er eine eigene area auf der Heschl anerkennen muß. Wenn BRODMANN als Grund dagegen einwendet, daß FLECHSIGs Feld 7 sich bloß auf der ersten Querwindung ausbreitet, während seine eigenen Felder 42 und 41 (welche ungefähr der auditosensory area CAMPBELLs und unseren Areae TB + TC entspricht) sich nicht auf die erste Heschl beschränken, sondern auch auf die zweite Heschl und auch auf die temporale laterale Oberfläche reichen, so sind das zwar Details von einer gewissen Wichtigkeit, die aber den Kern und das Wesen der Flechsigschen Annahme gar nicht berühren. Der zweite Einwand BRODMANNs ist dagegen wichtiger, daß nämlich der von FLECHSIG für die primäre Hörrinde in Anspruch genommene Bezirk nur wenige Quadratzentimeter beträgt, also annähernd nicht viel mehr als 1/200 der ganzen Hemisphärenoberfläche; es sei aber ganz undenkbar, daß eine so wichtige corticale Funktion, wie das Hören, auf einem derartig kleinen Teil der Gesamtrinde eingeschränkt sein soll. Dieses Bedenken ist allerdings berechtigt; FLECHSIG hat selbst auf diese Eigentümlichkeit aufmerksam gemacht, und wir werden gleich weiter unten noch darauf näher zurückkommen. Ein drittes, ebenso berechtigtes Bedenken, das ebenfalls BRODMANN gegen die Flechsigsche Annahme vorbringt, ist der, daß der den beiden Querwindungen des Menschen zukommende und so überaus charakteristische Zell- und Faserbau der Rinde derselben bei allen Tieren (einschließlich der Affen) fehlt; also entweder die übrigen Säugetiere besitzen keine der menschlichen entsprechende Hörsphäre, oder jenes Rindengebiet des Menschen, meint BRODMANN, müsse anderen Funktionen dienen, „ist also" - hier hat BRODMANN wohl selbst ein Bedenken gegen sein eigenes Bedenken - „zum mindesten nicht ausschließlich und nicht in der Form und Ausdehnung, wie es FLECHSIG lehrt, das Hörzentrum".
Area supratemporalis intercalata. 705
Was zeigen nun unsere Befunde? Ebenso wie die früheren Untersucher seit BETZ haben auch wir wieder die erste Querwindung ganz eigenartig gebaut gefunden. Schon die erste Temporalwindung ist anders gebaut als die anderen Temporalwindungen; sie hat einen eigenen sechsschichtigen homotypischen Typus, den wir als TA bezeichnet haben, und der starke Anklänge an den parietalen Typus (Rindentypus 3, Abb. 88) aufweist. Die dorsale obere Wand der ersten Temporalwindung in der Sylvischen Grübe zeigt nun eine Änderung dieses Typus, den wir mit TB bezeichnet haben, und er ist ebenso homotypisch sechsschichtig wie TA, enthält aber sehr große Pyramidenzellen und ist eigentümlich gestreift (orgelpfeifenartig). Daneben findet sich aber eine heterotypisch gebaute Stelle, welche eine granulöse Umwandlung ihrer Rinde zeigt, ein Koniocortex ist. Diese heterotypische granulöse Area TC (und die vielleicht zu ihr gehörige, ebenfalls zum Teil granulöse Area intercalata TD) liegt nun größtenteils tatsächlich auf der vorderen Heschlschen Querwindung 1). Es ist nun wohl kein Spiel des Zufalls, wenn den meisten Flechsigschen Primordialzonen heterotypische (und allogenetische) architektonische Zonen entsprechen und wenn dies auch hier mit TC und FLECHSIGs Primordialzone 7 nun wieder der Fall ist. (Vgl. hierzu Abb. 90 mit Abb. 56.) Denn TC entspricht wohl ebenso der Flechsigschen Zone 7 als BRODMANNs Feld 41 und einem Teil von CAMPBELLs auditosensory area. Wenn sich die Area TC vielleicht nicht vollständig mit Flechsig 7 deckt, so liegt dies einerseits vor allem an der Verschiedenheit der angewandten Methoden - es deckt sich bekanntlich auch ein myeloarchitektonisches Feld z. B. nur selten genau mit einem cytoarchitektonischen - andererseits aber an Umständen, deren Wesen uns heute noch unbekannt ist, die wir aber manchmal eventuell schon ahnen, z. B. bei der Calcarinarinde, wo das Flechsigsche Primordialfeld 5, seine Sehrinde, auf den Gyrus lingualis und Cuneus etwas weiter an der Oberfläche reicht als die eigentliche, cytoarchitektonisch bestimmte Area striata (siehe darüber OBΩ S. 618, letzter Absatz). Nun hat die Area TC granulösen Charakter. Dieser Heterotypie sind wir bis jetzt immer dort begegnet, wo die Rinde einem Gebiet mit sensorischen Funktionen angehörte. Die Rinde der Calcarina, die sog. Area striata, ist das Grundbeispiel für diese spezifische Differenzierung zur granulösen Formation (Koniocortex) eines Rindenteiles, der eine sichere sensible, perzipierende Funktion hat. Die meisten großen Zellen verschwinden auch hier und werden durch kleine ersetzt, so daß man auch statt der III., V. und VI. Schichten, die ja sonst größere Zellen beherbergen, mit schwächeren Vergrößerungen bloß Körnerschichten vor sich zu haben glaubt. Man wende nicht ein, daß dies keine „Heterotypie" ist, weil man die Lage der inneren und äußeren Körnerschicht doch erkennt und die der übrigen Schichten auch; denn auch in der Area gigantopyramidalis, die doch als Schulbeispiel für Heterotypien gilt, sieht man genau noch die II. und IV. Schicht trotz der Umwandlung vieler ihrer Zellen in kleine und mittlere Pyramidenzellen; ebenso erkennt man auch hier noch III, V und VI, obwohl ihre Zellen kaum die Körnergröße überschreiten. Es ist also schon aus dem bloßen granulösen Bau dieser Gegend die sensible Natur dieser Rinde mit Sicherheit zu erschließen und somit in ihr die „Hörrinde" zu erblicken, das primäre Hörsinnesfeld, und daß dasselbe beinahe genau mit dem von FLECHSIG mittels der myelogenetischen Methode gefundenen Sinnesfeld zusammenfällt ist ein Umstand mehr für die Richtigkeit dieser Annahme.
[footnote p 705 1) Wir haben schon früher erwähnt, daß auch die Area TD zum Teil granulös umgewandelt ist und es ist somit bei den folgenden Überlegungen, wo von TC die Rede ist, stets auch die eventuelle Zugehörigkeit von TD zu diesem Koniocortex als mitinbegriffen zu erachten.]
706 Lobus temporalis.
Sehr eigentümlich und auch wieder für die Richtigkeit dieser Befunde sprechend ist nun auch die Auffälligkeit, daß diese granulöse Formation TC trotz der hohen Dignität des Gehörs eigentlich ein sehr kleines Areal von bloß einigen Quadratzentimetern (3.5 cm2) einnimmt (s. S. 684), also bei 1100 cm2 Hemisphärenoberfläche bloß 1/300 derselben. Dies gilt nun sowohl für unsere TC als auch für Flechsig 7. Auch diese Kleinheit der Ausbreitung ist also wohl kein bloßer Zufall, sondern eine bei verschiedenen Methoden und verschiedenen Untersuchern mit verschiedenem Objekt sich immer wieder bestätigende und sehr auffällige Tatsache, welche heute noch nicht restlos erklärt werden kann, die aber mit der Zeit sicher ihre Bedeutung erweisen wird. Nur beiläufig möchten wir als Versuch einer Erklärung derselben erwähnen, daß jeder Ton als eine einzige reine Sinneswahrnehmung frei von jeder „Kombination" etwas viel Einfacheres ist als z. B. jeder Gesichtseindruck der doch zum mindesten aus Form, Farbe und Bewegung besteht; der reine Gehörseindruck entspräche höchstens dem reinen Farbeneindruck, als solchem also nur einem geringen Teil eines reinen Gesichtseindrucks; schon dieser Umstand macht einen viel einfacheren Bau und als dessen Folge eine geringere Ausdehnung des Rindenperzeptionsorgans des Gehörsinnes ohne weiteres verständlich. Nun fragen wir uns aber andererseits, ob der Umstand, daß wir in jedem sensorischen Hirngebiet eine granulöse Formation vorfinden und wir somit in dieser granulösen Formation, dem sog. Koniocortex, eine spezifische sensible hohe Differenzierung der Rinde erblicken, welche sie speziell befähigt, fein differenzierte sensible Reize aufzufangen, gleichzeitig uns zur Ansicht führen muß, daß die nicht derart spezifisch differenzierten Rindenpartien der Umgebung etwa nicht imstande sind, irgendwelche sensible Eindrücke aufzunehmen. Diese Frage haben wir uns schon bei der Besprechung des Koniocortex der Tastrinde (S. 541) und der Sehrinde (S. 655) ebenfalls gestellt; ebenso wie dort werden wir auch hier diese Fähigkeit gewissen anderen Rindenteilen nicht absprechen. Ebenso wie wir bei Durchsuchung der Rinde der hinteren Zentralwindung finden, daß neben einer zusammenhängenden granulösen Area PB1 sich auch versprengte granulöse Inseln (PB1) im Gebiete und in der Umgebung von nichtgranulösen PB2 finden und daß die Ausdehnung, die Größe der Area, die Anzahl der Koniocortexinseln und die spezifische Ausprägung ihres granulösen Charakters individuell schwankende Attribute sind, und ebenso wie wir an der Peripherie der Sehrinde etwas Ähnliches (OBΩ) fanden; ebenso ist auch das Verhalten der Area supratemporalis granulosa TC zur Area supratemporalis simplex TB, wie wir S. 671 und 685 eingehend beschrieben haben, an den Grenzen manchmal durchmischt und sogar streifenförmig miteinander alternierend und jedenfalls individuell und graduell so sehr schwankend, daß sogar die ganz extrem typische körnelige Ausprägung einer Area TC fallweise ganz unterbleiben kann und eine einzige Mittelbildung TBC vorhanden sein kann. (Dies ist offenbar der Grund, warum CAMPBELL bloß eine Area, BRODMANN und wir dagegen zwei Areae hier unterscheiden!) Allerdings ist dies nur im Ausmaße des auf Abb. 92 mit TC bezeichneten Areales der Fall und nicht in dem übrigen Gebiete von TB! Wir müssen also (in Analogie mit der Tastsphäre) zugeben, daß wenn auch TC seinem Baucharakter entsprechend ausschließlich sensorische Funktionen hat, TB höchstwahrscheinlich neben anderen Funktionen auch in einem seiner Teile wenigstens rezeptive sensorische Funktionen leistet 1). Hierin befinden wir uns, und zwar wie man sieht, gerade aus rein anatomischen Gründen, in Widerspruch zu allen jenen, welche eine gar zu strenge und fixe Lokalisation um jeden Preis durchgeführt wissen wollen. Die anatomischen Tatsachen sprechen gegen derartige "prinzipielle" Standpunkte. Wenn FLECHSIG sagt, seine Lehre stehe und falle mit der Anerkennung seiner Hörstrahlung als einzige akustische Leitung zur Rinde, und daß sich diese Hörstrahlung im wesentlichen nur über die vordere Querwindung ausbreitet, so ist dies in großen Zügen richtig, schließt aber scheinbar doch nicht aus, daß FLECHSIG selbst früher die Hörstrahlung zum geringen Teil auch in HII verfolgen konnte und schließt ferner nicht aus, daß die Hörstrahlung im späteren Verlauf der Entwicklung auch einen Faserzuwachs und Ausbreitungszuwachs erfahren könnte und schließt schon gar nicht aus, daß sich der Koniocortex zum Teil auch auf die HII tatsächlich erstreckt, wie wir es gezeigt haben.
[footnote p 706 1) Solche andre Funktionen könnten außer mnestischen auch Kombinationen von sensorischen sein. sensorisch-motorische, z. B. Orientierung der Töne im Räume u. a. m.]
Area supratemporalis intercalata. 707
Wir sehen somit, daß sowohl FLECHSIGs Annahme, daß die primäre Sinnessphäre, die spezifische Hörrinde, sich vor allem auf der vorderen Heschlschen Querwindung findet, durch die Cytoarchitektonik ihre Bestätigung erfährt, als auch MONAKOWs Ansicht, daß die Hörrinde fakultativ über ein weiteres Gebiet sich erstrecken dürfte, zu Recht besteht; doch ist es nicht richtig, dieselbe über die ganze erste Temporalwindung oder gar über den ganzen Temporallappen ausdehnen zu wollen. Denn nur im Rahmen des Koniocortex kann man die sensible Natur der Rinde als erwiesen betrachten; darüber hinaus sind wir auf Schlüsse und Vermutungen angewiesen. Jedenfalls kann uns bloß die Pathologie hier die entscheidenden letzten Antworten einmal geben.
Wieweit kann man nun die anderen Funktionen auf die einzelnen Areae verteilen? Es wäre wohl sehr einfach, da wir in TC (und eventuell TD) die reine Sinnessphäre des Gehörs im Gehirn erblicken, die früher erwähnten superponierten Zentren HENSCHENs, das Wortlautverständnis der Area TB, das Wortsinnverständnis in TA1 und das Musikverständnis in die von TA1 tatsächlich etwas verschiedene Formation TA2 der vorderen ersten Temporalwindung (Abb. 92 und Abb. 98) zu verlegen. Wir können allerdings einem solchen Versuch nicht ohne weiteres zustimmen, denn sowohl die areale Einteilung, die an und für sich schon stets etwas Willkürliches an sich hat, als auch die doch nicht von der Hand zu weisende Subjektivität der Auffassungsart der an pathologischem Material eruierten „Elementarfähigkeiten" hindern uns, einer derart rigiden Einteilung viel mehr als einen heuristischen und einen gewissen schematischen Wert einzuräumen. Es scheint uns dagegen hier eine Parallele zu geben: auf der vorderen Zentralwindung haben wir im Gebiete von FA (FAγ) die Zentren für die einfachen primären Einzelbewegungen gefunden; frontal davon sind neben Sekundärzentren für diese Einzelbewegungen Primärzentren für komplizierte und kombinierte Bewegungen anscheinend in frontalwärts immer höherer Ordnung voreinander gestaffelt (s. S. 334, 363); ebenso scheinen uns von der primären Sinnessphäre (Koniocortex) aus peripheriewärts sich immer höhere Ordnungen von Elektion und Kombination der von der Sinnessphäre aufgefangenen Reize aneinander zu reihen, also gleichsam, wenn man von Zentren sprechen will, eine fortlaufende Reihe übereinander geordneter Zentren sich anzuschließen, deren massive Läsionen bei pathologischen Fällen allerdings gewisse, der Gegend der Läsion mehr oder weniger entsprechende Symptomgruppen aufweisen, die in gewissem Sinne wohl berechtigen, gleichsam schematisch von einzelnen „großen übereinander geordneten Zentren", z. B. zwei oder drei an der Zahl, zu sprechen, deren genauere Analyse aber notwendigerweise zu einer immerwährenden Weiterteilung führen muß. In diesem Sinne scheint es sich tatsächlich zu ergeben, daß in unmittelbarer Nähe der Sinnessphären mehr mnestische Eindrücke ihren Sitz haben, in weiterer Entfernung gegen die parietalen und parieto-dorsalen Gegenden mehr die zur Deutung und Wertung des Reizes notwendigen Verbindungen mit den Eindrücken aus anderen Gebieten erfolgen.
Wenn aber TC allein oder eventuell noch mit TD die reine „Hörrinde" darstellt, so ist es sehr auffällig, daß, wie BRODMANN in seiner Lokalisationslehre S. 315 sagt, diese Area sowie auch die Area TB (BRODMANNs Felder 41 und 42) bei allen Tieren, auch bei Affen, fehlen sollen. Weniger wunderlich wird uns dieser Befund jedoch vorkommen, wenn wir in Analogie daran uns überlegen, daß auch die Areae PB1 und PB2, die sog. „Tastrinde" der hinteren Zentralwindung bei den meisten Tieren, wenigstens in ihren spezifisch fein differenzierten Teilen (nach BRODMANN) ebenfalls fehlt, hier allerdings mit Ausnahme des Affen, bei dem der Tastsinn seiner vier Hände wegen offenbar eine große Rolle spielt und die Area granulosa postcentralis oralis vorhanden ist. Bei den übrigen Tieren jedoch ist bloß, statt der menschlichen vier bis fünf differenzierten Areae der hinteren Zentralwindung, eine einzige gemeinsame vorhanden, wir verweisen hier diesbezüglich speziell auf S. 534, 535. Auch dies war, da die Tiere trotzdem einen Tastsinn haben, für uns ein Argument, um auch dort wieder anzunehmen, daß auch eine nicht granulös differenzierte Rinde, welche nicht oder noch nicht die Umwandlung zum Koniocortex erfahren hat, imstande sein müsse, wenigstens gröbere sensorische Eindrücke aufzunehmen; andererseits muß man zugeben, daß bei Tieren, die keine Hände haben und deren ganzer übriger Körper mit einem Haarpelz bedeckt ist, der aus Tasteindrücken gewonnene Bewußtseinsinhalt offenbar keine große Rolle spielt und auch keine feinere Differenzierung der Apperzeptionen beansprucht, so daß vielleicht damit koordiniert es auch zu keiner spezifischen granulösen Differenzierung der entsprechenden Tastrinde kommt. Im Sinne dieser Überlegungen könnte nun auch der Umstand seine Erklärung finden, daß bei den Affen und den übrigen Säugetieren keine den Areae TB und TC homologen Stellen gefunden wurden, insofern als diese Tiere alle zwar bestimmt hören, vielleicht aber keiner so feinen spezifischen Differenzierungen der Gehörseindrücke beim Bewußtseinsakte bedürfen, als der Mensch infolge der Sprache.
708 Lobus temporalis.
Vor allem aber möchten wir erwähnen, daß wenn solche Stellen von akustischem Koniocortex bisher bei Tieren nicht gefunden wurden, es nicht notwendig heißt, daß solche auch wirklich nicht vorhanden sind. Bloß das Homologon der Area TA (BRODMANNs Feld 22) der ersten Temporalwindung ist auch bei Affen scheinbar auf der ersten Temporalwindung und bei anderen Tieren auf dem Gyrus sylvicus posterior zu finden. Nun hat VOGT bei Tieren dorsal und oral von dieser ersten Temporalwindung ein myelogenetisch frühmarkreifes Feld gefunden, das also außerhalb des sog. Temporallappens der Tiere liegt und vielleicht mit BRODMANNs Feld 50 bei Tieren übereinstimmt; die Teile c und d des Feldes 50 (s. KLEMPIN) könnten jedoch unserer Ansicht nach eventuell mit der Area TC (TD) homologisiert werden; dieses Feld 50 liegt aber jenseits der Sylvischen Furche und bisher hat man immer noch bei Tieren das Hörrindenfeld diesseits auf dem Temporallappen gesucht (MUNK, ROTHMANN u. a.) und vielleicht aus diesem Grunde bis jetzt nicht gefunden. Hierzu möchten wir beiläufig bemerken, daß die Heschlschen Windungen nicht eigentliche temporale Bildungen sind, sondern temporoparietale Übergangswindungen, die bloß beim Menschen opercularisiert sind; daß also ihr Analogon beim Tier auch wirklich nicht mitten auf dem Temporallappen als solchem zu suchen ist. Es könnte also mit der Zeit bei richtiger Exploration recht wohl auch beim Tier in dieser Gegend eine primäre „Hörrinde" noch gefunden werden.
Es ist jedoch andererseits auch ohne weiteres möglich, daß BRODMANN recht hat und daß, ebenso wie beim Tier die Tastrinde noch nicht spezifisch zum Koniocortex differenziert ist, auch die „Hörrinde" keine spezifische Differenzierung beim Tier noch aufweist, auch sogar beim Affen nicht; ist ja doch der Koniocortex der Tastrinde und der Hörrinde auch beim Menschen schon, weniger gut spezifisch differenziert als z. B. der der Sehrinde, der Riechrinde und des Hippocampus (Geschmacksrinde?); es würde dann in diesem Falle die Area TA (BRODMANN 22) beim Tier für alle akustischen Funktionen, d. h. sowohl für die primäre Sinnesaufnahme (auditosensory) als für die „auditopsychischen" aufzukommen haben. Die eingangs erwähnten Tierexperimente, welche die Lokalisation der Töne je nach der Tonhöhe weiter vorne oder weiter rückwärts auf der T1 nachweisen sollen, würden für eine derartige Möglichkeit sprechen. Eine solche Annahme würde sich auch mit der jedenfalls berechtigten Ansicht decken, daß die mit dem Gehörsinn gewonnenen Eindrücke keine bedeutende oder wenigstens keine komplizierte Rolle in den Bewußtseinsvorgängen der Tierwelt mit Rücksicht auf den Mangel einer Sprachfunktion spielt und daher keine hohe Differenzierung derselben für die Bewußtseinsvorgänge notwendig ist; dabei wäre es gar nicht ausgeschlossen, daß sie für die übrigen subcorticalen und rein reflektorischen Vorgänge wohl eine größere Bedeutung als für die corticalen haben könnten, und dementsprechend vielleicht auch im Subcortex sogar eine feinere anatomische Differenzierung als beim Menschen besitzen könnten. Wir wollen hier nicht KALLISCHERs ursprüngliche Lehre wieder zu Ehren bringen, der zeigen wollte, daß eine Gehörempfindung und sogar eine „Tondressur" bei Hunden überhaupt nicht an die Hirnrinde gebunden sei. Jedoch ist es, wie oben angedeutet, ohne weiteres selbstverständlich, daß in der ganzen Tierreihe bei keinem Lebewesen, nicht einmal bei den Vögeln, die Gehörseindrücke eine so hohe und vielfache Rolle im Bewußtseinsakt spielen können, wie beim Menschen in ihrer Auswirkung als Sprache und Musik, und daß es somit auch gar nicht besonders verwunderlich wäre, wenn, zumal die reine Hörrinde in ihrer granulösen Differenzierung beim Menschen schon so wenig ausgedehnt ist (3- 4 cm2 !), man sie beim Tiere, wo die Gehörseindrücke keine so große Bedeutung haben, überhaupt vermissen sollte!
Sehr interessant dürfte sich in Zukunft in dieser Beziehung, mit Rücksicht auf die starken individuellen Schwankungen, denen der Grad der Differenzierung der Areae dieses Gebietes unterworfen zu sein scheint, das Studium desselben sowie der individuellen Änderungen der grobanatomischen Abgrenzung der verschiedenen Areae dieses Gebietes gegeneinander und in Beziehungen zu den Heschlschen Windungen mit gleichzeitiger Berücksichtigung der Feinheit des Gehörs der Untersuchten gestalten. (Musiker!)
Area supratemporalis intercalata. 709
PFEIFER hat eine besondere Aufmerksamkeit der Lage und dem Verlauf der Querwindung gewidmet. Er unterscheidet als Extreme derselben eine steil abfallende von einer flach abfallenden. Wenn wir ihn recht verstanden haben, so versteht er unter flach abfallender Heschlscher Windung eine Windung, welche mehr direkt quer nach außen lateral aus der Tiefe der Sylvischen Grübe hervorgeht und daher die Oberfläche der ersten Temporalwindung ungefähr in der Mitte derselben trifft; steil abfallende haben einen mehr sagittal-gerichteten Verlauf und treffen die Oberfläche der ersten Temporalwindung weiter vorne und gehen oft allmählich in dieselbe über, so daß der vordere Teil der Oberflächenkuppe der T1 gleichsam die direkte Fortsetzung der Heschl I zu sein scheint. Letztere Form scheint bei musikalisch begabten Menschen häufiger zu sein, hier soll auch die Heschl I besonders breit und wohlgeformt und mit Zellen reich ausgestattet sein (PFEIFER). AUERBACH, der das Gehirn des Musikers Mottl untersucht hat, fand bei ihm eine besonders gut entwickelte erste Temporalwindung und vordere Heschlsche Querwindung; die erste Temporalwindung schien auch besonders caudalwärts gut entwickelt und gleichsam mit einem Supplementgyrus in den Parietallappen hineinreichend.
Erst eine gemeinsame Berücksichtigung solcher Windungseigentümlichkeiten, gemeinsam mit der Ausbreitung und Entwicklung der cyto- und myeloarchitektonischen Felder auf ihnen, wird uns hier Aufklärung bringen. Besonders geeignet wären hier Völker- oder rassenmäßig durchgeführte Studien, denn daß die musikalische Begabung oft ganzen großen Volksgruppen eigentümlich ist, ist eine bekannte Tatsache.
Ebenso wird uns das Studium von Taubstummengehirnen wichtige Lehren verschaffen. Es dürfte möglicherweise gewisse Gruppen von Taubstummen geben, bei welchen sich Anlagestörungen und andere, bei welchen sich früh erworbene Defekte finden. Wenn sich aber bei ihnen auch keine Änderungen im Cortex feststellen lassen, so wäre auch diese Tatsache für das Verständnis der Cortexvorgänge von fundamentaler Bedeutung.
Die bisherigen diesbezüglichen Untersuchungen können nach dem heutigen Stand unserer architektonischen Kenntnisse nicht mehr als genügend bezeichnet werden. DROOGLEEVER FOORTUYN fand in der Heschlschen Windung und in der ersten Temporalwindung bei Taubstummen gar keine Riesenzellen und ferner in TA (BRODMANNs Feld 22) eine Zellverminderung. Bedenkt man, daß auf der ersten Heschlschen Windung nach dem, was wir über TC gesagt haben, Riesenzellen normaliter überhaupt selten sind, sondern erst in TB auf dem Planum temporale vorkommen, so verliert dieser Befund zum Teil überhaupt an Wert. STROHMAYER will bei Taubstummen T2 und T3, Gyrus hippocampi und Uncus normal gefunden haben, dagegen waren T1 und die Insel schmal! Schließlich fand BROUWER in der Heschlschen Windung Taubstummer 1. die innere Körnerschicht sehr verschmälert und zellarm, 2. die Schicht der subgranulären Pyramiden (unser V) ganz verschwunden und 3. die VI. Schicht verschmälert. Letztere zwei Punkte entsprechen jedoch ziemlich schon dem normalen Bild von TC und ob Punkt 1 richtig ist, müßte wohl noch nachuntersucht werden. Erst nach gründlicher Kenntnis der normalen Verhältnisse können solche Untersuchungen einen bleibenden Wert haben, und das war bisher speziell bezüglich des Koniocortex nicht der Fall.
Betreffs der physiologischen Bedeutung der Area TD wollen wir uns hier nicht mit Bestimmtheit aussprechen. Wir zweifeln ja sogar, wie S. 687 schon besprochen, ob sie eigentlich wirklich als eigene Area anzusprechen ist. Sie könnte auch bloß eine vielleicht infolge ungünstiger äußerer anatomischer und vasculärer Verhältnisse nicht genügend entwickelte Rindenpartie (vielleicht ursprünglich TB oder TC) darstellen, die gerade deswegen auch individuell recht verschieden gestaltet ist und daher möglicherweise nicht recht als eigene Area zu werten wäre; damit meinen wir jedoch nicht, daß sie etwa eine in „Reserve" behaltene Rindenpartie ist, die vorderhand noch „stumm" wäre, etwa eine Art „unbesetztes" Gebiet; so etwas kann es natürlich nicht geben, denn jedes lebende Organ und Organteil muß seine physiologische Auswirkung und somit seine Bedeutung haben. Die Anklänge, die es (TD) an eine granulöse Bildung aufweist, haben uns veranlaßt, im Rahmen unserer physiologischen Erwägungen die Möglichkeit einer Zugehörigkeit dieses Gebietes zur primären Sinneshörsphäre TC im Auge zu behalten.
710 Lobus temporalis.
Unmittelbar unter der Regio supratemporalis, welche den allergrößten Teil der ersten Temporalwindung einnimmt, breitet sich die Regio temporalis propria aus (Abb. 96 und 97 ganz hellbraun, S. 214), zum Teil noch eine Partie der Unterwand und der Nebenwindungen der hinteren Partie der ersten Temporalwindung, dann die ganze zweite und dritte Temporalwindung mit ihren Areae temporales media et inferior (TE1 und TE2), und zwar den Stamm derselben einnehmend, während sie die polaren Teile für die temporopolare Area (TG) freiläßt und die occipitotemporalen Wurzeln derselben der Area parietalis (temporooccipitalis) basalis (PG) überläßt (Abb. 92).
Die Rinde der Regio temporalis propria ist äußerst breit, beinahe so breit wie die der Regio praerolandica, gehört also zu den breitesten des ganzen Gehirns (Abb. 26-29), unterscheidet sich jedoch wesentlich von diesen frontalen Formationen durch die Schmalheit und Zellarmut von III (Abb. 72, 73) und die in senkrechte Zellsäulen zerfallende IV Schicht; von allen retrozentralen Formationen hinwiederum unterscheidet sie sich durch die kolossale Breitenzunahme und sonstige gute Zellentwicklung der V. (Abb. 77-80), zum Teil auch der VI. Schicht (Abb. 83 und 84), so daß die innere Hauptschicht den Hauptteil des Rindenbildes einnimmt. Die Zellen in diesen beiden Schichten und besonders in V sind beinahe so groß wie in den frontalen Hirnpartien, unterscheiden sich also sehr wesentlich von allen retrozentralen Bildungen, die meist kleine Zellen in der inneren Hauptschicht führen (mit Ausnahme vom oberen Scheitelläppchen). Die radiäre Streifung dieser tiefen Rindenpartien ist sehr deutlich (Abb. 45-46). Diese eigentümliche Entwicklung der inneren Hauptschicht der Rinde gibt derselben den Rindentypus 1 (2), der sogar hier an FC erinnert (Abb. 88a, b) und der sich zum Teil manchmal auch nach rückwärts und oben fortpflanzt auf die angrenzenden hinteren Partien des Gyrus supramarginalis und Gyrus angularis, so daß man manchmal Schwierigkeiten mit der Abgrenzung hat (s. PFcm auf Tafel LXXV, hintere Partie des Gyrus supramarginalis). Es wird einmal nötig sein, die individuellen Unterschiede der Übergänge hier in Gruppen zu fassen und festzustellen, ob der Windungsverlauf auf die verschiedene Ausbreitung und Abgrenzung der Areae und Rindentypen gegeneinander von Einfluß ist. Dieses Verhalten im Grenzgebiete war es wohl, das CAMPBELL veranlaßt hat, die untere Parietal- und mittlere Temporalgegend zu einer einzigen großen Area parietotemporalis zusammen zu fassen.
Wir teilen die mittlere Temporalgegend Regio temporalis propria in zwei Areae ein, eine Area temporalis media TE1 auf der (ersten und) zweiten Temporalwindung und eine Area temporalis inferior TE2 auf der dritten Temporalwindung. Eigentlich handelt es sich um ein und dieselbe Formation mit nur ganz schwachen regionären Änderungen in der relativen Zellgröße; wir haben bloß konventionell (entsprechend BRODMANN und E. SMITH) an der Teilung in zwei Areae gehalten. Die Zellen (besonders die der III) in der ersten Temporalwindung (Tafel LXXXIX) sind etwas größer als in der zweiten (Tafel XC) und die der zweiten etwas größer als die der dritten (Tafel XCI); doch stimmt diese Relation nur im großen ganzen und stellenweise wird man vielfach Ausnahmen von dieser Regel finden.
Wir wollen daher auch beide Areae gleichzeitig unter einem besprechen. Zugleich geben wir auf Tafel LXXXIX ein Bild einer Stelle, wo der Übergang von TA1 zu TE1 auf einer kleinen unteren Nebenwindung der ersten Temporalwindung stattfindet. Die linke Bildseite gleicht genau der linken Bildseite von Tafel XCII (TA1). Die Mitte des Bildes dagegen gleicht schon TE1 (Tafel XC).
Äußerst breite Rinde; an der Kuppe 3.4-3.8 mm und in der Wand 3.0-3.2 mm; sie nimmt an der Kuppe also nicht stark ab. Die Windungen selbst sind äußerst breit und kräftig. Dir Rinde zeigt makroskopisch am gefärbten Präparat (Abb. 116, Nr. 13) keine deutliche mehrfache Schichtung, jedoch ist es auffallend, daß die unteren zwei Drittel der Rinde viel dunkler gefärbt sind als das obere Drittel, und zwar ist die Zunahme der Tinktion eine ziemlich unvermittelte und dann gleichbleibende bis in die Nähe der Marksubstanz, wo die Aufhellung eine allmähliche und die Abgrenzung also keine scharfe ist, so daß man also den Eindruck eines sehr breiten, tieftingierten Gürtels erhält, der den größten Teil, aber nicht die ganze Breite der Rinde einnimmt.
Area temporalis media et inferior. 711
Mikroskopisch fällt an der Rinde (Tafel LXXXIX, XC und XCI) auf den ersten Blick und vor allem die Breite und die für den ganzen Temporallappen typische senkrechte Streifung aller Schichten auf. Außerdem aber fällt es gleich auf, daß die innere Hauptschicht hier von besonderer Bedeutung ist. V und VI sind voneinander kaum zu trennen, bloß durch ihre Zellform unterschieden, bilden sie eine einzige Schicht. Neben der ganz auffallenden Breite derselben merkt man sofort ebenfalls die tiefere Tinktion dieser unteren Partien, von dem unteren Teil der III. Schicht angefangen. Die große Tiefenausdehnung dieser ohnehin dunkel sich färbenden inneren Hauptschicht verlegt gleichsam - wenn man so sagen darf - das optische Übergewicht hier ganz nach unten. Die III. Schicht erscheint dagegen relativ schmächtig und zellarm, sogar mit zelleeren Stellen, besonders in ihren mittleren Lagen, obschon die einzelnen Zellen sogar größer als im unteren Parietallappen und als in TA sind. Die I. Schicht ist mittelbreit, die II. undeutlich. Die IV. Schicht ist viel weniger breit und auch zellärmer als in der ersten Temporalwindung und gar als im Parietallappen, jedoch ist sie immerhin deutlich und zerfällt trotz ihrer relativen Schmalheit in senkrechte Zellsäulchen. Sonst macht im allgemeinen - als Charakteristicum - die zellsäulchenförmige Anordnung der Zellen auf der T1 (und zwar TA), auf T2 und T3 einer bloß mehr streifigen Anordnung Platz (Abb. 45 und 46). Am besten sieht man dies an Tafel LXXXIX, die einen Übergang vom zellsäulenführenden TA zu TE darstellt noch auf der T1. Die Windungskante z. B. hat hier in III keine Zellsäulen, während sie in der linken Bildecke noch zu sehen sind als Zeichen von TA. Die ganze Rinde ist sehr deutlich radiär gestreift; besonders aber die innere Hauptschicht, während die äußere dagegen im Gegensatz zu den parietalen Bildungen und zu TA weniger gestreift ist - und dann speziell eher gegen T1 zu (z. B. Tafel LXXXIX), ventralwärts dagegen abnehmend. (Tafel XC und XCI). Die senkrechte Streifung ist in der Area temporalis propria deutlicher und durchweg auffälliger als die horizontale Schichtung. In der IV, V und besonders in VI ist die Streifung unverkennbar; in der III handelt es sich mehr um eine Aneinanderreihung der Zellen senkrecht übereinander als um eine wirkliche Streifung. Dieses Hereinreichen der Streifen über VI hinaus nach abwärts bis ins Mark ist für die mittlere Temporalregion charakteristisch wie gesagt besonders zum Unterschied der parietalen Formationen. Auch ist in V keinerlei Aufhellung gegenüber den anderen Schichten zu merken im mittleren Temporallappen. Die Begrenzung gegen das Mark ist eine sehr ungenaue; es findet ein recht allmählicher breiter Übergang statt.
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
TE1 auf T1 am Culmen 3.65 mm | |||||||
0.24 | 0.18 | 0.90 | 0.28 | 0.80 | 0.80 | 0.45 | mm |
TE1 auf T2 am Culmen 3.80 mm | |||||||
0.22 | 0.18 | 0.90 | 0.22 | 0.60 | 0.90 | 0.80 | mm |
TE2 auf T3 am Kuppenwinkel 3.8 mm | |||||||
0.24 | 0.16 | 0.96 | 0.24 | 0.80 | 0.80 | 0.60 | mm |
TE2 auf T3 am Culmen 3.0 mm | |||||||
0.26 | 0.16 | 0.70 | 0.22 | 0.56 | 0.54 | 0.50 | mm |
TE1 auf T1 Wand nahe dem Culmen 2.9 mm | |||||||
0.26 | 0.20 | 1.00 | 0.24 | 0.50 | 0.46 | 0.36 | mm |
TE2 auf T3 Wand nahe dem Culmen 3.12 mm | |||||||
0.22 | 0.20 | 0.90 | 0.20 | 0.50 | 0.60 | 0.50 | mm |
712 Lobus temporalis.
Relative Zahlen für Culmen:
I | II | III | IV | V | VIa | ||
Kuppe | 0.08 | 0.06 | 0.29 | 0.08 | 0.23 | 0.26 | äH:iH = 43:57 |
Relative Zahlen für die Wand: | |||||||
Wand | 0.09 | 0.08 | 0.36 | 0.08 | 0.19 | 0.20 | äH:iH = 53:47 |
Aus diesen Zahlen ist deutlich zu ersehen, daß die oberen vier Schichten an Breite absolut und besonders relativ abnehmen; die III. macht kaum 29% der Rindenbreite aus; die V. und VI. Schicht jedoch nehmen ganz bedeutend an Breite zu; man sieht auch, daß für TE1 und für TE2 die Zahlen verhältnismäßig ziemlich die gleichen sind, so daß es nicht unrichtig ist, dieselben gemeinsam zu behandeln. Die Zunahme der inneren Hauptschicht tritt deutlich im Verhältnis äH:iH zutage, das am Culmen 43:57 beträgt, während es durchschnittlich 49:51 am Culmen ausmacht und ebenso in der Wand, wo es in TE 53:47 statt wie durchschnittlich 56:44 auszumachen. Es überwiegen also die unteren Schichten in ganz auffallendem Maße, ein Umstand, der für die Area temporalis (propria) media et inferior charakteristisch ist.
I. Die Molekularschicht ist absolut von mittlerer Breite 0.22-0.26 mm; relativ ungefähr 8% der ganzen Rindenbreite, also eher schmal. Sie verhält sich diesbezüglich ähnlich wie die Molekularschicht der hinteren Partien des ebenfalls breitrindigen Frontalhirns, bei denen die I. Schicht von guter Breite ist, jedoch nicht proportional mit den anderen Schichten an Dicke zunimmt. Im großen ganzen ist I nicht sehr kernreich; die oberflächlichere Hälfte erscheint jedoch deutlich etwas kernreicher als die tiefere. In der oberen Hälfte zählen wir ca. 70-80 Kerne, in der unteren 32 Kerne pro 0.1 mm3, so daß man ähnlich wie im Parietallappen und Lobus limbicus eine Ia- und Ib-Schicht unterscheiden könnte, wenn auch hier in der Regio temporalis propria der Kernreichtum ein viel geringerer ist als dort. In der kernreichen Ia sind von den Kernen ungefähr 10-12 Nervenzellen pro 0.1 mm3, in Ib dagegen nur 4-6. Die Zellgröße schwankt von 6/6 µ bis zu 10-12 / 8 µ; meist kleine dreieckige und Pyramidenformen, die sehr verschieden orientiert sind. - Die Begrenzung nach unten ist keine ganz scharfe, immerhin noch hinlänglich genau anzugeben.
II. Die äußere Körnerschicht ist sehr schmal, mit 0.16-0.18 mm erinnert sie an die äußere Körnerschicht des mittleren Frontallappens und mit 6% Rindenbreite ist sie sogar unter dem Mittelmaß. Die obere und untere Begrenzungslinie ist ziemlich unscharf. Sie ist recht locker gebaut, wenig zellreich, in ihrer Dichte ziemlich unregelmäßig, da etwas zelldichtere mit ganz zellarmen Stellen abwechseln (Tafel XC und XCI). In den obersten Lagen zeigen die Zellen sogar eine buschelige oder pinselähnliche Lagerung (Tafel XC und XCI, Höhe 37 / Breite 22 cm; dadurch sieht die II noch mehr „zernagt" aus wie auch in TA, aber der Wechsel von zelldichten und zellärmeren Zellpartien ist nicht so radiär streifenförmig wie dort.
Die Zellen der äußeren Körnerschicht sind meist kleine und sehr kleine Pyramidenzellen, daneben sind noch ganz kleine (beinahe punktförmige) Körnerzellen. Man zählt ungefähr 80-90 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe 6/6 µ, oder 10/8 oder 15/12 µ, einzelne seltene sogar 18 µ, die wohl schon aus IIIa her versprengt sein mögen; und zwar sind von den 90 Zellen ca. 10 größeren Kalibers, 40 mittleren und 40 kleinsten Kalibers.
III. Die Pyramidenschicht der Area temporalis media und inferior ist recht charakteristisch. Sie ist absolut von guter Breite (0.70-0.96 mm), jedoch relativ für die Breite der ganzen Rinde recht schmächtig, erreicht bloß 29% der ganzen Rindenbreite am Culmen; sie bleibt also hier ziemlich weit unter dem Durchschnitt, der 33% beträgt. Auch in der Wand bleibt die Breite der III unter dem Durchschnitt. Für diese Area ist es jedoch ziemlich typisch, daß die III. Schicht in der Wand im allgemeinen breiter ist als am Culmen; die Verbreiterung erfolgt am Kuppenwinkel. Auch für die durchschnittliche Breite gilt dies; so fanden wir 0.86 mm als Durchschnittsbreite am Culmen, 0.95 mm als Durchschnittsbreite in der Wand (Tafel XCI). Eine Ausnahme bildet die Wand der caudalsten Partie dieser Area, die gegen die occipitotemporale Gegend zu manchmal recht schmächtig wird und Säulenanordnung zeigt (s. Tafel LXXX und auch noch Tafel LXXXIX). Die obere und die untere Begrenzungslinie der III ist recht undeutlich. Gegen II ist eine genaue Abgrenzung nicht recht möglich; man kann sich hier nur nach der Zellgröße der Zellen der IIIa richten, die etwas größer als die der II sind. Die untere Grenze gegen IV ist eine ziemlich oft unterbrochene und unregelmäßig wellenförmig verlaufende Linie, da die Zellzüge der Körner aus IV oft hereinsprudeln nach III, und andererseits die tiefstsitzenden Pyramidenzellen der III oft ziemlich weit auch nach IV hinein disloziert sein können. Die oben angegebenen Breitenwerte der III sind somit Durchschnittswerte von Messungen an verschiedenen Stellen.
Area temporalis media et inferior. 713
Der Zellreichtum oder, besser gesagt, die Zelldichtigkeit der III ist nicht besonders groß. Die obersten und die tiefsten Lagen erscheinen etwas dichter; die mittleren dagegen sind auffallend licht, so daß man manchmal an einen Zellausfall denken möchte, und zwar nimmt die Zelldichtigkeit von T1 nach T3 zu ab. (Man vergleiche hierzu die Tafeln LXXXIX, XC und XCI miteinander. Tafel LXXXIX gibt den Übergang der Area TA in die Area TE wieder auf der ersten Temporalwindung; man sieht hier noch den Zellsäulentypus der TA; die III. Schicht ist hier recht zellreich. Auf Tafel XC ist schon die TE1 in III viel weniger zellreich, und auf Tafel XCI ist die TE2 in III zwischen Breite 15 und 40 cm und Höhe 29-37 cm direkt zellarm.) Man kann infolge der Zelldichtigkeit eine IIIa-, IIIb- und IIIc-Schicht unterscheiden, aber nicht eigentlich betreffs der Zellgröße, außer noch auf der ersten Temporalwindung, wo in IIIc auch ganz große Pyramidenzellen vorkommen; denn die Zellen auch in den tiefsten Partien von III übersteigen sonst nicht eine mittlere Zellgröße und ordnen sich nicht zu einer sichtbaren Unterschicht. Ebenso wie die Zelldichtigkeit nimmt auch die Zellgröße von dorsal her gegen ventral zu, d. h. von T1 nach T3 ab. Doch ist die Zellgröße natürlich wie immer auch individuell recht verschieden, so daß bei einem Individuum die Zellen in IIIc auf T3 doch größer sein können als bei einem andern sogar auf T2; im allgemeinen gilt aber die Regel, daß im einzelnen Falle die Zellen von T1 größer sind als die von T2 und diese größer als die von T3. Man vergleiche hierzu wieder Tafel LXXXIX mit XC und mit XCI, wo die progressive Abnahme der Zellgröße in III zu sehen ist.
In TE1 auf T2 zählt man in: IIIa ca. 40 Zellen von ca. 18-22 / 15-18 µ Größe, und in IIIb ca. 25 Zellen von ca. 20-30 / 18-20 µ Größe, und in IIIc ca. 30 Zellen, von denen ungefähr drei Viertel die Größen wie IIIa und IIIb aufweisen und ungefähr 6-7 Zellen auch Größen von 30-35 / 20(-25) µ aufweisen können. Auf T1 dagegen kommen daneben ganz vereinzelt Zellen vor, die auch 40-45 / 25-30 µ Größe erreichen können (s. Tafel LXXXIX, Höhe 26 / Breite 19.5 cm).
In TE2 auf T3 zählt man in: IIIa ca. 34 Zellen von 15-18 / 12 µ Größe, und in IIIb bloß 20 Zellen von 18-20-22 / 15-18 µ Größe, und in IIIc von 30 Zellen, und zwar ungefähr 20 Zellen von 20-25(-30) / 15-20 µ Größe und ca. 10 kleine und kleinste Zellen in der IIIa. Man ersieht schon daraus, daß in TE2 (dritte Temporalwindung) noch mehr als auf der zweiten Temporalwindung der Zellunterschied zwischen IIIc und IIIb ein ganz geringer ist, d. h. daß es eigentlich nach der Zellgröße gar kein IIIc gibt und daß wir dasselbe bloß der Zelldichte wegen unterschieden haben wollten. Die großen Zellen haben je eine Trabantzelle; die kleineren bloß zu drei oder fünf einen Trabantzellkern.
Was nun den Zellaufbau der III. Schicht anlangt, so muß gesagt werden, daß die III. Schicht entschieden auch in TE einen gewissen radiären Bau angedeutet zeigt, daß aber von der schönen Zellsäulenbildung, von Orgelpfeifenbildung usw., wie in TA und TB, hier nichts mehr zu sehen ist. Immerhin sieht man doch noch auf allen drei Temporalwindungen auch noch in der III die Streifung und kann auf Tafel LXXXIX, XC und XCI gut vergleichend verfolgen, wie aus der noch Zellsäulen und auch deutliche senkrechte Zellzüge aufweisenden Zellanordnung der III auf Tafel LXXXIX der ersten Temporalwindung auf Tafel XC, die eine Kuppe der zweiten Temporalwindung darstellt, nur mehr die Zellzüge zu sehen sind, und auf Tafel XCI (dritte Temporalwindung) nur mehr eine allgemeine streifige Anordnung noch in III angedeutet erscheint. In der Wand ist diese Streifung immer etwas deutlicher als am Culmen und in den rückwärtigen Partien von TE gegen PH zu (occipitotemporal) ist oft auch hier ein Wandbild zu sehen, welches auch im allgemeinen schmächtiger wird und von Tafel LXXXVIII2 sich gar nicht mehr unterscheidet.
714 Lobus temporalis.
IV. Die innere Körnerschicht der Areae temporales propriae (media et inferior) ist äußerst schmal für eine retrozentrale Formation. Wenn wir als absolute Werte Zahlen zwischen 0.22 mm und 0.28 mm angeführt haben, so kommt dies daher, daß oft einzelne Zellsäulen weiter nach III heraufsprudeln. Tatsächlich sind die tieferen Werte die richtigeren, und als relativer Wert zeigt die Zahl von 8%, daß sich die IV unter dem Durchschnittswert hält, was im Vergleich zu den 11-17%, die man sonst in der retrozentralen Gegend gewöhnlich sieht, eine auffallend geringe Ziffer bedeutet.
Auch die Dichtigkeit ist äußerst gering und nimmt ebenfalls von der ersten Temporalwindung bis zur dritten ab. Dabei zeigt die IV. Schicht jedoch auch hier die für den ganzen Temporallappen typische Aufsplitterung derselben in senkrechte Zellsäulen, die von zellfreien oder wenigstens sehr zellarmen Zwischenräumen voneinander getrennt sind. Diese Zellsäulen sind nicht immer so breit wie sonst im Temporallappen; wenn auch viele von ihnen 50 µ Breite haben, so sind andere bloß 10 µ breit, d. h. sie bestehen oft bloß aus 2-3-4 Zellen der Breite nach, wie man schön auf Tafel XCI sehen kann.
Wir zählen ca. 90-100 Zellen pro 0.1 mm3. Die Zellen sind zur Hälfte ungefähr Körnerzellen, von 5/5 bis 8/7 µ, und zur anderen Hälfte kleine Pyramidenzellen 10-15 / 8-10 µ, dazu ungefähr 1-2 pro 0.1 mm3 Pyramidenzellen von 15-20 / 10-15 µ, und hier und da eine große Pyramidenzelle, die aus IIIc disloziert ist. - Die Grenzen von IV sind sehr unbestimmt, besonders die untere gegen V. Hier kommen häufig kleine Pyramidenzellen zu Haufen vereint vor (z. B. Tafel XCI, Höhe 25 cm und Breite 29-32 cm), von denen es gar nicht zu sagen ist, ob sie zu V oder IV zu zählen sind. Wir ziehen es vor, sie zu IV zu zählen.
Bei schwächeren Vergrößerungen erscheint IV als recht schmaler Streif ganz gut abgegrenzt.
V. Auch die ganglionäre Schicht ist für die Area temporalis propria (media et inferior) typisch und charakteristisch; sie wird äußerst breit und ihre Werte schwanken zwischen 0.60 und 0.80 mm, und auch die relative Zahl von 23% übersteigt nicht unbeträchtlich das Mittel. Es ist die breiteste ganglionäre Schicht des ganzen Hirnes hinter der Rolandoschen Furche. Sie ist auch im Vergleich zu der V. Schicht aller retrozentralen Hirnpartien die zelldichteste und zugleich zellgrößte. Während schon im unteren Parietalläppchen die Zellen der V. und der VI. Schicht ziemlich dicht zusammenhängen, so daß man die beiden Schichten nur bei näherer mikroskopischer Betrachtung voneinander trennen kann, wird, je weiter man im Hirn nach rückwärts geht, die V. Schicht zellkleiner und die Zellen verlieren, wie wir im Parietal- und besonders im Occipitallappen gesehen haben, sogar ihre Pyramidenform; sie werden auch schließlich caudalwärts kleiner als die Zellen der VI. Schicht, die selbst auch rückwärts viel kleiner werden, so daß z. B. im Occipitallappen die Zellen der V. Schicht ganz unansehnlich und beinahe wie Körnerzellen aussehen. Auch im parietooccipitotemporalen PH (Tafel LXXX) sind V und VI beide kleinzellig und bilden gleichsam eine Schicht. Hier aber auf der zweiten und dritten Temporalwindung in der Area temporalis media und inferior wird die V. Schicht wieder großzellig; auch die VI. wird großzelliger, aber bei ihr ist die Differenz nicht so ausgesprochen, weil sie ohnehin an Zellgröße nicht in dem Maße wie die V abgenommen hatte. Die Zellen von V haben hier auch wieder ihre schöne schlanke Pyramidenform; man vergleiche hierzu wieder Tafel LXXXIX mit XC und XCI. Auf Tafel LXXXIX, wo der Übergang von TA zu TE1 auf der ersten Temporalwindung wiedergegeben ist, sehen wir in der ebenfalls schon recht breiten V. Schicht, z. B. links im Bilde bei Höhe 18 / Breite 5 cm neben ebenfalls schon zahlreichen richtigen, mittleren Pyramidenzellen ganze Häufen von Zellen, welche kaum die Größe stärkerer Körner übertreffen. Tafel XC, welche aber TE1 auf der zweiten Temporalwindung darstellt, zeigt schon beinahe bloß Pyramidenzellen kleineren und mittleren Kalibers und daneben zahlreiche große Pyramidenzellen, die an Größe den größten Pyramidenzellen der III. Schicht dieser Area gleichkommen, und die ebenso wie diese senkrecht mit ihrer Spitze zur Oberfläche orientiert sind.
Area temporalis media et inferior. 715
Wir zählen in V ca. 50 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind 15 ungefähr schöne Pyramidenzellen von der Größe 25-30-40 / 18-20 µ mit mehr oder minder langem cephalen Fortsatz, der selbst wieder über 30-40 µ weiter oberflächenwärts verfolgt werden kann; die übrigen sind zur Hälfte Zellen von 15-20 / 10-15 µ und zur Hälfte kleinere 8-10 / 8 µ; auch diese sind dreieckig oder deutlich pyramidenförmig.
Oft sammeln sich die Zellen kleineren Kalibers zu Haufen unmittelbar unter IV in etwas größerer Dichte an, so daß die Grenze gegen die Körnerschicht dann nicht genau anzugeben ist, wie dies auf Tafel XCI gut zu sehen ist in der linken Bildhälfte (Höhe 9 bis 20 cm, Breite 13-14 cm); es ist kein Grund vorhanden, diese Verdichtung, die nicht ganz regelmäßig ist, als eigene Unterschicht anzuführen. Auch sonst sieht die V. Schicht recht einheitlich und gleichmäßig aus, so daß keine Unterschichten zu unterscheiden sind. In der dritten Temporalwindung scheint ihre Zellzahl wieder etwas abzunehmen, im großen ganzen jedoch ist die V. Schicht, wie schon in §1 erwähnt, recht dunkel tingiert.
Die Abgrenzung gegen IV ist schwer genau zu ziehen wegen der eben genannten Nachbarschaft der kleinen Zellen der V mit den Körnerzellen der IV; doch macht auch bei hundertfacher Vergrößerung das nur ein paar Striche aus. Die Grenze gegen VI ist recht scharf zu ziehen nach der Zellform, da die Spindelzellen der VI sehr gut von den Pyramidenzellen der V zu unterscheiden sind und sich auch an der Grenze nur wenig miteinander vermengen; doch erkennt man makroskopisch oder bei schwachen Vergrößerungen die Grenze nicht, da weder in der Zellgröße noch in der Zelldichtigkeit zwischen V und VI große plötzliche Unterschiede vorhanden sind.
Die Zellen der V sind zu schönen radiären Zügen von meist bloß einer (bis zwei) Zellen Breite senkrecht übereinander geordnet, zwischen den Zellzügen ziehen die zellarmen radiären Streifen. Eine Ordnung der Zellen nach der Größe in diesen Zügen ist nicht zu merken; im allgemeinen aber kann man sagen, daß in der Mitte der V. Schicht sich am meisten große Zellen finden. Diese gut ausgeprägte radiäre Streifung (der ganzen inneren Hauptschicht) ist für die eigentliche Temporalformation (TE) typisch.
In der Wand nimmt die V. Schicht wie gewöhnlich an Breite ab, doch im allgemeinen weniger als dies in anderen Hirnpartien die Regel ist.
VI. Auch die Spindelzellenschicht ist für TE charakteristisch. Auch sie ist weit bedeutender an Breite als im übrigen retrozentralen Hirn und auch ihre Zellen sind größer als in der VI. Schicht der Nachbarareae; und auch ihre Grenze gegen das Mark zeigt den allmählichen Übergang, der mehr den frontalen Formationen entspricht als den eigentlich mehr oder minder scharf vom Mark abgeschnittenen retrozentralen.
Mit einer Breite von ca. 1.5 mm erreicht hier die VI. Schicht Werte, wie wir sie wirklich bloß noch im Frontalhirn zu finden gewohnt waren, und auch in der Wand ist für gewöhnlich die Abnahme keine so große und plötzliche wie sonst in der retrozentralen Rinde. Auch die relative (prozentuelle) Breite von 26% überschreitet den Mittelwert nicht unbedeutend, der sonst von der VI. der übrigen retrozentralen Rinde überhaupt nie erreicht wurde. (Vgl. Tab. II, S. 795.) Die Zellen sind recht zahlreich und groß. Eine Unterteilung in eine VIa und VIb geschieht eigentlich nach recht willkürlichen Kriterien; denn tatsächlich nimmt bloß die VI. Schicht von oben gegen die Tiefe zu konstant und allmählich an Zelldichtigkeit ab - was schon makroskopisch, siehe §1, zu erkennen ist - und eine scharfe Abgrenzung gegen das Mark gibt es überhaupt nicht, sondern ähnlich wie im Frontalhirn findet man auch hier im Windungsmark weitab von der Rinde noch immer vereinzelte Spindelzellen als normalen Befund.
716 Lobus temporalis.
In den oberen Schichtenteilen (VIa) zählen wir 40 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind ca. 22 große Spindelzellen von 25-30-40 / 15-20 µ Größe, die übrigen sind kleiner. Die großen haben je eine Trabantzelle. Nahe dem Mark zählen wir ca. 18 schmächtigere Spindelzellen pro 0.1 mm3 von 20-30 / 8-10 µ Größe. Die VI ist also hier auch zellgrößer als die VI der umgebenden rückwärtigen und oberen Areae.
Die Zellen der VI. Schicht sind zu schönen, langen, radiären Zellzügen geordnet, die sich in die Zellzüge der V. Schicht und diese wieder vielfach in die Zellsäulen der IV fortsetzen, so daß man kontinuierliche lange Zellreihen durch alle drei Schichten verfolgen kann. Dadurch erhält die ganze innere Hauptschicht ein sonst für diese tiefe Schichten eher ungewohntes, geordnetes, einheitliches Aussehen, durch die schöne, regelmäßige, parallele oder radiäre Streifung.
Zwischen TE1 und TE2 ist bezüglich der VI. Schicht kein sonderlicher Unterschied zu merken.
Die Area temporalis propria media et inferior ist demnach eine granuläre, äußerst breite (3.2-3.8 mm) Formation, die für eine retrozentrale Bildung die Eigentümlichkeit einer äußerst starken Entwicklung der V. und VI. Schicht bietet und überhaupt ein Überwiegen an Breite, an Zelldichtigkeit und Zellentwicklung der ganzen inneren Hauptschicht aufweist, welche außerdem schön regelmäßig und auffällig radiär gestreift ist; wogegen die III. Schicht eher schmächtig und wenig zellreich ist, und keine deutliche Streifung erkennen läßt. Die II. und IV. Schicht sind nicht gut entwickelt. Die IV. weist aber das charakteristische Zeichen der Temporalformationen auf: sie zerfällt in senkrechte Zellsäulen; sie ist aber schmal und die gute Entwicklung der großzelligen Schichten gibt dadurch der Rinde den Typus 1 (2) (s. 4. Kap., S. 188).
I. 0.24 mm, ist von guter mittlerer Breite. Hat eine kernreichere Außenlage und kernärmere Innenlage, Ia ca. 10-12 Nervenzellen pro 0.1 mm3 und Ib ca. 4-6 Nervenzellen von der Größe 6/6 µ und 10-12 / 8 µ.
II. 0.17 mm, ist eher schmächtig, recht unregelmäßig in der Zelldichtigkeit und Zellverteilung; ca. 90 Zellen pro 0.1 mm3, einige Körnerzellen von 6/6 µ und der Rest Pyramidenzellen von 10-15 / 8-12 µ.
III. 0.86 mm, von mittlerer Breite, aber eigentlich für die große Rindenbreite eher schmal, nicht zellreich, zellunregelmäßig; in der Mitte ein zellarmes IIIb. IIIa ca. 34-40 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-22 / 12-18 µ; in IIIb 20-25 Zellen von 18-30 / 15-20 µ; in IIIc 30 Zellen pro 0.1 mm3 von 20-35 / 15-20 µ; also kein eigentliches IIIc der Zellgröße nach zu unterscheiden.
IV. 0.24 mm, ist eher schmal, nicht zellreich, 90-100 Zellen pro 0.1 mm3 von 5-8 / 5-7 µ und 10-15 / 8-10 µ. Zerfällt in kleine senkrechte Zellsäulen.
V. 0.70 mm, ist äußerst breit, großzellig und zellreich; ca. 50 Zellen pro 0.1 mm3, davon ca. 1/3 von 25-40 / 18-20 µ, die übrigen von 8-20 / 8-15 µ; schön radiär gestreifte Anordnung.
VI. 1.40 mm, ist äußerst breit, großzellig und zellreich und schön radiär gestreift, Übergang ins Mark sehr allmählich. VIa hat 40 Zellen pro 0.1 mm3 von 25-40 / 15-20 µ Spindelgröße, und VIb ca. 18 Zellen von 20-30 / 8-10 µ Größe.
Area temporalis media et inferior. 717
Dieser Art gebaut, überzieht diese Formation den größten Teil der temporalen Partie der zweiten und dritten und die untersten und hintersten Teile der ersten Temporalwindung. Nach vorn grenzt sie an die temporopolare Formation TG, die kappenartig den temporalen Pol überzieht (s. Schema Abb. 92, 93, 95); die Grenzlinie liegt in der direkten Fortsetzung der Grenze der TG gegen TA, d. h. der idealen Fortsetzung der vorderen Begrenzung der vorderen Heschlschen Windung auf die laterale temporale Hirnoberfläche in nach vorn konvexem Bogen. Nach oben grenzt sie an die Area temporalis superior (TA), und zwar liegt die Grenze, so weit man bis heute sagen kann, meist nicht in der Tiefe der ersten Temporalfurche, sondern meist schon in der oberen dorsalen, noch zur ersten Temporalwindung gehörenden Wand derselben, und zwar etwas unter der Mitte derselben. Nach unten überzieht die Area TE zuerst die zweite und dann die dritte Temporalwindung und gelangt mit ihr auf die basale und mediane Hirnfläche, wo sie in der dritten Temporalfurche an die Area des Lobus fusiformis grenzt (TF). Nach rückwärts grenzt die TE an die Area parietalis basalis (temporooccipitalis PHT s. Tafel LXXX). Der Übergang ist hier ein sehr allmählicher, schichtweise kaum zu definierender. Auf der hinteren Partie der zweiten Temporalwindung, die nach oben zieht, grenzt die Area TE auch an die Formation des Gyrus angularis Area PG (Tafel LXXVI), und auf der hinteren Partie der ersten Temporalwindung an die hinteren Teile des Gyrus supramarginalis, und zwar an die Area PFc(m), Area supramarginalis posterior (Tafel LXXV). Es ist unverkennbar, und man vergleiche hierzu die entsprechenden Tafeln LXXV und LXXVI mit Tafel XC, daß der eigenartige streifige und großzellige Bau der inneren Hauptschicht der speziell temporalen Formationen TE nach rückwärts auf die benachbarten parietalen Partien auch übergreift und diesen Teilen derselben einen eigentümlichen Charakter gibt, der sie von der eigentlichen supramarginalen und sonstigen parietalen Formation unterscheidet; und zwar gilt das sowohl bezüglich der Streifung als auch, zum Teil wenigstens, bezüglich der Zellgröße und Zellform der V. und auch der VI. Schicht; jedenfalls ist es leicht bei einem Vergleich der Tafeln LXXV und LXXVI mit der Tafel LXXII zu merken, daß da ein gegenseitiges Durchdringen der charakteristischen Bildungen des Parietal- und des Temporallappens Platz greift. Es nimmt die V. Schicht an Breite zu und auch die VI. Die Grenze gegen das Mark ist weniger scharf, die Streifung hat denselben Charakter wie im Temporallappen. Es ist auch darin, wie schon gesagt, wohl der Grund dafür zu erblicken, daß CAMPBELL den unteren Parietallappen mit dem Temporallappen (exklusive erster Temporalwindung) zu einer einzigen großen temporoparietalen Area zusammenfaßt. Andererseits haben wir bei Beschreibung der tiefer und weiter nach hinten liegenden Area PH (S. 587) speziell auf die Ähnlichkeit und auch auf den Zusammenhang dieses Gebietes wieder mit der Area PF (Area supramarginalis) aufmerksam gemacht; also trotz dieses unmittelbaren Zusammenhanges dringt andererseits mitten durch diese zwei Gebiete PF und PH der temporale Charakter der inneren Hauptschicht nach rückwärts und gibt dem Übergangsteil einen fremden temporalen Zug. Trotz unserer Bemühungen sind wir nicht imstande gewesen, hier in der temporooccipitalen Gegend volle Klarheit für dieses Verhalten und seine Abgrenzung zu schaffen; wie wir bei Besprechung der PH schon hervorgehoben haben, ist dieses Gebiet ein im Bau und auch besonders an Ausdehnung individuell sehr verschiedenes; wir können das hier nur nochmals betonen und von künftigen, ganz speziellen Untersuchungen der Zusammenhänge der Architektonik und des jeweiligen Windungsverlaufes in dieser Gegend Klarheit erhoffen.
Das die zweite und dritte Temporalwindung gewisse geringere architektonische Unterschiede untereinander aufweisen, die zur Teilung der Area TE in eine obere TE1 und eine untere TE2 Anlaß geben können, haben wir erwähnt. Es ist hauptsächlich die III. Schicht, die in den dorsalen Windungszügen großzelliger ist und eine deutlichere Streifung aufweist (s. S. 713). Von diesen regionären Variationen abgesehen wäre nur noch zu erwähnen, daß polarwärts die Zunahme der inneren Hauptschicht fortschreitet und daß nach und nach polarwärts die Streifung abnimmt und die IV. Schicht an Entwicklung verliert. Der Übergang in die Formation TG des Poles ist also ein allmählicher und man könnte den Übergangsteil als TEG bezeichnen.
Wir haben schon S. 691 angeführt, daß schon BETZ als erster, und nach ihm alle anderen Erforscher der Hirnrinde, die erste Temporalwindung und speziell deren dorsale Oberfläche dem Baue nach von den übrigen Temporalwindungen abzutrennen für gut fanden und daß auch wir diese Art der Einteilung für berechtigt halten. Es war auch schon BETZ, der zuerst hervorgehoben hat, daß die übrigen Temporalwindungen durch eine starke V Schicht und „kleine Zellen in der III. Schicht" ausgezeichnet wären. Was die V. Schicht anbelangt haben wir ja aus unseren Untersuchungen die Überzeugung gewonnen, daß BETZ vollkommen recht hatte.
718 Lobus temporalis.
HAMMARBERG hat weniger prägnant als BETZ das Typische der Temporalrinde hervorgehoben; auch er hebt als wichtig hervor, daß alle Zellen der III. und der V. Schicht auf T2 und T3 größer seien als auf T1, was unserer Ansicht nach nur insoweit richtig ist, als TA auf T1 in Betracht kommt.
CAMPBELL (Abb. 1 und 2) beschreibt die Temporalformation der zweiten und dritten Temporalwindung, die auch den vorderen und hinteren Teil der ersten Temporalwindung einnimmt (zum Unterschied der Formation, die das mittlere Drittel der ersten Temporalwindung einnimmt und die er entsprechend unserer TA beschrieben hat), als breite Rinde; in den tiefen Partien von III sind keine Riesenzellen, sondern bloß birnenförmige Zellen von 40/20 µ Größe, die alle in der ganzen III ziemlich gleich groß sind; IV ist schmäler und zellärmer als in der ersten Temporalwindung; V ist deutlich vorhanden, Zellen bloß 30/17 µ groß, nicht zahlreich. Aus dieser Beschreibung glauben wir entnehmen zu können, daß CAMPBELL hier wahrscheinlich Präparate der polaren Gegend, vor allem untersucht haben dürfte. Ebenso ist es hinwiederum wahrscheinlich, daß er, wenn er behauptet, im Temporallappen seien die Zellen der III. und der V. Schicht kleiner und zahlreicher als im Parietallappen, er wohl die parietotemporooccipitale Übergangsgegend vor Augen gehabt haben dürfte. Er gibt also Beispiele für die vorderste und hinterste Partie des Temporallappens, aber nicht für die eigentliche von uns als Regio temporalis propria bezeichnete große mittlere Partie.
VOGT (Journal Bd. 2) erwähnt ganz richtig, daß die V. Schicht der dritten Temporalwindung größere Pyramidenzellen beherberge als die der ersten Temporalwindung.
BRODMANN (Abb. 6 und 7), der sich in seiner Einteilung und Benennung an die ELLIOT SMITHs gehalten hat, unterscheidet außer der Area (Feld 22) der ersten Temporalwindung ein Feld 21 Area temporalis media (TE1, die wir auch ebenso wie SMITH benannt haben), und Feld 20, Area temporalis inferior (TE2, die wir ebenfalls nach SMITH so benannt haben). Leider hat BRODMANN keine nähere Beschreibung der Cytoarchitektonik hinterlassen. Für Affen sagt er (Journal f. Psychiatrie und Neurologie 1905), der Temporallappen sei ähnlich gebaut wie der Occipitallappen, nur sei die Rinde breiter und zellärmer; große Pyramidenzellen seien sehr spärlich, V sei breit und hell, VI sei scharf gegen das Mark abgegrenzt. Die Rinde von T2 sei breiter und großzelliger als die von T3. In T1 sei die IV. Schicht wieder schmäler als in T2. Man sieht aus dieser kurzen Beschreibung, daß die Ähnlichkeit mit der menschlichen Rinde nur eine recht geringe ist.
Markbild. ELLIOT SMITH (Abb. 3 und 4) verzeichnet in der Mitte der Längenausdehnung der drei Temporalwindungen die Area temporalis superior (unsere TA), die Area temporalis media auf T2 (unsere TE1) und die Area temporalis inferior auf T3 (unsere TE2). Auf den Abbildungen, die er gibt (Abb. 5), sieht man auf allen dreien (Nr. 19, 20, 26) zwei Baillargersche Streifen; am stärksten ausgeprägt und am breitesten sind sie auf der ersten Windung, auf der zweiten sind sie beide schwächer, auf der dritten sieht man bloß den oberen gut, der untere ist ganz schmächtig. Die Rinde der zweiten Temporalwindung ist die breiteste.
CAMPBELL gibt die Myeloarchitektonik der unteren zwei Temporalwindungen folgendermaßen wieder: sie werden zusehends ventralwärts von T1 gegen T3 lichter und markfaserärmer. Schon die Tangentialfaserschicht ist faserärmer; das superradiäre Geflecht ist außen wieder ganz hell (zum Unterschied von T1, s. S. 695), bloß in den inneren zwei Dritteln ist es sichtbar und es besteht hier aus feinsten Fasern; der Baillargersche Streifen ist sichtbar, doch ist er schmal und dünnfaserig; die Radiärbündel dringen durch den Baillargerschen Streifen durch bis in die III. Schicht; dicke Fasern fehlen vollkommen; die ganze Radiärzone ist blaß, weil das interradiäre Geflecht sehr faserarm ist. Denselben Typus, sagt CAMPBELL, zeigt auch der Gyrus angularis (vgl. hierzu, was wir S. 717 sagten).
Area temporalis media et inferior. 719
Ungefähr übereinstimmend mit dieser Beschreibung CAMPBELLs ist die von VOGT. Leider gibt derselbe bloß eine Abbildung vom Übergang von TA zu TE1 (also von Feld 22 zu Feld 21 BRODMANNs). Wir haben alles Diesbezügliche schon S. 695 erwähnt und verweisen auf die Abb. 151-155 sowohl als auf das dort Gesagte. Auffallend ist die Faserarmut dieser Partie im Vergleich zu TA selbst, die ganz bedeutend ist, besonders superradiäres und interradiäres Geflecht sind ganz faserarm; man sieht zwei Baillargers, doch sind sie licht; es ist auch kein Kaes-Bechterewscher Streifen vorhanden. Die Tangentialfaserschicht ist ziemlich dicht.
Nach FLECHSIG erhält unsere Regio temporalis propria (TE) sehr spät ihr Mark; es ist sein Feld 36, das er zu den Terminalgebieten zählt, die erst nach allen anderen ihr Mark entwickeln. Er rechnet es zu dem großen parietotemporalen Assoziationsfeld.
Wie eben erwähnt, zählt FLECHSIG sein Feld 36, das unserer Regio temporalis in seiner Übergrenzung ziemlich genau entspricht, zu dem großen parietotemporalen Assoziationsfeld, in welchem die Hör-, Seh- und Tasteindrücke verarbeitet werden. Hier erfolgt angeblich die Formierung des Gedankeninhalts, kurz das, was man „Geist" nennt. FLECHSIG behauptet daß diese Assoziationszentren kein Projektionsfasersystem enthalten. Nun ist aber nach MONAKOW (s. Abb. 86) gerade hier in unserer Zone TE auf der zweiten und dritten Temporalwindung der Ursprung der corticofugalen temporalen Brückenbahn. Die starke Entwicklung der V. und VI. Schicht läßt auch wirklich daran denken, daß hier der Ursprung von wichtigen corticofugalen Bahnen sein könnte. Man könnte sich, da doch die corticopontinen Bahnen schließlich eine Verbindung zum Kleinhirn darstellen, danach fahnden, ob nicht hier (im mittleren Temporallappen, in TE) eine corticale Repräsentation gewisser vestibulärer Eindrücke vorhanden sein könnte. GOLDSTEIN verzeichnet ataktische Störungen bei Läsionen dieser Gegend (s. Abb. 98, 99); ebenso sollen Augenbewegungen von hier ausgelöst werden, doch ist über motorische Effekte bei Reizung dieser Gegend beim Menschen bisher nichts bekannt. - FLECHSIG bestreitet den Ursprung der temporalen Brückenbahn aus dieser Gegend und läßt sie in T1 entspringen. Vielleicht ist es aber richtig, hier daran zu erinnern, daß ein (ventraler) Teil des ebenfalls von FLECHSIG als Assoziationsfeld bezeichneten Gyrus angularis Gebietes nach MONAKOW ebenfalls der Ursprung von Projektionsbahnen sein soll, und zwar der parietalen Brückenbahn. Sollte es sich hier etwa um FLECHSIGs Subangularis-feld 12 (Abb. 90) handeln? Jedenfalls haben diese beiden Gebiete das von TE und dieser Teil von PG die gute Entwicklung der V. und VI. Schicht gemeinsam, die von der schlechten Entwicklung dieser beiden Projektionsschichten in der ganzen übrigen Umgebung (PF, TA, PH, OA usw.) absticht. Es ist auch richtig, hier speziell nochmals hervorzuheben, daß, während wir für den Gyrus supramarginalis und den peripheren Teil des Gyrus angularis den Rindentypus 3 als cytoarchitektonischen Bautypus, und merkwürdigerweise diesen Bautypus auch in der frontopolaren Gegend fanden, die ebenfalls als Assoziationszentrum von FLECHSIG bezeichnet wird, dieses temporale Flechsigsche sog. Assoziationszentrum, welches unserem Areal TE entspricht, einen ganz anderen Rindentypus nämlich 1 (2) aufweist, der eher dem motorischen Typus sich nähert. Man sieht, daß hier Myelogenie und Cytoarchitektonik ganz verschiedene Resultate liefern. -In die hinteren Teile der zweiten linken Temporalwindung ist (von HENSCHEN) das Wortsinnzentrum verlegt worden; die Pathologie verzeichnet sonst bei Läsionen der hinteren Teile der linken zweiten und dritten Temporalwindung einen Verlust des Namensgedächtnisses, auch wohl andere amnestisch-aphasische Störungen (Abb. 98). Läsionen der rechten Seite schienen ohne besondere Lokalsymptome zu verlaufen.
Zuletzt möchten wir hier noch erwähnen, daß ANGLADE in dieser Gegend (dem mittleren Temporallappen) ein Zentrum der Affektivität erblickt, und zwar wegen der bei Aphasien mit Logorrhöe einhergehenden Euphorie, ein Zentrum der Manie (im Frontallappen soll ein Zentrum [?] für die melancholischen Vorgänge liegen; s. S. 364). TAKASE hat in letzter Zeit bei manisch-depressivem Irresein neben starken Veränderungen im Frontalpol auch solche in dieser mittleren Temporalgegend gefunden, und MARBURG meint mit Rücksicht auf die von hier zum Kleinhirn ziehenden temporopontinen Projektionsbündel daß tatsächlich der Körper- und Gefühlstonus und somit auch die Affektivität von dieser Gegend (ebenso wie von der frontopolaren aus, wo die frontopontinen Bündel entspringen) beeinflusst werden kann.
720 Lobus temporalis.
Als Regio fusiformis (Abb. 96, 97 mittelblau) bezeichnen wir das Gebiet zwischen der dritten Temporalfurche (Sulcus temporalis inferior) und der Fissura collateralis (Sulcus occipitotemporalis), soweit als es sich auf dem Gyrus oder Lobulus fusiformis ausdehnt rückwärts ist es von der Area parietalis occipitotemporalis PH und vorn von der Area temporopolaris begrenzt. In frontal-caudaler Ausdehnung ist das Gebiet also ebenso lang ungefähr als die Regio temporalis propria; während aber letztere, was die Breite anlangt, sich über die zwei unteren Temporalwindungen verbreitert, umfaßt die Regio fusiformis nur den einen Windungszug des Gyrus fusiformis an der basalmedianen Hirnfläche. Jedoch findet sie nicht ihr Ende im Grunde des Sulcus occipitotemporalis, sondern es gehört gewöhnlich zu ihr noch die dorsale obere Wand dieser Fissur, an deren oberem Rand meist erst das Rhinencephalon mit seinen heterotypischen Bildungen beginnt. Die Regio fusiformis umfaßt zwei Rindenformationen: die Area fusiformis TF, welche sich auf dem Gyrus fusiformis ausbreitet und dann die Area temporohippocampica TH, welche im Sulcus occipitotemporalis als streifenförmige Area von vorn nach hinten zieht (Abb. 92-95). Beide sind homotypisch sechsschichtige Bildungen, die ohne scharfe Grenze ineinander und an ihrem hinteren und vorderen Ende in die benachbarten Areae PH resp. TG übergehen.
Wir haben schon verschiedentlich die Gelegenheit wahrgenommen, bei Besprechung der Temporalbildungen im allgemeinen (S. 659, 660) sowie bei Besprechung der Area parietalis basalis PH darauf aufmerksam zu machen, daß sowohl die erste Temporalwindung, als ganz besonders die Rinde des Gyrus fusiformis deutliche Anklänge in ihrer Architektonik an die unteren Parietalformationen zeigen, bezüglich des Baues ihrer Schichten. Sie weisen den Rindentypus 3 auf (Abb. 88 und 4. Kap., S. 188). Was die Area fusiformis betrifft, so könnte dieselbe füglich als eine lokale Variante der Area PH (also des unteren Parietallappens) gelten und wenn wir dies in der systematischen Einteilung nicht folgerichtig auch so durchgeführt haben, so kommt dies daher, daß sie bei der anatomischen Exploration doch immer im Zusammenhang mit den übrigen temporalen Formationen durchgesehen wird, also auch aus praktischen Gründen besser gleichzeitig mit diesen mitbehandelt wird; andererseits trägt sie ja auch wirklich einzelne temporale Züge zur Schau, wie z. B. die Bildung der IV. Schicht, die es wieder gewissermaßen berechtigt erscheinen lassen, sie zu den temporalen Bildungen zu zählen.
Die andere Area dieser Region, die Area temporohippocampica TH ist keineswegs eine „Übergangsbildung" zwischen Riechhirnformation und Temporalhirn; ihre Benennung ist bloß als lokale Bezeichnung aufzufassen; sie ist vielleicht auch keine eigene Area für sich, sondern eine Fortsetzung und lokale Variante der Area temporopolaris TG, die sich als Wandbildung in dem Sulcus occipitotemporalis als homotypische Grenzarea gegen das Riechhirn in dieser Fissur weit nach hinten erstreckt.
Nach diesen Auseinandersetzungen, die eigentlich zeigen, daß wir mehr aus äußerlich praktischen Gründen als aus wesentlich architektonischen dieser Region eine eigene Stellung einräumen, wollen wir die Einzelheiten derselben besprechen.
Makroskopisch imponiert die Rinde des Lobus fusiformis als breite Rinde, die auch an den Wänden des keulenförmigen Querschnittes des Gyrus nicht sehr an Breite abnimmt. Die Breite schwankt zwischen 2.9 und 3.1 mm (Abb. 26-29). Am gefärbten Schnitte (Abb. 116, Nr. 14) erscheint makroskopisch betrachtet, die Rinde in ihrer oberen Hälfte licht, während die untere recht dunkel ist, besonders an der Grenze gegen die obere; die untere Hälfte hat den einen etwas lichteren Streifen in sich, zum Unterschied der temporalen Rinde (TE), die in der Mitte einen breiten dunklen Gürtel hat, und der temporopolaren TG, die von der Mitte nach innen zunehmend dunkler wird. Da diese drei Typen aneinander grenzen, ist ein Vergleich recht leicht möglich und lehrreich.
Area fusiformis. 721
Mikroskopisch fällt zunächst auf die Ähnlichkeit mit den unteren Scheitellappenformationen (Rindentypus 3), die in der vorzüglichen horizontalen Schichtung der breiten Rinde zum Ausdruck kommt. II und IV sind deutlich; III ist im ganzen noch recht zellreich und entbehrt großer Zellen, ist also im ganzen mittel-kleinzellig; V und VI sind ebenfalls zellreich. Eine leichte senkrechte Streifung ist besonders in III bemerkbar. Man vergleiche hierzu besonders Tafel XCVI, die die Area fusiformis darstellt, mit den Tafeln LXXIX und LXXX, die die PHT und PHO darstellt, um die Ähnlichkeit und auch die Unterschiede der angrenzenden Rindenteile zu sehen. Der Unterschied gegenüber der parietotemporooccipitalen Bildung ist der, daß die II. und III. Schicht in TF doch sichtlich lockerer und zellärmer sind, daß die Streifung in der III. Schicht doch nicht so deutlich ist, sondern sich mehr auf eine freie, senkrechte Übereinanderreihung der Zellen beschränkt. Auch IV ist lockerer, mehr zerklüftet, oft zu senkrechten Säulchen gespalten. V und VI sind dagegen zellreich und großzelliger als in PH, besonders V zeigt schöne mittelgroße Pyramidenzellen, was in PH eigentlich nicht der Fall ist, und V ist im ganzen etwas lichter, wenigstens so, daß es zum Unterschied von PH doch als eigene Schicht von VI zu trennen ist, während doch in PH V und VI beinahe zu einer Schicht verschmelzen. V und VI sind ungestreift wie in PHO, erst rückwärts in der Nähe von PH, wo die Wände eine Streifung aufzuweisen beginnen, nahe bei der Occipitalregion, findet man auch in TF in der Windungswand die Andeutung breiter Zellsockel der VI. Schicht als Zeichen der Annäherung an den Occipitallappen.
Gegenüber der temporalen Formation TE fällt hier vor allem wieder auf die relative Zunahme der III. Schicht und die Aufhellung der V. Schicht; ferner fehlt hier die Mächtigkeit und Großzelligkeit und die Streifung der V. und VI. Schicht.
Gegenüber der temporopolaren Formation TG fällt auf, daß die spezielle Zellarmut der III. Schicht der TG hier nicht vorhanden ist, dafür die vertikale, allgemeine Streifung hier in TF doch noch ziemlich deutlich ist (Abb. 45, 46), dagegen in TG fehlt. Die mächtige Entwicklung der V. und VI. Schicht von TG fehlt hier auch, sowie der Zellreichtum dieser Schicht, der schon makroskopisch in TG eine dunklere Färbung der VI. Schicht besonders bedingt. Ferner ist die Aufhellung der V. Schicht ein Kennzeichen gegenüber TG und auch gegenüber TH, das dem letzteren, wie gesagt, etwas ähnlich sieht.
So unterscheidet sich doch die Formation der Area fusiformis ziemlich ausgesprochen von allen sie unmittelbar umgebenden übrigen Areae in ihrem Zellaufbau, geht jedoch ohne jähe Änderung in dieselben über.
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
Gesamtdicke am Culmen 2.94 mm | |||||||
0.26 | 0.20 | 1.04 | 0.20 | 0.50 | 0.48 | 0.26 | mm |
Relativ: | |||||||
0.09 | 0.07 | 0.38 | 0.07 | 0.20 | 0.19 | äH:iH = 54:46 | |
Wand: Gesamtbreite 2.5 mm | |||||||
0.24 | 0.20 | 0.64 | 0.20 | 0.56 | 0.40 | 0.24 | mm |
Relativ: | |||||||
0.10 | 0.09 | 0.29 | 0.09 | 0.25 | 0.18 | äH:iH = 48:52 |
In den Kuppenzahlen fallen im Vergleich zu den benachbarten Formationen der TE die kolossal hohen relativen Zahlen der III. Schicht auf, die ein bedeutendes Überwiegen der äußeren Hauptschicht über die innere bedingen. Ferner ist die Schmalheit der V. und VI. auffallend. Dagegen macht sich in den Wänden einerseits die Nähe der TE, andererseits die der TG bemerkbar, die beide schmale III Schichten haben und wieder eine Zunahme der inneren Schichten aufweisen.
722 Lobus temporalis.
I. Die Molekularschicht zeigt eine gute Durchschnittsbreite, ca. 0.26 mm. Sie ist nicht sehr kernreich; die oberflächlichen Partien sind etwas kernreicher als die tieferen. Durchschnittlich rechnen wir ca. 40 Kerne pro 0.1 mm3, davon sind ca. 8 Nervenzellen von ca. 8-10 / 8-10 µ, also relativ ziemlich groß. Die untere Grenze der I. Schicht ist nicht genau anzugeben, da die Zellen der II. Schicht oft in unregelmäßigen Büscheln hereinreichen in die I.
II. Die äußere Körnerschicht ist mit 0.20 mm von mittlerer Breite; im Verhältnis zu der II. der beiden Temporalwindungen T2 und T3 ist sie breit. Auch hier jedoch ist sie sehr ungleichmäßig in ihrer Dichtigkeit; es wechseln zellreiche und zellarme Flecken miteinander ab (Tafel XCVI, Höhe 32.5 / Breite 32.5); die obere Grenze ist sehr unregelmäßig, erscheint aufgesplittert oder oft pinselförmig und ausgefranst, also ähnlich wie auf T2 und T3. Die Grenze nach unten ist sehr verschwommen, da in die obersten Partien von III Körnerzellen hineinreichen, und andererseits auch in II kleine Pyramidenzellen ziemlich zahlreich vorkommen. Man zählt hier ca. 100 Zellen pro 0.1 mm3, von diesen sind nahe der Oberfläche sehr viele Körnerzellen von 5-6 / 5-6 µ, dann kleinste dreieckige Zellen von 8/7 µ und auch kleine Pyramidenzellen bis zu 10-15 / 10 µ. Diese verschiedenen Zellen liegen ziemlich regellos durcheinander und man sieht recht oft auch kleine Pyramidenzellen an der Grenze von I und II.
III. Die Pyramidenzellschicht ist recht breit und ziemlich zellreich; sie zeigt die Andeutung einer vertikalen Streifung. Die ganze III Schicht ist nicht zellgroß. Von den obersten Lagen von III bis zu den untersten ist die Zellgrößenzunahme eine sehr allmähliche und sehr geringe, so daß man kaum eine Unterscheidung von Unterschichten vornehmen kann; große Zellen gibt es überhaupt nicht; die Zellen überschreiten nicht die Maße mittlerer Größen, so daß man nicht von einer IIIc-Schicht sprechen kann. Auch eine Unterscheidung einer IIIa- von einer IIIb-Schicht ist recht willkürlich. Die Dichtigkeit ist auch im großen ganzen ziemlich gleichförmig; man kann der größeren Übersichtlichkeit zuliebe sagen, daß in der oberen Hälfte der III die Zellen kleineren Kalibers in der Mehrzahl sind (IIIa), während in der unteren Hälfte ein etwas stärkeres Kaliber häufig neben dem kleineren Kaliber vorkommt. Die Zellen sind oft zu einzelligen senkrechten Zügen geordnet; diese Züge nehmen von der unteren Grenze an ihren Ursprung, aber nur wenige ziehen über die Mitte oder gar über die unteren zwei Drittel der III. Schicht hinaus, so daß man den Eindruck erhält, daß die Andeutung der Streifung bloß bis ungefähr zur Mitte der III. Schicht reicht.
In IIIa zählt man nahe an der II. Schicht ca. 50 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind ca. 15 von der Größe 10-15 / 8 µ, die übrigen meist bis 10/8 µ und wenige bis zu 5/5 µ. Von den Zellen der IIIa hat ungefähr jede sechste bis zehnte einen sichtbaren Trabantzellkern.
In IIIb zählt man in den oberen Partien ca. 40 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind 22 ungefähr von 15-20 / 10-12 µ Größe, die übrigen alle viel kleiner, von 10/8 µ bis herab zu 5/5 µ. In den tiefsten Lagen von IIIb an der IV. Schicht, zählt man ca. 38 Zellen pro 0.1 mm3; davon sind ungefähr acht größere Pyramidenzellen von 20-30 / 10-18 µ Größe, ungefähr zwölf kleine von 15-18 / 10 µ und die übrigen 18 von ca. 10/8 µ und darunter bis 5/5 µ. Von den mittelgroßen Zellen der IIIb hat ungefähr jede vierte bis sechste einen sichtbaren Trabantzellkern. Von den größeren Zellen hat jede ihre Trabantzelle.
Area fusiformis. 723
Wir sehen, daß III. nur wenige größere Zellen enthält. Kleine und mittlere Kaliber bilden die Hauptmasse, die zu einer mittleren Durchschnittsgröße neigen. Daneben kommen in allen Lagen von III kleinste Zellen vor, auch meist von dreieckiger Form; am zahlreichsten sind letztere in den obersten und in den tiefsten Lagen. Ob es sich hier vielleicht um von II oder auch von IV dislozierte Zellen handelt, vermag man nicht zu sagen.
IV. Die innere Körnerschicht ist eher schmal, 0.20 mm, und als relative Zahl erreicht sie mit ihren 7% der Gesamtrindenbreite nicht einmal den Durchschnitt. Sie ist sehr unregelmäßig geformt; ungleichmäßig dicht; zellreiche Haufen und zellfreie Flecken wechseln miteinander ab (Tafel XCVI, Höhe 19 / Breite 31.5 cm ); dazwischen sieht man wieder zahlreiche kleine Zellsäulen (Höhe 22 / Breite 10 cm) oder einzellige Zellzüge aus Körnerzellen (Höhe 20.5 / Breite 19.5 cm) . Dadurch erhält die IV. Schicht im Verhältnis zur IV. Schicht der PH ein sehr ungeordnetes Aussehen; sie sieht aber sehr ähnlich der IV. Schicht von T2 und T3, die auch nicht sehr geordnet ist, und unterscheidet sich wieder durch ihre doch immerhin sichtbaren Zellsäulen und zellfreien Streifen genügend gut von der IV. Schicht von TG, um noch den richtigen temporalen Charakter zu verraten. Die Zelldichte ist gering. Man zählt pro 0.1 mm3 zwischen 75 und 125 Zellen, je nachdem zellarme oder zellreiche Streifen vorhanden sind, also durchschnittlich bloß 100 Zellen: davon ist ungefähr die Hälfte von 4-6 / 4-6 µ und die andere Hälfte von 6-8 / 6-8 µ; die größeren Zellen sind in den tieferen Partien in der Mehrzahl, die kleineren in der oberen.
Die Grenzen der IV. Schicht sind sehr undeutlich, sowohl nach oben als nach unten. Nach oben sprudeln ihre Zellen vielfach in die ohnehin viele kleinste Zellen führende tiefste Lage der III. Schicht; nach abwärts ist die Abgrenzung gegen V recht schwer, weil die größten Zellen von IV und die oberste Lage kleiner Zellen von Va sich nicht sehr voneinander unterscheiden.
V. Die ganglionäre Schicht ist von guter absoluter (0.50 mm) und relativer (20%) Durchschnittsbreite. Im Vergleich zur V. Schicht der TE ist sie natürlich schmächtig. Die Zellen sind relativ groß, d. h. es sind viele Zellen von mittlerer Größe und schöner Pyramidenform, zum Unterschied der V. Schicht von PH und OA, die rückwärts benachbart sind. In TF bilden mittelgroße Pyramidenzellen (kleines Kaliber) die Hauptmasse der Zellen, während dort nur kleine Zellen in V vorhanden sind, so daß V dort kleinzelliger als VI ist. Hier ist zwar VI auch etwas großzelliger, aber V bleibt nicht weit darunter mit seiner Zellgröße. Man kann hier vielfach an V eine dichte Lage kleinerer dreieckiger Zellen direkt unter IV bemerken, und diese Lage Va benennen; darunter ist eine zwei- bis dreimal so breite lichte und großzelligere Lage Vb. In Va zählt man pro 0.1 mm3 ca. 50 Zellen von 10/10 bis 15/15 µ Größe von dreieckiger Form. Die Va ist ca. 0.14 mm breit. Die Zellen liegen zu Häufchen vereint und bei jedem Häufchen ist einer oder mehrere Trabantzellkerne zu sehen. In Vb zählt man pro 0.1 mm3 ca. 35-40 Zellen, von denen ungefähr zwölf die Größe von 25-30 / 18-20 µ erreichen, die übrigen bloß 15/8 µ und weniger, bis zu 8/7 µ. Die größeren Zellen haben jede ihre Trabantzelle, von den kleineren nur jede vierte bis sechste.
Stellenweise, besonders in der Wand, ist in V, besonders in den caudaleren Partien der Area, eine senkrechte Streifung andeutungsweise zu sehen. Weiter frontal sind die Zellen der V im allgemeinen etwas größer als caudal.
Die hellere Färbung von Vb unterscheidet TF recht deutlich von allen umgebenden Areae, die dieses Zeichen nicht besitzen.
Die Grenze nach oben zwischen Va und IV ist schwer zu ziehen, die gegen VI läßt sich recht genau nach Zellform und Zelldichtigkeit angeben.
724 Lobus temporalis.
VI. Die Spindelzellenschicht ist recht deutlich, sie hebt sich durch ihre Dichtigkeit von der helleren V. Schicht sehr gut ab; von der VI. Schicht der angrenzenden TE ist sie durch ihre geringere Breite unterschieden, denn während in TE die Breite ungefähr 1.35 mm ausmacht und mehr, beträgt sie hier nur wenig über die Hälfte, nämlich ca. 0.75 mm. Man kann auch hier eine zelldichtere VIa von einer zellockeren VIb-Schicht unterscheiden. Die Zellen sind Spindelzellen von guter Größe, die etwas breiter sind als gewöhnlich und nicht so genau radiär orientiert, wodurch vielfach der Eindruck der dreieckigen Form hervorgerufen wird. In VIa zählt man ca. 28 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die meisten 20-30 / 18-20 µ Größe haben. Die Zellen liegen zu kleinen Häufchen von 1/2-1 Dutzend zusammen. Sie haben beinahe jede eine Trabantzelle. In VIb zählt man 15 Zellen pro 0.1 mm3 von 10-12 / 10-12 µ Größe und Spindelform, von denen ebenfalls jede oder jede zweite eine Trabantzelle hat. Eine radiäre Streifung ist hier eigentlich nicht zu sehen, nur im Kuppenwinkel ist sie angedeutet. Die Grenze gegen das Mark ist viel schärfer als im Gebiete der Area TE, und versprengte Spindelzellen im Mark sieht man im Kuppenwinkel häufig, sonst nicht.
Die Area fusiformis hat also eine granuläre, gut horizontal geschichtete homotypische Formation, welche gegenüber der polaren und den übrigen umgebenden Formationen durch eine Andeutung radiärer Streifung in III und durch die Bildung von senkrechten Zellsäulen in IV ihren temporalen Charakter aufweist, gegenüber den Formationen der zwei letzten Temporalwindungen aber, durch den Zellreichtum von III und die Einförmigkeit der Bevölkerung dieser Schicht mit mittelgroßen Zellen, ferner durch die geringe Entwicklung von V und VI, einen parietalen Charakter des Rindentypus 3 (Abb. 88, 89) zur Schau trägt, der sie sehr ähnlich macht der Area PH, an die sie rückwärts grenzt und von welch letzterer sie sich wieder durch die Aufhellung in V und die doch auch schon zunehmende Zellgröße der V. Schicht unterscheidet. Wenn man an einer Serie von vorn (polar) kommend bei mikroskopischer Durchsuchung der Präparate in das Gebiet von TF gelangt, so merkt man dies außer an der Andeutung radiärer Streifung (Abb. 45, 46) und an der Säulenstellung der Zellen der inneren Körnerschicht und der Breite dieser letzteren auch an der Abnahme der V. und VI. Schicht. Kommt man temporalwärts her zur TF, d. h. von der lateralen Konvexitätsoberfläche, so merkt man, daß man das Gebiet der Area fusiformis betritt an der Verschmälerung der Rinde, an der geringeren Ausprägung der radiären Streifung insbesondere in der inneren Hauptschicht, an der Kleinheit und Gleichmäßigkeit der Zellen der äußeren Hauptschicht, an der Schmalheit von V und VI und ihre relative Kleinzelligkeit, am Hellerwerden der V. Schicht. Kommt man jedoch aus der Occipitalgegend und aus PH das Gebiet TF, so fällt gerade die relativ verhältnismäßig auffallendere Zellgröße von V auf; ebenso die schöne Zellenbildung der VI. Schicht, die Rindenbreite, die relative (!) Zellarmut auf, die ebenfalls geringere radiäre Streifung. Die TF hat also gewisse Ähnlichkeit mit allen sie umgebenden Formationen und daher wieder Unterschiede gegen jede einzelne, ohne ein eigenes ganz spezifisches Erkennungsmerkmal zu besitzen.
Zusammenfassend läßt sich sagen:
I. 0.26 mm, ist von guter Breite, nicht kernreich, hat 8 Nervenzellen pro 0.1 mm3 von 8-10 / 8-10 µ, also guter Größe.
II. 0.20 mm, ist eher schmal, nicht zellreich, sehr ungleichmäßig dicht und sehr ungleichmäßig begrenzt, hat bloß ca. 100 Zellen pro 0.1 mm3 von sehr verschiedener Größe, meist Pyramidenform, 5-6-10 / 5-8-10 µ.
III. 1.00 mm, ist sehr breit an der Kuppe; eher zellreich, zellklein ohne große Zellen, man kann nicht gut verschiedene Zellenlagen unterscheiden, sondern das Ganze ist ziemlich gleichmäßig von kleinen und mittelgroßen Zellen bevölkert; ca. 40-50 Zellen pro 0.1 mm3 von 10-15-20 / 8-10-15 µ Größe, in der Tiefe ganz vereinzelte mittelgroße stärkeren Kalibers, bis zu 30/18 µ. Andeutung radiärer Stellung.
Area fusiformis. 725
IV. 0.20 mm, schmal, sehr ungleichmäßig dicht, Zellhaufen und Zellücken und senkrechte Zellsäulen; 100 Zellen pro 0.1 mm3, meist Körner- und dreieckige Zellen von 4-8 / 4-8 µ.
V. 0.50 mm, mittelbreit. Schmale Va-Lage unter IV zelldicht und zellklein. Darunter breiter Vb mit ca. 35 Zellen pro 0.1 mm3; mittelgroße Pyramidenzellen bis zu 30/20 µ; ohne radiäre Streifung.
VI. 0.74 mm, mittelbreit. VIa ca. 28 größere Spindelzellen pro 0.1 mm3 von 20-30 / 18-20 µ und VIb mit lockerer Begrenzung gegen das Mark, aber immerhin besser als in den Temporalwindungen.
Derart gebaut bedeckt die Area fusiformis die ganze größere mittlere Partie des Gyrus oder Lobulus fusiformis ungefähr von der Tiefe der 3. Temporalfurche angefangen, die Unterwand und Kuppe desselben überziehend und sich in den Sulcus occipitotemporalis (Fissura collateralis) wieder senkend, um auch den größeren Teil der oberen (dorsalen inneren) Wand des Lobus fusiformis zu überziehen; vor Erreichung des Grundes der Fissur jedoch geht sie in die Area TH über.
Nach vorn polarwärts geht sie allmählich unter Verlust ihrer radiären Streifung, Verschmälerung von III und IV und Verbreiterung von V und VI in die Area temporopolaris über. Die hintere Begrenzung der Area temporopolaris TG bildet einen nach hinten konkaven Bogen, der ungefähr der hinteren Begrenzung, der die drei Temporalwindungen miteinander und mit dem Gyrus hippocampi verbindenden polaren Bandwindung entspricht. In diesen Bogen reicht auch mit der Area temporalis inferior die Area fusiformis hinein und geht hier in die Area temporopolaris allmählich über. Nach rückwärts grenzt die Area TF an die Area PH, welche den hintersten Teil des Lobus fusiformis überzieht; bei der Ähnlichkeit dieser beiden Areae, die beide den Typus 3 aufweisen, läßt sich eine genaue Abgrenzung gegeneinander nicht durchführen, da die Entwicklung von V der einzige Unterschied ist. Es hat uns auch den Eindruck gemacht, als ob bei einzelnen Gehirnen die mittelgroßen, schön geformten Pyramidenzellen der V. Schicht, welche TF charakterisieren, viel weiter caudalwärts reichen würden, so daß man in diesen Fällen, wenn man den Begriff der „Area" konsequent durchhalten wollte, sagen müßte, daß die Area fusiformis die Area parietalis temporooccipitalis verdrängt und selbst direkt an die Area peristriata (OA) des Lobus lingualis angrenzt. Auf den retrolimbischen Übergangswindungen zieht diese Grenze in die Tiefe, und hier ist auch die Grenze zu den limbischen Formationen, doch drängt sich hier der vorderste Ausläufer der occipitalen Formationen im Tale des Sulcus dazwischen.
Daß die Area fusiformis sich ohne scharfe Grenze nach allen Seiten hin in die sie umgebenden Areae verliert, haben wir schon wiederholt erwähnt; daß sich daraus geringe regionäre Verschiedenheiten der Architektonik der Area ergeben, ist nur zu natürlich und bedarf keiner näheren Besprechung.
726 Lobus temporalis.
Der Lobus fusiformis ist, wie es scheint, bisher bei den rindenarchitektonischen Untersuchungen meist übersehen worden. BETZ scheint zwar den hintersten Teil desselben, der zum Occipitallappen gehört, untersucht zu haben und schreibt ihm einen ähnlichen Bau zu wie dem Cuneus und dem Occipitalpol, womit er wohl die Formation meint, die wir mit OA (Area peristriata) bezeichnet haben, und darin hat er wohl recht, weil die hintersten Teile desselben tatsächlich von dieser Area und der ihr sehr ähnlichen PH(O) überzogen ist; den vorderen Teil des Lobus fusiformis beschreibt sonst niemand. CAMPBELL (Abb. 1 und 2) rechnet ihn einfach zu seiner großen temporoparietalen Area, womit er von seinem Standpunkte aus recht haben mag (Rindentypus 3!); die Ähnlichkeit, die die Area TF bei eingehendem Studium mit diesen beiden Gebieten, dem parietalen und dem temporalen, aufweist, ist tatsächlich eine sehr große, wie aus unseren Untersuchungen hervorgeht. BRODMANNs Beschreibung dieser Gegend (Abb. 6 und 7) aber ist unzutreffend und stimmt auch nicht ganz mit dem Schema, das er gibt, so daß man nicht ins klare über seine eigene Anschauung kommen kann. Nach innen von der Area temporalis inferior (Feld 20) (die E. SMITHs und unserer gleichnamigen Area TE2 auf dem Gyrus temporalis tertius entspricht) folgt auf seinem Schema (Abb. 7) die Area (36) ectorhinalis, welche nach seiner Angabe im Text heterotypisch gebaut sein soll und welche nach diesem Schema den ganzen Gyrus fusiformis bekleidet. Unsere Tafel CXII zeigt nun, daß diese Angabe nicht richtig ist, denn der ganze Gyrus fusiformis und sogar die untere Wand und Windungskante des Gyrus hippocampi sind bis zum Pfeil 2 noch von homotypischen sechsschichtigen, durch nichts Besonderes vom gewöhnlichen Typus abstechenden Formationen überdeckt. In der kurzen Beschreibung, die er im Text gibt, beschreibt er aber die Area als schmale, bandförmige Zone, was also auch nicht dem Bilde seines eigenen Schemas (Abb. 7) entspricht, wo sie wieder den ganzen Lobus fusiformis bekleidet. Diese Charakterisierung derselben als heterotypische und bandförmige Zone deutet mit größter Wahrscheinlichkeit darauf, daß die Area ectorhinalis (36) BRODMANNs mit unserer Area TF nicht zu homologisieren ist, evtl. könnte sie, wie wir noch sehen werden, der Area THa entsprechen, und wir wollen auch noch bei Besprechung der Areae des Lobus limbicus inferior eingehender noch darauf zurückkommen, wie weit BRODMANNs und unsere Befunde hier auseinandergehen. Man muß somit annehmen, daß die besondere Architektonik des eigentlichen Lobus fusiformis, die Area TF, auch BRODMANN entgangen ist. Ebenso ist, was das Markbild anbelangt, der Lobus fusiformis bisher stiefmütterlich behandelt worden. Auch ELLIOT SMITH (Abb. 3 und 4) verzeichnet nach innen seiner Area temporalis inferior bloß die Area temporopolaris und die ihr ähnlich gebaute Area paradentalis, die zum Teil mit unserer TH, zum Teil (letztere) mit unserer Area rhinalis limitans HC identisch sein mögen, aber der Gyrus fusiformis ist einfach auch bei ihm ausgefallen. Die betreffenden Untersuchungen des Markbildes fehlen also noch. Auch bei VOGT haben wir nichts darüber gefunden. Nur FLECHSIG verzeichnet dieses Gebiet ebenfalls als ein eigenes, und zwar als intermediäres Randzonengebiet 23, das erst im Laufe des ersten Lebensmonats sein Mark erhält, und das er somit von den temporalen Assoziationssphären der zweiten und dritten Temporalwindung trennt, dagegen in nähere Beziehung zu den Zonen 14, 17 und 20 bringt, die unseren Zonen TA, PH und OA entsprechen. Auch wir haben zwischen diesen eine gewisse cytoarchitektonische Ähnlichkeit konstatiert (Rindentypus 3), sogar auch mit unserer PF, der Area supramarginalis, die ungefähr seiner Intermediärzone 19 entspricht. Hier haben wir also wieder eine auffallende Übereinstimmung zwischen den Resultaten der Myelogenie und der Cytoarchitektonik, deren Bedeutung wir zwar noch nicht verstehen, die aber wohl höchstwahrscheinlich doch in einer Wesensverwandtschaft dieser Gebiete ihre Ursache haben dürfte.
Auch betreffs der Funktion, die dieser Gegend zukommt, gehen unsere Kenntnisse eigentlich über Vermutungen nicht hinaus. Die Pathologie gibt auf diese Frage keine eindeutige Antwort. Man hat den Gyrus fusiformis mit dem Gesichtssinn in irgendeine Verbindung bringen wollen und hat bald das Orientierungsvermögen und bald den Farbensinn hier lokalisieren zu können geglaubt. Sogar den Sitz des Hunger- und Durstgefühles haben manche in den vorderen Teilen desselben gesucht (Abb. 99).
Die Wände der Fissura collateralis (= S. occipitotemporalis, ot auf Abb. 22), d. h. also die tiefere Hälfte der oberen Wand des Gyrus fusiformis und die untere Wand des Gyrus hippocampi sowie der ventrale Teil der Kuppe des caudalen Abschnittes des Gyrus hippocampi Hi sind auch noch von einer Rinde von gewöhnlichem homotypischen, sechsschichtigen Typus überzogen. (S. Tafel CXII, Pfeil ↓ 1 bis Pfeil ↓ 2 (2 ↓ 3) sowie Schema Abb. 93). Sie unterscheidet sich etwas von der Rinde des Lobus fusiformis und hat eine ausgesprochene Ähnlichkeit mit dem Typus der Area temporopolaris TG, die wir gleich kennenlernen werden, so daß wir selbst nicht ganz überzeugt sind von der Berechtigung, diese Formation, welche beinahe bloß als eine Wandformation in den Wänden des Sulcus occipitotemporalis auftritt, als eine eigene Area anzuführen und ob dieselbe nicht vielleicht eher als eine Fortsetzung der temporopolaren Formation TG nach hinten anzusehen wäre. Doch erstreckt sie sich ziemlich weit weg von dieser polaren Formation in der Tiefe nach rückwärts, so daß es auch etwas Mißliches hat, eine solche lange, zungenförmige Ausdehnung der temporopolaren Formation anzunehmen; außerdem stimmt sie nicht in allen Eigenheiten mit der letzteren, und sie hängt vor allem auch nicht notwendigerweise immer mit der TG kontinuierlich zusammen, wie man am Schema Abb. 93 sehen kann, wo sie bei den Buchstaben HC voneinander getrennt sein können durch den Gyrus temporolimbicus posterior (Abb. 22 g. tl. p.). So ziehen wir es also bis auf weiteres vor, sie hier als eigene Area anzuführen; zum Teil tun wir dies auch, weil sie, auf dem Gyrus hippocampi selbst gelegen, die einzige homotypische Rindenpartie desselben darstellt und als solche morphologisch ein gewisses Interesse und eine gewisse Sonderstellung verdient, als Saum gegen die Bildungen des Riechhirns, an dessen Grenze sie selbst auch heterotypisch wird als THa.
Area temporohippocampica. 727
Makroskopisch fällt es ohne weiteres auf, daß die untere Wand des caudalen Gyrus hippocampi und die hintere Hälfte seiner Kuppe von einer um ca. 20% breiteren Rindenformation eingenommen ist als der Gyrus fusiformis (Tafel CXII), und zwar besonders als die untere Wand desselben (die obere ist nämlich, wie gesagt, zum Teil schon von TH eingenommen). Diese Wand des Gyrus hippocampi zeigt eine Rindenbreite von 2.7-3.0 mm. Am gefärbten Präparat erkennt man bei schwächster Vergrößerung oder auch schon mit freiem Auge, daß die untere Hälfte der Rinde von der Mitte an ungefähr - oder eigentlich schon etwas darüber - viel dunkler tingiert erscheint und daß diese dunklere Tinktion der Tiefe zu noch zunimmt, so daß in der Nähe des Marks die Tinktion eigentlich am stärksten ist, um von da bis zum Mark raschestens wieder abzunehmen, dagegen ist die obere Hälfte der Rinde viel lichter als in TF (s. Tafel CXI, rechte untere Bildecke! oder Tafel CXII, die untere Wand des Gyrus hippocampi, ebenso Tafel CVIII).
Wir haben keine eigene Tafel von dieser Area gegeben, sondern verweisen hier auf die Übersichtsbilder, wo man ihre Lage, aber auch ihren Bau gut genug sieht, und zwar auf Tafel CVIII und CXII bei 25facher Vergrößerung in der unteren Wand des Hippocampus und auf Tafel CXI bei 50facher Vergrößerung; da diese Tafel die Strecke von Tafel CXII von Pfeil 6 bis über Pfeil 2 hinaus bei zweifacher (also 50facher) Vergrößerung wiedergibt und somit die rechte Hälfte des Bildes von der Area TH eingenommen ist, erscheint dieselbe deutlich genug, um alle Einzelheiten klar zu Gesicht zu bringen. Es fällt neben der außerordentlichen Breite der Rinde für eine Wandbildung auf, daß dieselbe durch Hervortreten der II und IV gut die horizontale Schichtung aufweist, dagegen nur eine minimal ausgeprägte senkrechte Streifung, besonders zum Unterschied von TF auch keine Streifung in IV; daß ferner die III. Schicht eher recht zellocker und -arm erscheint, dagegen IV, V und VI zelldicht, und daß besonders diese letzteren zwei Schichten am besten tingiert erscheinen. Die Begrenzung gegen das Mark ist eine sehr scharfe. Zum Unterschiede von TF ist auch keine Aufhellung in V zu sehen. Gegen die Formationen des Gyrus hippocampi zu wird ein schmaler Randsaum dieser Area TH agranulär THa und somit heterotypisch (Tafel CXII, Pfeil 2-3).
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
Gesamtbreite in der Wand 2.8 mm | |||||||
0.24 | 0.20 | 1.04 | 0.30 | 0.50 | 0.40 | 0.24 | mm |
relativ: | |||||||
0.09 | 0.08 | 0.39 | 0.11 | 0.18 | 0.15 | äH:iH = 56:44 |
Wir verweisen hier mit Rücksicht auf die große Ähnlichkeit auf die Beschreibung der Area TG, mit der die TH eine große Ähnlichkeit hat, und wollen hier nur die allerwichtigsten Daten anführen. I ist recht breit und nicht besonders kernreich; II ist deutlich vorhanden; es besteht aus größeren dreieckigen Zellen; seine obere Grenze, besonders an der Kuppe, ist nicht linear, sondern recht "zerfranst" und ungleichmäßig. III ist sehr breit, sogar etwas breiter als in TG, viel breiter als in TF, aber ebensowenig zellreich wie in TG; diese Zellarmut nimmt (Tafel CXI) progressiv gegen die Kuppe des Gyrus hippocampi zu und steigert sich noch mehr in deren oberstem agranulären Grenzsaum THa, mit den sie gegen die hippocampische Bildung (HD) grenzt. Die Zellen in III sind mittelgroße Pyramidenzellen, die in TH noch nicht die Tropfenform wie in TG annehmen, sondern erst in THa (s. TG S. 733). IV besteht aus dreieckigen Zellen, es ist breiter und dichter als in TG und zeigt somit schon temporalen Einfluß, ist jedoch noch nicht in Zellsäulchen gespalten wie in TF. V ist ebenfalls recht breit und besteht aus Pyramidenzellen, die auffällig größer sind zum Teil als in III und sich tiefer tingieren; die Schicht ist auch zelldichter als III; dadurch macht die V. Schicht unter allen Schichten der TH den dunkelsten Eindruck und bildet ein sichtbares Band, das an die Prädominanz der V. Schicht erinnert, die wir immer wieder antreffen, sobald wir uns im homotypischen Cortex dem (allogenetischen) „Riechhirn" nähern, also hier den hippocampischen Bildungen (s. Abb. 80). VI ist die zelldichteste Schicht, aber nicht die dunkelst gefärbte - sie besteht aus großen Spindelzellen, die meist Dreiecksform haben und etwas kleiner sind als die Zellen der V. Schicht. Ihre Abgrenzung gegen das Mark ist ziemlich scharf und erinnert etwas, sowie auch durch die Neigung ihrer Zellen zur Paketbildung, an die VI. Schicht der occipitalen Formationen, mit denen sie ja letzten Endes im Sulcus occipitotemporalis (pli retrolimbique) zusammenhängt (Abb. 93).
728 Lobus temporalis.
Die Ausdehnung dieser Area ist eine bandförmige in den Wänden des Sulcus occipitotemporalis und auf der unteren Hälfte der Kuppe des Gyrus hippocampi (caudale Hälfte); sie füllt somit auch den Grund des Sulcus occipitotemporalis aus und überkleidet auch die untere Hälfte der unteren Wand dieses Sulcus, die zum Lobus fusiformis gehört. Nach vorn geht sie im Sulcus rhinalis (Abb. 22, rh), wenn derselbe die direkte Fortsetzung des Sulcus occipitotemporalis bildet, vielleicht unmittelbar in die Area temporopolaris TG, von der sie sich eigentlich außer durch ihren Wandcharakter und ihren größeren Zellreichtum und ihre etwas breitere IV Schicht in nichts wesentlich unterscheidet; doch ist dieser Übergang nicht immer sicher vorhanden, sondern es schieben sich oft auch hippocampische (HC) Bildungen dazwischen, wie wir noch später sehen werden, besonders wenn der Sulcus rhinalis und der Sulcus occipitotemporalis durch eine hintere temporolimbische Übergangswindung (g. tl. p.) getrennt sind (Abb. 22 und 93). Nach rückwärts zu wird der Unterschied zur Area fusiformis TF und parietalis basalis (temporooccipitalis) PH immer geringer; sie scheint hinten im Sulcus occipitotemporalis sogar allmählich in diese Bildungen (TF + PH) überzugehen; diese überziehen auch die Übergangswindung vom Gyrus lingualis zum Gyrus limbicus, welche sich aus der Tiefe dieses Sulcus an die Oberfläche drängt und grenzen hier unmittelbar an die sich hier vorschiebenden occipitalen Formationen. Es ist jedoch schwer, in dieser Übergangsgegend den Charakter der einzelnen Areae in diesen Wand- und Talbildungen noch zu unterscheiden. Auf dem Gyrus hippocampi treten rückwärts die retrosplenialen Bildungen auf das Culmen desselben; von diesen bleiben jedoch TF(H) und PH geschieden durch den frontalsten Zipfel der Occipitalformationen OA.
Von der unteren (ventralen) Kante des Gyrus hippocampi aus überzieht also die TH zum Teil und in individuell sehr verschiedener Ausdehnung das Culmen des caudalen Drittels des Gyrus hippocampi, sobald die letzten caudalsten Uncusformationen HC dasselbe geräumt haben. Sie grenzt dann unmittelbar an die heterotypische oder gar allogenetische granulöse Formation des Hippocampus HD. Ihr Grenzsaum ist durch einen Verlust der Körner der IV markiert, der mehr oder weniger breit und stark ausgesprochen sein kann, jedoch immer erkennbar ist, so daß man ihn als eigene heterotypische Variante der Area TH als Area THa (Area temporohippocampica agranularis) unterscheiden kann (Tafel CXII, Pfeil 2-3, ebenso Tafel CVIII, Pfeil 2-3). Auf Tafel CXI erkennt man bei 50facher Vergrößerung, daß diese Area temporohippocampia agranularis hier als an der Hirnoberfläche 2.5 mm breiter Saum die Grenze zwischen TH und HD bildet. Der Cortex ist hier (THa) in seinem Gebiet 2.8 mm dick; die I. breit, die II. zelldicht, relativ zellgroß und zerfranst, die großen Körnerzellen haben auch hier vielfach wie sonst an der Grenze des „Riechhirns" Sternform; die III. auffallend licht und zellarm und eher schmal; die IV. fehlt schließlich ganz; an ihre Stelle tritt die sehr breit gewordene und zellreichere V Schicht; sie ist trotz ihres Zellreichtums gegenüber III doch zellockerer als V in TH, die Zellen sind mittelgroße und übermittelgroße Pyramidenzellen, die sich allmählich in der Tiefe ins Mark verlieren, denn man kann hier in THa keine eigentliche VI Schicht als solche mehr unterscheiden, dieselbe löst sich auf dem Wege von TH zu THa allmählich im unteren Teile von V auf; auch durch ihre Zellform ist die VI. von derselben (V) kaum unterschieden, so daß wir eigentlich von II bis ins Mark eine einzige breite, ziemlich zellockere kontinuierliche Schicht von Pyramidenzellen haben, die oberflächenwärts kleiner werden und tief ins Mark eindringen. Diese Area erinnert etwas an die Area FI; sie ist auffällig heterotypisch agranulär wie diese; nach innen daran, gegen den Sulcus hippocampi zu reiht sich an sie die granulöse hippocampische Koniocortexformation HD, und darin erinnert sie auch an die agranuläre, retrospleniale Formation LD, welche ebenfalls die granulöse retrospleniale Formation LE außen begleitet und von der übrigen homotypischen Rinde durch ihren heterotypisch agranulären Bau trennt. Diese Area THa begleitet also eine Strecke weit die granulöse hippocampische Formation HD. Wo diese caudal aufhört, den Culmen des Gyrus hippocampus einzunehmen und ganz in den Sulcus hippocampi sich zurückzieht, hört die THa scheinbar überhaupt auf, und man hat nicht den Eindruck, als ob sie mit der agranulären Area LD rückwärts zusammenhängen würde. Frontal begleitet die THa die HD bis zum Beginn der agranulären Uncusformation HC, von der man sie eigentlich nicht immer recht unterscheiden kann, an ihrer Grenze gegen HD. Diese Stelle liegt im frontocaudalen Durchmesser ungefähr in der Mitte des Gyrus hippocampi. Ob sie nicht manchmal darüber hinaus bis zur polaren Formation reicht, können wir nicht mit Sicherheit angeben, doch halten wir es für wahrscheinlich an jenen Hirnen, wo ot mit rh (Abb. 22) direkt zusammenhängt. Auch die unmittelbare Nachbarschaft der THa mit der Area HD ist individuell verschieden insofern, als oft ein Streifen der Area HC die Area HD bis zu ihrem caudalen Ende begleitet; die HC sieht aber architektonisch in diesem Gebiet der THa sehr ähnlich, nur ist sie schmäler als diese und zeigt ein deutlicheres dichteres Zellband in der V. Schicht.
Area temporohippocampica. 729
TH ist ein cytoarchitektonisches Gebiet, das nicht viel Interesse bisher beansprucht hat. Möglicherweise ist sie mit der Area ectorhinalis (Feld 36) von BRODMANN zu homologisieren und die THa mit Feld 35 desselben Autors (Area perirhinalis agranularis, Abb. 6 und 7). Auch über ihr Markbild ist noch nichts bekannt. Nur ELLIOT SMITH scheint doch diese Area gesehen zu haben. Er bildet nämlich auf seinem Schema (s. Abb. 3 und 4) seine Area temporopolaris als schmalen Streif nach hinten ziehend ab und läßt an sie eine schmale Area paradentalis nach hinten sich anschließen, die richtig bis zur Area peristriata reicht. Die temporopolare und temporodentale Area bildet er beide sehr ähnlich ab (Abb. 5) als breite und sehr markarme Rinden, die ungefähr in ihrer Mitte einen sehr schmalen und faserarmen Baillargerschen Markstreifen haben; vielleicht haben wir also darin das Homologon für TH zu suchen. Betreffs der näheren Identifikation s. S. 787.
Über die physiologische Bedeutung dieser Area läßt sich jetzt noch nichts sagen. FLECHSIG scheint sie zu seinem Intermediärgebiet 23 des Lobus fusiformis noch dazu zu zählen. Uns scheint sie (TH + THa) zur granulösen Formation des Hippocampus (HD) in einem ähnlichen Verhältnis zu stehen wie die retrospleniale agranuläre Bildung LD und die daran anschließenden homotypischen Formationen LC zu der retrosplenialen granulösen Bildung LE, d. h. mit anderen Worten, es scheint eine gewisse bestimmte Bauart in Beziehung zu einer sensorischen Rindenbildung sich hier zu wiederholen, was doch wahrscheinlich auf eine physiologische Beziehung derselben zu der entsprechenden sensorischen Funktion des entsprechenden Koniocortex hinweist.
730 Lobus temporalis.
Die Regio polaris umfaßt das vordere Ende, den Pol, des Temporallappens (Abb. 96, 97 mittellichtbraun). Gebildet wird der Pol (Abb. 21 und 24 PT) durch den dicken horizontalen polaren Randwulst, der gleichsam eine bogenförmige, nach vorn konvexe, dicke Brückenwindung zwischen erster und dritter Temporalwindung darstellt. Der Gyrus polaris geht also aus der unmittelbaren Fortsetzung der ersten Temporalwindung hervor, biegt sich nach vorn innen median und unten um und verbindet sich mit dem vorderen Ende der dritten Temporalwindung, welch letztere mit dem vorderen Ende des Gyrus fusiformis sich unmittelbar vorher vereinigt hat. In dem konkaven hinteren Stück des Gyrus polaris mündet dann auch die zweite Temporalwindung. Der Gyrus polaris bildet im Verhältnis zum Boden der Sylvischen Grube deren vorderen wulstförmigen Rand; medialwärts zu grenzt er hier an den Pli falciforme (p. f.) der Insel (Abb. 21) und weiter median auf eine ganz kurze Strecke an den hinteren, medialwärts ziehenden Ast des Gyrus olfactorius lateralis (Abb. 24, rechts), hinter (und unter) welchen er zu liegen kommt. (Der Gyrus polaris deckt aber, wenn man das Gehirn von der Basis ansieht, den Gyrus olfactorius lateralis posterior vollständig zu sowie auch den Randbogen der Insel und die laterale Partie des Subst. perforata und das hintere Viertel des Stirnhirns, Abb. 24, links). Dann biegt der Gyrus polaris weiter medialwärts und nach hinten um und kommt unter das dicke vordere untere Ende des Gyrus hippocampi - den sog. Uncus - zu liegen. Von diesem und dem Gyrus hippocampi ist er an der Basalfläche lateral durch den Sulcus (fissura) rhinalis (rh.) getrennt. Die Regio polaris umfaßt jedoch nicht nur den Gyrus polaris zur Gänze, sondern auch die vorderen, in sie mündenden Enden aller drei Temporalwindungen und des Gyrus fusiformis und des Gyrus temporolimbicus anterior (g . tl. a.); ferner an der dorsalen - Sylvischen - Fläche der ersten Temporalwindung den größeren vorderen Teil ihrer sog. insularen Abteilung (s. S. 670) mit ihren kleinen windungsähnlichen Buckeln, Dellen und Wülsten, die sog. Gyri transversi anteriores Schwalbe (Abb. 21, g. tr. a. S.), der lateralste von ihnen liegt in der Fortsetzung der ersten Heschlschen Windung an der lateralen oberen Lippe von T1; die übrigen sind jedoch in der direkten Fortsetzung der Windungen der hinteren Insel auf die temporale Fläche.
In dieser Ausdehnung ist die Regio polaris eigentlich von einer einzigen Formation, der homotypischen Area temporopolaris TG, überzogen, welche vorn überall von einem heterotypischen agranulären Saum, einer Variante TGa umrändert ist. Wir zählen jedoch zur Regio polaris aus praktischen grobanatomischen Gründen noch den kurzen Teil des ihr anliegenden Gyrus olfactorius lateralis (Ramus posterior) und die davorliegende Substantia perforata.
Diese Area TG umfaßt also beinahe die ganze Regio polaris in ihrer hier beschriebenen Ausdehnung (Abb. 92-95); in der Fissura rhinica (in ihrer Tiefe oder ihrer oberen Wand) findet sie ihre scharfe Abgrenzung gegen die Uncusformationen (HA, B, C); nach vorn und lateral davon ist ihre ebenfalls ziemlich scharfe Abgrenzung gegen den letzten Ausläufer des Gyrus olfactorius lateralis TI und dann gegen die Inselformation (IC). Caudal gegen die temporalen Formationen TA, TE, TF jedoch ist der Übergang eigentlich mehr ein allmählicher.
Die Area temporopolaris hat einen sehr eigentümlichen Aspekt, der, wenn er auch noch nicht als heterotypisch bezeichnet werden muß, weil sie noch deutlich sechs Schichten aufweist, immerhin doch einen ganz eigenen Eindruck macht, an dem sie sofort von allen übrigen Rindenpartien beim ersten Blick erkennbar ist. Daher ist sie auf Abb. 56-58 hellblau wiedergegeben, gleichsam als ein Mittelding zwischen Homo- und Heterotypie.
Makroskopisch schon zeigt sich die Rinde als eine der breitesten des Gehirns (Abb. 26 bis 29). Sie weist Ziffern auf von 3.2-4.0 mm und mehr (Tafel XCVII). Am stärksten scheint die Rinde am vorderen Randbogen des Gyrus polaris selbst; aber auch wo die Formation der Area temporopolaris eine Wand überzieht, geht sie nur selten in ihrer Breite unter 3.0 mm herunter (s. Tafel XCVIII). Am gefärbten Zellpräparat merkt man auch ohne Vergrößerung (Abb. 116, Nr. 12), daß die unteren zwei Drittel der Rinde viel dunkler gefärbt sind als das obere, und daß diese Tiefe der Tinktion in der Tiefe der Rinde noch zunimmt; so kann man auch makroskopisch schon die TG von der ihr benachbarten TE und TF unterscheiden, welch beide auch in den unteren zwei Dritteln dunkler gefärbt sind; aber die TE wird nicht nach der Tiefe zu am dunkelsten, sondern sie wird nach unten zu sogar wieder lichter und hat also bloß ein sehr breites, einheitlich sehr dunkelgefärbtes Band in der Mitte, und die TF hat in der dunkleren inneren Hauptschicht dagegen einen etwas lichteren Streifen.
Area temporopolaris. 731
Mikroskopisch fällt neben der Breite eine gewisse Strukturlosigkeit auf. Es ist keine senkrechte Streifung zu sehen, und die horizontale Schichtung ist auf den ersten Anblick nicht deutlich. Bei näherem Zusehen fällt jedoch zunächst auf eine sehr breite I Schicht, eine sehr schmale, linienhafte, aus großen Spindel- und pyramidenförmigen Zellen bestehende II Schicht, die unregelmäßig und lückenhaft aussieht und Neigung zu Zellgruppenbildung aufweist; eine relativ zellgroße aber zellarme und recht ungleichmäßig bevölkerte breite III Schicht; eine sehr schmale, zellockere, ungleichmäßige, sogar etwas unterbrochene IV Schicht, aus kleinen Pyramidenzellen, nicht aus Körnerzellen bestehend (s. Tafel XCVII); dagegen wird an der Grenze gegen alle die Formationen des Rhinencephalon die TG auf kurze Strecken agranulär (Tafel XCVIII und XCIX). Von Zellsäulen ist in IV in TG nichts mehr zu sehen. Was am meisten auffällt jedoch ist, daß die V. und VI. Schicht entschieden das Übergewicht haben, daß sie durch ihren Zellreichtum bei guter Zellgröße, also durch ihre Zelldichtigkeit und ihre Breite und ihre dunkle Färbung, die Aufmerksamkeit des Beobachters sofort an sich ziehen, während doch sonst für gewöhnlich die oberen Schichten dies tun. Diese Dichtigkeit nimmt auch gradatim von der Oberfläche in die Tiefe zu; eine eigentliche Grenze zwischen V und VI kann man dabei ohne weiteres nicht sehen. Nach dieser Verdichtung der untersten - wohl der V. und VI. Schicht - ist der Übergang ins Mark ein recht allmählicher, und noch recht tief im Mark begegnet man auffallend großen dreieckigen Spindelzellen. Der größte Teil der oberen Zellagen der VI. Schicht weist ebenfalls pyramidenförmige Zellen auf.
Berücksichtigt man außerdem, daß die II. und IV. Schicht hier eigentlich nicht aus Körnern bestehen und daß die II. Schicht ein ganz eigenartiges großzelliges Aussehen bietet, daß beinahe alle Zellen aller übrigen Schichten Pyramidenzellen sind, daß, wie wir noch sehen werden, Teile von TG auch agranulär sind, so könnte man es für richtiger halten, diese Area als eine, wenigstens der Zellform nach, heterotypische zu bezeichnen, jedenfalls ist sie nicht nur lokal, sondern auch morphologisch an der Grenze dessen, was wir noch homotypisch nennen dürfen, und wir können sie im großen ganzen als Rindentypus 1 oder 1 (2) ansprechen (Abb. 88).
I | II | III | IV | V | VIa | VIb | |
am Culmen, Gesamtdicke 3.84 mm | |||||||
0.30 | 0.10 | 1.20 | 0.20 | 0.64 | 0.70 | 0.70 | mm |
am Culmen, Gesamtdicke 3.9 mm | |||||||
0.28 | 0.06 | 1.16 | 0.14 | 0.64 | 0.80 | 0.80 | mm |
am Culmen, Gesamtdicke 3.6 mm | |||||||
0.28 | 0.12 | 0.90 | 0.16 | 0.80 | 0.80 | 0.54 | mm |
Gesamtdicke in der Wand 3.6 mm | |||||||
0.34 | 0.12 | 0.86 | 0.08 | 0.60 | 0.80 | 0.80 | mm |
Relative Zahlen:
I | II | III | IV | V | VI | ||
Culmen | 0.09 | 0.03 | 0.35 | 0.05 | 0.23 | 0.25 | äH:iH = 47:53 |
Wand | 0.12 | 0.04 | 0.31 | 0.03 | 0.21 | 0.29 | äH:iH = 47:63 |
Aus diesen Zahlen geht hervor, daß die V. und VI. Schicht äußerst mächtig ist, absolut genommen machen die IV., V. und VI. Schicht zusammen zirka zwei Drittel der Rindenbreite aus; viel davon kommt zwar auf Rechnung der hier sehr breiten VIb-Schicht, die eine Breite erreicht wie sonst nur noch in der Regio praecentralis. Aber auch ohne diesen lockeren Teil der VI. Schicht zu berücksichtigen, überwiegt ganz bedeutend die innere Hauptschicht über die äußere. Trotzdem ist die Breite der III. Schicht eine sehr bedeutende und erreicht absolut und relativ äußerst hohe Werte, die über dem Durchschnitt liegen. Äusserst schmal, absolut und relativ, sind beide Körnerschichten, sie weisen Minimalwerte auf. Die V. Schicht erreicht hohe Werte.
732 Lobus temporalis.
In der Wand wird die Rinde nicht viel dünner.
I. Die Molekularschicht ist absolut sehr breit; ihre Werte schwanken zwischen 0.28 und 0.34 mm, in der Wand sind die höheren Werte. Die Schicht ist ziemlich kernreich ca. 60-70 Kerne pro 0.1 mm3 alles zusammengenommen (Glia, Blutgefäße, Nervenkerne usw.); davon sind ca. 7-8 Nervenzellen von meist dreieckiger oder spindeliger Gestalt und relativ groß, und zwar 10-12 / 5-8 µ. Die Kerne sind über den Querschnitt von I ziemlich gleichmäßig verteilt, nur am äußeren Rand scheint ein etwas kernärmerer Streifen zu sein. Die Grenzlinie gegen II ist zwar leicht zu ziehen, doch erscheint sie stellenweise gebrochen.
II. Die äußere Körnerschicht ist äußerst schmal, sie erscheint zeilenförmig; die Zellen stehen in einer oder zwei Reihen stippchenartig nebeneinander; die Reihen sind nicht kontinuierlich, sind zum Teil auf kürzere oder längere Strecken unterbrochen (Tafel XCVII, Höhe 36 / Breite 23-25 cm), in welchem die Zellen fehlen. Dadurch erhält die ganze Schicht das Aussehen von ein oder zwei mit kleiner Schrift eng beschriebenen Zeilen. Die Grenzen nach oben und nach unten sind ziemlich scharf; nach unten ist eine beinahe ebenso breite lichtere Zone (KAES-BECHTEREW ?) zu sehen (s. Tafel XCVII, XCVIII und die XCIX); II. erscheint dadurch von der III. wie abgehoben. Die absolute Breite schwankt zwischen 0.06 und 0.12 Millimeter. Ihre relative Zahl von 3% erreicht also kaum die Hälfte des Durchschnitts.
Die Zellen sind größtenteils keine Körner, sondern meist auffallend große pyramidenförmige oder besonders häufig spindelförmige und multipolare, sternförmige, fortsatzreiche Zellen von (5-)10-15-20 / 5-8-10 µ Größe. Sie sind oft zu einer dichten Reihe nebeneinander gestellt, parallel mit ihren Längsachsen senkrecht zur Oberfläche gerichtet; dann wieder kommen schütterere Stellen, um später wieder mit dichteren strichförmigen Abschnitten zu wechseln. Ihre Zahl pro 0.1 mm3 umgerechnet dürfte ungefähr 100-200 ausmachen, dort, wo sie dicht stehen; man muß dabei natürlich berücksichtigen, daß stellenweise die Zellen auch ganz fehlen, so daß höchstens wirklich 60 pro 0.1 mm3 entfallen dürften. Eine genaue Berechnung ist nicht möglich, da die II. schmäler als 0.1 mm ist. Aus den Maßen der Zellen ersieht man, daß dieselben für die II. Schicht meist ungewöhnlich groß sind und Körnerzellen unter ihnen äußerst selten vorkommen. Die Neigung, viele Zellen zu regelmäßig dichten Zeilen oder auch zu Häufchen zu sammeln, worauf wieder zellfreie Stellen vorkommen, ferner die Größe der Zellen der II. Schicht und ihre absonderliche Form zeigt die Nähe des „Riechhirns" an; wir kennen ja diese Bildungen schon von FI, von IC (S. 420, 497) und von den limbischen Randformationen her (S. 439, 442) und auch von TH. Hier verrät sie an der medianen Hirnrinde die Nähe des Gyrus hippocampi und ist auch desto ausgesprochener, je mehr man in dessen Nähe kommt. Tafel XCIX zeigt einen solchen Übergang von der temporopolaren Area im Sulcus rhinalis zu der Formation des Uncus; man sieht, wie sich hier die vielfach unterbrochenen Zellzeilen Höhe 20 / Breite 5 cm, weiter in der Tiefe zu Zellhaufen umwandeln, die schon beinahe wie Glomeruli (aus 15-25 Zellen bestehend) aussehen; größere und kleinere Zellen liegen hier oft wahllos durcheinander und nebeneinander. Ebenso zeigt sich auch auf Tafel XCVIII dem Gyrus olfactorius zu diese Neigung (Höhe 14 / Breite 32 cm). Hier sieht man auch vereinzelte große multipolare Spinnenzellen unter ihnen auftreten oder pyramidenförmige, die mit der Spitze nach unten gerichtet sind usw.
Area temporopolaris. 733
III. Die Pyramidenschicht ist ebenfalls sehr charakteristisch, sowohl was ihren Bau anbelangt als auch ihre einzelnen Elemente. Sie ist absolut und relativ sehr breit, bis zu 1.20 mm und mehr, und in der Wand nicht bedeutend abnehmend, übersteigt sie mit dem relativen Werte von 35% der Gesamtrindendicke ziemlich stark das Durchschnittsmaß.
Ihre Grenzen sind ziemlich scharf gezogen. Von den Zellzeilen, welche die II. Schicht repräsentieren, ist sie meist durch einen etwas lichteren Streifen getrennt (derselbe ist auf Tafel XCVII besonders gut zu sehen, wo bei Höhe 34 / Breite 9.5 cm die Marke II/III eingetragen ist), und von der IV. Schicht, die aus kleinen Pyramidenzellen besteht, ist sie auch ziemlich scharf abgeschnitten, ohne daß sich ihre eigenen, ziemlich großen Pyramidenzellen mit den ebenfalls pyramidalen Elementen der IV. sonderlich vermengen (Tafel XCVII); schwieriger ist ihre Trennung von der V. Schicht dort, wo sie durch das Agranulärwerden von TG unmittelbar vor dem Übergang in die Formation des Uncus (Tafel XCIX) oder beim Übergang in den Gyrus olfactorius lateralis (posterior) (Tafel XCVIII) unmittelbar an sie zu grenzen kommt. Nur die größere Dichte der V. Schicht bei gleichzeitigem Kleinerwerden der Pyramidenzellen der V. läßt hier die Grenze erkennen.
Die III. Schicht ist die wenigst zelldichte. Nur die obersten Lagen, die man als eine schmale IIIa abtrennen kann, sind etwas zelldichter, darunter ist ganz III(b) sehr schütter bevölkert. Die Zellen selbst sind eigentlich recht groß und eigentümlich geformt. Es sind zwar Pyramidenzellen, doch sind ihre Leiber etwas rundlicher und weniger fortsatzreich, so daß sie mehr Tränenform haben. Sie nehmen zwar von oben nach der Tiefe an Größe zu, doch nur sehr allmählich und in nicht sehr bedeutendem Maße. Ganz große Zellen kommen hier weder in einer Lage noch isoliert vor, so daß man nicht etwa eine IIIc-Schicht unterscheiden kann. Die oberen Lagen enthalten meist Zellen von 20-25 / 12-15 µ Größe in einer Anzahl von ca. 28 pro 0.1 mm3; die tiefsten Lagen die größten Zellen von 25-30 / 18-20 µ in einer Zahl von ca. 24 pro 0.1 mm3; die mittleren Lagen dagegen haben bloß ca. 18 Zellen pro 0.01 mm3. Mit Trabantzellen sind sie sehr reichlich bedacht; von den oberen hat beinahe jede eine Trabantzelle, von den tieferen haben sehr viele zwei Trabantzellen trotz ihrer relativen Kleinheit. Die Zellen zeigen außer der allgemeinen Vergrößerung der Tiefe zu und der Orientierung mit der Spitze gegen die Oberfläche, wie immer, keine irgendwie erkennbare Art ihrer Lagerung, sondern sind ziemlich regellos über den ganzen Querschnitt verteilt, ohne Andeutung von Streifung oder Schichtung; zwischen ihnen ist auffallend viel zellfreies Grundgewebe. In den Windungswinkeln, besonders wieder den Übergängen in das Rhinencephalon zu, nehmen die Pyramidenzellen der III. Schicht mit Vorliebe eine ausgezogene, überschlanke, beinahe spindelförmige Gestalt an (Tafel XCVIII), die etwas an die ähnliche Längsdehnung der Zellen in der Area frontoinsularis FA oder in der Area LA des Lobus limbicus sogar erinnern. Durch diese lang ausgezogenen Zellen wird das Bild einer Streifung nachgeahmt. - Aus den Zellzahlen sieht man schon, daß die III. Schicht eigentlich recht zellarm ist, und im Vergleich zu der zellreichen V. und VI. Schicht sieht sie sehr spärlich bevölkert aus, an gewissen Stellen direkt sehr zellarm (Tafel XCVIII, Höhe 26 / Breite 28.5 cm), so daß man den Eindruck eines bedeutenden Zellausfalles, ja sogar von Lücken, haben könnte, besonders in den vorderen Partien des Gyrus polaris, dem Gyrus olfactorius lateralis posterialis und der Substantia perforata.
IV. Die innere Körnerschicht ist äußerst schmal, sie erreicht vom ganzen retrozentralen Hirn hier die absolut und relativ niedersten Werte, und da der Grenzsaum der Area temporopolaris gegen das Rhinencephalon, also ihr dorsaler Grenzsaum an der medianen und vorderen Seite, wie wir schon sagten (s. Tafel XCVIII und XCIX) sogar agranulär ist, muß man sagen, daß die Breite der inneren Körnerschicht zwischen 0 mm und 0.20 mm schwankt und auch an den breitesten Stellen mit 5% nur ungefähr die Hälfte des Durchschnittswertes erreicht.
734 Lobus temporalis.
Vor allem aber verdient sie den Namen der Körnerschicht eigentlich überhaupt nicht recht, ebensowenig als die II., denn sie besteht gar nicht aus Körnerzellen, sondern aus Pyramidenzellen kleinsten, kleinen und mittleren Kalibers von 8/7 µ, 10/8 µ, 15-25 / 10 µ, nur ganz vereinzelt sieht man einzelne wirklich runde oder polygonale Körnerzellen. Durchschnittlich zählt man gegen 50 Zellen pro 0.1 mm3.
In ihrer Lagerung zueinander zeigen diese Zellen keine Art von Anordnung; sie liegen bald lockerer, bald dichter zueinander; von einer Bildung von Zellsäulen, wie sonst im Temporallappen, ist hier keine Spur.
Nach rückwärts, lateral und basal, also gegen T1,2 und T3 und gegen den Gyrus fusiformis zu, wird die IV. Schicht allmählich breiter und zeigt erst mit dem Übergang in jene Areae TF, TE und TA auch die Andeutung der typischen Streifung als Zeichen des Beginnens dieser Formationen auf.
V. Die ganglionäre Schicht ist mit der VI. Schicht die bedeutendste der ganzen Area temporopolaris. Dabei läßt sie sich von der VI. Schicht nur recht schlecht trennen, denn auch der größte Teil der VI. Schicht besteht aus pyramidenförmigen Zellen, und alle diese Pyramidenzellen der inneren Hauptschicht sind hier in TG chromaffiner als die der III. Schicht. Diese Umwandlung aller Zellen aller Lagen und Schichten in Pyramidenzellen ist in der Area temporopolaris also ausgeprägter sogar als in den Areae frontalis praecentralis oder intermedia, denn dort ist die Zellform der VI. Schicht wenigstens ausgesprochen spindelförmig. Es wird also hier äußerst schwer sein, die V. und VI. Schicht auseinander zu halten. Immerhin gelingt dies daran, daß die Pyramidenzellen der V. Schicht der Tiefe zu immer größer werden. Die Zellen der VI. Schicht sind aber kleiner als die letzten Lagen der V. Schicht (vom Occipitalpol zum Temporalpol kehrt sich also das Größenverhältnis der Zellen der V. und VI. Schicht zueinander wieder um!); ferner sind unter den pyramidenförmigen Zellen der VI. Schicht doch auch häufig genug wirkliche Spindelzellen eingestreut, um daran zu erkennen, welche Schicht man vor sich hat. Derart bestimmt, finden wir den Wert für die Breite der V. Schicht zwischen 0.60 und 0.80 mm schwankend und mit 23% relativem Wert bei weitem den Mittelwert überschreitend. Von außen nach innen nehmen die Zellen an Größe zu, und zwar findet, man häufig in den tiefsten Lagen von V größere Pyramidenzellen als in den tiefen der III; bei manchen Hirnen ist dies sogar die Regel, es scheint hier individuelle Schwankungen zu geben. Die Pyramidenzellen sind sehr schlank und schön geformt mit langem und sehr langem cephalen Fortsatz; es sind durchschnittlich 35 Pyramidenzellen pro 0.1 mm3 in den oberen Lagen von 20-35 / 10-18 µ, in den unteren von 25-30-40 / 15-18-20 µ; die oberen haben meist eine Trabantzelle pro Zelle, die unteren eine bis zwei Trabantzellen. Die Zellen liegen zu Gruppen von 10-20 vereint; doch ist dies nicht sehr auffällig. Man sieht aber auch hier zellreichere und zellärmere Bezirke miteinander alternieren. Aus der Größe und Zahl der Zellen ergibt sich schon, daß die tieferen Lagen von V allmählich zelldichter werden. Da die Zellen von V sich sehr dunkel färben und chromaffiner als die der III sind, und da in III zahlreiche zellarme oder gar zellose Stellen sich vorfinden, resultiert daraus eine viel dunklere Tinktion der V. Schicht und der inneren Hauptschicht überhaupt als der äußeren Hauptschicht.
Eine senkrechte Streifung und Zellsäulenbildung gibt es hier nicht, nur in den Kuppenwinkeln ist eine radiäre Übereinanderlagerung der Zellen in Zügen zu bemerken. Erst beim Übergang in die Temporalformation TA und TE beginnt als Zeichen dieser mittleren Areae des Temporallappens die senkrechte Streifung, Zellsäulenbildung usw.
Im Kuppenwinkel, gegen das Rhinencephalon zu, sind die Pyramidenzellen der V. Schicht oft ganz eigenartig in die Länge gezogen und gedehnt, dabei ganz schmal, so daß sie verzerrt aussehen wie oft im FI und LA; sie erreichen dabei Längen von 60 µ und mehr bei ca. 15 µ Breite (s. Tafel XCVIII, Höhe 33, Breite 17 cm).
VI. Die Spindelzellenschicht ist hier von ganz außerordentlicher Breite, von 1.40 bis 1.60 mm, also ungefähr so wie in dem hinteren Frontalhirn oder wie in FI. Dabei ist die zelldichte obere VIa-Lage gleich breit wie die zellockere VIb. Diese VIa-Lage ist die dichteste der ganzen Formation. Sie besteht aus durchschnittlich 40 Zellen pro 0.1 mm3, von denen die meisten 30/20 µ Größe haben. In den oberen Lagen sind die meisten dieser Zellen Pyramidenzellen oder haben wenigstens eine gestreckt dreieckige Form, oder dreieckig mit der Basis in die radiäre Richtung gestellt. Stellenweise sind so sehr alle Zellen pyramidenförmig, daß es schwer ist, die Grenze gegen V genau anzugeben. Die meisten dieser Zellen haben eine oder zwei Trabantkerne; zwischen den großen Zellen sind nun auch kleinste, Körnerzellen oder dreieckige Zellen, jedoch spärlich. In den tiefsten Lagen von VIa sind schon die Spindelzellen zahlreich, jedoch auch hier nähern sie sich auffällig in ihrer Form der Pyramidenform; jedenfalls sind sie auch hier nicht in der Überzahl. Die Zellen von VIa sind stark chromaffin, tingieren sich sehr dunkel; da sie dicht stehen, hat die VIa-Schicht die dunkelste Tinktion von der ganzen Rindenbreite und ist als solche auch makroskopisch schon erkennbar. Von radiärer Streifung oder Gruppierung der Zellen ist nicht viel zu bemerken.
Area temporopolaris. 735
VIb ist viel lockerer. Es nimmt sogar die Zellzahl von VIa auf VIb sehr rapid und plötzlich ab auf bloß 12-15 Zellen pro 0.1 mm3 von der Größe von 20-25 / 10 µ. Aber auch hier, wo sie mitten in den Markstrahlen liegen, sind ein großer Teil dieser Zellen nicht Spindelzellen, sondern dreieckig und pyramidenförmig. Allerdings ist die Mehrzahl spindelförmig. Eine untere Grenze von VIb anzugeben ist gar nicht möglich; allmählich eigentlich werden die Zellen seltener, aber noch sehr weit ins Mark hinein, mehr als manchmal die Rindenbreite tief, findet man Zellen zwischen die Markfasern recht zahlreich verstreut. Hier in VIb ist natürlich eine radiäre Lagerung der Zellen zwischen den Markstrahlen zu erkennen.
Die Area temporalis stellt demnach eine Formation dar, welche zwar sechsschichtig erscheint, eine äußere und innere Körnerschicht hat, aber immerhin recht verschieden ist von den übrigen homotypischen Formationen (Abb. 56- 58). Die Verpyramidisierung, d.h. die Umwandlung aller Zellen von der II. bis inklusive zur VIa-Schicht in Pyramidenzellen, die eigentümliche Formung der II. Schicht, die eine vielfach unterbrochene Zeile von kleinen und kleinsten Zellen darstellt, die auch Häufchen und Glomeruli bilden können, die Zellarmut der III. Schicht, bei äußerst starker Entwicklung der V und VI, sind Eigenarten genug, die es rechtfertigen könnten, daß man sie zu den heterotypischen Rinden zählte. Ferner ist die II. Schicht durch eine lichtere Zone von der III. getrennt.
Die Formation ist stellenweise sehr breit, sie gehört zu den allerbreitesten Rindenabschnitten; die horizontale Schichtung ist nicht sehr ausgeprägt; eine senkrechte Streifung ist nicht vorhanden. Am meisten Ähnlichkeit hat die Area temporopolaris mit der Area frontalis intermedia FC, man vergleiche hierzu Tafel XCVII mit Tafel XII, und man wird zugeben müssen, daß die Ähnlichkeit eine ziemlich große ist; wir zählen sie auch in ihren vorderen Partien zum Rindentypus 1 und ihre hinteren zu 1 (2), zudem ja auch FC gehört; der Unterschied liegt vor allem in der II. Schicht, die in TG ihren eigenen absonderlichen Typus hat; die III. Schicht ist in FC zellreicher, die V. Schicht schmäler, die VI. enthält keine Pyramidenzellen.
Zusammenfassend läßt sich sagen:
I. 0.29 mm, recht breit, kernreich, ca. 8 Nervenzellen pro 0.1 mm3, Zellen groß 10-12 / 5-8 µ
II. 0.09 mm, äußerst schmal, bloß eine oder zwei Zeilen von Pyramidenzellen von 5-20 / 5-10 µ Größe. Zeilen oft unterbrochen, auch kleine Glomeruli bildend.
III. 1.10 mm, sehr breit, aus recht großen Zellen bestehend, eher zellarm, strukturlos, ca. 25 Zellen pro 0.1 mm3 von 20-30 / 12-20 µ. Zellen tränenförmig.
IV. 0.17 mm, äußerst schmal, ungleichmäßig und unterbrochen, aus Pyramidenzellen bestehend, von 8/7 µ, 10/8 µ und 25/10 µ Größe, ca. 50 pro 0.1 mm3; keine Zellsäulen.
V. 0.70 mm, sehr breit, zelldicht, besteht aus schönen Pyramidenzellen von 20-40 /10-20 µ, die zu 35 pro 0.1 mm3 stehen und sich sehr dunkel färben.
736 Lobus temporalis.
VI. 1.50 mm, äußerst breit, VIa sehr zelldicht, tiefer gefärbt noch als V, besteht auch größtenteils aus Pyramidenzellen von 30/20 µ, ca. 40 pro 0.1 mm3. VIb ist zellarm, 12-15 Zellen pro 0.1 mm3, meist Spindelzellen von 20-25 / 10 µ, löst sich sehr allmählich im Mark auf.
Man sieht daraus, daß die innere Hauptschicht in der Richtung vom Occipitalpol zum Temporalpol eine sehr starke Änderung erfährt (s. Abb. 77-84). Während für die Occipitalpartien es charakteristisch ist, daß die V. und VI. Schicht eher schmal sind und kleinzellig, daß die V. Schicht mit Ausnahme ganz vereinzelter sehr großer Zellen eigentlich kleinzelliger ist als die VI. Schicht und daß die V. Schicht keine Pyramidenzellen sondern kleine polymorphe Zellen enthält und auch die VI. Schicht keine schönen großen Spindelzellen, sondern mehr horizontal oder schiefgestellte kleine Zellen, ändern sich diese Verhältnisse von rückwärts nach vorn zu im Temporalhirn gründlich, indem schon in der Area PH(T) die V. Schicht Zellen von der gleichen mittleren Größe wie VI enthält. Weiter nach vorn in der Area TE treten schon Pyramidenzellen in V und große Spindelzellen wieder in VI auf, und hier nun am Temporalpol sind sogar V und ein großer Teil von VI von schöngeformten Pyramidenzellen reich bevölkert, und die V. Schicht ist wieder zum Teil großzelliger als die VI.
Derart gebaut, überzieht diese Area wie gesagt kappenartig den ganzen temporalen Pol; sie überzieht auch das vordere Fünftel der zweiten und dritten Temporalwindung an der lateralen Temporalfläche und grenzt hier nach hinten an die Areae TE1 und TE2, in die sie sehr allmählich übergeht (Abb. 92, 93, 95). Median davon an der Hirnbasis grenzt sie nach hinten auch noch an die Area fusiformis TF, in die sie ebenfalls sehr allmählich übergeht, am Culmen und in der Wand der dritten Temporalfurche. In der Fissura rhinica dagegen behält sie ihren Charakter und überkleidet oft auch noch die dorsale Wand der Fissur, welche die untere Wand des Rhinencephalons ist, und zieht noch spornförmig etwas nach hinten (s. S. 209, Abb. 93). In der Richtung der Fortsetzung dieses Spornes zieht dann die bandförmige, der TG sehr ähnlich gebaute Area TH die Ober- und zum Teil die Unterwand des Sulcus occipitotemporalis überziehend nach hinten, die wir auf S. 728 schon erwähnt und beschrieben haben, gleichsam als Grenzband der homotypischen Rindenpartien gegen das Rhinencephalon. Dorsal grenzt an der medianen (basalen) Hirnfläche die Area temporopolaris TG an die Areae des Uncus HA, B, C, welche ebenfalls nicht mehr homotypisch gebaut sind und wahrscheinlich schon allogenetischen Ursprungs sind. Die Grenze befindet sich nur zum Teil in der Tiefe der Fissura rhinalis (S. occip. temp.), meist sogar, wie schon oben gesagt, auf der dorsalen Wand der Fissur (Tafel CVI und CVII). Die Grenze ist hier eine ganz scharfe zum Unterschied der Grenzen gegen die homotypischen Formationen. Auf diese Grenze gegen die Uncusformationen kommen wir noch im nächsten Kapitel bei der Beschreibung der Areae des Hippocampus zu sprechen. Auf der lateralen Fläche der ersten Temporalwindung reicht die TG ebenfalls etwas weiter nach rückwärts, so daß sie hier bei geschlossener Sylvischer Spalte sogar der vordersten Partie des Operculum Rolando gegenüber zu liegen kommt; auf der dorsalen Fläche der ersten Temporalwindung überkleidet sie dann den Wulst, die Gruben und windungsartigen Erhebungen der vordersten Partie derselben, die gleichsam als die Ausläufer der ersten Heschlschen Windung und der hinteren Insel erscheinen, d. h. die vordere Hälfte der sog. insularen Abteilung des Sylvischen Bodens oder - wie man sich auch ausdrücken kann - die vordere Hälfte der Gyri temporales transversi anteriores Schwalbe (vgl. Abb. 21, g. tr. a. S. mit Abb. 92), während die rückwärtigeren dieser Buckel von der Area TA2 überdeckt sind, die also hier ebenso wie am lateral oberflächlichen Culmen der ersten Temporalwindung die hintere Begrenzung der TG ausmacht.
Area temporopolaris. 737
Auf der insulären Abteilung der dorsalen Fläche der ersten Schläfenwindung grenzt sie dann in der Richtung gegen die Tiefe der Sylvischen Grube natürlich an die insularen Formationen selbst, und zwar rückwärts an den Auslauf von IBT (s. Abb. 92) und vielleicht auch IAB auf eine kurze Strecke, weiter vorn, in etwas größerer Ausdehnung, an das agranuläre heterotypische Feld IC (Area orbitoinsularis) (s. dieses S. 498) und dann auf kurze Strecke an ID oder, besser gesagt, an den Gyrus olfactorius lateralis. Diese Grenze an die insularen Formationen ist also die Fortsetzung der caudalen dorsalen Grenze an der lateralen Hirnfläche. Die dorsale Grenze an der medialen Hirnfläche ist die Grenze gegen den Uncus in der Fissura rhinalis (s. Abb. 93). Diese beiden dorsalen Grenzen sind verbunden durch die quer vom Inselpol zum Uncus verlaufende, kurze, vordere (frontale) dorsale Grenze der Area temporopolaris, welche längs des hinteren Astes des Gyrus olfactorius lateralis verläuft. Wir haben schon wiederholentlich (s. S. 426) erwähnt, daß der Gyrus olfactorius lateralis (g. ol. lt.) vorn, vom Trigonum und vom Tuberculum olfactorium aus, an der Hirnbasis (tu. o.) lateralwärts verläuft (Abb. 24) bis zum Inselpol, hier sich spitzwinklig knickt und von hier weiter an der Hirnbasis wieder zurück medial nach hinten zum Uncus respektive zu dessen Gyrus ambiens (g. amb.) und semilunaris (g. sml.) verläuft. Zwischen den Schenkeln dieses so entstehenden Winkels liegt die Substantia perforata anterior. Der vordere Teil dieses Gyrus olfactorius lateralis bildet den hinteren Saum (FK) des Frontalhirns (Abb. 95) resp. seine heterotypischen Area FI gegen die Substantia perforata (Tafel XLI, Bild 3 und 4). Die Knickungsstelle des Gyrus olfactorius lateralis bildet mit zum Teil den Inselpol (IP, Abb. 24), d. h. den Pli falciforme (p. f.) oder den medialen Saum ID der Insel (Abb. 95) (resp. der heterotypischen Inselformation IC) gegen die Substantia perforata (s. S. 496 und Tafel LVIII, Bild 1 und 2).
Der hintere Winkelschenkel des Gyrus olfactorius lateralis schließlich, der vom Inselpol zum Uncus verläuft, bildet auf eine ganz kurze Strecke den vorderen Saum (TI) der temporalen oder, besser gesagt, temporopolaren Formation und dann des Uncus gegen die Substantia perforata (Abb. 95). Seine Verwachsung mit TG, die durch eine seichte Furche markiert sein kann, verbindet als vordere dorsale Grenze dieser Area TG, deren dorsale Grenze zum Uncus an der Medianfläche mit ihrer dorsalen Grenze zur Insel an der lateralen Konvexität. Sieht man sich ein Hirn von der Basis an und hebt den Temporalpol auf, so sieht man ohne weiteres in der Tiefe, wo sich der frei überhängende Pol rückwärts und etwas lateral an die Hirnmasse, und zwar an den lateralen hinteren Winkel der Substantia perforata anheftet, diesen kurzen Saum (TI) an der Anheftungsstelle (Tafel XCVIII und Tafel LVIII, Bild 3-4 stellen diese Stelle dar). Der Gyrus olfactorius lateralis endet schließlich medialwärts in dem Gyrus semilunaris an der unteren medialen Uncusfläche (s. auch Abb. 95).
So hätten wir nun auch die dorsale Grenze der TG somit bestimmt. Wir sehen daraus, daß die TG dorsal (vorne) an lauter heterotypische Bildungen grenzt, denn sowohl IC, als TI, als der Uncus (HA, B, C) sind heterotypisch gebaut oder sogar allogenetische Rinde. Längs dieser dorsalen Grenze ändert nun auch die Area temporalis ihr Aussehen etwas, und zwar wird sie, wie schon gesagt, agranulär (also heterotypisch) (Abb. 56 bis 58) und schmäler (stellenweise bedeutend schmäler), und die II. Schicht zeigt wie immer in der Nähe des Rhinencephalons die Tendenz größere Zellen zu bilden, die sich zu kleinen Zellhaufen andeutungsweise zusammenballen. Wir wollen diese Variante der TG als TGa Pars agranularis Areae temporopolaris bezeichnen (Abb. 95). Wir haben schon bei Besprechung der Zellzusammensetzung der einzelnen Schichten der TG auf Seite 733 immer wieder dieser Variante Erwähnung getan, so daß es überflüssig ist, hier nochmals auf die Details zurückzukommen um so mehr, als es sich um eine lokale Variante handelt, die bloß einen Grenzsaum bildet und auch je nach der Nachbarformation etwas verschieden ist; man vergleiche hierzu TGa auf Tafel XCIX, die an den Uncus grenzt, und TGa auf Tafel XCVIII, die an den Gyrus olfactorius grenzt. Wir sehen, wie auf Tafel XCIX, welche die Grenze der TG gegen die Uncusformation darstellt, die innere Körnerschicht, welche in der oberen Partie des Bildes, welches noch die innere Hauptschicht der TG am Culmen darstellt, noch gut sichtbar ist in der Wand der Fissura rhinalis, welche die linke Hälfte des Bildes darstellt, der Tiefe zu immer mehr verschwindet III (IV), so daß zuletzt bei Höhe 21 / Breite 14 cm zwischen III. und V. Schicht gar nicht mehr recht unterschieden werden kann. Hier sehen wir auch, wie die II. Schicht die Neigung zeigt, ihre Zellen, welche noch größer und noch polymorpher geworden sind, als sie schon in TG waren, zu kleineren und größeren noch unregelmäßigen Glomeruli zusammenzuballen (Tafel XCIX, Höhe 17 / Breite 4.5 cm) . Im Kuppenwinkel bemerken wir den Hang der Zellen der III. und V. Schicht äußerst schmal und langgestreckt, beinahe spindelförmig zu werden.
738 Lobus temporalis.
Auf Tafel XCVIII, welche die Grenze gegen den Gyrus olfactorius posterior lateralis an der Hirnbasis zeigt (auch Tafel LVIII, Bild 3) sieht man ebenfalls in II die Neigung der Zelle, Häufchen zu bilden (Höhe 14 / Breite 32 cm), die besonders nach abwärts gegen die Wandtiefe zu ganz auffällige großzellige Gruppen bilden, die aus Spinnenzellen und Sternzellen bestehen. In der linken oberen Bildecke, welche den unteren Teil der III. Schicht und die ganze innere Hauptschicht am Culmen der Randwindung darstellt, sieht man die schmale IV Schicht noch ganz deutlich. Sie verschmälert sich nach rechts zu und verschwindet allmählich III(IV) (Höhe 23 / Breite 20 cm). Die Zellen der III. Schicht werden sehr lang ausgezogen. Sehr auffallend ist hier auch der Zellausfall in der III. Schicht, so daß größere zellfreie Lücken entstehen, Höhe 21 / Breite 25 cm, usw. Die Zellen sind vielfach direkt zu Spindelformen ausgezogen, wie in FI und dabei äußerst schmal, z. B. 40-60 / 10 µ. Die tieferen Teile von III, welche die Fortsetzung der IV bilden, bleiben noch auf eine kurze Strecke etwas zelldichter III(IV) bei Höhe 20 / Breite 21 cm. Die Pyramidenzellen der V. Schicht stehen hier auffallend dicht zu Reihen wie Soldaten geordnet zusammen in einer Art, die etwas an den Gyrus limbicus erinnert und der Dichtigkeitszunahme der V entspricht, der wir in der Nähe des Rhinencephalons immer wieder begegnen (Abb. 80). Gegen das Windungstal zu sieht man, wie sich die Molekularschicht äußerst tief hereinsenkt, Tafel XCVIII, Höhe 5 / Breite 22 cm, und wie scheinbar alle Schichten der äußeren Hauptschicht (bis auf die I.) aufhören und nur die V. und VI. mit etwas veränderter Zellgröße und Form um das Windungstal sich auf die andere Seite der Einkerbung der I. Schicht (in der Richtung des Pfeiles) zu schwingen scheinen, um hier die Zellen des Gyrus olfactorius lateralis abzugeben. Bedenkt man, daß der Gyrus olfactorius lateralis (FK und ID) überall von einem heterotypisch gebauten Saum gegen die homotypische Rinde umgrenzt ist, und zwar FK von der heterotypisch gebauten Area FI; und ID von der heterotypisch gebauten IC, so wird es als eine nicht zu übersehende Analogie aufgefaßt werden, daß auch der hintere Teil des Gyrus olfactorius lateralis, TI, durch den zwar schmalen aber agranulären heterotypischen Saum TGa von der sechsschichtigen Area TG getrennt ist.
§§6 und 7 werden gemeinsam für die ganze Regio polaris S. 740 und 741 behandelt.
Es ist vielleicht am besten, auch gleich hier den Bau des Gyrus olfactorius lateralis, und zwar seines an den Temporallappen angrenzenden hinteren Astes, zu besprechen, als Area pyriformis temporalis TI. (Tafel LVIII, Bild 3 und 4). Dessen, daß dies keine temporale Formation ist, sind wir uns wohl bewußt, allein der Umstand, daß man auf Hirnschnitten diesen Teil des Gyr. olf. stets hier in Verbindung mit der Area temporopolaris agranularis zu Gesicht bekommt, veranlaßt uns seine Architektonik an dieser Stelle zu besprechen, geradeso, wie wir die Architektonik der anderen Abschnitte des Gyrus olfactorius auch schon beim Frontallappen (FK) und bei der Insel (ID) besprochen haben. Wer demnach die Architektonik desselben als Ganzes durchsehen will, muß wohl bei F, S. 426 bis I, S. 496 nachlesen und hieraus sich stückweise das Nötige zusammensetzen. Auf Tafel LVIII, Bild 3 und 4, die, um einen besseren Überblick zu geben, bloß bei halber Vergrößerung als sonst (also 50 mal) aufgenommen sind und Teile einer Serienaufnahme eines einzigen Präparates darstellen, haben wir einen senkrechten sagittalen Schnitt durch die Rinde der Hirnbasis wiedergegeben. Bei normaler Lage des Gehirnes mit der Basis nach abwärts ist die linke Seite des Bildes 3 die untere, die rechte des Bildes 4 die obere Fläche des polaren Einschnittes an der Hirnbasis. Der Schnitt geht also durch die Stelle, wo der Temporalpol die Substantia perforata überdeckt. Der freie Hirnrindenrand bei TGa ist also die obere Lippe des Temporalpols; bei TI ist der Gyrus olfactorius lateralis (posterior), der nur zum Teil auf dieses Bild gekommen ist, und man kann hier den Übergang von TG(a) in TI gut sehen. Auf Bild 4 ist bei TI wieder der obere Rand des Gyrus olfactorius lateralis posterior abgebildet, dessen Übergang man in die mit TK bezeichnete Substantia perforata anterior lateralis sehen kann.
Area piriformis temporalis. 739
An Bild 3 sehen wir wieder, wie hier am Rande die Area temporopolaris vollkommen agranulär wird; ihre II Schicht zeigt bei Höhe 13.5 / Breite 15 cm den Hang, ihre Zellen zu kleinen Glomeruli zusammenzuballen, die Zellen der III. und V. Schicht sind kaum voneinander zu unterscheiden und sind eigentümlich lang ausgezogen. In der Talgegend sehen wir, wie auch hier die Zellen der V. Schicht sich zu mehrfachen Reihen dichter aneinander drängen. Hier bildet nicht wie auf Tafel XCVIII die Talsohle als solche das Ende der TG(a) gegen die Formation TI des Gyrus olfactorius lateralis, sondern wir sehen erst jenseits derselben, und zwar schon auf dem Gyrus olfactorius bei der mit dem Pfeile 1 versehenen Stelle diesen Übergang. Die äußere Hauptschicht verschmälert sich hier, und es sind größtenteils die Zellen der V. und VI. Schicht, die sich in das Gebiet der Area piriformis temporalis hineindrängen und unter die überaus breite I Schicht vorschieben. Letztere ist in ihrer oberen Partie sehr reich an kleinen Zellkernen (Ia). Auf Bild 4 sieht man dann noch besser, daß die Area piriformis unter der breiten I. Schicht eine ziemlich strukturlose Anhäufung von größeren Zellen bildet, deren obere Partie meist aus sehr dunkeltingierten Pyramidenzellen von 25/15 µ Größe (meist eine Trabantzelle dabei) besteht; man zählt ca 28 Zellen pro 0.1 mm3; während darunter sehr verschieden orientierte und verschieden große Spindelzellen sind, die die Größenmaße von 25/15 µ auch nicht übersteigen. Die Breite des ganzen Rindenquerschnittes von TI ist ungefähr 2.4 mm, doch ist die Begrenzung gegen das Mark eine sehr unsichere, denn hier schon sind die tieferen Markpartien von Zellzügen durchzogen, die in Verbindung mit den großen Ganglien, mit den tiefen Zellzügen der Substantia perforata und mit dem Claustrum stehen. Die Breite des Gyrus olfactorius lateralis posterior an der freien Hirnoberfläche beträgt ungefähr 3-4 mm. (Der Ramus posterior des Gyrus olfactorius lateralis [Area piriformis temporalis] zeigt eine weniger vollkommene Struktur als die auf Tafel LVIII, Bild 1 und 2, abgebildete Area piriformis insularis ID des Angulus gyri olfactorii und des Ramus ant. Areae piriformis frontalis FK Tafel XLI, Bild 3 und 4.)
Auf der anderen Seite des Gyrus olfactorius lateralis posterior ziehen die Zellen der Area TI, immer lockerer werdend, gegen die Substantia perforata TK und stehen scheinbar in lockerem Zusammenhang mit den Zellen derselben. Sie selbst zeigt hier in der lateralen Ecke des Olfactoriuswinkels (siehe die anatomischen Verhältnisse S. 499) die Struktur des Tuberculum olfactorium, und wir bezeichnen sie als Area substantia perforatae TK zum Unterschied ihrer medialen Partie, die das Basalganglion enthält und als Area praecommissuralis FN bezeichnet wurde (S. 413). Sie besteht aus einer äußerst breiten Fortsetzung der Molekularschicht, deren äußere Hälfte auffallend kernreich ist (größtenteils Gliakerne, die Markfaserzügen entsprechen, Brocasches Band?). Unter dieser Molekularschicht findet man ganglionäre Ansammlungen, und zwar in der Tiefe von größeren Zellen GG (Tafel LVIII, Bild 4) und darüber unter der Molekularschicht glomerulöse Ansammlungen von kleinen Zellen Gg (sog. Parolfactoriusinseln), die vielfach von gröberen Markfaserzügen durchzogen sind; diese kleinen Zellen machen den Eindruck grober Körner; die größeren Zellen sind meist Spindelzellen oder sternförmige protoplasmareiche Zellen. Unterhalb dieser Ansammlungen findet man viele größere Zellen von Spindelform oder Zellen mit mehreren Ausläufern im Gewebe. Sie sind entweder regellos und locker im Gewebe verteilt (Tafel LVIII, Bild 4, G) oder zu breiten Zellzügen geordnet. Diese Zellen sind immer sehr reich an Trabantzellen, oft sind ihrer 2-3 pro Zelle. Diese tiefen Zellen setzen sich dann kontinuierlich ins Mark fort und bilden lockere Zusammenhänge mit dem Grau der Stammganglien (G) oder des Claustrums (Cl).
Diese Area TK, welche die vordere laterale Partie der Substantia perforata und das Tuberculum olfactorium einnimmt (während die hintere mediale Partie von der Area FN, S. 412, eingenommen ist), weist nicht in ihrer ganzen Ausdehnung den ganz gleichen Bau auf. Nahe am Inselpol scheint sie z. B. recht zellarm zu sein (Tafel LVIII, Bild 2); ferner scheinen die glomerulösen Ansammlungen unter der Molekularschicht vorn mehr aus Stern-, caudal mehr aus Körnerzellen zu bestehen. Immerhin können wir der Einfachheit halber sagen, daß dieses Gebiet den ganzen Raum zwischen den beiden Schenkeln des Gyrus olfactorius lateralis einnimmt. Der Zusammenhang, in dem sich die Zellen der Substantia perforata in Gebiete von TK doch immerhin allerorts mit den Zellen der rudimentären Rinde des Gyrus olfactorius lateralis befinden, einerseits, die glomerulösen Zellanhäufungen unter der Molekularschicht andererseits, lassen (wie wir schon S. 412 und S. 499 auseinandergesetzt haben) den Gedanken aufkommen, daß dieser laterale Teil der Substantia perforata eventuell in seinen oberflächlichen Zellagen wenigstens als Rindenrest des bei Makrosmatikern hier vorhandenen allogenetisch gebauten Lobus parolfactorius angesehen werden könnten, und erst die tiefen Zellagen desselben als Ganglienmassen; während der übrige mediale hintere Teil der Substantia perforata FN (S. 413), der unmittelbar unter der Molekularschicht die Zellen des Basalganglions aufweist, wohl nicht als ein Rindenareal angesehen werden kann.
740 Lobus temporalis.
Diese Beschreibung der Substantia perforata ist recht summarisch, und die Subst. perf. würde wohl ein eigenes cytoarchitektonisches Studium verdienen. Wir haben dies hier unterlassen, da sie, wie auch die Untersuchungen von BECCARI und die von KRYSPIN-EXNER ergeben haben, nicht im engeren Sinne des Wortes einen Teil der Hirnrinde darstellt, wohl aber als Abkömmling der Wand des Hemisphärenbläschens architektonisch und entwicklungsmäßig eine Mittelstellung zwischen der Rinde und den großen Hemisphärenganglien einnimmt.
Ist die Area temporalis TG als homotypische isogenetische Rinde noch zu bezeichnen, so haben wir jedenfalls in TGa eine heterotypische isogenetische Randzone des Cortex zu sehen, während TI und vielleicht auch TK als rudimentärer allogenetischer Cortex anzusprechen sind (Abb. 56-58), während der übrige Teil (FN) der Subst. perf. als Cortex primitivus zu bezeichnen wäre.
FLECHSIG hat als erster myelogenetisch eine Polzone am Temporalpol verzeichnet. Der ganz eigenartige Bau der Area temporalis ist jedoch von den ersten Forschern auf dem Gebiete der Rindenarchitektonik übersehen worden, erst ELLIOT SMITH hat bei Beobachtung des Rindenmarks am frischen Hirn diese Gegend als eigene Area abgegrenzt und so benannt (Abb. 3-5). BRODMANN verzeichnete sie nachher ebenfalls auf seiner Hirnkarte (Abb. 6 und 7) und benannte sie ebenso, es ist sein Feld 38. Eine nähere Beschreibung ihres Aussehens gibt er jedoch nicht. Von Wichtigkeit ist BRODMANNs Feststellung, daß sie bei Tieren nicht vorzukommen scheint. CAMPBELL (Abb. 1 und 2) verzeichnet sie bei Mensch und Tier überhaupt nicht. VOGT gibt (Journ. für Psychol. und Neurol. Bd. 25, S. 304, Fig. 14) ein Schema der Cytoarchitektonik dieser Gegend, die unserer Beschreibung so ziemlich entspricht.
Wie gesagt war, soweit wir die Literatur übersehen, ELLIOT SMITH der erste, der nach dem Markbild sie abgrenzte; er zeichnet sie als sehr breite Rinde, welche von einem einzigen sehr schmalen und faserarmen Baillargerschen Streifen, etwas unterhalb ihrer Mitte, quer durchzogen ist; sonst ist die Rinde äußerst faserarm (Abb. 5, Nr. 18). SMITH zeichnet an seiner Hirnkarte auf der medianen Hirnfläche eine Fortsetzung dieser Area nach rückwärts, die er Area paradentalis nennt, die ebenfalls sehr breit ist, ebenfalls sehr markfaserarm ist und ebenso von einem sehr schmalen und noch undeutlicheren Baillarger durchzogen ist. Es könnte sein, daß diese Area paradentalis unserem TH entspräche, welche ja, wie wir S. 729 besprochen haben, in ihrem Bau eine große Ähnlichkeit mit der temporopolaren Area aufweist (?).
Sehr gut paßt zu diesem Bilde von SMITH das Markbild, das später VOGT von der Area temporopolaris gibt (s. Abb. 155, S. 699), sie ist im Verhältnis zu den übrigen temporalen Areae total markfaserarm. Die Radii, sagt VOGT, sind von mittlerer Zahl und mittlerer Breite, enthalten jedoch, zum Unterschied der anderen temporalen Areae, keine dickeren Einzelfasern. Die ausnahmsweise breite I Schicht zeigt eine Vierteilung und zeigt relativ recht viele Tangentialfasern. II ist sehr markarm; in III ist die Horizontalfaserung sehr spärlich. Die vereinzelt vorkommenden Einzelfasern sind dünn. IV zeigt sich deutlich als Band von Horizontalfasern, jedoch auch nicht so faserreich wie sonst. V ist faserarm. VI ist sehr breit und zeigt wieder eine nach abwärts sich steigernde relative Zunahme von Horizontalfasern. Das Markfaserband in IV ist - worauf VOGT aufmerksam macht - viel breiter als das Zellband der IV. Schicht.
Area substantiae perforatae. 741
Wie eingangs erwähnt, hat FLECHSIG am temporalen Pol unterhalb des Uncus ein eigenes temporopolares Feld myelogenetisch abgetrennt und als Primordialfeld 10 bezeichnet. Er zählt es zu seinen „autonomen Zonen hypothetischer Sinneszentren" (seine Felder 9-13). Die merkwürdige Kongruenz, daß die Flechsigschen frühmarkreifen Felder mit architektonisch heterotypischen oder allogenetischen meist sich decken, gilt insofern auch hier, als ein Teil von TG, nämlich TGa, heterotypisch gebaut ist. Wir haben aber außerdem S. 730, 731 erwähnt, daß der Bau des ganzen Temporalpols überhaupt ein so eigenartiger ist, daß man versucht wäre, ihn von vornherein trotz seiner Sechsschichtigkeit als heterotypisch zu bezeichnen. Die Area temporopolaris agranularis TGa dürfte BRODMANNs Feld 35 (Area perirhinalis) entsprechen, das ja ebenfalls agranulär sein soll. Die Area temporohippocampica TH dürfte vielleicht teilweise seinem Feld 36 (Area ectorhinalis) gleichzustellen sein, zu der er scheinbar, soweit man sich auf seinem Schema orientieren kann, auch einen dorsalen vorderen Streifen der temporopolaren Area TG (seines Feldes 38) zählt, ohne daß wir jedoch imstande wären, hier einen derartigen Unterschied außer TGa zu finden.
Was die Area piriformis temporalis TI anbelangt, so dürfte sie FLECHSIGs Feld 1 und vielleicht VOGTs Feld ai3 und ai4 entsprechen. Sie erstreckt sich auch zum Teil auf den Uncus, und zwar an dessen Unterfläche auf den Gyrus semilunaris desselben, der gleichsam das hintere und mediale Ende des Gyrus olfactorius lateralis darstellt. Der Gyrus semilunaris gehört also zur Area TI, während der konzentrisch denselben umgebende Gyrus anularis (oder ambiens) die Uncusformation HA aufweist, wie wir noch im nächsten Kapitel sehen werden.
Fragen wir uns nach der physiologischen Bedeutung der Area temporopolaris, so müssen wir die Antwort eigentlich schuldig bleiben. HENSCHEN, PROBST u. a. dachten in diese Gegend das Musikverständnis lokalisieren zu können, HENSCHEN speziell das Musiksinnzentrum (s. S. 704). Wäre die Brodmannsche Beobachtung richtig, daß diese Area bei Tieren kein Homologen hat, so würde dies evtl. wirklich im Sinne einer solchen Auffassung sprechen. Der Bau der Area TG spricht allerdings nicht zugunsten einer solchen Annahme; die eigentümliche II Schicht, die keine gleichmäßige Körnerschicht darstellt, sondern mehr zu Gruppen und Häufchen geordnete Sternzellen zeigt, deutet die Nähe und wohl auch die Zugehörigkeit zu dem großen Areale der Median- und Basalfläche des Gehirnes an, welches unter dem Namen des Riechhirnes zusammengefaßt wird und welches beim Menschen wohl höchstwahrscheinlich nicht dem Geruchsinn allein mehr dient; die Nähe der Präsubiculargegend, welche wahrscheinlich zum Geschmacksinn in enger Beziehung steht, ließe auch an einen Zusammenhang mit diesem Sinne denken. Welcher Art eine derartige Funktion jedoch in Beziehung zum Geruch- oder Geschmacksinn sein könnte, ist noch ganz unbestimmt. FLECHSIG zählt das Gebiet, wie oben gesagt, zu den Primordialfeldern, aber doch nicht zu den eigentlichen Sinnessphären - gegen eine solche Annahme spräche auch der cytoarchitektonische Bau - jedoch zu den in enger Verbindung zu ihnen stehenden autonomen Feldern; die ersten Markfasern, die in TG sich entwickeln, gehören zur Balkenfaserung. Der Zellaufbau - Rindentypus 1 und 1 (2) -, der an FB und FC erinnert, legt den Gedanken nahe, daß diese Gegend des Temporallappens auch motorische oder sonst irgendwelche efferente Funktionen im Zusammenhang mit diesen Sinnen haben könnte. Allerdings wäre dann wieder nicht recht zu verstehen, warum diese Area bei Tieren auch bei Makrosmatischen fehlen sollte, falls BRODMANN mit dieser Beobachtung wirklich recht behalten sollte. Wir sehen, daß wir trotz aller dieser Überlegungen aus den „Hypothesen" nicht herauskommen.
Dagegen ist wohl - ohne Einwand - anzunehmen, daß die beiden anderen Areae der Regio temporopolaris die Area piriformis TI und die der Substantia perforata TK zu dem Riechsinn in unmittelbarer Beziehung stehen.
742
Regio hippocampi: Area uncinata (prima, secunda, tertia) HA(1,2,3); Area parauncinata (prima, secunda) HB(1,2); Area rhinalis limitans HC; Area praesubicularis granulosa HD (Area praesubicularis granulosa limitans HD1; Area praesubicularis granulosa media HD2; Area praesubicularis granulosa glomerulosa HD3); Area pyramidalis HE (Area pyramidalis subiculi glomerulosa HE1α; Area pyramidalis subiculi simplex HE1β; Area pyramidalis cornu Ammonis HE2; Area pyramidalis [Gyr. digitat.] unci HE3); Area fasciae dentatae HF.
Wir haben den oberen Teil des großen Lobus limbicus der Medianfläche des Gehirnes (Abb. 22, L. s. a. und L. s. p.) gleich im Anschluß an den Lobus frontalis im 8. Kapitel besprochen auf Seite 432, wegen seines unmittelbaren anatomischen Zusammenhanges mit demselben. Nun wollen wir aus dem gleichen Grunde im Anschluß an den Temporallappen den unteren Teil des Lobus limbicus, den sog. Gyrus hippocampi (Abb. 22, Hi) besprechen. Derselbe reicht von der durch den Truncus der Parietooccipital- und Calcarinafurche rückwärts eingeschnürten Stelle, dem „Isthmus" des Lobus limbicus (Is.) am Splenium corporis callosi (Spl.) nach vorne an der Innenfläche des Gehirns bis nahe an den Temporalpol, wird aber vom Pole selbst nach vorn überragt. Nach unten ist der Gyrus hippocampi von den Temporalwindungen, und zwar dem Gyrus fusiformis und dem vorderen Teil der dritten Temporalwindung durch den Sulcus occipitotemporalis (ot.) und in dessen Fortsetzung der Fissura rhinica (rh.) abgegrenzt. Vorn bildet der Gyrus hippocampi ein wulstförmig aufgetriebenes Endstück, das auf der horizontalen oberen Fläche des Temporalpols aufsitzt und dann sich nach innen gegen die Hemisphäre und um 180° nach rückwärts wieder umbiegt; dies ist die sog. Hackenwindung oder der Uncus (U). Die nach hinten offene Knickungsstelle des Uncus nennen wir seine „Kniekehle". Am (lateralen inneren) Ende dieses nach hinten umgebogenen Hakens ungefähr setzt sich der Fornixschenkel, die sog. Fimbria (Fi.) an und zieht parallel mit dem Gyrus hippocampi und von ihm durch eine Furche getrennt, die Fissura hippocampi (hi.), nach rückwärts bis in die Balkengegend, um kurz vor dem Splenium nach oben und vorn in das Gewölbe Fo (Psalterium) unterhalb des Balkens umzubiegen. So ist also der Lobus limbicus inferior gleichsam ein kahnförmiges Gebilde, dessen mediale, der großen Hirnspalte zugewendete dicke Bordwand vom eigentlichen Gyrus hippocampi, dessen Bug vom Uncus und dessen laterale, viel schmälere, viel niederere, der Hirnmasse zugewendete Bordwand von der Fimbria gebildet wird. Der Hohlraum des Kahnes ist der Raum der Fissura hippocampi. Nach hinten allerdings ist der Vergleich nicht mehr durchführbar, die Wände gehen auseinander und nehmen den Balkenquerschnitt zwischen sich auf. Der Kiel des Kahnes taucht ins Unterhorn des Seitenventrikels und ist das sog. Ammonshorn. Während die mediale Wand des Hohlraumes, d. h. also der Gyrus hippocampi und der ganze Uncus in allen seinen Partien von Rinde überdeckt ist, rollt sich an der lateralen Wand, der Fimbriaseite des Hohlraumes, die Rinde in ihrer ganzen sagittalen Ausdehnung um sich selbst nach innen ein und bildet so am Grunde der Fissura hippocampi eine eigene längliche, wulstförmige, schmale, eingerollte Windung, den sog. Gyrus dentatus (g. dt.). Der restliche Teil der lateralen Wand, die Fimbria, ist dann nicht mehr von grauer Rinde überdeckt. Die Rinne, die zwischen diesem Wulst (Gyrus dentatus) und der Fimbria entstanden ist, nennt man den Sulcus fimbriodentatus (s. fd.), während die Rinne zwischen dem Wulst und dem eigentlichen Gyrus hippocampi den alten Namen der Fissura hippocampi (hi.) beibehalten hat. Auf der anderen jenseitigen Seite der Fimbria (der lateralen) befindet sich der Seitenventrikel (unteres Horn), dessen Eingang von dem lamellären (also nicht zu Rinde umgewandelten) ependymalen Rest der Hirnbläschen überzogen ist, Lamina affixa (Abb. 22, l. a.). Das freie Ende der eingerollten Rinde des wulstförmigen Gyrus dentatus ist in seiner ganzen sagittalen Länge von einem grauen, zellführenden Häutchen von Rinde überdeckt, das vielleicht genetisch nichts anderes ist als eine Längsfältelung dieser medialen Hirnbläschenwand, die sich zu einer abortiven Rinde entwickelt und sich auf diese kleine Windung des Gyrus dentatus gelegt hat; dieses Häutchen ist die Fascia dentata Tarini (f. dt.)
Anatomische Vorbemerkung. 743
Rückwärts unter dem Balkensplenium, nachdem die Fimbria schon als Crus fornicis sich hinaufgeschwungen und vom Gyrus hippocampi getrennt hat, setzt sich die Fascia dentata Tarini in die Fasciata cinerea (fs. c.) fort, die um das Balkensplenium (Spl.) dorsal sich nach aufwärts schwingt und als Induseum (ig.) auf dem Balkenrücken sich fortsetzt, während der übrige Teil des Gyrus dentatus und der grauen Rinde des Ammonshorns in den übrigen verdickten Teilen des sog. Gyrus intralimbicus (g. il.) (der die Taenia obtecta und Stria Lancisi enthält) und seiner Umschlagstelle auf den Balkenrücken, also unmittelbar lateral vom Induseum - das ja auch zum g. il. gehört - seine Fortsetzung nach rückwärts und oben findet (s. Abb. 129 a).
Verfolgt man dagegen den Gyrus dentatus in der Fissura hippocampi nach vorn, so sieht man wie im Bug, den der Uncus bei seiner Wendung nach hinten bildet, sich der Gyrus dentatus von der Fimbria lostrennt, welch letztere unmittelbar zur hinteren Spitze des lateralen, der Hirnmasse zugewendeten Uncusschenkels zieht. Unmittelbar darauf jedoch wendet sich auch der Gyrus dentatus im Bogen lateral hirnwärts gegen den Uncus und verschmilzt mit dem Endstück des Uncus; die kappenartige Fascia dentata verläuft dagegen weiter als Band über die Fläche des Uncus nach vorn außen als sog. Giacominisches Band (BG), das im Velum terminale Aeby seine Fortsetzung finden soll. Das hintere, ebenfalls recht dicke Ende des Uncus hinter diesem Band hat oft zwei bis drei windungsartige Züge, die Gyri digitati externi (g. d. u.); sie sind die Fortsetzung und das Ende des Gyrus dentatus, d. h. der Ammonshornbildung, wie noch später auseinandergesetzt werden wird. (RETZIUS nennt den ganzen Teil des Uncus, der hinter dem Giacominischen Band liegt, Gyrus intralimbicus, ein Ausdruck, der aber leider auch in Verwendung für die grauen Massen zwischen dorsalem Balken und Gyrus fornicatus steht und daher besser vermieden wird.) Von der Basis aus gesehen (Abb. 24) zeigt der ventromediale Uncusteil zwei konzentrische kleine flache Windungen ungefähr an der Stelle, wo der hintere Ast des Gyrus olfactorius lateralis (g. ol. lt.) sich an den Uncusteil anlehnt und endet; der medialere heißt Gyrus semilunaris (g. sml.) und der diesen konzentrisch umfassende Gyrus anularis oder ambiens (g. amb.). Der Gyrus ambiens ist vom übrigen Uncus durch den Sulcus rhinencephali internus (s. rh. i.) und vom Gyrus semilunaris durch den kleinen Sulcus semilunaris (s. san.) getrennt. Die dorsale Wand des Gyrus hippocampi - in der Fissura hippocampi - auf der das Ammonshorn zu liegen kommt, heißt Subiculum Corn. Am. Viele nennen die ganze dorsale Wand „subiculum", andere wieder den größten Teil des Gyrus hippocampi, soweit er am frischen Hirn eine weiße Oberfläche zeigt. Wir wollen hier in diesen Ausführungen nur den unteren Teil der dorsalen Wand des Gyrus hippocampi so nennen.
Diese grobanatomischen Vorbemerkungen genügen, um die Ausbreitung der cytoarchitektonischen Formationen zu verstehen; dieselben bilden ein eigenes Gebiet, das von allen anderen Hirnformationen sich sehr bedeutend unterscheidet und nur mit gewissen Teilen der oberen limbischen Windung, speziell mit deren retrosplenialen Partien, Ähnlichkeit und auch Zusammenhang hat. Dieses Gebiet wollen wir cytoarchitektonisch als Regio hippocampi bezeichnen.
Die Regio hippocampi (Abb. 96, 97, tiefdunkelblau) umfaßt also beinahe den ganzen Gyrus hippocampi mit Ausnahme seiner Unterlippe und seiner unteren Wand, welche in den Sulcus occipitotemporalis (Fissura rhinica) schaut und zur schon besprochenen Regio (temporalis) polaris und fusiformis gehört (TF, TG und TH). Es gehört zu ihr der ganze Gyrus uncinatus (Uncus und Gyri digitati = Gyrus intralimbicus Retzii), das Subiculum und der Gyrus dentatus und somit auch die sog. Ammonshornbildung. In frontocaudaler Richtung reicht dieselbe vom Temporalpol bis zum Isthmus lob. limbici und geht in die Regio retrosplenialis desselben direkt über. Die architektonischen Gebilde, die diese Region ausmachen, wollen wir mit dem symbolischen Vorzeichen H versehen. Man könnte hier leicht eine Unterteilung treffen und von einer Pars anterior, die den Uncusteil umfaßt, sprechen, einer Pars media, die dem eigentlichen Gyrus hippocampi entspricht, und einer Pars posterior, die den Übergang in die retrospleniale Gegend darstellt. Jedoch entspräche eine solche Einteilung keineswegs der architektonischen arealen Formung (s. Abb. 93) und wir wollen sie deshalb auch nur fallweise zur lokalen Orientierung verwenden. Die Regio hippocampi enthält nämlich mehrere cytoarchitektonische Formationen, welche zum Teil entsprechend der gestreckten Form des Gyrus hippocampi ihn und seine Nachbargebilde der Länge nach überziehen, so daß streifenförmige, langgestreckte Areae entstehen, welche über die Pars posterior, media und anterior sich erstrecken können.
744 Lobus limbicus inferior.
Alle Formationen der Regio hippocampi weichen vom gewöhnlichen Typus MEYNERTs, d. i. vom heute sechsschichtig genannten homotypischen Typus wesentlich ab. Größtenteils läßt sich ihre Bauart gar nicht durch eine Umwandlung aus dem sechsschichtigen Typus erklären, sondern sie hat von vornherein eine andere Anlage gehabt, ist also allogenetisch und hat einen ganz anderen Typus als die sonstige Hirnrinde (Abb. 56, 57, 58).
Die Regio hippocampi ist ihrer eigenartigen Architektur wegen schon oft studiert und behandelt worden. Auch MEYNERT hat sie schon immer zum Unterschied der übrigen Rinde als Rinde mit weißer Oberfläche oder „defekte Rinde" bezeichnet, was BRODMANNs Ausdruck der heterogenetischen Formation und unserem der allogenetischen Rinde, der VOGT entlehnt ist, entspräche. Doch fesselte meist bloß das Ammonshorn bisher das Interesse der Untersucher besonders. Erst BRODMANN hat verdienstvollst eine genauere cytoarchitektonische Durchforschung dieses Gebietes angebahnt und, was besonders wichtig für das Verständnis dieser Gegend ist, eine vergleichend anatomische Untersuchung begonnen. Leider hat er keine genügend eingehende Beschreibung und Illustration seiner verschiedenen Areae mehr geben können, so daß es bei den sehr komplizierten Verhältnissen dieser Gegend nicht mehr auch nur mit annähernder Sicherheit möglich ist, seine Befunde mit den unsrigen zu identifizieren. Außerdem scheint BRODMANN bei der Einteilung seiner menschlichen Areae sich zu strikte an die bei Tieren gefundenen Areae gehalten zu haben, auch dort, wo sie beim Menschen auch tatsächlich nicht mehr den gleichen Bau zeigen. Trotzdem soll bei Besprechung der verschiedenen Formationen, die sich in diesem Gebiete befinden, so gut es aus den verstreuten Angaben BRODMANNs sowie aus seiner „Vergleichende Lokalisationslehre" eben möglich ist, eine Identifizierung unserer Befunde mit den seinigen (in §5) vorgenommen werden, um späteren vergleichend anatomischen Studien möglichst viel Mühe und Arbeit zu ersparen (siehe hierzu auch §6).
Regio hippocampi 745
Die meisten Areae des Gyrus hippocampi bilden schmale, sagittale, nebeneinanderlaufende Streifen, ähnlich wie auf der hinteren Zentralwindung. Wir unterscheiden also in der Regio hippocampi folgende Areae (s. Schema Abb. 93). Vorn am Uncus - den größeren vorderen konvexen oberen und medialen Teil desselben einnehmend und auf den nach hinten gerichteten lateralen Schenkel desselben bis beinahe in die Höhe der Bandelette de Giacomini reichend - die Area uncinata HA (sie dürfte der Area endorhinalis dorsalis, Feld 34 BRODMANNs, entsprechen). Sie nimmt nicht den hinteren Teil des lateralen Schenkels des Uncus und auch nicht dessen Gyri digitati ein; diese werden von einer ganz anderen, später zu beschreibenden Formation überkleidet. Hinter der HA und unterhalb davon, und nach innen den Rest des Uncus einnehmend, dehnt sich die Area parauncinata HB auch über den vorderen Teil der Culmenfläche des eigentlichen Gyrus hippocampi aus; sie sieht der Area HA im Baue sehr ähnlich und dürfte identisch sein mit BRODMANNs Area endorhinalis (ventralis) Feld 28 (?). Nach rückwärts und innen von ihr zieht eine Area HC, welche wir als Area rhinalis limitans bezeichnen wollen; sie bildet die sich nach hinten zu verschmälernde, im Bau ziemlich ähnliche Fortsetzung der Areae HA und HB des eigentlichen Uncus; während HA und HB direkt an TGa angrenzen in der Fissura rhinica, grenzt HC an die Areae TF und TH. In ihrer Ausdehnung und Formung ist HC die variabelste dieser Areae; auf Abb. 93 ist der extremste Fall ihrer Entwicklung gezeichnet, wo sie dorsal von HB mit einer frontalen Fortsetzung als schmale Zunge bis in die Kniekehle des Uncus reicht und caudalwärts bis zum Isthmus, während sie in der Mitte des Gyrus hippocampi einen großen Teil seiner Kuppe einnimmt. Gewöhnlich ist ihre Ausbreitung nach rückwärts bedeutend reduziert, worauf wir in §5 von HC noch zurückkommen. Ebenso ist die frontale Fortsetzung oft kürzer, so daß vorn HB direkt an die nächstinnere Area HD und rückwärts THa an HB auch direkt angrenzen können. HC dürfte dem caudalen Teile vom BRODMANNs Area endorhinalis ventralis Feld 28 entsprechen. HA, HB und HC zeigen ja wirklich sehr allmähliche Übergänge ineinander, so daß man sie auch als eine einzige Formation auffassen könnte. Oberhalb dorsal (HB) HC (und TH) erstreckt sich beinahe in der ganzen Länge des Gyrus hippocampi (Abb. 93) eine sehr charakteristische, an ihrer breitesten Stelle zirka die Hälfte bis ein Drittel der Culmenbreite einnehmende granulöse, streifenförmige Formation, welche stets die obere Lippe des Gyrus hippocampi und einen Teil seiner dorsalen Wand im Sulcus hippocampi der Länge nach überkleidet und welche wir als HD Area praesubicularis granulosa bezeichnen wollen. Sie stellt den Koniocortex des Gyrus hippocampi dar. Diese langgestreckte schmale Area verjüngt sich nach vorn und nach rückwärts und ist ungefähr in ihrem mittleren Drittel am breitesten. Ihr vorderes schmales verjüngtes Ende liegt in der Kniekehle des Knickungswinkels des Uncus, ungefähr in der Nähe der Bandelette de Giacomini; ihr hinteres, ebenfalls sehr verjüngtes Ende verliert sich allmählich in der Tiefe des Sulcus hippocampi ventral vom Balkensplenium, wo sie am Isthmus gleichsam auf den Grund des Sulcus hippocampi unter die retrosplenialen granulösen Formationen LE schlüpft. Ihre größte Breite hat sie etwas vor der Mitte des Gyrus hippocampi. Auf dem Längsstreifen, den die Area praesub. granulosa bildet, folgt gegen die Tiefe des Sulcus hippocampi die ebenfalls längsstreifenförmige subiculäre Formation der Area pyramidalis HE, welche in frontocaudaler Ausdehnung das ganze Subiculum und Ammonshorn bildet und deren eingerollter freier Randsaum dann von der Fascia dentata kappenartig überdeckt ist, die wieder einen eigenen Bau hat und die Area dentata HF bildet. Nach vorn, dem Uncus zu, bildet die Formation der Area dentata auch die Bandelette de Giacomini; die Formation der Area pyramidalis dagegen überzieht vorn das ganze, von den Uncusformationen HA und HB freigelassene laterale, fimbriäre Ende des Uncus hinter dem Giacominischen Band mitsamt seiner Gyri digitati (s. Schema Abb. 93).
So viel zur vorläufigen allgemeinen Orientierung! Die genaueren Begrenzungen der einzelnen Areae gegeneinander und ihre Übergänge, besonders jene caudalen in die oberen limbischen (d. h. retrosplenialen) Formationen am Isthmus wollen wir in §5 genauer ausführen und dann in §6 sehen, wieweit wir unsere Areae mit denen anderer Forscher, besonders CAJALs und BRODMANNs, identifizieren können.
Betreffs der Abbildungen nun, die wir von der Regio hippocampica geben, sei folgendes gesagt. Auf Tafel CV-CIX geben wir eine Serie von fünf Übersichtsschnitten, quer durch den Gyrus hippocampi, beginnend mit einem Schnitt (CV) durch den Uncus und endend CIX mit einem Schnitt durch den Isthmus (s. Schema Abb. 115b). Diese Bilder geben bei 25facher Vergrößerung eine gute Orientierung über die Beziehung der Areae dieser Gegend zueinander sowie auch zur unmittelbaren temporalen Nachbarschaft, worüber die Beschriftung der Tafeln unmittelbar aufklärt. Die Form des Querschnitts des Gyrus hippocampi und somit auch das Bild der Lagerung und Ausbreitung seiner einzelnen Areae zueinander erfährt nicht unbedeutende individuelle Änderungen, um dieselben zu illustrieren haben wir von derselben Stelle, die auf Tafel CVIII abgebildet ist, noch ein Bild gegeben, wie sich dieselbe auf einem anderen Gehirn präsentiert hat, auf Tafel CXII. Der Unterschied ergibt sich durch unmittelbaren Vergleich der beiden Photographien und der Lage der beschrifteten Areae von selbst, und wir kommen später noch darauf zurück.
746 Lobus limbicus inferior.
Kann man auch schon aus diesen Übersichtsbildern bei 25facher Vergrößerung besonders mit der Lupe die Cytoarchitektonik noch recht gut unterscheiden und stellen sich gewisse Teile, so z. B. die Area granulosa HD, gerade bei dieser schwächeren Vergrößerung besser dar als bei stärkerer, so haben wir doch die einzelnen Teile dieser Areae auch noch bei einer stärkeren Vergrößerung abbilden wollen. Aus Raumersparnis, um mehr Bilder dieser Gegend geben zu können, ferner, da es sich hier in dieser Region weniger um feinste anatomische Details als um etwas gröbere morphologische Verhältnisse handelt, die mehr anatomisch(-physiologisches) als eventuell pathologisches Interesse bieten, haben wir als Vergrößerung die 50fache Vergrößerung ausnahmsweise gewählt, wie wir es ja aus ähnlichen Gründen schon für den größten Teil des bisher besprochenen Riechhirns früher gemacht haben. Nur noch Tafel C und CI geben einen Schnitt durch den vorderen und einen durch den mittleren Uncus bei 100facher Vergrößerung wieder, um einen Vergleich mit den übrigen Rindenpartien zu haben. Tafel CII, CIII, CIV geben aber 12 Einzelaufnahmen der Areae bei 50facher Vergrößerung wieder (s. Abb. 115b), doch sind diese Aufnahmen nicht regellos sondern ebenfalls der Reihe nach aufgenommen, und zwar so, daß z. B. Tafel CII, Bild 1, 2, 3, 4, und Tafel CIII, Bild 1 und 2 eine Serie von anschließenden Aufnahmen aus einem ähnlichen Schnitte wie Tafel CVI (jedoch eines anderen Hirns) darstellen, die der Reihe nach (s. Schema Abb. 115b) von der Mitte der Kuppe des Gyrus hippocampi über dessen obere Lippe hinüber Stellen dieser Gegend wiedergeben und der oberen Wand des Gyrus hipp. sowie des Cornu Ammonis und der Gyri digitati des Uncus (bei HE3), so daß man sich durch Aneinanderreihung der einzelnen Bilder den ganzen Gyrus hippocampi und die Nebengebilde rekonstruieren könnte. Abb. 156 a, b, c gibt die genaue Lage der einzelnen Photographien wieder. Ebenso gibt Tafel CIII, Bild 3, 4 und Tafel CIV, Bild 1 eine Serie von drei Aufnahmen wieder, welche der Reihe nach die ganze Kuppe des Gyrus hippocampi darstellen. Weiter caudal an einem Schnitte, der ungefähr dem Schnitte CVII (jedoch ebenfalls eines anderen Hirns) entspricht, an Bild 1 von CIV würden sich Bilder anreihen, welche wieder so ähnlich sind den Bildern Tafel CII, Bild 3 und 4, daß wir sie nicht wieder abgedruckt haben; nur in der Tiefe des Sulcus hippocampi befindet sich hier die Fascia dentata, die auf Tafel CIV, Bild 2 dargestellt ist. Tafel CIV, Bild 3 und 4 stellen dann als zwei zusammengehörige Bilder, von einem noch weiter caudal unmittelbar vor dem Isthmus geführten Schnitt (Abb. 156 c), den Kuppenwinkel des Gyrus hippocampi an der Stelle, wo die Formation HD, auf die es hier ankommt, schon recht reduziert ist. Wir haben absichtlich die Übersichtsbilder Tafel CV- CIX nicht vom gleichen Hirn genommen wie die Einzelbilder (Tafel CII-CIV), damit man sich auch eine Ansicht über die individuellen Verschiedenheiten dieser Areae bilden kann; damit man nun aber dieselben auch bei der gleichen Vergrößerung miteinander vergleichen könne, haben wir in Tafel CX von diesem Gehirn (von dem die Übersichtsbilder Tafel CV-CIX stammen) eine Aufnahme, ebenfalls bei 50facher Vergrößerung, gemacht, die ungefähr der Bilderserie des anderen Gehirns (Tafel CIII, Bild 3, 4; Tafel CIV, Bild 1; Tafel CII, Bild 3, 4) ebenfalls bei 50facher Vergrößerung entspricht und aus deren Vergleich man z. B. sehr gut die Unterschiede in der Konstitution der Areae HC und HD in beiden Hirnen erkennen kann. Außerdem haben wir vom Gehirn, von dem der Schnitt Tafel CXII herstammt, in Tafel CXI ebenfalls bei 50facher Vergrößerung diese Übergangsstelle in die granulöse Formation wiedergegeben, so daß nunmehr eine Orientierung und ein Vergleich unmittelbar leicht möglich ist bei Nebeneinanderstellung dieser Bilder.
Abb. 156a, b, c. Übersichtsschema von drei Frontalschnitten: durch den Uncus, den mittleren Teil des Gyrus hippocampi und den Isthmus gyri limbici, um die Lage unserer zwölf Photographien auf Tafel CII, CIII und CIV darzustellen.
Area uncinata. 747
Makroskopisch erkennt man auch schon am frischen Gehirn den Uncus und den oberen HA Teil des Gyrus hippocampi samt Ammonshorn daran, daß die Rinde infolge der zahlreichen Markfasern der I. Schicht weiß ist (Substantia reticularis alba Arnoldi). Außerdem ist die ganze Uncus- und vordere Hippocampusgegend eigentümlich netzig oder honigwabenartig anzusehen, und zwar so, daß kleinste weißumränderte Polygone einen etwas grau aussehenden Korn einschließen (Verrucae gyri hippocampi).
Am gefärbten Schnittpräparate (Tafel CV gibt bei 25facher Vergrößerung einen Übersichtsschnitt über den Uncus in beinahe sagittaler Richtung) erkennt man (links oben) makroskopisch eine sehr breite Rinde, deren Dicke am Culmen zwischen 3.0 und 3.5 mm und mehr schwankt (Abb. 26-29). Sie ist am dicksten vorn und unten in der Nähe der temporopolaren Formation und nimmt nach oben und nach hinten allmählich ab, so daß sie z. B. in der Nähe des hinteren lateralen Uncusschenkels, der von der Formation HE überdeckt ist, nur mehr 2.0 mm breit ist.
Ferner fällt makroskopisch schon (Tafel CV, Kuppe 3) eine breite I Schicht auf; die untere Grenze derselben gegen die zellreichen Rindenschichten trägt viele eigentümliche, sehr dunkelgefärbte warzenförmige kleine Gebilde; die äußere Hauptschicht scheint sonst gleichmäßig gefärbt; dann sieht man meist einen sehr deutlichen und recht breiten weißen Strich, unter dem ein schmälerer, sehr deutlich gefärbter zu sehen ist, der markwärts allmählich seine Farbe verliert; der weiße Strich ist an dem nach hinten gedrehten lateralen (fimbrialen) Uncusteile oft gedoppelt. Schon danach könnte man eine Partie HA1 mit einem, von einer Partie HA2 mit zwei weißen Streifen makroskopisch unterscheiden. Die Markbegrenzung erscheint recht scharf.
Mikroskopisch fällt es sofort auf den ersten Blick auf, daß es sich um eine mindestens heterotypische (wahrscheinlich sogar allogenetische) Rindenbildung handelt. Die Rinde zeigt eine sehr deutliche horizontale Schichtung, die jedoch einen anderen Charakter trägt als wir dies sonst gewohnt sind, so daß eine Identifizierung der Schichten mit den gewöhnlichen nur bei Verfolgung derselben bis zu den homotypischen benachbarten Formationen möglich ist und die Sicherheit einer solchen Gleichstellung noch immer bezüglich ihrer Richtigkeit fraglich bleibt. Es handelt sich hier um einen allogenetischen Cortex, in dem die einzelnen Schichten erkennbar jedoch in ihren Elementen ganz verändert sind, wir nennen einen solchen Cortex einen Cortex striatus (s. S. 202, Abb. 56 und 58). Die I. Schicht ist sehr breit; eine II Schicht in Form einer ununterbrochenen Zellschicht oder gar einer Körnerschicht fehlt überhaupt; an ihrer Stelle sieht man größere kugelige, warzenförmige Glomeruli aus sehr großen Zellen bestehend, welche in unregelmäßigen Abständen voneinander liegen, so daß zwischen ihnen die Molekularschicht bis zur III. Schicht reicht (siehe Tafel CV, Kuppe 3 und 2, und Tafel C). Die III. Schicht, aus Pyramidenzellen bestehend, ist die breiteste; in ihren oberen Partien ist sie zellocker und unregelmäßig zelldicht, ebenfalls mit Neigung zur Zellhaufenbildung; die Zellen sind von guter mittlerer Zellgröße; die IV. Schicht fehlt; an ihrer Stelle sieht man einen zellosen breiten weißen Streifen, der die oberen Zellschichten von den unteren scharf trennt; man wird gut tun, diesen Streifen, da die Rinde agranulär ist, als V(IV) zur V zuzuzählen; im hinteren Uncusteil lateral in der Nähe der Bandelette de Giacomini, ist dieser weiße Streifen manchmal gedoppelt und faßt dann die V. Schicht zwischen sich! (HA2) (s. Tafel CV, Kuppe 2 im Vergleich zu Kuppe 3); die V. zellige Schicht besteht dann aus sehr dichtstehenden großen Pyramidenzellen, die größten und besttingierten Zellen der ganzen Area, die einen deutlichen dunklen Streifen darstellen; die VI. Schicht ist heller und enthält kleinere Zellen. Also die großen und großzelligen, warzenförmigen Glomeruli, der weiße zellose Streifen an Stelle der IV. Schicht, und die streifenförmige großzellige V Schicht bei allgemeiner starker Rindenbreite sind die Charakteristica derselben im mikroskopischen Bilde - sie sind, wie wir in §1 gesagt, auch makroskopisch schon zu sehen. Von einer radiären Streifung ist nichts zu bemerken; die Zellen sind sehr schön und regelmäßig geordnet; die Grenze gegen das Mark ist scharf abgeschnitten; eine eigentliche Wandbildung gibt es nicht, da die Furchen sehr seicht sind und die Rinde sehr breit ist, bloß eine muldenförmige Einbiegung mit allgemeiner Verschmälerung ist zu sehen. Man könnte den Cortex auch in HA als heterotypischen Cortex bezeichnen, da man doch alle 6 Schichten an ihm unterscheiden kann; mit Rücksicht auf seine Entwicklung am vorderen Temporalpol, wo keine deutlich isolierte Nervenschicht sich bildet, ziehen wir es vor, ihn als eine Art Mittelbildung, als allogenetischen Cortex striatus zu rubrizieren.
748 Lobus limbicus inferior.
I | II | III | V(IV) | V | VIa | VIb | |
Breite am Culmen 2.0 mm, HA1 | |||||||
0.38 | 0.40 | 1.00 | 0.20 | 0.30 | 0.50 | 0.12 | mm |
Breite am Culmen 2.8 mm, HA1 | |||||||
0.28 | 0.28 | 0.96 | 0.20 | 0.36 | 0.56 | 0.16 | mm |
Breite am Culmen 2.0 mm, HA2 | |||||||
0.32 | 0.32 | 0.48 | 0.16 | 0.32 a 0.16 b 0.16 |
0.24 | 0.16 | mm |
Eine eigentliche Wandbildung gibt es nicht.
Relative Zahlen für HA1:
I | II | III | V(IV) | V | VI | |
0.12 | 0.13 | 0.36 | 0.07 | 0.12 | 0.20 | äH:iH = 61:39 |
I. Die Molekularschicht ist, wie gesagt, sehr breit, absolut und relativ; mit 0.38 mm erreicht sie Breiten, wie sie eben bei homotypischen Bildungen kaum vorkommen und schon an und für sich die Nähe des sog. „Riechhirns" andeuten; sie ist ziemlich kernreich; enthält ca. 56 Kerne pro 0.1 mm3, davon sind die meisten Gliakerne, die über den Querschnitt recht gleichmäßig verteilt sind; ungefähr fünf davon sind Nervenzellen von 10/8 µ Größe, meist dreieckig und sehr verschieden orientiert; einzelne davon, besonders in den caudaleren Partien von HA, sind jedoch viel größer, und zwar 20-30 / 10. Die untere Grenze läßt sich nicht genauer angeben. Zwischen den Glomeruli der II. Schicht reicht die Molekularschicht bis zur III., also ungefähr 0.70 mm tief! Viele möchten die Schicht auch wirklich so breit annehmen und die Glomeruli als Einschlüsse der I. Schicht betrachten, zumal sie ja im nativen Präparat von der Oberfläche aus als die grauen Einschlüsse der Marknetzmaschen der Substantia Arnoldi imponieren (s. §1). Verfolgt man jedoch die Glomeruli bis zum Übergang in die homotypische Rinde (z. B. Tafel CVI), so kann man sich ohne weiteres überzeugen, daß sie eigentlich doch der II. Schicht entsprechen. Infolgedessen wollen wir sie auch wirklich dazu zählen.
Area uncinata. 749
II. Die zweite Schicht. Diese Schicht kann hier also nicht Körnerschicht heißen, weil sie gar keine Körner enthält, sondern im Gegenteil die größten Zellen der ganzen Area in sich schließt. Diese Zellen sind zu runden Glomerulis zusammengeballt, welche 0.3 bis 0.5 mm im Durchmesser haben und aus einer der Grundmasse der Molekularschicht ähnlichen, etwas dunkler sich färbenden Grundsubstanz bestehen, in der sehr zahlreiche große Zellen enthalten sind. Die Zellen sind zum großen Teil dreieckig und pyramidenförmig, jedoch häufiger noch polygonal und sehr verschieden orientiert mit ihrer Längsachse; der Körper dick, plump und protoplasmareich, tingiert sich sehr stark; die vielen Fortsätze sind meist recht schmal; Kern und Kernkörperchen sind deutlich und groß. Die Zellgröße beträgt 30-40-50 / 20-25-40 µ, sie liegen gewöhnlich zu mehreren gruppiert mit mehreren Trabantzellen zusammen, 15-25 Stück pro 0.1 mm3. Sie haben einen großen blasigen exzentrisch liegenden runden Kern und ein großes Kernkörperchen und erinnern etwas an Zellen eines Neoplasmas, z. B. eines Glioma! Bei 25 µ Schnittdicke sieht man ca. 40 bis 50 Zellen in einem Glomerulus. Auf ca. 4 mm Bildbreite sind ca. 4-5 solcher Glomeruli zu sehen. Die Zwischenräume zwischen den Glomeruli sind ähnlich gebaut wie die Molekularschicht. Vereinzelte der ganz großen Zellen liegen ausnahmsweise auch außerhalb der Glomeruli und sogar recht oberflächlich in der I. Schicht manchmal. Tafel C zeigt in der linken Bildhälfte vier vom Schnitt quergetroffene Glomeruli, während in der rechten Bildhälfte drei tangential getroffene gerade noch zu sehen sind. Auch mitten im Tal können solche Glomeruli vorkommen (s. Tafel CV zwischen Kuppe 2 und 3).
Unterhalb der großzelligen großen Glomeruli sieht man manchmal auch kleinere und kleinzelligere; diese befinden sich jedoch eigentlich schon in der III. Schicht und werden dort gleich besprochen; manchmal sieht man jedoch auch in der II., in der gleichen Rindenhöhe wie die großzelligen Glomeruli, den einen oder anderen kleinzelligeren, dessen ebenfalls fortsatzreichen polygonalen und dreieckigen Zellen nur 20-25 / 10-15 µ Größe haben, wodurch solche Glomeruli sehr sichtlich von den vorher besprochenen abstechen. Sie enthalten 30-40 Zellen, sind ca. im Durchmesser 0.1 mm breit. Ihre Anzahl ist individuell sehr verschieden. Oft fehlen sie ganz.
III. Die Pyramidenzellschicht ist die breiteste Schicht der Area uncinata, ca. 1 mm breit. Man kann sie in eine weniger zelldichte und weniger geordnete obere IIIa und eine etwas zelldichtere und vor allem geordnetere untere IIIb-Schicht einteilen. Die Zellen der III. Schicht sind sämtlich von guter Größe, doch immerhin viel kleiner als die in den Glomerulis der II.; sie sind auch kleiner als die der V. Schicht. Die Zellen der IIIa sind auch etwas kleiner im allgemeinen als die der IIIb.
Die Zellen der IIIa liegen nicht dicht beieinander und recht unregelmäßig zueinander, so daß dieser obere Teil der Pyramidenschicht ein eigentümlich lückenhaftes Aussehen hat; außerdem zeigen auch hier die obersten Zellen die Neigung sich zu Glomeruli zusammenzuballen; zwar sind hier glomerulöse Gruppen nicht so regelmäßig und nicht so groß und bei weitem nicht so gut entwickelt wie die Glomeruli der II. Immerhin sind z. B. auf Tafel C bei Höhe 30 / Breite 11 cm die Tendenz zur Glomerulibildung nicht zu verkennen, und sie können auch noch schöner entwickelt sein als hier auf der abgebildeten Tafel. Ihre Zellen sind ebenfalls großenteils polygonale und dreieckige fortsatzreiche Zellen von 15/15 µ oder auch 20-25 / 15 µ und die Glomeruli von 0.2-0.3 mm Größe. Außer diesen Glomeruli weist die IIIa-Schicht auch noch zellarme, 0.3-0.5 mm breite Streifen, die sie gleichsam wiederholt von oben nach unten durchziehen, so daß solche Streifen gleichsam von I einfach nach III hinabzuziehen scheinen (s. Tafel CV, Kuppe 3 bei Höhe 33 / Breite 7.5 cm); dadurch ist der Eindruck, den IIIa macht, ein recht unordentlicher und unregelmäßiger. Von diesen Glomerulis und Streifen und Lücken abgesehen, zeigt IIIa sonst besonders mehr der Tiefe zu sehr schöne schlanke Pyramidenzellen von 20-25 / 10-15 µ Größe in einer Anzahl von ungefähr 20 pro 0.1 mm3; sie haben meist zu zweit einen Trabantzellkern.
750 Lobus limbicus inferior.
IIIb ist der regelmäßiger geformte tiefere Teil von III, er besteht aus sehr schönen schlanken, in ziemlich regelmäßigen Abständen voneinander abstehenden Pyramidenzellen von 25-30 / 15-18 µ. Auch von der Oberfläche gegen die Tiefe nehmen diese Pyramidenzellen kaum an Größe zu, sondern bleiben überall in ziemlich gleicher Verteilung, Dichtigkeit und Zellgröße. Meist hat jede Zelle einen Trabantzellkern, hier und da auch ihrer zwei. Es sind auch hier ca. 20 Zellen pro 0.1 mm3. Außer den größeren Pyramidenzellen sieht man noch in den tiefsten Partien von IIIb ziemlich zahlreiche Körnerzellen, und zwar jede Form von kleinster Kugelform von 4 µ Durchmesser bis zu kleinen dreieckigen und polygonalen Zellen von 7/8 µ usw. Sie stehen meist in Gruppen von 4-5 Stück isoliert oder auch versammelt zu einer größeren Gruppe im Verein mit mehreren näher aneinandergerückten von den größeren Pyramidenzellen. In den tiefsten Partien von IIIb zählt man ca. 30-40 solcher kleinster Körner pro 0.1 mm3.
Die untere Grenze von III ist äußerst scharf und klar gezogen.
IV. [Eigentlich V(IV)] Die innere Körnerschicht fehlt; aber nicht in dem Sinne wie sonst, daß ihre Zellen durch ihre Größe einen Bestandteil von III oder V bilden und man daher keine IV Schicht sieht, sondern hier ist ihr Gebiet zellos, es fehlen die Zellen in ihnen so gut wie überhaupt ganz, und sie bildet im Zellbild einen weißen zellosen Streifen, in welchem nur hier und da eine aus III oder V dislozierte größere Pyramidenzelle zu sehen ist. Diese Bildung ist für den Uncus sehr charakteristisch. Der weiße Strich teilt den Rindenquerschnitt in einen oberen und unteren Abschnitt; der letztere ist der schmälere und zellgrößere. Es sind in ihr keine Körnerzellen, nicht einmal irgendwie auffallende Kernzüge von Glia, aus denen man auf das Vorhandensein zahlreicher Markfasern schließen könnte. Die Breite beträgt ca. 0.20 mm. Nach oben und unten ist der Streifen scharf begrenzt 1).
[footnote p 750 1) Eigentlich gehört der Streifen zur V. Schicht, wie aus S. 756 hervorgeht. - Sonderbarerweise ist das Fehlen von Zellen in diesem Streifen von einigen Untersuchern für „pathologisch" gehalten worden.]
V. Die ganglionäre Schicht ist ebenfalls für die Uncusformation äußerst charakteristisch, sie enthält die schönsten und bestgeformten Pyramidenzellen der ganzen Schicht, die größer sind und sich viel tiefer tingieren als die der III. Schicht, und in mehrfachen übereinandergelegenen Zeilen zu einem 0.30- 0.40 mm breiten dunklen horizontalen gürtelartigen Streifen geordnet sind, der auch makroskopisch gut sichtbar ist. Die Zellen sind meistens 30-35 / 20-25 µ, mit langem Spitzenfortsatz, der immer senkrecht zur Oberfläche gerichtet ist; sie haben meist eine bis zwei Trabantzellen, gut sichtbaren Kern und Kernkörperchen. Sie tingieren sich auffallend dunkel, beinahe so dunkel wie die Zellen der großen Glomeruli. Gleich wie diese ziehen sie beim ersten Blick sofort das Augenmerk auf sich. Es sind ihrer ca. 22-25 pro 0.1 mm3. Nach oben und unten ist die Grenze der V. eine scharfe, nach oben gegen den weißen Strich, den die IV. bildet, und nach unten gegen die viel kleineren Zellen der oberen Partie der VI. Schicht. Nicht selten ist auch die untere Grenze von V durch einen weißen Streifen kenntlich gemacht, als ob der weiße Streifen der IV oder V(IV) hier gedoppelt wäre und die V zwischen seinen zwei Streifen aufnehmen würde. Besonders sieht man dieses Bild an jenen Teilen der Uncusformation, welche den hinteren lateralen gegen die Hirnmasse nach rückwärts umgebogenen Teil der Hakenwindung noch vor den Gyri digitati überkleidet. Tafel CV, Kuppe 2 zeigt diese Bildung, und wir wollen diese Varianten der HA zum Unterschied der übrigen, die wir HA1 nennen, als HA2 kenntlich machen; letzterer ist auch im ganzen etwas schmäler. Den zweiten Streifen wollen wir als Vb anführen. Aber auch in HA1, z. B. Tafel C, sieht man wenigstens den Ansatz zu diesem zweiten lichten Streifen unter dem Zellband von V. An den hinteren Partien der medialen Uncusfläche dagegen, in der Nähe von HB, wird nicht selten der obere helle Streifen undeutlicher, und der untere bleibt allein, oder es werden beide undeutlicher; man könnte diese regionale, individuell sehr variable Änderung als HA3 kennzeichnen (Tafel CVI).
VI. Die Spindelzellenschicht des Uncus ist recht breit, 0.62-0.72 mm. Sie zerfällt in eine breite, vier Fünftel ihrer Dicke ausmachende zelldichte VIa und eine schmale, sehr zellarme, kaum sichtbare VIb-Schicht. Die VIa besteht aus Zellen, die von der Grenze gegen V, wo ihre Zellen relativ klein sind, nach der Tiefe zu an Größe zunehmen; außerdem enthält die oberflächlichere Schicht, also die zellkleinere, recht viele pyramidenförmige Zellen, wir wollen sie VIa1 nennen, und die tieferen größeren spindelförmigen Zellen; diese Unterschicht bezeichnen wir als VIa2. VIa1 enthält ca. 30 Zellen pro 0.1 mm3 von 20-25 / 10 µ, meist mit einer Trabantzelle. VIa2 enthält ca. 25 Zellen pro 0.1 mm3 von 25-30 / 15 µ, meist mit einer Trabantzelle. VIb dagegen enthält bloß ca. 6 Zellen pro 0.1 mm3 von 15-30 / 15 µ, die sehr verschieden orientiert sind, meist horizontal liegen.
Area parauncinata 751
In HA2 scheint die VI. Schicht viel schmäler zu werden, dabei zellgrößer und dichter.
Auf Tafel CV sieht man, wie die VI. Schicht der HA2 über HB in die Kuppe 1 herüberzieht, um die Rinde der Gyri digitati zusammen mit bloß noch der I. Schicht zu bilden; doch davon später.
Betreffs der einzelnen Zellformen in den verschiedenen Schichten s. auf S. 779-782 den Auszug aus CAJALs Studien.
Hier wollen wir bloß wiederholen, daß die Area uncinata eine vielleicht heterotypische, wahrscheinlich sogar allogenetische Bildung ist, die ausgezeichnet ist durch 1. großzellige, große Glomeruli in der Höhe, wo sonst die II. Schicht zu sehen ist; 2. durch einen zellosen weißen Streifen an der Stelle, wo sonst die IV. Schicht zu erwarten wäre; 3. durch einen dunkelblau tingierten großzelligen breiten Pyramidenzellstreifen an der Stelle, wo sonst die V. Schicht sich befindet. Den so gebauten Bezirk bezeichnen wir als HA1. Im hinteren, oberen lateralen Teil des Uncus findet sich eine Variante des Typus, indem der weiße zellose Streifen gedoppelt ist und er die sog. V. Schicht zwischen sich aufnimmt; man kann diese Variante als HA2 bezeichnen, und im hinteren, unteren medialen Teil des Uncus kann von diesem gedoppelten Streifen auch der obere Streifen verschwinden, so daß wir einen weißen Streifen bloß zwischen V und VI haben, oder auch dieser kann entfallen; diese letzten Varianten bezeichnen wir als HA3. Beinahe jedes Hirn scheint hier bezüglich Ausbildung und Ausbreitung dieser Varianten gewisse Eigenheiten aufzuweisen. Der Gyrus ambiens auf dem Uncus ist ebenfalls von der Formation HA bedeckt, während der Gyrus semilunaris von der Formation TI des Gyrus olf. lat. überzogen ist. Bezüglich der Begrenzung der Area uncinata und ihrem Verhältnis zu den übrigen Areae hippocampi, also den Rest des §5, ferner §6 und §7 wollen wir später S. 772, 778, 788 gemeinsam für die ganze Regio hippocampi besprechen.
(Tafel CII, Bild 1 zeigt, bei 50facher Vergrößerung die gleiche Stelle wie Tafel CI bei 100facher. Wir geben dieses Bild bei 50facher Vergrößerung deshalb nochmals wieder, um es im Zusammenhang mit den an sie angrenzenden Gebieten auf Tafel CII zu zeigen, die ebenfalls bloß 50fach vergrößert sind. Tafel CVI ist bloß bei 25facher Vergrößerung aufgenommen und soll die Lage der Areae auf den Gyrus hippocampi resp. Uncus zeigen.)
Auf dem hinteren Teil des medialen Uncus und dem vordersten Teil des Gyrus hippocampi breitet sich diese Area aus und grenzt vorn an die Area uncinata (Abb. 93 und 95). Ihre Formation unterscheidet sich nur in wenigem von der Area uncinata, immerhin jedoch ist die Änderung konstant genug, um das Gebiet als eigene Area anzusprechen, die an dieser Stelle immer wieder zu finden ist, und zwar rechnen wir zur Area parauncinata jene Formation des Uncus, bei der die Glomeruli (Tafel CI) mehr verschwinden und zu einer beinahe kontinuierlichen Schicht aus denselben großen fortsatzreichen Zellen verschmelzen, aus denen die Glomeruli bestanden. Diese Schicht ist nicht ganz kontinuierlich, sondern sie zeigt noch an verschiedenen Stellen die Neigung Glomeruli zu bilden, besonders dort, wo sie dem Sulcus hippocampi zu an die Area HD grenzt. Ferner verschwindet hier der weiße Streifen der V. (IV.) Schicht oder wird wenigstens viel undeutlicher; er kann auch hier manchmal gedoppelt sein, aber er ist nie so auffallend wie in HA, dagegen persistiert hier meist der untere Streifen Vb. Auch die V. Schicht ist etwas weniger deutlich.
752 Lobus limbicus inferior.
Makroskopisch fällt schon die Verschmälerung der Rinde auf, die bloß noch gegen 2.5 mm Dicke mißt; an Stelle der warzenförmigen Glomeruli sieht man einen feinen, tiefblau gefärbten etwas diskontinuierlichen Streifen und darunter einen schmalen lichten Streifen. Der Rest der Rinde ist ziemlich gleichmäßig gefärbt; nur die V. Schicht erscheint auch hier bei manchen Gehirnen jedoch nicht bei allen, als dunkler feiner Streifen in der Tiefe der Rinde. Die Markgrenze ist scharf. Am frischen Hirn bildet sie einen Teil der Substantia reticularis alba Arnoldi, deren markhaltige Tangentialfasern der Rindenoberfläche ein weißes Aussehen geben, während die Glomeruli als graue Wärzchen durchschimmern.
Mikroskopisch fällt auch hier, trotz der guten horizontalen Schichtung, sofort die ungewöhnliche, wohl allogenetische Bildung auf, und zwar durch die äußerst breite I Schicht, die großzellige, zum Teil streifige, zum Teil noch glomerulöse II Schicht, die sowie die Glomeruli der HA die größten und besttingierten Zellen dieses Rindenabschnittes enthält; darunter ist ein lichter Streifen, der beinahe zellos ist und die II. von der IV. trennt; darauf folgt eine II Schicht, die ähnlich wie die der HA gebaut ist. Eine IV Schicht fehlt, die Area ist also agranulär, es fehlt jedoch auch der lichte Streifen, so daß die V. Schicht unmittelbar an die III. angrenzt. Die Zellen der V. Schicht sind auch hier dichtstehende Pyramidenzellen, und die V. hebt sich auch hier als Streifen ab, doch nicht mehr so deutlich wie in HA, da die Zellen nicht mehr so groß sind. Auch die VI. hat kleinere Zellen. Gegen den Sulcus hippocampi zu wird die Rinde auffallend schmäler und weniger deutlich geschichtet speziell dadurch, daß die V. Schicht weniger absticht. Aus denselben Gründen wie bei HA (s. 747) bezeichnen wir auch HB als allogenetischen Cortex striatus.
I | II | III | IV | V | VI | Gesamtrindendicke 2.5 mm | |
0.40 | 0.40 a 0.26 b 0.14 |
0.80 | 0 | 0.22 | 0.68 a 0.50 b 0.18 |
mm | |
Relative Zahlen: | |||||||
0.17 | 0.17 a 0.11 b 0.06 |
0.35 | 0 | 0.09 | 0.22 | äH:iH = 69:31 |
Auch zahlenmäßig fällt die absolute und relative Breite der I. und II. auf, welche das kolossale Überwiegen der äußeren Hauptschicht bedingt.
I. Die Molekularschicht ist äußerst breit, 0.40 mm. In ihrer Zusammensetzung gleicht sie vollkommen der Molekularschicht von HA, weswegen wir dorthin (S. 748) verweisen. Vielleicht enthält sie etwas mehr große Nervenzellen von 10-20-30 / 10 µ als die HA.
II. Die zweite Schicht. Auch hier ist die II. Schicht keine Körnerschicht, sondern die zelligen Elemente, die sie bilden, sind sogar abnorm groß. Die II. Schicht zerfällt hier in zwei Schichten. In eine obere IIa, welche diese großen Zellen enthält, und eine tiefere IIb, welche zum Teil zellos ist, zum Teil sehr zellarm. Eigentlich entspricht die IIb zum Teil dem unteren Teil der II. und zum Teil dem oberen Teil der IIIa-Schicht von HA. Da aber auch hier in III eine IIIa von einer IIIb zu unterscheiden ist, zählen wir den ganzen lichten Streifen zu II. Die II. Schicht ist infolgedessen abnorm breit, 0.40 mm, also ca. 17% der ganzen Rindendicke; IIa verhalt sich zu IIb wie 5:3. IIa besteht aus denselben großen fortsatzreichen, polymorphen Sternzellen wie die Glomeruli der HA, doch sind diese Zellen weniger zu Glomeruli geballt als zu gestreckten Zügen vereint, zwischen die ab und zu auch wieder ein Glomerulus eingeschaltet ist; Zellgröße und Zahl ist auch so ziemlich wie in HA, 30/20 µ Größe und ca. 15 pro 0.1 mm3, IIb dagegen ist zellarm, stellenweise ganz ohne Nervenzellen. Die vereinzelten Zellen, die drinnen vorkommen, sind meist versprengte große aus der IIa-Schicht. Gegen die III. Schicht zu ist die Grenze stellenweise recht scharf, stellenweise wieder dringen Pyramidenzellen aus der III. in die IIb in größerer Anzahl herein. IIb entspricht also, wie gesagt, dem Raum, der sich auch in HA zwischen Glomerulis und III befindet, nur daß dort dieser Raum doch von Zellen ziemlich bevölkert ist.
Area parauncinata. 753
III. Die Pyramidenzellschicht ist um ein Stück schmäler als die der Area uncinata; immerhin ist sie mit 0.80 mm recht breit und erreicht ca. 35% der Rindenbreite. Sie besteht aus meist mittelgroßen Pyramidenzellen, die in der oberen Partie von III sogar etwas dichter zu stehen scheinen (IIIa) als in der tieferen (IIIb). Die Zellgröße ist so ziemlich durchaus die gleiche, von ca. 25-30 / 15-18(-20) µ Größe und von schöner Pyramidenform mit langem Fortsatz. In IIIa zählt man 23, in IIIb 16 Zellen pro 0.1 mm3. Außerdem sind in IIIb ziemlich zahlreich sowie in HA kleinste Körnerzellen eingestreut. Auch hier weist die Pyramidenschicht zellarme, beinahe zellose Lücken und vertikale Streifen auf (Tafel CI, Höhe 25, Breite 24 cm).
IV. Die innere Körnerschicht fehlt wie gesagt. Auch ist hier zum Unterschied von HA die ihr entsprechende Lage nicht durch einen zellosen Streifen markiert, sondern die Lage fehlt überhaupt (Tafel CI, linke Seite), und es grenzt die V. Schicht unmittelbar an die III. Nur bruchstückweise sieht man hier und da (Tafel CI, rechte Seite) die weiße Lage noch angedeutet.
V. Die ganglionäre Schicht ist schmal (0.22 mm) und macht auch bloß 9% der ganzen Rindendicke aus; trotzdem ist sie recht auffallend, weil ihre Zellen in mehreren Zeilen wohlgeordnet und ziemlich dicht stehen, relativ groß sind (obschon kleiner als in HA) und sich sehr dunkel färben, so daß die Schicht, die nach oben und unten scharf begrenzt ist, wie ein schmales dunkelblaues Band schon makroskopisch gürtelförmig imponieren kann. Ihre Augenfälligkeit ist individuell recht verschieden; bei manchen Hirnen ist sie auffälliger als in HA, bei anderen dagegen weniger. Die Zellen sind meist schöne schlanke Pyramidenzellen von 20-25(-30) / 15-18 µ, mit langem Spitzenfortsatz; sie sind also hier in HB eher etwas kleiner als die der III. Schicht (zum Unterschied der HA, wo das umgekehrte Verhältnis besteht). Die meisten von ihnen haben eine Trabantzelle. Man zählt durchschnittlich 19 Zellen pro 0.1 mm3. In Tafel CVI sieht man rechts unter den Zellstreifen deutlich einen lichten zellarmen Streifen Vb.
VI. Die Spindelzellenschicht ist von guter Breite, ca. 0.70 mm, also von normaler Breite von 22% der Rindendicke. VIa ist ziemlich zellreich. Seine Zellen sind meist wirklich spindelförmig; die obersten Partien von ihr enthalten unter den Spindelzellen auch mehr Pyramidenzellen, während in der Tiefe bloß Spindelzellen vorhanden sind. Es sind ungefähr 21 Zellen pro 0.1 mm3, in den oberen Teilen von 20-25 / 10-15 µ und in der Tiefe von 25-30 / 10-15 µ Größe. VIb ist sehr zellarm, sehr schmal und gegen das Mark scharf abgeschnitten. Es sind ca. 5 Zellen pro 0.1 mm3 von 25/ 8-15 µ Größe und meist horizontal gestellt. Betreffs der Zellformen der einzelnen Schichten s. S. 779-782 den Auszug aus CAJALs Studien.
Die Formation der Area parauncinata ist also durch die Verschmelzung der großzelligen Glomeruli der II. Schicht zu einer IIa-Schicht charakterisiert, während darunter ein weißer zellarmer Streifen IIb sie von III trennt. Die horizontale Schichtung ist zwar gut, doch weniger gut als in HA, denn es fehlt der weiße Streifen (IV) oberhalb der V. Schicht, die selbst als dunkles schmales Band sichtbar ist. Auch HB gehört zum allogenetischen Cortex striatus (Abb. 56-58). Nun ändert die HB ihr Aussehen etwas, und zwar finden wir eine regionäre Änderung darin, daß in ihren hinteren Partien in der II. Schicht an Stelle der Glomerulizellen kleinere Sternzellen und Körnerzellen auftreten (Tafel CII, Bild 2). Ferner sieht man öfters unterhalb der V. Schicht einen lichten Streifen Vb, der die Va von der VI trennt (Tafel CVI). Diese Variante, die man als HB2 gegenüber dem beschriebenen Grundtypus HB1 bezeichnen kann, scheint besonders vorn dorsal vorzukommen, wo die HB die Kniekehle der Hakenwindung auskleidet (Abb. 93); hier sieht man auch besonders in der II. Schicht das Wiederauftreten von Glomerulis, während V undeutlicher wird (siehe dazu Tafel CII, Bild 3, linke Hälfte) 1). Man sieht hier außerdem das allmähliche Verschwinden von III oder, besser gesagt, ihr Aufgehen in V, während VI noch gut zu unterscheiden ist. Man könnte diese Modifikation als HB3 bezeichnen (Tafel CII, Bild 2 Pfeil 1-2 ↓ ).
[footnote p 754 1) Dieses Bild ist, wie gesagt, bloß 50mal vergrößert, ebenso alle folgenden (bis Tafel CV). Da es sich hier beim Riechhirn mit Rücksicht auf die etwas geringere Wichtigkeit für die Pathologie weniger um feinere Details, als um allgemeine, man möchte sagen, grobanatomische Verhältnisse handelt, haben wir es vorgezogen, mehr Bilder bei 50mal und auch geringerer Vergrößerung (25 mal) darzustellen, als eine geringere Anzahl bei stärkerer Vergrößerung wiederzugeben. Besonders war uns daran gelegen, auch Übersichtsbilder über die ganze Windung zu geben.]
754 Lobus limbicus inferior.
Die HB bekleidet den hinteren unteren Teil der medialen Uncuspartie, und zwar hauptsächlich die Kuppe desselben und die Kuppe des vordersten Teiles des eigentlichen Gyrus hippocampi; die untere Wand dieser beiden im Sulcus occipitotemporalis resp. rhinalis ist von der temporopolaren Formation TG (speziell TGa) resp. dessen Fortsetzung nach hinten eingenommen, an welche Bildungen HA und HB direkt grenzen. An der oberen Lippe des Gyrus hippocampi grenzt HB an die granulöse Formation HD (oder HC(D)), in die sie ziemlich unvermittelt übergeht (s. Tafel CVI, unterhalb Pfeil 3, und Tafel CII Bild 2 an dem Culmen der Kuppe). Die nach hinten (caudal) offene Kniekehle der Uncusbiegung ist in ihrer oberen Partie ebenfalls von der HB-Formation überzogen (Tafel CV, Pfeil 1-2); unmittelbar unter dem Rand beginnt jedoch in der Wand des Sulcus hippocampi auch hier die HD-Formation (s. Schema Abb. 93). Nach rückwärts endlich grenzt die HB an die HC, in die sie allmählich übergeht und mit der sie große Ähnlichkeit hat. Betreffs des feineren Zellbaues in HA und HB s. S. 779 (CAJAL). Weiteres über die Umgrenzung und Ausdehnung derselben wird auf S. 771 besprochen, wo §5 und nachher §6 S. 778 und §7 S. 788 aller Areae des Gyrus hippocampi gemeinsam besprochen werden.
Diese Area ist in frontocaudaler Richtung hintereinander (Abb. 93) die dritte, die zu den eigentlichen Uncusformationen gehört, welche, wie wir sahen, sehr eigentümlich gebaut sind und die Pars anterior regionis hippocampi bilden. HA, HB und HC gehen sehr allmählich ineinander über und könnten vielleicht auch als eine einzige Area angesehen werden, wie es BRODMANN getan hat, allerdings mit regionalen Varianten; sie entsprechen zu dritt wahrscheinlich der Area endorhinalis (Feld 28 und 34) von BRODMANN (s. Abb. 6 u. 7). Unsere Area rhinalis limitans HC ist das hinterste und innerste Stück derselben, sie sitzt auf dem vorderen und zum Teil mittleren Abschnitt des eigentlichen Gyrus hippocampi und bildet gleichsam die Abgrenzung dieser allogenetischen Formationen gegen die caudal an sie auf der Kuppe des Gyrus hippocampi selbst grenzenden isogenetischen Formationen TG und dann TH, welche unmittelbar caudal und ventral von ihr aus der Wand des Sulcus occipitotemporalis auf die Unterlippe der Kuppe des Mittelstücks des Gyrus hippocampi steigt. Sie (HC) hat auch dementsprechend einen weniger fremdartigen Charakter als die beiden vor ihr liegenden Areae HA und HB (s. Tafel CVII, Pfeil 1-2). Man könnte sie sogar manchmal eher schon als isogenetische und heterotypische Rinde auffassen als wirklich allogenetisch, zumal manchmal sogar ihr ventraler Teil eine IV. Körnerschicht birgt, also homotypisch gebaut ist. (Wir haben ja schon wiederholt darauf aufmerksam gemacht, wie schwer es in den Grenzgebieten des Riechhirns ist, zwischen allogenetischer Rinde und heterotypisch-isogenetischer zu unterscheiden.) Es hat aber die HC auch einen individuell viel variableren Charakter als die beiden anderen (HA und HB) und sieht bei verschiedenen Hirnen recht verschieden aus. Manchmal ist der Unterschied, wie wir noch sehen werden, so groß, daß man beim ersten Anblick kaum daran dächte, daß es sich überhaupt um die gleiche Formation handelt. So kann sie andere Male wieder einen völlig allogenetischen Typus haben. Auch die Rindenbreite kann hier sehr verschieden sein. Auch die HC ist ausschließlich eine Kuppenformation wie HA und HB. Wir bringen hier bloß zwei Beispiele der sehr verschiedenen Ausbildung, welche die HC offenbar annehmen kann. Der eine ist dargestellt durch ein Hirn, dessen Gyrus hippocampus (Kuppe) im Gebiete von HC wiedergegeben ist bei 50facher Vergrößerung im frontalsten Abschnitt durch Tafel CII, Bild 2 [HC(D)], im mittleren Abschnitt durch Tafel CIII, Bild 3, 4, und Tafel CIV, Bild 1, und im caudalsten Abschnitt durch Tafel CIV, Bild 3, 4; auf diesem Hirntypus hat HC ein sehr eigentümliches, nicht nur von HA und HB sehr verschiedenes Aussehen, sondern überhaupt einen recht fremdartigen Aspekt, der nur mit Mühe noch die Schichten erkennen läßt und sich eigentlich nicht sehr vom benachbarten einzigartigen HD-Typus unterscheidet. Der zweite Typus, den wir von HC zeigen wollen, ist durch Tafel CX ebenfalls in 50facher Vergrößerung dargestellt bei einem zweiten Hirn, und hier hat HC mehr den Typus einer gut geschichteten Rinde, welche eher an eine gewöhnliche isogenetische Rinde erinnert, die agranulär ist, als etwa an die benachbarte HD oder an die frontal vor ihr liegende HB und HA, deren großzellige Glomeruli ab und zu noch in sie in der Übergangszone hereinreichen können, wie Tafel CX, Höhe 19.5 / Breite 4 cm. Zum Ausgang unserer Beschreibung wollen wir den ersten dieser beiden Typen nehmen.
Area rhinalis limitans. 755
Die Rinde ist schmäler als die der HA und HB; sie wird besonders gegen die obere Lippe des Gyrus hippocampi schmal, und ebenso wird sie caudalwärts schmäler; die schmälsten Stellen sind sehr schmal, 1.4-1.6 mm breit, die breiteren 2.2 mm, also zu den dünnsten Rindenstellen gehörend (s. Tafel CIV, Bild 3). Makroskopisch ist von einer Schichtung an ihr mit freiem Auge bloß manchmal als dunkler schmaler Streifen die V. Schicht zu sehen (s. Tafel CVII). Die Grenze gegen das Mark scheint recht scharf, doch ist die Differenz der Tinktion keine so auffällige wie in HA und HB.
Tafel CIII, Bild 3 und 4 und Tafel CIV, Bild 1 bilden aufeinanderfolgende Aufnahmen der Kuppe des Gyrus hippocampi im Gebiete von HC, s. Abb. 115b. Tafel CIII, Bild 3 ist der untere, Tafel CIV, Bild 1, der obere Kuppenwinkel und Tafel CIII, Bild 4, die Mitte der Kuppe (s. Abb. 156); auf Tafel CIII, Bild 3, geht in der linken unteren Bildecke die HC über in die temporopolare Formation TG und deren Randbildung TGa. Die Kuppe rechts und das ganze Bild 4 (CIII) ist von HC eingenommen, die von der rechten oberen Ecke von Bild 4 in die Formation HD überzugehen beginnt, die in Tafel CIV, Bild 1, voll sich entwickelt (s. auch Abb. 115a und 116).
Es fällt nun an HC als Unterschied gegen die HB zunächst auf, daß auf die typische, sehr breite Molekularschicht (I) keine glomerulöse II Schicht oder keine Schicht abnorm großer Zellen mehr folgt, sondern daß es eine richtige II Schicht gibt von guter Breite, die eine richtige Körnerschicht ist. Allerdings sind die Körner etwas größer als gewöhnlich und eigenartig geformt. Darauf folgt eine ziemlich einheitlich aussehende, ziemlich zellockere und zum Teil lückenhafte Zellschicht, die bis zum Mark reicht. Diese bloß 1.2 mm breite Schicht läßt allerdings bei genauerer Betrachtung eine III., V. und VI. Schicht unterscheiden. Eine IV Schicht fehlt; die HC ist also (ebenso wie die HA und HB) agranulär (Abb. 70, 71). Die III. ist ungleichmäßig bevölkert und schmal, sie läßt sich als solche durch Verfolgung bis in die III. der benachbarten TG erkennen. Die V. ist ebenso bis in die Area TG zu verfolgen. Man kann auch an ihr mit einigem guten Willen eine mittlere bandartige, zellreichere Lage Vb zwischen zwei lichteren Lagen erkennen, wodurch sie an die V. der HB erinnert. Die VI. besteht deutlich aus einer dichteren VIa und einer allmählich sich ins Mark auflösenden VIb-Schicht. Dies der Typus der HC, der agranulär, also heterotypisch, wenn nicht gar allogenetisch ist; wir wollen ihn auch als allogenetischen Cortex striatus wie HA und HB (s. S. 747 und 752) auffassen.
756 Lobus limbicus inferior.
Der zweite Typus von HC (Tafel CX) erscheint breiter in seiner Rinde; unter der deutlichen II. Schicht, die eine richtige Körnerschicht, jedoch ebenfalls aus etwas größeren kahn-förmigen Zellen zusammengesetzt ist, breitet sich nicht eine einförmig aussehende, sondern eine sehr deutlich, mehrfach geschichtete untere Lage bis zum Mark aus, welche beinahe so gut geschichtet ist und die direkte Fortsetzung der entsprechenden Lagen wie in HB sind, also eine deutliche III Schicht, die von einer deutlichen V. getrennt ist, und zwar dadurch daß die V. Schicht aus deutlichen 3 Lagen besteht, einer lichten oberen, einer zellreichen bandartigen mittleren und einer lichten unteren, auf welche dann wieder die bandartige VIa und dann VIb folgt. Dieser Zusammenhang ist auf Tafel CVI und CVII gut zu sehen. Auch hier ist HC agranulär. Hinten und ventral an der Unterlippe des Culmen gyr. hippoc., wo die HC an die TG grenzt, welche sich auf den unteren Teil des Culmen hinaufschiebt, ist HC an der Grenze manchmal auch granulär, d. h. es entfällt der agranuläre Saum TGa der TG und es reicht die IV. Körnerschicht mit ihren Körnern aus TG direkt bis in die HC herein zwischen III und V, und zwar schieben sich diese Körner nicht an die Stelle des zellarmen Streifens oberhalb V, sondern oberhalb dieses oberen zellarmen Streifens ein, so daß man stellenweise von einem granulären Teil von HC sprechen könnte von HCg, der den Übergang zur homotypisch-isogenetischen Rinde bildet. Gegen die Area HD, d. h. gegen den Sulcus hippocampi, ändert die HC ihr Aussehen ziemlich stark, sie wird meist schmäler und zellarm; man kann hier von einer Übergangsbildung HC(D) sprechen, welche, wie wir später sehen werden, weiter caudal reichen kann als das übrige HC und auch weiter frontal anfängt, so daß man sie an manchen Hirnen sogar von dem Uncusknie bis zum Übergang in die retrosplenialen Bildungen am Isthmus verfolgen kann (siehe Tafel CII, Bild 2; Tafel CIV, Bild 1 und Tafel CIV, Bild 3; s. auch S. 766, 767).
Bei dem eben gezeigten Verhalten des individuellen und regionären Wechsels in der Rindenbreite und auch im Aufbau der Schichten ist es natürlich sehr schwer, Maße zu geben, die irgendwie eine allgemeine Gültigkeit haben sollen. Wir wollen daher bloß für den allgemeinen Grundtypus von HC die Maße nur des Überblickes wegen anführen.
I | II | III | IV | V a+b+c |
VIa | VIb | |
Gesamtdicke 2.0 mm (Kuppe) | |||||||
0.40 | 0.20 | 0.54 | 0 | 0.30 | 0.32 | 0.24 | mm |
relativ: | |||||||
0.22 | 0.12 | 0.31 | 0 | 0.17 | 0.18 | ||
Für HCg (an der Kuppe) Gesamtdicke 2.4 mm | |||||||
0.40 | 0.16 | 0.64 | 0.16 | 0.24 | 0.40 | 0.40 | mm |
Schließlich für HCa vorn und in der Nähe von HD findet man bei einer Gesamtdicke von 1.8 mm | |||||||
0.28 | 0.22 | 0.60 | 0 | 0.20 | 0.24 | 0.26 | mm |
I. Die Molekularschicht ist also im allgemeinen äußerst breit, schwankt zwischen 0.28 und 0.40 mm und kann somit bis zu 22% der Rindendicke ausmachen, was jedenfalls sehr viel ist. Die Schicht ist außerdem sehr kernreich, ca. 60 pro 0.1 mm3; die Kernanzahl ist über die Oberfläche ziemlich gleichmäßig verteilt. Zirka 6 davon sind Nervenzellen, die meist spindelig sind und entweder horizontal oder senkrecht orientiert sind, von 10-18 / 7-8 µ Größe; daneben vereinzelt und nicht gerade selten Zellen von 8-10 / 20-25 µ, die also horizontale gestreckte größere Zellen darstellen; die Schicht ist also relativ großzellig. Die Begrenzung der ersten Schicht nach unten ist recht scharf.
Area rhinalis limitans. 757
II. Diese zweite Schicht ist von normaler Breite, ca. 0.20 mm. Ihre Elemente sind regionär jedoch auch individuell recht verschieden. Sie besteht aus Körnern, doch handelt es sich meist nicht um kleine Körner (Tafel CIII, Bild 4), sondern um größere, welche flach dreieckiges, kahnförmiges und polygonales Aussehen haben und meist horizontal gestreckt sind. Es sind ihrer ca. 45 pro 0.1 mm3, welche meist 10/20 µ Größe haben und ziemlich weit mehrere Fortsätze entsenden (siehe besonders Bild 4, Tafel CIII). Diese Zellen haben trotz ihrer relativen Kleinheit noch immer eine gewisse Ähnlichkeit mit den großen tiefgefärbten Zellen der Glomeruli der HA und HB. Auf Bild 3, Tafel CIII sieht man unten links noch TG, darauf, den Kuppenwinkel bildend, TGa, darauf, vom radiären Pfeil 1 aus die rechte Bildseite einnehmend, HC, das das ganze Bild 4 einnimmt und auf Tafel CIV, Bild 1, Pfeil 3 in HD (bei Höhe 35 / Breite 5 cm) übergeht, welches das ganze übrige Bild 1 einnimmt. Nun sieht man hier wie beim Übergang in HD sich allmählich mehr und mehr senkrecht stellende kleine dreieckige und pyramidenförmige Zellen an Stelle der horizontalen treten. Man könnte von einer Zwischenbildung HC(D) sprechen. Aus solchen kleinen Pyramidenzellen besteht meistens auch die II. Schicht der caudalen Teile von HC (Tafel CIV, Bild 3). Beim Übergang zu TGa (Bild 3, Tafel CIII bei Pfeil 1) sieht man hinwiederum, wie die horizontalen Zellen der II. in HC gegen die Temporalbildung sich allmählich wieder verlieren, um dann den dichtstehenden pyramidenförmigen größeren Zellen und polygonalen Zellen der schmalen und etwas dichteren II. Schicht der temporopolaren Formation TG Platz zu machen. An der II. Schicht allein könnte man also in dieser Nachbarschaft die HC schon erkennen.
Bei anderen Hirnen wieder findet man diese II Schicht aus horizontal gestellten Zellen gar nicht, sondern hat bloß in allen Teilen von II (wie auch sonst in den caudalen Teilen von HC) lauter kleine Pyramidenzellen von ziemlicher Größe, ( 15/10 µ ) und ca. 60 pro 0.1 mm3 an Zahl, z. B. Tafel CX, die eine deutliche, etwas großzellige II Schicht bilden (Tafel CX, Pfeil 1-2). Ob mit diesen zwei Arten alle Formen, die die II der HC annehmen kann, erschöpft sind oder ob es noch andere Varianten gibt, kann man nicht mit Bestimmtheit sagen. Manchmal erkennt man auch an HC eine gewisse Tendenz der Zellen der II. sich zusammenzuballen und einen Glomerulus anzudeuten, vielleicht sind dies aber auch bloß versprengte Glomeruli aus dem frontaleren HA oder HB (Tafel CX, Höhe 23 / Breite 4 cm).
III. Die Pyramidenschicht ist mit ca. 0.60 mm im Durchschnitt schmal, auch relativ ist sie etwas unter dem Durchschnitt (31%). Sie trägt das Gepräge der III. Schicht aller Uncusformationen, d. h. die Zellen sind nicht wohlgeordnet, ihre Verteilung eine recht ungleichmäßige, so daß vielfach sogar Lücken (s. Bild 3 und 4, Tafel CIII) in der Zellverteilung zusehen sind, die Pyramidenzellen sind relativ von guter Größe und mehr oder weniger alle von ziemlich gleichem Kaliber. Man zählt durchschnittlich 16 Zellenpro 0.1 mm3 von 25-35 / 10-20 µ. Es sind ziemlich protoplasmareiche und fortsatzreiche Pyramidenzellen, deren Orientierung zur Oberfläche nicht immer eine senkrechte ist. Sie sind meist von einer, oft genug auch von zwei Trabantzellen begleitet. Außerdem sind verstreut noch ziemlich viele Körnerzellen dazwischen, und zwar meist kleinste von 4-6 / 4-6 µ und von verschiedener Form und daneben auch Zellen von 8/10 µ Größe. Im ganzen sind ca. 25-45 solcher kleinen Zellen pro 0.1 mm3 verstreut. Wegen ihrer Kleinheit fallen sie kaum auf, sie sind aber kein zufälliger Befund, sondern gehören scheinbar zum Bilde der Uncusformation.
An manchen Hirnen wieder scheint die III. Schicht zellkleiner und zellreicher zu sein; so haben wir an einem Hirn über 45 Pyramidenzellen pro 0.1 mm3 gezählt, allerdings bloß von der Größe 15-20-25 / 10-15 µ. Auch auf Tafel CX ist die III. stellenweise zellreich. Man sieht auch darin, wie verschieden das Bild von HC von Fall zu Fall sein kann. Gegen HD zu wird die III. in HC zunehmend zellärmer und schmäler (s. tafel CIII, Bild 4 und Tafel CIV, Bild 1). Es ist auch darin eine gewisse Grenz- oder Übergangsformation HC(D), welche allerdings bloß einen Saum zu HD bildet, charakterisiert. Doch zieht dieser Saum oft weit caudal noch, wenn die übrige HC schon längst aufgehört hat und ihr Platz auf dem Culmen des Gyrus hippocampi längst schon von TH eingenommen ist z. B. nahe beim Isthmus; auf Tafel CIV, Bild 3, zeigt dieses Gebiet, das man allerdings schon als HD bezeichnen kann (linke Wand) noch deutlich Ähnlichkeit mit HC(D). (Sonderbarerweise ist auch diese zellarme Zone von einigen Forschern als „pathologischer" Befund irrtümlich notiert worden!)
758 Lobus limbicus inferior.
IV. Die innere Körnerschicht fehlt, wie schon gesagt, im eigentlichen Bilde der HC sowohl in ihrer vorderen Partie, wo sie selbst agranulär direkt an die agranuläre Variante der temporopolaren Formation TGa grenzt (Tafel CIII, Bild 3), als auch im größten Teil ihrer hinteren Partie. Nur im caudal ventralen Teil, wo sie direkt an TF oder TG (oder TH) grenzt, welches ja auch wieder granulär ist, schiebt sich manchmal eine Körnerschicht unmittelbar unter III streckenweise doch etwas hinein (s. auch §5) und bedingt so eine "granuläre" Partie der Area rhinalis limitans (Tafel CX, Höhe 7-13 / Breite 6 cm). Die Körner stehen nicht dicht, und die Schicht ist auch recht schmal. Die Körnerzellen sind meist dreieckige kleine Pyramidenzellen von 5/5 bis 8/8 µ.
V. Die ganglionäre Schicht. Im größten Teile von HC gibt es keine IV Schicht, und da grenzt die ganglionäre Schicht unmittelbar an die III. Schicht, von der sie manchmal leicht, andere Male wieder schwer zu unterscheiden ist. Sie kann nun ebenfalls sehr verschieden gebaut sein. An manchen Hirnen, z. B. Tafel CX, wo sie äußerst deutlich ist, besteht sie aus einem schmalen, dunklen, große Pyramidenzellen in dichten Reihen führenden Mittelstreif und je einem schmälsten, zellarmen oberen und unteren weißen Streifen, so daß man von Va, Vb und Vc sprechen könnte (siehe das darüber bei HB Gesagte S. 753). Wir zählen hier den oberen zellarmen Streifen auch zu V, weil wie gesagt dort, wo eine IV Schicht vorhanden ist, dieselbe oberhalb dieses zellarmen Streifens erscheint (s. Tafel CX bei Pfeil 1). Der Mittelstreifen ist ca. 0.15 mm breit, die beiden zellarmen zusammen ungefähr ebensoviel. Im Mittelstreifen sind manchmal bis zu 40 Zellen pro 0.1 mm3 in wohlgeordneten horizontalen Reihen neben- und übereinandergestellt, von 30-40 / 20-25 µ Größe. Es sind also sehr große Pyramidenzellen mit weit verfolgbaren cephalen zur Oberfläche gerichtetem Fortsatz. Mit großem Kern und Kernkörperchen und meist zwei, oft sogar drei Trabantzellen. Diese Pyramidenzellen sind die größten dieses Rindenquerschnittes (Tafel CX). Die beiden zellarmen Streifen enthalten nur vereinzelte aus III, Vb oder VI dislozierte Zellen neben einzelnen kleinen Körnern.
In anderen Fällen jedoch (Tafel CIII, Bild 3 und 4, und Tafel CIV, Bild 1) ist die V. Schicht bei weitem nicht so gut entwickelt und nicht so prominent und auffällig. Auf Bild 3, 4 und 1 z. B. kann man sehr gut die V. Schicht aus der TG-Formation durch TGa bis in HC verfolgen. Allerdings sieht man auch hier angedeutet eine helle Va und Vc oberhalb und unterhalb der eigentlichen zellführenden Vb-Schicht (Bild 4, Tafel CIII); jedoch ist dies keineswegs so deutlich wie auf Tafel CX, und auf Bild 1, Tafel CIV verliert sich diese zellarme Umrandung der V. Schicht wieder. Hier auf Tafel CIII, Bild 3 und 4, und Tafel CIV, Bild 1, sind auch die Zellen der V keineswegs so groß wie auf Tafel CX; sie sind gar nicht die größten des Rindenquerschnittes, denn die der III sind sogar nicht unbedeutend größer, und sie stehen auch nicht so auffallend dicht aneinander, daß sie ein Band bilden würden, wodurch die horizontale Streifung der Rinde ganz zurücktritt im Verhältnis zu Tafel CX. Man zählt hier bloß ca. 16-20 Zellen pro 0.1 mm3 von 25-30 / 15-18 µ Größe und daneben ca. 25 kleine Zellen von Körnerkaliber und darüber.
Man sieht also, daß die V. Schicht, die der HC nach dem zuerst Gesagten sogar ihr Gepräge geben sollte, fallweise sehr verschieden sein kann in ihrem Zellaufbau sowohl als auch in ihrer Unterschichtung. Auch bezüglich der weißen Streifen kann es oft vorkommen, daß bloß der obere oder bloß der untere fehlt, wodurch wieder neue Varianten entstehen. Wir haben keine Regelmäßigkeit in der Lokalisation solcher Varianten finden können und haben sie daher weder zur Abgrenzung neuer Areae noch bestimmter Typen bisher verwenden können, glauben aber, daß ihr Vorkommen der Erwähnung wohl wert ist. Es zeigt dies alles, wie groß die individuellen Unterschiede hier sein können, und man kann sich davon direkt an unseren Tafeln überzeugen. Gegen die dorsale Lippe des Gyrus hippocampi wird auch die V. Schicht zellockerer und ihre untere Grenze steigt etwas gegen die Oberfläche; sie wird anscheinend im umgekehrten Verhältnis zur III. Schicht auch breiter. Auch dort, wo Vb als dunkler Streifen deutlich war, hört derselbe in HC(D) ganz auf; dabei werden die einzelnen Zellen etwas größer und etwas schlanker. Caudal wird aber dieser ganze Grenzsaum HC(D) schmäler (s. Tafel CIV, Bild 3) und mit ihm auch die wieder kleinzelligere V Schicht.
Area rhinalis limitans. 759
VI. Die sechste Schicht ist recht schmal, 0.50-0.80 mm, sie ist verhältnismäßig auffallend kleinzellig und gerade dadurch von V stark abstechend. Sie zerfällt in VIa und VIb; die letztere löst sich allmählich ins Mark auf, wodurch die scharfe Grenzlinie gegen die Marksubstanz, wie sie in HA und HB vorhanden war, nach und nach mehr einem allmählichen Übergang Platz macht, wie er sonst im größten Teil der Hirnrinde anzutreffen ist.
Die VIa ist zelldichter; ihre Zellen haben zum Teil dreieckige und Pyramidenform, zum Teil Spindelzellenform. Ihre Orientierung ist eine recht verschiedene, indem die Längsachse der Zellen bald sehr schief, bald senkrecht gerichtet ist; die meisten Zellen sind 20(-25) / 10-15 µ groß und ihre Anzahl schwankt zwischen 20 und 40 pro 0.1 mm3, je nachdem man von der oberen Lippe des Gyrus hippocampi weiter entfernt ist, indem dorsalwärts die Zahl recht abnimmt. Die VIa-Schicht ist durch die relative Kleinheit ihrer Zellen eher auffallend; diese Eigenschaft setzt sich sogar ventralwärts eine kurze Strecke weiter fort auf die Formation TG und TH, die an sie grenzen, wie man an Bild 3, Tafel CIII, und an Tafel CX sehen kann.
Die VIb ist viel zellärmer; enthält kaum 10 Zellen pro 0.1. mm3 von 15 / 8-10 µ. Die Grenze gegen das Mark ist keine scharfe Linie, sondern ein allmählicher, wenn auch rascher Übergang. Auch die VI. Schicht erfährt dorsalwärts gegen die obere Lippe des Gyrus hippocampi eine gewisse Veränderung, die meist in einer Aufhellung des Zellbandes besteht dem dann ein Größerwerden der Zellen folgt.
Die Grenzen der einzelnen Areae am Gyrus hippocampus wollen wir später, S. 771-778, im Zusammenhang besprechen, da dieselben sich gegeneinander individuell recht verschieden verhalten und daher gemeinsam betrachtet werden müssen. Nur einige Einzelheiten müssen wir betreffs der Area HC anführen. Dieselbe dehnt sich, wie gesagt, in manchen Fällen von der Kniekehle des Uncus bis zum Isthmus aus und ist dabei von spindeliger Form, d. h. frontal und caudal zugespitzt und mitten auf dem Gyrus hippocampi am breitesten; als agranuläre Formation begleitet sie nach außen auf ihrer ganzen Ausdehnung die gleich später zu besprechende granulöse Bildung HD (s. Abb. 93) ähnlich wie die agranuläre LD den retrosplenialen Koniocortex LE begleitet. Ventral von ihr, auf der unteren Kuppenkante des Gyrus hippocampi oder dessen unteren Wand, grenzt sie in jenen gewöhnlichen Fällen, wo die Fissura rhinica (rh.) mit dem Sulcus occipitotemporalis (ot.) eine kontinuierliche Furche bildet, der Reihe nach vorn zuerst an die Area HB, dann TGa, dann THa, welch letztere dann die direkte Fortsetzung der temporopolaren Formationen im Sulcus occipitotemporalis nach hinten darstellt. In jenen Fällen jedoch, wo eine hintere temporolimbische Übergangswindung zwischen dem Gyrus hippocampi und dem Gyrus fusiformis besteht, wie gerade z. B. in dem auf Abb. 93 wiedergegebenen Fall, da trennt diese Übergangswindung, die Fissura rhinica, von der occipitotemporalis und somit auch die Area TG und TGa von TH und THa und auf der Übergangswindung selbst reicht die Area fusiformis TF unmittelbar an die Area HC heran, und in diesem Falle reicht die innere Körnerschicht der TF auch etwas nach HC herein (s. S. 758 HCg). Außer dieser Änderung in der Umgrenzung der HC treffen wir ferner häufig Abweichungen in ihrer frontalen und caudalen Ausdehnung; der frontale Zipfel, der sich zwischen HB und HD bis zur Kniekehle des Uncus einschiebt, ist wiederholt so wenig deutlich entwickelt, daß diese beiden Areae vorn direkt aneinander grenzen und HC sich erst weiter hinten zwischen HD und TG (TGa) einschiebt (Tafel CVII). Ebenso fehlt sehr häufig der caudale Zipfel von HC, so daß HD hier direkt an TH (THa) angrenzt (Tafel CVIII). Allerdings müssen wir aufmerksam machen, daß die agranulären Randsäume des Isocortex TGa und THa vielfach dem agranulären HC und diese der ventralsten Partie von HD (HD1) so ähnlich sehen, daß man sie rein cytoarchitektonisch nicht recht auf dieser ganzen Strecke auseinanderhalten kann, zumal HC selbst in seiner Zelldichtigkeit und der Deutlichkeit seiner Schichtung individuell große Verschiedenheit aufweist und dort, wo es zellarm ist seine Unterscheidung von HD1 recht schwierig ist. Eine Ausdehnung so weit nach rückwärts bis zum Isthmus wie auf Tafel CIV, Bild 3, ist eher selten zu finden, und gerade da ist der Unterschied gegenüber dem zelldichten THa ein ziemlich großer und gegenüber dem zellockeren HD1 ein ziemlich kleiner, so daß die Absteckung seiner Grenzen doch immerhin recht willkürlich erscheint. Näheres über die Variationsmöglichkeiten im Bau von HC erübrigt sich, nachdem wir dies schon in §4 gebracht haben. Weiteres über die Grenzen von HC wird auf S. 766 noch erklärt werden.
760 Lobus limbicus inferior.
§6 und §7 werden gemeinsam mit diesen Paragraphen aller übrigen Areae des Hippocampus S. 778 und 788 behandelt werden.
[footnote p 760 1) Über die Lage der photographierten Schnitte klärt die Abb. 115b ohne weiteres auf.]
Dorsal von der Area paruncinata (HB) und der Area rhinalis limitans (HC) und dann von der caudal an diese auf der Hippocampuskuppe sich anschließenden Area temporohippocampica (TH) erstreckt sich über die ganze obere (dorsale) Windungskante des Gyrus hippocampi so ziemlich in seiner ganzen Ausdehnung von der Kniekehle des Uncus bis zum Isthmus eine äußerst eigentümlich gebaute Formation, deren auffallendste Eigenschaft es ist, daß auf dem Schnitt die ganze obere Hälfte ihrer Rindendicke von kleinsten Zellen (Körnern) eingenommen ist; streckenweise sind die Zellen, die die unteren Schichten konstituieren, derart schütter verteilt, daß diese Körner die einzige, etwas dichtere wirkliche Zellage bilden; wir nennen diese Area aus diesem Grunde „Granulosa"; sie stellt somit einen Koniocortex dar. Sie nimmt, wie gesagt, die dorsale Windungskante des Gyrus hippocampi ein, erstreckt sich jedoch auch auf der dorsalen Wand des Gyrus hippocampi ziemlich weit gegen die Tiefe des Sulcus hippocampi zu, jedoch nicht bis zum Tal, sondern sie hört schon vor der Stelle, wo der Gyrus dentatus sich an die Wand des Gyrus hippocampi einrollend anlegt, also vor dem eigentlichen Subiculum auf; aus diesem Grunde nennen wir die Area, die diese Formation bildet, in Anlehnung an die meisten früheren Forscher Area praesubicularis (granulosa) (HD) (Abb. 93). Wie schon S. 745 gesagt, ist das Ausbreitungsgebiet dieser Area an der Hirnoberfläche ebenfalls spindelförmig, und zwar liegt das vordere Ende dieser Spindel in der Kniekehle des Uncus, d. h. in der nach hinten konkaven Knickung, die der Uncus bei der Drehung seines lateralen der Hirnmasse zugewendeten Schenkels nach hinten zu bildet (s. Abb. 93 und Tafel CV). Das rückwärtige Ende reicht bis zum Isthmus und sogar etwas darüber hinaus und schiebt sich am Windungsgrund unter die Area retrosplenialis granulosa (LE) (s. Schema Abb. 129 a und b und Tafel CIX). In der Mitte dieser frontocaudalen Ausbreitung ist sie (HD) am breitesten und reicht sogar manchmal an der freien Kuppe des Gyrus hippocampi beinahe bis zur Mitte der Kuppe hinan (s. Schema Abb. 93 und Tafel CVIII und CXII).
Am frischen Hirn ist die HD noch ein Teil der Subst. reticular. alb. Arnoldi; innerhalb der weißen Netzmaschen sieht man die Glomeruli, welche die HD3 ebenso wie die HA aufweist, als graue Wärzchen durchschimmern. Die ganze übrige Rinde erscheint weiß an der Oberfläche infolge der dichten markhaltigen Tangentialfasern. An gefärbten Schnitten ist die Rinde makroskopisch daran erkennbar, daß sie aus einer oberen dunkler gefärbten Hälfte und einer tieferen lichteren Hälfte besteht; zwischen beiden sieht man einen schmalen, noch lichteren Streifen; nach dem Sulcus hippocampi zu verschmälert sich die obere Hälfte zusehends und hört mit der Bildung von einem, zwei, drei oder mehr kleinen runden Glomeruli auf, die der Tiefe des Sulcus zu kleiner werden, so daß diese oberste dunkle Schicht dann ganz aufhört und der lichte Streifen anscheinend hinaufzieht und in die erste Schicht gleichsam mündet; die darunterliegenden Schichten V und VI geraten dadurch an die Oberfläche unmittelbar unter I. Dieser Teil gehört dann schon zur folgenden subicularen Formation. Die Dicke der Rinde der HD beträgt in der Mitte ihrer Ausbreitung ca. 2.4 mm als Maximum und an der dünnsten Stelle gegen HE ca. 1.6 mm.
Area praesubicularis granulosa. 761
Mikroskopisch fällt sofort auf (es ist die Area HD auf allen eingangs dieser Area angeführten Tafeln gut zu sehen), wenn man z. B. Tafel CVII oder dasselbe bei stärkerer 50facher Vergrößerung Tafel CX betrachtet, daß es sich bei HD um eine vollkommen ungewöhnlich gebaute, wenigstens heterotypische, wahrscheinlich sogar allogenetische Bildung handelt, und zwar um jene Bildungsart, die wir als granulös bezeichnen (Koniocortex). Sie zerfällt in drei hintereinanderliegende Abschnitte HD1, HD2, HD3. Betrachten wir zunächst den auf Tafel CX zwischen Pfeil 3 und 4 liegenden Abschnitt HD2. Die erste Schicht (I) ist äußerst breit, darunter findet man dann an Stelle der II. und III. Schicht eine vollkommen gleichmäßig aussehende, mit großen runden und ovalen Körnern dicht übersäte, breite, zelldichte Schicht, deren gekörntes, wie bestäubtes Aussehen äußerst eigentümlich und auffallend ist, zumal keine einzige größere Zelle die Einförmigkeit dieser granulösen Masse unterbricht. Diese granulöse Bildung gibt dieser Area ihr Gepräge. Unterhalb derselben findet man einen schmalen lichten Streifen, der recht typisch ist und in seiner Breite individuell und lokal recht wechseln kann und mit dem oberen lichten Streifen von V zusammenhängt. Nach CAJAL ist hier ein sehr dichtes Nervengeflecht vorhanden. Darunter ist eine nicht sehr zellreiche V. und VI. Schicht, die beide aus ziemlich großen, radiär gestellten Pyramidenzellen bestehen und voneinander schwer zu trennen sind, da auch die VI. Schicht hier nicht mehr Spindelzellen sondern Pyramidenzellen enthält. Eigentlich besteht also die Rinde dieser Area außer aus der I. Schicht nur noch aus zwei Schichten, und zwar aus der dichten Körnerschicht, die der II. und III. entspricht, und der von ihr durch einen lichten Streifen getrennten zell-lockeren Pyramidenschicht, die der V. und VI. entspricht und sich allmählich ins Mark auflöst.
762 Lobus limbicus inferior.
Verfolgt man nun z. B. auf Tafel CX, wo die ganze Windung zu sehen ist, den Übergang der HD in die angrenzende HC, so merkt man, daß die II. Schicht der HC oberhalb des Pfeiles ↓ 2 feinkörniger wird und in die II. der HD1 übergeht, wo sie im ersten Abschnitt derselben noch als solche zu sehen ist; die III. Schicht wird vielleicht etwas schmäler und geht unmittelbar in die III. Schicht der HD1 über (erst weiter gegen Pfeil 3, also gegen HD2, wird III zunehmend kleinzelliger und dichter, so daß sie von II nicht mehr zu trennen ist); die V. Schicht steigt aus HC gegen HD1 etwas in die Höhe, verliert ihr bandartiges, weiß umrändertes Aussehen; der obere zellarme Rand derselben bleibt meist weiter bestehen, nur wird er etwas breiter und dadurch undeutlicher, zieht aber immerhin deutlich genug durch HD durch, bis er bei Pfeil 5 an die I. Schicht gelangt; das zellreiche Band von V wird breiter und dabei weniger zelldicht; von VI ist es nicht mehr ganz gut abgegrenzt, läßt sich jedoch trotzdem durch die ganze Area HD gut verfolgen und wird im letzten Stücke desselben gegen HE zu äußerst breit, und kommt dort, wie schon gesagt, oberflächlich unmittelbar unter I zu liegen, da die Schicht II und III hier scharf aufhört; gleichzeitig wird die V auffallend großzellig. Auch die VI. Schicht wird weniger dicht, weniger gut umgrenzt und zugleich großzelliger; ihre Grenze gegen das Mark wird auch noch unschärfer, so daß VIb sehr breit erscheint; so zieht VI auch durch die ganze HD-Formation und tritt in die HE dann über. Die erste, d. h. an der Hirnoberfläche ventralste Partie von HD die also unmittelbar an HC grenzt und den eben beschriebenen Übergang bildet, wollen wir als HD1 (Pars limitans Areae praesubicul. granulosae) bezeichnen (Tafel CX, Pfeil 2-3); an ihr sieht man unter der I. noch deutlich die II. Schicht, die aus ovalen Körnern besteht; die III., die hier zum Unterschied von der vollentwickelten Area HD2 noch recht zellocker ist und aus kleinen Pyramidenzellen besteht; dieselbe ist zweifellos die unmittelbare Fortsetzung der III. Schicht der HC; dann die V. und die VI. Schicht die wieder etwas zelldichter als III sind und auch aus Pyramidenzellen (letztere zum Teil auch noch aus Spindelzellen) bestehen, die eine radiäre Anordnung zeigen. Dieser ventrale Grenzbezirk HD1 ist überall zu sehen, auch dort, wo HD in frontalen Schnitten an HB oder in caudalen an TH grenzt; er liegt meist noch auf der Klippe des Gyrus hippocampi; dorsal von ihm bietet die Formatio praesubic. granulosa ihre schönste Entfaltung, die wir vorher oben S. 761, besprochen haben; hier sieht man dann ganz deutlich, wie sich nach und nach alle Zellen der III. Schicht der HD1 aus kleinen Pyramidenzellen in größere Körnerzellen umgewandelt und in ihrer Zahl bedeutend vermehrt haben, so daß II und III voneinander nicht mehr zu unterscheiden sind, sondern eine einzige, dichte, breite, zellreiche, wie bestaubt aussehende granulöse Schicht bilden, die den Typus dieser ganzen Area charakterisiert; diese Umwandlung der Pyramiden der III. Schicht in Körner ist eben das Charakteristische einer granulösen Formation (Verkörnelung). Darunter ist ein lichter Streifen, dessen „Aufhellung" auch in die untersten Partien von III noch hereinreicht. Unter demselben sind V und VI voneinander kaum zu unterscheiden, denn sie bestehen hier beide schon aus größeren Pyramidenzellen; doch scheint VI oft etwas dichter als V. Dieses mittlere Stück, das also den Typus der Area granulosa am besten darstellt, wollen wir als HD2 (Pars media Areae praesubic. granulosae) bezeichnen. Sie liegt meist auf der dorsalen Kante des Gyrus hippocampi und bildet das breiteste Stück und die Hauptmasse dieser Area granulosa. Von hier aus anschließend an die Pars media sieht man, der Tiefe der Wand zu, im Sulcus hippocampi die II. und III. sich noch verdichten, sich auch verschmälern, und zwar so, daß ihre obere Grenze (gegen I) in der gleichen Linie bleibt, ihre untere Grenze aber (die gegen V) rasch aufsteigt bis zu I, so daß II und III spitz zulaufend plötzlich ganz aufhören (Tafel CVII, Höhe 36 / Breite 12-16 cm und Tafel CX, Höhe 35 / Breite 22.5 cm). In diesem letzten Teil von HD ballen sich die Zellen von II und III zu großen Glomeruli, die die ganze Breite der II. und III. Schicht ausmachen und womöglich noch zelldichter sind (und zellkleiner), als sonst schon diese Schicht ist. Es entstehen auf diese Art 2-3-4, auch 5 Glomeruli, die dem Subiculum zu immer kleiner werden (Tafel CVI, CVII, CVIII [Vergrößerung 25fach] und noch besser bei 50facher Vergrößerung (Tafel CII, Bild 3 und 4 und Tafel CX); es kann auch ab und zu vorkommen, daß so ein kleiner und kleinzelliger Glomerulus auch weit von der Area HD entfernt in die I. Schicht des Subiculums selbst, der Area HE, disloziert angetroffen wird (Tafel CII, Bild 3, Höhe 0.5 / Breite 17.5 cm und Bild 4, Höhe 15 / Breite 33.5 cm). Wegen dieser Glomerulibildung nennen wir diesen letzten Abschnitt der Area HD3 Pars glomerulosa Ar. praesubic. granulosae. Sie liegt unmittelbar am Subiculum und bildet den Übergang zur Formation HE. Sie liegt in der Wand des Sulcus hippocampi. Die V. und VI. Schicht werden in ihr manchmal sehr breit (Tafel XC) und immer sehr zellgroß, und zwar besonders die V. Schicht, da sie nach Maßgabe als die durch den zellarmen lichten Streifen markierte untere Grenze der granulösen Schicht gegen I emporsteigt, an Breite zunimmt, da ihre und der VI. Schicht untere Grenze trotzdem ungefähr im gleichen Niveau verbleibt. Im Bereiche dieser Pars glomerulosa der Area praesubicularis granulosa (HD3) findet unterhalb der Glomeruli der Übergang der V. und VI. der HD, welche die gewöhnlichen Pyramidenzellen enthält, zu der V. und VI. der HE, welche durch eigenartige, ausgezogene, große, chromaffine Pyramiden ausgezeichnet ist (s. Tafel CX, Pfeil 4). Dieser vollentwickelte Typus der dreigeteilten Area praesubicularis granulosa (HD i.e. HD1, HD2, HD3) ist nun nicht überall ganz gleich gut entwickelt, sondern er erfährt außer dieser Dreiteilung noch andere lokale Änderungen einerseits und individuelle Änderungen andererseits, welche beide recht bedeutend sein können.
Area praesubicularis granulosa, 763
Wir wollen vorerst die lokalen Änderungen kurz besprechen an Hand der Schnittserie Tafel CV bis CIX, die alle vom gleichen Hirn herstammen; wir sehen daran, daß sich die Area praesubicularis von der Kniekehle des Uncus aus bis zum Isthmus erstreckt (Abb. 93). Von Tafel CVI bis CVIII kann man alle 3 Teile der Area praesubicularis granulosa erkennen, während im allerfrontalsten Zipfel nur die Pars glomerulosa (HD3) (auf Tafel CV) zu erkennen ist. Auffällig ist, daß in diesen frontalen Partien auf Tafel CVI die granulöse oberflächlichere Partie der Rinde dieser Area weniger dicht mit Körnern besetzt erscheint, während weiter caudal die Dichtigkeit dieser granulösen für diese Area charakteristischen Schichten bedeutend zunimmt (Tafel CVII und CVIII). Gegen das caudale Ende der Area am Isthmus nimmt diese Dichtigkeit jedoch wieder ab. Auch die Zellform ändert sich etwas, indem die Körnerformen in den dichteren mittleren Abschnitten besser ausgesprochen zu sein scheinen als in dem frontalen und caudalen, ferner besser in dem Teil der Area, die jeweils weiter im Sulcus hippocampi liegt als in dem mehr der Oberfläche der Kuppe des Gyrus hippocampi sich nähernden. Was die V. und VI. Schicht anbetrifft, so scheinen diese in den frontalen und mittleren Abschnitten (Tafel CVI und CVII) der Area besser entwickelt, breiter und dichter zu sein als in den caudaleren; sobald caudalwärts (s. S. 760) die Area HD nämlich an die TH zu grenzen kommt (Tafel CVIII), wird die V. und VI. plötzlich sehr schütter und sogar sehr schmal. Am caudalen Ende der Area, auf dem Isthmus selbst, nehmen jedoch V und VI dann relativ wieder weniger ab als II und III, so daß sie ganz zuletzt (Tafel CIX) die größere Hälfte der Rindenbreite der HD darstellen. Ein näheres Studium wird wohl noch mehr lokale Differenzen mit der Zeit erkennen lassen. Derzeit möge es genügen, auf diese deutlichen Unterschiede kurz hingewiesen zu haben.
Wir wollen nun ein Beispiel individueller Änderung des Baues der Area HD aufzeichnen; hierzu ist es notwendig, Tafel CII, Bild 2, 3, 4 zur Hand zu nehmen, die von einem anderen Hirn stammen und ungefähr dieselbe Stelle darstellen wie Tafel CVI vom früheren. Die Vergrößerung ist hier 50fach, während in Tafel CVI 25fache Vergrößerung angewendet ist. Die 3 Bilder der Tafel CII schließen sich derart untereinander an, daß das Blutgefäß a auf Bild 2 in der unteren rechten Ecke desselben identisch mit dem Blutgefäße a auf Bild 3 in der oberen rechten Ecks dieses und das Blutgefäß b in der unteren rechten Ecke des Bildes 3 dem Blutgefäße b in der rechten oberen Ecke von Bild 4 entspricht. Ferner entspricht von dem gleichen Hirn Tafel CIII, Bild 3, 4, und Tafel CIV, Bild 1, ungefähr der Tafel CX des anderen Hirns, auf welchen man sehr gut die Areae HD miteinander unmittelbar vergleichen kann, da sie beide bei 50facher Vergrößerung abgebildet sind. Vergleichen wir nun die Area HD (HD1 + HD2 + HD3), so sehen wir (abgesehen von der verschiedenen Vergrößerung), daß die II. Schicht an ihrer Oberfläche (ebenso wie in Tafel CVI und CX) einen dichteren Streifen aufweist in HD1, daß in HD2 dann II und III eine einzige, von größeren ovalen Körnerzellen ausgefüllte breite, granulöse Schicht bilden, und daß diese im Gebiet von HD3 zu Glomeruli sich zusammenballt, die auch ins Gebiet von HE hineinreichen; II + III ist aber im allgemeinen viel schütterer als auf dem vorigen Hirn, und zwar eventuell so sehr, daß man z. B. bei einem Vergleich von Tafel CIII, Bild 3, 4, und Tafel CIV, Bild 1, mit Tafel CX (HD) am ersten Anblick meinen würde, zwei ganz verschiedene Areae vor sich zu haben. Aber nicht nur II und III ist schütterer, sondern auch V und VI, welche im vorigen Gehirn eine zellreiche, zellgroße schöne Schicht bildete, ist an diesem zweiten Hirn manchmal (besonders an der Grenze zwischen HD2 und HD3) derart zellarm, daß es streckenweise beinahe ganz zu fehlen scheint; man vergleiche hierzu Tafel CXII, die von diesem Hirn eben stammt, mit der entsprechenden Stelle des anderen Hirns, die auf Tafel CVIII wiedergegeben ist; und gegen den Isthmus zu ist dieser Zellverlust noch auffallender, z. B. auf Tafel CIV, Bild 4; hier ist bei Höhe 18 / Breite 12 cm unter der an und für sich schon schmalen oberflächlicheren Körnerschicht (II und III) direkt eine zellfreie Zone, und erst in der Tiefe des Gewebes sind vereinzelte Zellen als Fortsetzung der V. und VI. zu sehen. Ob dieses Schütterwerden im Zellbild einer Zunahme des Nervengeflechts im Faserbilde entspricht, können wir heute nicht sagen. Jedenfalls ist aber hier die Differenz auffallend genug, um angeführt zu werden, damit man nicht bei einem derartigen Unterschied sich verleiten lasse, an pathologische Verhältnisse zu denken. Ihr physiologisches Korrelat dürften ja solche individuelle Unterschiede ohne weiteres haben.
Das Gehirn, bei welchem die HD-Formation schütterer gebaut ist, ist dasselbe, bei dem auch die HC-Formation zellärmer war und ein atypischeres Aussehen als sonst hatte. Ob diese Bildungen beider Areae stets miteinander parallel gehen, vermögen wir noch nicht anzugeben. Auch hier müßten diesbezüglich spezielle Studien einsetzen.
764 Lobus limbicus inferior.
Mit Rücksicht darauf, daß sich in HD alle Schichten ganz bedeutend modifiziert finden, einige ganz fehlen und die Grundlage der Entwicklung dieses Abschnittes eine eigenartige ist (s. S. 104, 202), wollen wir auch HD als Allocortex striatus ansprechen.
Betreffs der einzelnen Zellformen und der Zellfasern siehe S. 779 bis 783 den Auszug aus CAJALs Studien.
Es ist auch ohne weiteres ersichtlich, daß es unter solchen Umständen gar nicht möglich ist, über das Verhältnis der Schichten zueinander oder auch nur über ihren allgemeinen Bau eine Beschreibung oder gar Zahlen anzugeben, die irgendwelche allgemeinere „Gültigkeit" haben; nur zwecks einer gewissen übersichtlicheren Orientierung wollen wir daher das Folgende anführen.
Gesamtdicke 2.3 mm
I | II+III | IV | V | VIa | VIb | |
0.32 | 0.72 | 0 | 0.40 | 0.48 | 0.40 | mm |
I. Die Molekularschicht ist äußerst breit, ziemlich kernreich; in ihren äußeren Lagen stehen die Gliakerne in langen, zur Oberfläche parallelen Zügen, was auf das Vorhandensein eines starken Markfaserlagers schließen läßt. Man zählt zirka, alles zusammengenommen, 90 Kerne pro 0.1 mm3, davon sind ca. 5-6 Nervenzellen 10-12 / 8-10 µ. Die äußerste Schicht, die Membrana limitans, ist stark entwickelt. Im Gebiete von HD3 reicht in die Mitte der Dicke von I, ein mittlerer dunkler gliakernreicher Streifen aus der Molekularschicht der HE auf eine kurze Strecke herüber (s. Tafel CIV, Bild 1, und Tafel CX).
II. und III. Äussere Körner- und Pyramidenschicht bilden eine gemeinsame Schicht von größeren Körnern, auch die Pyramidenzellen sind in gröbere oder feinere Körnerzellen umgewandelt; ihre Dichtigkeit nimmt von den ventral angrenzenden Areae (HB, HC, TGa, THa) gegen die dorsal angrenzende HE hinzu, und zwar zählt man in HD1 ca. 50 Körner pro 0.1 mm3, in HD2 von 80-120 Körner pro 0.1 mm3 und in HD3 in den Glomerulis selbst, wo die Körner am dichtesten stehen, ca. 140 Körner pro 0.1 mm3. Die Körner sind rundlich oval, manchmal beinahe spindelförmig, mit relativ großem Kern; sogar ein Kernkörperchen kann man in manchen sehen, wodurch sie sich von eigentlichen „Körnerzellen" unterscheiden. Der Kern füllt beinahe den ganzen Zelleib aus. Mit ihrer Längsachse sind diese kleinen Zellen senkrecht zur Oberfläche gerichtet, also radiär gestellt. In HD1 sind die meisten dieser Zellen 15/8 µ groß, darunter sind auch noch recht viele, die in ihrer Form noch sehr an Pyramidenzellen erinnern, besonders in den tieferen Teilen (III), während in den oberflächlicheren Teilen (II) die Körnerzellen etwas dichter stehen und kleiner sind und man noch eine schmale II Schicht an den kleinen dichten Zellen unterscheiden kann, besonders an Hirnen, wo die Zellen schütter stehen (Tafel CIV, Bild 1). In HD2 sind die Zellen teilweise ebenso groß (15/8 µ), daneben aber sehr viele 10/8 µ, also kleiner, infolge der Dichtigkeit und der Kleinheit der Zellen sieht die Schicht hier schon granulös aus, und II ist von III nicht mehr zu unterscheiden, zirka jede dritte dieser Zellen hat eine Trabantzelle. In der Pars glomerulosa schließlich (HD3) werden die Zellen noch kleiner und zahlreicher, hier sind die meisten Zellen bloß 8/8 µ und stehen viel dichter (ca. 140 pro 0.1 mm3). In den Glomerulis kann man natürlich zwischen II und III überhaupt nicht mehr einen Unterschied machen. Die Glomeruli haben einen Durchmesser bis zu 0.5 mm, die kleinsten, gegen das Subiculum zu, von 0.15 mm. Jenseits von HD3 reichen vereinzelte Glomeruli „granulosi" auch in das Gebiet von HE, wo sie in der ganz kolossal verbreiterten Molekularschicht des Subiculums liegen (Tafel CII, Bild 3 und 4, und Tafel CX, zwischen Pfeil 5 und 5'). Diese Glomeruli von HD3, die schon in HE liegen, haben meist um eine Spur größere Körnerzellen als die Glomeruli in HD3, sonst sind sie gleich gebaut. (Zum Unterschiede sind die wirklich zu HE gehörenden Glomeruli, die wir später besprechen werden, wie man an Tafel CX rechts vom Pfeil 5' sieht, anders gebaut und bestehen wieder aus ganz großen chromaffinen Zellen, die an die Glomeruli von HA erinnern.) Ein lichter zellarmer Streifen unter III bildet den Abschluß der Körnerschicht gegen V und VI. Oft ist dieser Streifen sehr undeutlich und kaum zu sehen, andere Male deutlich und von großer Breite und von plexiformem Aussehen.
Area praesubicularis granulosa. 765
V und VI bilden ebenfalls eigentlich eine gemeinsame Schicht, und zwar kann man in HD1 noch sagen, daß in V Pyramidenzellen, in VI auch noch viele Spindelzellen neben den Pyramidenzellen sind. Doch haben hier die Pyramidenzellen der V ihre typische Gestalt und dunkle Färbung sowie ihre dichte Stellung in Reihen eingebüßt, die sie in HB und manchmal noch HC hatten. Die Zellen sind schmäler, auch ihr unterer Teil vielfach in die Länge gezogen, so daß sie ein Mittelding zwischen Pyramidenzellen und Spindelzellen bilden. Man zählt ca. 45 solcher Zellen pro 0.1 mm3 in HD1, von meist 15/15 µ bis 20/10 µ. Die VI. Schicht dagegen, welche in HC kleinzellig war, wird eher größer in ihren Elementen, sie sind spindelförmig und pyramidenförmig mit ihrer Längsachse deutlich senkrecht zur Oberfläche gestellt. Man zählt auch hier gegen 45 Zellen von meist 10/20 µ Größe. In HD2 werden die Zellen in V und VI schon wieder größer, und zwar in V 20-25-30 / 10-15 µ, die Zellen sind schlank pyramidenförmig mit Kern und Kernkörperchen, die sehr groß sind; es sind ca. 40 Zellen pro 0.1 mm3; in VI, das davon kaum unterschieden werden kann, da es ebenfalls 35-40 Zellen pro 0.1 mm3 enthält, sind die Zellen vielleicht etwas plumper, 20-25 / 12-15 µ. Die Zellen in Va und in VI haben 1-2-3 Trabantzellen jede, was recht auffallend ist.
Im Gebiete von HD3 schließlich erfährt die V. Schicht eine ganz eigenartige Umwandlung. Es ist dies der Übergang zu der V. und VI. der HE-Formation (Tafel CII, Bild 3 bei Pfeil 5; Tafel CII, Bild 1 bei Pfeil 5; Tafel CIV, Bild 4 bei Pfeil 3; Tafel CX, Pfeil 5 usw.). Die Pyramidenzellen werden plötzlich viel größer, ganz lanzenspitzenähnlich ausgezogen oder lanzettförmig, mit auffallend langem und weit verfolgbarem Spitzenfortsatz. Es sind ca. 35 solcher Zellen pro 0.1 mm3; sie haben eine Durchschnittsgröße von 30-40 / 10-15 µ, sind also ganz große Pyramidenzellen mit großem, eigentümlich blasigem, ovalem Kern und mit großem Kernkörperchen. Jede Zelle hat 3-5 Trabantzellen. Durch ihr schlankes Aussehen und ihre oft eigentümlich geschwungene Art verleihen sie der unteren Schicht ein sonderbares Gepräge; auch der obere Teil dessen, was man sonst als VI. Schicht bezeichnen würde, besteht aus solchen Zellen, während der untere Teil der VI. Schicht hier aus meist schief- oder horizontalgestellten Spindelzellen von 8/ 10-15 µ Größe besteht, die gegen das Mark einen breiten abschließenden Streifen bildet. Diese Umbildung der V. und VI. Schicht bildet die Einleitung zur Bildung der eigentlich subiculären Formation, die in der Tiefe der Wand auf HD3 folgt; es ist gleichsam schon der Beginn der HE-Formation, über welche sich noch wie eine Wolke die Körnerschicht der II und III der HD hinüberschiebt. Diese Körnerschicht wird immer schmäler, ihre glomerulösen Bildungen immer kleiner, der zellarme untere Saum derselben verschmilzt zuletzt mit der I, und nun liegt V und VI direkt unter I an der Oberfläche, und dies ist dann die eigentliche HE.
Die sonstigen regionären Änderungen der V und VI haben wir schon S. 763 besprochen; besonders erwähnen wir nochmals, daß dieselbe nicht selten im Gebiete von HD2 beinahe ganz fehlen kann. In diesen Fällen bietet das Wiederauftreten derselben in der veränderten großzelligen Form in HD3 ein noch merkwürdigeres und unvermittelteres Aussehen (Tafel CIV, Bild 4). HD3 ist eben die Grenzstelle, von der aus eine Identifizierung der Schicht mit den gewöhnlichen 6 Schichten nicht mehr recht möglich ist, d. h. es beginnt hier die rudimentäre Rinde, und HD3 gehört zum Teil schon dazu.
766 Lobus limbicus inferior.
Die Eigentümlichkeit des Baues dieser höchstwahrscheinlich allogenetisch Bildungen bedingt es, daß bei ihrer Besprechung nicht die schematische Reihenfolge genau eingehalten werden kann, wie sonst bei Besprechung der verschiedenen übrigen Areae der gewöhnlichen homotypischen Hirnrinde; wir haben daher schon unter §2 zum Verständnis der komplizierten architektonischen Verhältnisse auch alles Nötige bezüglich der Ausdehnung und der lokalen Varianten der HD im vornhinein anführen müssen und verweisen hier auf S. 760-764 und vor allem auf Tafel CV-CIX. Wir wollen hier nur noch hinzufügen, daß die Area praesubicularis granulosa (HD) dorsal von der Area parauncinata (HB) (Tafel CVI) ein viel engeres Gebiet einnimmt; sie zieht sich in dieser Höhe ganz von der Kuppe und sogar von der dorsalen Windungskante des Gyrus hippocampi zurück und beschränkt sich auf das oberste Viertel der Windungswand im Sulcus hippocampi (Tafel CVI, Pfeil 3 bis Pfeil 4). An dieser Stelle zieht sie einerseits weiter frontal und endet (Tafel CV), allmählich sich verschmälernd, auf der lateralen Seite der Kniekehle des Uncus, wo man als letzte Andeutung ihrer granulösen Schicht noch einige granulöse Glomeruli an der hintersten Grenze der Area uncinata (HA2) auf dem inneren Uncusschenkel antrifft (s. Tafel CV, Pfeil 2-3). In der Mitte des Gyrus hippocampi (Tafel CVII und CX) nimmt die HB jedoch die ganze obere Partie des Culmen dieser Windung ein. Aber auch caudal gegen den Isthmus hippocampi zieht sich andererseits wieder die Area praesubicularis immer mehr von der Hirnoberfläche in die Tiefe des Sulcus hippocampi zurück; da gleichzeitig das Subiculum und seine Area HE immer schmäler wird und zur Talsohle des Sulcus hippocampi sinkt, rückt ihr auch die Area granulosa HD in die Tiefe nach und nimmt gleichzeitig rasch an Ausbreitung ab (Tafel CIX); gleichzeitig wird ihre granulöse obere Schicht lockerer und verliert manchmal etwas von ihrem granulösen Charakter (zum Unterschied des vorderen Endes am Uncus, wo noch granulöse Glomeruli vorkommen); doch reicht auch hier der Teil, der unmittelbar an das Subiculum grenzt, HD3, am weitesten nach hinten und schlüpft an der dorsalen, nunmehr ganz schmalen Wand des Gyrus hippocampi (Tafel CIX) gleichsam unter die ebenfalls granulöse limbische Formation LE (Area retrosplenialis granulosa), die ihr hier an der Talsohle des Gyrus limbicus vom Splenium her entgegenkommt, wo der Gyrus limbicus superior mit dem Gyrus limbicus inferior (Gyrus hippocampi) im Isthmus verschmilzt (s. Abb. 129 a und b). Die limbische granulöse Formation (LE) übersteigt also gleichsam hier in der Wand die hippocampische (HD) und schlingt sich über sie auf die Kuppe hinauf und überzieht zum Teil auch die ventrale Wand des Gyrus, die hier schon in die Stammfurche (Calcarina- und Parietooccipitalfurche) abfällt. Die beiden granulösen Formationen HD und LE2 berühren sich, wie man an Tafel CIX sieht, unmittelbar. Die Genauigkeit ihrer Unterscheidungsmöglichkeit hängt bei der Kompliziertheit der grobanatomischen Verhältnisse dieser Gegend zum Teil auch von diesen ab. Ist auch an dieser Stelle der Gyrus limbicus (superior) gut als volle Windung entwickelt und nicht durch Furchen in Nebenwindungen geteilt, so sieht man bei der Verfolgung einer Schnittserie manchmal auch, wie in der Architektonik der Wand und Kuppe die limbische granulöse Formation LE nicht nur sich dorsal von der sich verschmälernden HD in der Wand lagert, sondern direkt an die Stelle der hippocampischen Bildung HD tritt, diese gleichsam in der Schnittaufeinanderfolge ersetzt; auf Bild 3 und 4 der Tafel CIV, die noch die allerdings verschmälerten und zellärmer gewordenen Areae HC(D) und HD am Isthmus darstellen, folgt unmittelbar (Tafel LII, Bild 2) in ungefähr solcher Lage, daß dem Pfeile 3 der Tafel CIV, Bild 4, der Strich 4-4' des Bildes 2, Tafel LII, entspricht. Es kann sogar die Körnerformation der LE sich über die Körnerformation der HD auf eine kurze Strecke vorschieben, so daß man dann das eigentümliche Bild hat, daß über den Körnern der HD oder HC(D) eine schwache Schicht deutlich anders geformter Körner auf einmal erscheint, die bei Verfolgung der Schnittserie diese ersetzen. Ob dieser Übergangsteil besser als eigene Area aufzufassen wäre, ist zweifelhaft, da wir noch nicht wissen, ob diese Bildung konstant ist. (Sollte es sich hier um einen Ansatz zur sog. Area retrosubicularis 48 von BRODMANN handeln ?) An Bild 3 der Tafel CIV ist dies im unteren linken Abschnitt des Bildes zu sehen, wo sich gleichsam in die Molekularschicht I die neue Körnerschicht II' über der früheren II einschiebt. Auf der Schnittfolge ergibt sich, daß II' der obersten Zellage von LE1 entspricht, das an die Stelle von HC(D) sich stellt, während LE2 an die Stelle von HD sich stellt; man vergleicht auch die Gleichheit von LF2 mit HE! Die Körner der LE sind etwas anders als die der HD; in dem Abschnitt, wo die Körner ganz an der Oberfläche liegen (LE2) sind sie kleiner, ca. 6/6 µ, und ganz, rund statt polygonal wie die Körner von HC(D) oder oval wie die von HD, oberhalb von ihnen sind in LE1 bekanntlich die kleinen Pyramidenzellen. Andere Male wird wieder der Teil des Gyrus limbicus inferior (Gyrus hippocampi), der die Area praesubicularis und die HE trägt, als eigener Gyrus immer kleiner und kleiner, proportional mit der Abnahme dieser Rindenformation, und bildet am Querschnitt einen kleinen, sich allmählich abflachenden Wulst. So sieht man besonders auf Tafel CIX genau, wie die Fascia dentata schmäler und zellkleiner wird, wie der Rest des Subiculums bei HE noch deutlich ist und rechts davon noch der letzte Rest der HD persistiert (Pfeil 4-5), unmittelbar darauf folgt die schöne architektonisch wohlgeformte Bildung von LE2 und LE1, auf die bei ↓ 2 die agranuläre LD folgt und bei Pfeil 1 die homotypische Area LC. Sehr gut sieht man gerade an diesem Bilde, wie die Körnerschicht von der retrosplenialen granulösen LE1 nicht der IV. Schicht der fern abliegenden homotypischen LC entspricht, sondern nichts anderes darstellt als die in Körner umgewandelte III Schicht, in die sie sich einerseits ohne weiteres in die LD hinein verfolgen läßt, während sie andererseits bei LE2, an die Oberfläche unmittelbar unter I gelangt. Siehe darüber übrigens S.463-466. In diesem individuell recht verschieden gebauten Gebiet zeigt also auch der Übergang der limbischen retrosplenialen granulösen Bildungen (retrosplenialer Koniocortex) in die hippocampischen präsubicularen granulösen Bildungen (hippocampischer Koniocortex) individuelle, nicht geringe Verschiedenheiten.
Area pyramidalis. 767
Auf die Begrenzung kommen wir nochmals und eingehender bei Besprechung der §5, 6 und 7 für alle Areae des Gyrus hippocampi zurück. (S. 771 -790.)
An die Area granulosa grenzt in der Tiefe des Sulcus hippocampi im sog. Subiculum und weiter eine Formation, welche ausgezeichnet ist dadurch, daß sie außer aus einer ungewöhnlich breiten ersten Schicht nur noch aus einer einzigen Zellschicht von außerordentlich großen, schlanken und dunkelgefärbten Pyramidenzellen besteht. Alle anderen Schichten läßt sie vermissen. Sie besitzt auch nicht in der Anlage die sonst übliche Rindenschicht. sie hat sich also in eigener Art aus der medialen Hirnbläschenwand entwickelt, sie ist also eine rudimentäre allogenetische Rinde. Nach dem auffallendsten ihrer tektonischen Elemente wollen wir sie als Area pyramidalis bezeichnen (HE). Die erste Schicht ist 1.0-1.2 mm, also sehr breit, die Pyramidenzellschicht von 0.2-1.2 mm und darüber breit. Die Pyramidenzellen derselben von 40-60-80 / 15-20-24 µ Größe, sie gehören also zu der zweitgrößten Zelle der Großhirnrinde überhaupt. Diese Formation überzieht (Abb. 93) der ganzen Länge nach die untere Hälfte der dorsalen Wand des Gyrus hippocampi, also das Subiculum, das Cornu Ammonis den Gyrus dentatus in caudal-frontaler Richtung und biegt dann vorne in der Kniekehle des Uncus mit dem lateralen inneren Uncusschenkel nach innen und nochmals nach hinten und überzieht denselben und auch seine Gyri digitati. Daraus geht hervor, daß letztere, wie wir an den Abbildungen gleich bemerken werden (Tafel CVI) nichts anderes sind als das recht aufgetriebene und zu Windungen nach außen umgestülpt vorgewölbte Ende des sonst nach innen eingerollten Gyrus dentatus, welches so das hintere, laterale, fimbriäre Ende des Uncus bildet (Tafel CV, Kuppe 1). Diese Formatio pyramidalis zeigt ebenfalls gewisse, nicht sehr bedeutende regionäre Änderungen. Unmittelbar an die Area praesubicularis granulosa (HD) grenzt die Area pyramidalis subiculi (HE1); dieselbe nimmt das ganze Subiculum in einer Oberflächenbreite von ca. 1- 1.5 cm ein und in der ganzen Länge des Gyrus hippocampi, also ca. 4 cm. In der unmittelbar an HD grenzenden Partie zeigt die HE1 die Tendenz ihre oberflächlichsten großen Zellen zu halbkugelförmigen Gebilden zusammenzuballen; in der Tiefe des Sulcus hippocampi ist dies nicht mehr der Fall; wir unterscheiden demnach eine dorsalere Area pyramidalis subiculi glomerulosa (HE1α) von einer Area pyramidalis subiculi simplex (HE1β) (s. Tafel CV-CXII). Darauf biegt sich die Rinde auf (Tafel CVIII und CVII) und bildet dadurch im Ventrikelhinterhorn V das Ammonshorn; hier wird die Area pyramidalis auffallend schmal, Area pyramidalis Ammonica (HE2) 1). Vorn, an den Uncus angelangt (Tafel CVI) rollt sich das Rindenblatt nicht mehr nach innen ein, sondern kehrt sich nach außen und wölbt sich mit einfacher bis dreifacher Wölbung zu den Gyrus digitati über, wobei die Formation äußerst breit und die Zellen radspeichenartig nach außen gerichtet erscheinen - Area pyramidalis unci HE3.
[footnote p 768 1) Den freien Saum derselben, der von der Fascia dentata Tarini überdeckt ist, besprechen wir später bei HF.]
768 Lobus limbicus inferior.
Makroskopisch. Am ungeschnittenen frischen Gehirn ist der in der Wand zuhöchst liegende Teil der HE der Saum der Subst. reticul. alba Arnoldi, in der man noch die Glomeruli als graue Wärzchen in den weißen Netzmaschen sieht. Der übrige Teil von HE sieht ganz weiß aus an der Oberfläche, infolge der zahlreichen Markfasern der tangentialen Schicht der Molekularschicht. Am Schnitt des Zellpräparates erkennt man die Area pyramidalis sofort an der Breite der ersten Schicht, die außerdem einen weißen Streifen in ihrer Tiefe führt und an der ebenso breiten, darauffolgenden blaugefärbten Pyramidenschicht. Die Rinde ist hier durchschnittlich 1.5 - 2.5 mm breit.
Mikroskopisch fällt, wie gesagt, vor allem die ganz absonderliche Struktur auf. Die I. Schicht ist äußerst breit, meist 0.8-1-1.2 mm. Der Oberfläche zu ist sie von einer recht dicken Membrana limitans überzogen; die äußeren zwei Drittel (oder drei Viertel) der Molekularschicht Ia sind von einer Unmenge von Gliakernen bevölkert, man zählt ca. 140 pro 0.1 mm3; nur ganz selten sieht man in diesem Gebiet die eine oder andere meist horizontalgestellte, dreieckige oder spindelförmige Zelle von 20/30 µ Größe; dieser äußere Teil von I erscheint wegen seines Kernreichtums relativ dunkel, und es sticht somit von ihm das innere Drittel der I. Schicht als lichter Streifen ab (Ib, Tafel CII, Bild 4); er enthält bloß 30-40 Kerne überhaupt und vereinzelte große Nervenzellen, die als dislozierte Zellen der Pyramidenschicht imponieren. Die Molekularschicht mit ihrem äußeren dunklen und ihrem inneren lichten Streifen folgt überall der Pyramidenschicht, sie rollt sich konzentrisch zu ihr im Gyrus dentatus ein und wölbt sich wieder zu den Gyri digitati unc. mit ihr nach außen um, an deren Oberfläche sie Werte von 1.2-1.5 mm sogar erreichen kann (s. Tafel CVI bei 25facher Vergrößerung und Tafel CIII, Bild 2 bei 50facher Vergrößerung).
Die Pyramidenschicht (Py) darunter bildet die einzige Zellschicht dieser eigenartigen Rindenformation, denn unter derselben folgt gleich die Markschicht, die in der Subiculargegend mit dem Windungsmark verwächst, in der Ammonshorngegend dagegen im Ventrikel die innere Überkleidung der Rinde ventrikelwärts übernimmt mit der dünnen Ependymlage und in der Gyrus-dentatus-Partie dann in die Fimbria übergeht, um schließlich im Uncus das innere Mark seiner Gyri digitati zu bilden.
Als einzige Zellschicht fesselt die Pyramidenschicht das Interesse (s. Tafel CV-CXII und Tafel CII, Bild 4, Tafel CIII, Bild 1 und 2, Tafel CIV, Bild 2 und 4). Sie besteht aus sehr großen, wohlgeformten, schlanken Pyramidenzellen, welche mit einem sehr langen cephalen Fortsatz versehen sind; sie sind alle ziemlich genau senkrecht zur Oberfläche gestellt und machen in ihrer Lagerung zu derselben alle Biegungen derselben mit. Im Gebiete des Ammonshorns z. B., wo sich die Rinde einrollt, stehen sie alle mit ihrer Spitze zueinander konvergent gegen den ideellen Krümmungsmittelpunkt der Fläche konzentrisch gerichtet (Tafel CIII, Bild 1, und Tafel CIV, Bild 2), und bei den Gyri digitati (Tafel CIII, Bild 2) ist es gerade umgekehrt, hier bildet die Oberfläche den äußeren Bogen und die Markseite den Krümmungspunkt; da stehen die Pyramidenzellen radspeichenartig mit ihrem Spitzenfortsatz voneinander divergent gegen die Oberfläche, während ihre Basis zum ideellen Krümmungsmittelpunkt radiär gerichtet ist. Die Größe der Pyramidenzellen schwankt zwischen 30/ 10-15 µ und 40/20 µ und 60(-80) / 10-20 µ mit je einer bis zwei und die größten sogar drei Trabantzellen pro Pyramide.
Area pyramidalis. 769
Die kleinsten Kaliber sind eigentlich im unteren Subiculum (HE1β), wo sie auch am wenigsten dicht stehen (Tafel CVI, CVII, CVIII); hier haben die meisten Zellen eine Größe von bloß 30/ 10-15 µ und größere von 40/20 µ sind eher Ausnahmen; im oberen Subiculum sind viele Pyramidenzellen von 40/20 µ und mehr (HE1α, Tafel CII, Bild 4). Hier ist (in der Area pyramidalis subicularis glomerulosa) die Pyramidenschicht stellenweise sehr breit (1.0-1.2 mm), die Zellen wohlgeordnet, ca. 15 pro 0.1 mm3. In ihrer oberflächlichsten Schicht, an der Grenze gegen I, zeigen sie deutlich die Tendenz kleiner zu werden und einzelne Glomeruli zu bilden, die mehr oder weniger gut entwickelt sind (Tafel CII, Bild 4, Höhe 8 / Breite 31.5 cm); die Pyramidenschicht ist hier an der Grenze gegen I etwas wie zerzaust, wahrscheinlich von groben Faserbündeln durchzogen (s. S. 782); in Tafel CII, Bild 4 ist dies nicht gut zu sehen, dagegen sehr deutlich auf Tafel CVII von Pfeil 5 bis Pfeil 6 und Tafel CX. Man zählt manchmal 5 solcher Glomeruli. Dieselben sind nicht zu verwechseln mit den kleinzelligen Körnchenglomeruli, die von HD3 disloziert auch hierher versprengt vorkommen können, denn die Zellen der Glomeruli der HE1α sind 20-30 / 15-20 µ groß und sind pyramidenzellförmig oder Sternzellen mit vielen Fortsätzen oder kahnförmige große Zellen; die Zellen dieser Glomeruli färben sich etwas dunkler als die übrigen, ebenfalls gut tingierten Pyramidenzellen und erinnern sogar etwas an die Glomeruli der Area uncinata HA oder parauncinata HB, nur sind sie dort etwas kleiner und die Glomeruli nicht so frei isoliert. Nach innen grenzen die Pyramidenzellen nicht unmittelbar ans Mark, sondern sind durch eine zellarme Schicht getrennt, in der die dreieckigen und Spindelzellen, die sie bilden, meist horizontal mit ihrer Längsachse orientiert sind. Sie haben eine Größe von meist 10/ 30-35 µ, und man zählt meist 5-6 pro 0.1 mm3. Man sieht also in HE1α eine gewisse Tendenz der Pyramidenschicht, eine obere glomerulöse Körnerlage und eine untere Lage horizontaler Zellen von der Mittellage wirklicher Pyramidenzellen abzuspalten.
In der tiefer davon in der Wand gelagerten Area pyr. subic. simplex HE1β sind die Pyramidenzellen etwas kleiner, wie wir oben gesehen haben, 30(-35) / 10(-20) µ, zu 16-18 an der Zahl pro 0.1 mm3. Die Orientierung und Form der Zellen ist ganz dieselbe. Auch hier ist gegen das Mark eine Schicht meist horizontalgestellter spindelförmiger Zellen in geringer Zahl (Py b, Tafel CII); diese Schicht ist hier sehr schmal. Die Grenze der Pyramidenschicht gegen das Mark ist eine ziemlich scharfe, der Rindenkrümmung folgende, schön gebogene Linie; die Grenze gegen die I jedoch ist unregelmäßig wellig und zerzaust, die Grenzlage selbst erscheint manchmal etwas zellreicher.
In der Area pyramidalis Ammonica HE2 sind die Pyramidenzellen zu einem gleichmäßigen, mehrzeiligen, sehr dichten und sehr dunkel gefärbten Band vereinigt (Stratum cellulare, s. Abb. 161), das in einer gleichsam etwas glasig aussehenden Grundmasse eingebettet ist (Tafel CIV, Bild 2; Tafel CVI-CIX und CXII); diese Grundmasse überragt nach außen und nach innen etwas das Zellband; oberhalb der Zellen führt sie den Namen Stratum radiatum (da sie von den Radiärschäften der Zellen durchstreift ist), unterhalb der Zellen heißt sie Stratum oriens (Tafel CIV, Bild 2, St. r. St. o.), im unteren Teil dieser Grundsubstanz sieht man auch hier vereinzelte, horizontal gelagerte spindelförmige Zellen (der Rest von VIb). Die Breite des Zellbandes ist 0.3 mm. Es sind ca. 33 Zellen pro 0.1 mm3, zum Teil sehr dicht aneinander- und übereinander gelagert von 35-40 / 15-20 µ Größe, mit langem Spitzenfortsatz, der, in der Grundmasse gelagert, von ihr wie umrändert aussieht. Die Zellen stehen phalanxartig nebeneinander; die obere und die untere Grenze des Zellbandes verläuft glatt und beinahe parallel zueinander. Beinahe jede bis jede zweite Zelle hat eine Trabantzelle. Nur wenige Zellen haben nicht Pyramiden- sondern ovoide oder Spindelform. Der Kern ist länglich oval, groß und hat ein großes Kernkörperchen. Oberhalb der etwas homogenen Masse, in der die Pyramidenzellen liegen, folgt der lichte Streifen der I. Schicht, das sog. Stratum lacunosum, darüber ist die eigentliche Molekularschicht, die darüber noch ein Streifen von tangentialen Fasern trägt (Lamina medullaris externa). Ganz frontal ist HE2 weniger zelldicht und einheitlich (s Tafel CIII, Bild 1).
770 Lobus limbicus inferior.
In der Area pyramidalis unci (HE3) schließlich erreicht die Pyramidenschicht (ebenso wie die I) in den Gyri digitati ihre größte Breite von sogar 2.2 mm (Tafel CIII, Bild 2, Tafel CV, Kuppe 1, und Tafel CVI, Pfeil 7 bis Pfeil 8). In radiären, radspeichenartig geordneten Zügen strahlen die Pyramidenzellen gegen die Oberfläche aus. Auch hier sind die Zellen zahlreicher als im Subiculum, wenn auch nicht so zahlreich als im Ammonsgebiet. Ich zähle ca. 22 Zellen pro 0.1 mm3. Die Zellen sind aber äußerst groß und in die Länge gezogen, an der Kuppe äußerst schmal, beinahe spindelförmig gedehnt, im Windungstal etwas kürzer und breiter (s. Tafel CIII, Bild 3); ihre Größe schwankt von 40-60-80 / 10-15-20 µ, sie sind also beinahe Riesenpyramiden der Länge nach, doch schmäler als diese. Ihr cephaler Fortsatz ist mithin sichtbar, manchmal noch über 100 µ weit verfolgbar! Dies gibt der Formation ein eigentümlich radiär gestreiftes strahliges Aussehen. An der Grenze gegen I sieht man hier und da deutlich den Ansatz zu einer Glomerulusbildung aus polygonalen kahnförmig und sternförmig umgewandelten großen Zellen, die beinahe eine II Schicht bilden (s. Tafel CIII, Bild 2. Py [II]). In der Tiefe gegen das Mark sieht man auch hier wiederum eine zellärmere Lage, die kleinere (20-25 / 10 µ) Spindel- und dreieckige Zellen enthält (Tafel CIII, Bild 2), die beinahe eine VIb-Schicht vortäuscht (Py (VIb)). Die großen Pyramidenzellen dieser Area haben 2-3 Trabantzellen. Die innere und die äußere Grenzlinie der Pyramidenschicht (gegen I und gegen das Mark) ist vollkommen glatt und scharf. Die äußere Grenzlinie gegen I zeigt sehr schön den lichten Streifen von Ib.
Die I. Schicht sowohl als die Pyramidenschicht der Area pyramidalis überziehen kontinuierlich alle die geschilderten Gebiete, und trotz der beschriebenen Varianten erfahren sie nirgends eine Unterbrechung, wie man sehr schön auf Tafel CVI konstatieren kann, wo von Pfeil 4-8 die Pyramidenschicht der subiculären, der Ammons- und der Uncus-partie dieser Area in kontinuierlichem Zusammenhang steht.
Es würde noch die Frage erübrigen, mit welcher Schicht der homotypischen, isogenetischen Formation wir die Pyramidenschicht dieser allogenetischen, rudimentären Bildung homologisieren dürfen. BRODMANN und nach ihm LANDAU haben die Ansicht ausgesprochen, daß es die VI. Schicht sei, daß also alle übrigen Schichten beim Übergang von der homo- und heterotypischen Rinde in die allogenetische haltmachen und nur die I. und die VI. in die allogenetische Rinde übertreten. Wir geben gerne zu, daß an manchen Stellen beim Menschen und wohl auch bei Tieren es sehr den Anschein hat, als ob dies wirklich der Fall wäre und verweisen hier auf die Tafel CV, wo der Übergang der drei Uncuswindungen ineinander zu sehen ist. Auf der mittleren Windung 2 ist die Formatio der Area uncinata, und zwar HA2, zu sehen mit der doppelt weißumränderten V. Schicht. In der rechten Wand dieser Windung - bei Pfeil 2 bis Pfeil 3 - haben wir den letzten vordersten Zipfel der Area granulosa HD, und es macht hier den Eindruck, als ob jenseits von dieser Area nur ausschließlich die VI. Schicht sich in schönem, nach oben konkavem Bogen um das Windungstal schlingen würde, um darüber die Pyramidenschicht der Area pyramidalis unci auf den beiden hier sichtbaren Gyri digitati derselben zu bilden, Kuppe 1 und 1'. (Nebenbei gesagt sieht man hier auch einen gewissen lockeren Zusammenhang der Zellen dieser Pyramidenschicht mit den Zellen des Nucleus Amygdalae (N. A. bei Höhe 24 / Breite 28 cm) ). Aber an anderen Stellen hat man oft einen ganz anderen Eindruck, z. B. auf Tafel CX sieht man, wie die V. Schicht, die man aus HC durch HD bis nach HE verfolgen kann, die ganze Pyramidenschicht der HE gleichsam bildet, während die VI. Schicht eigentlich nur als ganz schmaler Streifen darunter unter die Pyramidenschicht der HE zieht und diesen Saum bloß bildet, den wir bei Besprechung der Area HE als Py (b) bezeichnet haben, und der tatsächlich aus großenteils Spindelzellen und horizontalen Zellen besteht. So ließe sich wohl bald das eine, bald das andere Beispiel für die eine und die andere Ansicht anführen, und man muß es als wahrscheinlich bezeichnen, wie schon auch aus der Zellform hervorgeht, daß sowohl die V. als die VI. Schicht in die Pyramidenschicht des Subiculums hinein verfolgt worden können und mit ihr direkt zusammenhängen. Phylogenetisch scheint auch die Ansicht, daß beide Schichten der inneren Hauptschicht sich an der Bildung der Ammonswindung beteiligen, besser begründet; man sehe diesbezüglich JAKOBS Genese der Fundamentalschichten nach in Kapitel 1, S. 20-24, siehe auch im folgenden §6, S. 787. Auch bei den übrigen allogenetischen Formationen, z. B. dem Übergang der Area ultracingularis in die Area obtecta, haben wir auch die V. Schicht im Zusammenhang mit diesen allogenetischen Bildungen gefunden (s. S. 470). Hier in HE scheint die III. Schicht der HD nicht in Zusammenhang mit den Zellen der HE, höchstens mit den Zellen ihrer großzelligen Glomeruli könnte ein Zusammenhang (in HE1α) bestehen. Uns will es aber scheinen, daß aus solchen „Zusammenhängen" an der Grenze zwischen Iso- und Allocortex überhaupt lieber nicht auf eine Homologie der Schichten geschlossen werden sollte, denn der Zusammenhang ist etwas Lokalanatomisches, und bei einer Entstehung aus verschiedener „Anlage", wie es bei den allogenetischen Formationen, besonders bei den rudimentären und primitiven, der Fall ist, ist jeder Vergleich und jede Homologie von vornherein vergeblich und der anatomische Zusammenhang ein trügerisches Hilfsmittel (siehe auch das 2. Kapitel: über die Entwicklung der Rinde). §5, 6 und 7 gemeinsam für die ganze Regio hippocampi S. 771-792.
Area dentata. 771
Wo die Rinde sich zum Gyrus dentatus in der Tiefe des Sulcus hippocampi einrollt, ist der freie Saum dieser Rinde - welche, wie gesagt, die Formation HE birgt - von einer Kappe grauer Masse überdeckt, welche wie eine Falte sich über den im Durchschnitt T-förmig angeschwollenen freien Saum der HE legt (s. Tafel CXII). Diese Kappe oder Falte ist die Fascia dentata Tarini F.d. (Tafel CIV, Bild 2). Letztere besteht aus einer äußeren, 0.4-0.5 mm breiten Molekularschicht If und einer inneren, 0.14 mm breiten, äußerst zelldichten, tief schwarzblau-tingierten Zellschicht IIf, in der 10-12 / 8-10 µ große grobe, ovale Körnerzellen, beinahe ohne Zwischensubstanz dicht aneinandergepreßt sind; wir zählen 250 solcher Zellen und mehr in 0.1 mm3. Unter der Körnerlage ist wieder eine Molekularschicht. Im Querschnitt hufeisenförmig, nimmt in ihren „Hohlraum" die Fascia dentata dann das aufgetriebene Ende der HE auf, so daß also nun an die untere Molekularschicht der Fascia wieder die Molekularschicht der HE angewachsen ist (Ie) und auf diese die aufgetriebene Pyramidenschicht (Py) mit ihren 30-40 / 20 µ großen Pyramidenzellen, ca. 20 pro 0.1 mm3, folgt. Diese hintereinander verwachsenen Bildungen bilden also zusammen die hier beschriebene Area dentata HF. Nach rückwärts caudal geht die Fascia dentata wahrscheinlich in das Induseum über, indem sie sich allmählich verschmälert und ihr Körnerreichtum abnimmt (Tafel CIX). In der ganzen Länge des Gyrus hippocampi überzieht sie, wie oben gesagt, kappenartig das aufgerollte Ende der Pyramidenschicht des Gyrus dentatus. Vorn an dem Uncusteil angekommen, übersteigt die Fascia dentata in frontaler Richtung von unten medial her aus der Tiefe des Sulcus hippocampi den nach hinten umbiegenden Teil des Uncus zur Gänze (als Bandelette de Giacomini) und hört erst an der lateralen Uncusseite an der membranösen Bildung des Velum medullare Aeby auf. Sie bildet also gleichsam einen von innen nach außen ziehenden schmalen Stirnreif um den lateralen Uncusschenkel und die Bandelette de Giacomini hat somit dieselbe Zusammensetzung wie die Fascia dentata Tarini, jedoch scheint diese Bildung der Area dentata, also die Bandelette, manchmal auch nicht so vollkommen den Uncus reifenförmig zu überziehen, sondern auch fallweise schon im Grunde des Sulcus hippocampi aufzuhören und schon hier membranös zu werden, wie es z. B. in unserem Schema Abb. 93 dargestellt ist.
Wir haben auf Seite 742- 747 die grobanatomischen Verhältnisse des Gyrus hippocampi und zum Teil auch seiner Areae zueinander besprochen und ferner bei Beschreibung jeder einzelnen Area, besonders in der Vorbemerkung zu jeder einzelnen sowie in §5 jeder einzelnen Area schon die wichtigsten topographischen Daten gegeben, so daß wir uns hier auf eine Zusammenfassung des Gesagten und einiger Zusätze an Hand einiger Überblickspräparate zur allgemein richtigen Orientierung und Auffassung beschränken wollen.
772 Lobus limbicus inferior.
Der Gyrus hippocampi sitzt samt seinem hakenförmig nach hinten lateral umgebogenen vorderen Ende (Uncus) an der medialen Hirnseite dem Lobus temporalis dorsal auf. Obschon er durch den tiefen Sulcus occipitotemporalis (Fissura collateralis und Fissura rhinica) von dem Temporallappen scharf getrennt ist, so bedecken doch temporale Formationen wenigstens größtenteils die untere (ventrale) Wand des Gyrus hippocampi im genannten Sulcus, und zwar vorn (Gebiet der Fissura rhinica) die temporopolare Formation mit ihrer agranulären heterotypischen Variante TGa und weiter rückwärts (Gebiet der Fissura collateralis [ot.]) die etwas modifizierte Fortsetzung der granulären temporopolaren Formation im S. oc. temp., die Area temporohippocampica TH und THa (s. Abb. 93). In der Isthmushöhe drangt sich dann auch die von TH nur schwer zu unterscheidende PH Area parietalis basalis an den Truncus (Calcarinae et po.) heran, sowie in der Tiefe des Truncus die großzellige Area peristriata OAm und dorsal vom Truncus die limbischen (parietalen) Formationen LC und die retrosplenialen LD und LE. Alles, was an Rinde dorsal, frontal von diesen angrenzenden genannten Areae und nach innen davon gegen die Hemisphärenmasse ventrikelwärts zu liegt, gehört zum hippocampischen Gebiet und ist heterotypisch und größtenteils allogenetisch (Abb. 56-58).
In diesem Gebiet haben wir also vier (eigentlich sechs) voneinander stark verschiedene Formationen kennengelernt, die alle, vom Uncus angefangen, im Bogen konzentrisch nach hinten verlaufen und gleichsam vier (oder sechs) Streifen von frontocaudalem Verlauf auf dem Gyrus hippocampi bilden, ähnlich in ihrer parallelen Aneinanderreihung wie die streifenförmigen Areae auf der hinteren Zentralwindung. Dieselben sind: 1. die Uncusformationen (HA, HB, HC), 2. die granuläre Formation (HD), 3. die pyramidale Formation (HE) und 4. die Area dentata. Und zwar haben wir nach außen zu, unmittelbar an die temporalen Bezirke angrenzend (Abb. 93):
1. Die Uncusformationen, es sind ihrer drei, HA, HB und HC, welche hintereinander den ganzen vorderen und den ganzen medialen Teil der Uncusoberfläche und den vorderen Teil des eigentlichen Gyrus hippocampi überziehen; es sind dies hauptsächlich Culmenformationen, die kaum oder nur wenig in die Wände der Sulci hinabsteigen; sie lassen auch die dorsale Wand des Gyrus hippocampi frei. Es sind sehr auffällig atypisch gebaute Formationen, ausgezeichnet durch große und großzellige Glomeruli an der Grenze der I. und II. Schicht, und durch zellose Streifen, welche die Rinde horizontal durchziehen. Nach hinten zu nähern sie sich wieder allmählich immer mehr dem homotypischen Bau und gehen ungefähr in der Mitte der frontocaudalen Ausdehnung des Gyrus hippocampi meist in die Formationen der Regio fusiformis (TF und TH) allmählich über. Nach vorn zu überkleidet die vorderste dieser Areae (HA) den ganzen polaren Teil des Uncus, d. h. den ganzen konvexen vorderen Uncusbogen und auch seine laterale, sich zwischen temporopolarer Formation TG und Gyrus olfact. later. post. (TI Area temp. pyriformis) an der Hirnbasis vorschiebende zungenförmige Partie. Auch der Gyrus ambiens auf dem Uncus weist Uncusformation (HA) auf, während der medial daran ziehende kleine Buckel Gyrus semilunaris von der Formatio pyriformis gebildet ist (TI). Der hintere fimbriäre Teil des lateralen Schenkels der Hakenwindung ist nicht mehr von Uncusformationen überzogen, sondern von der Area pyramidalis HE. In die Kniekehle des Uncus dagegen steigt die Uncusformation wohl hinein und wohl meist mit einer unbedeutenden regionären Modifikation HA2 oder HB2, ohne jedoch bis zum Grund der Grube zu reichen, in der der Sulcus hippocampi an der Kniekehle endet; denn hier schiebt sich der vorderste Zipfel der spitz zulaufenden Area praesubicularis granulosa HD in der Wand unter die Uncusformation.
Area dentata. 773
2. Dorsal von den Formationen des Uncus HA, HB, HC schließt sich unmittelbar die Formation der Area granulosa praesubicularis (HD) an, zwischen diesen und dem eigentlichen Subiculum, d. h. dem tiefsten Teil der dorsalen Wand des Gyrus hippocampi, an die sich wieder der Gyrus dentatus weiter anlegt. Vorn beginnt die Area granulosa spitz in der Kniekehle des Uncus, unmittelbar unter der Uncusformation in der Wand (Tafel CV, Pfeil 2 bis Pfeil 3) und verbreitert sich von hier aus nach rückwärts über die dorsale Kante des Gyrus hippocampi, so daß der obere Teil der Wand, die Kante, und der dorsale Teil des Culmen des Gyrus hippocampi weiter caudal zu ihrem Areale gehört. Am breitesten ist die Area granulosa ungefähr in der Mitte des Gyrus hippocampi (Tafel CVII und CVIII), also dort, wo die Uncusformationen ihr hinteres Ende finden. Von hier aus zieht sie sich allmählich wieder von der Oberfläche zurück, um auch in der Wand dann immer schmäler zu werden und gegen die Talsohle des Sulcus hippocampi zu versinken. Dort, wo die Area granulosa HD am besten entwickelt ist, bildet der Teil des Gyrus hippocampi, auf dem sie sich befindet, oft gleichsam eine eigene Facette (Tafel CVII und CX). An der Oberfläche gemessen, kann ihr Areal ein Gebiet von 6.0 mm Breite einnehmen. Mehr als 3.0 mm davon liegen kaum je auf dem frei sichtbaren Culmen des Gyrus hippocampi; doch ist dieses Verhältnis zur „freien Oberfläche" ein individuell sehr verschiedenes, je nach der Querschnittsform des Gyrus hippocampi. Ist dieselbe rundlich keulenförmig (Tafel CXII), so kann auch mehr von der Granulosa an der sog. freien Oberfläche liegen. Zeigt der Querschnitt 4 oder sogar 5 abgekantete Flächen (Tafel CVII), dann kann es sein, daß die Area granulosa sich überhaupt nicht über das freie Culmen des Gyrus hippocampi erstreckt. Jedenfalls ist aber immer die dorsale Kante des Gyrus die Stelle, von der aus man sie in unmittelbarer Nahe davon immer finden wird. Wenn, wie eben beschrieben, die Area praesubicularis granulosa, in der Wand des Sulcus hippocampi sich verschmälernd, nach hinten in die Tiefe sinkt, steigt in der Isthmusgegend das granulöse, retrospleniale limbische Feld LE aus der Wand empor über sie hinüber auf das Culmen, das sie eben verlassen hat (s. Abb. 129 a und b). Es findet hier zwar keine Vermischung, jedoch wohl eine unmittelbare Berührung beider granulöser Formationen, und es kann in diesem Fall die eine Schicht der einen, wie S. 766 erwähnt, in das Gebiet der anderen etwas hineinragen (Tafel CIV, Bild 3). Andere Male geschieht es jedoch wieder (s. Tafel CIX), daß in der Wand des Gyrus hippocampi oder des Gyrus limbicus (inferior), wie wir ihn an dieser Stelle des Isthmus lieber benennen wollen, die hippocampischen Formationen sich gleichsam als kleine eigene Windung abheben, nach rückwärts weiter ziehen und sich allmählich abflachend, die Gyri Andreae Retzii zu bilden helfen (vgl. Abb. 23 mit 93 sowie 129a mit 129 b) und schließlich als ein Teil der Fasciola cinerea ihren Weg fortsetzen; in solchen Fällen ist die Berührung der beiden granulösen Bildungen eine weniger intime, wenn auch scheinbar stets vorhanden. In der Mitte des Gyrus hippocampi, wo die Uncusformationen ihr caudales Ende finden, tritt an die Stelle derselben auf das Culmen des Gyrus hippocampi die temporale Formation TH und bildet die untere Begrenzung der Area granulosa. Doch geht sie gewöhnlich nicht unvermittelt in die Area granulosa über (Tafel CVIII und CXII), sondern die TH verliert auf einer schmalen Strecke ihre Granula der IV., dadurch entsteht ein schmales, ca. 2 mm breites, also strichförmiges Grenzareal THa (Tafel CXII, Pfeil 2 bis 3, Tafel CXI, Pfeil 1 bis 2, Tafel CVIII, Pfeil 2 bis 3) das die granuläre Formation TH von der granulösen Formation HD trennt und selbst agranulär ist.
Wir haben die Formation HD als granulöse Formation, als Koniocortex des Hippocampus, bezeichnet, weil in ihr die II. und III. Schicht in ihrer schönsten Ausbildung eine gemeinsame dichte, breite Körnerschicht bilden; die IV. Schicht fehlt, und die V. und VI. bilden ebenfalls eigentlich bloß eine Schicht. Stellenweise scheinen sogar V und VI beinahe verloren zu gehen, so daß bloß die Körnerzellen von II und III als einzige Schicht der Rinde unter der Molekularschicht übrigbleiben. Diese Auffälligkeit genügt, um in der Körnerbildung das charakteristischste Element dieses Areals zu erkennen und rechtfertigt die Bezeichnung „granulös". (Später werden wir sehen, daß auch ein reiches Nervengeflecht diesen Koniocortex, wie auch sonst immer, auszeichnet.) Das Areal, das diese granulöse Bildung einnimmt, ist recht groß und übertrifft beim Menschen an Ausdehnung das Areal, das die retrospleniale granulöse Formation einnimmt.
Nach der Tiefe der dorsalen Wand zu grenzt die Formatio granulosa an die dritte wichtige und typische Formation des Hippocampus, an die Formatio pyramidalis.
774 Lobus limbicus inferior.
3. und 4. Die Formatio pyramidalis besteht bloß aus einer Schicht großer Pyramidenzellen und einer sehr breiten ersten Schicht. Sie ist eine allogenetische rudimentäre Rindenpartie. Auf Seite 771 haben wir schon eingehend besprochen, mit welcher Schicht der homogenetischen Rinde die Pyramidenschicht eventuell zu homologisieren wäre. Die Formatio pyramidalis bildet die Rinde des Subiculums, rollt sich dann als Ammonsformation und als Teil des Gyrus dentatus ein. Vorn in der Kniekehle des Uncus hört dieser eingerollte Gyrus auf (Tafel CVI), und die Rinde der Formatio pyramidalis stülpt sich nun in umgekehrter Richtung um das fimbriäre, laterale hintere Uncusschenkelende auf, überzieht dasselbe und bildet die Gyri digitati, wie man auf Tafel CV, Kuppe 1 und 1' und Tafel CVI, Pfeil 7 bis 8 sehen kann und findet hier sein Ende. Der freie Rand, der zum Gyrus dentat. eingerollten Rinde ist von der 4. Bildung der ebenfalls allogenetischen Fascia dentata Tarini (Area dentata) kappenförmig überdeckt. Dieser kleine Gyrus findet seine Fortsetzung frontal in der Bandelette de Giacomini, welche ebenso gebaut ist wie die Fascia dentata, wie dieselbe manchmal stirnreifartig den inneren lateralen Uncushacken quer übersteigt um auf der lateralen Seite desselben in das Velum Aeby überzugehen oder wenigstens an dessen Ansatz zu enden, haben wir S. 772 schon besprochen. Caudal setzt sich die Area pyramidalis dagegen einfach im Subiculum nach hinten fort bis zum Isthmus. Der Übergang des Subiculums ins Ammonshorn selbst und die Einrollung sowie Überdeckung mit der Fascia dentata (Area dentata) geht ebenfalls bis zum Isthmus, ziemlich unverändert im Bau und nur an Masse und Ausdehnung abnehmend, wie man auf Tafel CVIII und CIX sehen kann. Noch weiter caudal und dann dorsal um den Balken herum gehen diese Gebilde der Innenwand des Gyrus limbicus inferior (Gyrus hippocampi) über in die Gebilde der Umschlagstelle der Rinde der Innenwand des Gyrus limbicus superior auf den Balkenrücken (s. Abb. 129 b); und zwar geht der subiculäre Teil der Area pyramidalis und der ammonische Teil derselben, HE1 und HE2, allmählich in die Area ultracingularis posterior LF1 resp. die daran anschließende Area obtecta LF2 über, also in die Rindenumschlagsstelle selbst (im Tal des Sulcus callosus) und in den auf dem Balken liegenden dickeren Rindenteil, mit welchen beiden auch HE1 und HE2 große Ähnlichkeit im Zellbau haben (man vergleiche hierzu Tafel CIV, Bild 4, mit Tafel LII, Bild 2). Wohl sind die Zellen der letzteren kleiner, aber die Ähnlichkeit der Area ultracingularis (LF1) mit der Area pyramidalis subicularis (HE1) ist unverkennbar; ebenso die der Area pyramidalis in der Nähe des Ammonshorns mit der Area obtecta und der Fasciola cinerea. Die Fascia dentata HF schließlich findet ihre Fortsetzung im Induseum, das als membranös geblichene mediale Hemisphärenwand den Balken überzieht, als Area LB2 und mit ihr auch im Bau eine gewisse Ähnlichkeit aufweist. Man vergleiche hierzu die Fascia dentata HF der Tafel CIV, Bild 2, mit der Area LB2 der Tafel LI, wo die gleichen ovalen Zellen in der Molekularschicht die einzigen zelligen Rindenbestandteile bilden. (Die Vergrößerung auf Tafel LI ist doppelt so stark als auf Tafel CIV.) Diese Betrachtung deckt uns den histologischen Zusammenhang und die histologische Bedeutung dieser Teile auf. Diese Aufgabe ist leichter als die Lokalisierung dieser histoarchitektonischen Gebilde zu den grobanatomisch erkannten Bildungen dieser Gegend. Wir wollen bloß kurz versuchen einige Punkte dieser zu besprechen, obwohl die grobe Anatomie nicht unsere Aufgabe ist; jedoch wird die endgültige Analyse des komplizierten Verhaltens der grobanatomischen Gebilde dieser Gegend nur mit Herbeiziehung der Cytoarchitektonik endgültig gelingen können und ist nunmehr eine Aufgabe der allernächsten Zukunft, die großenteils schon von LANDAU begonnen wurde. Sowie die Fimbria sich, zur Lyra aufsteigend, caudal vom Gyrus dentatus getrennt hat, sieht man (nach RETZIUS, s. Abb. 129a) parallel zum Gyrus dentatus, und von ihm durch einen kleinen Sulcus dentato fasciolaris getrennt, einen schmalen spulrunden Gyrus gegen den Balken ziehen, den Gyrus fasciolaris. Dieser Gyrus ist unserer Ansicht nach nichts anderes als das stark gewölbte laterale innere Stück des sich einrollenden Gyrus dentatus, das zu der kappenförmigen Auflage der Fascia dentata, die sich drauflegt, eine Niveaudifferenz zeigt und daher als Wulst auffällt mit dem ihn von der Fascia dentata trennenden kleinen Sulcus (siehe Sagittalschnitt Tafel CIX); man könnte sich auch so ausdrücken, daß es das hintere, verschmälerte Ende des Ammonshorns wäre, nur daß dieses in seiner vollen Ausbildung von außen nicht sichtbar ist, weil es von der Fimbria und der Deckung des Unterhorneinganges und den Plexus chorioideus überdeckt ist; da hier alle diese Teile wegfallen, ist es nun sichtbar. Für diese Auffassung spricht auch das Bild Tafel CIX, wo man rechts den Gyrus fasciolaris (Pfeil 8 bis Pfeil 9) sieht. Dementsprechend ist die Formatio pyramidalis subiculi HE auch der Bautypus dieses kleinen Gyrus. Dieser Gyrus fasciolaris vereinigt sich dann dorsal nach RETZIUS mit dem spitz aufhörenden Gyrus dentatus zur Fasciola cincerea, die auf das Dorsum des Balkens zieht. Man vergleiche hier unmittelbar Tafel CIX mit Tafel LII, um den richtigen Eindruck zu gewinnen. (Leider stört es etwas, daß Tafel LII bei 50facher und Tafel CIX bei 25facher Vergrößerung die Verhältnisse wiedergibt.) Zwischen diesen Gebilden und dem Gyrus limbicus kann aber noch ein oder zwei wulstförmige Gyri vortreten (Gyr. Andreae Retzii). Diese Gyri sind nicht konstant. Sie dürften, soweit wir es übersehen (s. Tafel CIX), entsprechen den caudalen Fortsetzungen der Areae praesubiculares et subiculares hippocampi HD und HE, die in der Wand des Gyrus limbicus bleiben und erst allmählich verschwinden, manchmal aber, wie schon S. 767 auseinandergesetzt und hier Tafel CIX dargestellt, eigene kleine wulstförmige Gyri in der Tiefe bilden, auf denen sie nach hinten ziehen und sich erst allmählich abflachen und verlieren. Auch diese Gyri sind also von der Area pyramidalis subicularis HE (eventuell auch von der Area granulosa praesubicularis HD) überzogen. Die Area granulosa hört aber, wie wir wissen, rasch auf, während die Area pyramidalis HE dorsal weiterzieht in die LF. Wollen wir uns also jetzt alle diese Befunde vergegenwärtigen, so werden wir sagen: Die Fascia dentata (Area HF) hebt sich als kleine Falte, die den Gyrus dentatus bedeckt, im Zuge nach hinten von dem Gyrus dentatus wieder ab und setzt sich als äußerer Rand der Fasciola cinerea fort in das Induseum, und zwar in dessen medialen Teil, in die Area indusei (LB2); der Gyrus fasciolaris entspricht der Fortsetzung des Ammonshorns und weist als Bauart die Formation HE2 auf, der Gyrus dentatus als weiterer Teil der gleichen Bildung (S. 475) desgleichen (HE2 und HF); sie bilden nach rückwärts zu gemeinsam die Fasciola cinerea, die also die Fortsetzung der Bildung HE2 trägt und die ebenfalls ins Induseum übergeht, und zwar in den lateralen Teil desselben, in die Area obtecta LF2, die auch wirklich ähnlich gebaut ist (Tafel LII). Die Gyri Andreae Retzii schließlich, soweit sie innen die Area HE1 tragen, verflachen sich zwar, finden aber ihre Fortsetzung histologisch in der ähnlich gebauten Area ultracingularis posterior LF1; soweit die Gyri Andreae Retzii jedoch der Area HD granulosa entsprechen, hören sie nicht nur als Gyri sondern auch als histologische Formation hier auf. Wir verweisen hier nun speziell auf das Seite 471-475 Gesagte, wo der Zusammenhang dieser hier genannten hinteren limbischen Formationen mit den vorderen ebenfalls genau angeführt ist, so daß sich daraus die Zellarchitektonik aller Teile des sog. Riechhirns vom vorderen frontalen Ende bis hierher zum Isthmus und von hier bis zum Uncus genau ermitteln und an Hand der entsprechenden Figuren sich ziemlich lückenlos und vollständig veranschaulichen läßt in ihren frontalen, limbischen, hippocampischen und temporalen sowie insularen und hirnbasalen Abschnitten (s. auch Abb. 129).
Area dentata. 775
Nach dieser eingehenden Beschreibung des Zusammenhanges der grobanatomischen und feinanatomischen Gebilde des Gyrus hippocampi und des Gyrus limbicus superior wollen wir zum besseren Verständnis und zur Übersicht die Verhältnisse der Areae hippocampi zueinander besprechen an Hand von Tafel CV-CIX und CXII bei bloß 25facher Vergrößerung.
Tafel CV zeigt einen Schnitt, der ungefähr in sagittaler Richtung durch den Uncus geführt ist (s. Abb. 115b), und zwar durch dessen lateralen, nach hinten umgebogenen Schenkel bei 25facher Vergrößerung. Man sieht hier drei Kuppen. Kuppe 3 und 2 sind von der agranulären allogenetischen Uncusformation überzogen, wie man sofort an den großen Glomeruli in der Tiefe der I. Schicht erkennt, und zwar Kuppe 3, die die frontaler gelegene ist, von der Formation HA1, die bloß einen zellarmen Streifen zwischen III und V aufweist und Kuppe 2 von der Formation HA2, bei der die V oben und unten von einem zellarmen Streifen umrändert ist. Zwischen Kuppe 2 und 1 geht die Formation HA2 nicht bis hinunter in der Wand, sondern wird von Pfeil 1 bis Pfeil 2 auf eine schmale Strecke von HB ersetzt, während man von Pfeil 2 bis Pfeil 3 deutlich die "granulöse" Formation (HD) sieht; hier werden die oberen Schichten abgelöst durch eine feinstkörnige Bildung; dies ist das frontalste Ende der Area praesubicularis granulosa. Der seichte Sulcus zwischen Kuppe 1 und 2 entspricht dem vordersten Ende des Sulcus hippocampi. Man sieht nun in der Wand, wie die granulösen oberen Schichten hier plötzlich aufhören, während die unteren Schichten VI (vielleicht auch V) allein in tief geschwungenem Bogen herüberziehen in die 1. Kuppe (siehe darüber S. 767 und 770). Diese und der nächste kleine Wulst 1' entsprechen den Gyri digitati des hinteren fimbriären Uncusendes (Gyr. intralimbicus Retzii). Man sieht hier genau, wie die Rinde dieser Gyri (HE3) bloß aus 2 Schichten besteht, aus der breiten I. Schicht und der breiten Pyramidenschicht. Die I. weist zu oberst und zu unterst einen lichten Streifen auf, entsprechend den tangentialen Markfasern der äußeren Lamina medullaris und des inneren Stratum lacunosum, die sie in sich in doppelter Schichtung birgt. Die breite Pyramidenzellschicht zeigt sehr schön ihren Zusammenhang mit den tiefen Schichten der übrigen Rinde; nach hinten zu (im Bilde rechts) hängt sie aber jenseits der Gyri digitati mit der grauen Masse des Nucleus Amygdalae (N. A.) locker zusammen, wie man dies hier ganz deutlich sieht; der Hohlraum und der schmale Spalt, den man unter den drei Windungen sieht, ist das Ventrikelunterhorn; von unten herauf ragt in dieses die graue Masse des Nucleus amygdalae vor, der hier beinahe die ganze untere Hälfte des Bildes ausfüllt. Daß der Nucleus amygdalae, die Substantia perforata und das Claustrum graue Massen sind, die mit dem Grau des Cortex in lockerer Verbindung stehen, haben wir bei Besprechung des Claustrums und seines Zusammenhanges mit den basalen frontalen Inselteilen und der Substantia perforata schon kurz besprochen. Auf diesem Bilde sieht man, wie solche Zusammenhänge zustande kommen in Kuppe 1' und darunter.
776 Lobus limbicus inferior.
Tafel CVI zeigt einen Schnitt, der etwas weiter rückwärts in etwas mehr frontaler Richtung senkrecht zu dem frontalsten Teil des Gyrus hippocampi geführt ist. Der Gyrus hippocampi hat hier am Schnitt die Form eines verkehrten Stiefels. Die linke Fläche im Bilde ist die an der medialen Hirnwand sichtbare freie Oberfläche (Culmen) des Gyrus hippocampi. Also entspricht der Sulcus, den man am unteren Bildrande sieht, dem unter dem Gyrus hippocampi eindringenden Sulcus occipitotemporalis (Fissura rhinica); über der oberen Kante des Gyrus hippocampi senkt sich der Sulcus hippocampi zwischen ihn und die sich entwickelnden Gyri digitati, die man hier als 2 Wülste in Herzform sieht. In der Tiefe des Sulcus hippocampi, zwischen ihm und den Gyri digitati, sieht man zwei unregelmäßig ovale Querschnitte bei a und b, die das zweimal getroffene vordere Ende des Gyrus dentatus mit der Fascia dentata darstellen (HF). Die Oberfläche des Gyrus hippocampi (links auf diesem Bilde) ist von den Uncusformationen noch eingenommen, und zwar von den Formationen HA2, HA3 und HB2, wie man an der Tendenz der Glomeruli, sich im obersten Teil nahe der Kante zu einer Schicht zu vereinigen, sieht, oberhalb von Pfeil 2. Gegen den Sulcus occipitotemporalis zu (unten links) geht die Uncusformation HA2 in der Wand des Sulcus über in die agranuläre, temporopolare Formation TGa (bei Pfeil 1). Man sieht, wie an der unteren Windungskante die großzellige glomerulöse II Schicht der HA2 aufhört und einer zwar etwas großzelligeren, sonst jedoch normal aussehenden II. Schicht Platz macht; ferner sieht man genau, wie der zellarme Streifen unter dieser glomerulösen Schicht, der für HA und HB charakteristisch ist, aufhört, wie die V. Schicht sich verbreitert und undeutlicher wird usw. Auf der anderen oberen Windungskante des Gyrus hippocampi sieht man unmittelbar unter der Kante die granulöse Formation - an dem feinstgranulierten Aussehen der II. und III. erkennbar - von Pfeil 3 (3') bis Pfeil 4 (4') reichend (Area praesubicularis granulosa HD). Sie ist schon viel breiter als an der vorigen Tafel, und man kann schon ihre 3 Abteilungen HD1, HD2 und HD3 an ihr bemerken. Unterhalb von ihr im Subiculum beginnt die Area pyramidalis HE. Hier macht es, zum Unterschied von der Tafel CV, den deutlichen Eindruck, als ob zum mindesten auch die V. Schicht samt der VI. an der Bildung der Pyramidenschicht in HE sich beteiligen würde; nur die II. und III. Schicht hören scheinbar bei Pfeil 3 ganz auf. Man erkennt die Area pyramidalis subicularis glomerulosa (dorsalis) HE1α (Pfeil 4 bis Pfeil 5), die Area pyramidalis subicularis simplex (ventralis) HE1β (Pfeil 5 bis Pfeil 6); hier schwingt sich die Rinde herüber gleichsam als freie Wand des Ventrikels V und bildet im Bogen den Alveus; die Area pyramidalis wird schmäler, dichter, es ist der Beginn des Area pyr. Ammonica HE2; bei Pfeil 6' ist schon der Ansatz zur Einrollung der Rinde, die auf den späteren Schnitten sichtbar sein wird. Hier findet sie jedoch noch nicht vollständig statt (erst auf späteren Schnitten, Tafel CVII), sondern die Area pyramidalis schwingt sich hinauf und statt sich einzurollen, biegt sie zweimal nach außen um und bildet die Gyri digitati, in welchen die Area pyramidalis aus denselben Elementen besteht, die jedoch sehr vergrößert sind; die Schicht selbst ist sehr verbreitet zu der Area pyramidalis Unci HE3 (Pfeil 7 bis Pfeil 8). Ventrikel und Nucleus amygdalae sind am rechten Plattenrand noch deutlich zu sehen.
Tafel CVII stellt einen Schnitt dar, der frontal senkrecht zum Verlauf des Gyrus hippocampi, ungefähr in der Mitte seiner frontocaudalen Ausdehnung, geführt ist. Das Bild ist in der gleichen Orientierung wie früher aufgenommen. Auf der rechten Bildseite sind keine Gyri digitati mehr zu sehen, sondern man sieht, wie die Rinde sich schneckenförmig einrollt und ihr T-förmig aufgetriebenes Hirnende von dem dunklen Zellstreifen und der Molekularschicht der Fascia dentata (f. d.) kappenförmig überdeckt ist. Daneben sieht man den keulenförmigen Querschnitt der Fimbria, die sich in die Markfasern des Alveus (A.) fortsetzt. Bei l. af. ist der durchgerissene membranöse Verschluß des (V.) Ventrikels, die Lamina affixa. Die graue Masse jenseits der Fimbria ist das Corpus geniculatum laterale. An der Oberfläche des Gyrus hippocampi sieht man auf der linken Bildseite keine glomerulöse Formation mehr, sondern über der Area TG (temporopolaris), die das ventrale Drittel dieser Oberfläche einnimmt, unmittelbar schon die Area HC, die hinterste der Uncusformationen von Pfeil 1 bis Pfeil 2. Sie hat anstatt der Glomeruli eine für eine Uncusbildung relativ kleinzellige II Schicht aus größeren Sternzellen; sie ist agranulär, d. h. IV fehlt, und sie zeigt eine von zwei zellarmen Streifen umränderte V. bandartige Schicht. Gegen den Sulcus occipitotemporalis zu (nach unten) schiebt sich in sie eine feine Körnerschicht vor (Pfeil 1); hier grenzt sie und geht allmählich über in die homotypische Area TG bei Pfeil ↓ 1. An der oberen Windungskante, die auf der vorhergehenden Tafel CVI die Spitze des „Stiefels" darstellte, sehen wir hier keine Spitze mehr, sondern eine breite Facette, die ihrer ganzen Breite nach, von Pfeil 2 bis Pfeil 5 von der Area praesubicularis granulosa HD eingenommen ist. Die Area granulosa ist also äußerst breit; hier sieht man auch schon deutlich ihre drei Partien, die Pars limitans HD1 von Pfeil 2 bis Pfeil 3, die Pars media HD2 von Pfeil 3 bis Pfeil 4 und die Pars glomerulosa HD3 von Pfeil 4 bis Pfeil 5. Darauf folgt die Area pyramidalis subicularis HE1, und zwar von Pfeil 5 bis Pfeil 6 die Pars glomerulosa HE1α und von da bis Pfeil 7 die Pars simplex HE1β. Von hier bis Pfeil 8 die Area pyramidalis Ammonica HE2 mit ihren dichtgedrängten dunklen Zellen. Das Ende der Area pyramidalis ist T-förmig aufgetrieben (Pfeil 8 bis Pfeil 9) und kappenförmig von der Fascia dentata (f. d.) überdeckt, die selbst aus einer I. (Molekularschicht) und aus einem dichtesten Zellstreifen besteht. Die Molekularschicht des Subiculums und die der Fascia dentata verwachsen miteinander. Man sieht auch auf dem Zellbilde sehr schön, wie der Markstreifen an den dunklen Gliakernzügen erkennbar in der Molekularschicht des Subiculums, die unmittelbar die Pyramidenschicht bedeckt und am frischen Hirnschnitt als weißer Streifen zu sehen ist, von der Grenze an der Area praesubicularis granulosa bei Pfeil 4 beginnt und durch die ganze Area pyramidalis zieht, sich schneckenförmig einrollt und hier mit den Tangentialfasern der Molekularschicht der Fascia dentata scheinbar zusammenhängt (s. Näheres S. 784, Abb. 162).
Area dentata. 777
Tafel CVIII zeigt ähnliche Verhältnisse wie Tafel CVII, jedoch noch weiter caudal, wo der Gyrus hippocampi ventral an den Gyrus fusiformis grenzt, der bis Pfeil 1 von der Area fusiformis TF überzogen ist. Hier ist die Oberfläche des Gyrus hippocampi nicht mehr von einer Uncusformation eingenommen, sondern die homotypische Formation TH, die Area temporohippocampica dringt vor auf das Culmen des Gyrus hippocampi bis zu dem Pfeil 2. Von dem Pfeil ↓ 3 angefangen, beginnt wieder die granulöse Formation HD; zwischen Pfeil ↓ 2 und Pfeil ↓ 3 aber, d. h. zwischen der homotypischen sechsschichtigen Area temporohippocampica, die granulär ist, und der atypisch gebauten allogenetischen Area praesubicularis granulosa HD ist ein schmales Gebiet von etwas unbestimmter Formung; vor allem ist keine IV Schicht zu sehen, und die Schichtung verliert überhaupt an Deutlichkeit; es ist dies die schon S. 728 erwähnte heterotypische Area temporohippocampica agranularis THa, die als dünner Streifen zwischen HD und TH eingeschoben ist. Man erkennt auch hier, daß die HD an Rindendicke merklich bei Pfeil 3 eingebüßt hat und die V. und VI. nicht so zellreich und breit ist als auf Tafel CVII. Alles weitere ist gleichgeblieben.
(Tafel CXII zeigt ganz die gleichen Verhältnisse. Wir bilden sie bloß ab, da sie von einem anderen Gehirne stammt, um die individuellen Unterschiede in der Lage der HD zu zeigen und die verschiedene Form des Querschnittes des Hippocampus; doch ist sie genau aus der gleichen Hippocampusgegend wie Tafel CVIII; siehe betreffs des Faserverlaufs auch Abb. 161, 162, S. 784.)
Tafel CIX endlich ist ein senkrecht zum Gyrus hippocampi oder limbicus im Isthmus geführter Frontalschnitt. Man sieht hier bei der gleichen Vergrößerung, wie die ganze präsubiculare und subiculare Partie des Gyrus hippocampi klein geworden ist und nur mehr von Pfeil ↓ 4 bis Pfeil ↓ 8 reicht, und zwar von Pfeil 4 bis Pfeil 5 der Rest der Formation HD, an der im oberen Teil kaum mehr Granula zu sehen sind; von Pfeil 5 bis Pfeil 6 die subiculäre Formation HE1, darauf ganz kurz der Rest der Area pyr. Ammon. Pfeil 6 bis Pfeil 7 und als kleine Vorwölbung die Area dentata (Pfeil 8 bis Pfeil 10). Dagegen sieht man oberhalb der präsubicularen Formation gleich die retrospleniale granulöse Formation LE2 und LE1 in ihren zwei Bildungen beginnen und den ganzen Isthmus überziehen (Pfeil 4 bis Pfeil 3 LE2 und Pfeil 3 bis Pfeil 2 LE1) und in die Tiefe des Truncus calc. und parieto-occipit. sich versenken, wohin auch die retrospleniale agranuläre LD (Pfeil 2 bis Pfeil 1 ) und LC (Area cingularis posterior) folgen, während die nächste Windung schon zum Gyrus lingualis gehört und die großzellige occipitale Formation OAm (Area peristriata) trägt. Man sieht auch an diesem Schnitte sehr schön und ziemlich übersichtlich die grobanatomischen Verhältnisse. Zwischen Pfeil ↓ 4 und Pfeil ↓ 10 bildet der Rest der präsubicularen und subicularen Formation zwei kleine Buckel; es sind die Gyri Andreae Retzii. Der nächste Pfeil ↓ 9 weist genau in ein Grübchen, den Ansatz des Sulcus dentato-fasciolaris (Retzii); zwischen Pfeil 9 und Pfeil 10 ist der Gyrus dentatus (schmales hinteres Ende desselben). Zwischen Pfeil 8 und Pfeil 9 ist eine kleinere Wölbung: der Gyrus fasciolaris Retzii.
778 Lobus limbicus inferior.
Aus dieser Tafelaufeinanderfolge läßt sich sehr gut die Ausdehnung und die Abgrenzung der Areae des Hippocampus gegeneinander ableiten.
(Tafel CX ist eine doppelte Vergrößerung der Kuppe des Gyrus hippocampi der Tafel CVII, um die histologischen Verhältnisse klarer vor Augen zu führen; Vergr. 50fach; und ebenso Tafel CXI eine doppelte Vergrößerung der Kuppe auf Tafel CXII.)
Seit jeher hat das „Riechhirn" und speziell der Gyrus hippocampi die Hirnanatomen interessiert, und seit jeher ist eigentlich der eigentümliche Bau dieser Rindenpartien den Untersuchern aufgefallen schon durch die äußere weiße Farbe dieser Rinde, zum Unterschied der graurötlichen der ganzen übrigen Rinde. Daß die Rinde des Ammonshorns bloß aus Pyramidenzellen besteht, wußte MEYNERT schon. (Als Kuriosum sei der Schluß angeführt, den er daraus zog; da nämlich das Ammonshorn bei der Epilepsie häufig verändert gefunden wird und da die Epilepsie hauptsächlich in motorischen Entladungen sich manifestiert, sah er darin den Beweis für die motorische Natur der Pyramidenzellen!) Die „weiße Rinde" sah MEYNERT sofort als einen eigentümlichen Rindentypus an, der ungefähr unserer „allogenetischen" Rinde entspricht. BETZ hat vielleicht zuerst die „Glomeruli corticales" des „vorderen Teiles der Ammonswindung und des Temporalpols" beschrieben. OBERSTEINER, DÉJERINE, HAMMARBERG, CAJAL und KÖLLIKER haben Beschreibungen des Gyrus hippocampi, des Ammonshorns oder des Subiculum gegeben. Jedoch ist es recht schwer, sich in diesen Studien zurecht zu finden. Wir haben bei Beschreibung der einzelnen Areae des Hippocampus gesehen, wie dieselben von Schritt zu Schritt Änderungen erfahren und wie viele einzelne Areae es gibt. Systematisch an einer Serie ist die Cytoarchitektonik dieses Gebietes, soweit wir die Literatur übersehen, von keinem dieser Forscher durchuntersucht worden. Meistens ist die eine oder die andere Stelle angesehen und beschrieben worden, ohne genügend genaue Angaben, um welche Stelle es sich dabei handelte. Da nun die Struktur auch unmittelbar nebeneinanderliegender Stellen hier, wie wir gesehen haben, sehr verschieden sein kann, da außerdem auch noch große individuelle Verschiedenheiten bezüglich der Lage dieser einmal untersuchten Stellen bestehen, läßt sich kein richtiges Bild aus diesen verstreuten Angaben rekonstruieren, wenn sie auch, einzelnen genommen, richtig sein mögen. Nur das Ammonshorn ist von vielen Untersuchern genau studiert worden, z. B. von DÉJERINE, CAJAL, EDINGER usw. Die meisten Untersucher haben sich speziell auch um die Verbindungen und Bahnen von und zum Riechhirn bemüht. Auf diese Fragen können wir natürlich hier überhaupt nicht näher eingehen, da sie augenblicklich selbst noch zu ungeklärt sind, um bei einer cytoarchitektonischen Besprechung vorderhand klärend wirken zu können. Bei den vielen Versuchen einer Besprechung des Zellbaues dieser Gegend scheint der Umstand, daß verschiedene Gebiete derselben sog. Glomeruli corticales führen, z. B. die Uncusformationen, die präsubicularen und die subicularen, etwas verwirrend gewirkt zu haben. Auch neuere Untersucher, wie ELLIOT SMITH und CAMPBELL, haben nicht zu einer wesentlichen Klärung beitragen können. Ersterer bezeichnet den Uncus im vorderen Teil des Gyrus hippocampi als Area pyriformis (Abb. 4) und den rückwärtigen subicularen als Subiculum hippocampi; ob seine an der medianen Hirnoberfläche ventral darunterliegende Area paradentalis unserer präsubiculären Formation HD entspricht oder unserer Area temporohippocampica (TH) bleibt fraglich. CAMPBELL bezeichnet dasselbe Gebiet (Abb. 2) des Uncus, das SMITH als Area pyriformis bezeichnet, als olfactory Areae; nach innen daran liegt seine Area limbica C, die der Summe der ganzen limbisch-retrosplenialen und hippocampisch-heterotypischen und allogenetischen Formationen entspricht. Auch hier also finden wir keine nähere Beschreibung der sehr komplizierten Verhältnisse der Rinde.
Area dentata. 779
Abb. 157. CAJALs Bild eines großzelligen (A) und eines kleinzelligen Glomerulus (B) der II. Schicht unserer Area uncinata HA des Uncus (CAJALs Regio olfactiva); a Achsenzylinder der Riesenzellen ins Mark ziehend, der kleinen Zellen in den tieferen Rindenschichten endend. (Silberimprägnation)
Nur allein CAJAL und zum Teil auch, auf ihm fußend, BRODMANN haben darüber für unsere Aufgabe wirklich verwertbare Daten gegeben; letzterer aber leider nur über die Abgrenzungen der verschiedenen unterscheidbaren Rindenfelder gegeneinander, ohne eine genauere Beschreibung des Baues dieser Gebiete und seine Begründung für diese Feldereinteilung zu hinterlassen, ersterer dagegen hat wenigstens über einige Gebiete zellarchitektonische, ganz ausgezeichnete Studien veröffentlicht. CAJAL (Studien über Hirnrinde des Menschen: die Riechrinde beim Menschen und Säugetier, 1903) unterscheidet außer dem Ammonshorn noch folgende Regionen: die Regio olfactiva, sie entspricht unseren Uncusformationen HA und HB; dann die sagittal langgestreckte Regio praesubicularis, sie entspricht unserer Area praesubicularis granulosa limitans und media (HD1 und HD2), und das Subiculum selbst, das seiner Abbildung nach dem Übergang zwischen unserer Area praesubicularis pars glomerulosa (HD3) und der Area pyramidalis subicularis pars glomerulosa (HE1α), jedenfalls also dem oberen Teile des Subiculums, entsprechen dürfte. Abb. 160, 161, 162 und Tafel CXII geben Schemen und Photographien ungefähr des gleichen Querschnitts dieser in Betracht kommenden Gegend wieder; auf ihnen reicht die Präsubiculargegend von Pfeil 3 bis Pfeil 6, das Subiculum von Pfeil 6 bis Pfeil 7 und das Ammonshorn von Pfeil 7 bis Pfeil 9.
Von den Uncusformationen (Regio olfactiva CAJALs) HA und HB gibt er gute Abbildungen, die mit der Nissl-Methode gewonnen sind. Er unterscheidet daran folgende Schichten: 1. Molekularschicht: zu oberst die Schicht der Tangentialfasern, die aus dem Nerv. olfactor. selbst stammen, und zwar aus der äußeren (lateralen) Wurzel. Darunter die eigentlichen plexiformen Schichten mit Cajalschen Horizontalzellen und kleinen Nervenelementen (entspricht unserer I). 2. Schichten der polymorphen Riesenzellen, die zu Glomeruli vereint sind, daneben gibt es auch Glomeruli von kleineren polymorphen Zellen; Abb. 157, dem Cajalschen Werke entnommen, gibt mit der Silbermethode die Form der Zellen dieser Glomeruli wieder. Die großen Zellen A sind meist sternförmig, haben zahlreiche, dicke, divergierende, sich stark verzweigende Fortsätze, die zum Teil bis in die I reichen, zum Teil sich im Glomerulus selbst verzweigen; der Achsenzylinder geht ins Windungsmark; die kleinzelligen Glomeruli B enthalten ebenfalls sternförmige, doch kleine Zellen mit ähnlicher Verzweigung der Dendriten, der Achsenzylinder scheint sich aber in den tiefen Rindenschichten zu verlieren (?); diese Schicht entspricht unserer II Schicht. In der Nähe der Präsubicularformation bilden die großen sternförmigen Zellen oft eine Schicht (unsere Area HB). 3. und 4. Die nächsten beiden Schichten enthalten eigentümliche Pyramidenzellen, und zwar 3. mittelgroße und 4. große Quastenzellen, mit ganz eigentümlich reichlichen, pinselförmig ausstrahlenden Basaldendriten (KÖLLIKER), deren feiner Achsen Zylinder ins Mark geht; wir haben sie schon auf Abb. 43, nach CAJAL abgebildet auf S 66 vorgeführt. Viele der Quastenzellen haben einen dicken cephalen und einen dicken basalen, nach abwärts ziehenden Schaft, so daß sie beinahe spindelförmig aussehen. (Diese beiden Schichten 3 und 4 entsprechen unserer III. Den weißen Streifen an Stelle der IV. hat CAJAL scheinbar am Silberbild nicht beobachtet.) Auf die Schicht der Quastenzellen folgt 5. die Schicht der spindelförmigen und tiefen polymorphen Zellen. Sie sind sehr groß, spindelförmig oder dreieckig. Auch sie haben einen starken cephalen und einen starken markwärts verlaufenden Dendrit und außerdem einen feinen, ins Mark ziehenden Achsenzylinder, während doch sonst die Zellen dieser Schicht (die unserer V. und VI. entspricht) bloß einen starken cephalen Dendrit und mehrere schwache basale oder einen basalen, der sich bald auflöst, haben. Auch die weiße Marksubstanz enthält nach CAJAL noch zahlreiche Zellen, meist mit rückläufigen aufsteigendem Achsenzylinder versehen. Exogene Fasern, die aus dem Mark kommen und in die Rinde ziehen und sich hier aufsplittern, scheint es hier im Uncus (Regio olfactiva) nach CAJAL nicht zu geben. Die exogenen Fasern sind hier durch die Tangentialfasern dargestellt, die aus dem Olfactorius stammen und von der Oberfläche in die Tiefe der Rinde eindringen. CAJAL fügt hinzu: „Die 'Riechrinde' ist daher die am wenigsten menschliche oder vervollkommnete aller Sinnessphären. Das Gepräge der niederen Animalität enthüllt sich sogar in der oberflächlicheren Lage des Plexus exogener Fasern, ein Verhalten, in welchem sich ein Organisationsmerkmal der Rinde der niederen Wirbeltiere widerspiegelt", während z. B. in der optischen Rinde die exogener Fasern aus dem Windungsmark kommen und in den tiefen Schichten (Körnerschichten) verzweigen. (Dieser Vergleich CAJALs mit der optischen Rinde ist natürlich unrichtig, denn der Uncus ist eben keine primäre Sinnessphäre der Rinde wie die Calcarina, d. h. kein „Koniocortex", sondern spielt im Verlaufe des N. olfactorius wohl die Rolle eines subcorticalen Ganglions.)
780 Lobus limbicus inferior.
Die Präsubiculargegend CAJALs entspricht, wie gesagt, beinahe genau der unsrigen (HD1 und HD2), die wir auch danach benannt haben (vgl. hierzu die Abb. 160, 161, 162 und die Tafel CXII miteinander, Pfeil 3 bis Pfeil 6). Nach CAJAL enthält sie keine Glomeruli (dies ist bloß bedingt richtig nämlich bis auf ihren dem Subiculum benachbarten Teil HD3) CAJAL gibt S. 46 l.c. eine sehr gute schematische Abbildung von der Gegend nach einem Nissl Präparat, aus der hervorgeht, daß er sich bei seiner Beschreibung auf die von uns als HD1 bezeichnete Partie speziell bezieht; ferner die nebenstehende Abb. 158, die man mit HD1-2 aus Tafel CIV, Bild 1, vergleichen möge; er unterscheidet 1. eine plexiforme Schicht (unsere I. entsprechend); in ihr sind zahlreiche Markfasern, dieselben stammen aber nicht aus den Olfactorius, sondern aus der Marksubstanz des Windungsmarkes. Außerdem enthält sie wie sonst Cajalsche Horizontalzellen und Zellen mit kurzem Achsenzylinder. 2. Schicht der kleinen Spindelzellen (unserer II. und oberen Partie von III entsprechend); die Zellen sind Spindel-, Pyramiden- und eiförmig und in großer Zahl vorhanden. Ihr Radiärschaft zieht in die I. Schicht; der feine Achsenzylinder verliert sich in den tieferen Schichten 3 und (4). 3. Innere plexiforme Schicht, zellarme Schicht aus kleinen und mittelgroßen Zellen, sie scheinen vielfach nur Varietäten der doppeltgebüschelten sonstigen kleinen Zellen zu sein. (Diese Schicht entspricht dem unteren Teil unserer III, soweit der lichtere obere Streifen von V zu sehen ist.) Der wichtigste Faktor dieser Schicht ist ein sehr dichtes Geflecht, welches von den Endverzweigungen zahlloser exogener Fasern gebildet wird (s. Abb. 160 [3]). Dieselben kommen aus dem Windungsmark aus der weißen Marksubstanz unterhalb des Ventrikelwinkels. An diesem Geflecht von Nervenfasern unterscheidet man diese Gegend am Silberpräparate sofort von den benachbarten Gebieten (Regio olfact. HA, HB und Subiculum [HE1]). Viele der Fasern ziehen aus dem Geflecht weiter oberflächenwärts und scheinen von hier in der äußeren Tangentialfaserschicht gegen das Subiculum und das Ammonshorn in der Windungswand zu ziehen. 4. Schicht der mittelgroßen Pyramidenzellen (Abb. 158) (unserer V ohne der lichten Oberlage entsprechend); sie enthält keine großen Zellen, die meisten Zellen sind nicht richtig pyramidenförmig, sondern dreieckig und spindelförmig; ihr Achsenzylinder geht ins Mark. 5. Schicht der dreieckigen und Spindelzellen (unserer VI. entsprechend), schon aus dem Titel ist zu ersehen, daß sie von 4 (V) schwer zu trennen sind. Die Zellen sind von mittlerer Größe; ihr Achsenzylinder geht ebenfalls ins Mark.
Area dentata. 781
Man sieht aus dieser Beschreibung, aber auch aus den Abbildungen, die CAJAL von Nissl-Präparaten gibt, daß er genau dieselbe Stelle meint, wie wir mit unserer präsubicularen Region (HD1-2 auf Tafel CIV, Bild 1). Die Beschreibung der 2. und 3. Schicht entspricht ebenfalls der unsrigen, nur scheint er die stellenweise maximale Umwandlung in Körner in HD2 übersehen und eher HD1 beschrieben zu haben. Seine Entdeckung des exogenen Nervenplexus in und unter III vervollständigt in höchst wertvoller Weise unsere Beschreibung dieser „granulösen", also sensorischen Area HD; wir wissen, daß jeder Koniocortex einen solchen Nervenplexus enthält (s. Abb. 89).
Abb. 158. CAJALs Bild seiner präsubicularen Rinde, unseren Areae HD1 und HD2 Area praesubicularis granulosa limitans et media entsprechend. - 1. CAJALs plexiforme Schicht unserer Molekularschicht I entsprechend. 2. CAJALs Schicht der spindeligen Körner, unsere II + granulös veränderter IIIa und b. 3. CAJALs innere plexiforme Schicht des exogenen Nervenplexus (siehe Abb. 160, 3) unserer zellarmen Lage III(v) entsprechend. 4. CAJALs Schicht der mittelgroßen Pyramidenzellen, unsere V Schicht. 5. CAJALs Schicht der dreieckigen und Spindelzellen, unsere VI Schicht. a Achsenzylinder (Silberimprägnation).
Das Subiculum CAJALs entspricht unserer Area pyramidalis subicularis glomerulosa HE1α (Abb. 160, 161, 162 und Tafel CXII, Pfeil 6 bis Pfeil 7). Es ist im Zellbilde Abb. 159 ausgezeichnet durch eine enorme Breite der 1. plexiformen Schicht. Diese enthält eine dichte Tangentialfaserschicht, deren Fasern B vom Subiculum zur Molekularschicht des Ammonshorns und der Fascia dentata ziehen; wo sie endigen ist unbestimmt. 2. Zellhaufen (Glomeruli) in der Tiefe der plexiformen Schicht A und F. Es sind nur wenige Glomeruli, sie enthalten meist bloß kleinere Zellen (7 µ); die Achsenzylinder a ziehen in die tiefere zellige Rindenpartie, wo sie sich verlieren. 3. Unterhalb der plexiformen Schicht und der Zellhaufen ist die Schicht der mittelgroßen und großen Pyramidenzellen mit einer unregelmäßig gezähnten Grenze, und die Schicht ist oft unterbrochen von aufsteigenden Strängen weißer Substanzen C und D, gerade gegenüber den Inseln. Die Zellen der Pyramidenschicht E sind pyramidenförmig oder spindelig, ihr Achsenzylinder geht ins Mark, und zwar in der Richtung gegen das Ammonshorn. 4. Die Schicht der polymorphen Zellen besteht aus spindelförmigen und sternförmigen kleinen Zellen welche meist schon in den Marksträngen horizontal gelagert sind; ihr Achsenzylinder biegt nach oben um und zieht in die Molekularschicht!
782 Lobus limbicus inferior.
CAJAL meint aus den anatomischen Faserverbindungen der Subicular- und der Präsubicularrinde annehmen zu können, daß sie keine Bedeutung für die Funktion des Riechens haben. Jedenfalls empfangen sie aus der äußeren Olfactoriuswurzel keine Fasern, noch stehen sie mit der sphenoidalen Riechrinde (Uncusformation HA und HB), dem Sitz der Ausbreitung der direkten Riechfasern, in wesentlicher Verbindung. Dagegen steht das Ammonshorn in enger Verbindung mit der Subicular- und Präsubicularformation.
Abb. 159. CAJALs Darstellung der Rinde des Subiculums mittels der Silbermethode. Die Stelle entspricht unserer Area subiculi glomerulosa HE1α (s. Abb. 160 Pfeil 6 bis Pfeil 7). 1. CAJALs plexiforme Schicht, 2. Schicht der Glomeruli, 3. Schicht der mittelgroßen und großen Pyramidenzellen (entspricht unserer V + VIa), 4. Schicht der polymorphen Zellen (unsere VIb). A und F Inseln kleiner Pyramidenzellen (Glomeruli), B Tangentialfasern zum Ammonshorn, C und D durchziehende spheno-ammonische Assoziationsbündel, E Häufchen mittelgroßer und großer Pyramidenzellen, a Achsenzylinder.
Area dentata. 783
Wir wollen hier in gedrängter Form noch das Ammonshorn besprechen. KÖLLIKER, DÉJERINE, EDINGER und CAJAL haben eingehende Studien darüber veröffentlicht, und, um sich über nähere Einzelheiten zu orientieren, ist es nötig, bei diesen Autoren nachzusehen. Wir wollen den Faserverlauf bloß insoweit hier besprechen, als er zum Verständnis der Cytoarchitektonik von Belang ist. Während der Uncusteil des Hippocampus an seiner Oberfläche von Markfasern überzogen ist, die aus der lateralen Olfactoriuswurzel stammen, in seine Tangentialfaserschicht eindringen und von hier in die graue Rinde, ist der präsubiculäre und subiculäre Teil der Rinde des Hippocampus am frischen Gehirn ebenfalls weiß, weil er auch von einer dichten Markfaserschicht von Tangentialfasern überzogen ist; es handelt sich aber hier nicht mehr um Fasern aus dem Olfactorius. An einem caudalen Schnitte, der den Gyrus hippocampi dort trifft, wo die Uncusformationen nicht mehr vorhanden sind, kann man diese Verhältnisse besser studieren. Man vergleiche hierzu Abb. 160, 161, 162 und Tafel CXII miteinander. Abb. 160 gibt den Verlauf der Nervenfasern überhaupt, Abb. 162, das Markbild derselben Stelle, Tafel CXII das Zellbild und Abb. 161 ein Schema der Zellen und des Faserverlaufs. An allen diesen Bildern reicht die präsubiculäre Region von Pfeil 3 bis Pfeil 6, das Subiculum von Pfeil 6 bis Pfeil 7, das Ammonshorn von Pfeil 7 bis Pfeil 9, so daß man die homologen Stellen auf allen Bildern leicht wiederfinden kann. Aus dem Cingulum (Abb. 160a und Abb. 161a) steigen die Markfasern als Windungsmark in die Rinde der Area praesubicularis durch deren VI. und V. Schicht und bilden oberhalb dieser in der III. Schicht ein dichtes, markloses Geflecht (3 auf Abb. 160 und 161), das zu den granulösen Schichten II und III (= 2) in Beziehung tritt 1). Aus diesem Geflecht ziehen wieder Fasern hervor, die zur I. Schicht aufsteigen (Abb. 160 und 161, e) und an ihrer Oberfläche eine dichte markhaltige Tangentialfaserschicht bilden; die aufsteigenden zahlreichen Faserbündel, die in die Tangentialfaserschicht bündelweise einrücken, geben derselben ein gleichsam nach unten mit Fransen besetztes eigenartiges festonniertes Aussehen (Abb. 160, 161 und 162). Die Tangentialfaserschicht zieht an der Oberfläche der I. weiter in der Richtung gegen das Ammonshorn. An der Grenze zwischen Subiculum und Praesubiculum (also zwischen HE1α und HD3) hört das intracorticale Geflecht aus exogenen Fasern in der III. Schicht ganz plötzlich auf, bei Pfeil 6. Hier beginnt das Subiculum (Abb. 160, 161, 162, Sb). Die Tangentialfasern ziehen aber in der I. Schicht unentwegt weiter; sie erhalten hier sogar einen bedeutenden Zuwachs durch markhaltige Fasern (Abb. 160 und 161 c), welche aus dem Mark aufsteigen und die Rinde querradiär in dichten Bündeln durchsetzen und auf dem Markbild (Abb. 62) ein besonders gut sichtbares dunkles Feld zwischen Pfeil 6 und 7 bilden; diese stark markhaltige, radiär durchstreifte Rinde ist das eigentliche Subiculum und entspricht am Zellbild (Tafel CXII) der Area subiculi glomerulosa, dessen Cajalsches Silberbild Abb. 159 wiedergibt, auf dem die Bündel C und D diese radiären Markbündel darstellen. Diese stammen aus einer Bahn b (Abb. 160 und 161), welche nach CAJAL aus seinem sog. Ganglion sphenooccipitale entspringt (unsere Area HC und BRODMANNs Feld 28 nach CAJALs eigener Ansicht [?]) und eine sphenoammonische Assoziationsbahn darstellt; denn ihre Fasern ziehen durch das Subiculum bloß durch und gelangen auf dem Wege durch die Tangentialfasern der I. Schicht schließlich ins Ammonshorn. Dadurch wird also wie gesagt, die Tangentialfaserschicht des Subiculums (zwischen Pfeil 6 und Pfeil 7) besonders breit, dick und reich an Markfasern (Abb. 162) und teilt sich unterhalb Pfeil 7 beim Eintritt in die Ammonsformation (Abb. 161) in eine äußere Tangentialfaserschicht, die an derselben Stelle also an der Oberfläche bleibt, Lamina medullaris externa, und eine tiefere, die an der Grenze zwischen I. Schicht und Pyramidenzellschicht parallel dazu ebenfalls gegen das Ammonshorn verläuft, das sog. Stratum lacunosum (Abb. 161, 162, St. l.); beide ziehen in der I. Schicht weiter bis zum Hilus der kappenförmig oder hufeisenförmig sich über den freien Rindenrand des Gyrus dentatus setzenden Fascia dentata Tarini (f. dt.), in deren Molekularschicht sie aufzuhören scheinen. Die äußere Molekularschicht der Fascia dentata verwächst im Sulcus hippocampi mit der Molekularschicht der tieferen Teile des Subiculums, und durch diese Verwachsungsstelle durch dringen die Tangentialfasern des Subiculums, die größtenteils aus dem Praesubiculum und dem sphenoammonischen Bündel stammen, direkt in die Molekularschicht und an die Dendriten der Körner der Fascia dentata (Abb. 161, K). Außer diesen zwei Markstreifen von Tangentialfasern sieht man in der Schicht der Pyramidenzellen des Ammonshorns, im Stratum cellulare oder auch etwas darüber, im sog. Stratum radiatum, noch eine tangential oder horizontal verlaufende Schicht von Markfasern - also ein Homologon zu den gewöhnlichen Baillargerschen Streifen. Diese Markfasern stammen her von den Achsenzylindern der Körnerzellen (K) der Fascia dentata und stellen ein kurzes intracorticales Assoziationssystem dar. Schließlich haben wir noch dem Ventrikel V zu die dichte Markmasse, welche den Alveus (Al.) bildet (Abb. 161, 162) und in die Fimbria (fi.) zieht. Diese Markfasern sind größtenteils die Achsenzylinder der großen Pyramidenzelle Py des Stratum cellulare (Abb. 161), sowie der zum Teil riesengroßen Pyramidenzellen Py' des Gyrus dentatus im Hilus der Fascia dentata. Wir wissen, daß die Columna fornicis und die Fimbria corticofugal degeneriert, d. h. daß ihre Fasern von der Rinde zu den subcorticalen Zentren, in diesem Falle zum Corpus mamillare oder weiter in die Haube gehen. Diese Markmasse des Alveus also und somit der Fimbria und Columna bilden demnach ein efferentes Fasersystem, das die Erregungen der Zellen des Stratum pyramidale (oder cellulare) nach abwärts leitet; vielleicht handelt es sich um eine motorische Bahn (?) (MEYNERT), vielleicht um eine sekretorische, jedenfalls aber um eine efferente. Die Achsenzylinder der Pyramidenzellen der höhergelegenen subiculären Partien gehen nur zum Teil in den Alveus und die Fimbria über, ein gewisser Teil scheint (Abb. 161) jedoch auch die umgekehrte Verlaufsrichtung nehmen zu können und in entferntere Rindengegenden zu ziehen (Assoziationsbahnen?); aber ein Teil auch dieser Achsenzylinder dieser Pyramidenzellen kehrt nach DÉJERINE wieder in die subiculäre Rinde zurück und zieht bis in die erste Schicht, wo er sich den Tangentialfasern zugesellt (?). Man kann sich also wohl die Leitung in diesem Gebiete an Hand des Schemas Abb. 161 derart vorstellen, daß durch das Cingulum a exogene sensible Fasern kommen in die (sensible) Sinnessphäre, d. h. den Koniocortex, also in die granulöse Rinde der Areae praesubiculares eindringen (Pfeil 3 bis Pfeil 6), hier das Cajalsche dichte sensible Nervenendgeflecht (3) bilden, wie wir ja ein solches in allen sensiblen Rindenteilen gefunden haben. Die hier abgegebene sensible Erregung mag hier einesteils durch die Zellen der V. und VI. Schicht in andere Rindenpartien zur weiteren Verarbeitung weitergegeben werden auf den gewöhnlichen Wegen. Ein Teil scheint jedoch durch die aufsteigenden Fasern e in die Molekularschicht, und zwar in deren Tangentialfasern, zu gelangen, die sie in dieser Schicht weiterleiten (auf dem Schema Abb. 161 nach rechts) einerseits direkt in der Molekularschicht an die hierortigen Aufsplitterungen der cephalen Schäfte der Pyramidenzellen Py des Ammonshorns, andererseits indirekt zuerst an die Aufsplitterungen der Körnerzellen K der Fascia dentata in der Molekularschicht dieser corticalen Rinde und von hier über diese Körnerzellen auf dem Wege der von ihnen ausgehenden Markleiste in dem Stratum radiatum und cellulare wieder auf die Pyramidenzellen des Ammonshorns, die sie als motorischen oder sekretorischen, jedenfalls efferenten Reiz über die Fimbria und die Columna fornicis nach abwärts ins Mittelhirn schicken. Es macht also den Eindruck, als ob Erregungszuleitung und deren Ableitung, Vorgänge, die sonst an ein und dieselbe Rindenstelle gebunden sind, hier gleichsam auf zwei nebeneinanderliegende Areale verteilt wären, deren Verbindung zu einem organischen Ganzen dann durch die dichte Tangentialfaserschicht zustandekommt; oder mit anderen Worten die Area praesubicularis und die Areae pyramidales und dentatae bilden eine Rindeneinheit, in der die Schichten statt übereinander zu liegen, nebeneinander (als eigene Areae) gelegt sind. Neben diesen Fasern des Praesubiculums gelangen aber auch, wie oben gesagt, Fasern aus der Sphenoidalrinde auf dem Wege b und c durch das Subiculum und über die Tangentialfaserschicht zum Ammonshorn und somit zur Fimbria. - Dieser anatomische Überblick des Fasersystems und seiner Leitung ist sehr schematisiert, aber auf die Einzelheiten dieser sehr komplizierten anatomischen Detailfragen können wir uns hier nicht weiter einlassen und müssen auf die diesbezüglichen speziellen Arbeiten nochmals verweisen.
[footnote p 783 1) Auf Abb. 162 ist es, da größtenteils marklos, nicht isoliert zu sehen.]
784
Abb. 160. Dorsale Lippe des Gyrus hippocampi nach CAJAL, die Nervenfasergeflechte zeigend (Silberimprägnation). R. prsb. Regio praesubicularis von Pfeil 3 bis Pfeil 6 reichend (entspricht dem Zellpräparat CAJALs, Abb. 158); Sb Subiculum von Pfeil 6 bis Pfeil 7; f. dt. Fascia dentata. 1. Plexiforme Schicht, 2. Schicht der spindelförmigen Körner, 3. innere plexiforme Schicht mit dichtem Endplexus von exogenen zentripetalen marklosen, aus der Lage a stammenden Fasern, 4. Schicht der mittelgroßen Pyramidenzellen und Spindelzellen, a Marklager des Praesubiculums, z. T. aus dem Cingulum stammend; b sphenoammonische Assoziationsbahn CAJALs, angeblich aus dem Ganglion sphenooccipitale (HC?) stammend und als durchziehende markhaltige Bündel c und d durch das Subiculum in die plexiforme Schicht (l) und von da ins Ammonshorn ziehend; e Fasern aus dem exogenen Plexus (3) zur Molekularschicht (1) ziehend und von hier ins Ammonshorn gelangend; K Körnerzellen der Fascia dentata.
Abb. 162. Markfaserbild derselben Stelle des Gyrus hippocampi, Ammonshorns, Fascia dentata und Fimbria. G. fus. Gyrus fusiformis, Gyr. hip. Gyrus hippocampi, St. l. Stratum lacunosum, V Ventrikel, Al Alveus, f. dt. Fascia dentata, fi. Fimbria, Cgl. Corpus geniculatum laterale. Vom Pfeil 3 bis zum Pfeil 6 reicht das Praesubiculum mit der bogenförmig unterbrochenen markreichen Molekularschicht. Vom Pfeil 6 bis zum Pfeil 7 reicht das Subiculum, das von den markhaltigen Fasern (Abb. 161, c) aus der sphenoammonischen Cajalschen Bahn durchzogen wird.
Area dentata. 785
Abb. 161. Schema des Faserverlaufs im Gyrus hippocampi, Ammonshorn, Fascia dentata und Fimbria. Die Regio praesubicularis reicht vom Pfeil 3 bis zum Pfeil 6, entsprechend unseren Areae praesubiculares granulosae HD1,2,3 (s. auf Tafel CXII); das Subiculum reicht vom Pfeil 6 bis zum Pfeil 7 und entspricht unserer Area subiculi glomerulosa HE1α; das Cornu Ammonis reicht vom Pfeil 7 bis zum Pfeil 9, und zwar entspricht es unserer Area subiculi simplex von Pfeil 7 bis Pfeil 8 und unserer Area pyramidalis Ammonica HE2 von Pfeil 8 bis Pfeil 9; Fascia dentata f. dt.; Fimbria; V Ventrikel. Py. Pyramidenzellschicht des Ammonshorns, der größte Teil ihrer Achsenzylinder zieht in die Fimbria; Py' Pyramidenzellen des Hilus der Fascia dentata; K Körnerzellen der Fascia dentata. a Cingulumfasern, sie bilden in 3 das marklose (exogene) Fasergeflecht der inneren plexiformen Schicht unter der 2. Schicht, die unserer II + III-Schicht entspricht; aus diesem entspringen die Fasern a, die zur Molekularschicht ziehen und als Tangentialfaserschicht zum Ammonshorn verlaufen, b Sphenoammonische Assoziationsbahn CAJALs; (s. Abb. 160); c durch das Subiculum durchziehende markhaltige Bündel aus dieser Bahn, die in die Tangentialfasern der Molekularschicht und auf diesem Wege ins Ammonshorn gelangen.
786 Lobus limbicus inferior.
Wir kommen nun zu BRODMANNs Studien und wollen versuchen, seine Areae mit den unsrigen zu identifizieren, soweit als ein Vergleich unserer Hirnkarten sowie die verstreuten Angaben, die er in seinem ausgezeichneten Werke „Vergleichende Lokalisationslehre der Großhirnrinde" macht, dies ermöglichen. Ohne weiteres kann man unsere Area uncinata HA mit BRODMANNs Feld 34 (Area endorhinalis dorsalis) identifizieren (Abb. 7); ebenso unsere Area parauncinata HB mit dem vorderen Teile seines Feldes 28 (Area endorhinalis [ventralis]); unsere Area rhinalis limitans HC entspricht dem mittleren Teil des Feldes 28, doch läßt BRODMANN sein heterotypisch gebautes Feld 28 so weit caudal hinausreichen, daß man hier mit der Identifizierung vorsichtig sein muß. An jenen Stellen, wo BRODMANN die caudalen Partien seines Feldes 28 hinzeichnet, findet man meist schon gewöhnliche homotypische Formationen. Nur bei manchen Hirnen begleitet ein Streifen HC(D) (Tafel CIV, Bild 3) die HD bis zum Isthmus. Vielleicht hat BRODMANN gerade eine Anzahl solcher Hirne vor sich gehabt. Nach innen, gegen die Hirnmasse zu, folgt auch bei BRODMANN die Area praesubicularis (sein Feld 27), die er nach CAJALs Beispiel so genannt hat und die auch unserer Area praesubicularis granulosa HD entspricht; eine genauere Beschreibung hat er davon zwar nicht gegeben, doch nach seiner Abbildung 34 im genannten Werke ist wohl kein Zweifel möglich. Das Subiculum und die Ammonsbildungen, Area pyramidalis und Area dentata (HE, HF), hat er nicht näher auf seinem Schema angeführt, wahrscheinlich weil sie einen Cortex primitivus und rudimentarius darstellen. Soweit stimmen also unsere Befunde überein. Nach unten, d. h. ventral den Temporalbildungen zu, zeichnet dagegen BRODMANN hintereinander zwei Felder, die wir als eigene Areae beim Menschen nicht finden konnten. Möglich wäre es, daß BRODMANN hier Areae, die bei Tieren besser entwickelt sein mögen, mit kleinen Bezirken beim Menschen homologisieren zu sollen gedacht hat. Unsere gut gelungenen Übersichtsphotographien Tafel CV-CVII ermöglichen es jedem, sich darüber selbst ohne weiteres zu orientieren. Es handelt sich um ein langgestrecktes schmales Feld 35 (Area perirhinalis BRODMANNs) und außen um dieses konzentrisch ein breiteres Feld 36 (Area ectorhinalis); BRODMANN macht nebenbei die Angabe, daß das Feld 35 im Sulcus rhinalis und dessen Fortsetzung liege und daß es agranulär sei; diese beiden Angaben machen es allerdings wahrscheinlich, daß der vordere Teil dieses Feld 35 im Sulcus rhinalis unserer agranulären Partie der Area temporopolaris entspricht (TGa); die rückwärtige Partie könnte dieser schmale Saum agranuläre Rinde sein, den man oft als Grenzstreif zwischen den rückwärtigen Partien von HD1 und TH sieht und den wir mit THa bezeichnet haben. Doch sind TGa und THa, wie schon erwähnt, nicht immer in direktem kontinuierlichen Zusammenhang, sondern von dem ventralsten Teil des dazwischenliegenden HC manchmal getrennt, wie man an der Serie Tafel CV-CIX wahrnimmt, und besonders auf Tafel CVII; und dieser untere Teil von HC kann sogar etwas granulär sein; allerdings zeichnet BRODMANN sein Feld 35 in der Mitte sehr verschmälert; wollte er vielleicht damit diese mögliche Unterbrechung zwischen TGa und THa andeuten ? Kurz, es läßt sich hier nicht mehr mit voller Sicherheit eruieren, ob wir dieses Feld 35 mit den unsrigen (TGa und THa) als identisch betrachten dürfen. Noch schwieriger ist es mit dem Feld 36 von BRODMANN (seine Area ectorhinalis), nach seiner Angabe ist es eine heterotypische Formation, ausgezeichnet durch eine starke Entwicklung von V und VI. Sollte er damit die temporopolare Formation TG und rückwärts TH gemeint haben? Aber er bezeichnet selbst eine temporopolare Formation als Feld 38! Außerdem zeichnet er seine heterotypische Area ectorhinalis auf den Gyrus fusiformis. Der Gyrus fusiformis weist aber stets eine homotypische, einfach sechsschichtige Rinde auf. Wir müssen also bezüglich dieser zwei Felder 35 und 36 jeden Versuch einer Gleichstellung unserer Untersuchungen bis auf weiteres in suspenso lassen.
Area dentata. 787
Nach FLECHSIG gehört dieses Gebiet des Uncus und des dorsalen Teiles des Gyrus hippocampi zu den frühmarkreifen primordialen Sinneszentren, und er bezeichnet es als 4a und 4b. Während er den Uncus zum Riechhirn rechnet, zählt er das Subiculum hippocampi und den hinteren Teil des Gyrus fornicatus (LE) zur Geschmacksphäre! - Physiologisch dürfte der Uncus infolge seiner unmittelbaren Verbindung mit dem Tractus olfactorius nicht als Rinde zu bewerten sein, sondern wahrscheinlich als Ganglion. -
Wir haben vorher schon erwähnt, daß die Ammonsformation von einigen Forschern, darunter BRODMANN, als bloße Fortsetzung der VI. Schicht angesehen wird (S. 771) und haben die Gründe, die für und gegen eine solche Annahme sprechen, dort angeführt. Die phylogenetischen Studien von ARIENS KAPPERS, CHR. JAKOB u. a. haben zur Erkenntnis geführt, daß das Ammonshorn mit seiner einen einzigen Zellschicht keine Abortivrinde ist, sondern als eine primitive Rinde anzusehen ist; und zwar als die allererste Rindenanlage (s. Abb. 15 und 16 a), welche sich aus dem Corpus striatum in das bishin häutige Pallium vorschiebt und auf dieser primitiven Stufe durch das ganze Tierreich und die ganze Lebensdauer hindurch bleibt. KAPPERS nennt die Ammonsformation daher Archipallium, demgegenüber nennt er die übrige Riechhirnrinde Paläocortex (Uncus usw.) zum Unterschied vom Neocortex, welcher die ganze übrige Großhirnrinde ausmacht. (Wir haben schon erwähnt, daß der Neocortex ungefähr unserem Isocortex [homotypisch und heterotypisch] entspricht und der Paläocortex und Archicortex unserem Allocortex.) Das Archipallium (Archicortex) hat bloß eine Staffel (V und VI = innere Hauptschicht = innere Fundamentalschicht nach CHR. JAKOB), die beiden anderen Rindenarten zwei Zellstaffeln, d. h. die eben genannte innere und dazu die äußere Fundamentalschicht. Nun meint LANDAU, daß diese äußere Staffel im Paläocortex (Uncus) eine andere sei als im Neocortex und daß sich auch an Längsschnitten diese äußere Hauptschicht II und III des Uncus deutlich von II und III des Isocortex durch die Färbung unterscheide und absetze. Betreffs der Fortsetzung der Gebilde des Archipalliums auf das Retrosplenium kommt LANDAU zu einer ähnlichen Auffassung, wie wir es auf Abb. 129 dargestellt haben; auch er sieht die Taenia tecta und den Gyrus subcallosus als eine Fortsetzung der Ammonszellschicht an (wie wir LF1 Area ultracingular. post. und LF2 Area obtecta als Fortsetzung von HE1 und HE2 fanden). Ferner sagt er, die Zellen des Gyrus intralimbicus seien die gleichen wie die der Fascia dentata, und er hat insofern recht, als die Zellen im hinteren Induseum dieselbe Form haben wie die Körner der Fascia dentata.
788 Lobus limbicus inferior.
Bekanntlich ist der ganze Gyrus limbicus, sowohl der obere wie der untere, als zum sog. „Riechhirn" gehörig angesehen worden. Wir verweisen hier auf die Ausführungen S. 742-747. Wir haben in der retrosplenialen Gegend eine granulöse Formation gefunden, den Koniocortex LE, und sind bezüglich derselben zu keiner vollen Entscheidung gekommen, ob wir in ihr die primäre, sensorische Cortexlokalisation des Geruches oder eventuell die des Geschmackes zu sehen haben. Nun haben wir auch im Gebiete des unteren Gyrus limbicus in der präsubicularen Gegend des Gyrus hippocampi eine zweite granulöse Formation HD vor uns; die II. Schicht ist äußerst breit, die III. Schicht ist zu Körnern umgewandelt, ihr unterer Teil birgt ein dichtes Geflecht exogener, zentripetaler Fasern, es ist also ein Koniocortex, eine primäre sensible Rindenformation, also ein Sinneszentrum. Dieselbe zieht über ein recht ausgedehntes Gebiet, denn sie reicht von der Kniekehle des Uncus bis zum Isthmus, ist also ca. 4.5 cm lang und ca. 0.6 cm breit an ihrer breitesten Stelle, hat also, da ihr Gebiet eine flach dreieckige Form hat, ca. 1.4 cm2 (bis 2.0 cm2) Flächenausdehnung. Zwar zeigt die Area HD auch lokale und individuelle, nicht unbedeutende Unterschiede ihres Baues, jedoch ist sie beim Menschen immer in ziemlich der gleichen Ausdehnung und Entwicklung vorhanden. Solche Schwankungen in der Längenausdehnung ihres Verbreitungsgebietes, wie wir vorher bei der Area retrosplenialis granulosa LE gefunden haben, haben wir hier im allgemeinen nicht gesehen. Nun gehört der Uncus als Teil des tierischen Gyrus piriformis von den Fasern des Tr. olfactorius lateralis überdeckt sicher zum Riechhirn im engeren Sinne, d. h. zum „Geruchhirn", und scheint sogar eine erste Endigungs- und Umschaltungsstätte eines großen Teiles der lateralen Olfactoriuswurzel zu sein, und da wäre es wohl das Nächstliegende anzunehmen, daß die unmittelbar benachbarte sensorische Rinde der Sinnessphäre HD eben auch mit dem Riechvermögen in inniger Verbindung stünde. Doch CAJALs Untersuchungen haben gezeigt, daß diese präsubiculäre Region in keiner anatomisch engeren Verbindung weder zu den Olfactoriuswurzeln direkt noch zu der Regio olfactoria steht (s. S. 782); denn die Area praesubicularis granulosa bezieht ihre Zuführung der Markfasern, wie wir S. 783 gesehen haben, aus dem Cingulum, und die von ihr abgehenden Fasern gehen über das Cornu Ammonis und den Fornix, also anatomische Gebilde, die mit dem Riechhirn direkt nichts zu tun haben. Dagegen steht das retrospleniale granulöse Gebiet LE in engerer anatomischer Verbindung zu den olfactorischen Formationen. Auffallend ist außerdem, daß wir in der Area retrosplenialis so starke individuelle Schwankungen in der Ausbreitung derselben beim Menschen finden konnten, und andererseits, daß diese retrospleniale granulöse Region beim Menschen überhaupt im Vergleich zum Tierreiche äußerst klein und unansehnlich ist. Beim Menschen nun ist der Geruchssinn individuell auch wirklich äußerst verschieden entwickelt, und im Vergleich zum Tierreiche tritt er überhaupt in seiner Bedeutung sehr zurück. Diese beiden Erwägungen nebeneinander gehalten, steigern die Wahrscheinlichkeit, daß gerade die Area retrosplenialis granulosa LE das corticale, primäre, sensorische Geruchszentrum sein könnte, besonders bei Beachtung der bloß viel geringeren Größenschwankungen der Area praesubicularis granulosa HD, die keine Verbindung mit den Geruchszentren hat und die daher vielleicht als Sitz des Geschmackssinnes angesehen werden könnte, der ja auch scheinbar beim Menschen keine so bedeutenden individuellen Modifikationen aufweist. CAJAL hebt noch dazu besonders hervor, daß trotz des mikrosmatischen Charakters des Menschen die Textur des Hippocampus und des Ammonshorns gegenüber den makrosmatischen Säugetieren eine bessere Entwicklung und sogar einen positiven Vorzug besitze. Dies spricht also ebenfalls für die Deutung des präsubicularen Koniocortex als Geschmackszentrum und des bei Makrosmatikern großen retrosplenialen als Geruchszentrum. Würden beide Areae granulosae aber Geruchszentrum sein, wie wir S. 479 die Möglichkeit dazu zugegeben haben, so wäre nicht zu verstehen, warum bei Makrosmatikern bloß die retrospleniale so stark entwickelt ist, die präsubiculäre das gewöhnliche Maß aber nicht übersteigt. Da nun auch die anatomischen Verbindungen nach CAJALs Studien in obengenanntem Sinne sprechen, neigen wir trotz der auf S. 478 vorgebrachten Bedenken, die wir auch weiterhin noch im Auge behalten, zu dieser eben vorgebrachten Annahme. Das stärkste Bedenken, das wir uns dagegen allerdings immer vorhalten müssen, ist das Resultat der HENSCHEN Untersuchungen auf dem Gebiete der Pathologie; Läsionen der Uncus-Hippocampusgegend rufen, wenn doppelseitig, gewöhnlich bloß gewisse Störungen des Geruchs hervor. Überlegen wir aber, daß auch nach obigen Überlegungen zwar nicht der Hippocampus, aber doch der Uncus tatsächlich zur Geruchsrinde gehört, so ist es nur zu natürlich, daß seine Läsionen auch Geruchsstörungen hervorrufen können oder müssen, auch bei unverletzter retrosplenialer Region. Allerdings sollten solche Läsionen, die doch wahrscheinlich auch die unmittelbar benachbarte präsubiculäre Region in Mitleidenschaft ziehen müssen, neben den Geruchs- auch noch Geschmacksstörungen merken lassen, was sie aber nun scheinbar nicht immer tun. Also scheinen die Verhältnisse doch wieder nicht ganz so einfach zu sein. Geruch und Geschmack sind eben zwei nahe verwandte Sinne; es ist da nicht ausgeschlossen, daß die mikroanatomischen Beziehungen derselben eben auch kompliziertere und engere sind, als wir es uns heute noch vorstellen; jedenfalls ist es auch anatomisch auffallend, daß die beiden Areae granulosae (LE und HD) am Isthmus ineinander übergehen und sich oft sogar sehr innig berühren.
Area dentata. 789
Sehr möglich ist es übrigens, daß zum mindesten ein Teil des Geschmacksinnes seine primäre sensorische Rindenlokalisation ganz wo anders, und zwar in den ventralsten Abschnitten der granulösen Bildung der hinteren Zentralwindung haben könnte, wie wir schon dort erwähnt haben, speziell mit Rücksicht auf den Anteil den der Trigeminus am Geschmacksinn hat (s. S. 480 u. 543).
Jedenfalls sehen wir aber wenigstens so viel, daß auch hier bezüglich des Hippocampus FLECHSIGs Annahme eines Primordialgebietes sensibler Natur wieder richtig war, und daß auch seine Annahme, daß hier im Hippocampus der Geschmacksinn seinen Sitz habe, mindestens sehr plausibel ist - (allerdings scheint er jedoch auch die retrospleniale Gegend zum Geschmackszentrum dazuzurechnen). Dagegen sieht er hauptsächlich das Gebiet des Uncus als primäres sensorisches Zentrum des Geruchsinnes an, welches ebenfalls zu den primordialen frühmarkreifen Gebieten gehört. So sehr auch nun die Tatsache, daß ein Teil der Fasern der lateralen Olfactoriuswurzel im Uncus ihr Ende findet, für eine solche Annahme zu sprechen scheint und so wahrscheinlich es demnach ist, daß der Uncus mit dem Geruchsinn in irgendeiner engeren Beziehung steht, so müssen wir diese Annahme, daß sich das primäre, sensorische Geruchszentrum des Großhirns im Uncus befände, doch als höchst unwahrscheinlich bezeichnen; wir haben ja gesehen, daß alle primären, sensorischen Zentren durch sog. granulöse Formationen gekennzeichnet sind, die außer durch eine bedeutende Vermehrung der Körnerelemente in den Körnerschichten selbst auch noch durch eine Verkörnelung der anderen Schichten sich auszeichnen; der Uncus jedoch und alle seine Formationen HA, B (C) sind agranuläre Formationen, die eher an jede andere Funktion denken lassen als an eine sensible. Bei makrosmatischen Tieren ist die Uncusformation sehr stark entwickelt (nach BRODMANN). Leider erwähnt dieser Autor dabei nichts Spezielles über die Area praesubicularis dieser Tiere. Wir halten es sogar für wahrscheinlich, daß der Uncus, obschon aus dem Hemisphärenbläschen entstanden, doch nicht als „Rinde" zu bewerten ist, ebensowenig als z. B. der ebenfalls aus den Hemisphärenbläschen hervorgegangene Bulbus olfactorius, sondern daß dieselben den Rang von subcorticalen Ganglien des Geruchsinnes haben und daß erst der retrospleniale Koniocortex LE die sensible Rindenstelle für die primäre Aufnahme der Geruchsreize in der Rinde und das Bewußtsein wäre, von der aus diese Erregungen zur weiteren Verwertung in die übrige Großhirnrinde ausstrahlen. Allerdings müßte man dann eine Verbindung von den Uncusformationen zu der retrosplenialen Gegend (im Range eines Stabkranzes) erwarten, die aber bis heute noch nicht bekannt ist. - Dagegen scheint von den Uncusbildungen (Ganglion sphenooccipitale CAJALs = HC? = BRODMANNs Feld 28) die S. 783 (Abb. 160, 161 b) erwähnte sphenoammonische Bahn zum Ammonshorn zu ziehen und auf diesem Wege über die Fimbria efferente Reize (reflektorischer Natur?) nach abwärts zu schicken.
790 Lobus limbicus inferior.
Über MEYNERTs Ansicht über das Ammonshorn als ein motorisches Zentrum, der eigentlich CAJAL mit Rücksicht auf die corticofugale Leitungsrichtung der aus ihr stammenden Fimbria beipflichtet, haben wir ja schon in §6, S. 786 gesprochen. Jedenfalls dürfte das Ammonshorn eine efferente Funktion haben; ob dieselbe "motorisch" ist, ist zweifelhaft, aber es könnte sich auch z. B. um eine corticale, vegetativ efferente Bahn in anderem Sinne handeln (Drüsensekretion, Vasomotoren usw.), die mit dem (Geruch oder) Geschmack in Zusammenhang steht. Aber schließlich sind alle diese Annahmen, auch die vergleichend anatomisch begründeten, doch eben noch bloße Annahmen, und es ist Zeit, daß man nunmehr durch Experimente diese Fragen endgültig klärt. Nachdem man die Cytoarchitektonik dieser Gegenden auch bei Tieren photographisch fixiert haben wird, ebenso wie die Ausbreitung der Areae, wird es keine allzu große Schwierigkeiten mehr bieten, nach der Marchi-Methode oder noch besser nach der alten Guddenschen Methode nach Exstirpation eines oder beider Bulbi olfactorii oder Durchschneidung einer lateralen oder medialen Olfactoriuswurzel bei ganz jungen Tieren nach Atrophien und sonstigen Veränderungen der entsprechenden sekundären und weiteren Großhirnrindenzentren zu fahnden und diese Fragen rasch zur Lösung zu bringen.
791
Durch die in dem 7.-13. Kapitel durchgeführte genaue Besprechung der Cytoarchitektonik jeder einzelnen Area an Hand der 112 Tafeln, welche die Zellschichtverhältnisse sehr genau darstellen, hoffen wir tatsächlich jedem nunmehr die Möglichkeit gegeben zu haben, sich über den Zellaufbau der Großhirnrinde zu orientieren, und einen Grundstein gelegt zu haben, auf welchem nunmehr cytoarchitektonische Forschungen weiter aufbauen können. Allerdings wäre zur gründlichen Kenntnis der Hirnrinde mindestens auch ein ebenso genaues Studium der Myeloarchitektonik der Rinde notwendig mit einem Atlas der Myeloarchitektonik, auf dessen Bildern allerdings alle Markfasern der Rinde mit gleichmäßiger Färbung wiedergegeben sein müßten, so daß zwischen den Untersuchungen verschiedener Autoren keine derartigen Unterschiede der Meinung mehr bestehen könnten, wie sie heute noch betreffs der Myeloarchitektonik bestehen. Betreffs des Zellaufbaues aber hoffen wir in diesem Werke jedem künftigen Forscher eine genügend feste Grundlage gegeben zu haben, um weitere Untersuchungen anzustellen. Es drängt sich nun wohl unmittelbar von selbst das Problem auf, die individuellen Schwankungen im Aufbau und in der gegenseitigen Abgrenzung der Areae und in ihrem Verhalten zu ihren Furchen und Windungen zu durchforschen und eventuell auf Grundlage solcher Studien bei Berücksichtigung der Fähigkeiten und Eigenschaften der untersuchten Individualhirne auf den Zusammenhang dieser Fähigkeiten und den anatomischen Bau der Großhirnrinde Rückschlüsse zu ziehen. Unterschiede zwischen rechter und linker Hemisphäre, Unterschiede, die das Alter und die Lebensentwicklung bedingen, die wir fallweise schon gestreift haben, werden nun mit Sicherheit festgestellt werden müssen. Nunmehr wird auch, nachdem die normale Grundlage des Zellaufbaues der Hirnrinde gegeben ist, die Pathologie in ersprießlicher Weise an die Untersuchungen der krankhaften Veränderungen im Schichtenbau herantreten können. Zu den wichtigsten Voruntersuchungen dieser Art rechnen wir die Feststellung eventueller architektonischer Abweichungen auf Gehirnen angeborener sowie erworbener Taubstummheit oder Blindheit, denn es ist von essentieller Bedeutung, bevor man an die eigentliche Pathologie herantritt, sich darüber zu orientieren, wieweit überhaupt die Inaktivität Veränderungen bedingen kann und, falls sie solche wirklich hervorruft, zu wissen, welcher Art dieselben sind.
Es wird nunmehr auch an der Zeit sein, an die Lösung physiologischer Rindenprobleme heranzutreten, z.B. durch Bestreichung der Hirnrinde mit toxischen oder ätzenden Substanzen, einzelne Rindenschichten zu zerstören und die physiologischen und anatomischen Wirkungen solcher Ausschaltungen zu studieren, ferner den Ursprung und die Ursprungsschichten jener Bahnen zu bestimmen, deren Ausgangspunkt heute noch unbekannt ist.
Die Probleme, die sich einem aufdrängen, sind an Zahl schier unübersehbar. Zur leichteren Orientierung über die Verhältnisse der einzelnen Areae haben wir übersichtshalber die wichtigsten Eigenschaften der Hauptareae im folgenden tabellarisch wiedergegeben:
Tabelle I-VI enthält die schichtweise Rubrizierung der Haupteigenschaften von den 52 praktisch wichtigsten Hauptareae, schematisch durchgeführt, zur raschen Orientierung über ihren Bau und zum Vergleich miteinander; praktisch wenig in Betracht kommende Gebiete, wie z. B. den Cortex primitivus, haben wir darauf nicht berücksichtigt, zumal sie sich ihrer absonderlichen Zusammensetzung wegen nur schwer in so ein Schema einpressen lassen. An Hand dieser Tabellen und der Hirnkarten (Abb. 92-95 und Abb. 68-84) kann man sich sehr rasch einerseits über die Lage und andererseits über die wichtigsten Daten des Baues der entsprechenden Area orientieren und somit wichtige Übersichts- und Vergleichswerte gewinnen. In der Möglichkeit der Übersicht und des Vergleiches eben liegt die praktische Bedeutung dieser Tabellen, d. h. also, es sind nicht so sehr die darin angeführten absoluten Zahlen wertvoll (zumal dieselben ja von jedem Beobachter etwas verschieden angegeben werden), sondern die gleichmäßige Nebeneinanderstellung mit den übrigen Areae.
792 Schlußbemerkungen.
Tabelle I gibt die absoluten Dickenmaße jeder Area an den Windungskuppen in toto und auch der Reihe nach für jede einzelne Schicht.
Tabelle II gibt die relativen Dickenmaße (nach Abzug der Variablen VIb) jeder Schicht für jede Area, also die proportionale Gleichung jeder Area an der Windungskuppe und dadurch auch das Verhältnis von ä. H.: i. H. (äußere und innere Hauptschicht).
Tabelle III und IV geben dasselbe für die Wand in zirka der halben Höhe des Sulcus gemessen.
Tabelle V gibt die Zellgroße jeder Schicht in jeder Area in µ = 0.001 mm, wobei in Bruchform geschrieben im Zähler oben die Höhe der Zellen, unten im Nenner die Breite angegeben ist, also 15/12 µ heißt 15 µ hoch, 12 µ breit.
Tabelle VI gibt die ungefähre Zellzahl pro 0.1 mm3 für jede Schicht jeder Area.
Diese Tabellen sind nicht allein aus den in unseren 112 Tafeln abgebildeten 140 Hirnstellen gewonnen, sondern aus einer viel größeren Anzahl von Präparaten und stellen ein ungefähres Mittel unserer diesbezüglichen Befunde dar, so daß sie mit den Tafeln, die ja bloß jedesmal eine einzige Hirnstelle zeigen, nicht notwendig ganz genau übereinstimmen. An unseren Tafeln, die meist bei 100facher Vergrößerung photographierte Originalpräparate ohne jede Retusche darstellen, kann man die Größe der Zellen unmittelbar an dem Zentimetermaße, das an drei Seiten der Tafel angebracht ist, messen, wobei 1 mm = 10 µ entspricht. Durch das Ausziehen und Satinieren des Papiers ist der Maßstab manchmal etwas mehr in die Länge oder in die Breite gedehnt, was allerdings einen Unterschied von höchstens 1% ausmachen kann; doch empfiehlt es sich, zu genauen Messungen aus diesem Grunde für die Höhenmaße den Höhenmaßstab, für die Breite den Breitenmaßstab zur Ausmessung zu benutzen Für die Berechnung der Zellzahl haben wir als einfachste Methode, ebenso wie im 2. Kapitel S. 71 ausgeführt, als Grundmaß einen Kubus von 0.1 mm Seitenlänge, also 0.1 mm3 Inhalt genommen; infolge unserer 100fachen Vergrößerung entspricht die Seitenlänge von 0.1 mm auf unseren Tafeln 1 cm; wären unsere Schnitte 0.1 mm = 100 µ dick, so würde in einem Quadratzentimeter unserer Tafel (1 cm2) die Zellzahl direkt zu sehen sein, die in 0.1 mm3 des Präparates enthalten wäre; da unsere Schnitte aber bloß 25 µ dick sind, also ein Viertel dieser Dicke, so müssen wir die Zellzahl, die wir an unseren Tafeln in 1 cm2 auszählen, noch mit 4 multiplizieren, um die richtige Zellzahl in 0.1 mm3 zu erhalten. Praktisch gestaltet man sich dieses Auszählen und erspart sich die Umrechnung, indem man sich aus einem Kartonblatt ein Quadrat von 2 cm Seite ausschneidet; dann hat man eine freie Fläche von 4 cm2 und zählt gleich an dieser alle Zellen aus, die in einem solchen Flächenabschnitt einer Schicht unserer Tafel enthalten sind, und da hat man gleich die ganze Zahl im 0.1 mm3. Dies ist äußerst einfach und handlich und zum Vergleiche mit allen künftigen derart vergrößert aufgenommenen Bildern sehr geeignet.
793
Übersichtstabellen der wichtigsten Areae.
794
Tabelle I. Absolute Durchschnittszahlen der Breite der Rinde und ihrer einzeln Schichten an der Kuppe der Windungen in den einzelnen Areae in Millimetern
Schicht | I | II | III | IV | V | VIa | VIb | Gesamtbreite total mm |
Area | mm | mm | mm | mm | mm | mm | mm | mm |
FA | 0.18 | 0.00 | 1.47 | 0.00 | 0.80 | 1.00 | 0.70 | 3.7-4.5 |
FB | 0.22 | (0.06) | 1.40 | 0.00 | 0.50 | 0.90 | 0.60 | 3.1-4.0 |
FC | 0.26 | 0.12 | 1.00 | 0.20 | 0.46 | 0.70 | 0.46 | 2.6-3.3 |
FCBm | 0.21 | 0.18 | 1.00 | 0.16 | 0.46 | 0.70 | 0.40 | 3.1 |
FD | 0.21 | 0.18 | 0.78 | 0.21 | 0.45 | 0.52 | 0.35 | 2.4-3.0 |
FDΔ | 0.25 | 0.18 | 0.82 | 0.24 | 0.40 | 0.45 | 0.36 | 2.7 |
FDΓ | 0.18 | 0.12 | 0.78 | 0.21 | 0.38 | 0.50 | 0.34 | 2.4-2.5 |
FE | 0.24 | 0.15 | 0.66 | 0.29 | 0.43 | 0.45 | 0.50 | 2.4-2.7 |
FG | 0.19 | 0.18 | 0.44 | 0.19 | 0.35 | 0.39 | 0.45 | 2.0-2.4 |
FF | 0.30 | 0.10 | 1.00 | (0.06) | 0.64 | 0.60 | 0.50 | 2.7-3.1 |
FH | 0.22 | 0.12 | 0.72 | (0.16) | 0.46 | 0.52 | 0.55 | 2.6-2.8 |
FI | 0.28 | 0.08 | 0.90 | 0.00 | 0.70 | 0.80 | 0.60 | 3.2-3.6 |
FK | 0.55 | (0.14) | 0.52 | 0.00 | 0.30 | 0.60 | 0.30 | 2.4 |
FL | 0.36 | (0.04) | 0.90 | (0.03) | 0.34 | 0.30 | 0.20 | 1.9-2.3 |
FM | 0.30 | 0.00 | 0.00 | 0.00 | 0.70 | 0.20 | 0.20 | 1.4 |
FN | 0.30 | 0.00 | 0.00 | 0.00 | 0.00 | 0.00 | 0.80 | 1.1 |
LA1 | - bloß als Wandbildung | - | - | - | - | - | - | |
LA2 | 0.27 | 0.00 | 0.82 | 0.00 | 0.80 | 0.57 | 0.37 | 2.8 |
LC1 | 0.24 | 0.26 | 0.66 | 0.33 a=0.19 b=0.14 |
0.48 | 0.40 | 0.35 | 2.7-2.8 |
LC2 | 0.25 | 0.00 | 1.00 | 0.22 | 0.60 a=0.25 b=0.35 |
0.60 | 0.30 | 3.0 |
LC3 | - bloß als Wandbildung | - | - | - | - | - | - | - |
LD | - hauptsächlich als Wandbildung | - | - | - | - | - | - | - |
LE1 | - hauptsächlich als Wandbildung | - | - | - | - | - | - | - |
LE2 | - hauptsächlich als Wandbildung | - | - | - | - | - | - | - |
IA | 0.23 | 0.08 | 0.74 | 0.15 | 0.63 a=0.24 b=0.39 |
0.77 | 0.41 | 3.0 |
IB | 0.32 | 0.18 | 0.78 | 0.31 | 0.53 a=0.21 b=0.32 |
0.43 | 0.30 | 2.9 |
PA2 | 0.27 am Parazentrallappen |
0.25 | 0.78 | 0.31 | 0.35 | 0.45 | 0.30 | 2.6-2.8 |
PB1 | 0.26 am Parazentrallappen |
0.24 | 0.44 | 0.34 | 0.28 | 0.26 | 0.34 | 2.2 |
PB2 | 0.30 am Parazentrallappen |
0.26 | 0.72 | 0.32 | 0.20 | 0.18 | 0.12 | 2.1 |
PC | 0.23 | 0.23 | 0.86 | 0.36 | 0.38 | 0.60 | 0.50 | 3.2 |
PD | bloß als Wandbildung | - | - | - | - | - | - | - |
PE | 0.18 | 0.19 | 0.77 | 0.30 | 0.40 | 0.62 | 0.40 | 2.9 |
PF | 0.26 | 0.30 | 1.00 | 0.40 | 0.47 | 0.70 | 0.45 | 3.2-3.6 |
PG | 0.22 | 0.20 | 0.72 | 0.35 | 0.58 | 0.60 | 0.60 | 2.9-3.3 |
PH | 0.22 | 0.26 | 0.70 | 0.24 | 0.60 | 0.50 | 0.20 | 2.4-2.9 |
OA1 (Konvexität) | 0.20 | 0.29 | 0.72 | 0.24 | 0.38 | 0.46 | 0.42 | 2.7 |
OA1 u. 2 (Medianfläche) | 0.20 | 0.20 | 0.60 | 0.20 | 0.40 | 0.40 | 0.26 | 2.3 |
OB | 0.16 | 0.18 | 0.46 | 0.18 | 0.26 | 0.32 | 0.26 | 1.8 |
OC | 0.19 | 0.13 | 0.27 | 0.82 a=0.17 b=0.28 c=0.37 |
0.27 | 0.26 | 0.42 | 2.3 |
TA | 0.23 | 0.18 | 0.86 | 0.19 | 0.49 | 0.45 | 0.43 | 2.8 |
TB | 0.24 | 0.20 | 0.88 | 0.37 | 0.40 | 0.53 | 0.49 | 3.1 |
TC | 0.26 | 0.28 | 0.74 | 0.45 | 0.53 | 0.39 | 0.25 | 2.9 |
TD | 0.22 | 0.22 | 0.80 | 0.30 | 0.50 | 0.40 | 0.30 | 2.8 |
TE | 0.24 | 0.17 | 0.86 | 0.24 | 0.69 | 0.76 | 0.59 | 3.4-3.6 |
TF | 026 | 0.20 | 1.04 | 0.20 | 0.50 | 0.48 | 0.26 | 3.0 |
TG | 0.29 | 0.09 | 1.09 | 0.17 | 0.70 | 0.77 | 0.68 | 3.8 |
HA | 0.33 | 0.34 | 0.98 | 0.20 (?) | 0.33 | 0.53 | 0.14 | 2.9 |
HB | 0.40 | 0.40 | 0.80 | 0.00 | 0.22 | 0.50 | 0.18 | 2.5 |
HC | 0.40 | 0.20 | 0.54 | 0.00 - | 0.30 | 0.32 | 0.24 | 2.0 |
HD | 0.32 | II+III = 0.72 | - | 0.00 | 0.40 | 0.48 | 0.40 | 2.3 |
HE | 0.80-1.50 | 0.00 | 0.00 | 0.00 | (V)+VI = 0.30-2.20 | 1.5-3.0 | ||
HF | 0.50 | 0.00 | 0.00 | 0.00 | 0.00 | 0.15 | 0.6-0.7 |
795
Tabelle II.
Relative Durchschnittszahlen der Breite der einzelnen Schichten an der Kuppe der Windungen in den einzelnen Areae, sog. Proportionalgleichung der Areae.
I | II | III | IV | V | VIa | Verhältnis der äußeren zur inneren Hauptschicht ä.H.:i.H. | |
Normales Grundverhältnis | 0.09 | 0.07 | 0.33 | 0.09 | 0.20 | 0.22 | 49:51 |
FA | 0.05 | 0.00 | 0.43 | 0.00 | 0.23 | 0.29 | 48:52 |
FB | 0.06 | 0.00 | 0.46 | 0.00 | 0.20 | 0.28 | 52:48 |
FC | 0.00 | 0.04 | 0.36 | 0.07 | 0.16 | 0.28 | 49:51 |
FCBm | 0.08 | 0.07 | 0.37 | 0.06 | 0.17 | 0.25 | 52:48 |
FD | 0.09 | 0.08 | 0.33 | 0.09 | 0.19 | 0.22 | 40:51 |
FDΔ | 0.11 | 0.08 | 0.36 | 0.10 | 0.17 | 0.19 | 54:46 |
FDΓ | 0.08 | 0.06 | 0.3" | 0.09 | 0.18 | 0.23 | 50:50 |
FE | 0.11 | 0.07 | 0.29 | 0.13 | 0.19 | 0.21 | 47:53 |
FF | 0.11 | 0.04 | 0.35 | (0.02) | 0.25 | 0.23 | 50:50 |
FG | 011 | 0.10 | 0.26 | 0.11 | 0.21 | 0.22 | 46:54 |
FH | 0.10 | 0.06 | 0.33 | 0.07 | 0.21 | 0.23 | 49:51 |
FI | 0.10 | 0.03 | 0.32 | 0.00 | 0.26 | 0.30 | 44:56 |
FK | 0.26 | (0.06) | 0.23 | 0.00 | 0.17 | 0.28 | 55:45 |
FL | 0.18 | (0.02) | 0.4S | (0.02) | 0.17 | 0.16 | 65:35 |
FM | 0.25 | 0.00 | 0.00 | 0.00 | 0.59 | 0.16 | 25:75 |
FN | 0.25 | 0.00 | 0.00 | 0.00 | 0.00 | 0.75 | 25:75 |
LA1 | bloß als Wandbildung | - | - | - | - | - | |
LA2 | 0.11 | 0.00 | 0.33 | 0.00 | 0.32 | 0.23 | 45:55 |
LC1 | 0.10 | 0.11 | 0.28 | 0.14 | 0.20 | 0.17 | 49:51 |
LC2 | 0.09 | 0.00 | 0.37 | 0.08 | 0.23 | 0.23 | 46:54 |
LC3 | bloß als Wandbildung | - | - | - | - | - | - |
LD | hauptsächlich Wandbildung | - | - | - | - | - | - |
LE1 | hauptsächlich Wandbildung | - | - | - | - | - | - |
LE2 | hauptsächlich Wandbildung | - | - | - | - | - | - |
IA | 0.09 | 0.03 | 0.29 | 0.05 | 0.24 | 0.30 | 41:59 |
IB | 0.12 | 0.07 | 0.31 | 0.12 | 0.21 | 0.17 | 50:50 |
PA2 | 0.11 | 0.10 | 0.32 | 0.13 | 0.15 | 0.19 | 53:47 |
PB1 | 0.14 | 0.13 | 0.24 | 0.19 | 0.16 | 0.14 | 51:49 |
PB2 | 0.15 | 0.13 | 0.36 | 0.16 | 0.10 | 0.09 | 65:35 |
PC | 0.09 | 0.09 | 0.30 | 0.14 | 0.15 | 0.23 | 48:52 |
PD | bloß als Wandbildung | - - | - | - | - | - | - |
PE | 0.07 | 0.08 | 0.32 | 0.12 | 0.16 | 0.25 | 47:53 |
PF | 0.08 | 0.10 | 0.32 | 0.13 | 0.15 | 0.22 | 50:50 |
PG | 0.08 | 0.07 | 0.27 | 0.13 | 0.22 | 0.23 | 42:58 |
PH | 0.08 | 0.10 | 0.28 | 0.10 | 0.24 | 0.20 | 46:54 |
OA1 (Konvexität) | 0.10 | 0.12 | 0.31 | 0.11 | 0.16 | 0.20 | 53:47 |
OA1 u. 2 (Medianfläche) | 0.10 | 0.10 | 0.30 | 0.10 | 0.20 | 0.20 | 50:50 |
OB | 0.10 | 0.11 | 0.30 | 0.11 | 0.17 | 0.21 | 51:49 |
OC | 0.10 | 0.07 | 0.14 | 0.42 a=0.08 b=0.15 c=0.19 | 0.14 | 0.13 | 31:69 |
TA | 0.09 | 0.07 | 0.36 | 0.08 | 0.21 | 0.19 | 52:48 |
TB | 0.09 | 0.08 | 0.34 | 0.14 | 0.15 | 0.20 | 51:49 |
TC | 0.10 | 0.10 | 0.28 | 0.17 | 0.20 | 0.15 | 48:52 |
TD | 0.09 | 0.09 | 0.33 | 0.12 | 0.21 | 0.16 | 51:49 |
TE | 0.08 | 0.06 | 0.29 | 0.08 | 0.23 | 0.26 | 43:57 |
TF | 0.09 | 0.07 | 0.38 | 0.07 | 0.20 | 0.19 | 54:46 |
TG | 0.09 | 0.03 | 0.3S | 0.05 | 0.23 | 0.25 | 47:53 |
HA | 0.12 | 0.13 | 0.36 | 0.07 (?) | 0.12 | 0.20 | 61:39 |
HB | 0.17 | 0.17 | 0.35 | 0.00 | 0.09 | 0.22 | 69:31 |
HC | 0.22 | 0.12 | 0.31 | 0.00 | 0.17 | 0.18 | 65:35 |
HD | 0.16 | II+III | =0.38 | 0.00 | 0.21 | 0.25 | 54:46 |
HE | - | - | - | - | - | - | - |
HF | - | - | - | - | - | - | - |
796
Tabelle III.
Absolute Durchschnittszahlen der mittleren Breite der Rinde und ihrer einzelne Schichten an der Windungswand in den einzelnen Areae in Millimetern
Schicht | I | II | III | IV | v | VIa | VIb | Gesamtbreite total mm |
Area | mm | mm | mm | mm | mm | mm | mm | mm |
FA | 0.20 | (0.10) | 1.40 | 0.00 | 0.70 | 0.70 | 0.40 | 3.3 |
FB | 0.27 | 0.16 | 1.20 | 0.03 | 0.47 | 0.33 | 0.37 | 2.8 |
FC | 0.38 | 0.17 | 0.90 | 0.25 | 0.43 | 0.50 | 0.30 | 2.9 |
FCBm | 0.27 | 0.18 | 1.00 | 0.18 | 0.40 | 0.55 | 0.25 | 2.8 |
FD | 0.23 | 0.20 | 0.89 | 0.26 | 0.35 | 0.33 | 0.20 | 2.5 |
FDΔ | 0.27 | 0.22 | 0.80 | 0.27 | 0.30 | 0.35 | 0.30 | 2.5 |
FDΓ | 0.25 | 0.16 | 1.05 | 0.24 | 0.40 | 0.36 | 0.20 | 2.6 |
FE | 0.25 | 0.22 | 0.63 | 0.22 | 0.33 | 0.23 | 0.20 | 2.1 |
FF(a) | 0.30 | (0.10) | 1.00 | (0.04) | 0.60 | 0.40 | 0.25 | 2.7 |
FG | 0.23 | 0.16 | 0.56 | 0.16 | 0.25 | 0.22 | 0.20 | 1.6-2.0 |
FH | 0.23 | 0.10 | 0.64 | 0.15 | 0.37 | 0.26 | 0.29 | 1.8-2.4 |
FI | 0.27 | 0.07 | 1.26 | 0.10 | 0.55 | 0.37 | 0.35 | 3.0 |
FK | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - | - | - | - |
FL | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - | - | - | - |
FM | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - | - | - | - |
FN | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - | - | - | - |
LA1 | 0.27 | (0.10) | 0.60 | 0.00 | 0.60 | 0.46 | 0.35 | 2.4 |
LA2 | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - | - | - | - |
LC1 | 0.24. | 0.23 | 0.65 | 0.24 | 0.41 | 037 | 0.15 | 2.4 |
LC2 | 0.25 | 0.18 | 0.52 | 0.24 | 0.44 | 0.45 | 0.35 | 2.5 |
LC3 | 0.27 | 0.00 | 0.85 | 0.15 | 0.50 | 0.40 | 0.20 | 2.3 |
LD | 0.30 | 0.00 | 0.80 | 0.00 | 0.60 | 0.30 | 0.20 | 2.2 |
LE1 | 0.31 | 0.00 | 0.41 | 0.35 | 0.66 | 0.39 | 0.20 | 2.3 |
LE2 | 0.36 | 0.00 | 0.00 | 0.34 | 0.70 | 0.40 | 0.20 | 2.0 |
IA | 0.22 | 0.14 | 0.84 | 0.22 | 0.60 | 0.45 | 0.22 | 2.7 |
IB | 0.34 | 0.25 | 0.78 | 0.20 | 0.50 | 0.30 | 0.30 | 2.6 |
PA1 | 0.23 | 0.20 | 0.64 | 0.26 | 0.22 | 0.27 | 0.18 | 2.0 |
PB1 | 0.26 | 0.29 | 0.47 | 0.29 | 0.21 | 0.25 | 0.14 | 1.9 |
PB2 | 0.24. | 0.20 | 0.56 | 0.28 | 0.24 | 0.26 | 0.18 | 2.0 |
PC | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - | - | - | - |
PD | 0.21 | 0.20 | 0.64 | 0.21 | 0.34 | 0.30 | 0.10 | 2.0 |
PE | 0.24 | 0.28 | 0.68 | 0.30 | 0.30 | 0.30 | 0.18 | 2.3 |
PF | 0.30 | 0.30 | 0.76 | 0.29 | 0.34 | 0.46 | 0.24 | 2.6 |
PG | 0.20 | 0.18 | 0.80 | 0.30 | 0.34 | 0.36 | 0.30 | 2.4 |
PH | 0.22 | 0.22 | 0.60 | 0.20 | 0.50 | 0.40 | 0.10 | 2.2 |
OA1 (Konvexität) | 0.16 | 0.26 | 0.56 | 0.24 | 0.26 | 0.28 | 0.16 | 1.9 |
OA1 u. 2 (Medianfläche) | 0.20 | 0.24 | 0.50 | 0.16 | 0.14 | 0.24 | 0.18 | 1.7 |
OB | 0.20 | 0.18 | 0.48 | 0.18 | 0.26 | 0.18 | 0.10 | 1.6 |
OC | 0.22 | 0.15 | 0.32 | 0.74 a=0.18 b=0.26 c=0.30 |
0.19 | 0.20 | 0.15 | 2.0 |
TA | 0.25 | 0.16 | 0.69 | 0.19 | 0.33 | 0.31 | 0.16 | 2.1 |
TB | 0.25 | 0.15 | 0.80 | 0.45 | 0.40 | 0.40 | 0.20 | 2.7 |
TC | 0.23 | 0.25 | 0.70 | 0.40 | 0.55 | 0.35 | 0.20 | 2.7 |
TD | 0.21 | 0.23 | 0.75 | 0.30 | 0.45 | 0.35 | 0.22 | 2.5 |
TE | 0.24 | 0.20 | 0.95 | 0.22 | 0.50 | 0.53 | 0.43 | 2.9-3.2 |
TF | 0.24 | 0.20 | 0.64 | 0.20 | 0.56 | 0.40 | 0.24 | 2.5 |
TG | 0.34 | 0.12 | 0.86 | 0.08 | 0.60 | 0.80 | 0.80 | 3.6 |
HA | Wand und Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - | - |
HB | Wand und Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - | - |
HC | Wand und Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - | - |
HD | Wand und Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - | - |
HE | Wand und Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - | - |
HF | Wand und Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - | - |
797
Tabelle IV. Relative Durchschnittszahlen der mittleren Breite der einzelnen Schichten in der Windungswand der einzelnen Areae, sog. Proportionalgleichung.
I | II | III | IV | V | VIa | Verhältnis der äußeren zur inneren Hauptschicht ä.H.:i.H. | |
Normales Grundverhältnis | 0.12 | 0.07 | 0.37 | 0.08 | 0.18 | 0.18 | 56:44 |
FA | 0.07 | 0.00 | 0.46 | 0.00 | 0.24 | 0.23 | 53:47 |
FB | 0.11 | 0.07 | 0.49 | (0.01) | 0.19 | 0.13 | 67:33 |
FC | 0.15 | 0.07 | 0.35 | 0.09 | 0.16 | 0.18 | 67:43 |
FCBm | 0.10 | 0.07 | 0.38 | 0.07 | 0.16 | 0.22 | 55:45 |
FD | 0.10 | 0.08 | 0.39 | 0.10 | 0.19 | 0.14 | 57:43 |
FDΔ | 0.12 | 0.10 | 0.37 | 0.12 | 0.13 | 0.16 | 59:41 |
FDΓ | 0.10 | 0.06 | 0.43 | 0.10 | 0.16 | 0.15 | 59:41 |
FE | 0.13 | 0.12 | 0.33 | 0.12 | 0.18 | 0.12 | 68:42 |
FF | 0.12 | (0.04) | 0.41 | (0.01) | 0.25 | 0.17 | 58:42 |
FG | 0.14 | 0.10 | 0.36 | 0.11 | 0.15 | 0.14 | 60:40 |
FH | 0.13 | 0.06 | 0.37 | 0.08 | 0.21 | 0.15 | 56:44 |
FI | 0.10 | 0.02 | 0.48 | 0.04 | 0.21 | 0.15 | 60:40 |
FK | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - | - | - |
FL | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - | - | - |
FM | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - | - | - |
FN | bloß als Kuppenbildung | - | - | ||||
LA1 | 0.13 | (0.05) | 0.30 | 0.00 | 0.30 | 0.22 | 48:52 |
LA2 | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - - | - | - |
LC1 | 0.11 | 0.11 | 0.30 | 0.11 | 0.20 | 0.17 | 52:48 |
LC2 | 0.12 | 0.09 | 0.26 | 0.11 | 0.21 | 0.21 | 47:53 |
LC3 | 0.12 | 0.00 | 0.40 | 0.07 | 0.23 | 0.18 | 48:52 |
LD | 0.15 | 0.00 | 0.40 | 0.00 | 0.30 | 0.15 | 55:45 |
LE1 | 0.14 | 0.00 | 0.19 | 0.16 | 0.33 | 0.18 | 33:67 |
LE2 | 0.20 | 0.00 | 0.00 | 0.19 | 0.39 | 0.22 | 20:80 |
IA | 0.09 | 0.06 | 0.34 | 0.09 | 0.24 | 0.18 | 49:51 |
IB | 0.14 | 0.11 | 0.33 | 0.08 | 0.21 | 0.13 | 58:42 |
PA1 | 0.13 | 0.11 | 0.35 | 0.14 | 0.12 | 0.15 | 69:41 |
PB1 | 0.15 | 0.16 | 0.26 | 0.16 | 0.12 | 0.15 | 57:43 |
PB2 | 0.13 | 0.11 | 0.32 | 0.16 | 0.13 | 0.15 | 56:44 |
PC | bloß als Kuppenbildung | - | - | - | - | - | - |
PD | 0.11 | 0.10 | 0.34 | 0.11 | 0.18 | 0.16 | 55:45 |
PE | 0.11 | 0.13 | 0.32 | 0.14 | 0.15 | 0.15 | 56:44 |
PF | 0.12 | 0.12 | 0.31 | 0.12 | 0.14 | 0.19 | 56:44 |
PG | 0.09 | 0.08 | 0.37 | 0.13 | 0.16 | 0.17 | 54:46 |
PH | 0.10 | 0.10 | 0.28 | 0.09 | 0.24 | 0.19 | 48:52 |
OA1 (Konvexität) | 0.10 | 0.15 | 0.31 | 0.13 | 0.15 | 0.16 | 56:44 |
OA1 u. 2 (Medianfläche) | 0.13 | 0.16 | 0.34 | 0.10 | 0.10 | 0.17 | 63:37 |
OB | 0.13 | 0.12 | 0.33 | 0.12 | 0.18 | 0.12 | 58:42 |
OC | 0.12 | 0.08 | 0.17 | 0.41 a=0.10 b=0.14 c=0.17 |
0.11 | 0.11 | 37:63 |
TA | 0.13 | 0.08 | 0.36 | 0.10 | 0.17 | 0.16 | 57:43 |
TB | 0.10 | 0.07 | 0.33 | 0.18 | 0.16 | 0.16 | 50:50 |
TC | 0.10 | 0.11 | 0.30 | 0.16 | 0.14 | 0.19 | 51:49 |
TD | 0.00 | 0.10 | 0.33 | 0.13 | 0.20 | 0.15 | 52:48 |
TE | 0.09 | 0.08 | 0.36 | 0.08 | 0.19 | 0.20 | 53:47 |
TF | 0.10 | 0.09 | 0.29 | 0.09 | 0.25 | 0.18 | 48:52 |
TG | 0.12 | 0.04 | 0.31 | 0.03 | 0.21 | 0.29 | 47:53 |
HA | Wand u. Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - |
HB | Wand u. Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - |
HC | Wand u. Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - |
HD | Wand u. Kuppe ziemlich gleich | - | - | - - | - | - | - |
HE | Wand u. Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - |
HF | Wand u. Kuppe ziemlich gleich | - | - | - | - | - | - |
798
Tabelle V 1). Zellzahl in 0.1 mm3 in jeder Schicht jeder einzelnen Area. [footnote p. 798 1) Die angeführten Zellzahlen sind Durchschnittswerte der Zählungen; manchmal geben wir auch die Schwankungsbreite z. B. 50-70 an. Wo individuell bedeutende Unterschiede uns vorgekommen sind, führen wir die betreffenden Zahlen in Klammern an. Wo die einzelnen Schichten eine Unterteilung im Zellbild und einen entsprechenden Unterschied in der Zellzahl aufweisen, ist diese Unterteilung durch senkrechte Punktierung auch in der Tabelle angedeutet.]
I | II | IIIa | IIIb | IIIc | IV | Va | Vb | VIa | VIb | |
FA | 6-8 | 0 - in III(II) 55 | 30 | 20 | 10 große 12 kleinere | in III(IV) (12 Pyramidenzellen u. 30 kleine Zellen) | 15-17 | 25 | 15 | |
FB | 6-8 | 62 am Culmen 140 in der Wand |
30 | 25 | 18 (darunter 8 große) | 35 (davon 20 kleine, 14 mittlere und 1 große) | 25-30 | 23-28 | 16-15 | |
FC | 5 | 55 | 24 | 15 | 29 (davon 13 große) | 47 | 30 | l4 | 16-24 | 10-15 |
FCBm | 5 | 55 | 28 | 26 | 20 (davon 5 ganz große, sonst große u. kleine) | 60 | 32 | 16 | 16-24 | 10-15 |
FD | 8-10 | 65-80 | 32 | 16 - 25 | 70-80 | a1 30-40 a2 20 |
12 | 25-40 | 18 | |
FDΔ | 8-10 | 60-70 | 30 - 35 | 75 | 30 | 37 | 20 | |||
FDΓ | 8 | 60-70 | a 25 |
b 25 (davon einzelne sehr große) |
65-75 | 30 | 12 | 35-40 | 18 | |
FE | 4-6 | 95 | 40 | 30 | a 50 b 90 | a1 a2 50 40 |
b 28 |
36-40 | 20 | |
FF | 12 | 55-65 | 30 | 24 | 24 | 0-25 (-80) | 35-40 | 30 | 26 | 12 |
FG | 5 | 100-120 | 25 | 25 | 70-80 | 60 | 36-50 | 32 | 20 | |
FH | 6-8 | 75 | 25 | 25 | (50-)90 | 40 | 20-30 | 26 | 12 | |
FI | 16 | 60 | 25 | (50) | 40 | 20(-30) | 23 | 15 | ||
FK | 2-3 | 30 | (5-)15-20 | 0 | 15-20 | 30 | 30 | |||
FL | 15-20 | 0 | 20-30 | 0 | 40-50 | 40 | 40 | 17 | ||
FM | 15 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 30 | 30 | 12 |
FN | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 16 |
LA1 | 15-20 | 0 | 50 | 20 | 0 | 32 | 22 | 38 | 20 | |
LA2 | 25 | 0 | 33 | 22 | 0 | 20 | 16 | 24 | 15 | |
LC1 | 6 | 120-160 | 32 | 24 | 120-130 | 70 | 30 | 35-40 | 15 | |
LC2 | 5 | 70(-100) | 22-32 | 20-30 | 120 | 45 | 12(-35) | 40 | 18 | |
LC3 | 14 | 0 - in III(II) 36 | 30 kleine | 21 (davon 7 mittlere, sonst kleine) | in III(IV) 21 - 0 | 21 | l2 | 22 | 14 | |
LD | 3-4 | 0 | 55 | 36 | 0 | 50 | 16 | 35 | 15 | |
LE1 | 6 | 0 | 65 | 160 | 55 | 25 (davon 10 größere) | 33 | 12 | ||
LE2 | 6 | 0 | 0 | 0 | 0 | 160 | - | 25 (davon 12 größere) | 27 | 10 |
IA | 7-8 | 80-100 | 35 | 26 | 30 (davon 10 größere) | 70 | 50 | 25 | 25 | 12 |
IB | 4-5 | 120 | 35 | 32 | 26 | 140 | 40 | 30 | 35 | 20 |
PA | 8-10 | 115 | 64 | 40 | 15-30 | 160 | 20-45 | 30-50 | 16 | |
PB1 | 8 | 210 | 105 | 230 | 60 (davon 10 größere) | 60 | 15-20 | |||
PB2 | 8 | 100 | 80 | 60 | 60 | 120 | 45 | 60 | 15-20 | |
PC | 8-10 | 135 | 35 | 28 | 25 | 130 | 30 | 45 | 20 | |
PD | 10 | 135 | 56 | 44 | 16(-38) | 140 | 30 | 45 | 25 | |
PE | a 8-10 b 2-3 |
115 | 50 | 25 | 20 (davon 7 größere) | 70-80-80 | 34 (davon 4 größere) | 17 | a1 a2 17 25 |
10 |
PF | a 12-14 b 4 |
110-135 | 30-35 | 25-30 | 90-115 | 40 (davon 15 größere und 25 kleinere) | 26 | 17 | ||
PG | 8 | 95 | 30 | 22 (davon 10 größere) | 30 (davon 10 größere) | 100-140-60 | 18 (davon 9 größere) | 25 | 18 | |
PH | 7-8 | 100 | 45 | 45 (davon 1/3 größere) | 45 (davon 8 große) | 110 | 40 | 40 | 12 | |
OA1 (Konvexität) | 6 | 60-100 | 55 | 45 | 150 | 40 | 55 | 12 | ||
OA2 | 6 | 80 | 55 | 45 | 50 (davon 25 größere und 3 ganz große) | 140 | 40-50 (davon 1 ganz große) | 55 | 12 | |
OB | 3-4 | 150 | 75 | 70 (davon 10 größere) | 62 (davon 7 ganz große) | 240 | 80 | 85 | 25 | |
OC | 8-10 | 150 | 100 | 150-200 : 70 : 200-220 | 50(-80) | 140 | 20 | |||
TA | 6-8 | 90 | 40 | 35 | 120 | 40 | 30 | 15 | ||
TB | 5 | 85 | 57 | 30 | 33 | 125 | 50 | 40 | 20 | |
TC | 15 | 125 | 60 (davon in IIIc 1 bis 2 große) | 150 | 40 | 45 | 15 | |||
TD | 3-4 | 125 | 40 | 45 | 150 | 60 | 45 | 20 | ||
TE | a 10-12 b 4-6 |
90 | 36 | 22 | 30 | 90-100 | 50 | 40 | 18 | |
TF | 8 | 100 | 50 | 40 (davon 8 größere) | 100 | 50 | 35 (davon 12 größere) | 28 | 15 | |
TG | 7-8 | 60 (?) | 28 | 24 | 50 | 35 | 40 | 12-15 | ||
HA | 5 | in den Glomerulis 20 | 20 | 20 | 0 | 25 | a1 30 a2 25 |
6 | ||
HB | 5 | 15 | 23 | 16 | 0 | 19 | a1 21 a2 21 |
5 | ||
HC | 6 | 45 | 16(-45) | 0 | 40(16-20) | 20-40 | 10 | |||
HD | 5-6 | II+III = 50 (oder 140) | 0 | 45 | 45 | |||||
HE | 2-3 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | E1 - 15 E2 - 33 E3 - 22 |
- | ? | ? |
HF | 1-2 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | - | 250 |
800
Tabelle VI 1). Zellgröße der Mehrzahl der in jeder Schicht jeder einzelnen Area vorkommenden Zellen in 0.001 mm = 1 µ ausgedrückt in dem Verhältnis der Höhe zur Breite (Höhe / Breite). [footnote p. 800 1) Die Zellgröße ist hier ausgedrückt als Höhe/Breite, als Einheitsmaß ist 0.001 mm = 1 µ angenommen; die Größenmaße der Mehrzahl der Zellen sind einfach notiert oder in der Breite ihrer Schwankungen, z.B. 10µ - 15µ - 20µ; seltener erreichte Werte sind in runden Klammern verzeichnet. Zellgrößen, welche zwar regelmäßig vorkommen, jedoch bloß sporadisch, sind in eckigen Klammern ausgeführt.
I | II | IIIa | IIIb | IIIc | IV | Va | Vb | VIa | VIb | |
FA | 4-6/8-10 | - | 12-15/10 | 15-25/10-20 | 25-50(-60)/15-25 | - | 20-30/15-20 | 30/20, 60-120/30-60 | 30/15 | (12-) 20/(6-) 10 |
FB | 4/8 | 6-10/5-8 | 15-20/8-12 | 25-35/12-20 | 35-50(-80) /20-25-30 | - | 30/20 [40-60 /30] | 30/15 | (12-)20 / (6-)10 | |
FC | 4/8 | 10-15/6-8 | 15-20/8-12 | 25-30/10-13 | 20-40(-50)/10-20 | 10-15 /6-8-10 (6-8/4-5) | 20-25 /10-20 [30-40 /20] | 30/10-15, 20/20 | ||
FCBm | 4/8 | 10-15/6-8 | 15-20/8-12 | 25-30 /10-30 | 30-40-60 /20-25 | 10-15/6-8-10 (6-8/4-5) | 20-25/10-20 [25-45/15-20] | 20-30 /10-15 | 20/10 | |
FD | 4-6/8-10 | 6/4, 5/5, 7/6, 10-15/6-8 | 15-20/7-10 | 20-25/10-15-20 | [30-40 /15-20] | 6/5, 8/8, (10/10) | a1 15-20/15-20 a2 20-30/15-25 |
10(-25)/8(-10) | 15-20-30/10-15 | 15-20/10 |
FDΔ | 4/8, 6/8-10 | 6/4, 5/5, 7/6, 10-15/6-8 | 15-20/7-10 | 20-30/10-15 | 6/5, 8/8 | 20/10-15 | 20/10 | 20/10 | ||
FDΓ | 4/8, 6/8-10 | 6-7/4-6 | 10-15/10 | 20-35/15-25 | [40-60/25-40] | 6-8/5-8 | 15-30/15-25 | 20/20 | 20/8-10 | 15/8-10 |
FE | 4/6, 5/10 | 5/5, 7/6, 10/7, [10-15/10] | 8-15/6-10 | 15-25(-30)/10-15(-20) | 5/5, 6/6 10-15/8-10 | a1 10-15 /8-10 a2 25(-30) /10-14 |
10(-25) /8(-10, | 15-20/10 | 10-15/5-7 | |
FF | 7/3, 9/4 | 7-10(-15)/3-8 | 15-20/7-10 | 20-25/10 | 25/10, 30/15 | 5/6, 7/5 | 20(-30)/10-15 | 10-15 /7-10 | 15-20 /7-10 | 10-15/5-7 |
FG | 4/6, 5/10 | 5-10/5 [10-15/8-10] | 10-20/8 | 20(-30)/10-15 | 6/6, 6/10 | 10-20/10-15 | 10-15(-20)/10(-15, | 15/10 | 10-15/7 | |
FH | 6/4, 8/5 | 7-10/4-7 | 20/10 | 25(-30)/10-15 | 6/6 [10/5] | 20-25(-30)/15 | 10/7, 25/15 | 10-15/5-7 | 10/7 | |
FI | 8/10, [20/10] | 5-10/5, 20/10 | 15-20/5 | 30(-40)/7-10 | (7-10/5-7) | 20-25/10-20 | 25-30/10 [60-80/7-10] | 30-40/10-15 | 30/7-10 | |
FK | 5/10 | 10/10, 20/10 | 30-35/15-20 | 30-35/15-20 | 30-35/15-20 | - | 25-30(-40)/15-20 | 30/10 | 30/10 | |
FL | 5/5, 6/6 | (10/10) | 18-20-25/10-13 | 18-20-25/10-13 | 18-20-25/10-13 | - | 20-30/10-15 | 20(-40)/7-10 | 20/10 | 15/7 |
FM | 5/5, 6/6 | - | - | - | - | - | 20-40(-60)/7-10 | 20/10 | 15/7 | |
FN | - | - | - | - | - | - | - | - | 50/20, 30/30 | |
LA1 | 5/5, 5/10 | - | 15(-20)/7-10 | 20(-25)/10-15(-20) | - | 25-30/15-20 | 25-30/15-20, 40/10 | 15-20/7-10 | 10-15/5-7 | |
LA2 | 5/5, 10/7 | - | 15-20/10-15 | 20-25/15 | - | 30/15 | 40/10-15 [60-80/7-10] | 30-40/15, 20/10 | 15/10 | |
LC1 | 7/4 | 5-7/3-5, 10-15/7-10 | 15-20/10-15 | 20(-30)/15-20 | 5/5, 10/10 | 20/15 | 25/12 [30/15] | 15-20/7-10 | 15/7 | |
LC2 | 3/7 | 10-15/5-7-10 | 18/18 | 25/22 (30/22) | 4/4, 6/6 | 20-30/15-20 | 30(-40)/15(-20) | 20-30/12-15 | 15/7 | |
LC3 | - | - | - | - | - | - | - | - | - | - |
LD | 6/8 | - | 15/7-10 | 20-25(-30)/15-20(-25) | - | 15/10, 20/15 | 20/15 [30-40/20] | 20/15 | 12/8 | |
LE1 | 5/6-6/10 | - | 15/7-10 | 6/6 | 15/15 | 10/7, 20-30-40/10-15 | 15/10 | 12/8 | ||
LE2 | 5/6-6/10 | - | - | - | - | 6/6 | 15/15, 30(-50-70)/10-15 | 15/10 | 12/8 | |
IA | 5/5 - 10/7 | (5/5), 10/7 | 15-20/12-15 | 20-25/15-20 | 15-20/10-15, 30-40/15 | 3-5/5 [10-15/7] | 25-30/20 | 15-20/7-10 | 20-25/12-15 | 12-15/8-10 |
IB | 4/10, 7/5 | 4/5, 6/6, (14/14) | 12-15/7 | 15/10 | 15/10, 25-40/15-18 | 4/4, 5/5, 6/6 | 20/12-15 | 10/7, 20/12-15 | 20/8 | 15/8 |
PA | 6/4 | 4/4, 6/6, 8/5 | 10-15/10 | 20/12-15 | 30-40/15-25 | 5-6/5-6 | (6/7) 15/10 | 40-50/25-30 | 15/15 | 15/10 |
PB1 | 6/7 | 4/4, 5/5, 7/5 | 3/3, 5/5 | 10/7 | 15/10 [30/20] | 4/4, 6/6 | (6/6), 15/10 [20-30/15-20] | 10-20/10-15 | 15/10 | |
PB2 | 5/5, 10/7 | 5/5, 6/6, 10/7 | 10/7 | 15/10 | 10/10, 20-25/15 [30/20] | 6/6, 10/10 | (10/10), 10-25/20 | 15/10 | 15/10 | |
PC | 6/7 | 7/5 | 10-15/10 | 15-20/15 | 25-35/15-18, 40-70/25-35 | 6/6, 8/8 | 10-15/10 [40-50(-60)/20-25] | 18-20/10 | 15/7 | |
PD | 8/6 | 5/5, 7/5, 10/7 | 10-15/7-10 | 15-20/10-15 | 30-40(-60)/15-20-25 | 4/4, 5/5 (10/7) | 15-20/10-15 [30/20] | 15/10 | 10-12/10 | |
PE | 5/8 | 5/5-10/10 | 15-20/10-15 | 20-25(-30)/15-20 | 30-40(-50)/20-25 | a 5/5, 6/6 b 10/8-10 |
15-20/15-18 [30-40/20-25] | 12-15/12-15 | a1 25/15 a2 15/12 |
12-15/10 |
PF | a) 10/10(15/10) b) 6/6, 7/7 |
4/4, 5/5, 8/5, 10/7 | 15-18/10-15 | 15-20(-25)/10-15 | 15-30(-40)/10-15(-20) | a 5/5, 6/6 b 7-8/7-8 (10/10) |
10-15/10 | 20-25/15-20 | 15(-30)/8-15 | 15/8 |
PG | 5/6 | 5/5, 8/6, 12/10 | 12-15/10 | 12-15/10, 20/15 | 12-20/10-15, 30-35/20 | a 5/5, 6/6 - 8/8 b 10-12/10-12 [15-20/10] |
15/10, 25/15 | 15-25/15 | 10-15/7-10 | |
PH | 7/6 | 4/4, 6/6, 8/6, 12/10 | 18/8-15 | 18/10, 25/15-18 | 18-25/8-18 [30-50/20-30] | 4/4, 5/5, 6/6, 8/5, 15/10 | 10-15(-20)/10-12(-15) | 15/12 | 15/10 | |
OA1 | 7/6 | 7/6, 10/6, 12/8 | 13-15/8 | 20/12 (30/15) | (4/4) 6-8/6-8 (12/12) | 8-10/8 (10-15/8-12) | 20-30/8-10 | 15-20/8 | ||
OA2 | 7/6 | (7/6), 10/6, 12/8 | 12-15/8 | 12-20/8-12 | 12-25/8-15-20 [30-50/20-30] | (4/4), 6-8/6-8 | 8-10/8 [25-40/20-25] | 20-30/8-10 | 15-20/8 | |
OB | 10/5 | 4/4, 6/6, 8/8, 10/10 | 6/6-12/10 | 6/6-15/12 | 6/6-25/15 [35/25] | 6/6, 8/8, 10/8 | 4-6/4-6, 8-12/8-12 [30-45/25-30] | 18-20/10-12 | 15/5 | |
OC | 5/5 (7/8) | 5/5, 7/7 (10/7) | 7-10/5-7 (15/10-12) | a 4-7/4-7 (10/7) b 5-10/10-20 [20-25/25-50] c 8/8, 15/13 |
7-18/7-15 [30-60/15-35] | 18-25/10-15, 6/10 | 15/9, 20-30/8-10 | |||
TA | 8-10/5-8 | 4/4, 6/5, (10/8) | 15-18/8-10 | 20-30/15-18 [50/30] | 8/6-8 | (8/6), 15-20/8-15 [30/20] | 20-30/10-12 | 15-18/10 | ||
TB | 8/6 (10/8) | 8/6-8 [18/10] | 8-15-20/7-12-15 | 20-25/15-20 | 10-25/8-18, 35-60/25-30 | 8-10/8 (10-15/10) | 10-15/10-15 [40-60/20-25] | 25-30/12-18 | 15-18/10 | |
TC | 6-8(-10)/6-8 | 5/5, 7/7, 8-12/7-10 | 8-10(-18)/8-10(-12), [40/25] | 4/4, 8/8 (12-18/12-18) | 8-10(-20-25)/8(-10-15) | 18/8 | 12-15/8 | |||
TD | 7/6, 10/8 | 5/5 (10-15/8-12) | 8-15/6-18 | 8-15/6-18 [25/15] | 5-8/5-8 | 5-8-10/5-8 (18-20/15-18) | 20-25/12-18 | 20/10 | ||
TE | 6/6, 10/8, 12/8 | 6/6, 10/8, 15/12 | E1 18-22/15-18 E2 15-18/12 |
E1 20-30/18-20 E2 18-20/15-18 |
E1 25-35/20 E2 20-25/15-20 |
5-8/4-7, 10-15/8-10 | 8-15-20/8-15, 25-40/18-20 | 25-30-40/15-20 | 20-30/8-10 | |
TF | 8-10/8-10 | 5-6/5-6, 8-15/7-10 | 5/5, 10-15/8-10 | 15-20/10-12 (20-30/10-18) | 4-6-8/4-6-8 | 10-15/10-15 | 8-15/7-10 [25-30/18-20] | 20-30/18-20 | 18-20/10-12 | |
TG | 10-12/5-8 | 5-10-15-20/5-10 | 20-25/12-15 | 25-30/18-20 | 8/7, 10/8, 15-25/15 | 20-40/10-20 | 30/20 | 20-25/10 | ||
HA | 10/8 | 30-40/20-25 | 20-25/10-15 | 25-30/15-18 | - | 30-35/20-25 | a1 20-25/10 a2 25-30/15 |
15-30/15 | ||
HB | 10/8 | 30/20 | 25-30/15-18-20 | 25-30/18-20 | - | 20-25(30)/15-18 | a1 20-25/10 a2 25-30/10-15 |
25/8-15 | ||
HC | 10-18/7-8 | 10/20 | 25-35/10-20 (15-20/10-15) | - | 30-40/20-25 (25-30/15-18) | 20(-25)/10-15 | 15/8-10 | |||
HD | 10-12/8-10 | II + III 8/8, 10/8, 15/8 | - | 15/15, 20/10 | 20/10 | |||||
HE | 20/30 | - | - | - | - | - | E1 20-30/10-15 E2 30-40/15-20 E3 40-80/10-20 |
- | - | |
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Sachverzeichnis. 805
Absolute Dickenverhältnisse der Schichten 112.
Achromatopsie s. Farbenblindheit.
Adversivbewegungen 315.334, 559.
Affektive Störungen 363, 364, 719.
Affenspalte 596, 640.
Agranulärer Pyramidentypus 188.
Agranuläre Rinde 56, 126, 143, 199, 222, 240.
Agranulärer Ring des Hirnmantels 144, 425, 446, 485.
Agraphie, motorische 314. -, sensorische 584, 702.
Akalkulie 584.
Akustische Zellen CAJALs 65, 500, 693.
Alexie 584, 702.
Allocortex (allogenetischer Cortex) 15, 85, 93, 126, 139, 153, 168, 177, 202, 222. (Die auf S. 222 angeführten Areae des Allocortex sind im speziellen Teil jeweils näher beschrieben und im Sachverzeichnis beim Wort „Area" zu suchen.)
- Entwicklung 93.
- primitivus, rudimentarius,
- striatus 202,
- im Tierreich (Makrosmatiker) 94.
Altersunterschiede im Cortexbau 17, 18, 126, 142, 153, 230, 791.
Alveus 783.
Ammonsformation 23, 104, 106, 767, 782, 786.
Amnestische Aphasie 595.
Amputationseffekt (retrograder) auf die Cortexelemente 277, 291, 540.
Amusie, motorische instrumentale 313.
-, motorische vokale 361.
-, sensorische 704, 741.
Amyotrophische Lateralsklerose 184.290, 315.540.
Anophthalmus B57.
Aphasie s. motorische, sensorische Aphasie.
Apraxie, motorische 314. -, ideatorische 584.
Arbeitsplan 26.
Arbeitsmethodik 249.
Archipallium 23, 104, 106, 787.
Area:
FA Ar. praecentralis 260.
FAγ Ar. pr. gigantopyramidalis 275.
FAop Ar. praecentralis in operculo 281.
FB Ar. frontalis agranularis 294.
FBop Ar. frontalis agranularis in operculo 308.
FC Ar. frontalis intermedia 315.
FCL Ar. front, inter. medio-limbica 325.
FCBm Ar. (fr. intermedio-agranularis magnocellularis in) BROCA 326.
FCI Ar. fr. interm. in lim. insul. 325.
FCop Ar. fr. intermed. opercularis 329.
FD Ar. frontalis granularis 336.
FDm Ar. front, gr. magnocellularis 350.
FDp Ar. front, gr. parvocellularis 351.
FDop Ar. front, gr. in operculio 356.
FDL Ar. frontal, granul. limbica 351.
FDΔ Ar. frontal, granul. media 352.
FDΓ Ar. (frontal. gr.) triangulär. 353.
FE Area frontopolaris 364.
FEL Ar. frontopolaris limbica 371.
FF Ar. orbitalis (granularis) 373.
FFa Ar. orbital. agranul. 380.
FFΦ Ar. (orbitalis) praetriangularis 380.
FG Ar. gyri recti (Ar. reeta) 384.
FGi Ar. recta interna 389.
FH Ar. praefrontalis 391.
FHL Ar. praefront. parolfactor. 396, 404.
FHL Ar. praefront. limbica 396.
FI Ar. frontomsularis 417.
FK Ar. piriformis frontalis 426.
FL Ar. parolfactoria 406.
FL1 Area p. prima 406.
FL2 Ar. p. secunda 406.
FL3 Ar. p. tertia 406.
FM Ar. geniculata 410.
FMt Ar. geniculata tuberculi olf. 411.
FN Ar. Praecommissuralis 412.
HA Ar. uneinata 747.
HA1 Ar. uncinata prima 751.
HA2 Ar. uncinata secunda 751.
HA3 Ar. uncinata tertia 751.
HB Ar. parauncinata 751.
HB1 Ar. parauncin. Prima 754.
HB2 Ar. parauncin. secund, 754.
HC Ar. rhinalis limitans 754.
HD Ar. praesubieul. granulos. 760.
HD1 Ar. praesub. Gran. limit. 671.
HD2 Ar. praesub. gran. media 761.
HD3 Ar. praesub. gran. glomer. 761.
HE Ar. pyramidalis 767.
HE1 Ar. pyramid. subiculi 767.
806 Sachverzeichnis.
HE1α Ar. pyram. subicul. glomerulosa 767, 700.
HE1β Ar. pyram. subicul. simplex 767, 769.
HE2 Ar. pyramid. Cornu Ammonia 767, 769.
HE3 Ar. (pyramid.) gyri digitati unci 767, 770.
HF Ar. fasc. dentatae 771.
IA Ar. insul. Praecentralis 486.
IA1 Ar. insul. praec. dorsal. 492.
IA2 Ar. insul. praec. ventr. 402.
IB Ar. insulae postcentralis 492.
IBT Ar. insul. post. in lim. temporal. 495.
IC Ar. orbitoinsularia 496.
ID Ar. insularis piriformis 496.
LA Ar. limb. ant. agr. 434.
LA1 Ar. praecingularis 437.
LA2 Ar. cingularis ant. 439.
LA3 Ar. cingularis limit. ant. 442.
LB1 Ar. ultracingularis ant. 442.
LB2 Ar. indusei 442.
LC1 Ar. cingular. post. dor-salis 451, 454.
LC2 Ar. cingular. post. ventral. 457.
LC3 Ar. cingular. hint. post. 460.
LD Ar. retrosplenial. agra-nul. 461, 465.
LE Ar. retrosplenial. granulosa 461.
LE1 Ar. retrospl. gr. Superior 466.
LE2 Ar. retrospl. gr. Inferior 468.
LF1 Ar. ultracingularis post. 469.
LF2 Ar. (ultracingular.) obtecta 471.
OA Area peristriata 598.
OA2 Ar. peristr. ant. 607.
OA1 Ar. peristr. post. 606.
OAm Ar. peristr. inagnocellularis 607.
OB Ar. parastriata 609.
OBγ Limes parastriat. giganto-pyramid. 617.
OBΩ Maculae granulosae Ar. parastriatae 617.
OC Ar. striata (granulosa) 624.
PA1 Ar. postcentralis gigantopyramidalis 506, 511.
PA2 Ar. Postparacentralis gig.-pyr. 511.
PB2 Ar. postcentralis oralis simplex 513, 519.
PB1 Ar. postcentr. Oralis granulosa 513, 514.
PC Ar. postcentr. intermedia 524, 528.
PD Ar. postcentr. Caudalis 529,
PE Ar. parietalis superior 544.
PDE Ar. transitor. postc. parietal. 532. 555.
PEm Ar. par. sup. magnocellularis 554.
PEp Ar. par. sup. parvocellularis 554.
PEγ Ar. par. sup. post. gigantopyramid. 556.
PF Ar. supramarginalis 562
PFcm Ar. supramarg. columnata magnocellular. oder Ar. supramarg. posterior 573.
PFop Ar. supramarg. opercularis 573.
PFt Ar. supramarg. tenuicorticalis 571.
PG Ar. angularia 576.
PH Area parietalis (temporooccipital.) basalis 587.
PHO Ar. pariet. in limine occipit. 591, 593.
PHP Ar. pariet. in limine parietal. 590. 593.
PHT Ar. pariet. in limine temporal. 591, 593.
TA Ar. temporal, sup. 662.
TA1 Ar. temp. sup. post. 663, 669.
TA2 Ar. temp. sup. ant. 663, 669.
TB Ar. supratemp. magnoc. simplex 671.
TC Ar. supratempor. granulos. 675.
TD Ar. supratempor. intercalata 687.
TE Ar. Temporal. propria 710.
TE1 Ar. tempor. media 710, 717.
TE2 Ar. Temporal. inferior 710, 717.
TF Ar. fusiformis 720.
TH Ar. hippocampotemporalis 726.
THa Ar. hippocampotemp. agranularis 728.
TG Ar. porotemporalis 730.
TGa Ar. temporopol. agranularis 737.
TI Ar. piriformis temporalis 738.
TK Ar. au bat. perf. post. 738.
Assoziationsfelder FLECHSIGS 194, 246, 361, 364, 372, 478, 502, 586, 719.
Astasie-Abasie 313.
Astereognose 584.
Ataxie 362, 372, 383, 719.
Aufmerksamkeit, Anspannung 325.
-, Einstellungszentrum 363.
-, Störung 362. .
Baillargerscher Streifen 179 und §6 jeder Area im Abschnitt „Markbild".
Balkenfaserursprung 182.183, 285, 697. 741.
Bandförmigkeit der oberen Spindelzellage VIa 347.353, 369, 405, 518, 552, 615, 635.
Betzsche Regel 241, 486, 503, 537.
- Riesenpyramiden 48, 61, 162, 184, 271, 276, 281, 288, 506, 528.
Bewegungskomplexe 313.
Bezeichnung der Areae mit Buchstabensymbolen 221.
Bezoldsche Sprachsext 703.
Blindheit 657.
Brocasches motorisches Sprachfeld 234, 309, 326, 332. - Riechfeld 373.
Cajalsche Zellen 59.
Calcarina 105, 138, 149, 192, 234, 596, 624, 639.
Cap 353, s. Pars triangularis.
Carrefour olfactif von BROCA 373.
Charakterveränderung 361, 362, 364.
Claustrum 105, 171, 202, 424, 428, 483, 484, 500.
Commissurenplatte (HOCHSTETTERs) 98.
Cornu Ammonis s. Ammonsformation.
Corticale (motorische, sensorische) Aphasie 703.
Defektrinde 9, s. Allocortex primitivus, rudimentarius.
Defektuöse Rinde 281, 308, 690.
Sachverzeichnis 807
Denervation 332, 335.
Dichtigkeitskoeffizient 76.
Differenzierung, spezifische, von Cortexbildungen 191, 236, 238, 337, 349. 574.
- und Funktion der Nachbar-areale 513, 524, 542, 574, 618, 654, 685.
Durchschnittszahlen der Schichtendicken 114.
Durstgefühl (Lokalisation) 726.
Effektorische Rindenschicht 20, 115, 185, 790.
Einzelbewegungen 333.
Elektromotorische Rindenbefunde VOGTs 292, 333, 539, 584.
- Rindengebiete 287, 291, 313, 539, 559, 584, 656.
Emotionale Störungen s. affektive Störungen.
Encephalitis lethargica 3, 248.
Entwicklung des Cortex 87, 93.
Ependymäres Hemisphärenbläschen 87.
Epilepsie 228, 334, 335, 538, 539, 559.
Euphorie 719.
Färbung 354.
Farbensinnstörung 595, 655, 656, 657, 726.
Fascia dentata 771, 777.
Fasciola cinerea 471, 774.
Flavinplatten 258.
FLECHSIGs myelogenetische Studien 194, 196, 234, 246, 360, 447, 450, 502, 504, 538, 543, 580, 697, 700.
Frontolimbische Übergangswindung 167.
Fünfschichtung 10, 12, 13.
Fundamentalschichten (CHR. JAKOBs) 23, 177.
Furchen, Beziehung zu den Areae 225.
Ganglionäre Schicht (V.) 82, 154 und in §4 jeder Area im Abschnitt V.
Gang- und Haltungsstörung 313.
Gehörsinn 234, 236, 601.
Gennarischer Streifen 149.202, 628, 632, 651.
- Streifen bei Blinden 657.
Geruchsinn 234, 236, 391. 397, 417, 425, 431, 450, 478, 741, 788, 789, 790.
Gesangzentrum 361 a. Area triangularis FDgam.
Geschlechtsunterschiede im Cortexbau 230.
Geschmacksinn 234, 236, 478. 501, 543, 741, 789.
Gesichtsinn 234, 236, 653.
Gleichgewichtsstörungen 362, 372, 383, 719.
Glomeruli 80, 81, 122, 126, 138, 402, 409, 420, 428, 468, 497, 732, 737, 738, 739, 748, 749, 752, 757, 761, 764, 767.769, 779, 780.
Granulärer Cortex 56, 126, 143, 188, 190, 241.
- Parietaltypus (3) 188.
- Pyramidentypus (2) 188.
Granulöser Cortex a. Koniocortex.
Grenzen des Allocortex 16, 204, 223.
- der Areae 223, 225; ferner §5 jeder Area.
- der Hirnlobi 213, 215.
Grundtypus, cytoarchitektonischer, parietaler 188, 563.
-, cytoarchitektonischer,temporaler 659.
Gürtelbildung in der ganglionären Schicht (V.) 156, 167, 168, 325, 351, 371, 380, 387, 394, 395, 405, 407, 422, 438, 440, 445, 468, 486, 489, 494, 728, 737, 750, 753, 758, 765.
Gyri - sind im allgemeinen auf Abb. 2l-24 u. S. 30-32 angeführt.
Gyrus ambiens 95, 736, 741, 751, 772.
Gyri Andreae Retzii 95, 471, 774.
Gyrus centralis anterior 260.
- - posterior 505.
- cinguli 9, 432, 471, 742.
- dentatus 95, 471, 771.
Gyri digitati unci 742, 767, 770.
Gyrus geniculatus 95, 399, 411.
- hippocampi 95, 191, 471, 742.
- intralimbicus 95, 442, 461, 473.
- olfactorius lateralis 95, 399, 426, 496, 502. 738.
- - medialis 95, 399, 409, 410, 411.
- semilunaris 95, 399, 736, 741, 751.
- subcallosus 95, 399, 411.
Gyrus transversus insulae 67, 135, 144, 167, 399, 417, 424, 481, 491.
Häufchenbildung der äußeren Körnerschicht (II.) 54, 80, 122, 404, 406, 420, 428, 438, 442, 732, 738, 748.
Hauptschicht, äußere und innere nach KAES 18, 85, 111, 114, 116; ferner in Tabelle II und IV letzte Rubrik S. 795 und 797.
Hautsinn 543.
Hemiplegie (Rindenveränderung bei) 290.
Hemisphärenbläschen 87.
Hemisphären-(Seiten-) Unterschiede 41, 42, 43, 73, 230.
HENSCHENs ansicht über die Aphasia sensor. 702.
Heschlsche Querwindung 192, 234, 236, 661, 669, 675, 683 bis 686, 691, 695, 697, 701, 709.
Heterotypische Rinde 15, 56, 87, 90, 109, 125, 143, 146, 192, 194, 198, 222.
- -, Entwicklung 90.
Hintere Zentralwindung siehe Gyr. centr. post.
Hinterhauptspol 638- 644.
Hirnkarte, die ideale 186.
Hirnkarte, rindenarchitektonische 11, 13, 15, 18.
-, FLECHSIGs myelogenetische 195, 197.
-, unsere areale cytoarchitektonische 25, 208, 209, 210, 211.
Hirnlobi 213.
Historische Daten 8.
Hörbahn (Hörstrahlung FLECHSIGs und PFEIFERs) 697.
Hörrinde 669, 675-709. - bei Tieren 707.
Hörsphäre, primäre, FLECHSIGs 697.
Hörzellen, spezifische, CAJALs 65, 693.
Hörzentrum s. Hörrinde.
Homotypische Rinde 15, 56, 87, 90, 109, 188, 222, 245.
Horizontalzellen der Molekularschicht 59.
Hungergefühl, Lokalisation d. 726.
Jacobsche Theorie, Chr. 20, 106.
808 Sachverzeichnis
Jensensche Furche 28, 544, 659.
Individuelle Unterschiede im Bau des Cortex, seiner Zellen und Areae 40, 41, 43, 51, 120, 142, 153, 178, 184, 229-233, 283, 308, 328, 348, 354, 374. 377, 443, 474, 479, 513, 528, 542, 544, 566, 574.581.594, 602, 618, 632, 643, 676, 684, 686, 713.717, 728, 734, 753, 754, 759, 763, 788, 791.
Induseum griseum 95, 105, 106, 402, 442-450, 469 -480, 767, 775.
Inhibitorische Funktion siehe Denervation.
Insel (lobus) 481-502.
-.Entwicklung 103.105.171, 202.
Inselförmige Areae 225, 338, 514, 522, 618.
Inselgürtel 167, 486, 489, 494.
Intelligenz, Lokalisation I, 246, 247, 361, 585, 719.
Intermediärfelder FLECHSIGs 196.
Isocortex (isogenetischer Cortex) 15, 85, 87, 87-93, 109-202, 222, 245.
Isthmus 432-434, 471, 473 bis 477, 767, 774.
Kau- und Schluckakt 314.
Keimschicht 87.
Klappdeckel a. Operculum occipitale.
Körnerschicht, äußere 54, 82, 119, 178; ferner in §4 jeder Area im Abschnitt II.
-, innere 54, 82, 142, 178; ferner in §4 jeder Area, im. Abschnitt IV.
Körnerzellen 54-59; ferner s. unter Körnerschicht.
Koniocortex, allgemeines über den 57, 123, 136, 146, 164, 177, 190-192, 194, 196, 204, 226, 227, 228, 236, 237, 238.
-, spezielles:
- retrosplenialis 461-480.
- postcentralis 513-543.
- calcarinae 624-607.
- A. parastriatae 618.
- A. supratemporalis 669 bis 709.
- A. praesubiculari.s 760 bis 790.
Konstanz und Variabilität der Schichten 178.
Korkzieherzellen s. Stäbchenzellen.
Korrektur der grobanatomischen Grenzen durch die Mikroanatomie 228.
Korrekturkoeffizient bei Zellzählungen 72.
Kuppe (und Architektonik) 37, 76, 110, 115, 134, 171, 227.
Lamina affixa 777.
- ganglionaria (V. Schicht) 82, 86, 154; ferner §4 jeder Area Abschnitt V.
- granularis externa (II. Schicht) 82, 86, 119; ferner §4 jeder Area Abschnitt II.
- - interna (IV. Schicht) 82, 86, 142; ferner §4 jeder Area Abschnitt IV.
- molecularis (oder plexiformis) (I. Schicht) 82, 86, 116; ferner §4 jeder Area Abschnitt I.
- multiformis (oder fusiformis) (VI. Schicht) 82, 86, 169; ferner §4 jeder Area Abschnitt VI.
- pyramidalis (III. Schicht) 82, 86, 127; ferner §4 jeder Area Abschnitt III.
- rostralis (terminalis) 29, 403.
Längsstreifung s. Streifung.
Lancettförmige Pyzellen der V. Schicht der Umgebung des Riechhirns 50, 68, 407, 438, 440, 442, 468, 469, 470, 765, 768.
Lobulus paracentralis 281.511, 522.
- piriformis 94, s. Gyr. olf. lat.
- parolfactorius 430.
Lobus frontalis 213-216, 259 bis 431.
- hippocampi 213-216, 742 bis 790.
- insulae 213-216, 481 bis 502.
- limbicus 213-216, 432 bis 480.
- occipitalis 213-216, 596 bis 657.
- parietalis 213-216, 503 bis 595.
- temporalis 213-216, 658 bis 741.
Lückenbildung (nicht pathologische) in den Schichten 73, 81, 318, 342, 376, 381, 429, 443, 468, 664, 678, 687, 688, 712, 713, 732, 733, 748, 749, 752, 758.
Makroskopisches Rindenbild 14, 82, 261; ferner in §1 jeder Area.
Mandelkern (N. amygdalae) 29, 102, 105, 484, 770.
Manisch-depressives Irresein 364, 719.
Markbild s. Myeloarchitektonik.
Markbildung nach kaes 17.
Markgrenze (Rinden-Markgrenze) 39, 89, 170, 173, 275; ferner in §4 jeder Area Abschnitt VI.
Matrix 87.
Melancholie 364, 719.
Membrana limitans 87-90.
Methodik 27, 249.
MEYNERTs Riesenzellen in der Calcarina 61, 64, 632, 634.
Mikroskopisches Rindenbild 45, 82; ferner in §2 jeder Area.
Mitbewegungen 334.
Modifikationen (regionäre) und Varianten der Areae 218.
Molekularschicht s. Lamina molecularis.
MONAKOWs ansichten über optische und aphasische Störungen 655, 707.
Moris 362, 364.
Motorisches Sprachzentrum 326, 332.
Motorischewillkürbahnen 2 91, 315.
Munksche Sehzone 654. Musikbegabung und Form der Heschlschen Windung 709.
Musikklangzentrum 702.
Musiksinnzentrum 702, 741.
Muskelsinn 542.
Myeloarchitektonik 16, 178; ferner in §6 jeder Area, Abschnitt „Markbild". Myelogenese s. FLECHSIGs myel. Studien.
Namensgedächtnis 719.
Neocortex 104.
Neopallium 23, 90, 104.
Nervenendgeflecht, sensibles, im Koniocortex 191.
Nervenzellschicht in der embryonalen Rinde 87.
Sachverzeichnis 809
Neuerwerbungen an Rindenareae beim Menschen 246, 333, B84.
Neuroblasten 59, 87, 153.
Normales Gehirn, Seltenheit desselben 7.
Nucleus amygdalae s. Mandelkern.
Nystagmus 335.
Oberflächenausbreitung des Cortex 42-44.
Oberflächensinn 9. Hautsinn.
Occipitallappen 213-216, 696 bis 657.
Occipitalpol 640.
Operculum occipitale 640.
- parietale 572, 576, 661, 680.
- Rolando 233, 281, 306, 308, 314, 320, 356, 481, 491, 511, 521, 527, 531, 675, 690.
Optische Orientierung 654, 726.
Optisch-motorische Funktionen 655.
Orgasmus 236.
Orgelpfeifenformation 662, 669, 671.
Paketbildung (und Sockelbildung) der Zellen der inneren Hauptschicht 606, 616.
Palaeocortex 104.
Parazentrallappen 273, 281, 453, 472, 511, 522, 628.
Parietaler Rindentypus (3), 188, 370, 670, 580, 593, 724.
Parietallappen 213-216, 503 bis 595.
Pars praetriangularis 357.371, 380.
- triangularis 353, 368, 361.
Pathologische Veränderungen 8, 24, 73, 184, 290, 362.
Physiologische Bedeutung der Areae 233.
- - der Rindentypen 192.
- - der Schichten 181-185.
- - der einzelnen Zellarten 51, 54, 59, 68,
Plexiforme Schicht s. Lamina molecularis.
Pli falciforme 96, 481, 483, 496, 499.
Polartypus (Rindentypus [4]) 190.
Präsubiculargegend 760.
Primärfelder VOGTs 333.
Primäre sensible Zonen FLECHSIGs und unser Koniocortex 196.
Primordialfelder FLECHSIGs s. FLECHSIG.
Projektionsbahnen, lange, ihr Ursprung 185; ferner §7 jeder Area.
Proportionalgleichung der Rindenschichten 114, ferner §3 jeder Area.
Prosexiezentrum 363,
Pseudobulbärparalyse 314, 335.
Psychisches Geschehen und Cortex 3, 248.
Psychomotorium 248, 362.
Psychosen 3, 24, 364, 719.
Pyramidenbahnursprung 185, 284, 290, 315. 540.
Pyramidenmitteltypus 1 (2), 188.
Pyramidentypus, agranulärer (1) 188. -, granulärer (2) 188.
Pyramidenschicht 82, 87, 127 und §4 jeder Area, Abschnitt III.
Pyramidenzellen 44-51.
Quastenzellen CAJALs 66.
Querschnittsbilder der Rinde 14, 261.
Radiäre Streifnng der Rinde s. Streifung.
Randschleier 87.
Rassenunterschiede 43, 231, 643, 709.
Receptorische Schicht 20.116, 184.
Regenschauerformation 676.
Regionen (Hirnregionen):
Regio frontalis 336-373.
- fusiformis 720-729.
- hippocampi 743-790.
- insularia 486-602.
- limbica anterior agranularis 434-450.
- - superior posterior granularis 450-461.
- occipitalis 597-657.
- orbitalis 373-431.
- parietalis basalis 587 bis 595.
- - inferior 559-586.
- - superior 544-559,
- polaris 730-741.
- postcentralis 505-544.
- praerolandica 260 bis 336.
- retrosplenialis 461 bis 480.
- supratemporalis 661 bis 710.
Regio temporalis propria 710-720.
Relation zwischen den Zellen der III., V. und VI. Schicht 168.
Reserveteile der Rinde 709.
Retrocalcarina 640.
Retrosplenium 102, 236, 461.
Rhinencephalon s. Riechhirn.
Riechhirn 23, 66, 80, 81, 90, 98-107, 122, 138, 139, 166, 167, 177, 213, 246, 373, 377, 387, 387-481, 482 bis 480, 494, 498-602, 720, 726-729, 730-738, 738 bis 741, 712-790.
Riesenpyramiden 48, 61, 162, 165, 267, 275, 526, 628, 656, 617, 634, 673, 675, 679, 749, 769, 770, s. Betzsche Riesen-pyramiden.
Riesensternzellen (meyneRTs) 63, 632.
Rindenausbreitung 42 - 44.
Rindendicke 33-41, 110; fer-fer in §1 jeder einzelnen Area u. auf Tabelle I und III 794 und 796.
Rindenfelder 9, 10, s. Areae.
Rindenschichten s. Laminae und s. Schichten.
Rinden(bau)typen, fünf 188 bis 196.
Rindenvolumen 41,
Rudimentäre Rinde s. Allocortex und defektuöse Rinde.
Schalenförmige Schnittführung 250-262.
Scheibenschnittmethode 250.
Scheitellappen s. Lobus parietalis µ, Regiones parietales.
Schichtänderung an den einzelnen Windungsabschnitten 110.
Schichtvermehrung und -Verminderung 201.
Schichtung, laminare 44, 77, 82, 116, s. Lamina.
Schläfehirn s. Lobus temporalis.
Schläfepol 730. -, primärer 98, 100, 102.
Schnittdicke 263, 254.
Schnittführung 33, 260, 251.
Schnittserien 251.
Schrumpfung des Materials 40, 113, 260.
Sekundärfelder VOGTs 333.538.
Sechsschichtung 9-16, 44, 82, 110, 116.
810 Sachverzeichnis
Sehakt 654.
Sehrinde 625.
Sehzellen, spezifische 64, 632, 649.
Seitenunterschiede der Areae 230; ferner 3. Hemisphären-Unterschiede.
Sensorische Aphasie 703. - Rinde s. Koniocortex.
Sinnesqualitäten, einzelne elementare, und sensorische Areale 236, 542, 655.
Sinnessphären a. Koniocortex. -, evtl. noch unbekannte 236. -, primäre FLECH8103 194;
ferner s. flEchsiGs studien.
Solitärzellen MEYNERTs 63, 634.
Somatotopische Gliederung 334, 539.
Spaltung von embryonalen Schichten 89. - von Schichten s. Unterschichtung.
Spezialzellen 61-68.
Spindelzellen 51, 169.
Spindelzellenschicht 169; ferner §4 jeder einzelnen Area, Abschnitt VI.
Sprachzentrum s. motorische und sensorische Aphasie.
Stäbchenzellen (und Korkzieherzellen) 67, 160, 422, 438, 440.
Staubrinde a. Koniocortex.
Sternzellen 54, 58, 64, 68, 420, 428, 465, 466. 468, 493, 497, 632, 732, 738, 739, 749, 752, 757, 761, 763.
Stirnhirn 259, s. Lobus frontalis.
Stirnhirnverletzte 361.
Stirnpol 364-391.
Streifung der Rinde 77, 124, 140, 153, 169, 296, 326, 355, 365, 374, 391, 401, 418, 435, 452, 492, 506, 511, 519, 524, 545, 563, 577, 581, 587, 599, 610, 659, 662, 672, 676, 711, 721, 727.
Stumme Hirnregionen 709.
Subcorticale sensorische Aphasie 703.
Subiculum 742, 767, 781.
Substantia perforata anterior 29, 95, 105, 399, 412, 413, 427, 430, 469, 474, 496, 498, 499, 736, 738-741.
Sympathicusrepräsentanz in der Großhirnrinde, mutmaßliche 450.
Tabelle I-VI der Areae und ihrer Schichten 794-801.
- der Calcarinaeinteilung verschiedener Autoren 647.
- der Rindenschichteinteilung verschiedener Autoren 86.
Tangentialfaserschicht 116, 178; ferner §6 jeder Area, Abschnitt „Markbild".
Tastsphäre 513-543. - FLECHSIGs 543.
Taststrahlung 543.
Taubstumme 709.
Tektogenetischer Grundtypus 85.
Temperament 4, 248, 362.
Temporaler Grundtypus (architektonischer) 659.
Temporallappen s. Lobus temporalis.
Temporalpol s. Schläfepol.
Tenuicorticaler (dünnrindiger) granulöser Rindentypus (4) 190, s. Polartypus.
Tertiärfelder von VOGT 333.
Tal der Sulci (Windungstal) 36, 70, 110, 121.
Toluidinblaufärbung 254.
Tonus (Gefühlstonus) 364.719.
Trabantzellen 48, 51, 56, 62
und in §4 jeder Area.
Trapezfeld 103.
Trianguläre Zellumwandlung in VIb 191, 468, 510, 518, 521, 531, 616, 635, 668, 682, 689, 750, 765.
Trigonum olfactorium (tuber. olfactor.) 31, 96, 412.
Tuberculum olfactorium (siehe Subst. perf.) 31, 96, 412, 739.
Übersichtsschnitte 255.
Uncus 742, 747. -, Entwicklung 100, 102.
Unterschied zwischen Frontal- und Occipitalpol 389.
Unterschichtung (Zerfall in Unterschichten) 83, 127, 149, 166, 170, 550, 567, 579.
Variabilität im Bau gewisser Areae 233. - der Schichten 178.
Varianten der Areae 220.
Vergleichende cytoanatomische Untersuchungen 14, 244.
Verhältnis der cyto- zur myeloarchitektonischen Einteilung 178.
- der Schichten zueinander s. Proportionalgleichung.
Verkörnerung 57, ferner siehe Koniocortex.
Verpyramidisierung 50, 125, 188, 199, 261, 295, 317, 380, 435, 731, 737, 767.
Verspindelung 54, 199, 418, 425, 435.
Verstand und Vernunft 247, 248.
VOGTs elektrische Reizversuche 333, 538, 559.
Vordere Zentralwindung siehe Gyrus central. ant.
Wandbildungen 37, 76, 110, 114, 116, 125, 134, 171, 227.
Wernickesche sensorische Aphasie 702.
Willensstörungen 362.
Windung als Organ 115, 172, 227, 700.
Windungsform und Areae 227, 316, 338, 343, 357, 364, 371, 562, 601, 643, 710.
Witzelsucht 362, 364.
Worthörzentrum 703.
Wortklangbilder 702.
Wortlaut- und Wortsinnverständnis 702.
Wortsinnzentrum. 703.
Worttaubheit 702. -, reine 703.
Zellarmut 138, 339, 381, 659, 731, 747.
Zellarten 44-68; ferner §4 jeder Area.
Zelldichtigkeit 74.
Zellgewicht 74.
Zellgröße 68; ferner §4 jeder Area und Tabelle VI, S. 800.
Zellgruppierung 80.
Zellagerung 77.
Zellreichtum (Zahl und Zahlung) 70-74; ferner in §4 jeder Area und Tabelle V, S. 798.
Zellvolumen 74.
Zwischenschicht 87.